1 Abgrenzung zwischen § 22 Nr. 4 und § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG
2 Grundentschädigung und weitere steuerpflichtige Leistungen
2.1 Grundentschädigung
2.2 Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung
2.3 Übergangsgelder
2.4 Sterbegelder
2.5 Altersentschädigungen
2.6 Versorgungsabfindungen
2.7 Überlassung eines Dienstwagens
3 Aufwandsentschädigung
3.1 Behandlung der Aufwandsentschädigung des Mandatsträgers
3.2 Verfassungswidrigkeit der steuerfreien Kostenpauschale?
4 Erfolglose Wahlkampfkosten
5 Vorsorgeaufwendungen
6 Versorgungsbezüge
7 Fraktionszahlungen
8 Literaturhinweise
Die Abgeordnetenbezüge stellen sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 4 EStG dar. Mit der Einbeziehung der Bezüge aus einer Abgeordnetentätigkeit in die ESt-Pflicht wurde dem sog. Diäten-Urteil des BVerfG (BVerfG Urteil vom 5.11.1975, 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296) Rechnung getragen, wonach aus den Abgeordnetendiäten, die früher steuerfreie Aufwandsentschädigungen i.S.d. § 3 Nr. 12 EStG waren, eine Alimentation des Abgeordneten und seiner Familie aus der Staatskasse geworden und demgemäß kein Erwerbseinkommen ist. Die Diäten sind heute Entgelt für die Inanspruchnahme durch das zur Hauptbeschäftigung gewordene Mandat, dessen Besteuerung nach Art. 3 Abs. 1 GG geboten ist.
Unter die Abgeordnetenbezüge i.S.d. § 22 Nr. 4 EStG fallen nur solche Leistungen, die aufgrund des Abgeordnetengesetzes, des Europaabgeordnetengesetzes oder der entsprechenden Gesetze der Länder gewährt werden. Leistungen die außerhalb dieser Gesetze erbracht werden, z.B. Zahlungen der Fraktionen, unterliegen hingegen den allgemeinen Grundsätzen steuerlicher Beurteilung. Gesondert gezahlte Tage- oder Sitzungsgelder sind nur dann nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei, wenn sie nach bundes- oder landesrechtlicher Regelung als → Aufwandsentschädigungen nach § 3 Nr. 12 und 13 EStG gezahlt werden (R 22.9 EStR).
Die OFD Niedersachsen nimmt mit Vfg. vom 15.4.2010 (S 2257a – 4 – St 236, LEXinform 5232660) zur steuerlichen Behandlung der Bezüge von Abgeordneten Stellung.
Nicht unter § 22 Nr. 4, sondern unter § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG fallen ehrenamtliche Stadtrats-, Gemeinderats-, Kreistagsmitglieder. Zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Entschädigungen an ehrenamtliche Mitglieder kommunaler Vertretungen und an ehrenamtliche Ortsvorsteher s. die Erlasse des FinMin Baden Württemberg vom 21.1.2014 (3 – S 2337/3), vom 11.3.2014 (3 – S 2337/61, LEXinform 5234691) und vom 20.3.2014 (3 – S 2337/5) unter → Aufwandsentschädigungen nach § 3 Nr. 12 und 13 EStG.
Mit Urteil vom 8.10.2008 (VIII R 58/06, BStBl II 2009, 405) bestätigt der BFH seine bisherige Rechtsprechung (BFH Urteil vom 3.12.1987, IV R 41/85, BStBl II 1988, 266), nach dem die Tätigkeit als Kreistagsabgeordneter zu Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG führt:
Aus dem Leitsatz:
Nach einer öffentlich-rechtlichen Satzung geleistete pauschale Reisekostenvergütungen an politische Mandatsträger (hier: Fraktionsvorsitzende im Kreistag) können auch ohne Einzelnachweis gegenüber dem FA nach § 3 Nr. 13 EStG steuerbefreit sein, sofern die Pauschale die tatsächlich entstandenen Reiseaufwendungen nicht ersichtlich übersteigt.
