1 Grundsätzliches
2 Stille bzw. atypisch stille Gesellschaft mit minderjährigen Kindern
3 Bezeichnung im Vertrag nicht ausreichend
4 Stiller Gesellschafter als Mitunternehmer
5 Gewinnermittlung
6 Besonderheiten bei der GmbH & atypisch Still
6.1 Vergütungen für Tätigkeiten im Dienste der GmbH
6.2 Verdeckte Gewinnausschüttungen
7 Verlustabzugsbeschränkung nach § 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8 EStG
8 Verfahrensfragen
8.1 Verwaltungsverfahren
8.2 Klageverfahren
9 Gewerbesteuer der atypisch stillen Gesellschaft
9.1 Sachliche Steuerpflicht
9.2 Persönliche Steuerpflicht
9.3 Umfang des Gewerbebetriebes der atypisch stillen Gesellschaft
9.4 Gewerbesteuerveranlagung der GmbH
9.5 Besteuerungsgrundlagen
9.6 Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG
9.7 Vortragsfähige Gewerbeverluste nach § 10a GewStG
9.8 Pauschalierte Anrechnung der GewSt auf die Einkommensteuer gem. § 35 EStG
10 Umsatzsteuer
11 Die atypische stille Beteiligung nach dem DBA
12 Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG möglich?
13 Literaturhinweise
14 Verwandte Lexikonartikel
Bei der stillen Gesellschaft (s. dazu §§ 230 ff. HGB) sind zwei Typen zu unterscheiden:
die typisch stille Gesellschaft (→ Stille Gesellschaft),
und die atypisch stille Gesellschaft.
Zur Abgrenzung der stillen zur atypisch stillen Gesellschaft s. auch FG Baden-Württemberg vom 6.10.2022, 12 K 1692/20, EFG 2023, 533; Revision Az. des BFH: VIII R 13/23).
Die typisch stille Gesellschaft als die Grundform beinhaltet die Kapitalüberlassung im Rahmen eines Gesellschaftsverhältnisses. Anstelle einer Verzinsung der Einlage erfolgt die Beteiligung am Gewinn und ggf. auch am Verlust des Betriebs. Entscheidend ist, dass der stille Gesellschafter bei Beendigung der Gesellschaft seine Einlage mit deren Nominalwert zurückerhält.
Eine Beteiligung als stiller Gesellschafter erfolgt an einem handelsrechtlichen (kaufmännischen) Betrieb. Ist der Unternehmer kein Kaufmann, liegt keine stille Gesellschaft, sondern eine BGB-Innengesellschaft vor. Die Rspr. wendet hierauf die Regelungen der §§ 230 ff. HBG analog an (BFH vom 10.7.2001, VIII R 45/98, BStBl II 2002, 339).
Für den Fall, dass mehrere stille Gesellschafter am Handelsgeschäft beteiligt werden sollen, liegen in der Regel auch mehrere stille Gesellschaften vor. Grundsätzlich besteht jede stille Gesellschaft aus nur zwei Gesellschaftern – dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter. Die Gesellschaften sind jeweils rechtlich selbstständig. Steuerlich können sich insbesondere bei der Gewerbesteuer Vorteile ergeben. Dies schließt es allerdings nicht aus, dass vertraglich die Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter an einer stillen Gesellschaft beteiligt werden, insbesondere, um z.B. die Einheitlichkeit hinsichtlich der Ergebnisbeteiligung etc. zu gewährleisten.
In der Praxis oft vorkommend ist die Beteiligung als stiller Gesellschafter an einer GmbH – die GmbH & Still. Inhaber des Handelsgeschäftes ist die GmbH, häufig beteiligen sich daran die Gesellschafter oder Geschäftsführer.
Bei der Prüfung, ob eine stille Gesellschaft (→ Stille Gesellschaft) als → Mitunternehmerschaft – sog. atypische stille Gesellschaft – zu behandeln ist, sind die Grundsätze des H 15.8 (1) [Stiller Gesellschafter] EStH zu beachten.
Fehlt im Gesellschaftsvertrag einer stillen Gesellschaft eine ausdrückliche Regelung über die Beteiligung des stillen Gesellschafter an den stillen Reserven, so genügt es für die Annahme einer atypisch stillen Gesellschaft nicht, dass im Vertrag kein ausdrücklicher Ausschluss der Beteiligung des stillen Gesellschafters an den stillen Reserven geregelt ist (FG Berlin-Brandenburg vom 9.2.2010, 6 K 6178/08, EFG 2010, 1127).
Bei Errichtung einer stillen Gesellschaft zwischen Eltern oder einer Gesellschaft, an der die Eltern beteiligt sind, und minderjährigen Kindern ist zu beachten, dass nach § 1909 BGB grds. Ergänzungspfleger für die Kinder zu bestellen sind. Darüber hinaus bedarf der Abschluss des Gesellschaftsvertrages mit Minderjährigen nach der bisherigen Rspr. des BFH der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, wenn das Kind nicht nur eine einmalige Kapitaleinlage leisten, sondern auch am Verlust, am Betrieb oder der Betriebsführung beteiligt werden soll (BFH vom 28.11.1973, I R 101/72, BStBl II 1974, 289).
Sachverhalt:
Im Streitfall vereinbarte der Vater mit seinen minderjährigen Kindern die Gründung einer (atypisch) stillen Gesellschaft. Die Kinder beteiligten sich mit einer Bareinlage und erhielten eine Gewinnbeteiligung. Außerdem nahmen die Kinder am Verlust teil. Weiter ist vereinbart, dass eine Haftung gegenüber Dritten ausgeschlossen und im Innenverhältnis auf die Höhe der Beteiligung beschränkt ist. Bei Ausscheiden eines stillen Gesellschafters sollte eine Auseinandersetzung erfolgen. Im Zusammenhang mit der Gründung der Gesellschaft wurden die Einlagen der Kinder durch eine Schenkung des Vaters geleistet. Unterschrieben waren die Verträge vom Vater und den minderjährigen Kindern sowie jeweils durch einen Ergänzungspfleger, der Vertrag und Unterschriften der Kinder genehmigte. Das FA vertrat die Auffassung, dass die Verträge aufgrund der (schwebenden) zivilrechtlichen Unwirksamkeit steuerlich unbeachtlich seien, da eine vormundschaftliche Genehmigung fehle.
