1 Übersicht
2 Planmäßige Abschreibung (ohne Gebäude)
2.1 Einführung (Zweigleisigkeit der AfA)
2.2 Die planmäßige Absetzung für Abnutzung im Steuerrecht – Überblick
2.3 Die Leistungs-AfA gemäß § 7 Abs. 1 Satz 6 EStG
2.4 Die Ausnahme: Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (§ 7 Abs. 1 Satz 7 EStG)
2.5 Die degressive AfA gem. § 7 Abs. 2 EStG
3 Bewertung der abnutzbaren Wirtschaftsgüter
3.1 Handelsrechtliche Bewertung des abnutzbaren Anlagevermögens
3.2 Steuerrechtliche Bewertung des abnutzbaren Anlagevermögens
4 Teilwertabschreibung und Wertaufholung bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern
4.1 Gesetzliche Vorschriften
4.2 Anweisungen der Finanzverwaltung
4.3 Fazit
4.4 Wertaufholung beim abnutzbaren Anlagevermögen
5 Literaturhinweise
6 Verwandte Lexikonartikel
Abnutzbare Wirtschaftsgüter (WG) lassen sich unterteilen in
bewegliche WG, d.h. Sachen, Tiere und Scheinbestandteile (R 7.1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStR);
immaterielle Wirtschaftsgüter (→ Immaterielle Wirtschaftsgüter) (R 7.1 Abs. 1 Nr. 2 EStR; → Firmenwert);
unbewegliche WG, die keine Gebäude (→ Gebäude, Begriff) oder Gebäudeteile sind (R 7.1 Abs. 1 Nr. 3 EStR);
Gebäude und Gebäudeteile (R 7.1 Abs. 1 Nr. 4 EStR; → Gemischt genutzte Gebäude in der Einkommen- und Umsatzsteuer; → Gebäudeabschreibung),
soweit sie zur Erzielung von Einkünften verwendet werden und einer wirtschaftlichen oder technischen Abnutzung unterliegen.
Abnutzbare WG des Anlagevermögens sind mit den Anschaffungs- oder → Herstellungskosten, vermindert um die planmäßige → Abschreibung nach § 7 EStG zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Eine → Teilwertabschreibung ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nur bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung zulässig.
Die Grundlage für die planmäßige → Abschreibung liefert das Handelsrecht. Gem. § 253 Abs. 3 Satz 1 HGB müssen bei Wirtschaftsgütern (WG) bzw. Vermögensgegenständen (VG), deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sog. planmäßige Abschreibungen vorgenommen werden.
Der für die Ermittlung der planmäßigen Abschreibungen aufzustellende Plan muss die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der VG voraussichtlich genutzt werden kann. Zulässig ist handelsrechtlich jede Abschreibungsmethode, die den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) entspricht. Das bedeutet, dass die Abschreibungsmethode zu einer sinnvollen Verteilung der Anschaffungs- oder → Herstellungskosten führen muss, die durch die wirtschaftlichen Gegebenheiten gerechtfertigt ist, und bei der keine willkürlichen stillen Reserven gebildet werden.
Steuerlich wiederholen § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG und § 4 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. §§ 7 ff. EStG das gleiche Thema (Abschreibungspflicht bei abnutzbaren WG des Anlagevermögens), allerdings mit einer anderen Begrifflichkeit: Absetzungen für Abnutzung (AfA) und für Substanzverringerung. Für die materiellen Wirtschaftsgüter »Computerhardware« sowie die immateriellen Wirtschaftsgüter »Betriebs- und Anwendersoftware« ist lt. BMF-Schreiben vom 26.2.2021 (BStBl I 2021, 298) eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde zu legen. Diese Regelung gilt für Gewinnermittlungen für Wj., die nach dem 31.12.2020 enden. Für die nach § 7 Abs. 1 EStG anzusetzende Nutzungsdauer kann für die Computerhardware sowie für die immateriellen Wirtschaftsgüter »Betriebs- und Anwendersoftware« eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden. »Computerhardware« umfasst Computer, Desktop-Computer, Notebook-Computer, Desktop-Thin-Clients, Workstations, Dockingstations, externe Speicher- und Datenverarbeitungsgeräte (Small-Scale-Server), externe Netzteile sowie Peripheriegeräte. »Software« erfasst die Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung.
