Anteilsbewertung

Stand: 16. Dezember 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Wird z.B. ein GmbH-Anteil übertragen, muss der Wert des Anteils ermittelt werden.
  • Je nach Vorgang und Ziel können unterschiedliche Bewertungsverfahren angewandt werden:
    • a) So wendet die Finanzverwaltung das sogenannte vereinfachte Ertragswertverfahren zur Wertermittlung an.
    • b) Für den Kauf/Verkauf sind in die Zukunft gerichtete betriebswirtschaftliche Bewertungsmethoden geeignet.
    • c) Investoren bewerten das gesamte Unternehmen im Due Diligence-Verfahren und leiten daraus den Wert des GmbH-Anteils ab.

Inhaltsverzeichnis

1 Vorbemerkungen
2 Bewertung mit dem Kurswert
3 Bewertung mit dem gemeinen Wert
4 Ableitung aus Verkäufen
5 Vereinfachtes Ertragswertverfahren
5.1 Allgemeines
5.2 Aufbau des Verfahrens
5.3 Ertragswert nach § 200 Abs. 1 BewG
5.4 Gesonderte Wertansätze nach § 200 Abs. 2–4 BewG
6 Substanzwert
7 Aufteilung des gemeinen Wertes
7.1 Anteile an Kapitalgesellschaften
7.2 Mitunternehmeranteile
8 Gesonderte Feststellung des Werts der Anteile
9 Verwandte Lexikonartikel

1. Vorbemerkungen

Die Bewertung von Anteilen wurde zuletzt mit Wirkung zum 1.1.2009 geändert. Die Änderungen führten zu einer rechtsformneutralen Ausgestaltung der Bewertung von Betriebsvermögen, Anteilen an einem Betriebsvermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften. Die Bewertung wird seither – unabhängig von der Vermögensart – am gemeinen Wert ausgerichtet und soll den Marktwert des Vermögens abbilden.

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Für Personenunternehmen (Einzelunternehmen, Personengesellschaften) erfolgt die Anbindung an den gemeinen Wert über §§ 157 Abs. 5, 109 BewG. Für das anzuwendende Bewertungsverfahren verweist § 109 BewG auf die Bewertungsverfahren für Anteile an Kapitalgesellschaften.

Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sind rechtsfähige PersGes (§ 705 Abs. 2 BGB, §§ 706 ff. BGB; z.B. Außen-GbR, eGbR, OHG, KG) auch nach Einführung des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen zu behandeln, § 2a ErbStG. Reine Innengesellschaften sind hiervon nicht betroffen, da diese nicht rechtsfähig sind (§§ 740, 740a BGB). Für die Bewertungsebene ergeben sich durch das Inkrafttreten des MoPeG keine Änderungen. Innerhalb des BewG erfolgten nur Klarstellungen (z.B. § 97 Abs. 2 BewG, § 153 Abs. 2 Satz 2 BewG). § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG verweist auf § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG und nicht auf konkrete Rechtsformen, erfasst werden hierüber ertragsteuerliche Mitunternehmerschaften.

Für Betriebsvermögen, Anteile an einem Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften erfolgt die Bewertung am Marktniveau, daher sind die anzuwenden Verschonungsregelungen wichtige Ergänzungen zur Bewertungsebene. Während bei Bewertung des Vermögens eine Ungleichbehandlung von verschiedenen Vermögensarten verfassungswidrig ist, kann der Gesetzgeber im Rahmen der Verschonung einzelne Vermögensteile besonders begünstigen. Die Verschonungsregelungen für Anteile sind in den §§ 13a ff. ErbStG geregelt. Zu beachten ist hierbei, dass für Anteile an Kapitalgesellschaften eine Beteiligungsquote von mehr als 25 % vorliegen muss, vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG. Diese Mindestbeteiligung gilt für Anteile an Personengesellschaften nicht, vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Bei Anteilen an Personengesellschaften reicht eine Mitunternehmerstellung aus.

In den weiteren Kapiteln wird ausschließlich die Bewertungsebene dargestellt. Sofern ErbStR angeführt werden, beziehen sich die Zitate auf die ErbStR 2019.

2. Bewertung mit dem Kurswert

Anteile einer Kapitalgesellschaft, die am Stichtag an einer inländischen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten Börsenkurs der Anteile am Bewertungsstichtag angesetzt, § 11 Abs. Satz 1 BewG. Der Kurswert kann nur für Aktien in Betracht kommen, nicht aber für GmbH-Anteile.

3. Bewertung mit dem gemeinen Wert

Anteile an Kapitalgesellschaften, für die ein Kurswert nach § 11 Abs. 1 BewG nicht existiert, sind gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Dieser ist nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG vorrangig aus Verkäufen abzuleiten, die ausgehend vom Besteuerungszeitpunkt weniger als ein Jahr zurückliegen. Ist eine Ableitung aus Verkäufen nicht möglich, ist der gemeine Wert zu schätzen. Hier sieht § 11 Abs. 2 BewG die folgenden Bewertungsverfahren vor:

  • Gutachten anhand der Ertragsaussichten des Unternehmens oder einer anderen branchenüblichen Bewertungsmethode,

  • vereinfachtes Ertragswertverfahren,

  • mindestens: Substanzwert.

Das vereinfachte Ertragswertverfahren (§§ 199 ff. BewG) ist nur zulässig, sofern der Betrieb auch im außersteuerlichen Bereich nach den Ertragsausschichten zu bewerten ist. Andernfalls kommt nur ein Wert laut Gutachten bzw. der Substanzwert in Betracht.