Nach dem Abgeordnetengesetz (AbgG) sind die Grundentschädigungen der Bundestagsabgeordneten, Landtagsabgeordneten und Abgeordneten des Europäischen Parlaments nach § 22 Nr. 4 EStG zu versteuern. Die monatliche Entschädigung eines Mitglieds des Deutschen Bundestages orientiert sich an den Bezügen eines Richters an einem obersten Gerichtshof des Bundes (Besoldungsgruppe R 6 gemäß der Anlage IV des Bundesbesoldungsgesetzes mit Zulage für Richter und Staatsanwälte bei obersten Gerichtshöfen des Bundes). Die Abgeordnetenentschädigung beträgt 10 083,47 € mit Wirkung vom 1.7.2019. Grundlage ist die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Nominallohnindex, den der Präsident des Statistischen Bundesamtes jährlich bis zum 31.3. an den Präsidenten des Deutschen Bundestages übermittelt. Dieser veröffentlicht den angepassten Betrag der Entschädigung in einer Bundestagsdrucksache (§ 11 Abs. 4 AbgG und BT-Drs. 19/10014: Bekanntmachung der Anpassung der Abgeordnetenentschädigung nach § 11 Abs. 1 AbgG und der fiktiven Bemessungssätze nach § 35a Abs. 2 Satz 4 und § 35b Abs. 2 Satz 2 AbgG zum 1.7.2019). Die Abgeordnetenentschädigung soll seit dem 1.7.2021 monatlich 10 012,89 € betragen (Quelle: Internetseite des Deutschen Bundestages, Abruf 19.3.2022, https://www.bundestag.de/abgeordnete/mdb_diaeten/mdb_diaeten-214848).
Der Präsident erhält eine monatliche Amtszulage in Höhe eines Monatsbetrages, seine Stellvertreter i.H.d. Hälfte eines Monatsbetrages (§ 11 Abs. 2 AbgG).
Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung sind steuerpflichtige Einnahmen, soweit keine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 62 EStG eingreift (§ 27 Abs. 2 AbgG; § 22 Nr. 4 Satz 4 Buchst. a EStG).
Werden anstelle der Zuschüsse Beihilfeleistungen nach § 27 Abs. 1 AbgG in Anspruch genommen, so bleiben die entsprechenden Zahlungen nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei (R 3.11 Abs. 1 LStR). Dabei handelt es sich insbes. um
Beihilfen in Krankheits-, Geburts- oder Todesfällen nach den Beihilfevorschriften des Bundes oder der Länder sowie Unterstützungen in besonderen Notfällen, die aus öffentlichen Kassen gezahlt werden;
Beihilfen in Krankheits-, Geburts- oder Todesfällen oder Unterstützungen in besonderen Notfällen an ArbN von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts aufgrund von Beihilfevorschriften (Beihilfegrundsätzen) oder Unterstützungsvorschriften.
Übergangsgelder nach dem Ausscheiden aus dem Parlament (§ 18 AbgG) sind steuerpflichtige Einnahmen. Wird das Übergangsgeld in einer Summe ausgezahlt (§ 18 Abs. 3 AbgG), ist § 34 Abs. 1 EStG anzuwenden (§ 22 Nr. 4 Satz 4 Buchst. c EStG → Außerordentliche Einkünfte).
Hinweis auf Energiepreispauschale:
Nicht anspruchsberechtigt sind u.a. Empfänger von Vorruhestandsgeld oder Übergangsgeld und Bezieher von sonstigen Einkünften wie z.B. Abgeordnete.
Sterbegelder (§ 24 AbgG) sind → Versorgungsbezüge i.S.d. § 19 Abs. 2 EStG.