Bei der Bewertung des abnutzbaren Anlagevermögens in der Steuerbilanz ist ausschließlich die Absetzung für Abnutzung bzw. für Substanzverringerung gem. § 7 EStG zulässig. Eine Abweichung von den in § 7 EStG geregelten Absetzungsmethoden ist nicht zulässig.
Die steuerlichen AfA-Regelungen gelten für alle Einkunftsarten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG) gleich.
§ 7 EStG kennt vier reguläre AfA-Methoden:
die lineare Abschreibung (§ 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG) für alle abnutzbaren Wirtschaftsgüter (auch → Immaterielle Wirtschaftsgüter),
die Leistungs-AfA (§ 7 Abs. 1 Satz 6 EStG) nur für bestimmte bewegliche Anlagegüter (die tatsächliche Leistung muss messbar sein),
die Absetzung für Substanzverringerung (AfS) gem. § 7 Abs. 1 Satz 6 EStG. Die AfS kommt nur bei Bodenschätzen (Bergbauunternehmen, Steinbrüchen, etc.) in Betracht; sie wird linear oder nach Maßgabe des Substanzverzehrs vorgenommen und
die → Degressive Abschreibung (§ 7 Abs. 2 EStG) für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2019 und vor dem 1.1.2022 angeschafft oder hergestellt worden sind; Zweites Corona-Steuerhilfegesetz, gültig ab 1.7.2020). Die degressive AfA nach § 7 Abs.2 EStG kann auch für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gewählt werden, die im Jahre 2022 angeschafft oder hergestellt werden (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz vom 19.6.2022, BGBl 2022 I S. 911). Für nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.1.2025 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter ist die degressive AfA durch das Wachstumschancengesetz (Änderungsgesetz vom 27.3.2024, BGBl I 2024, 108) erneut eingeführt worden. Fortführung der degressiven AfA für im Zeitraum 2025 bis 2028 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wiederanhebung auf das Zweieinhalbfache des bei der linearen Abschreibung in Betracht kommenden Prozentsatzes, höchstens 25 % (am 24.7.2024 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs (Steuerfortentwicklungsgesetz – SteFeG) beschlossen).
Die selten praktizierte Leistungs-AfA bei beweglichen WG setzt einen entsprechenden Leistungsnachweis über eine schwankende Nutzung voraus (R 7.4 Abs. 5 EStR). Für die Ermittlung der jährlichen AfA-Sätze bzw. AfA-Werte wird eine voraussichtliche Gesamtleistung benötigt. Diese lässt sich, soweit vorhanden, ggf. aus den Daten des Vorgänger-WG ermitteln.
Beispiel 1:
Die voraussichtliche Gesamt-Fahrleistung eines Lkw beläuft sich auf 200 000 km. Die → Anschaffungskosten des Fahrzeugs betragen 80 000 €. Die tatsächliche Jahresfahrleistung des Lkw wird nach dem km-Zähler im
1. → Wirtschaftsjahr mit 90 000 km (= 45 % der Gesamtleistung),
2. Wirtschaftsjahr mit 40 000 km (= 20 % der Gesamtleistung),
3. Wirtschaftsjahr mit 70 000 km (= 35 % der Gesamtleistung) festgestellt.
Lösung 1:
Die Leistungs-AfA beträgt:
im 1. Wirtschaftsjahr 36 000 € (45 % der → Anschaffungskosten),
im 2. Wirtschaftsjahr 16 000 € (20 % der Anschaffungskosten) und
im 3. Wirtschaftsjahr 28 000 € (35 % der Anschaffungskosten).