Für die Bewertung eines im Wege der Schenkung übertragenen Anteils an einer Kommanditgesellschaft, die einen genossenschaftlich gebundenen Lebensmittelmarkt betreibt, kann – abweichend vom vereinfachten Ertragswertverfahren – nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Alt. 3 BewG die Methode anzuwenden sein, die bei einem Kauf bzw. Verkauf des Unternehmens am Markt für genossenschaftlich geprägte Lebensmittelmärkte für die Ermittlung des Kaufpreises maßgeblich wäre (FG Rheinland-Pfalz vom 7.12.2023, 4 K 2006/20, juris).

Der Substanzwert ist als Mindestwert anzusetzen, wenn die Bewertung anhand eines Gutachtens oder nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren erfolgt. Bei der Ableitung aus Verkäufen ist der Mindestwert nicht zu prüfen, vgl. auch R B 11.5 Abs. 1 Satz 2 ErbStR.

4. Ableitung aus Verkäufen

Für die Ableitung des gemeinen Wertes aus Verkäufen dürfen ausschließlich Verkäufe unter fremden Dritten, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen sind, berücksichtigt werden. Unbeachtlich sind damit Verkäufe innerhalb der Familie und Notverkäufe. Die Verkäufe müssen vor dem Bewertungsstichtag stattgefunden haben und zwar innerhalb eines Jahres vor dem Bewertungsstichtag. Damit sind Verkäufe, die durch die Erben stattfinden unbeachtlich.

Im Ausnahmefall kann auch ein einzelner Verkauf zur Ableitung herangezogen werden, R B 11.2 Abs. 1 Satz 3 ErbStR.

Zu beachten ist, dass ein im Kaufpreis enthaltener Zuschlag für die Beteiligungshöhe herauszurechnen ist (R B 11.2 Abs. 1 Satz 7 ErbStR). Andererseits ist ein sog. Paketzuschlag zu berücksichtigen, wenn der Kaufpreis den Beteiligungscharakter des zu bewertenden Anteils nicht berücksichtigt. Einzelheiten zum Paketzuschlag enthält R B 11.8 ErbStR. Allgemein ist ein Zuschlag bei einem Anteil von mehr als 25 % vorzunehmen, R B 11.8 Abs. 3 ErbStR.

5. Vereinfachtes Ertragswertverfahren

5.1. Allgemeines

Das vereinfachte Ertragswertverfahren wurde in das BewG aufgenommen (§ 11 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. §§ 199 ff. BewG) und ersetzt das bisher als Stuttgarter Verfahren bekannte Schätzungsverfahren aus den ErbStR. Das vereinfachte Ertragswertverfahren ist für alle Rechtsformen anwendbar. Voraussetzung ist, dass der gemeine Wert nach den Ertragsaussichten zu ermitteln ist und die Anwendung nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt (vgl. § 199 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BewG).

Die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahren ist nicht zwingend, das Verfahren kann angewendet werden, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Damit besteht ein Wahlrecht zwischen der Wertermittlung im Rahmen eines Gutachtens oder des vereinfachten Ertragswertverfahrens (vgl. auch R B 199.1 Abs. 1 ErbStR). Zu beachten ist jedoch, dass in beiden Fällen der Substanzwert als Mindestwert zum Tragen kommt, § 11 Abs. 2 Satz BewG.

Dieses Wahlrecht hat der BFH mit Urteil vom 2.12.2020 (II R 5/19, LEXinform 0952242) bestätigt. Im Entscheidungsfall ging es um die Bewertung eines Anteils an einer vermögensverwaltenden GmbH. Während das FA das vereinfachte Ertragswertverfahren anwendete, begehrte der Stpfl. im Einspruchsverfahren die Bewertung nach einem individuellen Gutachten unter Beachtung des IDW S 1. Die Vorschriften in Bezug auf das vereinfachte Ertragswertverfahren nach § 199 BewG gewähren allein dem Stpfl. ein Wahlrecht zur Anwendung dieser Methode. Entscheidet sich der Stpfl. gegen das vereinfachte Ertragswertverfahren durch Vorlage eines individuellen Gutachtens, können die §§ 199ff. BewG auch nicht zugrunde gelegt werden, so der BFH in der Urteilsbegründung. Auch sei der Steuerpflichtige, der eine Wertermittlung unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten (z.B. nach IDW S 1) vornehme, nicht verpflichtet, gesondert darzulegen, dass die von ihm gewählte Methode grds. gegenüber anderen anerkannten Bewertungsmethoden oder dem vereinfachten Ertragswertverfahren vorzugswürdig sei. Etwas anderes gilt nach der Klarstellung des BFH nur, wenn der Stpfl. umgekehrt den Anteilswert mittels einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode (z.B. vergleichsorientierte Methoden und Multiplikatorenmethoden) ermitteln will.

5.2. Aufbau des Verfahrens

§ 200 BewG enthält die einzelnen Bewertungsschritte:

  • Abs. 1 = Ertragswert des Unternehmens (Jahresertrag x Kapitalisierungsfaktor),

  • Abs. 2 = gemeiner Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens,

  • Abs. 3 = gemeiner Wert der betriebsnotwendigen Beteiligungen,

  • Abs. 4 = gemeiner Wert des jungen Betriebsvermögens.

Während der Ertragswert des Unternehmens gem. § 200 Abs. 1 BewG im Rahmen einer Gesamtbewertung ermittelt wird (Jahresertrag × Kapitalisierungsfaktor = Ertragswert), werden bestimmte Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens im Rahmen einer Einzelbewertung – gesondert – mit dem gemeinen Wert angesetzt.

5.3. Ertragswert nach § 200 Abs. 1 BewG

Der gemeine Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft bzw. Personengesellschaft wird im Rahmen der Gesamtbewertung nach § 200 Abs. 1 BewG ermittelt. Abgegolten sind hierdurch alle Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der Gesellschaft, die nicht ausdrücklich unter die Einzelbewertung nach den Absätzen 2 bis 4 fallen.