Hinsichtlich der Altersentschädigungen (§§ 19–22 AbgG) handelt es sich um Versorgungsbezüge, für die der Versorgungsfreibetrag gem. § 19 Abs. 2 EStG zu gewähren ist (§ 22 Nr. 4 Satz 4 Buchst. b EStG). Der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag ist dagegen nicht zu gewähren.
Versorgungsabfindungen (§ 23 AbgG) stellen steuerpflichtige Einnahmen dar, sofern beim Ausscheiden ein Anspruch auf Altersentschädigung nicht besteht. § 34 Abs. 1 EStG ist anwendbar (§ 22 Nr. 4 Satz 4 Buchst. c EStG). Ein Versorgungsfreibetrag ist nicht zu gewähren.
Die unentgeltliche Überlassung eines Dienstwagens für private Fahrten, die durch außerhalb des Mandats stehende Zwecke veranlasst sind, wie z.B. Urlaubsfahrten, stellen steuerpflichtige Einnahmen dar. Als mandatsbedingte Fahrten werden dabei alle mit der Parteiarbeit zusammenhängenden Fahrten angesehen (dabei spielt es keine Rolle, ob die Fahrten innerhalb oder außerhalb des Wahlkreises oder der Landesgrenzen erfolgen), sowie Fahrten zwischen dem Wahlkreis und dem Sitz des Landtags, die mit dem Abgeordnetenmandat oder der Parteiarbeit im Zusammenhang stehen.
Der Erhalt einer Aufwandsentschädigung zur Abgeltung von durch das Mandat veranlassten Aufwendungen schließt nach § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG den Abzug jeglicher mandatsbedingter Aufwendungen, auch von Sonderbeiträgen an eine Partei, als Werbungskosten aus (s. KN, DStZ/E 1988, 159; Stübe, FR 1991, 385).
Auch die nach einer öffentlich-rechtlichen Satzung geleistete pauschale Reisekostenvergütung an politische Mandatsträger im Kreistag kann auch ohne Einzelnachweis gegenüber dem FA nach § 3 Nr. 13 EStG steuerbefreit sein, sofern die Pauschale die tatsächlich entstandenen Reiseaufwendungen nicht ersichtlich übersteigt (BFH Urteil vom 8.10.2008, VIII R 58/06, BStBl II 2009, 405).
Zur Begünstigung der Abgeordneten des Deutschen Bundestages bzw. der Landtage durch eine steuerfreie Kostenpauschale hat der BFH mit Urteilen vom 11.9.2008 (VI R 13/06, BStBl II 2008, 928, VI R 63/04, BFH/NV 2008, 2018, LEXinform 0585990) entschieden. Die Vorlagepflicht an das BVerfG wurde verneint. Die von den Klägern eingelegte Verfassungsbeschwerden wurden zurückgewiesen (s. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.7.2010, 2 BvR 2227/08, 2 BvR 2228/08, FR 2010, 992; Pressemitteilung des BVerfG Nr. 62/2010 vom 12.8.2010, LEXinform 0435602; BMF vom 29.10.2010, BStBl I 2010, 1202).
Die Kläger haben den EuGH für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg angerufen (Beschwerde Nr. EGMR 7258/11 und 7227/11). Sie rügen mit ihrer Beschwerde einen Verstoß gegen das »Recht auf ein faires Verfahrens« (Art. 6 EMRK) sowie einen Verstoß gegen den »Schutz des Eigentums« (Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK) i.V.m. einem Verstoß gegen das »Diskriminierungsverbot« (Art. 14 EMRK) durch Teile der vollziehenden Staatsgewalt (Finanzverwaltung) sowie durch Teile der rechtsprechenden Staatsgewalt, zuletzt durch das BVerfG im Zusammenhang mit einer Diskriminierung der Nichtabgeordneten durch eine willkürliche gesetzliche Privilegierung (Selbstbegünstigung) der Abgeordneten des Deutschen Bundestages.
