1 Der Grundfall
2 Arbeitsessen und Betriebsveranstaltung
2.1 Die »ungewöhnliche« Betriebsfeier nach der Rechtslage bis 2014
2.2 Betriebsveranstaltungen ab 2015
3 Beispiel
4 Literaturhinweise
5 Verwandte Lexikonartikel
Ein Arbeitsessen liegt vorwiegend vor, wenn der ArbG einem oder mehreren ArbN ein Essen anlässlich eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes überlässt. Ein überwiegend betriebliches Interesse an einer günstigen Gestaltung des Arbeitsablaufes an der Überlassung dieser Speisen und Getränke wird vorausgesetzt.
Bei einem Arbeitsessen handelt es sich nicht um ein Bewirtungsessen oder um eine Betriebsveranstaltung. Ein Arbeitsessen dient vielmehr der Verpflegung der ArbN, wenn diese beispielsweise Überstunden leisten müssen.
Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass das Bewirten von Arbeitnehmern für sich allein bei diesen nicht zur Annahme einer Auswärtstätigkeit führt, und zwar auch dann nicht, wenn die Bewirtung außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte stattfindet. Bewirtet der Arbeitgeber Arbeitnehmer, die sich nicht auf einer Auswärtstätigkeit befinden, liegt in der Regel steuerpflichtiger Arbeitslohn vor.
Getränke und Genussmittel, die der ArbG den ArbN zum Verzehr im Betrieb unentgeltlich oder teilentgeltlich überlässt, gehören als → Aufmerksamkeiten nicht zum Arbeitslohn. Beispiele für weitere Sachzuwendungen, die nicht zum Zufluss von Arbeitslohn führen, sind Blumen, Bücher oder Tonträger, die dem ArbN oder seinen Angehörigen aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses zugewendet werden. Geldzuwendungen gehören stets zum Arbeitslohn, auch wenn ihr Wert gering ist (R 19.6 Abs. 1 LStR). Einfache, d.h. nicht aufwendige Speisen, die der ArbG den ArbN anlässlich und während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes, z.B. während einer außergewöhnlichen betrieblichen Besprechung oder Sitzung, im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse an einer günstigen Gestaltung des Arbeitsablaufs unentgeltlich oder teilentgeltlich überlässt und deren Wert 60 € nicht überschreitet (R 19.6 Abs. 2 LStR), führen ebenfalls nicht zum Zufluss von Arbeitslohn.
Mit Urteil vom 3.7.2019, VI R 36/17 entschied der BFH zur Bereitstellung trockener Brötchen und Heißgetränke durch den ArbG wie folgt: Stellt der ArbG seinen ArbN unbelegte Backwaren wie Brötchen und Rosinenbrot nebst Heißgetränken zum sofortigen Verzehr im Betrieb bereit, handelt es sich bei den zugewendeten Vorteilen grds. nicht um Arbeitslohn, sondern um nicht steuerbare Aufmerksamkeiten.
Die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Mahlzeiten an ArbN ist mit dem anteiligen Sachbezugswert (SvEV) zu bewerten, der seit dem 1.1.2024 gilt. Hiernach werden für ein Frühstück 2,17 € und für Mittag-/Abendessen jeweils 4,13 € als steuerpflichtiger Sachbezug beim ArbN berücksichtigt. Nicht relevant in diesem Kontext ist die Tatsache, wo der Steuerpflichtige diese Mahlzeit einnimmt (vom ArbG betriebene oder gepachtete Kantine, auswärts) bzw. wie der ArbG die Mahlzeiten subventioniert (Barzuschuss oder Essensmarken). Diese Grundsätze gelten jedoch nur dann, wenn der durch den ArbN zu tragende Aufwand für die Mahlzeit den amtlichen Sachbezugswert unterschreitet. Ist dies der Fall, besteht die Möglichkeit, gem. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 1a EStG die fiktiv zugeflossenen Sachbezugswerte pauschal mit 25 % zu versteuern; Sozialabgaben müssen nicht abgeführt werden.
Die folgenden Szenarien sind denkbar:
Dem ArbN werden unentgeltliche durch seinen ArbG Mahlzeiten gewährt. Hierbei gehört der entsprechende amtliche Sachbezugswert zum steuerpflichtigen Arbeitslohn des ArbN.
Dem ArbN wird die Hälfte der Kosten der Mahlzeiten durch den ArbG erstattet. Der Differenzbetrag aus Zuzahlung des ArbN zur Mahlzeit und amtlichen Sachbezugswert führt zu steuerpflichtigem Arbeitslohn des ArbN.