Lösung:
Der BFH hat mit Urteil vom 12.5.2016 (IV R 27/13, BFH/NV 2016, 1559) entschieden, dass der Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft mit einem minderjährigen Familienangehörigen der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers bedarf, wenn der Gesellschaftsvertrag zu Lasten des Minderjährigen ein Wettbewerbsverbot und eine Vertragsstrafe enthält. Vereinbarungen, die ein Elternteil mit seinen beschränkt geschäftsfähigen (vgl. § 106 BGB) Kindern schließt, bedürfen nach §§ 107, 108 Abs. 1 BGB der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. Die Vertretungsbefugnis der Eltern durch ihr elterliches Sorgerecht nach § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB schließt Geschäfte aus, für die auch ein Vormund keine Vertretungsmacht für sein Mündel hätte, insbes. also ein Insichgeschäft nach § 1795 Abs. 2, § 181 BGB. In diesem Fall kann die notwendige Einwilligung nur durch einen vom Gericht bestellten Ergänzungspfleger erteilt werden (§ 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese rechtlichen Mechanismen zum Schutz des Minderjährigen finden jedoch nur dann Anwendung, wenn der Minderjährige durch das Geschäft nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt (§ 107 BGB). Was als ein in diesem Sinn rechtlich vorteilhaftes Geschäft zu beurteilen ist, muss unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm bestimmt werden. § 107 BGB dient in erster Linie dazu, den Minderjährigen vor einer Gefährdung seines Vermögens zu schützen. Da die Beurteilung der wirtschaftlichen Folgen eines Rechtsgeschäfts allerdings mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden sein kann, knüpft die Vorschrift die Genehmigungsbedürftigkeit im Interesse der Rechtssicherheit an das formale Kriterium des rechtlichen Nachteils an, das im Regelfall eine Vermögensgefährdung indiziert. Diese Entscheidung des Gesetzgebers schließt es zwar aus, den von § 107 BGB vorausgesetzten rechtlichen Vorteil durch den wirtschaftlichen Vorteil zu ersetzen. Möglich ist es jedoch, bestimmte Rechtsnachteile wegen eines typischerweise ganz unerheblichen Gefährdungspotenzials als von dem Anwendungsbereich der Vorschrift nicht erfasst anzusehen (vgl. Beschluss des BGH vom 25.11.2004, V ZB 13/04, BGHZ 161, 170, für die mit der Übertragung von Grundstückseigentum einhergehenden öffentlichen Lasten als begrenzte und wirtschaftlich unbedeutende persönliche Verpflichtungen; vgl. auch BGH Urteil vom 27.9.1972, IV ZR 225/69, BGHZ 59, 236).
Für die Annahme einer atypischen stillen Gesellschaft reicht es nicht aus, dass sie lediglich im Vertragswerk als solche bezeichnet wird (BFH Urteil vom 18.2.1993, IV R 132/91, BFH/NV 1993, 647, LEXinform 0122459). Nur in Ausnahmefällen kann der Bezeichnung eine indizielle Wirkung zukommen (BFH vom 8.4.2008, VIII R 3/05, BStBl II 2008, 852). Letztlich entscheidend ist der Inhalt der getroffenen Vereinbarungen mit ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Wirkungen.
Zur einkommensteuerlichen Behandlung der typischen wie der atypischen stillen Gesellschaft s.a. OFD Frankfurt vom 3.11.2008 (S 2241 A-37-St 213, FMNRab7310008) und die Vfg. der OFD Erfurt vom 23.10.2003 (S 2241 A – 08 – L 221, FR 2003, 1299). S. hierzu auch Haar/Denker, Steuerliche Problemfelder und Gestaltungsmöglichkeiten bei atypisch stillen Gesellschaften, NWB 34/2024, 2342.
Bei der stillen Gesellschaft i.S.d. §§ 230 ff. HGB handelt es sich um eine PersGes in Form der Innengesellschaft. Für die atypische stille Gesellschaft gilt insoweit nichts anderes (BFH vom 30.8.2007, IV R 47/05, BStBl II 2008, 200). Eine atypische stille Gesellschaft ist auch dann eine PersGes, wenn an ihr ausschließlich KapGes beteiligt sind.
Ist ein stiller Gesellschafter am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven und am Geschäftswert beteiligt, so ist er bereits dann Mitunternehmer, wenn er annähernd die Rechte hat, die einem stillen Gesellschafter nach dem Regelstatut des HGB zustehen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Einsichts- und Kontrollrechte des § 233 HGB (BFH vom 11.12.1990, VIII R 122/86, BFHE 163, 346). Allerdings treten bei einer stillen Mitunternehmerschaft die Merkmale Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative nicht bei der stillen Gesellschaft selbst auf, weil diese selbst kein Unternehmen betreibt und auch kein Gesellschaftsvermögen hat. Das Unternehmen wird bei einer stillen Gesellschaft vielmehr von dem Inhaber des Handelsgewerbes betrieben, an dem sich der stille Gesellschafter beteiligt. Das BV des Unternehmens steht dem Inhaber des Handelsgewerbes zu, in das auch die Einlage des stillen Gesellschafters übergeht. Demzufolge kann der stille Gesellschafter auch nur im Rahmen des Unternehmens des Inhabers des Handelsgewerbes, an dem er sich beteiligt, Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten.
Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche oder wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme am Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens (BFH vom 14.8.1986, IV R 131/84, BStBl II 1987, 60; vom 9.10.1986, IV R 235/84, BStBl II 1987, 124). Dieses Risiko wird regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des AV einschließlich des Geschäftswerts vermittelt.
Ist der stille Gesellschafter z.B. mit 60 % am Reingewinn der Gesellschaft, aber weder am Verlust noch an den stillen Reserven des AV noch am Geschäftswert beteiligt, stehen diese Umstände jedoch der Annahme eines Mitunternehmerrisikos nicht entgegen. Denn der BFH hat in ständiger Rspr. entschieden (vgl. u.a. den Beschluss vom 2.9.1985, IV B 51/85, BStBl II 1986, 10), dass für die Annahme einer Mitunternehmerschaft zwar sowohl das Merkmal der Mitunternehmerinitiative als auch das des Mitunternehmerrisikos vorliegen müsse, beide Merkmale aber »mehr oder weniger« ausgeprägt sein können. Es muss also nicht jedes der beiden Merkmale voll ausgeprägt sein. Eine schwach ausgeprägte Mitunternehmerinitiative reicht für die Annahme einer Mitunternehmerstellung aus, wenn das Mitunternehmerrisiko besonders stark ausgeprägt ist oder umgekehrt.
So ist ein stiller Gesellschafter, der nur eine geringe Mitunternehmerinitiative entfalten kann, nur dann Mitunternehmer, wenn bei ihm das Mitunternehmerrisiko besonders stark ausgeprägt ist, wie dies z.B. durch die Beteiligung an den stillen Reserven und am Geschäftswert der Fall ist. Andererseits ist bei einer Komplementär-GmbH, die an der GmbH & Co. KG vermögensmäßig nicht beteiligt ist und bei der das Mitunternehmerrisiko nur in der unbeschränkten Haftung besteht, trotzdem eine Mitunternehmerstellung anzunehmen, weil durch die ihr obliegende Geschäftsführung der KG das Merkmal der Mitunternehmerinitiative eine besonders starke Ausprägung erfährt. Bei einer GmbH & Still kann sich die Entfaltung einer stark ausgeprägten Mitunternehmerinitiative des stillen Gesellschafters auch aus dessen Stellung als Geschäftsführer der GmbH als Inhaberin des Handelsgewerbes ergeben (BFH vom 13.7.2017, IV R 41/14, BStBl II 2017, 1133; LEXinform 0950132; BFH vom 12.4.2021, VIII R 46/18, BStBl II 2021, 614).
Zur Abgrenzung zwischen atypisch stiller und typisch stiller Gesellschaft s.a. das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 9.2.2010 (6 K 6178/08, EFG 2010, 1127). Eine stille Gesellschaft ist steuerlich als atypisch stille Gesellschaft und damit als Mitunternehmerschaft i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren, wenn der atypisch stille Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist. Dies setzt voraus, dass er ein Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann. Fehlt im Gesellschaftsvertrag einer stillen Gesellschaft eine ausdrückliche Regelung über die Beteiligung des stillen Gesellschafter an den stillen Reserven, so genügt es für die Annahme einer atypisch stillen Gesellschaft nicht, dass im Vertrag kein ausdrücklicher Ausschluss der Beteiligung des stillen Gesellschafters an den stillen Reserven geregelt ist. Es bedarf vielmehr einer positiven Regelung über das Bestehen eines entsprechenden Anspruchs. Fehlt eine schuldrechtliche Beteiligung an den Wertsteigerungen des BV, so müssen nach Maßgabe der allgemeinen Kriterien einer Mitunternehmerschaft besondere Verhältnisse vorliegen, die die Annahme einer Mitunternehmerschaft rechtfertigen. Diese können gegeben sein, wenn dem stillen Gesellschafter ein Widerspruchsrecht bei gewöhnlichen Geschäften eingeräumt wird. Ein mangels ausdrücklicher Beteiligung an den stillen Reserven eingeschränktes Mitunternehmerrisiko des stillen Gesellschafters kann dadurch kompensiert werden, dass seine Mitunternehmerinitiative durch ein ihm eingeräumtes Widerspruchsrecht, das ihm die Einflussnahme auf sämtliche Geschäfte des Unternehmens ermöglicht, besonders stark ausgeprägt ist. Die Bejahung der Mitunternehmerschaft führt dazu, dass keine Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, der nur für den typisch stillen Gesellschafter gilt (reine Kapitalüberlassung), vorliegen, sondern gewerbliche Einkünfte des atypisch stillen Gesellschafters als Mitunternehmer nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzunehmen sind.
Der Inhaber des Handelsgewerbes, an dem sich andere atypisch still beteiligen, kann auch während des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich weiterhin über ein eigenes, von dem der atypisch stillen Gesellschaft zu trennendes Vermögen verfügen (BFH vom 1.3.2018, IV R 38/15, BStBl II 2018, 587; LEXinform 0950477).
Da die atypische stille Gesellschaft als Innengesellschaft nicht Kaufmann (§ 1 ff. HGB) und deshalb nach § 238 HGB weder buchführungs- noch bilanzierungspflichtig ist, erfolgt die in § 232 HGB vorgeschriebene Gewinnermittlung auf der Grundlage des Jahresabschlusses des Geschäftsinhabers (s. hierzu auch Haar/Denker, Steuerliche Problemfelder und Gestaltungsmöglichkeiten bei atypisch stillen Gesellschaften, NWB 34/2024, 2342). Der steuerliche Gesamtgewinn und die steuerliche Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft ergeben sich aus der Addition der Ergebnisse der Steuerbilanz des Geschäftsinhabers und einer etwaigen Sonderbilanz des stillen Gesellschafters unter Hinzurechnung des Gewinnanteils und etwaiger Sondervergütungen/-ausgaben des Stillen.
