Ausbildungskosten

Stand: 16. Dezember 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Sie können Ausbildungskosten als Sonderausgaben steuerlich geltend machen.
  • Ausbildungskosten sind von Fortbildungskosten zu unterscheiden.
  • Ausbildungskosten sind z.B. erste Berufsausbildung, Erststudium.
  • Sie können Ausgaben für Berufsausbildungen bis maximal 6.000 € pro Jahr steuerlich geltend machen.

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeines
1.1 § 9 Abs. 6 EStG
1.2 § 4 Abs. 9 EStG
1.3 § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG
1.4 Verfassungsmäßigkeit
2 Erstmalige Berufsausbildung
2.1 Definition
2.2 Mindestdauer von 12 Monaten
2.3 Inhalt der Ausbildung
2.4 Auffangtatbestand
3 Erststudium
3.1 Begriff
3.2 Abziehbarkeit der Aufwendungen
4 Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG
5 Zusammenfassung
5.1 Erstmalige Berufsausbildung
5.2 Erststudium
5.2.1 Klassischer Weg
5.2.2 Anderer Weg
6 Einzelfälle-ABC
7 ABC der abzugsfähigen Kosten
8 Literaturhinweise
9 Verwandte Lexikonartikel

1. Allgemeines

Seit jeher besteht die Streitfrage, wie Ausbildungskosten im Rahmen der ESt zu behandeln sind. Können sie als BA/WK abgezogen werden oder sind sie als Kosten der privaten Lebensführung lediglich als Sonderausgaben abziehbar?

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Die gesetzlichen Grundlagen zur Beantwortung dieser Frage liefern § 9 Abs. 6 i.V.m. § 4 Abs. 9 EStG und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

1.1. § 9 Abs. 6 EStG

In § 9 Abs. 6 Satz 1 EStG wird geregelt, in welchen Fällen Aufwendungen des Stpfl. für die Ausbildung steuerlich als WK anerkannt werden. Es handelt sich hierbei um Ausbildungskosten, die entweder für die Berufsausbildung oder für das Studium anfallen. In beiden Fällen ist der Abzug nur dann zulässig, wenn zuvor bereits eine Ausbildung (Erstausbildung durch Berufsausbildung oder Studium) absolviert wurde oder wenn die Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgt.

Durch § 9 Abs. 6 Satz 2 EStG wird bestimmt, was nun genau unter Berufsausbildung als Erstausbildung zu verstehen ist. Es muss sich dabei um eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung handeln.

Nach § 9 Abs. 6 Satz 3 EStG muss eine geordnete Ausbildung »auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers« durchgeführt werden.

Nach § 9 Abs. 6 Satz 4 EStG gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen Beendigung als beendet, wenn keine Abschlussprüfung vorgesehen ist. Aus dem Umkehrschluss folgt, dass die Ausbildung also im Regelfall mit der Abschlussprüfung als beendet gilt.

1.2. § 4 Abs. 9 EStG

Aufwendungen des Stpfl. für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann als BA abzugsfähig, wenn er zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat. § 9 Abs. 6 Satz 2 bis 5 EStG gelten entsprechend.

Dies hat der BFH mit Urteil vom 16.6.2020 (VIII R 4/20 und VIII R 49/11, BStBl II 2021, 11) bestätigt.

Leitsätze

  1. § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erfasst Aufwendungen für ein Erststudium, das eine Erstausbildung vermittelt, auch dann, wenn das Studium objektiv und subjektiv der Förderung einer konkreten späteren Erwerbstätigkeit dient.

  2. § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG ist im Hinblick auf die übertragbaren Ausführungen zu § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG im BVerfG-Beschluss vom 19.11.2019 – 2 BvL 22-27/14 (DStR 2020, 93) mit Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 12 GG und dem Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar.

  3. Die rückwirkende Anwendung der Regelung des § 4 Abs. 9 EStG i.V.m. § 52 Abs. 12 Satz 11 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG für die Veranlagungszeiträume ab 2004 ist verfassungsgemäß (s. bereits Senatsurteil vom 5.11.2013, VIII R 22/12, BFHE 243, 486, BStBl II 2014, 165).

Sachverhalt

Die Klägerin hatte zunächst in Weißrussland eine Kunstschule besucht und anschließend studiert, aber weder die Kunstschule noch die Universität mit einer Abschlussprüfung beendet. In Deutschland begann sie ein Studium der Slawistik und der Kunstpädagogik, das sie auch abschloss. Schon vor Beginn ihres Studiums in Deutschland hatte sie künstlerisch gearbeitet und war als Buchillustratorin tätig. Sie machte daher die Kosten für ihr Studium in Deutschland als BA geltend. Das FA hingegen, berücksichtigte sie lediglich als Sonderausgaben i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Während des Revisionsverfahrens im Jahr 2011 trat § 4 Abs. 9 EStG rückwirkend ab 2004 in Kraft. Der BFH wies die Klage in dem hier streitigen Punkt unter Hinweis auf die rückwirkende Gesetzesänderung ab.

Entscheidungsgründe

Die Aufwendungen für das Studium sind keine BA i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG im Rahmen der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit.

1.3. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG

Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung, die nicht als BA oder WK abzugsfähig sind, können bis zu 6 000 € im Kj. als Sonderausgaben abgezogen werden.

