1 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung
1.1 Grundsätzliches
1.2 Handeln für fremde Rechnung
1.3 Handeln in fremdem Namen
1.4 Abgrenzung zur Leistungskommission
1.5 Secondhandshops
1.6 Leistungsbeziehungen im Internet
1.7 Ort der Vermittlungsleistung
1.7.1 Vermittlungsleistung an Nichtunternehmer
1.7.2 Vermittlungsleistungen an Unternehmer
1.7.3 Vermittlung von Grundstücksvermietungen
1.8 Steuerbefreiungen bei Vermittlungsleistungen
1.8.1 Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 5 UStG
1.8.2 Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 8 und 11 UStG
1.8.2.1 Grundsätzliches zu den Vermittlungsleistungen
1.8.2.2 Gewährung und Vermittlung von Krediten
1.8.2.3 Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln
1.8.2.4 Umsätze im Geschäft mit Forderungen
1.8.2.5 Umsätze im Einlagengeschäft, Handelspapiere, Zahlungsverkehr
1.8.2.6 Wertpapierumsätze
1.8.2.7 Gesellschaftsanteile
1.8.2.8 Übernahme von Verbindlichkeiten und Sicherheiten
1.8.2.9 Umsätze von Bausparkassen-, Versicherungsvertretern und Versicherungsmaklern
1.8.3 Vermittlung von Umsätzen i.S.d. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG
1.8.4 Vermittlung von Umsätzen i.S.d. § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG
1.9 Vermittlungsleistungen von Reisebüros
1.10 Verkauf von Flugscheinen durch Reisebüros
1.11 Vermittlungsleistungen oder Eigengeschäft beim Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen
1.12 Vermittlung von Leistungen i.S.d. § 12 Nr. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG
1.13 Vermittlungsleistungen bei der Abgabe von Hotelschecks
1.13.1 Anzahlungen für Vermittlungsleistungen
1.13.2 Ortsvorschrift
1.14 Leistungen von Spielervermittlern
1.14.1 Steuerentstehung bei ratenweise vergüteten Vermittlungsleistungen
1.14.2 Vorsteuerabzug aus Rechnungen von Spielervermittlern
1.15 Bemessungsgrundlage bei Vermittlungsleistungen
1.15.1 Durchlaufende Posten
1.15.2 Bemessungsgrundlage eines verschleierten Umsatzes
1.16 Preisnachlässe durch Verkaufsagenten
1.17 Steuerentstehung bei Vermittlungsleistungen
1.18 Abgabe von Gratis-Handys durch Vermittler von Mobilfunkverträgen.
1.19 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Einzweckguthabenkarten in der Telekommunikation
1.20 Fälle zu den Vermittlungsleistungen
2 Ertragsteuerrechtliche Behandlung
3 Literaturhinweise
4 Verwandte Lexikonartikel
Vermittlungsleistungen (sonstige Leistungen) liegen vor, wenn jemand (als sog. Agent) Geschäfte (Abschn. 3.7 Abs. 1 UStAE)
in fremdem Namen und
für fremde Rechnung vermittelt.
Vermittelt jemand ständig als Selbstständiger Geschäfte im Auftrag eines anderen Unternehmers (Auftraggeber), ist er Handelsvertreter i.S.v. § 84 HGB. Der Handelsvertreter und sein Auftraggeber sind danach beide stets Unternehmer (s.a. Abschn. 4.5.1 Abs. 1 UStAE).
Agenturgeschäfte im umsatzsteuerrechtlichen Sinne kommen jedoch auch bei Unternehmern vor, die keine Handelsvertreter sind. Auch kann ein Privatmann (Nichtunternehmer) der Auftraggeber sein.
Typische Fälle der Agentur treten auf beim
Handelsvertreter,
Gebrauchtwagenhändler,
Tankstellenpächter,
Auktionator.
Dem Leistungsempfänger muss beim Abschluss des Umsatzgeschäftes nach den Umständen des Falles bekannt sein, dass er zu einem Dritten in unmittelbare Rechtsbeziehung tritt (Abschn. 3.7 Abs. 1 UStAE).
Das Entgelt für die Vermittlungsleistung beschränkt sich nach § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG auf die Vermittlungsprovision. Voraussetzung ist, dass der Vertreter nicht nur im Namen, sondern auch für Rechnung der Vertretenen handelt (Abschn. 3.7 Abs. 1 Satz 7 UStAE).
Zum Ort der Vermittlungsleistung s.u. sowie Abschn. 3a.7 UStAE. Weitere Erläuterungen zu den Ortsvorschriften bei der Vermittlung von sonstigen Leistungen s. → Sonstige Leistung.
Ist eine Vermittlungsleistung steuerbar, so kann sie nach § 4 Nr. 5, 8 oder 11 UStG steuerfrei sein (s.u.). Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 UStG schließt den Vorsteuerabzug nicht aus (§ 15 Abs. 3 UStG).
Wer für fremde Rechnung handelt, hat das Interesse des Auftraggebers und nicht sein eigenes wahrzunehmen und insbesondere (wenn es sich um einen agenturmäßigen Verkauf handelt) bezüglich des Verkaufspreises die Weisungen des Auftraggebers zu befolgen. Er hat dem Auftraggeber den Abnehmer zu benennen und auch sonst über das Geschäft Rechenschaft abzulegen. Weiterhin muss er den Verkaufserlös nach Abzug der Provision herausgeben (vgl. § 384 HGB), wenn er als Bevollmächtigter den Verkaufspreis entgegengenommen hat (Abschn. 3.7 Abs. 1 Sätze 6 und 7 UStAE).
Wer auf fremde Rechnung handelt, trägt kein eigenes Verkaufsrisiko, hat aber andererseits auch nur einen Anspruch auf Provision.
Wer im eigenen Namen und für fremde Rechnung tätig wird, handelt im Rahmen einer → Dienstleistungskommission nach § 3 Abs. 11 UStG.
Handelt jemand nicht für fremde Rechnung, ist er entweder Eigenhändler, wenn er in eigenem Namen handelt oder unechter Agent, wenn er in fremdem Namen handelt. Der unechte Agent wird wie ein Eigenhändler behandelt, d.h. er vermittelt nicht die betreffende Leistung, sondern führt sie selbst aus (Abschn. 3.7 Abs. 1 Satz 4 UStAE).
Während das Handeln für fremde Rechnung das Innenverhältnis zwischen Agent und Auftraggeber betrifft (BFH Urteil vom 11.10.1990, VR 75/85, BStBl II 1991, 191), bezieht sich das Merkmal »Handeln in fremdem Namen« auf das Außenverhältnis zwischen dem Agenten und dem Dritten.
Handeln in fremdem Namen liegt vor, wenn das der vermittelten Leistung zugrunde liegende Rechtsgeschäft unmittelbar zwischen dem Auftraggeber und dem Dritten zustande kommt.
Dies setzt bei einem agenturmäßigen Verkauf voraus, dass der Abnehmer der Ware beim Vertragsabschluss eindeutig erkennt, dass er nicht in Rechtsbeziehungen zum Agenten, sondern zum Auftraggeber des Agenten tritt. Allein die durch eine Vollmacht eines Unternehmers legitimierte Entgegennahme von Zahlungen durch eine andere Person reicht nicht dazu aus, diese Person als leistenden Unternehmer anzusehen (FG München Urteil vom 17.2.2016, 3 K 2395/13, EFG 2016, 934, LEXinform 5018959, rkr.). Der Abnehmer muss den Auftraggeber namentlich kennen. Ist dies nicht der Fall, handelt die Mittelsperson also im eigenen Namen für fremde Rechnung, ist sie Verkaufskommissionär i.S.v. § 3 Abs. 3 UStG (→ Kommissionsgeschäfte mit Gegenständen).
Beispiel 1:
Unternehmer C betreibt in München ein Einzelunternehmen unter der Firma »C-Club«. Im Rahmen seines Unternehmens bietet er in Italien belegene Urlaubsunterkünfte (Hotelzimmer, Appartements, Ferienwohnungen) zur Nutzung an. Dabei bucht er die in einem Prospekt angebotenen Unterkünfte überwiegend erst bei Bedarf. Die Kunden entrichten die Mieten an C. Dieser leitet sie an die Eigentümer und Vermieter der Unterkünfte (Unternehmer I) weiter und zieht hiervon seine »Provision« ab. Diese behandelt er als steuerfreien Umsatz, da er davon ausgeht, dass er lediglich als Vermittler für die Wohnungseigentümer in Italien tätig ist. C argumentiert, dass sich aus den jeweiligen Buchungsbestätigungen eindeutig Name, Anschrift und Telefonnummer des Vermieters ergäbe, teilweise sogar der Hinweis, dass die Unterkünfte nur vermittelt seien.
Hinweis:
Wenn C als Vermittler auftreten würde, ergäbe sich folgende Lösung:
C vermittelt eine kurzfristige Vermietungsleistung einer Ferienwohnung an einen Unternehmer I in Italien. Da der Leistungsempfänger I ein Unternehmer ist, bestimmt sich der Ort der Vermittlungsleistung grundsätzlich nach § 3a Abs. 2 UStG. Die Vermittlung kurzfristiger Vermietungen von Grundstücken fällt nicht unter den Anwendungsbereich des § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG (Abschn. 3a.7 Abs. 1 Satz 4 UStAE i.V.m. Abschn. 3a.3 Abs. 9 Nr. 2 UStAE). Die Vermittlungsleistung des C an I ist im Inland nicht steuerbar.
§ 25 UStG ist nicht anzuwenden, soweit der Unternehmer beim Verkauf von Reisen erkennbar im fremden Namen handelt (vgl. Abschn. 3.7 Abs. 1 UStAE). Die Besteuerung der Vermittlungsleistungen richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des UStG (Abschn. 25.1 Abs. 4 UStAE; → Reiseleistungen nach § 25 UStG).
Lösung 1:
Der Sachverhalt und die Lösung sind dem BFH-Urteil vom 22.8.2019 (V R 12/19, BStBl II 2021, 498) nachgebildet. S.a. die Beispiele 2 bis 4.
Für die Bestimmung der Leistungen und der Leistungsbeziehungen folgt das Umsatzsteuerrecht grundsätzlich dem Zivilrecht (BFH V R 12/19, Rz. 25).
Im Hinblick darauf, dass eine Vermittlungsleistung ein Handeln in fremdem Namen erfordert, kommt es für die Abgrenzung maßgeblich darauf an, wie der Unternehmer nach außen (gegenüber den Reisenden) auftritt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Wille, in fremdem Namen zu handeln, dann unbeachtlich bleibt, wenn er sich nicht aus einer Erklärung des Handelnden oder aus den Umständen ergibt (vgl. § 164 Abs. 2 BGB: Offenkundigkeitsgrundsatz). Es muss somit für den Leistungsempfänger objektiv erkennbar sein, dass der Handelnde in fremdem Namen auftreten und das Geschäft abschließen will. Gibt der Unternehmer nicht eindeutig zu erkennen, dass er für einen anderen (den Leistungsträger) als dessen Vertreter handeln will, so leistet nur er und nicht der Vertretene. In der Regel hat dies durch die Prospektgestaltung und durch klare Hinweise außerhalb seiner AGB zu geschehen (BFH V R 12/19, Rz. 26; s.a. Abschn. 25.1 Abs. 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 24.6.2021, BStBl I 2021, 857).
Die Entscheidung, ob der Unternehmer eine Leistung in eigener Verantwortung übernimmt oder eine fremde Leistung lediglich vermittelt, ist im Rahmen des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses nach dem Gesamtbild des Einzelfalls zu treffen. Im Urteilsfall entsprach die Aufmachung des Katalogs der eines klassischen Reiseveranstalters. Dieser vermittelt dem Kunden den Eindruck, dass der Unternehmer C sein Vertragspartner werde.
In den AGB des Unternehmers C wird der Eindruck vermittelt, dass C der Reiseveranstalter sei. Denn nach Nr. 1 der AGB kommt der Reisevertrag mit C zustande. Er behält grundsätzlich den Anspruch auf den Reisepreis, wenn der Reisende die Reiseleistungen ganz oder teilweise nicht in Anspruch nimmt, während er den Anspruch auf den Reisepreis im Falle der Vertragskündigung verliert. Schließlich wird der Reisende auch hinsichtlich der Gewährleistungsrechte auf C verwiesen (BFH V R 12/19, Rz. 29).
Soweit die Buchungsbestätigungen die Namen der »Vermieter« enthalten, kann der BFH dies als nicht hinreichend für ein Auftreten des C als Vertreter erachten, da es sich lediglich um »Bestätigungen« eines vorausgegangenen Vertragsschlusses handelt. Hieraus folgert der BFH zu Recht, dass die Kunden zum maßgeblichen Zeitpunkt die Daten des »Vermieters« noch nicht kannten (s.a. Anmerkung vom 8.11.2019, LEXinform 0882004).
Hinweis:
Da der Unternehmer C als Leistender und nicht als Vermittler tätig wird, erbringt C Reiseleistungen nach § 25 UStG. Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 1 UStG in München und ist steuerbar. Reiseleistungen sind mit einem Ortswechsel des Reisenden verbunden (s.a. §§ 651a ff. BGB). § 651a BGB setzt voraus, dass der Reiseveranstalter eine Gesamtheit von Reiseleistungen erbringt und nicht nur eine einzelne Leistung. Für das Vorliegen einer Reiseleistung ist es grundsätzlich erforderlich, dass der Unternehmer ein Bündel von Einzelleistungen erbringt, welches zumindest eine Beförderungs- oder Beherbergungsleistung enthält (Abschn. 25.1 Abs. 2 Satz 1 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 24.6.2021, BStBl I 2021, 857). Eine einzelne Leistung genügt für die Anwendung des § 25 UStG nur dann, wenn es sich um eine Beherbergungsleistung handelt (Abschn. 25.1 Abs. 2 Satz 4 UStAE; s. → Reiseleistungen nach § 25 UStG unter den Gliederungspunkt »Definition der Reiseleistungen i.S.d. § 25 UStG«).
Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht (§ 3 Abs. 11 UStG; → Dienstleistungskommission). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob das Erbringen oder das Beschaffen einer sonstigen Leistung in Auftrag gegeben wird (s.a. BFH Urteil vom 31.1.2002, V R 40, 41/00, BStBl II 2004, 315; BFH Beschluss vom 16.5.2002, V B 89/01, BStBl II 2004, 319). Eine zusätzliche Vermittlungsleistung liegt nicht vor (Abschn. 3.15 Abs. 1 und 4 UStAE). Weitere Erläuterungen zur Leistungskommission s. unter → Dienstleistungskommission.
In Secondhandshops werden regelmäßig von Privatpersonen übergebene gebrauchte Kleidungsstücke und andere gebrauchte Gegenstände verkauft. Die Stpfl. streben oft an, in ihren Ladengeschäften Vermittlungsleistungen mit der Folge zu tätigen, dass das Entgelt für das vermittelte Geschäft bei ihnen ein durchlaufender Posten nach § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG ist und sie nur ihre Vermittlungsprovision der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen haben.
Eine allgemeine Verkehrsauffassung, wonach der Inhaber eines »Secondhandladens« als Vermittler anzusehen ist, besteht nicht. Ob ein Handeln in fremdem Namen vorliegt, lässt sich deshalb nur unter Würdigung der gesamten Umstände des einzelnen Falles beurteilen.