Der Ertragswert ist das Produkt aus dem nachhaltig erzielbaren Jahresertrag (§ 201 BewG) und dem Kapitalisierungsfaktor (§ 203 BewG).

Der nachhaltig erzielbare Jahresertrag basiert grds. auf den Betriebsergebnissen der letzten drei vor dem Stichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahre, § 201 Abs. 2 Satz 1 BewG. In Ausnahmefällen kann ein verkürzter Ermittlungszeitraum in Betracht kommen, vgl. hierzu § 201 Abs. 3 BewG.

Die Betriebsergebnisse sind auf Basis der Gewinne des Unternehmens (§ 4 Abs. 1 EStG oder auch § 4 Abs. 3 EStG) zu berechnen, § 202 Abs. 1 Satz 1 BewG.

Beispiel 1:

Der nach den Grundsätzen des BV-Vergleichs ermittelte Gewinn einer Kapitalgesellschaft beträgt 90 000 €. Im Wirtschaftsjahr wurden 20 000 € nicht abzugsfähige Betriebsausgaben als Aufwand gebucht (z.B. Gewerbesteuer, Geschenke, Bewirtungskosten). Die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben werden außerbilanziell hinzugerechnet.

Lösung 1:

Ausgangswert gem. § 202 Abs. 1 Satz 1 BewG ist der in der Bilanz ausgewiesene Gewinn von 90 000 €. Die außerbilanziellen Hinzurechnungen bleiben (gewinnmindernd) berücksichtigt. Maßgebend ist also der Saldo des steuerlichen G+V-Kontos.

Um eine möglichst objektive Bewertung zu erreichen, sind Hinzurechnungen (§ 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BewG), Kürzungen (§ 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BewG) sowie weitere Korrekturen (§ 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BewG) vorzunehmen.

Häufige Hinzurechnungen (Nr. 1):

  • Sonderabschreibungen,

  • Teilwertabschreibungen,

  • Zuführungen zu steuerfreien Rücklagen,

  • außerordentliche Aufwendungen,

  • Ertragsteueraufwand,

  • Aufwand im Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern, die nach § 200 Abs. 2 und Abs. 4 BewG gesondert anzusetzen sind.

Häufige Kürzungen (Nr. 2):

  • Auflösungen aus steuerfreien Rücklagen,

  • außerordentliche Erträge,

  • angemessener Unternehmerlohn (betrifft Personenunternehmen),

  • Ertragsteuererstattungen,

  • Erträge im Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern, die nach § 200 Abs. 2 bis Abs. 4 BewG gesondert anzusetzen sind.

Weitere Korrekturen (Nr. 3):

  • verdeckte Gewinnausschüttungen,

  • verdeckte Einlagen.

Fraglich ist, ob eine Kartellbuße unter § 202 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BewG fällt und als außerordentliche Aufwendungen dem Ausgangswert hinzuzurechnen ist. Sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass in einem absehbaren Zeitraum nach dem Bewertungsstichtag erneut Aufwendungen für ein Bußgeld im Zusammenhang mit einem Kartell anfallen, ist im Rahmen der Korrekturen der jeweiligen Betriebsergebnisse der Vergangenheit, welche die Grundlage bei der Ermittlung des nachhaltig zu erzielenden Jahresertrages im vereinfachten Ertragswertverfahren bilden, die in den Betriebsergebnissen enthaltenen Aufwendungen für eine Kartellbuße als außerordentliche Aufwendungen i.S.d. § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c BewG hinzuzurechnen (FG Münster vom 24.5.2023, 3 K 383/21, Revision anhängig unter BFH II R 17/23). Weder der Gesetzestext noch die Gesetzesbegründung enthalten eine Definition oder Konkretisierung dessen, was als außerordentliche Aufwendungen in diesem Sinne anzusehen ist. Der Bedeutungsgehalt des Begriffs ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Streitig war eine Rückstellung für eine Kartellbuße, die als außerordentliche Aufwendungen i.H.v. 4 Mio. € bzw. 5,9 Mio. € gebucht wurde. Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision zugelassen.

Beispiel 2:

Fortsetzung Beispiel 1.

Ausgangswert ist der steuerliche Gewinn i.H.v. 90 000 €. Gewerbesteueraufwand wurde i.H.v. 10 000 € als Aufwand gebucht. Weiterhin wurden Sonderabschreibungen i.H.v. 5 000 € als Aufwand gebucht. Aus dem Verkauf von Anlagegütern ist ein einmaliger Gewinn i.H.v. 4 000 € entstanden und als Ertrag erfasst worden.

Lösung 2:

Ausgangswert gem. § 202 Abs. 1 Satz 1 BewG ist der Gewinn von 90 000 €. Die als Aufwand gebuchte Gewerbesteuer wird gem. § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. e BewG hinzugerechnet. Die Sonderabschreibung ist ebenfalls hinzuzurechnen, § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a BewG. Zu kürzen ist der einmalige Gewinn aus der Veräußerung der Anlagegüter, § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b BewG.

Das vorläufige Betriebsergebnis beträgt nach den Hinzurechnungen und Kürzungen 101 000 €.

Die Belastung aus Ertragsteuer (KSt, GewSt) wird zunächst neutralisiert, weil bei positiven Betriebsergebnissen gem. § 202 Abs. 3 BewG ein pauschaler Abschlag für Ertragsteueraufwand von 30 % angesetzt wird. Durch diesen pauschalen Abschlag soll die Belastung mit KSt, GewSt, ESt, SoliZ abgegolten sein. Unabhängig von der tatsächlichen Steuerbelastung (z.B. unterschiedliche Hebesätze bei der GewSt oder auch fehlender Gewerbesteuerpflicht). Bei negativen Betriebsergebnissen wird – typisierend – kein Abzug für Ertragsteueraufwand angenommen. Einzelheiten zu den notwendigen Korrekturen enthält R B 202 Abs. 3 ErbStR.