Bei der atypisch stillen Gesellschaft ist ein Gesamthandsvermögen wie bei der OHG oder KG nicht vorhanden. Jedoch entspricht das BV des Inhabers des Handelsgeschäfts dem Gesellschaftsvermögen einer gesamthänderisch gebundenen PersGes. Daneben kommt Sonderbetriebsvermögen in Betracht, wenn der atypisch stille Gesellschafter dem Inhaber des Handelsgeschäfts WG zur Nutzung überlässt (BFH vom 2.5.1984, VIII R 276/81, BStBl II 1984, 820). § 6 Abs. 5 Satz 2 und 3 ff. EStG findet damit auch bei atypisch stillen Gesellschaften Anwendung. Die Grundsätze der korrespondierenden Bilanzierung gelten auch bei einer atypisch stillen Gesellschaft, da diese für steuerliche Zwecke wie eine im Innenverhältnis bestehende fiktive KG behandelt wird (BFH vom 21.12.2017, IV R 44/14, BFH/NV 2018, 407; LEXinform 0950077). In Höhe der in der Gesamthandsbilanz einer PersGes gebildeten Rückstellung für die Erstellung des Jahresabschlusses ist in der Sonderbilanz des Gesellschafters eine Forderung zu aktivieren, wenn zum Bilanzstichtag feststeht, dass der Jahresabschluss gegen eine entsprechende Vergütung durch den Gesellschafter aufgestellt werden wird.
Besteht die Beteiligung nur an einem bestimmten Geschäftsbereich des Handelsgewerbes, so bezieht sich die Mitunternehmerschaft nur auf diesen Bereich, der dann als eigenständiger Gewerbebetrieb anzusehen ist (BFH Urteil vom 6.12.1995, I R 109/94, BStBl II 1998, 685). Der Inhaber des Handelsgewerbes, an dem sich andere atypisch still beteiligen, kann auch während des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich weiterhin über ein eigenes, von dem der atypisch stillen Gesellschaft zu trennendes Vermögen verfügen (BFH vom 1.3.2018, IV R 38/15, BStBl II 2018, 587; LEXinform 0950477).
Ermittelt der Inhaber des Handelsgeschäfts seinen Gewinn zulässigerweise nach einem vom Kj. abweichenden Wj., so gilt der anteilige Gewinn aus der atypischen stillen Gesellschaft als in dem Kj. bezogen, in dem das der Gewinnverteilung zugrundeliegende Wj. endet (BFH vom 30.9.1964, I 231/62 U, BStBl III 1965, 54).
Ist der Inhaber des Handelsgeschäfts eine GmbH, so erzielt auch der an ihr atypisch still beteiligte Gesellschafter gewerbliche Einkünfte, und zwar unabhängig davon, ob die Tätigkeit der GmbH und des an ihr atypisch still beteiligten Gesellschafters die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebes nach § 15 Abs. 2 EStG erfüllt (s. BMF vom 26.11.1987, BStBl I 1987, 765).
Bei der Besteuerung von KapGes sind die mit den eigenen Anteilseignern getroffenen Vereinbarungen grundsätzlich – wie solche mit fremden Dritten – auch steuerlich anzuerkennen. Deshalb stellen beispielsweise Vergütungen für die Tätigkeit in der GmbH oder für die GmbH sowie solche für die Überlassung von WG oder Kapital grundsätzlich einkommenswirksame BA bei der GmbH dar.
Vergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, die der atypisch stille Gesellschafter im Rahmen der Mitunternehmerschaft bezogen hat, sind dem steuerlichen Gesamtgewinn jedoch wieder hinzuzurechnen. Hierunter fallen auch die oben genannten Vergütungen.
Deshalb ist z.B. das Geschäftsführergehalt, das ein zur Geschäftsführung bei der GmbH berufener atypisch stiller Gesellschafter von dieser erhält – unabhängig davon, ob er zugleich Anteilseigner der GmbH ist oder nicht – stets dem steuerlichen Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft als Vorweggewinn hinzuzurechnen. Insoweit erfolgt im Ergebnis eine Umqualifizierung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in gewerbliche Einkünfte.
Ist der atypisch stille Gesellschafter zugleich Anteilseigner der GmbH, stellen seine GmbH-Anteile Sonderbetriebsvermögen II (= der stillen Beteiligung dienend) dar (vgl. BFH vom 15.10.1998, IV R 18/98, BStBl II 1999, 286). Etwaige dem atypisch Stillen zugeflossene Gewinnausschüttungen der GmbH sind deshalb als Sonderbetriebseinnahmen des atypisch Stillen zu erfassen.
Bei einer GmbH & atypisch Still bezieht sich die Mitunternehmerschaft auf das Handelsgewerbe der GmbH. Sämtliche Handlungen und Geschäfte, die die GmbH vornimmt, sind steuerlich der Mitunternehmerschaft zuzurechnen.
Bei einer GmbH & Still kann sich die Entfaltung einer stark ausgeprägten Mitunternehmerinitiative des stillen Gesellschafters auch aus dessen Stellung als Geschäftsführer der GmbH als Inhaberin des Handelsgewerbes ergeben (BFH vom 13.7.2017, IV R 41/14, BStBl II 2017, 1133, LEXinform 0950132).