Diese Absetzung ist für alle WG, aber nicht neben der degressiven AfA zulässig (§ 7 Abs. 2 Satz 4 EStG). Sie ist in ihren Voraussetzungen mit der Teilwertabschreibung vergleichbar, setzt aber im Unterschied zu dieser eine dauernde Nutzungsbeeinträchtigung voraus. Die Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) tritt neben die normale AfA.
Beispiel 2:
→ Unternehmer U verunglückt mit einem gebrauchten Pkw (→ Anschaffungskosten in 01: 20 T€) auf einer Dienstfahrt (01). Für den Pkw war eine ND von vier Jahren angesetzt. Er lässt den Pkw zunächst nicht reparieren, wodurch sich eine Verkürzung der ND auf zwei Jahre ergibt. In 02 erfolgt die Reparatur (Kosten 3 000 €); der Pkw ist »wiederhergestellt«.
Lösung 2:
Der durch den Unfall verursachte Schaden beeinflusst die ND des Pkw und stellt damit eine außergewöhnliche technische Abnutzung i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG dar.
Zusätzlich zur normalen AfA von 5 T€ kann U in 01 als AfaA 3 T€ absetzen. Damit reduziert sich auch die AfA-Bemessungsgrundlage für die nächsten Jahre.
Gem. § 7 Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 EStG führt der Wegfall der AfaA in 02 zu einer Zuschreibung der Reparaturkosten auf die fortgeführten → Anschaffungskosten. Die Reparaturkosten selbst sind in 02 als Betriebsausgabe absetzbar.
Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz (gültig ab 1.7.2020) wurde eine degressive AfA i.H.v. 25 %, höchstens das 2,5-Fache der linearen AfA, für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die in den Jahren 2020 und 2021 angeschafft oder hergestellt werden, eingeführt (→ Degressive Abschreibung).
Die degressive AfA nach § 7 Abs.2 EStG kann auch für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gewählt werden, die im Jahre 2022 angeschafft oder hergestellt werden (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz vom 19.6.2022, BGBl 2022 I S. 911).
Für nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.1.2025 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter wurde die degressive AfA durch das Wachstumschancengesetz (Änderungsgesetz vom 27.3.2024, BGBl I 2024, 108) erneut eingeführt. Fortführung der degressiven AfA für im Zeitraum 2025 bis 2028 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wiederanhebung auf das Zweieinhalbfache des bei der linearen Abschreibung in Betracht kommenden Prozentsatzes, höchstens 25 % (am 24.7.2024 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs (Steuerfortentwicklungsgesetz – SteFeG) beschlossen).
Die handelsrechtliche Bewertung der Positionen des Anlagevermögens ist wie folgt vorzunehmen:
Ausgangswert
→ Anschaffungskosten/→ Herstellungskosten, vermindert um planmäßige Abschreibungen gem. § 253 Abs. 3 Satz 1 und 2 HGB i.V.m. § 255 Abs. 1 und 2 HGB.
Wertminderungen
Voraussichtlich dauernde Wertminderung: Niedrigerer Stichtagswert, zwingend gem. § 253 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 HGB.
Voraussichtlich vorübergehende Wertminderung: Verbot der außerplanmäßigen Abschreibung gem. § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB.
Ausnahme: Wahlrecht bei Finanzanlagen gem. § 253 Abs. 3 Satz 4 HGB
Werterhöhungen
Bei Wegfall der Voraussetzungen ist Wertaufholung (Obergrenze Anschaffungs-/→ Herstellungskosten, vermindert um planmäßige Abschreibungen gem. § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB) geboten gem. § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB. Ein Wertaufholungsverbot besteht hingegen bei einem entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder → Firmenwert.
Beispiel 3:
A hat am 2.1.01 für 30 000 € eine Maschine mit einer betriebsgewöhnlichen ND von zehn Jahren erworben. Nach einem Jahr Nutzung stellte sich heraus, dass die elektronische Steuerung der Maschine anfällig war. Wegen ständiger Unterbrechungen in der Betriebsbereitschaft konnte die Maschine im Jahr 02 nur zu 80 % ihrer normalen Auslastung genutzt werden. Am 31.12.03 beträgt der beizulegende Wert der Maschine 21 000 €, nachdem durch eine kleine Reparatur, nach dem Motto »gewusst wie«, die Störanfälligkeit auf Dauer beseitigt worden war.