Beispiel 3:

Fortsetzung Beispiel 2.

Das vorläufige Betriebsergebnis beträgt nach den Hinzurechnungen und Kürzungen 101 000 €. Weitere Korrekturen kommen nicht in Betracht. Wie hoch ist das Betriebsergebnis?

Lösung 3:

Ausgehend von einem positiven vorläufigen Betriebsergebnis in Höhe von 101 000 € ist ein pauschaler Abschlag in Höhe von 30 % für die Belastungen mit Ertragsteuern vorzunehmen (= 30 300 €). Das Betriebsergebnis beträgt somit 70 700 €.

Ohne eine Gewichtung einzelner Jahre vorzunehmen, ist der Durchschnitt der Betriebsergebnisse der Jahresertrag, § 201 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 BewG.

Beispiel 4:

Bewertungsstichtag ist der 1.4.2023. Das Betriebsergebnis des Wirtschaftsjahres 2022 beträgt 70 700 €, des Jahres 2021 50 000 € sowie des Jahres 2020 -10 000 €.

Lösung 4:

Der Durchschnitt der Betriebsergebnisse beträgt 36 900 €, § 201 Abs. 2 Satz 3 BewG. Eine besondere Gewichtung der einzelnen Jahre erfolgt nicht. Der Jahresertrag beträgt 36 900 €, § 201 Abs. 2 Satz 4 BewG.

Der Kapitalisierungsfaktor beträgt gem. § 203 Abs. 1 BewG 13,75.

Beispiel 5:

Bewertungsstichtag ist der 1.4.2023. Der Jahresertrag einer Kapitalgesellschaft beträgt 36 900 € (s. Beispiel 4). Wie hoch ist der Ertragswert nach § 200 Abs. 1 BewG?

Lösung 5:

Der Ertragswert der Kapitalgesellschaft beträgt 507 375 € (36 900 × 13,75). Hierdurch sind grds. alle Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft abgegolten (Gesamtbewertung). Zu beachten ist der gesonderte Ansatz von nicht betriebsnotwendigem Vermögen, Beteiligungen und jungem Vermögen (§ 200 Abs. 2–4 BewG, siehe unten 5.4).

Für Bewertungstichtage zwischen dem 1.1.2009 und 31.12.2015 ergab sich der Kapitalisierungsfaktor aus einem variablen Basiszins und einem Zuschlag von 4,5. Dies ergab in Zeiten niedriger Zinsen einen sehr hohen Kapitalisierungsfaktor (z.B. für Stichtage in 2015 = 18,2149). Mit der Anpassung des § 203 BewG sollte eine überhöhte Bewertung in Niedrigzinsphasen verhindert werden. § 203 Abs. 2 BewG enthält eine Ermächtigungsgrundlage zur Anpassung des Kapitalisierungsfaktors an die Entwicklung der Zinsstrukturdaten.

Anmerkung: Unterstellt, im Beispiel 5 wäre der Bewertungsstichtag im Jahr 2015, so würde der Ertragswert 672 129 € betragen. Aus dem variablen Basiszins von 0,99 % und dem festen Zuschlag von 4,5 % ergibt sich für 2015 ein Kapitalisierungsfaktor von 18,2149 (100/5,49).

5.4. Gesonderte Wertansätze nach § 200 Abs. 2–4 BewG

Bestimmte Wirtschaftsgüter sind durch den Gewinn und damit den Ertragswert nicht ausreichend abgebildet. Daher hat der Gesetzgeber die Ergänzung des Ertragswertes durch eine Einzelbewertung dieser Wirtschaftsgüter eingeführt. In den besonderen Fällen des § 200 Abs. 2 bis Abs. 4 BewG erfolgt für die dort genannten Fälle eine Einzelbewertung mit dem gemeinen Wert. Der Ertragswert nach § 200 Abs. 1 BewG ist um den gemeinen Wert dieser Einzelwirtschaftsgüter zu erhöhen.

Beispiel 6:

Bewertungsstichtag ist der 1.4.2023. Der Ertragswert der Kapitalgesellschaft beträgt 500 000 €. Die Kapitalgesellschaft ist Eigentümer eines fremd vermieteten Geschäftshauses. Der Grundbesitzwert dieses Grundstücks beträgt 250 000 €. Im Betriebsvermögen ist außerdem ein zu eigenbetrieblichen Zwecken genutztes Grundstück (gemeiner Wert 300 000 €) aktiviert. Schulden im Zusammenhang mit dem vermieteten Grundstück sind in Höhe von 50 000 € passiviert. Wie hoch ist der Wert im vereinfachten Ertragswertverfahren?

Lösung 6:

Das vermietete Grundstück zählt zum nicht betriebsnotwendigen Vermögen und ist gesondert anzusetzen, § 200 Abs. 2 BewG (= Ansatz gesondert festgestellter Grundbesitzwert, § 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG). Abzuziehen sind die damit im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten. Das eigengenutzte Grundstück der Kapitalgesellschaft ist durch den Ertragswert abgegolten, ein gesonderter Ansatz erfolgt nicht (eine Ausnahme wäre nur ein Fall des § 200 Abs. 4 BewG).

Der Wert im vereinfachten Ertragswertverfahren beträgt folglich 700 000 €.

Zu beachten ist hier, dass alle Aufwendungen (z.B. Gebäude-AfA, Schuldzinsen, Grundsteuer) sowie Erträge (z.B. Mieterträge) im Zusammenhang mit dem vermieteten Grundstück bei der Ermittlung des Betriebsergebnisses zu neutralisieren sind, vgl. § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. f sowie Nr. 2 Buchst. f BewG.