Eine Differenzierung des Ansatzes der Mahlzeit mit ihrem tatsächlichen Wert oder dem Sachbezugswert gilt ab dem 1.1.2014 nicht mehr (vgl. R 8.1 Abs. 8 Nr. 2 LStR). Zu der steuerlichen Behandlung der Mahlzeiten aus besonderem Anlass s. R 8.1 Abs. 8 LStR. Werden die 60 €-Freigrenzen von R 19.6 Abs. 2 sowie R 8.1 Abs. 8 LStR überschritten, kommt eine Übernahme der Pauschalsteuer durch den ArbG unter den Voraussetzungen des § 37b EStG in Betracht (vgl. hierzu im Einzelnen BMF vom 11.12.2014, Neufassung des BMF-Schreibens vom 29.4.2008, BStBl I 2008, 566).
Im Übrigen führt die Bewirtung eigener ArbN durch den ArbG außerhalb von herkömmlichen Betriebsveranstaltungen in der Regel zu einem Zufluss von Arbeitslohn. Ausnahmsweise kann der Belohnungscharakter verneint werden, wenn die unentgeltliche Überlassung des Essens der Beschleunigung des Arbeitsablaufs dient und dies für den ArbG von erheblicher Wichtigkeit ist (vgl. BFH Urteil vom 21.1.2010, VI R 51/08, BStBl II 2010, 700).
Mahlzeiten, die der ArbG, oder auf seine Veranlassung ein Dritter, dem ArbN anlässlich einer Auswärtstätigkeit zur Verfügung stellt, werden mit den Sachbezugswerten bewertet. In der Regel ist eine solche veranlasste Mahlzeit das Frühstück im Rahmen eines Hotelaufenthalts. Kann für die gleiche Auswärtstätigkeit eine Verpflegungspauschale in Anspruch genommen werden, unterbleibt die Besteuerung der Mahlzeit. In diesen Fällen muss der ArbG dies auf der Lohnsteuerbescheinigung mit dem Großbuchstaben »M« bescheinigen. Als üblich gilt eine Mahlzeit, deren Preis 60 € (inkl. der Getränke) nicht übersteigt. Liegt der Wert der Mahlzeit über 60 €, ist diese nicht mehr mit dem Sachbezugswert zu bewerten. Arbeitsessen und die Bewirtung von Geschäftsfreunden fallen nicht unter diese Regelung. Hierbei wird ein überwiegend betriebliches Interesse vorausgesetzt, bei der die Anwesenheit des ArbN ein Arbeitsessen darstellt. Ein Belohnungsessen, das der ArbG seinem ArbN aus einem besonderen Anlass zukommen lässt, ist weiterhin nach § 8 EStG zu bewerten.
Von einem außergewöhnlichen Arbeitseinsatz ist nach dem Urteil des BFH vom 4.8.1994 (BStBl II 1995, 59) auszugehen, wenn ein innerhalb kurzer Zeit zu erledigender oder unerwarteter Arbeitsanfall zu bewältigen ist und darüber hinaus das überlassene Essen einfach und nicht aufwendig ist. Arbeitsessen, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit durchgeführt werden, führen daher in aller Regel zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Ein ca. zehnmal jährlich stattfindendes Arbeitsessen in einer Gaststätte am Sitz des Unternehmens führt bei den teilnehmenden ArbN (leitenden Angestellten) zu einem Zufluss von Arbeitslohn. Dieser Arbeitslohn kann gem. § 3 Nr. 16 EStG steuerbefreit sein. Sollten die Besprechungen hingegen in einer Gaststätte durchgeführt worden sein, weil den Teilnehmern das Mittagessen zugewendet werden sollte, so hätten die Veranstaltungen insoweit für die ortsansässigen ArbN belohnenden Charakter und es wären keine steuerlich anzuerkennenden Dienstgänge gegeben. In einem derartigen Fall läge keine Steuerbefreiung des überlassenen Essens nach § 3 Nr. 16 EStG vor.
Verpflegt der ArbG die Mitarbeiter auf einer Offshore-Plattform unentgeltlich, so ist der den ArbN gewährte Vorteil dann kein Arbeitslohn, wenn das eigenbetriebliche Interesse des ArbG an einer Gemeinschaftsverpflegung wegen besonderer betrieblicher Abläufe den Vorteil der ArbN bei Weitem überwiegt; FG Hamburg vom 17.9.2015, 2 K 54/15.