Mit Erklärung vom 21.3.2014 des EGMR werden die Verfahren Az. 7258/11 und 7227/11 für unzulässig erklärt (LEXinform 0928297). Es erfolgt somit keine Anwendung der Abgeordnetenpauschale des § 3 Nr. 12 EStG auf Stpfl. mit Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit (s.a. Mitteilung des Deutschen Steuerberaterverbandes e.V. vom 10.7.2014, LEXinform 0442087).
Zur Bedeutung der Kostenpauschale nimmt der BFH u.a. wie folgt Stellung: Der Zweck der steuerfreien Kostenpauschale der Bundestagsabgeordneten besteht darin, die den Abgeordneten typischerweise entstehenden Aufwendungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des verfassungsrechtlich geregelten Abgeordnetenstatus zu erstatten. Die mandatsbedingten Aufwendungen der Abgeordneten sind im Lichte des verfassungsrechtlich definierten Abgeordnetenstatus zu bestimmen. Der Abgeordnete ist Inhaber eines öffentlichen Amtes und Träger eines freien Mandats. Grundlage des freien Mandats ist Art. 38 Abs. 1 GG, der den Bestand und die Ausübung des Mandats schützt. Gem. Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG sind die Abgeordneten Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Die Abgeordneten sind bei der Ausübung ihres freien Mandats unabhängig. Sie bestimmen in eigener Verantwortung, wie sie ihr Amt ausüben, wo sie den Schwerpunkt ihrer Arbeit sehen und welche Kosten sie dabei auf sich nehmen.
Die Kostenpauschale wird den Bundestagsabgeordneten gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 AbgG insbesondere für
den Ausgleich von Bürokosten,
Mehraufwendungen am Sitz des Bundestages und bei Reisen,
Fahrtkosten für Fahrten in Ausübung des Mandats sowie
sonstigen mandatsbedingten Kosten wie Aufwendungen für Repräsentation und Wahlkreisbetreuung
gewährt. Sie erfasst damit Aufwendungen, die den Bundestagsabgeordneten auf Grund ihres Abgeordnetenstatus typischerweise entstehen (vgl. BT-Drs. 7/5903, 12). Mit der Kostenpauschale werden die genannten Aufwendungen der Abgeordneten unabhängig davon abgegolten, in welcher Höhe sie tatsächlich anfallen. Dies gilt unabhängig davon, ob die gewährte Pauschale im Einzelfall die tatsächlich aufgewandten Beträge der Höhe oder der Art nach deckt oder nicht. Denn § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG enthält eine Sonderregelung, die in ihrem Anwendungsbereich den Abzug bestimmter Aufwendungen über das Abzugsverbot des § 3c EStG hinaus ausschließt. Die pauschale Erstattung dieser Aufwendungen soll der Verwaltungsvereinfachung dienen (BFH Urteil vom 29.3.1983, VIII R 97/82, BStBl II 1983, 601) und zudem Abgrenzungsschwierigkeiten vermeiden, die beim Einzelnachweis mandatsbedingter Aufwendungen dadurch auftreten, dass die Aufgaben eines Abgeordneten auf Grund der Besonderheiten des Abgeordnetenstatus nicht in abschließender Form bestimmt werden. Darüber hinaus wird teilweise auch vorgebracht, dass die Kostenpauschale Chancen- und Statusgleichheit der Abgeordneten gewährleiste und der Verzicht auf eine Einzelabrechnung Rückschlüsse auf das »politische Bewegungsprofil« (Inhalt und Umfang der politischen Betätigung) des Abgeordneten verhindere.
