1 Einführung
2 Aktienformen
2.1 Unterscheidungsmerkmale
2.2 Bezugsrechte
2.3 Freianteile
2.4 ADR, GDR bzw. IDR
3 Steuerliche Zurechnung der Anteile
3.1 Anteilseigner
3.2 Nießbrauch an Anteilen
4 Besteuerung von Aktien im Privatvermögen
4.1 Dividendenzahlungen
4.2 Inkongruente Gewinnausschüttungen
4.3 Rückzahlung von Einlagen
4.4 Werbungskostenabzugsverbot/Sparer-Pauschbetrag
4.4.1 Ausnahmen vom Werbungskostenabzugsverbot
4.4.2 Aufteilung von Werbungskosten
4.5 Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG
4.6 Unternehmerische Beteiligungen (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG)
4.7 Veräußerung von Aktien
4.7.1 Einkünfte nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG
4.7.2 Ermittlung des Veräußerungsgewinns
4.8 Verlustverrechnung bzw. Verlustausgleich (§ 20 Abs. 6 EStG)
5 Aktien im Betriebsvermögen
6 Aktien als Arbeitslohn
6.1 Einkünfte nach § 19 EStG
6.2 Aktienoption
6.3 Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 39 EStG
6.4 Besteuerungsaufschub nach § 19a EStG
7 Die Bewertung von börsennotierten Aktien in der Erbschaftsteuer
8 Literaturhinweise
9 Verwandte Lexikonartikel
Bei der steuerlichen Beurteilung von Aktien ist zu unterscheiden, ob die Aktien im Privatvermögen des Stpfl. oder in seinem Betriebsvermögen gehalten werden. Während Erträge im Zusammenhang mit Aktien, die im Betriebsvermögen gehalten werden, dem Teileinkünfteverfahren (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG) bzw. bei Körperschaften den Regelungen des § 8b KStG unterliegen, gilt es bei Aktien des Privatvermögens eine Vielzahl von Besonderheiten wie Abgeltungsteuer, Günstigerprüfung, Veranlagungswahlrecht, Werbungskostenabzugsverbot etc. zu beachten. Der Schwerpunkt dieses Beitrags liegt auf der Darstellung der Besteuerung von Aktien im Privatvermögen. Die Behandlung von Aktien im Betriebsvermögen werden nur kursorisch dargestellt, hierzu wird ergänzend auf die Stichworte → Beteiligung an anderen Körperschaften und Personenvereinigungen und → Kapitalgesellschaften (KapGes) hingewiesen.
Die Besteuerung von Aktien des Privatvermögens wurde (ab dem VZ 2009) durch Einführung der Abgeltungsteuer grundlegend neu geregelt. Neben den nach § 17 EStG steuerverstrickten Aktien unterliegen ab dem VZ 2009 nicht nur die Ausschüttungen, sondern auch die Veräußerungsvorgänge der übrigen Aktien des Privatvermögens der Besteuerung nach § 20 Abs. 2 EStG. Lediglich für Aktien, die bereits vor dem 1.1.2009 erworben wurden (sog. Altanteile), gelten die alten Regelungen (insbes. privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG) weiter.
Relevant sind Aktien auch im Zusammenhang mit der Erfassung als Arbeitslohn bei der unentgeltlichen bzw. verbilligten Ausgabe an Mitarbeiter.
Aktien werden regelmäßig unterschieden
nach der Art, wie das Grundkapital der AG aufgeteilt wird, d.h. in Nennbetrags- und Stückaktien oder
nach ihrer Form zwischen Inhaber- und Namensaktien und
nach den damit verbrieften Rechten zwischen Stamm- und Vorzugsaktien.
Zu 1: Nennbetragsaktien lauten auf einen ziffernmäßig genau festgelegten Betrag (z.B. 50 €), während bei einer ausgegebenen Stückaktie jede einzelne Aktie den gleichen Anteil am Grundkapital repräsentiert.
Zu 2: Bei einer Inhaberaktie ist der rechtmäßig legitimierte Eigentümer der Urkunde auch der Anteilsberechtigte an der AG, während dies bei der Namensaktie nur die namentlich (mit einem bestimmten Betrag) bezeichnete Person ist. Bei einer vinkulierten Namensaktie ist die Übertragung der Aktie von der Zustimmung der Hauptversammlung abhängig.
Zu 3: Die Stammaktie gewährt dem Inhaber ein Stimm- und Dividendenbezugsrecht, während die Vorzugsaktie meist ohne Stimmrecht ist, dafür aber einen erhöhten Gewinnanteil vermittelt.
Die verschiedenen Erwerbsmodalitäten von Wandel-, Options-, Umtausch- und Aktienanleihen unter dem bisherigen § 23 EStG a.F. erläutert das BMF-Schreiben vom 25.10.2004 (BStBl I 2004, 1034). Darin werden auch die verschiedenen Erwerbs-(Abfindungs-)Modalitäten von Anteilsrechten anlässlich gesellschaftsrechtlicher Vorgänge (Umwandlung, Kapitalerhöhung und Liquidation) im Hinblick auf spätere (private) Veräußerungen dargestellt.
Eine besondere Form der Beteiligung sind die »Tracking Stocks« (Spartenaktien). Danach erhält der einzelne Aktionär zwar eine Beteiligung an der Gesamtgesellschaft, ist wirtschaftlich – qua eingeschränktem Dividendenbezug – aber nur an einem Teilbereich der AG beteiligt. Ein Beispiel dafür ist die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Die an der Börse gehandelten A-Aktien repräsentieren lediglich den Hafenumschlagbetrieb, die S-Aktien die Immobilien. Alleiniger Inhaber der S-Aktien ist die Stadt Hamburg. Trotz bilanzrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Bedenken ist eine getrennte Gewinnbezugsberechtigung steuerrechtlich möglich, wenn die damit verbundene inkongruente Gewinnausschüttung zulässig ist.
Zur steuerlichen Beurteilung inkongruenter Gewinnausschüttungen s. 4.2.
Erhöht eine Aktiengesellschaft, eine GmbH oder eine ausländische KapGes ihr Grund- bzw. Stammkapital gegen Einlagen, erhalten die (Alt-)Anteilseigner mit der damit verbundenen Gewährung von Bezugsrechten einen Anspruch auf entgeltlichen Erwerb der neuen Anteile (§ 186 AktG, § 55 GmbHG).
Die bloße Entstehung eines Bezugsrechts führt noch nicht zu Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, da dadurch kein Vermögen übergeht (BFH vom 22.5.2003, IX R 9/00, BStBl II 2003, 712). Jedoch ist ein Gewinn aus der Veräußerung eines Bezugsrechts stpfl. nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG, soweit die Beteiligung nicht unter § 17 EStG fällt. Werden Bezugsrechte veräußert oder ausgeübt, wird der Teil der Anschaffungskosten der Altanteile, der rechnerisch auf die Bezugsrechte entfallen, bei der Ermittlung des Gewinns nach § 20 Abs. 4 EStG mit 0 € angesetzt (§ 20 Abs. 4a Satz 4 EStG).
Erfolgt eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, ermitteln sich die Anschaffungskosten der neuen Anteile bei einer Ausübung des Bezugsrechts nach § 3 KapErhStG.
Als Freianteile (Bonusaktien, Gratisaktien) werden Anteile bezeichnet, die von der Gesellschaft an ihre Gesellschafter ohne eine Gegenleistung wie Einlageverpflichtung oder Entgelt herausgegeben werden und nicht aus einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln stammen (vgl. dazu § 1 KapErhStG). Der Erhalt von Freianteilen ist ein sonstiger Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Höhe der anzusetzenden Einnahmen ist i.d.R. der Nennwert der Aktien (Brandis/Heuermann/Ratschow EStG § 20 Rz. 88 bis 90). In Höhe der anzusetzenden Einnahmen hat der Gesellschafter Anschaffungskosten auf die Freianteile.