Nach ständiger Rspr. ist derjenige, der im eigenen Laden Waren des täglichen Bedarfs verkauft, umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich als Eigenhändler oder Kommissionär anzusehen, da der Kunde regelmäßig davon ausgehen wird, dass er in unmittelbare Rechtsbeziehungen mit dem Ladeninhaber tritt. Vermittler kann der Ladeninhaber nur sein, wenn zwischen demjenigen, von dem er die Ware bezieht (Einlieferer) und dem Käufer unmittelbare Rechtsbeziehungen zustande kommen.
Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Käufer und dem Einlieferer sind nicht nur in den Fällen zu bejahen, in denen dem Käufer Name und Anschrift des Einlieferers genannt werden. Sie liegen bereits vor, wenn dem Käufer aus den Gesamtumständen des Einzelfalls (beispielsweise durch Schilder oder ähnliche Hinweise im Ladenraum) bekannt wird, dass der Ladeninhaber im Namen und für Rechnung eines Dritten tätig wird und die Identität seines Vertragspartners (Einlieferer) anhand der Unterlagen des Ladeninhabers genannt werden kann (vgl. BFH Urteil vom 16.3.2000, V R 44/99, BStBl II 2000, 361). Wird dem Käufer dagegen nicht durch entsprechende Hinweise deutlich gemacht, dass durch den Verkauf der Ware nicht der Ladeninhaber, sondern der Einlieferer verpflichtet werden soll, so ist der Ladeninhaber als Eigenhändler oder Kommissionär anzusehen.
Verdeckt der Ladeninhaber durch seinen Auftritt als Vermittler lediglich, dass er auf Grund eines unmittelbaren Leistungsverhältnisses eine Lieferung an dem Käufer ausführt, so liegt auch unter den o.g. Voraussetzungen keine Vermittlungsleistung vor (Abschn. 3.7 Abs. 1 Satz 4 UStAE). Ein unmittelbares Leistungsverhältnis zwischen dem Ladeninhaber und dem Käufer setzt voraus, dass der Ladeninhaber die Verfügungsmacht über die zu veräußernde Ware vom Einlieferer erhalten hat, indem Substanz, Wert und Ertrag des Liefergegenstands auf diesen übergingen (Abschn. 3.7 Abs. 1 Satz 5 UStAE).
Der Übergang der Verfügungsmacht beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Erbringt der Ladeninhaber keine Vermittlungsleistungen, so unterliegt die Lieferung von Waren der Umsatzbesteuerung. In diesem Fall findet regelmäßig die Differenzbesteuerung i.S.d. § 25a UStG Anwendung (OFD Frankfurt vom 14.8.2007, S 7110 A – 1/84 – St 11, DStR 2007, 1964, LEXinform 5231044).
Nach ständiger Rspr. sind entgeltliche Leistungen steuerbar und unterliegen dem Anwendungsbereich der Steuer, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem Rechtsverhältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet. Nach diesem Rechtsverhältnis bestimmt sich auch die Person des Leistenden und die des Leistungsempfängers (vgl. BFH Urteil vom 23.9.2009, XI R 14/08, BStBl II 2010, 243). Die Beteiligten eines Leistungsaustauschs ergeben sich mithin aus den schuldrechtlichen Vertragsbeziehungen.
I.R.d. Bestimmung der Leistungen und Leistungsbeziehungen ist zu beachten, dass derjenige, der im eigenen Laden Waren verkauft, umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich als Eigenhändler und nicht als Vermittler anzusehen ist (sog. Ladenrechtsprechung, Abschn. 3.7 Abs. 1 UStAE). Denn der Kunde, der in einem Laden Waren kauft, will grundsätzlich nur mit dem Ladeninhaber in Geschäftsbeziehungen treten. Ihm sind im Regelfall etwaige Vereinbarungen zwischen dem Ladeninhaber und einem Dritten, wonach es sich lediglich um eine Vermittlungstätigkeit handeln soll, nicht bekannt. Sie werden ihn im Allgemeinen auch nicht interessieren. Vermittler kann der Ladeninhaber nur sein, wenn zwischen demjenigen, von dem er die Ware bezieht, und dem Käufer unmittelbare Rechtsbeziehungen zustande kommen. Auf das Innenverhältnis des Ladeninhabers zu seinem Vertragspartner, der Waren oder Leistungen zur Verfügung stellt, kommt es für die Frage, ob Eigenhandels- oder Vermittlungsgeschäfte vorliegen, nicht entscheidend an. Wesentlich ist das Außenverhältnis, d.h. das Auftreten des Ladeninhabers dem Kunden gegenüber. Nur wenn der Ladeninhaber in eindeutiger Weise vor oder bei dem Geschäftsabschluss zu erkennen gibt, dass er für einen anderen tätig wird, also in fremdem Namen und für fremde Rechnung handelt, und der Kunde, der dies erkannt hat, sich ausdrücklich oder stillschweigend damit einverstanden erklärt, kann die Vermittlereigenschaft des Ladeninhabers umsatzsteuerrechtlich anerkannt werden.
Diese Grundsätze gelten auch für die Erbringung von sonstigen Leistungen, soweit sie im Internet angeboten werden. Denn der Betreiber einer Internetseite, der dort kostenpflichtige Leistungen anbietet, ist vergleichbar mit einem Unternehmer, der im eigenen Laden Waren verkauft. So wie dieser umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich als Eigenhändler anzusehen ist, ist der Betreiber einer Internetseite als derjenige zu behandeln, der die dort angebotenen kostenpflichtigen Leistungen erbracht hat. Der Kunde, der in einem Laden Waren kauft, will – wie dargelegt – grundsätzlich nur mit dem Ladeninhaber in Geschäftsbeziehungen treten. Entsprechendes gilt für den Nutzer, der über das Internet eine kostenpflichtige Leistung abruft und über seine Telefonrechnung bezahlt; auch ihm sind etwaige Vereinbarungen zwischen dem Betreiber der von ihm aufgerufenen, die Leistungen anbietenden Internetseite und einem Dritten weder bekannt noch für ihn von Interesse.
Auch bei über das Internet bezogenen kostenpflichtigen Leistungen ist das Außenverhältnis wesentlich, d.h. das Auftreten des Betreibers einer Internetseite dem Nutzer gegenüber. Nur wenn der Betreiber einer Internetseite in eindeutiger Weise vor oder bei dem Geschäftsabschluss zu erkennen gibt, dass er für einen anderen tätig wird, also in fremdem Namen und für fremde Rechnung handelt, und der Kunde, der dies erkannt hat, sich ausdrücklich oder stillschweigend damit einverstanden erklärt, kann dessen Vermittlereigenschaft umsatzsteuerrechtlich anerkannt werden.
Mit Urteil vom 15.5.2012 (XI R 16/10, BStBl II 2013, 49) hat der BFH entschieden, dass ein Unternehmer, der über seine Internetseite den Nutzern die Möglichkeit verschafft, kostenpflichtige erotische oder pornografische Bilder und Videos zu beziehen, auch dann umsatzsteuerrechtlich Leistender ist, wenn der Nutzer hierzu auf Internetseiten anderer Unternehmer weitergeleitet wird, ohne dass dies in eindeutiger Weise kenntlich gemacht wird (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 74/12 vom 7.11.2012, LEXinform 0438701).
Nach Art. 9a MwStVO 282/2011 vom 7.10.2013 (ABl. L 284, 1) gilt, dass wenn elektronisch erbrachte Dienstleistungen über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal wie einen Appstore erbracht werden, davon auszugehen ist, dass ein an dieser Erbringung beteiligter Stpfl. im eigenen Namen, aber für Rechnung des Anbieters dieser Dienstleistungen tätig ist, es sei denn, dass dieser Anbieter von dem Stpfl. ausdrücklich als Leistungserbringer genannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt.
Zur Umsetzung des Art. 9a MwStVO in nationales Recht (§ 3 Abs. 11a UStG) s. → Dienstleistungskommission.
Hinweis:
Zur Gültigkeit des Art. 9a MwStVO hat der EuGH mit Urteil vom 28.2.2023 (C-695/20, LEXinform 0954624) entschieden, dass der Rat, indem er diese Bestimmung der Durchführungsverordnung erlassen hat, sich darauf beschränkt hat, die Mehrwertsteuerrichtlinie zu präzisieren, ohne sie zu ergänzen oder zu ändern. Die Prüfung der Vorlagefrage hat folglich nichts ergeben, was die Gültigkeit der streitigen Bestimmung der Durchführungsverordnung berühren könnte (s.a. EuGH Pressemitteilung Nr. 37/23 vom 28.2.2023, LEXinform 0463523).
Zur Behandlung von Lieferungen und sonstigen Leistungen (Vermittlungsleistungen) im Internethandel ab 1.7.2021 s. → Umsatzsteuerhaftung und Meldepflichten im Internethandel und dort den Gliederungspunkt »Haftungsausschluss für Lieferungen, die unter § 3 Abs. 3a UStG fallen« mit den Beispielen 1 und 2. S.a. → Lieferung unter dem Gliederungspunkt »Lieferfiktion nach § 3 Abs. 3a UStG« und dort unter »Beförderung oder Versendung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets durch Drittlandsunternehmer«.
Beispiel 2:
Ein in Frankreich ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle S Handyzubehör an eine Privatperson in Deutschland. Die Ware wird aus dem Lager des Schnittstellenbetreibers S in Frankreich durch den Betreiber S an den Wohnsitz der Privatperson in Deutschland versendet. S unterstützt die Lieferung des H dadurch, dass S
die Bedingungen für die Lieferung der Gegenstände festlegt,
an der Autorisierung der Abrechnung mit dem Leistungsempfänger bezüglich der getätigten Zahlungen beteiligt ist und
an der Bestellung oder Lieferung der Gegenstände beteiligt ist.
H hat gem. § 3c Abs. 4 Satz 2 UStG auf die Anwendung des § 3c Abs. 4 Satz 1 UStG verzichtet.
Lösung 2:
S. das Beispiel 1 unter → Umsatzsteuerhaftung und Meldepflichten im Internethandel.
S.a. das Beispiel 2 in Abschn. 25e.1 Satz 2 Nr. 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 20.4.2021 (BStBl I 2021, 705).
§ 3 Abs. 3a Satz 1 UStG ist nicht erfüllt, da der Händler H im Gemeinschaftsgebiet (Frankreich) ansässig ist. § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG (s.u.) findet ebenfalls keine Anwendung, da die Ware nicht aus dem Drittlandsgebiet eingeführt wird.
Da die Lieferfiktion des § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG für den Schnittstellenbetreiber nicht gilt, tätigt dieser eine elektronische Dienstleistung i.S.d. § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG an den französischen Händler H (s.a. Abschn. 3a.12 Abs. 2 Nr. 4 UStAE). Die (Vermittlungs-)Leistung gilt nach § 3a Abs. 2 UStG in Frankreich als ausgeführt.
Für die Lieferung des H an die Privatperson findet § 3c Abs. 1 UStG (innergemeinschaftlicher Fernverkauf) Anwendung. Der Ort der Lieferung ist der Ort, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Versendung an die Privatperson befindet (Deutschland). H kann das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18j UStG in Anspruch nehmen und den Umsatz darüber erklären. Andernfalls hat H den Umsatz im Bestimmungsland (hier: Deutschland) im allgemeinen Besteuerungsverfahren (§ 18 Abs. 1 bis 4 UStG) zu erklären.
Da S als Betreiber der elektronischen Schnittstelle i.S.d. § 25e Abs. 5 UStG n.F. die Lieferung des H unter-stützt (s. § 25e Abs. 6 UStG n.F.), haftet S nach § 25e Abs. 1 UStG für die nicht entrichtete Steuer aus der Lieferung des H, da die Lieferung des H nicht unter § 3 Abs. 3a UStG fällt (s. Abschn. 25e.1 Satz 1 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 20.4.2021, BStBl I 2021, 705). Die Haftung tritt u.a. für Lieferungen ein, bei denen die Warenbewegung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt und der liefernde Unternehmer im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist (Abschn. 25e.1 Satz 1 Nr. 2 UStAE n.F.).
Unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 3a Satz 1 und 2 UStG werden Betreiber elektronischer Schnittstellen mit ihren Vermittlungsleistungen in fiktive Lieferketten einbezogen (s. → Lieferung unter dem Gliederungspunkt »Lieferfiktion nach § 3 Abs. 3a UStG« und dort unter »Beförderung oder Versendung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets durch Drittlandsunternehmer« sowie »Fernverkäufe aus dem Drittlandsgebiet über elektronische Schnittstellen«).
§ 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG regelt den Ort einer Vermittlungsleistung an Nichtunternehmer. Dieser liegt an dem Ort der vermittelten Leistung. Dabei ist auf den Ort abzustellen, an dem die vermittelte Leistung unter Zugrundelegung der entsprechenden Ortsregelung umsatzsteuerrechtlich erbracht wird. Hierunter fällt auch die Vermittlung der kurzfristigen Vermietung von Zimmern in Hotels, Gaststätten oder Pensionen, von Fremdenzimmern, Ferienwohnungen, Ferienhäusern und vergleichbaren Einrichtungen an Nichtunternehmer (Abschn. 3a.7 Abs. 1 Satz 2 und 3 UStAE).
Bei Leistungen an einen Unternehmer oder an eine gleichgestellte juristische Person (s. Abschn. 3a.2 Abs. 1 UStAE) richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG (vgl. Abschn. 3a.2 UStAE). Dies gilt auch für die Betreiber elektronischer Schnittstellen (§ 3 Abs. 3a Satz 3 UStG), die nicht in einer Lieferfiktion des § 3 Abs. 3a Satz 1 oder 2 UStG eingebunden sind.
Bei der Vermittlung von Vermietungen von Grundstücken richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG (Abschn. 3a.7 Abs. 1 Satz 4 UStAE).
Wegen Beispielen zu der Ortsbestimmung bei Vermittlungsleistungen s.u. sowie unter → Ort der sonstigen Leistung.
Abb.: Prüfungsschema zum Ort der Vermittlungsleistung
Ist eine Vermittlungsleistung steuerbar, so kann sie nach § 4 Nr. 5 UStG steuerfrei sein. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 UStG schließt den Vorsteuerabzug nicht aus (§ 15 Abs. 3 UStG).
Bei der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 UStG handelt es sich um folgende Befreiungstatbestände:
die Vermittlung von Umsätzen, die nach § 4 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 2–4b, 6 und 7 UStG steuerfrei sind,
die Vermittlung der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
die Vermittlung der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
die Vermittlung der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 UStG als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Von den oben genannten Befreiungstatbeständen ist gem. § 4 Nr. 5 Satz 2 UStG die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende ausgenommen.
Nicht unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 5 UStG fällt die Vermittlung der Lieferungen, die im Anschluss an die Einfuhr an einem Ort im Inland bewirkt werden. Hierbei handelt es sich insbesondere um Fälle, in denen der Gegenstand nach der Einfuhr gelagert und erst anschließend vom Lager aus an den Abnehmer geliefert wird. Für die Vermittlung dieser Lieferungen kann jedoch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG in Betracht kommen (Abschn. 4.5.1 Abs. 5 UStAE, Abschn. 4.3.3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UStAE).
§ 4 Nr. 8 UStG stellt bestimmte Finanzumsätze steuerfrei (Art. 135 Abs. 1 Buchst. b–h MwStSystRL). S.a. Abschn. 4.8.1–4.8.14 UStAE.