Bei der Kostenpauschale der Bundestagsabgeordneten handelt es sich um eine Gesamtpauschale, mit der die in § 12 Abs. 2 Satz 1 AbgG aufgezählten Kosten zusammengefasst werden. Die Gesamtpauschale sollte nach dem Willen des Gesetzgebers der Tatsache Rechnung tragen, dass die von der Pauschalierung erfassten Aufwendungen bei den einzelnen Abgeordneten in unterschiedlicher Zusammensetzung anfallen (BT-Drs. 7/5903, 12). Mit der Schaffung der Gesamtpauschale hat der Gesetzgeber bewusst von der zunächst vorgesehenen Aufteilung in drei Einzelpauschalen für die Kosten des Wahlkreisbüros und der Wahlkreisbetreuung, für die Kosten der Zweitwohnung und Verpflegung sowie für Reisekosten Abstand genommen (vgl. zur Aufteilung BT-Drs. 7/5531, 22). Die Kostenpauschale kann daher im Hinblick auf die von ihr erfassten mandatsbedingten Aufwendungen nur als Ganzes beurteilt werden.
Wie die Kostenpauschale selbst dient auch ihre Steuerfreiheit der Vereinfachung und der Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten, da die Besteuerung der Kostenpauschale und die Geltendmachung der mandatsbezogenen Aufwendungen als Werbungskosten entfallen.
Die Pauschale wird jährlich zum 1.1. an die Lebenshaltungskosten angepasst und beträgt derzeit 4 725,48 € monatlich. Kosten (Quelle: bundestag.de, Stand Januar 2023), die darüber hinausgehen, können nicht steuerlich abgesetzt werden, denn es gibt für den Abgeordneten keine »Werbungskosten«. Der Gesetzgeber hat sich für die Kostenpauschale entschieden, da diese dem in der Verfassung verankerten Grundsatz des freien Mandats am ehesten gerecht wird. Zudem ist eine Pauschale, die sich am Durchschnittsaufwand orientiert, im Verhältnis aller Abgeordneten untereinander am gerechtesten und stellt die kostengünstigste Lösung dar. Denn im Falle von Einzelnachweisen würde sich der Verwaltungsaufwand für den Deutschen Bundestag enorm erhöhen. Ferner können durch die Gewährung einer Pauschale die Kosten im Haushalt von Anfang an – anhand der Zahl der Abgeordneten – genau berechnet werden (Homepage des Deutschen Bundestages unter www.bundestag.de dort unter Abgeordnete/Entschädigung/Kostenpauschale).
Der BFH kommt insgesamt zu folgender Entscheidung: Rügt ein Stpfl., der nicht zu den Abgeordneten des Deutschen Bundestages gehört, im finanzgerichtlichen Verfahren eine gleichheitswidrige Begünstigung der Abgeordneten auf Grund der diesen gewährten steuerfreien Kostenpauschale, so kommt eine Vorlage an das BVerfG zur Überprüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit mangels Entscheidungserheblichkeit nicht in Betracht.
Nach den Ausführungen des BVerfG im Nichtannahmebeschluss vom 26.7.2010 (2 BvR 2227/08, 2 BvR 2228/08, FR 2010, 992) ist es nicht grundsätzlich verfassungsrechtlich zu beanstanden, dass Abgeordnete im Gegensatz zu anderen Stpfl. zur Abgeltung der mandatsbezogenen Aufwendungen eine steuerfreie pauschalierte Aufwandsentschädigung erhalten. Die darin liegende Ungleichbehandlung findet ihre Rechtfertigung in der besonderen Stellung des Abgeordneten, der über die Art und Weise der Wahrnehmung seines Mandats grundsätzlich frei und in ausschließlicher Verantwortung gegenüber dem Wähler entscheidet. Dies betrifft auch die Frage, welche Kosten er dabei auf sich nimmt. Deren pauschale Erstattung soll Abgrenzungsschwierigkeiten vermeiden, die beim Einzelnachweis mandatsbedingter Aufwendungen dadurch aufträten, dass die Aufgaben eines Abgeordneten aufgrund der Besonderheiten des Abgeordnetenstatus nicht in abschließender Form bestimmt werden könnten. Die Abgeordnetenpauschale entspricht weniger einer Werbungskostenpauschale als eher einem pauschalierten Auslagenersatz für Kosten, deren tatsächlicher Anfall vermutet wird. Wie der BFH zutreffend ausgeführt hat, dient auch deren Steuerfreiheit der Vereinfachung und der Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten, da die Besteuerung der Kostenpauschale und die Geltendmachung der mandatsbezogenen Aufwendungen als Werbungskosten entfallen. Es ist auch nicht offensichtlich, dass die Abgeordnetenentschädigung bereits im Kern nicht tatsächlich entstandenen Aufwand ausgleicht.