In den USA werden sog. ADR, GDR bzw. IDR (American, Global bzw. International Depositary Reciepts) aufgelegt, die Anlegern, denen z.B. aus rechtlichen Gründen der unmittelbare Aktienbesitz verwehrt ist, eine Teilhabe an der Wertentwicklung einschließlich Dividendenausschüttung eines inländischen Unternehmens ermöglichen. Die Depositary Receipts verbriefen einen Anteil an einem im Inland verwahrten Bestand an inländischen Aktien. Beteiligte an einem solchen Programm sind insbes. die ausländische Depotbank, die inländische Hinterlegungsstelle der inländischen Aktien, die inländischen und ausländischen Zwischenverwahrer sowie die Inhaber eines Depositary Reciept. Die Inhaber eines Depositary Reciept haben einen vertraglichen Anspruch auf die Dividenden und erzielen daher Dividendeneinkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (BMF vom 24.5.2013, BStBl I 2013, 718).
Eine Umbuchung von Depositary Receipts in die dahinterstehenden Aktien führt nicht zu einer Veräußerung des Receipt bzw. Neuanschaffung der bezogenen Aktien.
Der Umtausch eines Depositary Receipt führt zu einem stpfl. Veräußerungsvorgang (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Verluste daraus fallen unter die eingeschränkte Verlustverrechnung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG (BMF vom 19.5.2022, BStBl I 2012, 742, Rz. 68, 123).
Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind dem Anteilseigner zuzurechnen (§ 20 Abs. 5 EStG). Anteilseigner ist derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile am Kapitalvermögen im Zeitpunkt der Gewinnausschüttung zuzurechnen sind.
Danach ist Anteilseigner
der zivilrechtliche Eigentümer (§ 39 Abs. 1 AO) oder
der wirtschaftliche Eigentümer (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO) oder
der Treugeber, Sicherungsgeber oder Eigenbesitzer (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO), soweit dieser nicht bereits zivilrechtlicher Eigentümer ist.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Zurechnung der Beteiligung ist der Gewinnverteilungsbeschluss. Ab diesem besteht für den Gesellschafter ein Anspruch auf die Auszahlung der Dividende. Bei einer verdeckten Gewinnausschüttung ist maßgeblicher Zeitpunkt die Entstehung der Forderung, die zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führt.
Wirtschaftlicher Eigentümer von Anteilen an KapGes ist derjenige, der
aufgrund eines zivilrechtlichen Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, wobei
die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte sowie
das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind (BFH vom 22.7.2008, IX R 74/06, BStBl II 2009, 124 m.w.N.).
Bestimmen beispielsweise die Parteien eines Aktienkaufvertrags den im Jahr des Vertragsabschlusses zunächst nur vorläufig festgelegten Kaufpreis aufgrund eines erst im folgenden Jahr zu erstellenden Wertgutachtens und machen sie die Besitzübertragung von der vollständigen Zahlung des Kaufpreises abhängig, geht das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen noch nicht mit Abschluss des Kaufvertrages auf den Erwerber über (BFH vom 22.7.2008, BStBl II 2009, 124).
Erfolgt eine Veräußerung der Beteiligung im Laufe eines Kj., ist dem Neugesellschafter die Dividende in vollem Umfang zuzurechnen, selbst wenn im Rahmen der Anteilsübertragung eine Vergütung für den anteiligen Gewinn der Gesellschaft geleistet wird. Diese ist Teil des Kaufpreises und damit Teil der Anschaffungskosten.
Beispiel:
A veräußert am 30.6.2023 sein Aktienpaket an der X-AG von 100 000 € an B. Das Wj. der X-AG entspricht dem Kj. Im Rahmen der Verhandlungen über den Kaufpreis (insgesamt 250 000 €) wird vereinbart, dass hiervon 5 000 € auf den zu erwartenden Gewinnanspruch des Jahres 2023 entfallen. Am 1.4.2024 wird auf der Gesellschafterversammlung eine Gewinnausschüttung über den 2023 erzielten Gewinn beschlossen. B erhält daraufhin eine Dividende von 10 000 € (brutto).
In der Praxis wird unterstellt, dass die Parteien von dem gesellschaftsrechtlichen Grundsatz ausgehen, dass der Gewinnanspruch dem jeweiligen (d.h. derzeitigen) Inhaber des Mitgliedschaftsrechtes zusteht (vgl. z.B. für das GmbH-Recht § 29 Abs. 1 GmbHG). Die Absprache über den laufenden Gewinn im Jahr des Gesellschafterwechsels wird – wie hier – häufig entgeltlich erfolgen. Die Gewinnabsprache kann auch unentgeltlich oder teilentgeltlich geregelt werden.
Lösung:
Das Stammrecht steht im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses (1.4.2024) dem Neugesellschafter B zu (gesellschaftsrechtliche Ausgangslage).
§ 20 Abs. 5 EStG regelt, dass – entgegen zivilrechtlicher Absprachen über die Früchteverteilung nach § 101 BGB – die Dividende von den im Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses vorhandenen Anteilseignern zu versteuern ist.
Auch wenn ein Teil des Kaufpreises sich auf den hiervon losgelösten Ertragsanspruch für das Jahr 2023 bezieht, tritt dieser – anders als bei § 21 Abs. 1 Nr. 4 EStG – nicht an die Stelle des künftigen Gewinns (als vorgezogener Gewinnanteil), sondern geht in dem Gesamtkaufpreis von 150 000 € auf. Dieser kann steuerlich bei einer späteren Veräußerung der Anteile im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG bzw. § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG (oder § 6 AStG) berücksichtigt werden.
Zur Klarstellung wird darauf verwiesen, dass zwei andere Fälle in der Beurteilung unproblematisch sind:
Der Gesellschafterwechsel erfolgt in 02, nach dem Verteilungsbeschluss für 01.
Der Gewinn steht dem Altgesellschafter zu (BFH vom 9.3.1982, BStBl II 1982, 540).
Der Gesellschafterwechsel erfolgt in 01 und zur Diskussion stehen die zukünftigen Gewinne der Jahre 02 ff.
Die zukünftigen Gewinne stehen dem Neugesellschafter zu (BFH vom 12.10.1982, BStBl II 1983, 128).
In einem Schenkungsfall (Vater schenkt den GmbH-Geschäftsanteil seinen Kindern) hat der BFH allerdings entschieden (BFH vom 14.10.2002, BFH/NV 2003, 307), dass der Vater die Dividenden dann weiterhin zu versteuern hat, wenn diese weiterhin auf das Konto des Vaters überwiesen werden. Diese Entscheidung berührt aber nicht die grundsätzliche Zuordnung, sondern klärt den Sachverhalt nur für die Fallgruppe der »Angehörigenschenkung«, da es in solchen Fällen am »tatsächlichen Vollzug« der Schenkung fehlt.
Die Einräumung eines Nießbrauchs an Gesellschaftsrechten ist eine in der Praxis häufig anzutreffende Gestaltung.
Während bei einem Vorbehaltsnießbrauch (Übertragung des Wirtschaftsguts unter Zurückbehaltung des Nießbrauchrechts für den bisherigen Eigentümer) regelmäßig die Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG dem Nießbraucher zuzurechnen sind (BMF vom 23.11.1983, BStBl I 1983, 508, Rz. 55), sind bei einem Zuwendungsnießbrauch (Zurückbehaltung des Eigentums und Übertragung eines Nießbrauchs) die Einnahmen regelmäßig dem Nießbrauchsbesteller zuzurechnen. Dies gilt insbes. dann, wenn dem Nießbrauchberechtigten lediglich ein Anspruch auf den mit der Beteiligung verbundenen Gewinnanteil eingeräumt wurde, ohne dass er wesentliche Verwaltungsrechte, insbes. die Stimmrechte, ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann (BFH vom 14.2.2022, VIII R 29/18, BStBl II 2022, 544). Nur wenn dem Nießbraucher im Falle eines Zuwendungsnießbrauchs auch entsprechende Rechte eingeräumt wurden, können ihm die Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zugeordnet werden. In diesem Fall gilt der Nießbraucher auch steuerlich als Anteilseigner (§ 20 Abs. 5 Satz 3 EStG).