Mit Schreiben vom 23.6.2009 (BStBl I 2009, 773) und vom 8.12.2015 (BStBl I 2015, 1066) nimmt das BMF zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Vermittlungsleistungen der in § 4 Nr. 8 und Nr. 11 UStG bezeichneten Art Stellung. Der Begriff der Vermittlung ist bei entsprechenden Umsätzen der in § 4 Nr. 8 und 11 UStG bezeichneten Art einheitlich auszulegen. Die in § 4 Nr. 8 und 11 UStG bezeichneten Vermittlungsleistungen setzen die Tätigkeit einer Mittelsperson voraus, die nicht den Platz einer der Parteien des zu vermittelnden Vertragsverhältnisses einnimmt und deren Tätigkeit sich von den vertraglichen Leistungen, die von den Parteien dieses Vertrages erbracht werden, unterscheidet. Zweck der Vermittlungstätigkeit ist, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, an dessen Inhalt der Vermittler kein Eigeninteresse hat. Es genügt, wenn der jeweilige Vermittler zu den Parteien eine mittelbare Verbindung über andere Stpfl. unterhält, die selbst in unmittelbarer Verbindung zu einer dieser Parteien stehen (vgl. BFH vom 28.5.2009, V R 7/08, BStBl II 2010, 80). Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln, wobei sich die Tätigkeit auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, beziehen muss. Wer lediglich einen Teil der mit einem zu vermittelnden Vertragsverhältnis verbundenen Sacharbeit übernimmt oder lediglich einem anderen Unternehmer Vermittler zuführt und diese betreut, erbringt insoweit keine steuerfreie Vermittlungsleistung (s. BFH Urteil vom 14.5.2014, XI R 13/11, BStBl II 2014, 734). Die Steuerbefreiung einer Vermittlungsleistung setzt nicht voraus, dass es tatsächlich zum Abschluss des zu vermittelnden Vertragsverhältnisses gekommen ist. Unbeschadet dessen erfüllen bloße Beratungsleistungen den Begriff der Vermittlung nicht.
Auch die Betreuung, Überwachung oder Schulung von nachgeordneten selbstständigen Vermittlern kann zur berufstypischen Tätigkeit eines Bausparkassenvertreters, Versicherungsvertreters oder Versicherungsmaklers gem. § 4 Nr. 11 UStG oder zu Vermittlungsleistungen der in § 4 Nr. 8 UStG bezeichneten Art gehören. Dies setzt aber voraus, dass der Unternehmer, der die Leistungen der Betreuung, Überwachung oder Schulung übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann. Dabei ist auf die Möglichkeit abzustellen, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen (s.a. Abschn. 4.8.1 Satz 10 ff UStAE).
Hinweis:
Mit Urteil vom 19.8.2021 (11 K 190/19, LEXinform 5024210, rkr.) hat das Niedersächsische FG zu der Frage Stellung genommen, ob ein sog. Büro- und Organisations-Bonus (BOB) bzw. eine Förderprovision der Umsatzsteuerbefreiung für Vermittlungsleistungen nach § 4 Nr. 8 und 11 UStG unterliegen.
Der Kläger ist als selbstständiger gebundener Vermögensberater ausschließlich für die A tätig und vermittelt für diese Finanzprodukte. Die A ist ein in Deutschland tätiger Allfinanzvertrieb. Sie vermittelt Finanzprodukte zwischen Produktgebern (z.B. Versicherungen, Banken und Bausparkassen) und Endverbrauchern (Privat- und Firmenkunden). Ihre vermittelten Produkte lassen sich den Bereichen der verschiedensten Bankdienstleistungen, des Bausparens, der Investmentfonds, der Lebens-, Kranken- und anderen Versicherungen zuordnen. Für seine Tätigkeit erhielt der Kläger aufgrund des mehrschichtigen Vergütungssystems unterschiedliche Leistungen wie erfolgsabhängige Provisionen für die Eigen- und Gruppenumsätze sowie Boni und Zuschüsse (z.B. Grundprovision, Leistungsbonus-Praxis, Kundenleistungsbonus, BOB, Förderprovision).
Der Kläger war u.a. berechtigt, neue Vermögensberater oder Vertrauensleute mit vertraglicher Bindung nur an die A zu gewinnen, zu schulen und zu führen und seine Vermittlungserfolge durch Einsatz dieses Stammes von Vermögensberatern (sog. Gruppenumsatz) zugunsten der A zu optimieren oder aber in Person Kunden zu beraten und ihnen die Produkte der A zu vermitteln (sog. Eigenumsatz). Dabei durfte er diese beiden Formen der Vermittlungstätigkeit nicht nur alternativ, sondern auch nebeneinander praktizieren.
Der Kläger war sowohl im Eigen- als auch im Gruppengeschäft tätig. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger als Vermittler sowohl aus dem Eigen- als auch aus dem Gruppengeschäft steuerfreie Leistungen gem. § 4 Nr. 8 und Nr. 11 UStG erbrachte.
In den Streitjahren erhielt er von der A u.a. Sonderprovisionen wie einen Büro- und Organisations-Bonus bzw. eine Förderprovision. Diese Provisionen wurden nach vermittelten Gruppenumsatz-Einheiten bemessen. In den Bedingungen des Büro- und Organisations-Bonus (BOB) war geregelt, dass er für die Einrichtung, den Unterhalt und den Betrieb eines Büros, das einem kaufmännischen Mindeststandard entspricht und bei Bedarf Schulungen, Berufsinformationsseminare und ähnliche Veranstaltungen ermöglicht, sowie für organisatorische Maßnahmen zu verwenden ist, die der Förderung der Vertriebstätigkeit der betreuten Unterstruktur dient und ihr zugutekommt.
Das beklagte FA sah den Büro- und Organisations-Bonus sowie die Förderprovision jeweils als Entgelt für den Aufbau eines Strukturvertriebs an und unterwarf diese Zahlungen der Regelbesteuerung.
Nach Überzeugung des FG unterliegen der Büro- und Organisations-Bonus bzw. die Förderprovision der Steuerbefreiung für Vermittlungsleistungen nach § 4 Nr. 8 und 11 UStG. Sie stellen eine Aufstockung der – vom Beklagten als umsatzsteuerfrei behandelten – Grundprovision für die vom Vermögensberater erzielten Gruppenumsätze dar. Es besteht jeweils ein spezifischer und wesentlicher Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften, weil der Bonus bzw. die Förderprovision auf das jeweilige steuerfreie Gruppengeschäft zurückzuführen sind (s.a. Niedersächsisches FG Mitteilung vom 21.10.2021, LEXinform 0461298).
Steuerfrei ist nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG die Gewährung und Vermittlung von Krediten (Art. 135 Abs. 1 Buchst. b und c MwStSystRL).
Nach dem Urteil des EuGH vom 21.6.2007 (C-453/05, Ludwig, DStR 2007, 1160, LEXinform 5210514) definiert sich der Begriff der steuerfreien Vermittlung weder durch die Person des Erbringers noch durch die Person des Empfängers der Leistung. Es muss sich vielmehr um eine Leistung handeln, die ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes ist, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Vermittlungsleistung erfüllt. Diese bestehen bei einer Vermittlungsleistung darin, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, an dessen Inhalt der Vermittler kein Eigeninteresse hat. Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Auf das Bestehen eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Vermittler und einer der Parteien des Kreditvertrages kommt es nicht unbedingt an (EuGH Urteil vom 21.6.2007, LEXinform 5210514, Rz. 25 ff. sowie Abschn. 4.8.1 Satz 8 UStAE). Steuerfreie Vermittlungsleistungen können auch arbeitsteilig dadurch erbracht werden, dass ein Hauptvertreter mit dem Kreditgeber und ein Untervertreter mit dem Kreditnehmer verhandelt. Es muss kein unmittelbarer Kontakt zu beiden Parteien des zu vermittelnden Kreditvertrages bestehen. Da auch reine Nachweistätigkeiten steuerlich zu einer Vermittlung führen, steht es der Steuerfreiheit nicht entgegen, wenn die Klauseln des Kreditvertrages nicht verhandelbar sind (EuGH Urteil vom 21.6.2007, LEXinform 5210514, Rz. 34 ff.; s.a. Abschn. 4.8.1 UStAE sowie BFH Urteil vom 6.9.2007, V R 14/06, BFH/NV 2008, 624, LEXinform 0587304).
Der BFH hat mit Urteil vom 6.9.2007 (V R 14/06, BFH/NV 2008, 624, LEXinform 0587304) entschieden, dass eine Computeranalyse einen Teil der erbrachten Gesamtleistung darstellt und somit Nebenleistung zu einer nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfreien Kreditvermittlung sein kann. Zur Anwendung des BFH-Urteils s. OFD Münster vom 5.6.2009 (S 7160 – 68 – St 44 – 32, UR 2010, 158).
Hinweis:
Zur Steuerbefreiung bei Online-Kreditvermittlung s. Langer/Mateev in UR 14/2017, 534. Die Autoren bilden dabei drei Fälle:
Der Offline-Fall.
In diesem Fall geht der Kunde zum Finanzberater und lässt sich beraten, um anschließend einen Kredit aufzunehmen. Nach der Beratung gibt der Finanzberater die für die Kreditgewährung maßgeblichen Informationen in das Computerprogramm ein und sendet diese digital an die Bank. Abschließend lässt der Finanzberater den Kreditantrag und das Beratungsprotokoll von seinem Kunden unterschreiben.
Danach prüft das Kreditinstitut die Kreditwürdigkeit des Kunden und stellt ihm nach positivem Ergebnis die Vertragsunterlagen zur Verfügung. Dies geschieht nicht in Papierform. Die Unterlagen werden vielmehr in ein speziell dazu eingerichtetes Kundenportal eingestellt, bei welchem sich der Kunde einloggen muss. Kurz darauf geht der gewünschte Betrag auf dem Konto des Kunden ein. Der Finanzberater erhält eine Provision vom Kreditinstitut.
Es handelt sich um den Standardfall einer echten Vermittlungsleistung.
Der Online-Fall.
Ein Kunde sucht im Internet nach einem Kredit. Es gelangt dabei auf eine entsprechende Internetseite mit einem großen Angebot von Krediten verschiedener Anbieter. Nach der Auswahl eines Anbieters wird dem Kunden eine Auswahl möglicher Kredite dieses Anbieters angezeigt. Nach Eingabe seiner persönlichen Daten wählt der Kunde einen Kredit aus. Die Kreditunterlagen erhält der Kunde per Post. Der Betreiber der Internetseite weist ausdrücklich darauf hin, dass er lediglich Leistungsbeziehungen mit dem jeweiligen Kreditinstitut vermittelt. Nach dem Zustandekommen des Kreditvertrages erhält der Betreiber eine erfolgsabhängige Provision.
Eigene Stellungnahme:
Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG (MwStSystRL) vom 15.3.2011 (ABl. Nr. L 77 2011, 1) wurde geändert durch Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1042/2013 des Rates zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 bezüglich des Ortes der Dienstleistung vom 7.10.2013 (ABl. L 284 2013, 1). Danach stellen online gebuchte Beherbergungsleistungen, Mietwagen, Restaurantdienstleistungen, Personenbeförderungsdienste oder ähnliche Dienstleistungen keine elektronisch erbrachte Dienstleistungen dar (Art. 7 Abs. 3 Buchst. u VO (EU) Nr. 282/2011).
Mit Schreiben vom 11.12.2014 (BStBl I 2014, 1631) hat das BMF u.a. auch wegen der Ergänzung der VO (EU) Nr. 282/2011 in Art. 7 Abs. 3 der VO die Negativabgrenzung in Abschn. 3a.12 Abs. 6 UStAE ergänzt und in der neuen Nr. 19 der Aufzählung der anderen als auf elektronischem Weg erbrachten Leistungen die Online-Vermittlung von online gebuchten Leistungen aufgeführt. Danach ist die Online-Kreditvermittlung nicht als elektronisch erbrachte Dienstleistung einzuordnen. Das besagt aber lediglich, das der Ort dieser Vermittlungsleistungen an Privatpersonen sich nicht nach § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG, sondern nach § 3a Abs. 1 UStG bestimmt.
Die Online-Kreditvermittlung unterliegt der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG. Wie oben erläutert (s.a. Abschn. 4.8.1 UStAE) bestehen die Funktionen einer Vermittlungsleistung darin, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, an dessen Inhalt der Vermittler kein Eigeninteresse hat. Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln.
Suchmaschinenmarketing.
Der Leistende platziert z.B. Links in Suchmaschinen und versucht auf diesem Weg, Kunden zu akquirieren. Dabei können Links zur Website des Kreditinstituts geschaltet werden, sodass hier eine Werbemaßnahme erfolgt.
In diesen Fällen ist die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG ausgeschlossen.
Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL) die Umsätze sowie die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln (s.a. Abschn. 4.8.3 UStAE). Mit Urteil vom 19.5.2010 (XI R 6/09, BStBl II 2011, 831) hat der BFH entschieden, dass ein Unternehmer, der in- und ausländische Banknoten und Münzen im Rahmen von Sortengeschäften an- und verkauft, keine Lieferungen, sondern sonstige Leistungen ausführt.
Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL) die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen (Abschn. 4.8.4 UStAE; → Factoring).
Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL) die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren (Abschn. 4.8.5–4.8.7 UStAE).
Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL) die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren – Depotgeschäft – (Abschn. 4.8.8 und 4.8.9 UStAE).
Hinweis:
Zur umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Leistungen von Börsen und anderen Handelsplattformen für Finanzprodukte s. das BMF-Schreiben vom 3.5.2021 (BStBl I 2021, 713).
Bei der Vermittlung von Umsätzen im Geschäft mit Wertpapieren handelt es sich um die Tätigkeit einer Mittelsperson, die nicht den Platz einer der Parteien des zu vermittelnden Vertrages über ein Finanzprodukt einnimmt und deren Tätigkeit sich von den vertraglichen Leistungen, die von den Parteien des Vertrages erbracht werden, unterscheidet. Zweck der Vermittlungstätigkeit ist, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, an dessen Inhalt der Vermittler kein Eigeninteresse hat (BFH vom 30.10.2008, V R 44/07, BStBl II 2009, 554; vgl. auch Abschnitt 4.8.1 UStAE).
Mit Urteil vom 19.4.2007 (V R 31/05, BFH/NV 2007, 1546, LEXinform 0586620) hat der BFH zur Anwendung des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG bezüglich der Vermittlung von Fondsanteilen entschieden, dass unter »Vermittlung« i.S.d. Vorschrift eine Tätigkeit zu verstehen ist, deren Zweck es ist, alles Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrages hat (EuGH Urteil vom 13.12.2001, C-235/00, UR 2002, 84, LEXinform 0164640). Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln, wobei sich die Tätigkeit auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, beziehen muss (BFH Urteil vom 20.12.2007, V R 62/06, BStBl II 2008, 641; s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 17/08 vom 20.2.2008, LEXinform 0173951 sowie Abschn. 4.8.1 Satz 4 UStAE). Die Vermittlung muss sich auf Geschäfte mit Wertpapieren beziehen. Hierunter sind Umsätze zu verstehen, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen (BFH Urteil vom 18.7.2002, V R 44/01, BStBl II 2003, 730). Dies ist bei der Vermittlung des Verkaufs von Fondsanteilen der Fall; denn Anteile an Investmentfonds sind Wertpapiere i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG.
Auch eine Bestands- und Kontinuitätsprovision ist Entgelt für eine Vermittlungsleistung und nicht für eine davon zu trennende zusätzliche Leistung (BFH Urteil vom 19.4.2007, V R 31/05, BFH/NV 2007, 1546, LEXinform 0586620 sowie Abschn. 4.8.8 Abs. 6 UStAE). Zur Anwendung des BFH-Urteils vom 19.4.2007 (V R 31/05, BFH/NV 2007, 1546) s. die Vfg. des BayLfSt vom 19.12.2007 (S 7160e – 5 St 35 N, UR 2008, 126, LEXinform 5231181 sowie OFD Koblenz vom 29.1.2008, S 7160e St 44 2, LEXinform 5231361).
