08.04.2022 · Arbeitnehmer · smart steuern · Lesezeit: 3 min

Zinsen beim Finanzamt sinken deutlich 

Es sieht nach einer unscheinbaren Pressemitteilung aus dem Bundesfinanzministerium aus. Doch die hat es in sich: Der Zinssatz auf Steuererstattungen und Steuernachzahlungen sinkt auf 1,8 % im Jahr – und damit sehr deutlich. Und das Ganze passiert auch noch rückwirkend. Warum das so ist, wer davon profitiert und wer dadurch Nachteile hat – Sie erfahren es hier im Blog von smartsteuer. 

Das Ende der hohen Zinsen

Satte 6 % Zinsen gab es lange Jahre beim Finanzamt auf verspätete Steuererstattungen und Steuernachzahlungen. Oder 0,5 % im Monat, denn das war die „Zeiteinheit“, nach der das Ganze berechnet wurde. Dass dieser hohe Zinssatz schon lange nicht mehr zeitgemäß war, wussten eigentlich alle. Und doch passierte viele Jahre lang was? Genau, exakt gar nichts.
Es brauchte (wieder mal) das Bundesverfassungsgericht, das im Sommer 2021 Klarheit schuf: Die höchsten Richter entschieden, dass der Zinssatz nicht nur mehr nicht zeitgemäß sei, sondern sogar verfassungswidrig. Das Gericht gab der Politik rund ein Jahr Zeit, um die Regelungen anzupassen.

Und das wurde nun prinzipiell vollzogen, denn mit dem Beschluss des Bundeskabinetts ist der Weg recht frei für die Änderungen. Der Zinssatz sinkt demnach von 0,5 auf 0,15 % im Monat und zwar rückwirkend ab dem 1. Januar 2019. Zudem muss nun mindestens alle drei Jahre der Zinssatz „evaluiert“, also im Zweifel geändert werden. Spätestens zum 1. Januar 2026 müsse das erstmals passieren.  

Das sagt Finanzminister Christian Lindner (FDP)

„Wir senken den Zinssatz für Nachforderungen und Erstattung von derzeit 6 Prozent auf 1,8 Prozent per annum. Damit tragen wir dem derzeitigen Niedrigzinsniveau Rechnung. Die praktische Anwendbarkeit bleibt erhalten: Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und auch die Finanzbehörden können sich auf Rechts- und Planungssicherheit verlassen. Mit der Evaluierungsklausel sorgen wir dafür, dass der Zinssatz auch zukünftig angemessen bleibt.“

Klingt ja erstmal toll. Aber wenn man den Hintergrund mit dem Bundesverfassungsgericht kennt, ist es dann nur noch eine Selbstverständlichkeit. Wir wollen aber nicht zu hart ins Gericht gehen mit Christian Lindner, denn verantwortlich dafür war er nun wirklich nicht. Das waren seine Vorgänger: der jetzige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wolfgang Schäuble (CDU).    

Wen und was betrifft das?

Die Zinsen greifen bei der Einkommensteuer, die uns alle als Steuerzahler:innen betrifft. Aber auch bei Körperschaft-, Umsatz- und Gewerbesteuer, also für Unternehmen.
Fällig werden die Zinsen weiterhin ab dem 15. Monat nach Ablauf des jeweiligen Steuerjahres. Wenn Sie zum Beispiel Ihre Steuererklärung für das Jahr 2019 freiwillig erst jetzt abgeben, sind Sie jetzt schon ein Jahr über der 15-Monats-Frist – und der Steuerbescheid muss ja auch erst noch kommen. Sie würden immerhin noch mindestens 1,8 % Zinsen auf Ihre Steuererstattung erhalten, aber eben nicht mehr 6 %. Lässt sich das Finanzamt jetzt auch noch selbst Zeit, kommen immerhin 0,15 % pro Monat hinzu.

Immer noch ein guter Zinssatz

Wir haben hier im Blog ja oft um die Personen „geworben“, die nicht verpflichtet sind, eine Steuererklärung zu machen. Diese haben immer vier (!) Jahre Zeit für die Abgabe, sie müssen nie Steuern nachzahlen und dann haben wir auch immer die fetten Zinsen erwähnt. Ausführlich können Sie das zum Beispiel in diesem Artikel nachlesen.
Ganz klar, der Zinssatz sinkt schon sehr stark. Aber 1,8 % im Jahr sind immer noch viel besser, als das Geld auf dem zinslosen Konto schlummern zu lassen. Natürlich sind bei Geldanlagen noch höheren Renditen drin, aber die sind ja vielleicht nicht jedermanns Sache.

Wie läuft das mit der Rückwirkung bis Anfang 2019?

Das kann schon etwas happig werden. Denn in der Regel haben die Finanzämter ab 2019 die Steuerbescheide hinsichtlich der Zinszahlung – in weiser Voraussicht – auf „vorläufig“ gesetzt. Das heißt: Wer seit 2019 Zinszahlungen mit dem Steuerbescheid erhalten hat, muss jetzt damit rechnen, dass in den nächsten Monaten ein korrigierter Bescheid kommt. Mit einer Aufforderung zur Nachzahlung wegen der Höhe des Zinssatzes. Da lässt sich auch kaum was dran drehen. Sie sollten aber überprüfen, ob der jeweilige Steuerbescheid tatsächlich auch „vorläufig“ war. Fehlt der entsprechende Passus, haben Sie gute Chancen, nicht nachzahlen zu müssen. 

Was bedeutet das konkret für mich?
Die Zinsen auf verspätete Steuererstattungen und Steuernachzahlungen sinken rückwirkend zum 1. Januar 2019 von 0,5 % auf 0,15 % pro Monat. Viele Unternehmen dürften davon profitieren, weil sie deswegen meist weniger Zinsen zahlen müssen. Wer hingegen seine Steuererklärung freiwillig und vor allem (ganz legal) deutlich später macht, kann in Zukunft nicht mehr mit so hohen Zinsen auf die Steuererstattung rechnen und muss im schlimmsten Fall jetzt sogar rückwirkend Geld nachzahlen an den Fiskus.  

Katrin Lengtat
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