Mit der Einführung der Abgeltungsteuer (ab dem 1.1.2009) unterliegen die im Privatvermögen erzielten Kapitalerträge, die dem Gläubiger nach dem 31.12.2008 zufließen (§ 52a Abs. 1 EStG), grds. einem einheitlichen Steuersatz von 25 % (§ 32d Abs. 1 Satz 1 EStG) zzgl. 5,5 % SolZ. Die Steuererhebung erfolgt dabei regelmäßig im Rahmen eines Kapitalertragsteuerabzugs (§ 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) und hat Abgeltungswirkung (§ 43 Abs. 5 EStG).
Von der Abgeltungsteuer ausgenommen sind Kapitalerträge, die im Rahmen der Gewinneinkünfte oder bei den Einkünften aus V+V erfasst werden (§ 20 Abs. 8 EStG, Subsidiaritätsregel).
Ist der Empfänger der Kapitalerträge kirchensteuerpflichtig, ermäßigt sich die pauschale ESt um 25 % der Kirchensteuer (§ 32d Abs. 1 Satz 3 EStG). Anrechenbare ausländische Steuern werden auf die Abgeltungsteuer angerechnet (§ 32d Abs. 1 Satz 2 EStG).
Mit dem Kapitalertragsteuerabzug ist im Regelfall die Besteuerung abschließend durchgeführt. Wird auf eine Dividende bzw. einen Kapitalertrag keine Kapitalertragsteuer einbehalten, sind diese Einnahmen im Rahmen der Einkommensteuererklärung anzugeben, damit darauf die pauschale Einkommensteuer nacherhoben werden kann (§ 32d Abs. 3 EStG). Sofern auf Kapitalerträge keine Kirchensteuer einbehalten wurde, sind diese Kapitalerträge ebenfalls im Rahmen der Veranlagung anzugeben.
Beispiel:
Der unbeschränkt steuerpflichtige A ist römisch-katholisch und hat Brutto-Dividendeneinkünfte aus Streubesitz (< 1 %) i.H.v. 10 000 €. Die anrechenbare ausländische Steuer beträgt 1 000 €.
Lösung 1:
Die Steuer ermittelt sich wie folgt:
Ertragsteuern |
||
Dividenden |
10 000 € |
|
ESt/Kapitalertragsteuer vor Kirchensteuer |
25 % |
2 500 € |
Einkommensteuerermäßigung wegen Kirchensteuer |
25 % |
./. 55 € |
ESt/Kapitalertragsteuer nach Kirchensteuer |
2 445 € |
|
Kirchensteuer |
9 % |
220 € |
SolZ |
5,5 % |
135 € |
Steuern insgesamt |
2 800 € |
|
anrechenbare ausländische Steuern |
1 000 € |
|
Gesamtsteuerbelastung |
1 800 € |
|
Netto-Ertrag nach inländischer Besteuerung |
8 200 € |
Dividenden können in bar oder als Sachleistung (Sachdividende) geleistet werden. Auch der Bezug einer Sachdividende ist eine stpfl. Einnahme nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Sachdividenden sind dabei in Höhe ihres gemeinen Werts anzusetzen. Besteht eine Dividende ganz oder teilweise nicht aus Geld und reicht der in Geld geleistete Betrag nicht zur Deckung der Kapitalertragsteuer aus, hat der Gläubiger der Kapitalerträge dem zum Steuerabzug Verpflichteten den Fehlbetrag zur Verfügung zu stellen. Dabei kann der Abzugsverpflichtete den Fehlbetrag von einem bei ihm geführten Giro-, Kontokorrent- oder Tagesgeldkonto des Gläubigers einziehen, wenn der Gläubiger nicht vorab widerspricht. Kann die Kapitalertragsteuer auf eine Sachdividende nicht erhoben werden, hat der zum Abzug Verpflichtete dies dem zuständigen FA anzuzeigen. Das FA hat die zu wenig erhobene Kapitalertragsteuer vom Gläubiger der Kapitalerträge nachzufordern (§ 44 Abs. 1 Satz 7 bis 11 EStG).
Zu weiteren Einzelfragen zur Abgeltungsteuer wird ergänzend auf das dazu ergangene BMF-Schreiben vom 19.5.2022 (BStBl I 2022, 742) hingewiesen.
Inkongruente Gewinnverteilungen sind steuerrechtlich grds. anzuerkennen, wenn sie auf einem zivilrechtlich wirksam zustande gekommenen Ausschüttungsbeschluss beruhen (BFH vom 28.6.2006, I R 97/05, DStR 2006, 1938; vom 4.12.2014, IV R 28/11, BFH/NV 2015, 495).
Die geforderte zivilrechtliche Wirksamkeit liegt beispielsweise dann vor, wenn in der Satzung einer GmbH anstelle eines konkreten Verteilungsmaßstabs eine Klausel steht, nach der alljährlich mit Zustimmung der beeinträchtigten Gesellschafter oder einstimmig über eine von der satzungsmäßigen Regelung abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden kann, und der Beschluss mit der in der Satzung bestimmten Mehrheit gefasst wird.
Die zusätzlich von der Finanzverwaltung (BMF vom 17.12.2013, IV C 2 – S 2750 – a/11/10001, BStBl I 2014, 63) bei einer inkongruenten Ausschüttung geforderte Fremdüblichkeitsprüfung ist nach Auffassung des BFH (Urteil vom 28.9.2022, VIII R 20/20, BFH/NV 2023, 196) nicht erforderlich. So verlangt § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG für die Einkünfteerzielung tatbestandlich nur den Bezug von Gewinnanteilen durch den Gesellschafter, die Regelung enthält aber keinen Vorbehalt, dass der Bezug fremdüblich oder angemessen sein muss. Eine allgemeine steuerliche Angemessenheitskontrolle zivilrechtlich wirksam beschlossener inkongruenter Gewinnausschüttungen gibt es nicht. Daneben weist der BFH in seinem Urteil vom 28.9.2022 ergänzend darauf hin, dass nahezu jede Gewinnausschüttung, die verdeckt erfolgt, zugleich eine inkongruente Ausschüttung an den empfangenden Gesellschafter darstellt und der Besteuerung zugrunde gelegt wird. Daher gibt es keinen Grund, offene inkongruente Gewinnausschüttungen, die mit dem Gesellschaftsrecht im Einklang stehen, steuerlich abweichend zu behandeln.
Hinweis:
Eine inkongruente Gewinnausschüttung ist auch dann steuerlich anzuerkennen, wenn sie der Nutzung von Verlustvorträgen dient (BFH vom 4.5.2012, VIII B 174/11, BFH/NV 2012, 1330).
Soweit für eine Ausschüttung das steuerliche Einlagekonto nach § 27 KStG als verwendet gilt, sind diese Beträge nicht mehr als Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu erfassen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Über die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 KStG hat der Stpfl. den Nachweis zu führen. Dies erfolgt regelmäßig durch Vorlage einer von der ausschüttenden Körperschaft entsprechend ausgestellten Steuerbescheinigung.
Eine Einlagenrückgewähr führt bei dem Gesellschafter zu einer Minderung der Anschaffungskosten der Beteiligung.
Kommt es dabei zu negativen Anschaffungskosten, führt dies bei einer natürlichen Person als Gesellschafter bei einer Beteiligung im
Privatvermögen ≥ 1 % zu einem Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 Abs. 4 EStG (BFH vom 19.2.2013, IX R 24/12, BStBl II 2013, 484).
Mangels Veräußerung von Anteilen ist jedoch kein Freibetrag nach § 17 Abs. 3 EStG zu gewähren (OFD Frankfurt vom 4.2.2014, S 2244 A – 41 – St 215, DStR 2014, 903);
Privatvermögen < 1 % zu negativen Anschaffungskosten (BMF vom 19.5.2022, BStBl I 2023, 46, Rz. 92).
Mit der Einführung der Abgeltungsteuer wurde die Geltendmachung der tatsächlich entstandenen Werbungskosten (WK) – bei Aktien im Privatvermögen – grds. ausgeschlossen (§ 20 Abs. 9 Satz 1 EStG).