Weitere Fälle der Einzelbewertung sind alle Beteiligungen. Betriebsnotwendige Beteiligungen fallen unter § 200 Abs. 3 BewG, nicht betriebsnotwendige Beteiligungen sind bereits nach § 200 Abs. 2 BewG gesondert anzusetzen. Zu den Beteiligungen vgl. auch Ausführungen in R B 200 Abs. 3 ErbStR.

Auch sog. junges Betriebsvermögen ist gesondert anzusetzen. Hierunter fallen betriebsnotwendige Wirtschaftsgüter, die innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Bewertungsstichtag eingelegt worden sind und am Bewertungsstichtag noch im Betriebsvermögen vorhanden sind. Nicht erfasst werden hier neue Wirtschaftsgüter, die aus betrieblichen Mitteln angeschafft worden sind (durch Aktiv-Tausch oder auch Aktiv-Passiv-Tausch). Maßgebend sind also Einlagen (§ 4 Abs. 1 Satz 8 EStG) aus dem Privatvermögen des Unternehmers bzw. Gesellschafters. Bei KapGes können dies Wirtschaftsgüter aus verdeckten Einlagen sein.

Beispiel 7:

A ist Alleingesellschafter der A-GmbH und überträgt zum 1.1.2024 unentgeltlich ein unbebautes Grundstück aus seinem Privatvermögen auf die A-GmbH. Das Grundstück ist seit vielen Jahren in seinem Eigentum. Die Übertragung erfolgt nicht gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und wird bei der GmbH gegen Kapitalrücklage gebucht. Der Teilwert des Grundstücks beträgt 200 000 €.

Lösung 7:

Die Übertragung des Grundstücks ist als verdeckte Einlage i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG (R 8.9 Abs. 1 KStR) anzusehen. Die verdeckte Einlage ist gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. §§ 4 Abs. 1 Satz 8, 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit dem Teilwert zu bewerten (= 200 000 €). Im Falle einer Anteilsbewertung innerhalb von 2 Jahren ab dem 1.1.2024 fällt das Grundstück unter § 200 Abs. 4 BewG und ist gesondert mit dem Grundbesitzwert anzusetzen.

Beispiel 8:

B überträgt ihren KG-Anteil im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre Tochter. Bewertungsstichtag ist der 1.4.2024. B hatte im August 2022 einen Pkw aus dem Privatvermögen in das Gesamthandsvermögen eingelegt (dauerhafte Nutzungsänderung, eigenbetriebliche Nutzung durch die KG). Im Januar 2024 wurde der Pkw durch einen Unfall beschädigt. Aufgrund des Totalschadens wurde der Pkw noch im Januar 2024 verschrottet.

Lösung 8:

Die durch Nutzungsänderung liegt eine Einlage i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG vor, der Pkw zählt zum notwendigen Betriebsvermögen der KG. Da der Pkw am Bewertungsstichtag (1.4.2024) nicht mehr zum Betriebsvermögen der KG zählt, erfolgt keine gesonderte Bewertung. § 200 Abs. 4 BewG ist nicht anwendbar.

Im Beispiel 8 ist zu beachten, dass laut R B 200 Abs. 5 Satz 6 ErbStR ein Surrogat angesetzt werden müsste (z.B. Ersatz eines defekten WG durch ein Ersatzwirtschaftsgut).

6. Substanzwert

§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG sieht den Ansatz des Substanzwertes als Mindestwert vor. Die Mindestwertprüfung gilt insbes. bei der Bewertung im vereinfachten Ertragswertverfahren. Beim Substanzwert ist das Betriebsvermögen im Rahmen einer Einzelbewertung mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Dabei sind besondere Bewertungsverfahren, insbesondere für Betriebsgrundstücke, zu beachten. Betriebsgrundstücke sind mit dem maßgebenden Grundbesitzwert anzusetzen (§ 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG). Im Betriebsvermögen gehaltene Beteiligungen sind mit dem jeweiligen Anteilswert (§ 151 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 BewG) anzusetzen.

Die ErbStR enthalten Vereinfachungen zur Bewertung von beweglichem abnutzbaren Anlagevermögen sowie für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, vgl. hierzu R B 11.5 Abs. 7 und Abs. 8 ErbStR.

Zu beachten ist, dass handelsrechtlich gebotene Rückstellungen, für die steuerlich ein Passivierungsverbot besteht, abzugsfähig sind. Bewertungsrechtlich soll der Marktpreis des Betriebsvermögens abgebildet werden. Hierbei ist aus Sicht eines gedachten Käufers die Berücksichtigung handelsrechtlicher Rückstellungen zwangsläufig (vgl. auch R B 11.5 Abs. 3 Satz 3 ErbStR). Rücklagen sind hingegen keine abzugsfähigen Schuldpositionen, § 103 Abs. 3 BewG (insbes. Rücklage nach § 6b EStG).

Die Ermittlung des Substanzwertes erfolgt zum Bewertungsstichtag. In aller Regel stimmt der Bewertungsstichtag nicht mit dem Bilanzstichtag überein. Für diese Fälle enthält R B 11.6 ErbStR Vereinfachungen. In einer vereinfachten Berechnung darf der Substanzwert vom Ausgangswert am Bilanzstichtag abgeleitet werden (R B 11.6 Abs. 2 ErbStR). Diese Vereinfachung darf nicht zu unangemessenen Werten führen (R B 11.6 Abs. 2 Satz 1 ErbStR). Ausgehend vom Bilanzstichtag sind gem. R B 11.6 Abs. 3 Satz 2 ErbStR folgende Korrekturen vorzunehmen:

  • anteiliger Gewinn bis zum Bewertungsstichtag

    • zu korrigieren um

    • anteilige Abschreibungen für Betriebsgrundstücke

    • Erhaltungsaufwendungen für Betriebsgrundstücke

    • Veräußerungsgewinne von Anlagevermögen

  • verdeckte Einlagen,

  • Gewinnausschüttungen sowie

  • Kapitalerhöhungen bzw. Kapitalherabsetzungen.