Lösung 3:
Anschaffungskosten 01 |
30 000 € |
./. planmäßige Abschreibung 01 und 02 |
./. 6 000 € |
Zwischensumme |
24 000 € |
./. außerplanmäßige Abschreibung (20 %) |
./. 4 800 € |
Buchwert am 31.12.02 |
19 200 € |
+ Zuschreibung 03 (4 800 € nach Reparatur) |
+ 4 800 € |
./. planmäßige Abschreibung 03 |
./. 3 000 € |
Buchwert am 31.12.03 |
21 000 € |
Hinweis:
Wenn es sich um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung handelt, muss die außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen werden (§ 253 Abs. 3 Satz 3, letzter Halbsatz HGB). Die planmäßigen Abschreibungsbeträge hätten sich dann auf 2 400 € (19 200 €/8) bezogen auf die Restnutzungsdauer reduziert.
Nach der Reparatur mit endgültiger Mängelbeseitigung im Jahr 03 muss eine Zuschreibung auf 21 000 € (= 19 200 € + 4 800 € ./. 3 000 €) vorgenommen werden gem. § 253 Abs. 5 HGB.
Die steuerrechtliche Bewertung der Positionen des Anlagevermögens ist wie folgt vorzunehmen:
Ausgangswert
→ Anschaffungskosten /→ Herstellungskosten, vermindert um die Absetzung für Abnutzung (AfA) gem. § 7 und § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG;
Wertminderungen
Voraussichtlich dauernde Wertminderung: Niedrigerer Teilwert, Wahlrecht gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG;
Niedrigerer Ansatz wegen Vornahme einer AfaA (§ 7 Abs. 1 Satz 7 EStG).
Minderung aus der Übertragung von steuerfreien Rücklagen, → Sonderabschreibungen, erhöhte Absetzungen bei Ausübung des Wahlrechts gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG;
Weitere Abschreibungen im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Beurteilung sind nicht zulässig.
Werterhöhungen
Bei Wegfall der Voraussetzungen ist Wertaufholung auf den Regelwert geboten,
Höchstwert: fortgeschriebene Anschaffungs- oder → Herstellungskosten bzw. fortgeschriebener Einlagewert (= Regelwert); es sei denn, der Teilwert ist niedriger (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG bzw. § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG).
Nach vorheriger Minderung aus der Übertragung von steuerfreien Rücklagen, Sonderabschreibungen oder erhöhten Absetzungen ist die Wertaufholung zwingend.
Beispiel 4:
Der Sachverhalt entspricht dem vorherigen Beispiel.
Lösung 4:
Eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert darf am 31.12.02 nur vorgenommen werden, wenn die Wertminderung voraussichtlich von Dauer sein wird. Die den Mangel voll beseitigende Reparatur im Jahr 03 führt zu dem Ergebnis, dass die Wertminderung nicht von Dauer ist. Eine Teilwertabschreibung auf den 31.12.02 ist deshalb nicht zulässig. Aus diesem Grund stellt sich die Frage nach der im Steuerrecht zwingenden Wertaufholung in diesem Fall nicht. Die Maschine ist in der Steuerbilanz am 31.12.02 mit 24 000 € und am 31.12.03 mit 21 000 € anzusetzen.
Teilwertabschreibungen (→ Teilwertabschreibung) in der Steuerbilanz sind nur zulässig, wenn die Wertminderung voraussichtlich von Dauer ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG).
Wirtschaftsgüter (WG), die bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum abnutzbaren → Anlagevermögen des Unternehmers gehört haben, sind mit den um die AfA geminderten → Anschaffungskosten oder → Herstellungskosten anzusetzen (= Regelwert), es sei denn, der Teilwert ist aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG).