Die WK werden ab 2009 durch den Abzug des Sparer-Pauschbetrags (ab VZ 2023: 1 000 € bzw. 2 000 € bei Zusammenveranlagung; bis einschl. VZ 2022: 801 € bzw. 1 602 € bei Zusammenveranlagung) pauschal abgegolten. Der Sparer-Pauschbetrag wird auch im Rahmen der Abgeltungsteuer berücksichtigt, soweit den Banken entsprechende Freistellungsaufträge vorliegen.
Der Sparer-Pauschbetrag erfasst sowohl Zinsen und Dividenden als auch Gewinne aus der Veräußerung und Einlösung von Kapitalanlagen und aus Termingeschäften (§ 20 Abs. 2 EStG). Ein nicht ausgenutzter Sparer-Pauschbetrag des einen Ehegatten geht auf den anderen Ehegatten über (§ 20 Abs. 9 Satz 3 EStG).
Konnte der Sparer-Pauschbetrag im Kapitalertragsteuerabzugsverfahren nicht vollständig ausgeschöpft werden (z.B. wegen fehlender/unzureichender Freistellungsaufträge; Kapitalerträge über unterschiedliche Banken etc.), hat der Stpfl. nach § 32d Abs. 4 EStG die Möglichkeit, dies auf Antrag im Rahmen der Veranlagung nachholen zu lassen.
Beispiel:
Der unbeschränkt stpfl. A hat verschiedene Wertpapiere und Aktien bei der A-Bank und der B-Bank im Depot. Der A-Bank hat er einen Freistellungsauftrag über 1 000 € erteilt; die B-Bank hat keinen Freistellungsauftrag erhalten. Von der A-Bank erhält er Dividenden von insgesamt 400 €, die wegen des erteilten Freistellungsauftrags ohne Kapitalertragsteuerabzug ausgezahlt werden. Von der B-Bank erhält A Dividenden von 500 €, die nach Abzug eines Kapitalertragssteuerabzugs ausgezahlt wurden. Darüber hinaus hat A keine Kapitaleinkünfte erzielt.
A kann im Rahmen seiner ESt-Veranlagung durch einen Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG den nicht ausgeschöpften Teil seines Sparer-Pauschbetrags auf die Dividende der B-Bank anrechnen lassen. Insoweit wird der Kapitalertragsteuerabzug im Rahmen der ESt-Veranlagung auf die Kapitalerträge rückgängig gemacht. Da er in der Summe Einnahmen nach § 20 EStG unterhalb seines Sparer-Pauschbetrags erzielt hat, unterliegen diese damit nicht mehr der Besteuerung.
Ein Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG kann bis zur Unanfechtbarkeit des ESt-Bescheids gestellt werden bzw. solange eine Änderung nach den Vorschriften der AO oder den Einzelsteuergesetzen möglich ist.
Der Sparer-Pauschbetrag wird sowohl beschränkt als auch unbeschränkt Stpfl. gewährt. Bei beschränkter Steuerpflicht kann jedoch jeder Ehegatte nur seinen eigenen Sparer-Pauschbetrag bei der Ermittlung der Einkünfte berücksichtigen, da eine Zusammenveranlagung bei beschränkter Steuerpflicht nicht möglich ist.
Der Sparer-Pauschbetrag darf max. i.H.d. nach Verlustverrechnung nach § 20 Abs. 6 EStG verbleibenden positiven Einkünfte aus Kapitalvermögen abgezogen werden (§ 20 Abs. 9 Satz 4 EStG). D.h., er mindert die positive Summe der Einkünfte aus Kapitalvermögen auf max. 0 €.
Das Werbungskostenabzugsverbot greift nicht
bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns nach § 20 Abs. 2 EStG. In diesem Fall können die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehenden Aufwendungen abgezogen werden (§ 20 Abs. 4 Satz 1 EStG). Darunter fallen insbesondere die mit einer Veräußerung verbundenen Transaktionskosten.
in den Fällen des § 20 Abs. 8 EStG (Subsidiaritätsklausel), wenn die Kapitalerträge anderen Einkunftsarten zuzuordnen sind. Handelt es sich beispielsweise um Anteile im Betriebsvermögen, unterliegen die Erträge aus den Anteilen dem Teileinkünfteverfahren. Kosten im Zusammenhang mit der Beteiligung sind zu 60 % abzugsfähig (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG).
in den Fällen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 und 3 EStG.
bei Aufwendungen, die auf der Ebene von Investmentfonds anfallen (§ 3 Abs. 3 InvStG).
Im Rahmen der Überprüfung des Steuereinbehalts (§ 32d Abs. 4 EStG) oder der Günstigerprüfung (§ 32d Abs. 6 EStG) ist eine Geltendmachung der Werbungskosten ebenfalls nicht möglich.
Auch kommt ein Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten nicht in Betracht, wenn der individuelle Steuersatz unter 25 % liegt (BFH vom 28.1.2015, VIII R 13/13, BStBl II 2015, 393).
Werbungskosten können im Zusammenhang stehen sowohl mit Kapitaleinkünften, die der Abgeltungsteuer unterliegen, als auch mit Einnahmen, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen (s. 4.6 »Unternehmerische Beteiligung«).
In diesen Fällen sind Werbungskosten vorrangig der Kapitalanlage zuzuordnen, die die Werbungskosten veranlasst hat. Ist eine unmittelbare Zuordnung von Werbungskosten zu einer bestimmten Kapitalanlage nicht möglich (z.B. Depotgebühren, Kosten der Erträgnisaufstellung, Vermögensverwaltungsdienstleistungen), ist eine Aufteilung der Werbungskosten vorzunehmen. Dazu sind die Kapitalanlagen den Gruppen »Kapitalanlagen Abgeltungsteuer« und »Kapitalanlagen TEV« zuzuordnen. Die Werbungskosten, welche nicht unmittelbar einer bestimmten Kapitalanlage zugeordnet werden können, können dann nach der vertraglich zugrunde liegenden Gebührenordnung den beiden Gruppen zugeordnet werden. Ist auch dies nicht möglich ist, kann eine Zuordnung durch eine sachgerechte Schätzung erfolgen (BMF vom 11.2.2002, BStBl I 2010, 647).
Ist bei einem Stpfl. der individuelle Steuersatz niedriger als 25 %, kann er auf Antrag seine Kapitaleinkünfte im »normalen« Veranlagungsverfahren besteuern lassen (sog. Günstigerprüfung). Auch in diesem Fall ist ein Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten nicht möglich. Es wird jedoch der Sparer-Pauschbetrag abgezogen (§ 32d Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 9 EStG).
Wird ein Antrag auf Günstigerprüfung gestellt, prüft die Finanzbehörde von Amts wegen, welche Form der Besteuerung (Abgeltungsteuer oder individuelle Besteuerung) für die Kapitalerträge günstiger ist. Kommt sie dabei zu dem Ergebnis, dass eine Veranlagung für den Steuerpflichtigen ungünstiger ist, weil z.B. sein individueller Steuersatz mehr als 25 % beträgt, so gilt der Antrag als nicht gestellt. Bei der Günstigerprüfung wird nicht auf die festgesetzte Einkommensteuer, sondern auf die gesamte Steuerbelastung einschließlich Zuschlagsteuern (z.B. Solidaritätszuschlag) abgestellt.
Der Antrag auf Günstigerprüfung kann nur für sämtliche Kapitalerträge in einem VZ gestellt werden. Daher müssen für die Durchführung der Günstigerprüfung sämtliche Kapitelerträge in der Steuererklärung angegeben werden. Entsprechende Steuerbescheinigungen sind auf Anforderung der Finanzverwaltung ggf. nachzureichen. Im Fall der Zusammenveranlagung muss der Antrag von den Ehegatten/Lebenspartnern einheitlich gestellt werden (BMF vom 19.5.2022, BStBl I 2022, 742, Rz. 149).