Fondsgesellschaften vertreiben Fondsanteile häufig über Banken (sog. Primärbanken). Die Primärbanken vermitteln die Anteile auf Provisionsbasis. Der von den Banken erbrachte Vermittlungsumsatz ist in der Regel gem. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfrei.
Die Fondsgesellschaften gehen vermehrt dazu über, den Banken neben der für die einmalige Vermittlung entstehenden sog. Absatzprovision auch eine sog. Kontinuitätsprovision/Bestandsprovision zu vergüten (zweistufiges Provisionsmodell). Die Höhe der Kontinuitätsprovision orientiert sich an dem Bestandswert der Fondsanteile. Dieser ergibt sich aus dem Durchschnitt der monatlichen Bestandswerte, die sich aus den jeweils aktuellen Rückkaufwerten der Fondsanteile ermitteln.
Mit Urteil vom 19.4.2007 (V R 31/05, BFH/NV 2007, 1546) hat der BFH entschieden, dass auch die Kontinuitätsprovisionen Entgelt für die steuerfreien Vermittlungsleistungen der Primärbanken sind und nicht für eine davon zu trennende, zusätzliche Leistung sind. Daher sind gezahlte Kontinuitätsprovisionen ebenfalls gem. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfrei (Abschn. 4.8.8 Abs. 6 UStAE).
Eine steuerfreie Vermittlungsleistung kommt auch in den Fällen in Betracht, in denen Fondsanteile des einzelnen Kunden nicht ausschließlich durch das Kreditinstitut vermittelt wurden, nicht hingegen, wenn das Kreditinstitut überhaupt keine Vermittlungsleistung gegenüber der Fondsgesellschaft erbracht hat.
Fälle, in denen das Kreditinstitut überhaupt keine Vermittlungsleistung gegenüber der Fondsgesellschaft erbracht hat, liegen bei reinen Depotumschichtungen vor. Die Bank hat hierbei die ursprünglich über einen anderen Vermittler erworbenen Fondsanteile in ihre Verwaltung genommen. Die in diesem Fall erhaltene Kontinuitätsprovision ist als steuerpflichtige Bestandspflegeleistung zu behandeln (s.a. Abschn. 4.8.8 Abs. 6 UStAE).
Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL) die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen (Abschn. 4.8.10 Abs. 1 UStAE). Zu den Anteilen an Gesellschaften gehören neben den Anteilen an Kapitalgesellschaften, z.B. GmbH-Anteile, auch die Anteile an Personengesellschaften, z.B. OHG-Anteile, die stille Beteiligung (§ 230 HGB) sowie die Mitgliedschaft in einem Idealverein.
Nach Abschn. 4.8.10 Abs. 4 UStAE ist die Vermittlung von erstmalig ausgegebenen Gesellschaftsanteilen steuerbar und nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfrei. Die Steuerbarkeit ist anzunehmen, obwohl die Gesellschaft mit der Aufnahme eines Gesellschafters keinen steuerbaren Umsatz erbringt (BFH Urteil vom 1.7.2004, V R 32/00, BStBl II 2004, 1022 und Abschn. 1.6 Abs. 2 UStAE). Die Verwaltung verweist dabei in Abschn. 4.8.10 Abs. 4 UStAE auf das EuGH-Urteil vom 27.5.2004, C-68/03, UR 2004, 355, LEXinform 0175028).
Zur Auslegung des EuGH-Urteils vom 27.5.2004 nimmt der BFH in seinem Urteil vom 12.12.2012 (XI R 30/10, BStBl II 2013, 348) Stellung. Der BFH macht dabei deutlich, dass der EuGH darüber entschieden habe, dass Art. 46 MwStSystRL seinem Wortlaut nach allgemein für Dienstleistungen von Vermittlern anzuwenden sei, ohne dass danach unterschieden werden müsse, ob die Empfänger der Dienstleistungen mehrwertsteuerpflichtig seien oder nicht. Die Verwaltung hat dieses Urteil konsequenterweise in Abschn. 3a.7 Abs. 2 UStAE umgesetzt.
In Rz. 52 seines Urteils vom 12.12.2012 (XI R 30/10, BStBl II 2013, 348) gelangt der BFH zu dem Ergebnis, dass sich das EuGH-Urteil vom 27.5.2004 ausdrücklich nur auf die Anwendung der Leistungsortbestimmung in Art. 46 MwStSystRL bezieht. Der EuGH trifft aber ersichtlich keine Aussage zu etwaigen Steuerbefreiungen.
Der BFH gelangt daher in Rz. 50 ff. seiner Entscheidung vom 12.12.2012 zu dem Ergebnis, dass die Vermittlung nur dann nach § 4 Nr. 5 Buchst. c und Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfrei ist, wenn es sich dabei um die Vermittlung von »Umsätzen« handelt. Ausdrücklich stellt der BFH fest, dass es sich bei der Vermittlung von Vereinsmitgliedschaften nicht um die Vermittlung von »Umsätzen« handelt, so wie es auch zutreffend die Verwaltung in Abschn. 4.8.10 Abs. 5 UStAE regelt.
Nach Verwaltungsauffassung in Abschn. 4.8.10 Abs. 5 UStAE ist die Vermittlung der Mitgliedschaften in einem Idealverein nicht nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfrei. Die Verwaltung verweist dabei auf das BFH-Urteil vom 27.7.1995 (V R 40/93, BStBl II 1995, 753). In seinem Urteil vom 27.7.1995 gelangte der BFH zu der Rechtsauffassung, Voraussetzung für die Steuerbefreiung sei, dass die Anteile Gegenstand steuerbarer Umsätze i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG seien oder dass derartige Umsätze vermittelt würden. Diese Rechtsauffassung wurde durch das BFH-Urteil vom 12.12.2012 (XI R 30/10, BStBl II 2013, 348) bestätigt.
An der in Abschn. 4.8.10 Abs. 4 UStAE niedergelegten Verwaltungsregelung kann m.E. nicht mehr festgehalten werden, da die Verwaltung selbst in Abs. 5 des Abschn. 4.8.10 UStAE die Vermittlung »nicht steuerbarer Gesellschaftsanteile« als steuerbare und steuerpflichtige Umsätze ansieht. Das in Abschn. 4.8.10 Abs. 4 UStAE zitierte EuGH-Urteil ist auf die dort geregelte Vermittlung von erstmalig ausgegebenen Gesellschaftsanteilen nicht zielführend, da dieses Urteil – wie der BFH feststellt (s.o.) – für die Steuerfreiheit einer solchen Vermittlung »nichts hergibt«. Daher ist das »für einen besonderen Ausnahmefall ergangene EuGH-Urteil in dieser Rechtsfrage nicht einschlägig« (BFH Urteil vom 12.12.2012, XI R 30/10, BStBl II 2013, 348, Rz. 48).
Mit Urteil vom 20.12.2007 (V R 62/06, BStBl II 2008, 641) hat der BFH seine bisherige Rspr. zur Umsatzsteuerpflicht bei der Untervermittlung von Krediten, die auch für die Untervermittlung von Fondsanteilen galt, aufgegeben. Er entschied, dass Untervermittler umsatzsteuerfreie Leistungen beim Vertrieb derartiger Bank- und Finanzdienstleistungen erbringen können. Die Untervermittlung weist die Besonderheit auf, dass der Vermittler nicht von einer der Parteien des zu vermittelnden Vertrages, sondern von einem anderen Vermittler beauftragt wird. Mit seinem Urteil folgt der BFH der Rspr. des EuGH, der mit Urteil vom 21.6.2007 (C-453/05 – Ludwig –, LEXinform 5210514) entschieden hatte, dass auch Leistungen eines Untervermittlers bei der Vermittlung von Krediten steuerfrei sein können.
In der Sache hatte die Klage des Unternehmers, der für die von ihm ausgeübten Tätigkeiten beim Aufbau, der Führung und der Leitung eines Fondsvertriebs die Umsatzsteuerfreiheit für Vermittlungsleistungen geltend machte, aber keinen Erfolg. Auch Untervermittler erbringen nur dann eine steuerfreie Leistung, wenn sie inhaltlich eine Vermittlungstätigkeit ausüben. Hierzu muss der Untervermittler ebenso wie jeder andere Vermittler das Erforderliche tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen. Dies traf auf die Leitungstätigkeiten des Klägers nicht zu, so dass der BFH die bereits durch das FG erfolgte Klageabweisung bestätigte (Pressemitteilung des BFH Nr. 17/08 vom 20.2.2008, LEXinform 0173951).
Gemeinsames Merkmal der nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfreien Vermittlung ist das Handeln gegenüber individuellen Vertragsinteressenten (BFH Urteil vom 6.12.2007, V R 66/05, BStBl II 2008, 638). Marketing- und Werbeaktivitäten, die darin bestehen, dass sich ein Vertriebsunternehmen nur in allgemeiner Form an die Öffentlichkeit wendet, sind mangels Handelns gegenüber individuellen Vertragsinteressenten keine Vermittlung nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG. Marketing, Werbung und Vermittlung sind nicht aufgrund des bloßen Ziels, den Verkauf von Fondsanteilen zu fördern, Teil einer einheitlichen Leistung, wenn der Marketing- und Werbetätigkeit durch die Gestaltung von Emissionsprospekten und durch Schulungs- und Auskunftstätigkeiten, die der allgemeinen Produktinformation dienen, eigenständiger Charakter zukommt.
Mit Urteil vom 30.10.2008 (V R 44/07, BStBl II 2009, 554) bestätigt der BFH seine bisherige Rspr. zur steuerbefreiten Vermittlung von Gesellschaftsanteilen. Danach enthält § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG keine allgemeine Steuerbefreiung für Leistungen beim Vertrieb von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen, sondern erfasst nur die Vermittlung von Umsätzen mit derartigen Anteilen. Die steuerfreie Vermittlung muss sich auf einzelne Geschäftsabschlüsse beziehen.
Hinsichtlich der durchgeführten Tätigkeiten des Klägers hat der BFH die Steuerbefreiung allerdings verneint. Die Anwerbung, Schulung und Fortbildung sowie die Betreuung, Unterstützung, Überwachung, Koordination und Organisation der Regionaldirektoren und Abschlussvertreter, nicht aber die Teilnahme des Klägers bei Kundenveranstaltungen und an Verkaufsgesprächen mit Kunden war das wesentliche und prägende Element der vom Kläger übernommenen Tätigkeit. Waren zu Beginn des Kj. 04 ca. 70 Untervertreter für den Kläger tätig gewesen, so hat sich diese Zahl innerhalb von zwei Jahren auf 700 Untervertreter verzehnfacht. Der Kläger räumte selbst ein, dass er den Absatz der Fondsprodukte im Wesentlichen über die von ihm angeworbenen und geschulten Vertreter betrieben und seine Tätigkeit darin bestanden habe, Vermittler zu gewinnen und sie über die Fondsprodukte, deren Entwicklung und eine effektive Vermarktungsstrategie zu unterrichten. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers hat daher weder darin bestanden, dem Verkäufer der Kapitalanlagen Gelegenheiten zum Abschluss von Verträgen nachzuweisen noch mit Interessenten Kontakt aufzunehmen oder Verhandlungen zu führen.
Nach dem BFH-Urteil vom 14.5.2014 (XI R 13/11, BStBl II 2014, 734) erbringt derjenige, der als sog. »Distributor« im Rahmen eines mehrstufigen Vertriebs von Fondsanteilen selbstständige Abschlussvermittler anwirbt, schult und im Rahmen ihres Einsatzes unterstützt sowie die von den Abschlussvermittlern eingereichten Unterlagen auf Vollständigkeit und Plausibilität prüft, keine Vermittlungstätigkeit (s.a. Abschn. 4.8.1 Satz 7 UStAE).
Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL) die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze (Abschn. 4.8.11 und 4.8.12 UStAE).
Nach § 4 Nr. 11 UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. a und b MwStSystRL) sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler steuerfrei (Abschn. 4.11.1 UStAE).
Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 11 UStG enthält eine ausschließliche Aufzählung der begünstigten Berufsgruppen. Sie kann auf andere Berufe, z.B. Bankenvertreter, auch wenn sie ähnliche Tätigkeitsmerkmale aufweisen, nicht angewendet werden.
Der BFH hat mit Urteil vom 6.9.2007 (V R 50/05, BStBl II 2008, 829) entschieden, dass die in § 4 Nr. 11 UStG genannten Begriffe des Versicherungsvertreters und des Versicherungsmaklers richtlinienkonform entsprechend Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL und nicht handelsrechtlich nach den Begriffen des Versicherungsvertreters und des Handelsmaklers i.S.d. §§ 92 und 93 HGB auszulegen sind (s. Abschn. 4.11.1 Abs. 1 Satz 3 UStAE).
Nach dem EuGH-Urteil vom 8.7.2021 (C-695/19, UR 2021, 937, Rz. 35) ist für die Feststellung, ob die Dienstleistungen, deren Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL beantragt wird, von einem Versicherungsmakler oder -vertreter erbracht werden, nicht auf die formale Eigenschaft des Dienstleistungserbringers abzustellen, sondern der Inhalt dieser Dienstleistungen zu prüfen (s.a. EuGH vom 25.3.2021, C-907/19, UR 2021, 361; s.u.).
In diesem Rahmen ist zu prüfen, ob zwei Kriterien erfüllt sind. Erstens muss der Dienstleistungserbringer sowohl mit dem Versicherer als auch mit dem Versicherten in Verbindung stehen, wobei diese Verbindung auch nur mittelbarer Natur sein kann, wenn der Dienstleistungserbringer ein Unterauftragnehmer des Versicherungsmaklers oder -vertreters ist. Zweitens muss seine Tätigkeit wesentliche Aspekte der Versicherungsvermittlungstätigkeit – wie Kunden im Hinblick auf den Abschluss von Versicherungsverträgen zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen – umfassen (EuGH C-695/19, Rz. 36).
Entscheidungssachverhalt des EuGH-Urteils C-695/19:
Im Urteilsfall C-695/19 besteht die Haupttätigkeit des Unternehmers U im Verkauf von Haushaltsgeräten sowie Informatik- und Telekommunikationsartikeln. Außerdem bietet U den Käufern eine Reihe von Zusatzleistungen an, zu denen u.a. eine Garantieverlängerung für die gekauften Artikel gehört. Diese Verlängerung ergibt sich aus einem Versicherungsvertrag, mit dem das Versicherungsunternehmen dem Käufer im Schadensfall über den von der Herstellergarantie erfassten Zeitraum hinaus die Reparatur des gekauften Artikels oder gegebenenfalls dessen Ersatz garantiert. Dieser Versicherungsvertrag wird zwischen einem Versicherungsunternehmen und den Käufern der von U veräußerten Artikel geschlossen.
Unternehmer U, der beim Verkauf der Versicherungsprodukte als Vermittlerin auftritt, stellt dem Kunden als Gegenleistung für die abgeschlossene Garantieverlängerung außer dem Preis des gekauften Artikels einen zusätzlichen Betrag in Rechnung. Die Verkaufstätigkeit betreffend die Garantieverlängerung findet somit beim Verkauf von Artikeln statt und erfolgt grundsätzlich unter Einsatz derselben materiellen und personellen Ressourcen wie dieser.