Auch Tatbestände, die dem Grunde nach als sog. verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) i.S.v. § 8 Abs. 3 KStG anzusehen sind (gesellschaftsrechtlich veranlasste Vermögensminderungen bzw. verhinderte Vermögensmehrungen mit Einkommensauswirkung), sind bei der Ermittlung der Einkünfte der Mitunternehmerschaft zu berücksichtigen. Die GmbH kann nämlich neben dem Handelsgewerbe grundsätzlich keine weitere betriebliche Sphäre aufweisen, innerhalb derer eine vGA losgelöst von der Mitunternehmerschaft erfolgen könnte. Die entsprechenden Beträge sind deshalb dem Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft außerbilanziell hinzuzurechnen und im Regelfall nach Maßgabe des vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssels auf die Beteiligten aufzuteilen.
Eine persönliche Zurechnung ausschließlich bei der GmbH als Betriebsinhaberin kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Dies gilt unabhängig davon, ob der atypisch still Beteiligte selbst Gesellschafter der GmbH ist oder nicht.
Bei Vorliegen von vGA-Tatbeständen weicht die nach vorstehenden Grundsätzen erfolgende steuerliche Zurechnung der Einkünfte somit von der tatsächlich durchgeführten handelsrechtlichen Gewinnverteilung ab. Dies ist jedoch unbeachtlich. Dem stillen Gesellschafter steht insoweit nämlich ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen die GmbH zu. Verzichtet er darauf, diesen geltend zu machen, liegt eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung im privaten Bereich vor (§ 12 Satz 1 Nr. 2 EStG). Die Einkommenszurechnung beim Stillen bleibt hiervon jedoch unberührt.
Ein Ausnahmetatbestand, aufgrund dessen die Gewinnerhöhung aufgrund einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S.v. § 8 Abs. 3 KStG in vollem Umfang der GmbH als Betriebsinhaberin im Rahmen der Gewinnverteilung persönlich zuzurechnen sein kann, liegt nur dann vor, wenn der Stille selbst keine Anteile an der GmbH hält und
den vGA-Tatbestand als Geschäftsführer der GmbH selbst veranlasst oder hingenommen hat oder
im Laufe des betreffenden Wj. Kenntnis von dem Vorgang erhalten und diesem zugestimmt bzw. auf seinen Ausgleichsanspruch verzichtet hat.
Insoweit kann ggf. eine steuerlich anzuerkennende Änderung der vertraglichen Gewinnverteilungsabrede innerhalb des betreffenden Wj. unterstellt werden. Ist der atypisch Stille zugleich Anteilseigner der GmbH, kann eine solche steuerlich anzuerkennende abweichende Gewinnverteilungsabrede grundsätzlich jedoch nicht stillschweigend angenommen werden. Wegen der Personenidentität müssen vielmehr klare und eindeutige Vereinbarungen vorliegen.
Nur soweit die Gewinnerhöhung aufgrund der vGA der GmbH im Rahmen ihres Gewinnanteils zuzurechnen ist, ist ein anteiliger Abfluss an den begünstigten Anteilseigner bei ihr zu berücksichtigen. In gleicher Höhe liegt ein Zufluss beim Anteilseigner als Empfänger der vGA vor. Dieser hat den entsprechenden Betrag grundsätzlich nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern. Zur Wirkung der Abgeltungsteuer bei einer vGA s. → Abgeltungsteuer.
Handelt es sich bei dem Empfänger der vGA um den atypisch Stillen selbst, sind 60 % des entsprechenden Betrages bei ihm als Sonderbetriebseinnahme (GmbH-Anteile des Stillen = Sonderbetriebsvermögen II; BFH Urteil vom 15.10.1998, BStBl II 1999, 286) zu erfassen. In diesem Fall erhöht sich der steuerliche Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft entsprechend.
Beispiel 1:
A ist alleiniger Anteilseigner der A-GmbH. B ist an der A-GmbH atypisch still beteiligt. Er erhält einen Gewinnanteil i.H.v. 10 %.
A bekommt ohne vertragliche Vereinbarung von der A-GmbH ein Gehalt i.H.v. 1 000 € mtl., das zu einer vGA führt. B macht seinen Ausgleichsanspruch geltend.
Lösung 1:
Gewinnermittlung A-GmbH & atypisch still:
Gewinn A-GmbH lt. Bilanz |
9 000 € |
+ vGA (§ 8 Abs. 3 KStG) |
12 000 € |
+ Gewinnanteil des B (bei GmbH als Betriebsausgabe gebucht) |
1 000 € |
steuerlicher Gesamtgewinn der A-GmbH & atypisch still |
22 000 € |
Der Gewinn i.H.v. 22 000 € wird verteilt auf:
A-GmbH (90 %) |
B (10 %) |
|
Gewinnanteil |
19 800 € |
2 200 € |
(darin Gewinnerhöhung wegen vGA) |
(10 800 €) |
(1 200 €) |
Anteilseignerebene:
A erzielt Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 EStG i.H.v. 10 800 €, die der → Abgeltungsteuer unterliegen.
Beispiel 2:
A als alleiniger Anteilseigner der A-GmbH beteiligt sich an dieser atypisch still (Gewinnanteil 10 %). Er erwirbt von der GmbH ein Grundstück zu einem Preis, der 12 000 € unter dem Marktwert liegt. Insoweit liegt eine vGA vor. (Eine monatliche Gehaltszahlung, wie in Beispiel 1, erfolgt nicht.)