Der Antrag auf Günstigerprüfung kann bis zur Unanfechtbarkeit des betreffenden Einkommensteuerbescheids gestellt werden bzw. solange eine Änderung nach den Vorschriften der AO oder den Einzelsteuergesetzen möglich ist (BMF vom 19.5.2022, BStBl I 2022, 742, Rz. 149; BFH vom 12.5.2015, VIII R 14/13, BStBl II 2015, 806).
Der (Abgeltungs-)Steuersatz von 25 % (Grenzsteuersatz) wird nach augenblicklichem Einkommensteuertarif bei einem Einkommen von rund 20 000 € (40 000 € bei Zusammenveranlagung) erreicht. Entsprechend führt nur bei zu versteuernden Einkommen, die unter dieser Grenze liegen, eine Antragsveranlagung zu einer steuerlichen Entlastung.
Verfahrenstechnisch wird im Falle einer Günstigerstellung durch das Veranlagungsverfahren die einbehaltene Kapitalertragsteuer auf die festzusetzende ESt angerechnet, so dass i.d.R. eine Einkommensteuererstattung eintritt. Die Berücksichtigung nicht ausgeglichener Verluste nach § 43a Abs. 3 EStG kann dabei nur erfolgen, soweit darüber die Bescheinigung nach § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG vorgelegt wird. Bei Einbeziehung der Kapitalerträge in die Veranlagung ist eine Verrechnung von Verlusten aus anderen Einkunftsarten mit positiven Kapitalerträgen möglich (BMF vom 19.5.2022, BStBl I 2022, 742, Rz. 146). Der Altersentlastungsbetrag wird ebenfalls gewährt. Ausländische Quellensteuer wird hierbei maximal bis zur Höhe der auf die Kapitalerträge entfallenden tariflichen Einkommensteuer angerechnet. Bei Ansatz der tariflichen Einkommensteuer ist die Kirchensteuer auf Kapitalerträge als Sonderausgabe abzugsfähig (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG).
Dividendeneinnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG unterliegen auf Antrag nicht der Abgeltungsteuer, wenn der Stpfl. in dem VZ, in dem der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar zu
mindestens 25 % an der Körperschaft beteiligt ist oder
mindestens 1 % an der Körperschaft beteiligt ist und für die KapGes beruflich tätig ist (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG).
Wird für eine Beteiligung ein wirksamer Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG gestellt (Option auf Veranlagung), unterliegen die aus der Beteiligung (nur diese!) erzielten Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht mehr der Abgeltungsteuer. Vielmehr werden die entsprechenden Kapitaleinkünfte nun im Rahmen des Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Buchst. d EStG) bei der Einkommensteuer erfasst. Der Antrag ist für die jeweilige Beteiligung zu stellen und kann für diese nur einheitlich ausgeübt werden. Eine bestimmte Form des Antrags ist nicht vorgesehen. Auch können bei einem wirksamen Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG die tatsächlich entstandenen Werbungskosten im Rahmen des § 3c Abs. 2 EStG zu 60 % steuerwirksam abgezogen werden (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG).
Der Antrag gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die vier folgenden Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind. Ein Widerruf des Antrags ist bis zur Bestandskraft des ESt-Bescheids möglich.
Für die Berechnung der Höhe der Beteiligung ist es ausreichend, dass die notwendige Beteiligungsquote zu irgendeinem Zeitpunkt im VZ, für den der Antrag gestellt wird, vorliegt.
Wird die erforderliche Beteiligungsquote in einem der nachfolgenden VZ nicht mehr erreicht, entfällt die Option automatisch (BMF vom 19.5.2022, BStBl I 2022, 742, Rz. 139).
Eine Option nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG ist auch dann möglich, wenn in dem jeweiligen VZ keine Erträge erzielt werden. Die Option kann also auch dazu dienen, die tatsächlich entstandenen Werbungskosten im Zusammenhang mit einer Beteiligung zu 60 % im Rahmen der Veranlagung zu berücksichtigen (BMF vom 19.5.2022, BStBl I 2022, 742, Rz. 143).
Eine berufliche Tätigkeit kann sowohl mit einer selbstständigen als auch einer nichtselbstständigen Tätigkeit ausgeübt werden. Während es bis einschl. 2016 auf die Art der beruflichen Tätigkeit nicht ankam, muss die berufliche Tätigkeit (ab VZ 2017) einen maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf die unternehmerische Tätigkeit der Gesellschaft haben (z.B. Tätigkeit als Geschäftsführer, Abteilungsleiter etc.).
Beispiel:
A (alleinstehend, konfessionslos) besitzt 5 % der Aktien der B-AG und ist dort als Geschäftsführer beschäftigt. Aus einer Gewinnausschüttung der B-AG hat er Dividendeneinkünfte von 50 000 €. Den Erwerb der Aktien hat A fremdfinanziert. Im Jahr der Dividendenausschüttung fallen Darlehenszinsen von 15 000 € an. Der individuelle Einkommensteuersatz bei Veranlagung beträgt (angenommen) 35 %.
Lösung:
Abgeltungsteuer |
Veranlagungsverfahren |
|
Dividendeneinnahmen |
50 000 € |
|
(TEV: 50 000 € × 60 %) |
30 000 € |
|
./. WK/Sparer-Pauschbetrag |
1 000 € |
|
(15 000 € × 60 %) |
9 000 € |
|
Dividendeneinkünfte |
49 000 € |
21 000 € |
Abgeltungsteuer + SolZ (26,38 %) |
12 926 € |
|
individueller Steuersatz + SolZ (36,925 %) |
7 754 € |
Sofern die Dividendeneinkünfte bereits mit Kapitalertragsteuer belastet wurden, ist die Kapitalertragsteuer bei der Veranlagung auf die festgesetzte ESt anzurechnen.
Der aus der Veräußerung von Aktien des Privatmögens, die nicht nach § 17 EStG steuerverstrickt sind, erzielte Gewinn zählt ebenfalls zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG, die der Abgeltungsteuer unterliegen (§§ 32d; 43 Abs. 5 EStG).
Ist ein Stpfl. zu mindestens 1 % an einer KapGes beteiligt, führt eine Veräußerung zu einem nach § 17 EStG stpfl. Vorgang, der dem Teileinkünfteverfahren unterliegt (§ 17 Abs. 1 EStG).
Bis einschl. 2008 unterlag die Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an einer KapGes, an der die Beteiligung < 1 % beträgt, nur im Rahmen der einjährigen Spekulationsfrist des § 23 EStG der Besteuerung. Die Veräußerung von Anteilen < 1 %, die vor dem 1.1.2009 angeschafft wurden und nach Ablauf der Spekulationsfrist des § 23 EStG veräußert werden, unterliegen auch weiterhin nicht der Besteuerung (Bestandsschutz für Altanteile; § 52 Abs. 28 Satz 11 EStG).
Für nicht nach § 17 EStG steuerverstrickte Anteile, die erst nach dem 31.12.2008 erworben wurden, werden Veräußerungen von § 20 Abs. 2 EStG erfasst. § 20 Abs. 2 EStG geht dabei § 23 EStG vor (§ 23 Abs. 2 EStG).
§ 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG erfasst sowohl die Veräußerung von Anteilen an in- und ausländischen Körperschaften, GmbH und Genossenschaftsanteilen als auch den Gewinn aus der Veräußerung von Genussrechten an diesen Körperschaften, ähnlichen Beteiligungen und Anwartschaften. Bei ausländischen Beteiligungen ist ggf. ein Rechtstypenvergleich vorzunehmen.
Der Gewinn/Verlust aus einem Veräußerungsgeschäft mit einer Beteiligung an einer KapGes ermittelt sich durch die Gegenüberstellung der Veräußerungserlösen und den Anschaffungskosten der veräußerten Aktien sowie den mit der Veräußerung im Zusammenhang stehenden Kosten (§ 20 Abs. 3 Satz 1 EStG). Bei Fremdwährungsgeschäften sind dabei die Einnahmen im Zeitpunkt der Veräußerung und die Anschaffungskosten im Zeitpunkt der Anschaffung umzurechnen.
An Veräußerungseinnahmen sind alle erhaltenen Gegenleistungen für die Hingabe der Anteile in Geld oder Geldeswert zu erfassen. Stundungszinsen für eine Stundung der Kaufpreisforderung gehören nicht dazu. Diese sind vielmehr § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zuzuordnen.