Mit einer »doppelten Üblichkeitsprüfung« regelt die Verwaltung in R 19.5 LStR 2013 Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen. Übliche Zuwendungen bei üblichen Betriebsveranstaltungen (Weihnachtsfeiern, Betriebsausflügen, Jubiläen) sind bis zu einer Freigrenze von 110 € inkl. USt abgegolten. Dabei muss die Art der Veranstaltung das Betriebsklima fördern, und die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung muss grundsätzlich allen Betriebsangehörigen, ggf. einer oder mehrerer Abteilungen offenstehen (sog. vertikale Beteiligung, d.h. Beteiligung aller Hierarchieebenen, vgl. BFH Urteil vom 16.11.2005, BStBl II 2006, 440; s.a. BFH Urteil vom 16.5.2013, VI R 96/10, BFH/NV 2014, 18).
Eine nur den Führungskräften eines Unternehmens vorbehaltene Abendveranstaltung stellt mangels Offenheit des Teilnehmerkreises keine Betriebsveranstaltung i.S.d. § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG dar, so dass die 25 %ige Lohnsteuerpauschalierung ausscheidet (BFH Urteil vom 15.1.2009, VI R 22/06, BStBl II 2009, 476). Betriebsveranstaltungen sind üblich, wenn nicht mehr als zwei Veranstaltungen jährlich durchgeführt werden. Ab der dritten Veranstaltung wird Arbeitslohn zugewendet (BFH Urteil vom 16.11.2005, VI R 22/06, BStBl II 2006, 440). Bei unüblichen Veranstaltungen sowie bei Zuwendungen, die diese Grenze überschreiten, wird nach R 19.5 Abs. 6 LStR 2013 der gesamte Bezug, einschließlich der Kosten für den äußeren Rahmen der Betriebsfeier (Künstlergagen, Saalmieten, Fahrdienste etc.), der Lohnsteuer unterworfen. § 40 Abs. 2 EStG ist anwendbar.
Der Art nach übliche Zuwendungen sind gem. R 19.5 Abs. 4 LStR:
Gewährung von Speisen, Getränken, Tabakwaren und Süßigkeiten;
Übernahme von Übernachtungs– und Fahrtkosten (Bahn, Bus, Schiff usw.), auch wenn die Fahrt als solche schon einen Erlebniswert besitzt;
Überlassung von Eintrittskarten für kulturelle und sportliche Veranstaltungen, es sei denn, der Besuch einer solchen Veranstaltung ist die einzige Tätigkeit auf der Betriebsveranstaltung; bei gemeinsamer Hin- und Rückfahrt und anschließendem gemütlichen Beisammensein ist der Theaterbesuch nicht mehr einziger Zweck;
Aufwendungen für den äußeren Rahmen wie Saalmiete, Musik, Kegelbahn, künstlerische und artistische Darbietungen, wenn die Darbietungen nicht der wesentliche Zweck der Betriebsveranstaltung sind;
Sachzuwendungen bis 60 € inkl. USt, unabhängig davon, ob es sich um Genussmittel oder Geschenke von bleibendem Wert handelt. Diese können auch nachträglich an die ArbN überreicht werden, sofern diese aus persönlichen oder beruflichen Gründen nicht an der Betriebsveranstaltung teilnehmen konnten.
Eine Betriebsveranstaltung liegt vor, wenn der ArbG Aufwendungen tätigt, um den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima zu fördern. Dabei stellen Betriebsveranstaltungen keinen Arbeitslohn dar, wenn die Aufwendungen pro Arbeitnehmer den Freibetrag i.H.v. 110 € inkl. USt nicht übersteigen; vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Bis 31.12.2014 galt der Freibetrag noch als Freigrenze. Zuwendungen sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet. Näheres hierzu vgl. das Stichwort → Betriebsveranstaltungen ab VZ 2015.
Der Arbeitgeber stellt den Arbeitnehmern eine Mahlzeit in den beruflichen Räumen zur Verfügung, weil die Mitarbeiter aufgrund eines Serverausfalls Überstunden ableisten müssen, um sicherzustellen, dass die Abrechnungen fristgerecht fertiggestellt werden.
Franz/Jooß, Die lohnsteuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen – Tendenzen der aktuellen Rechtsprechung des BFH, DStR 2009, 1944; Krüger, Arbeitslohn und ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse, DStR 2013, 2029; Grasmück, Steuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen, SteuK 2014, 49; Seifert, BFH zum lohnsteuerpflichtigen Sachbezug in Form eines Frühstücks: Essen ist nicht gleich Essen, NWB 40/2019, 2904.
→ Betriebsveranstaltungen ab VZ 2015
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