Beispiel 9:

Bewertungsstichtag ist der 1.7.2023. Das Wj. der KapGes entspricht dem Kj. Der gemeine Wert des Betriebsvermögens beträgt am Bilanzstichtag 31.12.2022 5 000 000 €. Der laufende Gewinn des Wj. 2023 beträgt 1 000 000 €. Enthalten ist eine lineare Gebäudeabschreibung (12 000 €) und Erhaltungsaufwand im März 2023 i.H.v. 30 000 €.

Lösung 9:

Der Substanzwert kann aus Vereinfachungsgründen vom letzten Bilanzstichtag abgeleitet werden (R B 11.6 Abs. 3 ErbStR).

Ausgangswert 31.12.2022

5 000 000 €

Gewinn Wj. 2023

1 000 000 €

Gebäudeabschreibung 2023

12 000 €

Aufwand Grundbesitz 2023

30 000 €

Korrigierter Gewinn 2023

1 042 000 €

Hiervon 6/12

521 000 €

+ 521 000 €

Substanzwert 1.7.2023

5 521 000 €

Da der Erhaltungsaufwand im März 2023 angefallen ist, kann alternativ auch wie folgt gerechnet werden:

Ausgangswert 31.12.2022

5 000 000 €

Gewinn Wj. 2023

1 000 000 €

Gebäudeabschreibung 2023

12 000 €

anteiliger Gewinn 2023

1 012 000 €

Hiervon 6/12

506 000 €

Aufwand Grundbesitz 2023

30 000 €

Korrigierter anteiliger Gewinn 2023

536 000 €

+ 536 000 €

Substanzwert 1.7.2023

5 536 000 €

7. Aufteilung des gemeinen Wertes

7.1. Anteile an Kapitalgesellschaften

Der gemeine Wert des Gesellschaftsvermögens (z.B. vereinfachtes Ertragswertverfahren oder Substanzwert) ist nach Maßgabe des § 97 Abs. 1b BewG aufzuteilen. Der Anteilswert bestimmt sich bei KapGes nach dem Verhältnis des zu bewertenden Anteils am Nennkapital der Gesellschaft zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens der KapGes, § 97 Abs. 1b Satz 1 BewG. In Ausnahmefällen kann eine abweichende Verteilung erfolgen. Das Gesetz nennt hier eine vom Nennkapital abweichende Gewinnverteilung, § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG (vgl. auch R B 97.6 Abs. 2 ErbStR sowie Beispiel in H B 97.6 ErbStH). Verfügungsbeschränkungen sind – nach Auffassung der Finanzverwaltung – hingegen kein Grund für eine abweichende Verteilung, weil diese gem. § 9 Abs. 3 BewG bei der Ermittlung des gemeinen Wertes unberücksichtigt bleiben.

Beispiel 10:

Der im vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelte gemeine Wert des Betriebsvermögens der KapGes beträgt 700 000 €. Zu bewerten ist ein Anteil am Stammkapital von 30 %. Die Gewinnverteilung entspricht dem Anteil am Nennkapital.

Lösung 10:

Der Anteilswert beträgt gem. § 97 Abs. 1b Satz 1 BewG 210 000 €.

Beispiel 11:

Gesellschafter der X-GmbH sind A zu 40 % und B zu 60 %. Die Anteile am Nennkapital gelten auch für die Verteilung eines späteren Liquidationserlöses. Vertraglich wurde abweichend vom Anteil am Nennkapital eine Gewinnverteilung für A zu 75 % und B zu 25 % vereinbart.

Der Ertragswert des Betriebsvermögens der GmbH wurde i.H.v. 4 000 000 € und der Substanzwert i.H.v. 2 500 000 € ermittelt. Somit ist der Wert des Betriebsvermögens der GmbH mit 4 000 000 € anzusetzen.

A verstirbt im Jahr 2021. Erbe ist K.

Lösung 11:

Grundsatz:

Bei einer Aufteilung nach dem Anteil am Nennkapital ergibt sich ein Wert des Anteils des A von (40 % von 4 000 000 € =) 1 600 000 €.

Ausnahme:

Bei Vorliegen eines abweichenden Gewinnverteilungsschlüssels ist dieser für die Aufteilung des Werts des Betriebsvermögens nicht allein maßgebend. Zunächst ist der Substanzwert nach dem Anteil am Nennkapital aufzuteilen. Übersteigt der im vereinfachten Ertragswert-verfahren ermittelte gemeine Wert den Substanzwert, ist die Differenz nach dem Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen.

Der ermittelte Substanzwert ist nach dem Anteil am Nennkapital aufzuteilen:

Gesellschaftsvermögen

Anteil

Substanzwert

2 500 000 €

Aufteilung anhand Anteiles am Nennkapital (= 40 %)

+ 1 000 000 €

Ertragswert übersteigt den Substanzwert in Höhe von

1 500 000 €

Aufteilung nach dem Gewinnverteilungsschlüssel (= 75 %)

+ 1 125 000 €

Gemeiner Wert insgesamt/Anteilswert

4 000 000 €

2 125 000 €

Unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen ist nach § 97 Abs. 1b BewG der gemeine Wert des Anteils des A mit 2 125 000 € festzustellen.

Beachte:

Die beschriebene Aufteilung entfällt, wenn der Substanzwert zum Ansatz kommt. Die Aufteilung erfolgt dann insgesamt nach dem Anteil am Nennkapital. Vgl. auch gleichlautender Ländererlass vom 2.3.2016 (BStBl I 2016, 246 sowie Beispiele in H B 97.6 ErbStH).