Mit der Vermittlung des Verkaufs von Garantieverlängerungen, die ein Stpfl. im Rahmen seiner Haupttätigkeit, die im Verkauf von Haushaltsgeräten sowie Informatik- und Telekommunikationsartikeln an Verbraucher besteht, erzielt, handelt es sich um zu Versicherungsumsätzen dazugehörige Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern i.S.d. Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL erbracht werden.
Das bloße Erheben von Kundendaten erfüllt nicht die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlungstätigkeit. Allgemein sind Unterstützungsleistungen für die Ausübung der dem Versicherer selbst obliegenden Aufgaben stpfl. Auch Dienstleistungen wie z.B. die Festsetzung und Auszahlung von Provisionen der Versicherungsvertreter, das Halten der Kontakte mit diesen und die Weitergabe von Informationen an die Versicherungsvertreter gehören nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters (Abschn. 4.11.1 Abs. 2 Satz 9 UStAE zu den sog. Backoffice-Tätigkeiten).
Keine steuerfreien Tätigkeiten als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler (§ 4 Nr. 11 UStG) sind die typischerweise mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebes einhergehende Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern, die Festsetzung und Auszahlung der Provisionen sowie das Halten der Kontakte zu den Versicherungsvertretern (BFH vom 3.8.2017, V R 19/16, BStBl II 2017, 1207). Der Stpfl. war in den Strukturbetrieb der Versicherungs-AG eingeschaltet und verpflichtet, die Unterstrukturen aufzubauen. Zu diesem Zweck organisierte er Werbeveranstaltungen, trat als Referent auf und warb ca. 40 Makler an. Die Entgeltzahlungen wurden eingestellt, nachdem der Strukturaufbau seitens der AG beendet worden war.
Auch die Betreuung, Überwachung oder Schulung von nachgeordneten selbstständigen Vermittlern kann zur berufstypischen Tätigkeit eines Bausparkassenvertreters, Versicherungsvertreters oder Versicherungsmaklers gehören. Dies setzt aber voraus, dass der Unternehmer, der die Leistungen der Betreuung, Überwachung oder Schulung übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann. Dabei ist auf die Möglichkeit abzustellen, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen. Bei Verwendung von Standardverträgen und standardisierten Vorgängen genügt es, dass der Unternehmer durch die einmalige Prüfung und Genehmigung der Standardverträge und standardisierten Vorgänge mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann (Abschn. 4.11.1 Abs. 2 Satz 6–8 UStAE).
Mit Urteil vom 24.7.2014 (V R 9/13, BFH/NV 2014, 1783, LEXinform 0929664) hat der BFH entschieden, dass Versicherungsmakler i.S.d. § 4 Nr. 11 UStG auch sein kann, wer sog. Blanko-Deckungskarten für Kurzzeitversicherungen an- und verkauft. Die Funktion der Versicherungsvermittlungsleistung ist erfüllt, wenn der Vermittler Versicherer und Versicherungsnehmer zusammenbringt, indem er dem Versicherungsnehmer einen Nachweis über einen Versicherer, der Versicherungsschutz anbietet, erbringt und den Kontakt zu diesem herstellt. Der Umstand, dass der Unternehmer die Deckungskarten nicht unmittelbar von den Versicherungsunternehmen, sondern von anderen Unternehmen erworben hat, steht dabei der Annahme einer Tätigkeit als Versicherungsmakler ebenso wenig entgegen wie der nur mittelbare Kontakt des Unternehmers zu den Versicherungsunternehmen im Falle des Verkaufs von Deckungskarten an fremde Prägestellen, die die Deckungskarten ihrerseits weiterverkaufen.
Die Umsatzsteuerbefreiung für derartige Versicherungsvermittlungsleistungen gilt auch, wenn der Vertrieb von kurzzeitigen Kfz-Versicherungen im Rahmen eines technischen Verfahrens durch Mitteilung einer siebenstelligen Versicherungsbestätigungsnummer (eVB-Nummer) erfolgt, bei dem durch den An- und Verkauf der Freischaltcodes die Ursache für das Zustandekommen von Versicherungsverträgen zwischen den Versicherern und den Versicherungsnehmern gesetzt wird (s.a. BMF vom 8.12.2015, BStBl I 2015, 1066).
Zur Steuerbefreiung für die Vermittlung von privaten Zusatzversicherungen durch gesetzliche Krankenkassen nimmt die Vfg. der OFD Frankfurt vom 19.12.2007 (S 2706 A – 117 – St 54, UR 2008, 439, LEXinform 5231185) Stellung. Nach § 194 Abs. 1a SGB V ist es den gesetzlichen Krankenkassen seit dem 1.1.2004 gestattet, private Zusatzversicherungen zwischen ihren Versicherten und privaten Krankenversicherungsunternehmen zu vermitteln. Die gesetzliche Krankenversicherung wird von öffentlich-rechtlichen Trägern durchgeführt. Dabei handelt es sich nach geltender Verwaltungsauffassung um hoheitliche Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 5 des KStG nicht zu einer Steuerpflicht führen. Auch eine Gewerbesteuerpflicht ergibt sich bei hoheitlichen Tätigkeiten nicht (§ 2 Abs. 2 GewStDV). Die gesetzlichen Krankenkassen erhalten für die Vermittlung privater Zusatzversicherungen jedoch ein Entgelt (z.B. pauschale Aufwandsentschädigung) von den privaten Versicherungsunternehmen. Diese entgeltliche Vermittlungstätigkeit ist nicht als Ausübung öffentlicher Gewalt dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen. Vielmehr liegt eine Vermittlungsleistung vor, die auch von privaten Dritten (Versicherungsmaklern) erbracht wird. Insoweit treten die gesetzlichen Krankenkassen in Wettbewerb mit diesem Personenkreis, sodass steuerlich ein Betrieb gewerblicher Art i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 Abs. 1 KStG vorliegt. Diese Vermittlungstätigkeiten können als Leistungen eines Handelsmaklers angesehen werden und sind daher nach § 4 Nr. 11 UStG umsatzsteuerfrei.
Mit Beschluss vom 5.9.2019 (V R 58/17, BFH/NV 2020, 170, LEXinform 5022613) hat der BFH dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, wie die Leistung eines Stpfl. zu behandeln ist, der für eine Versicherungsgesellschaft eine Vermittlungstätigkeit ausübt, dieser Versicherungsgesellschaft zusätzlich auch das vermittelte Versicherungsprodukt zur Verfügung stellt.
Entscheidungssachverhalt:
Der Stpfl. S vermarktete als sog. Assekuradeur insbesondere ein Versicherungsprodukt, mit dem Schiffe und deren Crews gegen Piraterie bei der Durchfahrt durch den Golf von Aden versichert wurden. S erbrachte folgende Leistungen:
S vermittelte für den Versicherer Versicherungsverträge, die zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer geschlossen wurden. Gegenstand dieser Versicherungsverträge war nach § 1 des Vertrages der Versicherungsschutz für besondere Risiken (»Special Risks«).
S stellte dem Versicherer die Versicherungsprodukte zu Policierung auf den Namen des Versicherers zur Verwendung bereit. Die Bereitstellung der Versicherungsprodukte erfolgte durch die Hingabe eines nicht ausschließlichen Nutzungsrechtes (»Lizenz«).
S hatte Leistungen zur Vertragsdurchführung einschließlich Schadensregulierung wie etwa Anpassung des Versicherungsprodukts, Risikoeinwertung mittels eines Pricingtools, Vertragsverwaltung, Einrichtung einer Krisenhotline, Schadensmanagement, Vertriebsschulung und Krisenmanagerbereitstellung zu erbringen.
Der Versicherer hatte zur Deckung laufender betrieblicher Tätigkeiten über einen Zeitraum von 24 Monaten eine monatliche Courtagevorauszahlung i.H.v. 30 000 € zu zahlen. Darüber hinaus war eine Courtage i.H.v. 22,5 % des Netto-Beitrages für jede von dem Versicherer abgeschlossene Special-Risks-Versicherung zu zahlen. Die Verpflichtung zur Zahlung der Courtage galt unabhängig davon, ob der Abschluss des Versicherungsvertrages durch den Assekuradeur, den Versicherer oder durch einen Dritten zustande kam.
S behandelte die Leistungen insgesamt nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfrei.
Das FA ging davon aus, dass keine einheitliche Leistung vorliege und nur die unmittelbare Tätigkeit der Versicherungsvermittlung nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfrei sei. Die Lizenzüberlassung unterliege dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG, während auf die weiteren Leistungen zur Vertragsdurchführung einschließlich Schadensregulierung der Regelsteuersatz anzuwenden sei.
Im Urteil vom 17.10.2017 (15 K 3268/14, EFG 2017, 1989, LEXinform 5020681) geht das FG Münster von einer einheitlichen Leistung aus. Der Schwerpunkt und damit das für die gesamte Leistung prägende Hauptelement habe darin bestanden, neue Versicherungsprodukte zu entwickeln, um so die Möglichkeit zum Versicherungsvertrieb zu schaffen. Es seien die Bedingungen für Versicherungsprodukte unter Berücksichtigung von Regulierungsvorgaben entwickelt worden. Dies entspreche im Kern der Tätigkeit eines Versicherers, allerdings ohne die Gewährung von Versicherungsschutz, sodass keine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 10 UStG vorliege.
In Rz. 20 der EuGH-Vorlage V R 58/17 (BFH/NV 2020, 170) schließt sich der BFH der Rechtsauffassung des FG Münster an und stellt fest, dass in Bezug auf diese Tätigkeiten eine einheitliche Leistung vorliegt, deren Hauptbestandteil in der Lizenzgewährung zur Bereitstellung eines Versicherungsprodukts besteht und bei der die weiteren Bestandteile, die in der Versicherungsvermittlung und den Leistungen zur Vertragsdurchführung einschließlich Schadensregulierung bestehen, nur Nebenleistungen sind.
Danach wären die Leistungen der Klägerin insgesamt steuerpflichtig, da die Bereitstellung des Versicherungsprodukts zur Sacharbeit der Versicherungsgesellschaft gehört, die bei einer Auslagerung auf Dritte nicht nach dieser Bestimmung steuerfrei ist (EuGH vom 3.3.2005, C-472/03, UR 2005, 201, LEXinform 0175410, Rz 32 ff.). Dies gilt zudem ebenso für die Nebenleistungen zur Vertragsdurchführung einschließlich Schadensregulierung.
Allerdings hat der BFH Zweifel, ob diese Auslegung unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils vom 17.3.2016 (C-40/15, UR 2016, 386, LEXinform 5213957) zutreffend ist. Der EuGH hatte entschieden, dass Dienstleistungen der Schadensregulierung, die von einem Dritten im Namen und für Rechnung eines Versicherungsunternehmens erbracht werden, nicht von der in Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL genannten Befreiung erfasst sind.
Allerdings stellt der BFH in Rz. 25 seiner Vorlageentscheidung V R 58/17 fest, dass der zu beurteilende Streitfall sich von dem der Rechtssache C-40/15 dadurch unterscheidet, dass sich die Tätigkeit des Stpfl. in der Rechtssache C-40/15 darauf beschränkte, Schäden zu regulieren und er damit eine ausschließlich stpfl. Tätigkeit ausübte. Demgegenüber ging die Klägerin in der hier vorliegenden Streitsache V R 58/17 Tätigkeiten – bei einer jeweils eigenständigen Betrachtung ohne Vorliegen einer einheitlichen Leistung – unterschiedlicher Art nach.
Für den BFH stellt sich die Frage (Rz. 29 des Vorlagebeschlusses V R 58/17), ob die einheitliche Leistung bestehend aus
Versicherungsvermittlung,
Lizenzgewährung zur Bereitstellung eines Versicherungsprodukts und
Leistungen zur Vertragsdurchführung einschließlich Schadensregulierung
insgesamt steuerfrei ist, obwohl nur eine Nebenleistung (Versicherungsvermittlung) bei eigenständiger Betrachtung steuerfrei wäre, diese Nebenleistung aber im unmittelbaren Zusammenhang mit den anderen Leistungen steht, die zum wesentlichen Inhalt der Tätigkeit eines Versicherungsunternehmens beitragen.
Mit Urteil vom 25.3.2021 (C-907/19, LEXinform 0651697) hat der EuGH über die Vorlagefrage des BFH wie folgt entschieden: Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass die darin vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer auf die von einem Stpfl. erbrachten Dienstleistungen in Form der Bereitstellung eines Versicherungsprodukts an eine Versicherungsgesellschaft und, als Nebenleistung, der Vermittlung dieses Produkts für Rechnung dieser Gesellschaft sowie der Verwaltung der geschlossenen Versicherungsverträge keine Anwendung findet, sofern das vorlegende Gericht diese Leistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer als einheitliche Leistung einstuft.
In Rz. 24 seiner Entscheidung C-907/19 macht der EuGH deutlich, dass nicht davon auszugehen ist, dass die Gewährung einer Lizenz zur Verwendung des fraglichen Versicherungsprodukts an einen Versicherer einerseits und die Vermittlungsleistungen von S andererseits für die Zwecke der Mehrwertsteuer als einheitliche Leistung einzustufen sind. Allerdings, so der EuGH in Rz. 26, ist es nicht Sache des Gerichts, den Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits zu beurteilen, da diese Beurteilung in die alleinige Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts fällt (s.a. Anmerkung vom 21.4.2021, LEXinform 0887231).
Nach Ergehen des EuGH-Urteils C-907/19 hat der BFH aus verfahrensrechtlichen Gründen mit Urteil vom 22.6.2021 (V R 10/21, LEXinform 0953485) das ursprüngliche Urteil des FG Münster vom 17.10.2017 (15 K 3268/14, EFG 2017, 1989, LEXinform 5020681) aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen. Der BFH weist dabei aber darauf hin, dass das FG bei seiner erneuten Entscheidung das ergangene EuGH-Urteil zu berücksichtigen hat.
Der BFH macht – ohne Bindungswirkung für das weitere Verfahren – deutlich, dass er weiterhin die bisherige Rechtsauffassung des FG teilt, wonach von einer einheitlichen Leistung des S auszugehen sei. Der BFH verweist dabei auf Rz. 20 seines Vorlagebeschlusses V R 58/17.
Mit Beschluss vom 28.5.2015 (V B 15/15, BFH/NV 2015, 1117) und Urteil vom 10.9.2015 (V R 41/14, BStBl II 2016, 308) hat der BFH entschieden, dass Vermittlungsleistungen eines atypischen Maklers, der aufgrund einer Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt, nicht gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei sind.
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Im Urteilsfall verpflichtete sich die Klägerin gegenüber Grundstückseigentümern, in deren Namen deren Grundbesitz (Eigentumswohnungen) zu einem Mindestverkaufspreis zu veräußern. Über den Mindestverkaufspreis hinausgehende Verkaufserlöse sollten der Klägerin als Vertriebsentgelt zustehen. Die Grundstückseigentümer erteilten der Klägerin alleinige Verkaufsrechte und »unwiderrufliche Verkaufsvollmachten«. Zusätzlich erteilten die Grundstückseigentümer der Klägerin notarielle Verkaufsvollmachten. Teilweise wurden die von der Klägerin abgeschlossenen notariellen Verkäufe von den Grundstückseigentümern nachträglich notariell genehmigt.