Kosten eines erfolglosen Wahlkampfes dürfen nach § 22 Nr. 4 Satz 3 EStG nicht als Werbungskosten abgezogen werden (H 22.9 [Werbungskosten] EStH 2022). Wahlkampfkosten zur Erlangung eines Mandats im EU-Parlament sind auch Aufwendungen für die Erlangung des Kandidatenstatus, die organisatorische Vorbereitung als Kandidat sowie die Aufwendungen zum Erhalt des Nachrückerstatus, BFH vom 10.12.2019, IX R 32/17, BFH/NV 2020, 628. Demnach können auch erfolglose Bewerber um ein Mandat im EU-Parlament ihre Wahlkampfkosten nicht als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften abziehen. Der Gesetzgeber hat von der steuerlichen Berücksichtigung der Wahlkampfkosten u.a. deshalb abgesehen, weil der Steuervorteil je nach Höhe des individuellen Einkommens unterschiedlich hoch ausfallen würde und dadurch der Grundsatz der Chancengleichheit aller Wahlbewerber beeinträchtigt wäre.
Den Parteien wird stattdessen bei Erreichen bestimmter Stimmenanteile pauschal eine steuerfreie Wahlkampfkostenerstattung gezahlt. Diese Erstattung kommt auch den Wahlbewerbern der Parteien zugute.
Die Aufwendungen für ein Wahlprüfungsverfahren zum Erhalt eines Abgeordnetenmandats stehen nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang i.S.v. § 3c Abs. 1 EStG mit steuerfreien Einnahmen in Form einer Kostenpauschale zur Abgeltung von Kosten für Schreibarbeiten, Porto, Telefon und Fahrtkosten. Sie sind deshalb in vollem Umfang bei den sonstigen Einkünften als Abgeordneter abzugsfähig (FG Berlin-Brandenburg vom 13.6.2012, 12 K 12096/09, EFG 2012, 1725 Nr. 18); die hiergegen gerichtete Revision war unzulässig: BFH vom 20.12.2013, IX R 33/12, BFH/NV 2014, 557).
Für Altersvorsorgeaufwendungen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) wird der Höchstbetrag nach § 10 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 EStG gekürzt.
Für Versorgungsbezüge gilt § 19 Abs. 2 EStG entsprechend, allerdings nur für den Versorgungsfreibetrag. Im Veranlagungszeitraum bleibt höchstens ein Betrag i.H.d. Versorgungsfreibetrages steuerfrei (§ 22 Nr. 4 Satz 4 Buchst. b EStG).
§ 22 Nr. 4 EStG umfasst nur solche Leistungen, die auf Grund des Abgeordnetengesetzes, des Europaabgeordnetengesetzes oder der entsprechenden Gesetze der Länder gewährt werden. Leistungen, die außerhalb dieser Gesetze erbracht werden, z.B. Zahlungen der Fraktionen, unterliegen hingegen den allgemeinen Grundsätzen steuerlicher Beurteilung. Gesondert gezahlte Tage- oder Sitzungsgelder sind nur dann nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei, wenn sie nach bundes- oder landesrechtlicher Regelung als Aufwandsentschädigung gezahlt werden (R 22.9 EStR 2012).