Die Anschaffungskosten entsprechen begrifflich den §§ 255 Abs. 1 HGB und § 6 EStG. Demnach sind die AK diejenigen Kosten, die erforderlich sind, um die einzelne Kapitalanlage aus fremder in die eigene wirtschaftliche Verfügungsbefugnis zu übertragen. Neben dem Kaufpreis können hierunter Maklergebühren, Notargebühren, Beratungskosten und Zeitungsanzeigen fallen, soweit sie für den Erwerb der Kapitalanlage nötig waren.
Folgende Besonderheiten sind zu beachten bei einer
verdeckten Einlage (§ 20 Abs. 4 Satz 2 EStG):
Bei einer verdeckten Einlage tritt an die Stelle der Einnahmen aus der Veräußerung der gemeine Wert der eingelegten Beteiligung. Der Gewinn ist im Jahr der verdeckten Einlage zu erfassen.
Entnahme/Betriebsaufgabe (§ 20 Abs. 4 Satz 3 EStG):
Wird eine Beteiligung im Rahmen einer Entnahme oder Betriebsaufgabe aus einem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt, tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der Entnahme/Aufgabewert.
Ein Tausch von Anteilen, ist ebenfalls ein stpfl. Veräußerungsvorgang nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG (BFH vom 7.7.1992, BStBl II 1993, 331). Allerdings sind hierbei die Ausnahmen des § 20 Abs. 4a EStG zu beachten.
Eine Veräußerung nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG ist weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig (BFH vom 12.6.2018, VIII R 32/16, BStBl II 2019, 221). Jedoch ist bei der Veräußerung von wertlosen Wirtschaftsgütern die Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG zu beachten. Von einer Veräußerung eines wertlosen Wirtschaftsguts ist regelmäßig dann auszugehen, wenn der Veräußerungspreis die tatsächlichen Transaktionskosten nicht übersteigt (BMF vom 19.5.2022, BStBl I 2022, 742, Rz. 59). So liegt auch dann eine entgeltliche Übertragung vor, wenn wertlose Anteile ohne Gegenleistung zwischen fremden Dritten übertragen werden (BFH vom 17.11.2020, VIII R 20/18, BStBl II 2021, 378).
Ohne Bedeutung ist, ob die Veräußerung freiwillig oder unter wirtschaftlichem Zwang erfolgt. Werden oder sind bei einer Gesellschaftsübernahme die verbliebenen Minderheitsgesellschafter rechtlich oder wirtschaftlich gezwungen, ihre Anteile an den Übernehmenden zu übertragen, liegt vorbehaltlich des § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG eine Veräußerung der Anteile an den Übernehmenden vor. Wird die Gegenleistung nicht in Geld geleistet (z.B. Lieferung eigener Aktien des Übernehmenden), ist als Veräußerungspreis der gemeine Wert der erhaltenen Wirtschaftsgüter anzusetzen.
Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden (§ 20 Abs. 6 Satz 1 EStG).
Das hat zur Folge, dass Verluste (ohne Verluste aus der Veräußerung von Aktien!) aus Kapitalvermögen zunächst mit positiven Kapitalerträgen des laufenden Jahres zu verrechnen sind.
Der »allgemeine« Verlustverrechnungstopf umfasst:
Zinserträge,
Dividenden,
Gewinne aus Beteiligungsverkäufen (positiver Saldo des besonderen Verlustverrechnungstopfes),
negative Stückzinsen,
negative Zwischengewinne,
Veräußerungsverluste (ohne Aktien) sowie
ausländische Quellensteuer.
Von dem horizontalen Verlustausgleich innerhalb des § 20 EStG sind allerdings Veräußerungsverluste aus Aktien ausgeschlossen (§ 20 Abs. 6 Satz 4 EStG). Diese können nur mit Veräußerungsgewinnen aus Aktien (Anschaffung nach dem 31.12.2008) verrechnet werden. Sie werden in einem besonderen Verlustverrechnungstopf geführt. Ergibt sich daraus ein positiver Saldo, so kann dieser in den allgemeinen Verlustverrechnungstopf übertragen und dort mit etwaigen (anderen) verbleibenden Verlusten verrechnet werden.
Daneben können Verluste aus Termingeschäften, insbes. aus dem Verfall von Optionen und Glattstellungsgeschäften, nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Einkünften aus Stillhalterprämien ausgeglichen werden, soweit die Verluste nach dem 31.12.2020 entstanden sind. Die Verlustverrechnung ist beschränkt auf 20 000 €. Nicht verrechnete Verluste können auf die Folgejahre vorgetragen werden und jeweils i.H.v. 20 000 € mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Einkünften aus Stillhalterprämien verrechnet werden, wenn nach der unterjährigen Verlustverrechnung ein verrechenbarer Gewinn verbleibt (§ 20 Abs. 6 Satz 5 EStG).
Verluste aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung, aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter i.S.d. § 20 Abs. 1 EStG, aus der Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter i.S.d. § 20 Abs. 1 EStG auf einen Dritten oder aus einem sonstigen Ausfall von Wirtschaftsgütern i.S.d. § 20 Abs. 1 EStG (im Folgenden: Verluste i.S.d. § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG) können nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 20 000 € ausgeglichen werden. Dies gilt auch für die Ausbuchung wertloser Aktien. § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG findet insoweit keine Anwendung (§ 20 Abs. 6 Satz 6 EStG; BMF vom 19.5.2022, Rz. 118).
Ein Verlustausgleich nach § 20 Abs. 6 Satz 5 und 6 EStG findet nur im Rahmen der Veranlagung statt.
In der Praxis erfolgt ein unterjähriger Verlustausgleich unmittelbar durch die auszahlende Stelle (i.d.R. die Bank, bei der das Depot geführt wird). Unter Berücksichtigung des § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG werden die im Kj. erzielten negativen Kapitalerträge bis zur Höhe der positiven Kapitalerträge ausgeglichen. Ein nach erfolgter Saldierung verbleibender Verlust wird auf das nächste Kj. übertragen und kann mit zukünftigen Erträgen verrechnet werden. Ein besonderes Verlustfeststellungsverfahren ist in diesem Fall nicht erforderlich.
Auf Antrag des Stpfl. wird jedoch durch die auszahlende Stelle unter Nullstellung des allgemeinen Verlustverrechnungstopfes eine Verlustbescheinigung ausgestellt (§ 43a Abs. 3 Satz 4 EStG). Dann können die Verluste im Wege der Veranlagung geltend gemacht werden (Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG erforderlich!), um beispielsweise institutsübergreifende Verluste zwischen mehreren Depots bei unterschiedlichen auszahlenden Stellen auszugleichen. Der unwiderrufliche Antrag auf Ausstellung einer Verlustbescheinigung muss der Stpfl. bis zum 15.12. des laufenden Jahres stellen.
Verbleibt auch nach dem Verlustausgleich im Rahmen der Veranlagung noch ein Verlust, wird dieser gesondert festgestellt und kann mit entsprechenden positiven Erträgen der Folgejahre verrechnet werden.
Nach § 20 Abs. 6 EStG ergibt sich für die Durchführung einer Verlustverrechnung in den Verlustverrechnungskreisen in der Veranlagung folgende Reihenfolge:
Aktienveräußerungsgewinne/-verluste i.S.d. § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG aus dem aktuellen Jahr dürfen nur mit Aktienveräußerungsgewinnen verrechnet werden.
Gewinne/Verluste aus Termingeschäften aus dem aktuellen Jahr (die nach dem 31.12.2020 entstanden sind) dürfen bis zur Höhe von 20 000 € und nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und Einkünften aus Stillhalterprämien verrechnet werden.
Verluste i.S.d. § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG aus dem aktuellen Jahr (die nach dem 31.12.2019 entstanden sind) dürfen bis zur Höhe von 20 000 € mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden.
Sonstige negative Einkünfte aus dem aktuellen Jahr i.S.d. § 20 EStG dürfen mit positiven Einkünften i.S.d. § 20 EStG verrechnet werden.