Nach den von der Klägerin und den Grundstückseigentümern getroffenen Vereinbarungen sollten die Kaufverträge zwischen den Grundstückseigentümern und den Erwerbern unmittelbar zustande kommen. Der Kaufpreis sollte von den Erwerbern an die Grundstückseigentümer unmittelbar gezahlt werden. Die Grundstückseigentümer sollten den Mindestverkaufspreis einbehalten und den erzielten Mehrerlös als Vertriebsentgelt an die Klägerin abführen. Die Grundstücksgeschäfte wurden dementsprechend unmittelbar zwischen den Grundstückseigentümern und den Erwerbern abgeschlossen.
Nach der Entscheidung des BFH erbrachte die Klägerin gegenüber den Grundstückseigentümern Vermittlungsleistungen. Entgelt für die Vermittlung war die Beteiligung der Klägerin am Verkaufspreis. Die Vermittlung ist für sich genommen kein Umsatz, der unter das GrEStG fällt.
Der Grunderwerbsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 2 GrEStG auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Dabei wendet der BFH diese Vorschrift auch auf Rechtsvorgänge an, bei denen ein sog. atypischer Makler aufgrund besonderer Abreden in einem Vermittlungsauftrag über Grundstückseigentum eine Rechtsstellung erhält, die ihm eine »Chance zur Beteiligung an der Substanz des Grundstücks« einräumt und es ihm ermöglicht, das Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten, da der Grundstückseigentümer zum Abschluss von Kaufverträgen mit vom Makler benannten Käufern verpflichtet ist und dem Makler der über den festgelegten Mindestkaufpreis hinausgehende Betrag als Vermittlungsprovision zusteht.
Der nach § 1 Abs. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegende Rechtsvorgang des atypischen Maklervertrages ist nicht identisch mit der von der Klägerin erbrachten Vermittlungsleistung. Die Vermittlungsleistung ergibt sich aus dem der Klägerin erteilten Vermittlungsauftrag, während der sich aus § 1 Abs. 2 GrEStG ergebende Steuertatbestand darauf beruht, dass der Vermittler zusätzlich zum Vermittlungsauftrag besondere Befugnisse erhält, die ihm eine Verwertung auf eigene Rechnung ermöglichen.
Gegen die Umsatzsteuerpflicht der von der Klägerin erbrachten Leistungen bestehen keine unionsrechtlichen Bedenken. Denn das Unionsrecht gestattet die Anwendung der Steuerfreiheit nur für Lieferungen, nicht aber auch für Vermittlungsleistungen als sonstige Leistungen (Dienstleistungen).
Es liegt auch keine unionsrechtlich unzulässige Doppelbesteuerung vor. Wie der EuGH bereits ausdrücklich entschieden hat, weist die Grunderwerbsteuer nicht die Merkmale einer Umsatzsteuer auf (EuGH-Beschluss vom 27.11.2008, C-156/08, UR 2009, 136). Die Doppelbesteuerung eines Sachverhaltskomplexes mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer verstößt daher nicht gegen Art. 401 MwStSystRL. Hiervon geht auch die ständige Rechtsprechung des BFH aus (BFH Urteile vom 2.4.2008, II R 53/06, BStBl II 2009, 544, unter II.2.d aa und vom 3.9.2008, XI R 54/07, BStBl II 2009, 499, unter II.3.d).
Nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG sind die Umsätze steuerfrei, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Die Vermittlung von Sportwetten fällt nicht unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG und ist daher steuerpflichtig (s.a. FG Baden-Württemberg Urteil vom 9.7.2012, 9 K 2091/11, EFG 2013, 334, LEXinform 5014399, rkr. und Mitteilung des FG Baden-Württemberg vom 26.2.2013, LEXinform 0439286 und Abschn. 4.9.2 Abs. 2 UStAE).
Die Margenbesteuerung des § 25 UStG (→ Reiseleistungen nach § 25 UStG) ist nicht anzuwenden, soweit der Unternehmer (Reisebüro) Reiseleistungen ausschließlich vermittelt oder soweit einzelne Reiseleistungen im Rahmen einer Pauschalreise vermittelt werden (Abschn. 25.1 Abs. 4 UStAE). Die Besteuerung der Vermittlungsleistungen richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des UStG. Zur der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Reisebüros s. die ausführlichen Erläuterungen unter → Reiseleistungen nach § 25 UStG.
Beachte:
Durch Art. 11 Nr. 9 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) wird in § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG die B2B-Regelung gestrichen. Danach ist die Margenbesteuerung zwingend anzuwenden, unabhängig davon, ob Reiseveranstalter Umsätze an Unternehmer oder an private Abnehmer erbringen.
Nach Art. 39 Abs. 1 des JStG 2019 tritt die Neuregelung am Tag nach der Verkündung des Gesetzes (am 17.12.2019) in Kraft, somit am 18.12.2019.
Weiterhin wird durch Art. 11 des JStG 2019 die Möglichkeit der Gesamtmargenbildung nach § 25 Abs. 3 Satz 3 UStG ab 1.1.2022 gestrichen (s. § 27 Abs. 26 UStG).
Mit Schreiben vom 24.6.2021 (BStBl I 2021, 857) hat die Finanzverwaltung die gesetzlichen Änderungen zum Anlass genommen, die Abschn. 25.1 bis 25.5 UStAE umfänglich zu überarbeiten. Die Regelungen des BMF-Schreibens vom 24.6.2021 sind mit Ausnahme der Regelungen zur Einzelmargenbildung (Abschn. 25.3 UStAE) in allen offenen Fällen anzuwenden.
Nach den in Abschn. 4.5.3 Abs. 1 Satz 1 UStAE geschilderten Sachverhalten kann grundsätzlich von einer Vermittlungsleistung des Reisebüros bzw. Tickethändlers (Consolidator) an das Luftfahrtunternehmen ausgegangen werden. Aus Vereinfachungsgründen kann der Verkauf von Einzeltickets für grenzüberschreitende Flüge (Linien- oder Charterflugschein) vom Reisebüro im Auftrag des Luftverkehrsunternehmens an die Kunden als steuerfreie Vermittlungsleistung nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG behandelt werden (s.a. Abschn. 4.5.3 Abs. 2 Satz 1 UStAE). Gleiches gilt für die Umsätze des Consolidators, der in den Verkauf der Einzeltickets eingeschaltet worden ist. Die Vereinfachungsregelung findet ausschließlich Anwendung beim Verkauf von Einzelflugtickets durch Reisebüros und Tickethändler. Sobald diese ein »Paket« von Flugtickets erwerben und mit anderen Leistungen (z.B. Unterkunft und Verpflegung) zu einer Pauschalreise verbinden, handelt es sich um eine Reiseleistung, deren Umsatzbesteuerung sich nach § 25 UStG richtet (Abschn. 4.5.3 Abs. 2 Satz 2 bis 4 UStAE; s. → Reiseleistungen nach § 25 UStG unter dem Gliederungspunkt »Verkauf von Flugscheinen«).
Es gelten die Anweisungen in Abschn. 3.7 Abs. 2 bis 4 UStAE. Zur Abgrenzung zwischen Vermittlungsleistungen und Eigengeschäften beim Verkauf von Gebrauchtwagen s. OFD Niedersachsen vom 1.9.2017 (S 7110 – 3 – St 171, DB 2017, 2200, LEXinform 5236396).
Dem ermäßigten Steuersatz unterliegen u.a. die Umsätze von Ticket-Eigenhändlern aus dem Verkauf von Eintrittsberechtigungen. Auf Vermittlungsleistungen ist die Steuerermäßigung hingegen nicht anzuwenden (Abschn. 12.5 Abs. 4 Satz 3 und 4 UStAE; s.a. BFH Urteil vom 3.11.2011, V R 16/09, BStBl II 2012, 378).
Die Vermittlung von Eintrittskarten an Nichtunternehmer (Leistungsempfänger – B2C-Vermittlung) fällt nicht unter die Ortsregelung des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UStG (Abschn. 3a.6 Abs. 2 Satz 4 UStAE), sondern unterliegt der Ortsbestimmung des § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG (s.a. Abschn. 3a.7a Abs. 3 Satz 2 UStAE).
Der Stpfl. vertreibt für einen Betrag von 49,90 € sog. »Hotelschecks«. Er verpflichtet sich gegenüber den Erwerbern der »Hotelschecks«, ihnen die Buchung von drei kostenlosen Übernachtungen in einem der im Hotelkatalog des Stpfl. genannten über 2 500 Hotels unter den dort genannten Bedingungen zu ermöglichen. Der Kunde muss pro Kopf und Tag einen je nach Qualität des Hotels unterschiedlichen Betrag für Frühstück und Abendessen (zuzüglich Getränke) entrichten.
Das Hotelzimmer hat der Kunde beim Vertragshotel selbstständig zu buchen. Nach erfolgreicher Buchung muss er das Original des um den Namen des Hotels ergänzten »Hotelschecks« als Buchungsbestätigung an den Stpfl. zurücksenden, der den Scheck dann als Vermittler im Namen des Kunden dem Hotel übersendet.
Der Stpfl. ist der Auffassung, eine entgeltliche Leistung liege nicht vor, weil im Zeitpunkt der Ausgabe der »Hotelschecks« noch nicht feststehe, ob der Erwerber von dem Angebot Gebrauch mache und welches Hotel er wähle.
Mit Urteil vom 8.9.2011 (V R 42/10, BStBl II 2012, 248; s.a. Anmerkung vom 20.1.2012, LEXinform 0879210) hat der BFH entschieden, dass nach ständiger Rspr. dann ein Leistungsaustausch vorliegt, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarerer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem Rechtsverhältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet. Aufgrund der rechtsgeschäftlichen Verknüpfung zwischen der vom Stpfl. versprochenen Leistung und der Zahlung des jeweiligen Vertragspartners bejaht der BFH einen unmittelbaren Zusammenhang. Der Stpfl. tätigt Vermittlungsleistungen. Das von den Erwerbern der »Hotelschecks« bei deren Erwerb bezahlte Entgelt unterliegt als Anzahlung im Inland der USt.
Vermittlungsleistungen an Nichtunternehmer werden an dem Ort ausgeführt, an dem die zugrunde liegenden Umsätze ausgeführt werden (§ 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG). Unter diese Ortsregelung fällt auch die Vermittlung der kurzfristigen Vermietung von Zimmern in Hotels (Abschn. 3a.7 Abs. 1 Satz 2 und 3 UStAE). Die Vermittlungsleistungen gelten nach § 3a Abs. 1 UStG als am Sitz des Vermittlers ausgeführt. Somit unterliegen die Anzahlungen im Inland der USt.
Kommt es zum Abschluss eines Beherbergungsvertrages mit einem Hotel, das sich auf einem nicht im Inland belegenen Grundstück befindet, liegt für Vermittlungsumsätze eine im Inland steuerbare Vermittlungsleistung vor, da die Ortsregelung für die Vermittlung der kurzfristigen Vermietung von Zimmern in Hotels nicht nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG nach dem Belegenheitsort des Grundstücks bestimmt wird. Die Vermittlungsleistungen gelten nach § 3a Abs. 1 UStG als am Sitz des Vermittlers ausgeführt.
Bei der Vermittlung von Profifußballspielern erhält der Spielervermittler Provisionszahlungen von den aufnehmenden Fußballvereinen. Der Vergütungsanspruch für die Vermittlung setzt dem Grunde nach voraus, dass der Spieler beim neuen Verein einen Arbeitsvertrag unterschreibt und die DFL-GmbH als Lizenzgeber dem Spieler eine Spielerlaubnis erteilt. Die Provisionszahlungen sind häufig in Raten verteilt auf die Laufzeit des Arbeitsvertrages zu leisten, wobei die Fälligkeit und das Bestehen der einzelnen Ratenansprüche unter der Bedingung des Fortbestehens des Arbeitsvertrages zwischen Verein und Spieler stehen.
Versteuert der Spielevermittler seine Umsätze nach § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG (Sollbesteuerung), ist die USt auf die Summe der gesamten Ratenzahlungen anzumelden und abzuführen, nachdem die Vermittlungsleistung erbracht ist. Die gesamte USt ist somit unabhängig von der Entgeltvereinnahmung zu versteuern.
Der BFH zweifelt an der bislang uneingeschränkt angenommenen Pflicht zur Vorfinanzierung der USt durch den zur Sollbesteuerung verpflichteten Unternehmer und richtet mit Beschluss vom 21.6.2017 (V R 51/16, BStBl II 2022, 849) ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH. Auf seine Vorlage soll der EuGH insbes. entscheiden, ob der Stpfl. verpflichtet ist, die für die Leistung geschuldete Steuer für einen Zeitraum von zwei Jahren vorzufinanzieren, wenn er die Vergütung für seine Leistung (teilweise) erst zwei Jahre nach Entstehung des Steuertatbestands erhalten kann (BFH Pressemitteilung Nr. 59/2017 vom 20.9.2017, LEXinform 0447110).
In den Rz. 26 und 27 seines Urteils vom 29.11.2018 (C-548/17, UR 2019, 70, LEXinform 0651550) betont der EuGH neben Art. 63 auch die Relevanz von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL. Nach Art. 63 MwStSystRL treten Steuertatbestand und Steueranspruch zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Dienstleistung erbracht wird. Zum anderen gelten Dienstleistungen, wenn sie zu aufeinanderfolgenden Zahlungen Anlass geben, nach Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL als mit Ablauf des Zeitraums i.S.d. genannten Art. 63 MwStSystRL erbracht, auf den sich diese Zahlungen beziehen.
Aus Sicht des EuGH ist davon auszugehen ist, dass der Steuertatbestand und der Steueranspruch bezüglich einer Leistung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht zum Zeitpunkt der Vermittlung, sondern mit Ablauf des Zeitraums eintreten, auf den sich die vom Verein geleisteten Zahlungen beziehen (Anmerkung vom 29.11.2018, LEXinform 0401986).
Mit Urteil vom 26.6.2019 (V R 8/19, BStBl II 2022, 854) hat sich der BFH der Rechtsauffassung des EuGH im Vorabentscheidungsersuchen angeschlossen. Entsprechend war die Besteuerung für die im Streitjahr erbrachte Vermittlungsleistung nicht in diesem Veranlagungszeitraum, sondern erst im Veranlagungszeitraum der Vereinnahmung zu versteuern.
Auch Vermittlungsleistungen, die sich nach der Leistungshandlung auf die Vermittlung des Eintritts eines bestimmten Ereignisses beschränken, fallen – wie der EuGH darlegt – unter Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL. Für die Anwendung dieser Bestimmung genügt, dass eine Vermittlungsleistung nach der Dauerhaftigkeit des vermittelten Erfolges (hier: Verbleib des Spielers beim aufnehmenden Verein über die vereinbarte Vertragslaufzeit) vergütet wird (s.a. Anmerkung vom 18.10.2019, LEXinform 0880499).
Zur Steuerentstehung bei der ratenweisen Zahlung von bereits ausgeführten Vermittlungsleistungen hat der BFH mit Beschluss vom 7.5.2020 (V R 16/19, BStBl II 2021, 884) dem EuGH erneut Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (Az. EuGH: C-324/20; Vorinstanz FG Rheinland-Pfalz vom 26.3.2019, 3 K 1816/18, EFG 2019, 835, LEXinform 5022015; s.u. den Gliederungspunkt »Steuerentstehung bei Vermittlungsleistungen«).
Entscheidung des EuGH mit Urteil vom 28.10.2021 (C-324/20, LEXinform 0651716):
Der EuGH hat festgestellt, dass Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass eine in Raten vergütete einmalige Dienstleistung nicht in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fällt.