Im BMF-Schreiben vom 2.9.2016 (BStBl I 2016, 995) hat die Finanzverwaltung dazu Stellung genommen, wie die voraussichtlich dauernde Wertminderung i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und Nr. 2 Satz 2 EStG bei einer → Teilwertabschreibung zu beurteilen ist. Ferner wird in dem Schreiben die zwingende Wertaufholung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und Nr. 2 Satz 3 sowie § 7 Abs. 1 Satz 6 EStG erläutert.
Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung bedeutet danach ein voraussichtlich nachhaltiges Absinken des dem Wirtschaftsgut innewohnenden Wertes unter den maßgeblichen Buchwert; eine nur vorübergehende Wertminderung reicht für eine Teilwertabschreibung nicht aus. Die Definition der voraussichtlich dauernden Wertminderung ist dem Handelsrecht entlehnt, sodass insoweit von einer Zusammenführung des Handels- und Steuerrechts gesprochen werden kann.
Die Wertminderung ist voraussichtlich nachhaltig, wenn der Steuerpflichtige mit dieser aus der Sicht des Bilanzstichtags aufgrund objektiver Anzeichen ernsthaft zu rechnen hat. Aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns müssen mehr Gründe für als gegen eine Nachhaltigkeit sprechen. Grundsätzlich ist von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn der Wert des WG am Bilanzstichtag die Bewertungsobergrenze während eines erheblichen Teils der voraussichtlichen Verweildauer im Unternehmen nicht erreichen wird. Wertminderungen aus besonderem Anlass (z.B. Katastrophen oder technischer Fortschritt) sind regelmäßig von Dauer. Zusätzliche Erkenntnisse bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Steuerbilanz sind zu berücksichtigen.
Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung ist somit anzunehmen, wenn der jeweilige beizulegende Wert an den Bilanzstichtagen während eines erheblichen Teils der Nutzungsdauer (ND) unter dem planmäßigen Buchwert liegt. Nach den Vorstellungen der Verwaltung ist eine dauernde Wertminderung beim → Anlagevermögen gegeben, wenn der jeweilige Stichtagswert mindestens für die halbe Restnutzungsdauer unter dem planmäßigen Restbuchwert liegt. Die verbleibende Restnutzungsdauer ist für bewegliche Wirtschaftsgüter nach den amtlichen AfA-Tabellen zu bestimmen (vgl. Tz. 8 des BMF-Schreibens vom 2.9.2016, BStBl I 2016, 995).
Beispiel 5:
Der Steuerpflichtige ist Eigentümer eines Bürogebäudes, das auf fremdem Grund und Boden errichtet ist. Zum 31.12.01 betragen die fortgeführten → Anschaffungskosten 200 000 €. Die Restnutzungsdauer liegt bei 25 Jahren, der jährliche AfA-Betrag beträgt 8 000 €. Aufgrund eines Überangebots an Büroraum ist der Teilwert zum 31.12.01 gem. einem entsprechenden steuerlich anzuerkennenden Gutachten auf 150 000 € gesunken. Bis zur Bilanzaufstellung Ende Mai 02 hat sich die Lage am Markt nicht entspannt.
Lösung 5:
Eine Teilwertabschreibung ist nicht zulässig. Die Minderung ist voraussichtlich nicht von Dauer, da der niedrigere Stichtagswert bei planmäßiger → Abschreibung schon nach etwa sieben Jahren, d.h. schon vor Ablauf von 50 % der Restnutzungsdauer, erreicht wird. Handelsrechtlich wäre aufgrund des gemilderten Niederstwertprinzips eine Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert jedoch zulässig. Es könnte somit zu einer abweichenden Bilanzierung in Handels- und Steuerbilanz kommen.
Der Ansatz des niedrigeren Teilwerts ist nur bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung zulässig. Eine dauerhafte Wertminderung wird dabei als ein nachhaltiges Absinken des Wertes unter den Buchwert definiert.
Damit kann eine Teilwertabschreibung erst dann in Betracht kommen, wenn der Teilwert niedriger als der planmäßige Restbuchwert ist.