Verlustvorträge i.S.d. § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG aus Aktienveräußerungen i.S.d. § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG dürfen nur mit nach Verrechnung gem. Ziffer 1, 3 und 4 verbleibenden Aktienveräußerungsgewinnen verrechnet werden.
Verlustvorträge i.S.d. § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG aus Termingeschäften i.S.d. § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG (die nach dem 31.12.2020 entstanden sind) dürfen nur mit nach Verrechnung gem. Ziffer 2 bis 4 verbleibenden Gewinnen aus Termingeschäften und mit Einkünften aus Stillhalterprämien nur bis zur Höhe von 20 000 € verrechnet werden.
Verlustvorträge i.S.d. § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG aus Verlusten i.S.d. § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG (die nach dem 31.12.2019 entstanden sind) dürfen nur mit nach Verrechnung gem. Ziffer 1 bis 6 verbleibenden Einkünften aus Kapitalvermögen und nur bis zur Höhe von 20 000 € verrechnet werden.
Sonstige Verlustvorträge i.S.d. § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG dürfen mit positiven Einkünften nach Verrechnung gem. Ziffer 1 bis 7 i.S.d. § 20 EStG verrechnet werden.
Die Verlustverrechnung kann nicht auf Teilbeträge beschränkt werden (BMF vom 19.5.2022, Rz. 118).
Werden Aktien in einem Betriebsvermögen einer natürlichen Person, einer Personenhandelsgesellschaft oder einer Körperschaft gehalten, sind die daraus erzielten Einkünfte nach § 20 Abs. 1, 2 und 3 EStG den gewerblichen oder freiberuflichen Einkünften zuzurechnen (§ 20 Abs. 8 EStG). Insbes. greift in diesen Fällen nicht mehr die Abgeltungsteuer (§ 32d Abs. 1 EStG). Auch entfallen die Beschränkungen hinsichtlich des Werbungskostenabzugs (§ 20 Abs. 9 EStG). Der Abzug eines Sparer-Pauschbetrags ist in Fällen des § 20 Abs. 8 EStG nicht möglich.
Bei einer natürlichen Person unterliegen die aus einer Beteiligung erzielten Einnahmen und Ausgaben (Dividenden, Veräußerungen, Wertveränderungen etc.) dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG), bei einer Körperschaft den Regelungen des § 8b KStG.
Für Zwecke der Gewerbesteuer ist bei einer Dividende eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG (Streubesitzanteile) bzw. eine Kürzung bei Inlandsbeteiligungen nach § 9 Nr. 2a GewStG (Schachtelprivileg) oder bei Auslandsbeteiligungen nach § 9 Nr. 7 und 8 GewStG zu prüfen.
Ausschüttungen, für die das steuerliche Einlagekonto als verwendet gilt, führen zu einer Minderung der Anschaffungskosten. Werden die Anschaffungskosten unterschritten, führt dies nicht zu einem negativen Buchwert, sondern zu entsprechenden Veräußerungsgewinnen, die unter das Teileinkünfteverfahren bzw. die Regelung des § 8b KStG fallen.
Viele Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern unentgeltlich oder verbilligt Aktien im Rahmen von Optionsprogrammen an, um damit eine langfristige Bindung an das Unternehmen und eine Beteiligung an der Steigerung des Unternehmenswerts zu erreichen.
Ein mit dem Bezug von Aktien verbundener Vorteil zählt zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit (§ 19 EStG), wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis des ArbN veranlasst sind und »für« eine Beschäftigung gewährt wird. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des ArbN erweist. Kein Arbeitslohn liegt vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen ArbN und ArbG gewährt wird (BFH vom 21.5.2014 I R 42/12, 119, BStBl II 2015, 4 m.w.N.). Dem ArbN entstandene Vorteile sind durch eigenständige, vom Arbeitsverhältnis unabhängige Sonderrechtsbeziehungen veranlasst, wenn ihnen andere Erwerbsgrundlagen als die Nutzung der eigenen Arbeitskraft des ArbN zugrunde liegen. Solche Rechtsbeziehungen zeigen ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit insbes. dadurch, dass sie auch selbstständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen könnten (BFH vom 4.10.2016, IX R 43/15, BFH/NV 2017, 354 m.w.N.).
Ob eine Zuwendung des ArbG an den ArbN durch das Dienstverhältnis veranlasst ist und zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit führt oder ob sie aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung zwischen ArbG und ArbN einer anderen Einkunftsart oder dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG (BFH vom 19.6.2008, VI R 4/05, BStBl II 2008, 826).
Mit einer Aktienoption räumt ein Unternehmen seinen Beschäftigten das Recht ein, sich zu einem bestimmten (verbilligten) Übernahmepreis an seinem Unternehmen zu beteiligen. Dieses Recht kann regelmäßig erst zu einem späteren Zeitpunkt durch den ArbN ausgeübt und die Beteiligungen damit verbilligt bezogen werden (»Stock Options«). Mitunter wird auch das Recht eingeräumt, dass der ArbN das Optionsrecht selbst veräußern darf, ohne vorher die Beteiligung am Unternehmen erworben zu haben.
Allein die Einräumung des Rechts, zu einem späteren Zeitpunkt Aktien verbilligt zu erwerben, führt noch nicht zu einem Lohnzufluss. Dieser tritt regelmäßig erst mit der Ausübung der Option zum verbilligten Erwerb der Aktien ein. Daher führt sowohl bei handelbaren als auch bei nicht handelbaren Aktienoptionen grds. erst die tatsächliche Ausübung (»exercise«) der Aktienoption zum Zufluss eines geldwerten Vorteils (BFH vom 24.1.2001, BStBl II 2001, 509; vom 20.11.2008, BStBl II 2009, 382). Dabei fließt einem ArbN ein Vorteil aus einer Optionsgewährung nicht nur dadurch zu, dass er die Optionsrechte ausübt, sondern auch dadurch, dass der ArbN die Optionsrechte anderweitig verwertet. Eine solche anderweitige Verwertung liegt regelmäßig vor, wenn der ArbN über das Recht verfügt, beispielsweise wenn der ArbN auf ein ihm zugewandtes Aktienankaufsrecht gegen Entgelt verzichtet.
Für Arbeitslohn nach § 19 EStG, der auf ein Aktienoptionsprogramm zurückzuführen ist, findet das Teileinkünfteverfahren keine Anwendung (BFH vom 20.12.2006, VI B 21/06, BFH/NV 2007, 698).
Der geldwerte Vorteil bei Ausübung einer Aktienoption errechnet sich in der Regel aus der Differenz zwischen dem Kurswert der Aktien am Zuflusszeitpunkt (§ 11 Abs. 1 BewG) und dem vom ArbN geleisteten Übernahmepreis bzw. den Erwerbsaufwendungen (BFH 24.1.2001, BStBl II 2001, 509; BMF vom 12.11.2014, IV B 2 – S 1300/08/10027, BStBl I 2014, 1467).
Wenn die Laufzeit zwischen Einräumung und Ausübung einer Aktienoption mehr als 12 Monate beträgt hat und der ArbN in dem Zeitraum weiterhin bei dem ArbG beschäftigt war, sind die sich aus der Einlösung einer Aktienoption ergebenden steuerbaren Vorteile als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit i.S.d. § 34 Abs. 3 EStG zu berücksichtigen (BFH vom 19.12.2006, VI R 24/01, BFH/NV 2007, 881; vom 15.3.2007, VI R 3/03, BFH/NV 2007, 1301).