Zudem ist Art. 90 Abs. 1 der Richtlinie dahin gehend auszulegen, dass bei Vorliegen einer Ratenzahlungsvereinbarung die Nichtbezahlung eines Teilbetrags der Vergütung vor seiner Fälligkeit nicht als Nichtbezahlung des Preises im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann und deshalb nicht zu einer Verminderung der Steuerbemessungsgrundlage führen kann.
Wie der BFH mit Urteil vom 28.8.2013 (XI R 4/11, BStBl II 2014, 282) entschieden hat, kann ein Profifußballverein die Vorsteuer aus Rechnungen von Spielervermittlern nur abziehen, wenn der Verein – und nicht ausschließlich der betreffende Spieler – Empfänger der Leistungen ist (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 70/13 vom 16.10.2013, LEXinform 0440792).
Der klagende Bundesligaverein begehrt den Vorsteuerabzug aus Rechnungen von Spielervermittlern. Diesen hat das FA unter Hinweis auf den fehlenden Leistungsaustausch zwischen Spielervermittler und Verein versagt. Das FG Düsseldorf hat der dagegen gerichteten Klage des Vereins mit Urteil vom 29.10.2011 (1 K 4206/08 U, EFG 2011, 927, LEXinform 5011502) stattgegeben und dabei die Auffassung vertreten, dass die Spielervermittler durch die Beratung und Vermittlung bei Transfers bzw. Vertragsverlängerungen Vermittlungsleistungen gegenüber dem Verein erbracht haben.
Hingegen sieht der BFH gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Spielervermittler – zumindest auch – Leistungen an die jeweiligen Spieler erbracht haben. Soweit der Verein die Leistungen der Spielervermittler an die Spieler vergütet haben sollte, stünde ihm kein Vorsteuerabzug zu. Der BFH hat daher den Rechtsstreit an das FG Düsseldorf zurückverwiesen. Dieses wird im zweiten Rechtsgang insbesondere die zwischen Spielern und Spielervermittlern abgeschlossenen Managementverträge überprüfen (s.a. Pressemitteilung des FG Düsseldorf vom 28.10.2013, LEXinform 0440852 sowie Anmerkung vom 25.10.2013, LEXinform 0879381; Englisch, UR 12/2014, 461).
Ist die steuerbare Vermittlungsleistung nicht nach § 4 UStG befreit, ist sie stpfl. Sie unterliegt nach § 12 Abs. 1 UStG dem Regelsteuersatz. Bei der Bemessungsgrundlage ist besonders zu beachten, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG (Abschn. 10.4 UStAE) durchlaufende Posten nicht zum Entgelt gehören. Durchlaufende Posten in diesem Sinne liegen nach § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG dann vor, wenn der Vermittler Beträge im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt. Um keine durchlaufenden Posten handelt es sich demnach, wenn der Vermittler seinem Auftraggeber z.B. Reisekosten und sonstige Spesen berechnet, die bei ihm in eigener Person entstanden sind.
Beispiel 3:
Beispiel s. Kurz/Meissner, Finanz und Steuern, Band 2 (USt), 17. A., 190.
Handelsvertreter H in Stuttgart ist für den Maschinenfabrikanten M in Karlsruhe ständig damit betraut, im Namen von M Kaufverträge über die von M hergestellten Maschinen mit Kunden abzuschließen. Nach dem Handelsvertretervertrag steht H pro vermitteltem Vertrag eine Provision i.H.v. 20 % des Kaufpreises zu. Außerdem ist er berechtigt, M seine hierbei entstandenen Fahrtkosten mit dem Pkw i.H.v. 0,30 €/km sowie Bewirtungskosten in Rechnung zu stellen. Dementsprechend stellt H dem M anlässlich des Abschlusses eines Vertrages über die Lieferung einer Maschine an den Kunden S in Siegen folgende Rechnung aus:
Fahrtkosten 150 km à 0,30 € |
45,00 € |
Bewirtungskosten lt. beigefügter Rechnung (netto) |
79,95 € |
Gesamtbetrag (netto) |
124,95 € |
Nach Ausführung des Liefergeschäfts erteilt M dem H folgende Gutschrift:
Provision für die Lieferung der Maschine an S 20 % des Kaufpreises netto (9 000 €) |
1 800,00 € |
zzgl. Spesen laut ihrer Abrechnung |
124,95 € |
Summe |
1 924,95 € |
zzgl. USt 19 % |
365,74 € |
Gesamtbetrag |
2 290,69 € |
Lösung 3:
Die Vermittlungsleistung des H gegenüber M ist steuerbar und stpfl. Zur Bemessungsgrundlage gehören auch die vergüteten Spesen, da es sich insoweit nicht um durchlaufende Posten bei H handelt. Das Bruttoentgelt für die Vermittlungsleistung des H beträgt somit entsprechend der Gutschrift 2 290,69 €. Die USt beträgt, wie in der Gutschrift ausgewiesen, 365,74 €.
In einem Fall, in dem mehrwertsteuerpflichtige Personen der Steuerverwaltung aufgrund eines Steuerbetrugs weder mitgeteilt haben, dass es den Umsatz gibt, noch eine Rechnung ausgestellt oder die bei diesem Umsatz erzielten Einkünfte in einer direkte Steuern betreffenden Erklärung angegeben haben, ist davon auszugehen, dass die von der betreffenden Steuerverwaltung im Rahmen der Überprüfung einer solchen Erklärung durchgeführte Rekonstruktion der bei dem fraglichen Umsatz gezahlten und erhaltenen Beträge einen die Mehrwertsteuer bereits enthaltenden Preis darstellt (EuGH vom 1.7.2021, C-521/19, LEXinform 4234651).
Im Urteilsfall vermittelte V für das Management M Künstler an Veranstalter zu bestimmten Festlichkeiten. V erhielt 10 % der Zahlungen des Veranstalters an das Management M. V führte keine Buchhaltung und erstellte keine offiziellen Aufzeichnungen. Er stellte weder Rechnungen aus, noch erhielt er solche. Infolgedessen gab er keine Mehrwertsteuererklärungen ab.
Nach Rz. 34 seiner Entscheidung C-521/19 ist nach dem EuGH davon auszugehen, dass das Ergebnis eines Umsatzes, der von mehrwertsteuerpflichtigen Personen gegenüber der Steuerverwaltung verschleiert wurde, obwohl für ihn eine Rechnung mit den vorgeschriebenen Angaben hätte ausgestellt werden müssen und er der Behörde hätte gemeldet werden müssen, die auf den Umsatz entfallende Mehrwertsteuer enthält, wenn dieses Ergebnis, wie im Ausgangsverfahren, auf einer Rekonstruktion durch die betreffende Steuerverwaltung beruht, die im Rahmen einer Prüfung in Bezug auf direkte Steuern vorgenommen wurde.
Der EuGH hat mit seinem Urteil vom 16.1.2014 (C-300/12, BStBl II 2015, 317) entschieden, dass eine Minderung der Bemessungsgrundlage nicht anzuwenden ist, wenn ein Reisebüro als Vermittler dem Endverbraucher aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung gewährt, die von dem Reiseveranstalter erbracht wird. Der BFH hat sich mit dem Folgeurteil vom 27.2.2014 (V R 18/11, BStBl II 2015, 306) dieser Rechtsauffassung unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (BFH Urteile vom 12.1.2006, V R 3/04, BStBl II 2006, 479, vom 13.7.2006, V R 46/05, BStBl II 2007, 186 sowie vom 13.3.2008, V R 70/06, BStBl II 2008, 997) angeschlossen. Danach kommt es nicht zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage, wenn ein Vermittler dem Empfänger des von ihm vermittelten Umsatzes einen Teil des Preises für den vermittelten Umsatz vergütet. Dementsprechend führt der Preisnachlass auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Kunden (BFH-Urteil vom 3.7.2014, V R 3/12, BStBl II 2015, 307; s.a. Abschn. 17.2 Abs. 7 UStAE).
Hinweis:
Anlässlich der o.g. BFH-Urteile wird mit BMF-Schreiben vom 13.7.2017 (BStBl I 2017, 992) eine Komplettüberarbeitung des Abschn. 17.2 UStAE vorgenommen.
Beispiel 4:
Der Vermittler erhält 10 % des Reisepreises. Der Vermittler gewährt den Kunden einen Preisnachlass von 3 %.
Lösung 4:
Eine Minderung der Bemessungsgrundlage kommt nicht in Betracht, wenn nicht ein an der Leistungskette beteiligter Unternehmer, sondern lediglich ein Vermittler dem Kunden der von ihm vermittelten Leistung einen sog. Preisnachlass gewährt (BFH Urteil vom 27.2.2014, V R 18/11, BStBl II 2015, 306). Danach mindern beispielsweise Preisnachlässe, die dem Abnehmer von Reiseleistungen vom Reisebüro für eine vom Reisebüro lediglich vermittelte Reise gewährt werden, nicht die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der vom Reisebüro dem Reiseveranstalter gegenüber erbrachten Vermittlungsleistung (Abschn. 17.2 Abs. 7 Sätze 1 und 2 UStAE). Da der vom Vermittler gewährte Preisnachlass nicht das Entgelt für die Leistung des Vermittlers an seinen Auftraggeber mindert, führt dieser auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus der vermittelten Leistung beim (End-)Kunden (BFH Urteil vom 3.7.2014, V R 3/12, BStBl II 2015, 307; s.a. Anmerkung vom 27.2.2014, LEXinform 0401875).
Der Reiseveranstalter erteilt dem Kunden eine ungeminderte Rechnung:
Rechnungspreis netto |
1 000 € |
|
zzgl. 19 % USt |
190 € |
|
insgesamt |
1 190 € |
|
Dem Reisebüro wird vereinbarungsgemäß eine Provisionsgutschrift i.H.d. ungeminderten Provision erteilt: |
100 € |
|
zzgl. USt 19 % |
19 € |
|
insgesamt |
119 € |
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Zahllast des Reiseveranstalters: |
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USt |
190 € |
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Vorsteuer |
./. 19 € |
|
Zahllast |
171 € |
171,00 € |
Zahllast des Reisebüros: |
||
Der Preisnachlass darf die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für die Provision nicht mindern, so dass der Vermittler die volle USt aus der Vermittlungsleistung an das FA abführen muss (s.a. das Beispiel 2 in Abschn. 10.3 Abs. 4 UStAE). |
||
Umsatz |
119,00 € |
|
USt 19 % daraus |
./. 19,00 € |
19,00 € |
Entgelt |
100,00 € |
|
Insgesamt fließen dem Fiskus 190 € zu, obwohl der Kunde weniger belastet ist. |
190,00 € |
|
Aufgewendeter Betrag des Reisekunden |
1 190,00 € |
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abzgl. 3 % |
./. 35,70 € |
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Differenz |
1 154,30 € |
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USt daraus (19 %) |
184,30 € |
Der BFH hat mit Urteil vom 1.2.2022 (V R 37/21 (V R 16/19), BStBl II 2022, 860, Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 28.10.2021, C-324/20, LEXinform 0651716) entschieden, dass die Vereinbarung einer Ratenzahlung keine Korrektur i.S.d. § 17 Abs. 2 UStG begründet. Die USt entsteht in diesen Fällen im Zeitpunkt der Leistungserbringung und nicht erst bei Bezahlung der jeweiligen Rate. Mit Beschluss vom 7.5.2020 (V R 16/19, BStBl II 2021, 884) hatte der BFH den EuGH zur Vorabentscheidung ersucht (s.a. → Sollversteuerung unter dem Gliederungspunkt »Überblick über die Entstehung der Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG« sowie von Streit u.a., UStB 2022, 47).
Entscheidungssachverhalt:
Die Klägerin war als Vermittlerin für eine GmbH im Rahmen eines Grundstückkaufvertrags tätig, wofür sie ein Vermittlungshonorar erhielt. Das vereinbarte Honorar sollte nach der Leistungserbringung in fünf Teilbeträgen innerhalb von fünf Jahren ausgezahlt werden. Die Klägerin erstellte dazu Rechnungen über fünf Teilleistungen und rechnete diese jeweils anteilig mit USt ab.
Nach Auffassung des FG sei bei einer fünfjährigen Ratenzahlung von einer Uneinbringlichkeit nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 1 UStG auszugehen.
Entscheidungsgründe:
Der EuGH hat entschieden, dass die Nichtbezahlung eines Teilbetrags der Vergütung vor seiner Fälligkeit bei Vorliegen einer Ratenzahlungsvereinbarung nicht als Nichtbezahlung des Preises einzustufen ist und deshalb nicht die Steuerbemessungsgrundlage mindert. Nach Rz 61 ff. seines Urteils ist eine vor ihrem Zahlungstermin nicht fällige Honorarrate nicht dem gleichzusetzen, dass der Leistungsempfänger die gegen ihn bestehende Forderung nur teilweise erfüllt. Zudem könne ein Stpfl. in bestimmten Fällen zur Vorfinanzierung der von ihm an die Steuerverwaltung zu entrichtenden Mehrwertsteuer gezwungen sein (s. BFH V R 37/21 (V R 16/19), Rz. 14).
Der EuGH hat weiter entschieden, dass der Steueranspruch gem. Art. 63 MwStSystRL zum Zeitpunkt der Ausführung des jeweiligen Umsatzes unabhängig davon entsteht, ob die für diesen Umsatz geschuldete Gegenleistung bereits entrichtet wurde (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG). Daher schuldet der Lieferer oder der Dienstleistungserbringer dem Fiskus die Mehrwertsteuer, selbst wenn er von seinem Kunden noch keine Zahlung für den bewirkten Umsatz erhalten hat (EuGH C-324/20, Rz 54). Dementsprechend kommt eine Einschränkung der Sollbesteuerung dergestalt, dass der Unternehmer nur bereits fällige Entgeltansprüche zu versteuern hat, nicht in Betracht. Der EuGH sieht insoweit den Umstand, dass die Stpfl. die Mehrwertsteuer, die sie an den Staat zu entrichten haben, vorfinanzieren müssen, wenn sie einmalige Leistungen erbringen, deren Vergütung ratenweise erfolgt, als unbeachtlich an (s. BFH V R 37/21 (V R 16/19), Rz. 20).
Eine Ratenzahlungsvereinbarung begründet auch nicht das Vorliegen von Teilleistungen i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG. Diese liegen nur vor, wenn das Entgelt bei einer wirtschaftlich teilbaren Leistung separat vereinbart worden ist (s. BFH V R 37/21 (V R 16/19), Rz. 24 ff.).
Zur Abgabe von Startpaketen im Mobilfunkbereich s. die Erläuterungen unter → Telekommunikationsleistungen. Zu den umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehungen bei Abgabe von Startpaketen im Mobilfunkbereich und bei Abgabe von Zahlkarten s. die Vfg. der OFD Niedersachsen vom 19.2.2016 (S 7100 – 407 – St 171, LEXinform 5235878 sowie das BMF-Schreiben – koordinierter Ländererlass – vom 3.12.2001, BStBl I 2001, 1010).
Beispiel 5:
Wählt der Kunde einen Tarif mit Handy für 0 €, muss er an den Mobilfunkanbieter dafür eine um 5 bis 10 € erhöhte Monatsgebühr zahlen.
Nach Vermittlung der Mobilfunkverträge erhält der Vermittler von den Mobilfunkanbietern Zahlungen. Die Höhe der Zahlungen ist davon abhängig, ob der Kunde einen Tarif mit oder ohne Handy gewählt hat. Bei einem Tarifabschluss mit Handy zahlt der jeweilige Mobilfunkanbieter an den Vermittler zusätzlich zu der Provision einen weiteren Betrag als »Gerätebonus«.