Lösung 2:
Gewinnermittlung A-GmbH & atypisch still:
Gewinn A-GmbH lt. Bilanz |
9 000 € |
+ vGA (§ 8 Abs. 3 KStG) |
12 000 € |
+ Gewinnanteil des B (bei GmbH als Betriebsausgabe gebucht) |
1 000 € |
+ Sonder-BE des A (vGA), § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG (nach Anwendung des Teileinkünfteverfahrens: 60 % von 10 800 €) |
6 480 € |
steuerlicher Gesamtgewinn der A-GmbH & atypisch still |
28 480 € |
Der Gewinn i.H.v. 28 480 € wird verteilt auf:
A-GmbH (90 %) |
A (10 %) |
|
vorab (vGA) |
6 480 € |
|
(davon 4 320 € steuerfrei nach § 3 Nr. 40 EStG) |
||
verbleiben 22 000 € |
19 800 € |
2 200 € |
(darin Gewinnerhöhung wegen vGA) |
(10 800 €) |
(1 200 €) |
Gewinnanteil |
19 800 € |
8 680 € |
Die Anteile des A an der A-GmbH sind notwendiges Sonderbetriebsvermögen II des A bei der A-GmbH & atypisch still. Die vGA ist deshalb als Sonder-BE des A bei der Mitunternehmerschaft zu erfassen. Gem. § 3 Nr. 40 Buchst. d i.V.m. Satz 2 EStG ist sie zu 40 % steuerfrei.
Zur Verlustabzugsbeschränkung des § 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8 EStG hat das BMF (koordinierter Ländererlass) ein Anwendungsschreiben erlassen (BMF vom 19.11.2008, BStBl I 2008, 970).
Nach § 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8 EStG sind Verluste aus atypisch stillen Beteiligungen und vergleichbaren Innengesellschaften an KapGes, an denen unmittelbar oder mittelbar KapGes beteiligt sind, nach Maßgabe des § 10d EStG nur mit späteren Gewinnen oder dem Vorjahresgewinn aus derselben Einkunftsquelle verrechenbar. Soweit an der stillen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise jedoch natürliche Personen beteiligt sind, bleibt der Verlust abzugsfähig (§ 15 Abs. 4 Satz 8 EStG).
Der Verlust i.S.v. § 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8 EStG ist der nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften ermittelte und nach Anwendung des § 15a EStG ausgleichsfähige Verlust. Hierzu gehören insbesondere auch der stpfl. Teil der sog. Teil-/Halbeinkünfte (§ 3 Nr. 40 i.V.m. § 3c EStG) und die ausländischen Einkünfte.
Bei dem Verlust i.S.v. § 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8 EStG handelt es sich lediglich um den laufenden Verlust aus der Beteiligung, jedoch nicht um den Verlust der Beteiligung selbst. Somit stehen alle anderen Verluste, z.B. aus der Veräußerung, für einen – unter den Voraussetzungen der Abzugsfähigkeit nach § 15a EStG – unbeschränkten Verlustausgleich zur Verfügung.
Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 19.11.2008 (BStBl I 2008, 970) sind auf typisch stille Gesellschaften i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 8 EStG entsprechend anzuwenden. Allerdings liegen bei dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem typisch stillen Gesellschafter keine gemeinschaftlich erzielten Einkünfte vor, die folglich auch nicht gesondert und einheitlich festgestellt werden. Die gesonderte Feststellung des nach § 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8 EStG verrechenbaren Verlustes erfolgt auch in diesen Fällen ausschließlich auf Ebene des Gesellschafters.
Verfahrensrechtlich erfolgt die Gewinnermittlung in einer gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (§§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO; → Gesonderte Feststellung). Darin wird der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft ermittelt und den beiden Gesellschaftern – dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter – jeweils deren steuerlicher Gewinnanteil zugerechnet. Dies gilt unabhängig von der Rechtsform des Geschäftsinhabers bzw. des stillen Gesellschafters.
Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid, sodass die Besteuerungsgrundlagen bindend in die Folgebescheide (ESt-Bescheide) zu übernehmen sind (§ 182 Abs. 1 AO). Soweit Einwendungen gegen die Besteuerungsgrundlagen erhoben werden, müssen diese mit dem Einspruch gegen diesen Grundlagenbescheid (Feststellungsbescheid) geltend gemacht werden (§ 351 Abs. 2 AO).
Ein Verlustanteil ist nur bis zur Höhe des Kapitalkontos des stillen Gesellschafters zu berücksichtigen. Soweit das Kapitalkonto negativ wird bzw. sich weiter verringert, ist § 15a EStG zu beachten (Ausgleich nur mit Gewinnen der Beteiligung der Folgejahre).
Der Senat legt die im Namen der atypisch stillen Gesellschaft erhobene Klage dahingehend aus, dass sie sowohl von der Klägerin zu 1 als Inhaberin des Geschäftsbetriebs als auch vom Kläger zu 2 als atypisch stillem Gesellschafter erhoben worden ist. Da die atypisch stille Gesellschaft eine reine Innengesellschaft ist, kann sie selbst nicht Beteiligte eines finanzgerichtlichen Verfahrens sein (s. BFH vom 7.7.1992, VIII R 24/91, BFH/NV 1993, 461; FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 9.2.2010, 6 K 6178/08, EFG 2010, 1127, LEXinform 5009890). Klagebefugt ist neben dem Inhaber des Geschäftsbetriebs auch der atypisch stille Gesellschafter (vgl. auch BFH vom 1.3.2018, IV R 38/15, BStBl II 2018, 587).
Bei der atypisch stillen Gesellschaft fallen sachliche und persönliche Steuerpflicht auseinander. Die atypisch stille Gesellschaft ist als Mitunternehmerschaft sachlich steuerpflichtig, da deren Tätigkeit in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt (§ 2 Abs. 2 GewStG; R 2.1 Abs. 2 GewStR 2016; BFH vom 25.7.1995, VIII R 54/93, BStBl II 1995, 794). S. hierzu auch Haar/Denker, Steuerliche Problemfelder und Gestaltungsmöglichkeiten bei atypisch stillen Gesellschaften, NWB 34/2024, 2342.
Von der sachlichen Steuerpflicht der atypisch stillen Gesellschafter ist die persönliche Steuerpflicht zu unterscheiden. § 5 GewStG regelt die persönliche Steuerpflicht.