Der Vorteil eines ArbN aus einer unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, b und f bis l 5. VermBG kann nach § 3 Nr. 39 EStG steuerfrei gestellt werden, wenn der Vorteil insgesamt 1 440 € (= Freibetrag) im Kj. (bis 2020; 340 €) nicht übersteigt und die Möglichkeit einer Beteiligung allen ArbN offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen bei dem Unternehmen beschäftigt sind. Zwar sind Aktienoptionen keine Vermögensbeteiligungen i.S.d. 5. VermBG, jedoch kann sich z.B. nach Ausübung einer Aktienoption und dem darauffolgenden vergünstigten Bezug von Aktien ein nach § 3 Nr. 39 EStG steuerlich begünstigter Tatbestand ergeben. Sogenannte virtuelle Beteiligungen, also schlichte schuldrechtliche Bonusversprechen des ArbG, fallen nicht unter die Regelung für begünstige Vermögensbeteiligungen (BMF vom 16.11.2021, IV C 5 – S 2347/21/10001 :006, BStBl I 2021, 2308, Rz. 4). Begünstigt sind nur Vermögensbeteiligungen »am Unternehmen des Arbeitgebers«. Unternehmen, die demselben Konzern i.S.d. § 18 AktG angehören, sind dabei dem Unternehmen des ArbG i.S.d. § 3 Nr. 39 Satz 1 EStG zuzurechnen (§ 3 Nr. 39 Satz 3 EStG).
Zusätzlich können die Mitarbeiter von kleineren und mittleren Unternehmen (insbes. Start-ups) die Besteuerung der steuerbaren Vorteile im Zusammenhang mit dem unentgeltlichen oder verbilligten Bezug von Aktien, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn übertragen werden, in die Zukunft verschieben (§ 19a EStG).
Begünstigt sind dabei nur Unternehmen, deren Gründung im Zeitpunkt der Übertragung nicht mehr als 12 Jahre zurückliegt und die die folgenden Schwellenwerte nicht überschreiten bzw. im vorangegangenen Kj. nicht überschritten haben:
weniger als 250 Mitarbeiter und
Jahresumsatz von max. 50 Mio. € oder
Jahresbilanzsumme von max. 43 Mio. € (§ 19a Abs. 3 EStG).
Anders als § 3 Nr. 39 EStG enthält § 19a EStG keine Konzernklausel. Daher gelten Vermögenbeteiligungen an anderen Unternehmen desselben Konzerns i.S.d. § 18 AktG nicht als begünstigte Vermögensbeteiligungen an dem Unternehmen des ArbG (§ 19a Abs. 1 Satz 1 EStG). § 19a EStG ist daher auf entsprechende Vermögensbeteiligungen nicht anwendbar (BMF vom 16.11.2021, BStBl I 2021, 2308, Rz. 34).
Eine vorläufige Nichtbesteuerung eines von § 19a EStG begünstigten Aktienbezugs kann nur mit Zustimmung des ArbN im Lohnsteuerabzugsverfahren erfolgen, eine Nachholung in der Einkommensteuerveranlagung ist ausgeschlossen (§ 19a Abs. 2 EStG).
Mit der vorläufigen Nichtbesteuerung eines Aktienbezugs wird vermieden, dass bereits im Zeitpunkt der Übertragung der Beteiligung auf einen Mitarbeiter Arbeitslohn zu versteuern ist.
Die Nachholung der Besteuerung eines nicht besteuerten Aktienbezug erfolgt
bei einer Veräußerung der Anteile (entgeltlich oder unentgeltlich),
nach 12 Jahren oder
bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 19a Abs. 4 Satz 1 EStG).
Sind seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung mindestens 3 Jahre vergangen, sind die zu besteuernden Vorteile nach der sog. Fünftelungsregelung ermäßigt zu besteuern (§ 19a Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 34 Abs. 1 und § 39b Abs. 3 Satz 9 und 10 EStG).
Bei der Ermittlung des Vorteils i.S.d. § 19a Abs. 1 Satz 1 EStG kann zusätzlich der Freibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG abzuziehen sein, wenn dafür die Voraussetzungen vorliegen (BMF vom 16.11.2021, BStBl I 2021, 2308, Rz. 35).
Ist im Zeitpunkt der Besteuerung der Wert der Anteile niedriger als der nach § 19a Abs. 1 EStG nicht besteuerte Wert der Anteile, unterliegt nur der zu diesem Zeitpunkt anzusetzende gemeine Wert der Vermögensbeteiligung abzüglich geleisteter Zuzahlungen der Besteuerung (§ 19a Abs. 4 Satz 4 EStG). In diesen Fällen gilt neben den geleisteten Zuzahlungen auch nur der tatsächlich besteuerte Vorteil als Anschaffungskosten i.S.d. §§ 17 und 20 EStG (§ 19a Abs. 4 Satz 5 EStG; BMF vom 16.11.2021, BStBl I 2021, 2308, Rz. 49).
§ 19a EStG ist erstmals anzuwenden auf Vermögensbeteiligungen, die nach dem 30.6.2021 übertragen werden. Der Steueraufschub gilt jedoch nicht bei der Sozialversicherung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV).
Die Bewertung von Aktien für Zwecke der Erbschaftsteuer erfolgt nach § 11 BewG (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 151 Abs. 1 Nr. 3 BewG).
Dabei sind Aktien, die am Bewertungsstichtag an der Börse gehandelt werden, mit dem niedrigsten am Stichtag notierten Kurs anzusetzen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 BewG). Liegt am Stichtag keine Notierung vor, ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgeblich (§ 11 Abs. 1 Satz 2 BewG).
Ist dies nicht möglich, ist der gemeine Wert zu ermitteln (§ 11 Abs. 2 BewG).
Mit dem Ansatz des niedrigsten am Stichtag notierten Kurswerts erfolgt eine typisierende Wertermittlung. Ein Abschlag vom Börsenkurs, z.B. wegen eines tatsächlich unter dem Börsenkurs liegenden gemeinen Wertes, ist grds. nicht zulässig. Abweichungen vom Kurswert können nur dann berücksichtigt werden, wenn der festgestellte Kurs nicht der wirklichen Geschäftslage des Verkehrs an der Börse entspricht, d.h. eine Streichung des festgestellten Kurses hätte erreicht werden können (BFH vom 1.10.2001, BFH/NV 2002, 319).
Werden Aktien in einem Bankdepot verwaltet, so wird i.d.R. der von der Bank anzuzeigende Kurswert vom FA übernommen (§ 33 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 1 ErbStDV/Muster 1).
Bei ausländischen Aktien ist, wenn ein Telefonkurs im inländischen Bankverkehr vorliegt, dieser maßgebend. Lässt sich der gemeine Wert nicht auf dieser Grundlage ermitteln, ist er möglichst aus den Kursen des Emissionslandes abzuleiten. Bei jungen Aktien und Vorzugsaktien, die (noch) nicht an der Börse eingeführt sind, ist der gemeine Wert aus dem Börsenkurs der Stammaktien abzuleiten (R B 11.1 Abs. 3 und 4 ErbStR 2019).
Preißer/von Rönn/Schultz-Aßberg, Unternehmensteuerreform 2008, Freiburg 2007; Korn, Ausgaben und Verluste bei Anteilen an Kapitalgesellschaften in Teileinkünfteverfahren und Abgeltungsteuer DStR 2009, 2509; Mertens/Karrenbrock, Die Abgeltungsteuer im Kontext des objektiven und subjektiven Nettoprinzips – Zugleich Anmerkungen zum Urteil des FG Baden-Württemberg vom 17.12.2012, 9 K 1637/10, DStR 2013, 950; Schäfer/Scholz, Offene Fragen und Gestaltungsmöglichkeiten bei der Abgeltungsteuer, DStR 2012, 1885; Bender/Bracksiek, Satzungsdurchbrechende Beschlüsse als Grundlage der steuerlichen Anerkennung inkongruenter Gewinnausschüttungen, DStR 2014, 121. Zur Bewertung von Aktien (und der verschiedenen Aktiengattungen): Rössler/Troll, Bewertungsgesetz, 11. A., § 11, Rn. 14 ff.; Preißer/Bressler, in: Preißer, Die Steuerberaterprüfung 2020, Bd. 1, 19. A., Teil A Kap. II 2., Stuttgart 2020; Wachter, Neues und Altes zum Nießbrauch an GmbH-Geschäftsanteilen, DB 2022, 2111.
→ Einkünfte aus Kapitalvermögen
→ Pauschbeträge bei Kapitaleinkünften
Redaktioneller Hinweis:
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