7.2. Mitunternehmeranteile

Bei Mitunternehmeranteilen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 und § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG) erfolgt die Aufteilung des gemeinen Werts des Gesamthandsvermögens nach Maßgabe des § 97 Abs. 1a BewG. Der gemeine Wert des Gesamthandsvermögen bestimmt sich nach § 109 Abs. 2 BewG (s.o. z.B. vereinfachtes Ertragswertverfahren). Dabei ist das Gesamthandsvermögen zunächst gem. § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a BewG anhand der Kapitalkonten aus der ertragsteuerlichen Gesamthandsbilanz auf die Gesellschafter aufzuteilen (Fest- und variable Kapitalkonten, aber ohne Sonder- und Ergänzungsbilanzen). Ein verbleibender Betrag (Differenz zwischen gemeinem Wert und Buchwert des Gesamthandsvermögens) ist nach dem Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen (§ 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. b BewG). Der gemeine Wert des Sonderbetriebsvermögens ist immer gesondert zu bewerten und nicht durch das vereinfachte Ertragswertverfahren abgedeckt (§ 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG). Der Anteilswert ergibt sich dann aus der Summe des anteiligen Werts aus dem Gesamthandsvermögen und dem gemeinen Wert des Sonderbetriebsvermögens (§ 97 Abs. 1a Nr. 3 BewG).

Beispiel 12:

Zu bewerten ist ein Kommanditanteil. Der gemeine Wert des Gesamthandsvermögens der KG beträgt 800 000 € (z.B. Wert im vereinfachten Ertragswertverfahren). Sonderbetriebsvermögen ist i.H.v. 100 000 € vorhanden, hiervon entfällt auf den zu bewertenden Anteil 80 000 €. Die Summe der Kapitalkonten im Gesamthandsvermögen beträgt 500 000 €, auf den zu bewertenden Anteil entfallen hiervon 200 000 €. Es gibt drei Gesellschafter, die zu je 1/3 am Gewinn beteiligt sind.

Lösung 12:

Zunächst ist das Gesamthandsvermögen auf die Gesellschafter zu verteilen. Hierbei ist zunächst jedem Gesellschafter die Summe seiner Kapitalkonten (fest und variabel) zuzurechnen. Übersteigende Beträge sind nach dem Gewinnverteilungsschlüssel zu verteilen. Sonderbetriebsvermögen ist gesondert mit dem gemeinen Wert anzusetzen und dem jeweiligen Gesellschafter unmittelbar zuzurechnen. Hiernach ergibt sich folgende Berechnung des Anteilswertes:

Anteil

Gesamthandsvermögen

800 000 €

vorab Kapitalkonten, § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a BewG

./. 500 000 €

+ 200 000 €

verbleibender Betrag

300 000 €

Verteilung nach Schlüssel 1/3, § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. b BewG

+ 100 000 €

Zwischensumme Gesamthandsvermögen

0 €

300 000 €

Sonderbetriebsvermögen, § 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG

+ 80 000 €

Anteilswert, § 97 Abs. 1a Nr. 3 BewG

380 000 €

Der BFH hat klargestellt, dass die Vorgaben des in § 97 Abs. 1a BewG enthaltenen Aufteilungsschemas auch dann zu beachten sind, wenn im Einzelfall der danach ermittelte Wert des Anteils von dem gemeinen Wert abweicht. Der Stpfl. kann einen niedrigeren gemeinen Wert des Anteils durch einen zeitnahen Verkauf oder ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachweisen (BFH vom 17.6.2020, II R 43/17, LEXinform 0951588). Im Entscheidungsfall führte die Klägerin an, dass der gemeine Wert des Gesellschaftsvermögens negativ gewesen sei und die KG im Folgejahr das Handelsgeschäft aufgegeben habe und beantragte daher einen Anteilswert von 0 €. Der BFH bestätigte die Berechnung des FA. In der Urteilsbegründung führt der BFH u.a. aus, dass das typisierende Aufteilungsschema des § 97 Abs. 1a BewG im Einzelfall zu einem positiven Wert des Anteils am Betriebsvermögen der PersGes und daher zu einer Bereicherung bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer führen könne, auch wenn bei der Gesellschaft zu verteilendes Vermögen am Bewertungsstichtag tatsächlich nicht (mehr) vorhanden sei und ein Kaufpreis für den Anteil nicht gezahlt worden wäre. Dieser Fall könne eintreten, wenn das Betriebsvermögen der PersGes einen negativen Wert aufweise und der Anteil eines Gesellschafters mit einem positiven Kapitalkonto zu bewerten sei, während die Kapitalkonten der anderen Gesellschafter negativ seien.

Beispiel 13:

A ist zu 1/2 an der AB-OHG beteiligt. Der gemeine Wert des Gesamthandsvermögens der OHG beträgt ./. 5 000 €. Stand der Kapitalkonten zum Bewertungsstichtag:

Kapitalkonto A + 20 000 €

Kapitalkonto B ./. 20 000 €

Sonderbetriebsvermögen ist nicht vorhanden.

Lösung 13:

Die Anteilswerte sind gem. § 97 Abs. 1a BewG wie folgt zu ermitteln:

Anteil B

Anteil B

Gesamthandsvermögen

./. 5 000 €

vorab Kapitalkonten

0 €

+ 20 000 €

./. 20 000 €

verbleibender Betrag

./. 5 000 €

Verteilung nach Schlüssel 1/2

./. 2 500 €

./. 2 500 €

Anteilswert, § 97 Abs. 1a Nr. 3 BewG

+ 17 500 €

./. 22 500 €

Die Gesamtsumme der Anteilswerte ergibt den gemeinen Wert des Gesamthandsvermögens, da Sonderbetriebsvermögen nicht vorhanden ist. Die Verteilung zwischen den Gesellschaftern wird maßgeblich von der Höhe des jeweiligen Kapitalkontos bestimmt. So ist dem A ein positiver Anteilswert zuzurechnen, obwohl der gemeine Wert der OHG insgesamt negativ ist. Eine abweichende Verteilung ist nur durch ein Gutachten möglich.