Bei einer atypisch stillen Gesellschaft ist der Inhaber des Handelsbetriebs Gewerbesteuerschuldner i.S.d. § 5 Abs. 1 GewStG (R 5.1 Abs. 2 GewStR 2016; BFH vom 12.11.1985, VIII R 364/83, BStBl II 1986, 311 i.V.m. dem BMF-Schreiben vom 26.11.1987, BStBl I 1987, 765). Die atypisch stille Gesellschaft selbst kann hingegen als bloße Innengesellschaft ohne eigenes BV nicht Gewerbesteuersubjekt und damit weder Steuerschuldner noch Adressat von GewSt-(Mess-)Bescheiden sein. Die GewSt-(Mess-)Bescheide für die atypisch stille Gesellschaft sind deshalb gegen den Inhaber des Handelsgeschäfts zu richten und diesem als Steuerschuldner bekanntzugeben (§§ 184 Abs. 1, 122 Abs. 1 AO).
Zum Gewerbebetrieb einer Innengesellschaft s.a. das BFH-Urteil vom 23.4.2009 (IV R 73/06, BStBl II 2010, 40).
An einem Handelsgewerbe können grundsätzlich mehrere stille Gesellschaften bestehen. Es kann aber auch der Umfang einer stillen Beteiligung auf einen bestimmten Geschäftszweig des Unternehmens beschränkt werden.
Auch bei mehreren atypisch stillen Beteiligungen an einem Gewerbebetrieb besteht gewerbesteuerlich grundsätzlich nur ein Betrieb, wenn der vertragliche Zweck der atypisch stillen Gesellschaft auf eine gemeinschaftliche Ausübung der gesamten gewerblichen Tätigkeit des Inhabers des Handelsgeschäftes ausgerichtet ist. Sind die dem Inhaber des Handelsgeschäfts und den einzelnen atypisch stillen Gesellschaften zuzurechnenden Tätigkeiten als ein einziger Gewerbebetrieb zu beurteilen, ist an den Inhaber des Handelsgeschäfts nur jeweils ein GewSt-Messbescheid und ein GewSt-Bescheid zu richten. Der Freibetrag für den Gewerbeertrag nach § 11 Abs. 1 GewStG kann in diesen Fällen auch bei der Beteiligung mehrerer atypisch stiller Gesellschafter nur einmal gewährt werden (BFH vom 8.2.1995, I R 127/93, BStBl II 1995, 764 und vom 23.4.2009, IV R 73/06, BStBl II 2010, 40).
Bestehen dagegen mehrere atypisch stille Gesellschaften an jeweils gesondert geführten Geschäftsbereichen eines Gewerbebetriebs, ist nach der Rspr. des BFH vom Vorliegen einer entsprechenden Anzahl von Gewerbebetrieben auszugehen. In der Folge sind für jeden Gewerbebetrieb eigene Bescheide zu erlassen (BFH vom 6.12.1995, I R 109/94, BStBl II 1998, 685; R 5.1 Abs. 2 GewStR 2016). Außerdem ist für jeden Gewerbebetrieb der Freibetrag des § 11 GewStG zu berücksichtigen.
Bei einer GmbH & atypisch Still besteht die Besonderheit, dass die sachliche und die persönliche Steuerpflicht auseinanderfallen. Die GmbH & atypisch Still als Mitunternehmerschaft unterliegt der sachlichen Steuerpflicht, weil ihre Tätigkeit stets im vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG, R 2.4 Abs. 5 GewStR 2016). Im Gegensatz dazu bestimmt § 5 Abs. 1 GewStG, dass nur der Inhaber des Handelsgeschäfts der persönlichen Steuerpflicht unterliegt. Die GewSt-Messbescheide für die GmbH & atypisch Still sind daher an den Inhaber des Handelsgeschäfts zu richten und ihm als Steuerschuldner bekannt zu geben.
Eine eigene sachliche Steuerpflicht der GmbH kommt nur dann in Betracht, wenn sich die atypisch stillen Gesellschafter nicht am gesamten Handelsgewerbe, sondern nur an bestimmten Geschäften des Handelsgewerbes beteiligen (R 2.4 Abs. 5 und R 5.1 Abs. 2 GewStR 2016). Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist für den Inhaber des Handelsgeschäfts selbst keine separate GewSt-Messbetragsfestsetzung durchzuführen.
Ausgangsgröße für die Ermittlung des Gewerbeertrages ist der für die Mitunternehmerschaft ermittelte und einheitlich und gesondert festgestellte Gewinn. Der Gewinnanteil des atypisch stillen Gesellschafters ist deshalb von vornherein Teil des gewerblichen Gewinns der Mitunternehmerschaft (Rz. 2 des BMF-Schreibens vom 4.7.2008, BStBl I 2008, 730; BFH Beschluss vom 28.3.2003, VIII B 194/01, BFH/NV 2003, 1308). Damit werden auch alle vom Regelungsbereich des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfassten Tätigkeitsvergütungen und Entgelte für die Überlassung von WG und Kapital mit Gewerbesteuer belastet.
Die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG findet bei der atypisch stillen Gesellschaft keine Anwendung.
Zinsen für ein Darlehen des atypisch stillen Gesellschafters an den Inhaber des Handelsgeschäfts sind als Entgelt für Schulden nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG hinzuzurechnen. Die Hinzurechnung der Nutzungsentgelte für das dem Betrieb überlassene Geld- und Sachkapital (Betriebskapital) nach § 8 Nr. 1 GewStG ist unabhängig davon vorzunehmen, ob die Beträge beim Überlasser des Betriebskapitals der GewSt unterliegen oder nicht (Rz. 5 des BMF-Schreibens vom 4.7.2008, BStBl I 2008, 730).