Die Handys hat der Vermittler im eigenen Namen erworben und insoweit den Vorsteuerabzug geltend gemacht.
Lösung 5:
Der Sachverhalt und die Lösung ergeben sich aus dem BFH-Urteil vom 16.10.2013 (XI R 39/12, BStBl II 2014, 1024; s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 81/2013 vom 27.11.2013, LEXinform 0440964 sowie das BMF-Schreiben vom 4.12.2014, BStBl I 2014, 1617 zur Anwendung des BFH-Urteils vom 16.10.2013 und zur Ergänzung des Abschn. 10.2 Abs. 5 UStAE).
Das FA war der Auffassung, dass es sich bei der Abgabe der vom Vermittler an die Kunden für 0 € abgegebenen Handys um unentgeltliche Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG handele.
Dem folgten das FG und der BFH nicht, weil die Abgabe der Handys wegen des von den Mobilfunkanbietern dafür gezahlten Bonus nicht unentgeltlich sei. Aufgrund der über die reine Vermittlungsprovision hinaus geleisteten Zahlungen (Geräteboni) der Mobilfunkanbieter an den Vermittler handelt es sich um steuerbare entgeltliche Lieferungen des Vermittlers an die Kunden.
Zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Der vom Mobilfunkanbieter an den Vermittler gezahlte Gerätebonus für die vom Vermittler an den Kunden erfolgte Handylieferung stellt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG ein Entgelt eines Dritten dar (s.a. Abschn. 10.2 Abs. 5 Sätze 7 und 8 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 4.12.2014, BStBl I 2014, 1617).
Für diese Lieferung der Handys schuldet der Vermittler die USt nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Diese USt hat der Vermittler dadurch gezahlt, dass er die von den Mobilfunkanbietern erhaltenen Zahlungen – insgesamt, also auch soweit ein Gerätebonus gezahlt wurde – der USt unterworfen hat. Die Mobilfunkanbieter haben darüber mit Gutschrift abgerechnet.
Nimmt der leistende Unternehmer eine Gutschrift widerspruchslos entgegen, in der ein höherer als der gesetzlich geschuldete Steuerbetrag gesondert ausgewiesen worden ist, schuldet er auch den Mehrbetrag.
§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG ist auch anwendbar, wenn der ausgewiesene Steuerbetrag selbst nicht fehlerhaft ermittelt wurde, sondern im Zusammenhang mit einer unzutreffenden Bemessungsgrundlage steht, z.B. weil in einer Gutschrift unzutreffend ein Entgelt von dritter Seite i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG einbezogen wurde (BFH Urteil vom 16.10.2013, XI R 39/12, BStBl II 2014, 1024, Rz. 60).
Soweit in den Gutschriften der Mobilfunkanbieter – neben den Provisionen – auch die Geräteboni erfasst und auch insoweit USt gesondert ausgewiesen wurde, handelt es sich um einen unzulässigen Steuerausweis i.S.d. § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG. Solche von den Mobilfunkanbietern erteilten Gutschriften begründen abstrakt die Gefahr, von den Mobilfunkanbietern zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs gebraucht zu werden; denn den Mobilfunkanbietern steht insoweit kein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu, weil sie nicht Leistungsempfänger sind. Es kommt insofern – bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG – ausschließlich ein Vorsteuerabzug der Kunden als Leistungsempfänger des Vermittlers in Betracht (s.a. Eilers u.a., UR 2013, 933).
Mit Urteil vom 3.5.2012 (C–520/10, BStBl II 2012, 755) hat der EuGH entschieden, dass ein Telefonanbieter, der Telekommunikationsdienstleistungen anbietet, die darin bestehen, dass an einen Vertriebshändler Telefonkarten verkauft werden, die alle notwendigen Informationen zur Tätigung internationaler Anrufe über die von diesem Anbieter zur Verfügung gestellte Infrastruktur enthalten und die vom Vertriebshändler im eigenen Namen und für eigene Rechnung entweder unmittelbar oder über andere Stpfl. wie Groß- und Einzelhändler an Endnutzer weiterverkauft werden, eine entgeltliche Telekommunikationsdienstleistung an den Vertriebshändler erbringt (→ Telekommunikationsleistungen). Dagegen erbringt der betreffende Anbieter keine zweite entgeltliche Dienstleistung an den Endnutzer, wenn dieser, nachdem er die Telefonkarte erworben hat, von dem Recht Gebrauch macht, mit Hilfe der Informationen auf der Karte Anrufe zu tätigen (s.a. Abschn. 3a.10 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 UStAE).
Der EuGH hat sich in seiner Entscheidung nicht mit der Abgrenzung zwischen der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen und ihrer bloßen Vermittlung auseinandergesetzt. Die Verwaltung nimmt das EuGH-Urteil vom 3.5.2012 (C–520/10, BStBl II 2012, 755) zum Anlass, zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Einzweckguthabenkarten in der Telekommunikation Stellung zu nehmen (BMF – koordinierter Ländererlass – vom 24.9.2012, BStBl I 2012, 947).
Bei der entgeltlichen Abgabe von Telefonkarten,
mit denen es dem Abnehmer ermöglicht wird, Anrufe über die zur Verfügung gestellte Infrastruktur zu tätigen,
bei denen die Verwendung des Guthabens für andere Leistungen technisch ausgeschlossen ist und
die alle zur Tätigung der Anrufe notwendigen Informationen enthalten,
handelt es sich um die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen. Diese Leistungen werden bereits mit der Abgabe der Telefonkarten ausgeführt; wann das Guthaben tatsächlich für Telefongespräche in Anspruch genommen wird, ist unerheblich. Es liegt keine Lieferung vor, da das wirtschaftliche Interesse des Kartenerwerbers nicht auf das Erlangen der Verfügungsmacht an der Karte gerichtet ist, sondern darauf, mithilfe der auf der Karte befindlichen Information Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.
Werden ein oder mehrere Händler in den Vertrieb der Telefonkarten eingeschaltet, ist auf jeder Handelsstufe zu ermitteln, ob eine Telekommunikationsdienstleistung oder eine Vermittlungsleistung vorliegt. Sofern der Händler im eigenen Namen auftritt, erbringt er an seinen Abnehmer eine Telekommunikationsdienstleistung. Wenn er dabei für fremde Rechnung tätig wird, gilt die Telekommunikationsdienstleistung nach § 3 Abs. 11 UStG als an ihn und von ihm erbracht. Agiert der Händler im fremden Namen und für fremde Rechnung, erbringt er eine Vermittlungsleistung. Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Einzweck-Gutscheine i.S.d. § 3 Abs. 14 UStG s. → Gutscheine unter dem Gliederungspunkt »Leistungsausführung bei der Übertragung von Einzweck-Gutscheinen«.
Gibt der Telefonanbieter die Einzweckguthabenkarte über einen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handelnden Händler ab, erbringt er an den Händler und der Händler an den Kunden jeweils eine Telekommunikationsleistung (so auch BFH vom 10.8.2016, V R 4/16, BStBl II 2017, 135 sowie Anmerkung vom 2.11.2016, LEXinform 0948224). Dagegen erbringt der betreffende Anbieter keine zweite entgeltliche Dienstleistung an den Endnutzer, wenn dieser, nachdem er die Telefonkarte erworben hat, von dem Recht Gebrauch macht, mithilfe der Informationen auf der Karte Anrufe zu tätigen (EuGH vom 3.5.2012, C-520/10, BStBl II 2012, 755).
Wird der Händler für fremde Rechnung tätig, gilt die Telekommunikationsleistung als an ihn und von ihm erbracht (§ 3 Abs. 11 UStG).
Handelt er im fremden Namen und für fremde Rechnung, vermittelt er die Telekommunikationsleistung für den Telefonanbieter (s.o.). Eine steuerbare Vermittlungsleistung ist umsatzsteuerpflichtig.
Beispiel 6:
Handelsvertreter H mit Sitz in Zürich vermittelt im Namen und für Rechnung der Fa. F mit Sitz in Stuttgart den Verkauf einer Maschine an den Abnehmer A mit Sitz in Zürich. Die Maschine wird von F von Stuttgart zu A nach Zürich befördert. F verwendet gegenüber H keine USt-IdNr.
Lösung 6:
Da Leistungsempfänger der Vermittlungsleistung ein Unternehmer ist (Fa. F aus Stuttgart) und die Firma F die Vermittlungsleistung auch für ihr Unternehmen bezogen hat, bestimmt sich der Ort der Vermittlungsleistung nicht nach § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG, sondern nach der Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG. Danach wird die Vermittlungsleistung an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt (Empfängersitzprinzip). Der Ort befindet sich in Stuttgart.
Da H eine steuerfreie Ausfuhrlieferung vermittelt hat, ist seine Vermittlungsleistung steuerfrei nach § 4 Nr. 5 Buchst. a UStG.
Beispiel 7:
Handelsvertreter H mit Sitz in Zürich vermittelt im Namen und für Rechnung der Fa. X (Sitz Stuttgart) den Verkauf einer Maschine an den Abnehmer F (Sitz Zürich/Schweiz). Die Maschine wird von X von einem Auslieferungslager in Zürich aus zu F befördert.
X verwendet gegenüber H seine deutsche USt-IdNr bzw.
X verwendet gegenüber H keine USt-IdNr.
Lösung 7:
Da Leistungsempfänger der Vermittlungsleistung ein Unternehmer ist (Fa. X aus Stuttgart) und die Firma X die Vermittlungsleistung auch für ihr Unternehmen bezogen hat, bestimmt sich der Ort der Vermittlungsleistung nicht nach § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG, sondern nach der Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG. Danach wird die Vermittlungsleistung an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt (Empfängersitzprinzip). Der Ort befindet sich in Stuttgart.
Da der vermittelte Umsatz ausschließlich im Drittlandsgebiet Schweiz bewirkt wird, ist der Umsatz in Deutschland nach § 4 Nr. 5 Buchst. c UStG steuerfrei.
Beispiel 8:
Handelsvertreter H mit Sitz in Stuttgart vermittelt am 6.4.03 im Auftrag der Fa. X den Verkauf einer Maschine zwischen der Fa. X in Stuttgart und der Fa. Y mit Sitz in Lyon.
Die Maschine wird am 10.4.03 mit Firmen-Lkw von Stuttgart nach Lyon transportiert. Die Fa. X hat die vermittelte Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei gem. § 6a UStG behandelt.
Lösung 8:
Da Leistungsempfänger der Vermittlungsleistung ein Unternehmer ist (Fa. X aus Stuttgart) und die Firma X die Vermittlungsleistung auch für ihr Unternehmen bezogen hat, bestimmt sich der Ort der Vermittlungsleistung nicht nach § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG, sondern nach der Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG. Danach wird die Vermittlungsleistung an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt (Empfängersitzprinzip). Der Ort befindet sich in Stuttgart. Da die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 5 UStG nicht greift, ist die Vermittlungsleistung auch stpfl.
Bei der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich wird die Gewinnneutralität sog. durchlaufender Posten durch Aktivierung und Passivierung gleich hoher Wertzu- und Wertabgänge erreicht. Dies gilt jedoch nur in den Fällen, in denen die vereinnahmten Geldbeträge zunächst in das Eigentum des Stpfl. fallen und nur eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Weiterleitung besteht. Steht das Eigentum hieran anderen Personen zu, sind die Geldbeträge in der Gewinnermittlung nicht auszuweisen, denn dem Betriebsvermögen können nur im (wirtschaftlichen) Eigentum des Unternehmers stehende WG zugerechnet werden (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 242 Abs. 1 HGB). Der Erhalt von in fremdem Eigentum stehenden Geldbeträgen ist nicht als Betriebseinnahme, die Weiterleitung der Beträge an den Eigentümer nicht als Betriebsausgabe zu erfassen.
Verwendet der Stpfl. in fremdem Eigentum stehende Geldbeträge (abredewidrig) zunächst für sich und nimmt er sodann ein Darlehen auf, mit dem er den Geldbetrag ersetzt, entnimmt er weder Betriebseinnahmen noch finanziert er Betriebsausgaben. Ob der Stpfl. die Schuldzinsen als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) abziehen kann, richtet sich danach, für welche Zwecke er die Fremdmittel verwendet hat. Hat er hiermit Betriebsausgaben finanziert, also etwa Wareneingangsrechnungen für sein Unternehmen beglichen, sind die Schuldzinsen betrieblich veranlasst und daher als Betriebsausgaben zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 4 EStG). Hat er das Geld jedoch zu privaten Zwecken verbraucht, sind sie nicht abziehbar (BFH Urteil vom 4.11.2004, III R 5/03, BStBl II 2005, 277).
Zur Bilanzierung von Provisionsvorauszahlungen und damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen hat der BFH mit Urteil vom 26.4.2018 (III R 5/16, BStBl II 2018, 536) Stellung genommen.
Provisionsansprüche des Handelsvertreters entstehen – wenn keine abweichende Vereinbarung (§ 87a Abs. 1 Satz 2 HGB) getroffen wurde – gem. § 87a Abs. 1 Satz 1 HGB erst dann, wenn der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Soweit der Handelsvertreter Provisionen schon vor der Ausführung der Leistung, z.B. einer Reise, erhalten hat, stehen diese Provisionen unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB), z.B. der Ausführung der Reise, und sind mithin stornobehaftet. Es liegen insoweit Provisionsvorschüsse im Rahmen eines schwebenden Geschäfts vor. Zwar hat der Vermittler (z.B. das Reisebüro) zu dem Zeitpunkt, zu dem er die Provisionsvorschüsse erhielt, seine Leistungspflichten hinsichtlich der zugrundeliegenden Vermittlungsgeschäfte erfüllt. Die Entstehung des Provisionsanspruchs knüpft aber gem. § 87a Abs. 1 Satz 1 HGB an die Vollendung des Leistungserfolgs durch Ausführung der Reise an. Diese war im Zeitpunkt der Zahlung der Provisionsvorschüsse noch nicht eingetreten. Daher ist es gerechtfertigt, auch hier von Vorleistungen in Gestalt von Provisionsvorschüssen zu sprechen.
Soweit die Zahlungen daher als Provisionsvorschüsse zu werten sind, fehlt es an einer Gewinnrealisierung. Denn erst durch die Ausführung der Reise (Bedingungseintritt) wird der Gewinn durch die Entstehung des Provisionsanspruchs realisiert. Solange der Provisionsanspruch noch der aufschiebenden Bedingung unterliegt, kann er nicht aktiviert werden.
Die Provisionsvorschüsse sind als »erhaltene Anzahlungen« nach § 266 Abs. 3 C.3. HGB zu passivieren; darin kommt die Verpflichtung zum Ausdruck, die Beträge bei Nichtausführung der Reise zurückzahlen zu müssen.
Aufwendungen, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Provisionsvorschüssen stehen, sind nicht als »unfertige Leistung« zu aktivieren, wenn kein Wirtschaftsgut entstanden ist (s.a. Anmerkung vom 24.7.2018, LEXinform 0949800).
Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer (Loseblatt); Rebe, Das Recht der Handelsvertreter, NWB Fach 18, 837; Eilers u.a., Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Zugabe von Mobiltelefonen beim Abschluss eines Mobilfunkvertrages, UR 2013, 933; Becker, Vermittlungsleistung und Preisnachlass, NWB 29/2014, 2193; Englisch, Vorsteuerabzug für Leistungen von Spielervermittlern, UR 12/2014, 461; von Streit u.a., Reset bei Ratenzahlungen: Alles wieder beim Alten? Anmerkung zum Urteil des EuGH v. 28.10.2021 – C-324/20, UStB 2022, 47.
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