Bei der Aufteilung des Gesamthandsvermögens ist nach Auffassung der Finanzverwaltung Kommanditisten kein negativer Wert aus dem Gesamthandsvermögen zuzurechnen (= Ansatz mind. 0 €, R B 97.5 Abs. 2 ErbStR). Der Anteilswert bestimmt sich in diesen Fällen allein aus dem Sonderbetriebsvermögen (R B 97.5 Abs. 3 Satz 3 ErbStR). Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Kommanditist seine vereinbarte Einlage noch nicht geleistet hat oder eine vertraglich vereinbarte Nachschusspflicht besteht (R B 97.5 Abs. 2 Satz 3 ErbStR). Zu diesem Problem ist beim BFH ein Revisionsverfahren anhängig (BFH II R 15/23). Das FG München hatte die Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt und den negativen Wert des Gesamthandsvermögens nicht zugerechnet (FG München vom 10.5.2023, 4 K 1420/20, Revision anhängig unter BFH II R 15/23). Der Sachverhalt aus dem Urteilsfall – vereinfacht – dargestellt:

Beispiel 14:

Gegenstand einer Schenkung ist ein Kommanditanteil des Gesellschafters X und das dazugehörige Sonderbetriebsvermögen (Forderung 1,5 Mio. €). Die Kommanditeinlage war vollständig geleistet. Die Bewertung des KG-Anteils erfolgte auf Basis des § 109 Abs. 2 BewG mit dem Substanzwert (§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG), die Aufteilung erfolgte gem. § 97 Abs. 1a BewG wie folgt:

Anteil Kläger

Gemeiner Wert Gesamthandsvermögen

………. €

Anteil § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG

weil negativer Anteil, Ansatz mit 0 €

(./. 566 937 €)

0 €

Sonderbetriebsvermögen § 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG

+ 1 500 000 €

Anteilswert § 97 Abs. 1a Nr. 3 BewG

1 500 000 €

Lösung 14:

Das FG München folgte der Argumentation des FA, wonach der Erwerber eines (vollständig eingebrachten) Kommanditanteils kein Haftungsrisiko trägt (vgl. § 171 Abs. 1 HGB). Vor diesem Hintergrund und dem in den Vorschriften § 10 ErbStG und § 15a EStG zum Ausdruck kommenden Bereicherungsgrundsatz ist es nicht nachvollziehbar, dass ein potenzieller Veräußerer eines Kommanditanteils, dessen Einlage vollständig erbracht ist, noch einen »negativen Kaufpreis« zahlen müsste. Auch wenn, wie im Streitfall, geregelt ist, dass »spätere Gewinne bis zum Kontenausgleich über das Verlustausgleichskonto zu verrechnen« sind, ändert dies nichts daran, dass der Wortlaut des § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG einschränkend auszulegen ist, insbes. zur Vermeidung von missbräuchlichen Steuergestaltungen.

§ 97 Abs. 1a BewG ist bei Ableitung aus Verkäufen und bei Gutachtenwerten nicht anzuwenden (R B 97.4 Abs. 2 Satz 2 sowie Abs. 5 und Abs. 6 ErbStR).

8. Gesonderte Feststellung des Werts der Anteile

Die Werte von Anteilen an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 11 Abs. 2 BewG sind gem. § 151 Abs. 1 Nr. 3 BewG gesondert festzustellen. Eine gesonderte Feststellung ist dann durchzuführen, wenn der Wert für die ErbSt bzw. SchenkSt oder eine weitere Feststellung i.S.d. BewG von Bedeutung ist. Eine gesonderte Feststellung ist u.a. durchzuführen, wenn sich die Anteile im Vermögen einer Personengesellschaft oder anderer Kapitalgesellschaften befinden (Beteiligungen gem. § 200 Abs. 2 oder Abs. 3 BewG).

Die gesonderte Feststellung des gemeinen Werts des Anteils an einer KapGes hat für den konkret zu bezeichnenden Anteil als Euro-Betrag zu erfolgen. Dies gilt auch für das vormalige Stuttgarter Verfahren, so dass die Feststellung als %-Satz des nominellen Stamm- bzw. Nennkapitals rechtswidrig ist, wenn sich aus dem Feststellungsbescheid auch der Nominalbetrag des zu bewertenden Anteils nicht ergibt und daher für die Umrechnung des gemeinen Werts des zu bewertenden Anteils in den für das Erbschafts-/Schenkungsteuerverfahren bindenden Euro-Betrag auf Umstände außerhalb des Feststellungsbescheids zurückzugreifen wäre (FG Hessen Gerichtsbescheid vom 31.1.2024, 4 K 558/23, juris).

Zuständig für die gesonderte Feststellung des Werts der nicht notierten Anteile an Kapitalgesellschaften ist nach § 152 Nr. 3 BewG das FA, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung bzw. der Sitz der Kapitalgesellschaft befindet.

Die Feststellungserklärung kann nach § 153 Abs. 3 BewG nur von der Kapitalgesellschaft angefordert werden.

Nach § 154 Abs. 2 BewG ist der Feststellungsbescheid auch der Kapitalgesellschaft bekannt zu geben.

Die Werte von Mitunternehmeranteilen sind gem. § 151 Abs. 1 Nr. 2 BewG gesondert festzustellen. Die weiteren Vorschriften für die gesonderte Feststellung der Bedarfswerte gelten entsprechend.

9. Verwandte Lexikonartikel

Gesonderte Feststellung

Vermögens- und Verbundvermögensaufstellung

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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