Wird die atypisch stille Beteiligung in einem BV gehalten, ist die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2 GewStG zu beachten. Danach ist der Gewinnanteil des atypisch Stillen bei der Ermittlung seines eigenen Gewerbeertrages als Gewinnanteil aus einer PersGes, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, abzuziehen. Hierdurch wird eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung vermieden.
Der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG i.H.v. 24 500 € ist nur bei Einzelunternehmen und PersGes zu gewähren. Bei der GmbH scheidet er daher aus. Bei der GmbH & atypisch still handelt es sich dagegen um eine PersGes bzw. steuerliche Mitunternehmerschaft, sodass hier der Gewerbeertrag um den Freibetrag i.H.v. 24 500 € zu mindern ist. Nimmt eine GmbH im laufenden Jahr eine natürliche Person als atypisch stillen Gesellschafter auf, so ist der für Einzelunternehmen und PersGes geltende Freibetrag von 24.500 € in dem an die GmbH als Geschäftsherrn zu adressierenden, die GmbH & atypisch still betreffenden Gewerbesteuermessbescheid zu berücksichtigen (vgl. BFH vom 15.7.2020, III R 68/18, BStBl II 2021, 869.
Dieser steuerliche Vorteil kann bei mehreren stillen Gesellschaftern mehrfach genutzt werden, indem darauf geachtet wird, dass jeweils getrennte stille Gesellschaften vereinbart werden bzw. die Gesellschafter an verschiedenen Geschäftsbereichen beteiligt werden (BFH vom 6.12.1995, I R 109/94, BStBl II 1998, 685).
Der für die atypisch stille Gesellschaft ermittelte Gewerbeverlust ist nach § 10a GewStG gegenüber dem Inhaber des Handelsgeschäftes als Schuldner der GewSt festzustellen. Hinsichtlich der Unternehmer- und Unternehmensidentität gelten bei der atypisch stillen Gesellschaft die allgemeinen Grundsätze (vgl. R 10a.2 und R 10a.3 GewStR 2016).
Gem. § 35 EStG erfolgt eine pauschalierte Anrechnung der GewSt – in Höhe des 1,8-Fachen des nach § 14 GewStG festgesetzten (anteiligen) Gewerbesteuermessbetrages (ab 1.1.2008 das 3,8-Fache) – auf die tarifliche ESt des atypisch stillen Gesellschafters (→ Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb).
Der anteilige GewSt-Messbetrag von Mitunternehmern ist gem. § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels zu berücksichtigen. Vorabgewinnanteile und Sondervergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG sowie Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen sind bei der Ermittlung des Aufteilungsmaßstabes nicht zu berücksichtigen.
Bei Mitunternehmerschaften i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG oder bei Kommanditgesellschaften auf Aktien i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG ist für die Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb gem. § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag des Gewerbesteuer-Messbetrags, die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die einzelnen Mitunternehmer oder auf die persönlich haftenden Gesellschafter entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen. Nach dem BFH-Urteil vom 14.1.2016 (IV R 5/14, BStBl II 2016, 875) ist bei unterjährigem Gesellschafterwechsel gem. § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG der Anteil am Gewerbesteuermessbetrag nur für diejenigen Gesellschafter festzustellen, die zum Zeitpunkt der Entstehung der Gewerbesteuer Mitunternehmer der fortbestehenden PersGes als Schuldnerin der Gewerbesteuer sind (entgegen den BMF-Schreiben vom 19.9.2007, BStBl I 2007, 701, Rz 28, und vom 24.2.2009, BStBl I 2009, 440, Rz 30). Siehe hierzu auch BMF vom 3.11.2016, BStBl I 2016, 1187, Tz. 6.4, Rz. 28).
In die Aufteilung sind auch Gesellschafter einzubeziehen, für die eine Ermäßigung nicht in Betracht kommt (z.B. GmbH als Inhaberin eines Handelsgeschäftes).
Stille Gesellschaften treten als bloße Innengesellschaften im allgemeinen Geschäftsverkehr nicht in Erscheinung. Sie weisen deshalb umsatzsteuerlich keine Unternehmereigenschaft auf. Unternehmer i.S.d. UStG ist ausschließlich der Inhaber des Handelsgeschäfts. Dies gilt sowohl für typisch als auch für atypisch stille Gesellschaften (→ Stille Gesellschaft).
Zur steuerlichen Behandlung von Gewinnanteilen aus atypischen stillen Beteiligungen (Anwendung der DBA auf PersGes) s. BMF-Schreiben vom 5.1.2017 (BStBl I 2017, 32).
Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts vom 25.6.2021 (BGBl I 2021, 2050; BStBl I 2021, 889) wurde u.a. § 1a KStG eingeführt, der Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften die Möglichkeit einräumt, zur Körperschaftsbesteuerung zu optieren. Mit Schreiben vom 10.11.2021 hat das BMF (IV C 2 – S 2707/21/10001:004, FMNR652000021, BStBl I 2021, 2212) ausführlich Stellung genommen. Einzelunternehmen, Gesellschaften des bürgerlichen Rechts, Erbengemeinschaften und reine Innengesellschaften (wie die atypisch stille Gesellschaft) fallen dagegen nicht in den Anwendungsbereich des § 1a KStG (Rn. 2 des BMF-Schreibens vom 10.11.2021).
Fahsel, Die mehrgliedrige atypisch stille Gesellschaft als Innen-KG: Stille Gesellschaft, quo vadis?, NWB 34/2016, 2576; Rennar, Steuerliche Implikationen bei atypisch stiller Beteiligung an einer Personengesellschaft, NWB 45/2018, 3333; Dorn/Dräger, Die stille Gesellschaft im Steuerrecht, NWB 52/2022, Beilage; Haar/Denker, Steuerliche Problemfelder und Gestaltungsmöglichkeiten bei atypisch stillen Gesellschaften, NWB 34/2024, 2342.
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