Eine Teilwertabschreibung ist bei einer nur vorübergehenden Wertminderung nicht möglich.
Dem Steuerpflichtigen wird bei dem Begehren des Ansatzes eines niedrigeren Teilwertes die Feststellungslast auferlegt.
Eine Beibehaltung des niedrigeren Teilwertes für folgende Bilanzstichtage ist nur dann vorgesehen, wenn auch an diesen Stichtagen die dauernde Wertminderung vorliegt; ansonsten ist eine Zuschreibung zu den fortgeführten → Anschaffungskosten (= Regelwert) zwingend vorgeschrieben.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 7 Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 2 EStG ist eine zwingende Wertaufholung vorzunehmen, wenn der Steuerpflichtige nicht nachweisen kann, dass der Teilwert niedriger ist als der fortgeführte Buchwert (= → Anschaffungskosten abzgl. AfA; = Regelwert). Die Feststellungslast wird dabei dem Steuerpflichtigen aufgebürdet.
Für die Frage der Wertaufholung kommt es nach Ansicht der Verwaltung (Tz. 27 des BMF-Schreibens vom 2.9.2016, BStBl I 2016, 995) nicht darauf an, ob die konkreten Gründe für die vorherige Teilwertabschreibung weggefallen sind. Auch die Erhöhung des Teilwertes aus anderen Gründen führt zu einer Korrektur des Bilanzansatzes.
Mit der Regelung von § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 7 Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 2 EStG gilt ein striktes Wertaufholungsgebot. Dieses gilt abweichend vom Handelsrecht rechtsformunabhängig.
Der Bilanzansatz ergibt sich für jeden Bilanzstichtag aus dem Vergleich der um die zulässigen Abzüge geminderten Anschaffungs-/→ Herstellungskosten oder dem an diese Stelle tretenden Wert als Bewertungsobergrenze (= Regelwert) und dem niedrigeren Teilwert als Untergrenze.
Beispiel 6:
Der Unternehmer hat am 2.1.02 eine Maschine mit einer betriebsgewöhnlichen ND von zehn Jahren erworben. Die → Anschaffungskosten betrugen 30 000 €. Nach einem Jahr Nutzung stellte sich heraus, dass die elektronische Steuerung der Maschine anfällig war. Wegen ständiger Unterbrechung der Betriebsbereitschaft konnte die Maschine im Jahr 02 nur zu 80 % ihrer betriebsnormalen Auslastung genutzt werden. Der → Unternehmer nahm deshalb am 31.12.02 neben der linearen AfA von 10 % eine Teilwertabschreibung von 20 % auf den Buchwert vor und bilanzierte die Maschine am 31.12.02 mit 21 600 €.
Im Jahr 03 gelang es dem Techniker des Kundendienstes, die Steuerung der Maschine so zu reparieren, dass die Maschine von nun an störungsfrei arbeitete und voll eingesetzt werden konnte.
Lösung 6:
Da die Voraussetzungen für die Teilwertabschreibung am 31.12.03 weggefallen sind, muss zu diesem Stichtag eine Wertaufholung vorgenommen werden. Der Buchwert am 31.12.03 ist wie folgt zu ermitteln:
Anschaffungskosten |
30 000 € |
./. AfA für die Jahre 02 und 03 |
./. 6 000 € |
Buchwert am 31.12.03 |
24 000 € |
Hübner, Ertragsteuerliche Abschreibung von abnutzbarem Anlagevermögen, SteuerStud 1/23, 43; Schoor, Teilwertabschreibung und Wertaufholung, NWB 25/2015, 1865; Ronig, Zur Zulässigkeit von Teilwertabschreibungen, BBK 4/2015; Cremer, Außerplanmäßige Abschreibungen: Teilwert und beizulegender Wert – Bewertung des Vorratsvermögens nach der Subtraktions- und Formelmethode, NWB 13/2016, 13.
→ Gemischt genutzte Gebäude in der Einkommen- und Umsatzsteuer
→ Immaterielle Wirtschaftsgüter
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