Bezüge von Abgeordneten aus Kassen der Fraktionen, die für regelmäßige Tätigkeiten im Auftrag der Fraktionen gezahlt werden, stellen wiederkehrende Bezüge i.S.d. § 22 Nr. 1 EStG dar. Bei Fraktionskassen handelt es sich nicht um »andere öffentliche Kassen«, deren Zahlungen nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei sind (Urteil FG Berlin vom 27.5.2002, 8 K 8658/99, EFG 2002, 1228, LEXinform 0574943, rkr.). Wie das FG feststellt, handelt es sich nicht um Einkünfte aus selbstständiger Arbeit i.S.v. § 18 EStG, da der/die Fraktionsvorsitzende nicht in einem der Katalogberufe des § 18 EStG und auch nicht in einem vergleichbaren Beruf tätig geworden ist. Sonstige selbstständige Arbeit ist in dem vorliegenden Zusammenhang ebenso wenig gegeben wie – mangels eines entsprechenden Dienstverhältnisses – nichtselbstständige Arbeit i.S.v. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Nach dem Erlass des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 14.9.1994 (32 – S 2337 – 128/5 – 2 279, LEXinform 0124229) besteht die Tätigkeit der Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Fraktionen/Gruppen im Wesentlichen in einer intensiveren Wahrnehmung ihrer sich aus dem Abgeordnetenmandat ergebenden politischen Aufgaben. Bezüge, die für diese Tätigkeit von den Fraktionen/Gruppen gezahlt werden, gehören zu den sonstigen Einkünften i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG.
Die Frage, ob die Tätigkeit der Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen/Gruppen und der Vorsitzenden der Arbeitskreise selbstständig oder nichtselbstständig ausgeübt wird, hängt von der Art der Tätigkeit ab. Die Bezüge sind
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i.S.d. § 19 Abs. 1 EStG, wenn überwiegend typisch verwaltende Tätigkeiten ausgeübt werden, wie z.B. Personalführung, Abschluss von Einstellungs- und Beschaffungsverträgen, Prüfung und Zeichnung von Buchungsbelegen, Genehmigung von Reiseanträgen;
sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG, wenn überwiegend Aufgaben wahrgenommen werden, die Ausfluss des Abgeordnetenmandats sind, z.B. die Mitwirkung im Ältestenrat des Deutschen Bundestages.
Die Fraktion oder Gruppe muss die Zuordnung der Bezüge nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalles durchführen. Liegen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit vor, ist die Fraktion/Gruppe als ArbG zum Lohnsteuerabzug verpflichtet (§ 38 EStG).
Die oben bezeichneten Bezüge sind weder ganz noch teilweise Aufwandsentschädigungen i.S.d. § 3 Nr. 12 EStG; sie sind deshalb nicht steuerfrei. Aufwendungen, die durch die oben bezeichneten Tätigkeiten veranlasst sind, dürfen als Werbungskosten abgezogen werden. Das Abzugsverbot des § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG ist insoweit nicht anzuwenden. Die Anerkennung von Werbungskosten setzt ihren Nachweis bzw. ihre Glaubhaftmachung voraus. Ein pauschaler Werbungskostenabzug kommt nicht in Betracht. Es ist jedoch bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1 000 € (ab 1.1.2023: 1 230 €) und bei sonstigen Einkünften ein Pauschbetrag von 102 € zu berücksichtigen. Die Werbungskosten brauchen deshalb nur nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht zu werden, wenn sie – ggf. zusammen mit Werbungskosten aus einer anderen nichtselbstständigen Tätigkeit – 1 230 € bzw. 102 € übersteigen (s.a. Wolf, in Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwörter »Abgeordnete« und »Bundestagsfraktionen«, Stand: 25.5.2016).
KN, Sonderbeiträge eines Abgeordneten an seine Partei sind keine Werbungskosten, DStZ/E 1988, 159; Stübe, Die einkommensteuerliche Behandlung von Wahlkampfkosten anlässlich der Kandidatur für ein politisches Amt, FR 1991, 385; Lohr, Die Besteuerung von Politikern, DStR 1997, 1230; Drysch, DStR 2008, 1217.
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