1.4. Verfassungsmäßigkeit

Mit Beschluss vom 19.11.2019 (2 BvL 22/14, 2 BvL 23/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL 25/14, 2 BvL 26/14, 2 BvL 27/14) hat das Bundesverfassungsgericht in mehreren Verfahren entschieden, dass der Ausschluss des Werbungskostenabzugs für Berufsausbildungskosten gem. § 9 Abs. 6 EStG sowie die Begrenzung des Sonderausgabenabzugs für Berufsbildungsaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG verfassungsgemäß sind.

Daran anschließend hatte zudem der BFH mit Urteil vom 16.6.2020 seine Auffassung bestätigt, dass auch die rückwirkende Anwendung des Ausschlusses des Betriebsausgabenabzugs für Erstausbildungskosten für ein Studium gem. § 4 Abs. 9 EStG verfassungsgemäß ist (s. 1.2).

Mit Schreiben vom 18.5.2021 (BStBl I 2021, 680) hat das BMF entsprechende Vorläufigkeitsvermerke mit sofortiger Wirkung gestrichen. Ein Ruhenlassen außergerichtlicher Rechtsbehelfsverfahren sowie eine Aussetzung der Vollziehung kommen insoweit nicht mehr in Betracht. Zur Beendigung der Aussetzung der Vollziehung sind die allgemeinen Grundsätze heranzuziehen, vgl. § 361, Nr. 8.2.1 AEAO.

2. Erstmalige Berufsausbildung

2.1. Definition

Grds. sind Aufwendungen des Stpfl. für seine Berufsausbildung oder für sein Studium nur dann WK, wenn er zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet (§ 9 Abs. 6 Satz 1 EStG).

Nach 9 Abs. 6 EStG liegt eine Berufsausbildung als Erstausbildung vor, wenn

  • eine geordnete Ausbildung

  • mit einer Mindestdauer von 12 Monaten

  • bei vollzeitiger Ausbildung und

  • mit einer Abschlussprüfung

durchgeführt wird.

2.2. Mindestdauer von 12 Monaten

Eine Berufsausbildung als Erstausbildung muss für eine gewisse Dauer angelegt sein. Wird die Ausbildung in Vollzeit durchgeführt, umfasst die Mindestdauer einen Zeitraum von 12 Monaten. Um insbesondere auch die kürzeren Ausbildungen als Helferinnen und Helfer im Gesundheits- und Sozialwesen bei der Definition nicht unberücksichtigt zu lassen, wird die Mindestdauer auf 12 Monate festgelegt. »Vollzeit« heißt in diesem Zusammenhang eine Dauer von durchschnittlich mindestens 20 Stunden wöchentlich.

Berufsvorbereitende Maßnahmen oder Ausbildungen, die die gesetzliche Mindestausbildungsdauer von 12 Monaten unterschreiten, sind nach der Intention der vorliegenden Änderung keine Erstausbildung, weil sie nicht auf eine hinreichend qualifizierte berufliche Tätigkeit vorbereiten. Diese kurzen Ausbildungen erfolgen zwar auch oft auf der Grundlage von Rechts- und Verwaltungsvorschriften; es werden aber nur begrenzte berufliche Fähigkeiten für einfache Tätigkeiten erworben. Die Regelung geht bei diesen kurzen Ausbildungen typisierend davon aus, dass die auf eine solche Ausbildung folgende Berufsausbildung keine »Zweitausbildung« ist, für die ein Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug gewährt werden kann.

2.3. Inhalt der Ausbildung

Die Ausbildung muss die Vermittlung der erforderlichen beruflichen Handlungsfähigkeit zum Ziel und zum Gegenstand haben. Neben staatlich anerkannten oder staatlich geregelten Ausbildungen kommen auch solche Berufsausbildungen in Betracht, die nach Richtlinien von Berufs- oder Wirtschaftsverbänden oder internen Vorschriften der Bildungsträger geordnet sind. Letztere enthalten dabei insbesondere Ausführungen zu den beruflichen Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten, die in der Berufsausbildung vermittelt bzw. vom Auszubildenden erworben werden sollen, und zu der sachlichen und zeitlichen Gliederung der Ausbildung. Ferner können sie auch Ausführungen zu den Prüfungen enthalten.

Weitere Voraussetzung ist, dass die Berufsausbildung die zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln hat. Die Ausbildung zeichnet sich weiter dadurch aus, dass die Ausbildungsziele definiert sind, ein feststehender Lehrplan existiert sowie Beginn und Abschluss festgelegt sind. Weiterhin muss eine Berufsausbildung abgeschlossen sein, damit sie als erstmalige Berufsausbildung anerkannt werden kann. Ein Abschluss kann dabei durch Abschlussprüfung oder mittels planmäßiger Beendigung erfolgen. Eine abgebrochene Berufsausbildung ist damit keine abgeschlossene Berufsausbildung.

Keine erste Berufsausbildung i.S.d. Regelung sind z.B. auch:

  • ein Kurs zur Berufsorientierung oder -vorbereitung,

  • Kurse zur Erlangung der Fahrerlaubnis für Nutzfahrzeuge oder der Berechtigung zum Fahren von Flurförderfahrzeugen (Gabelstapler),

  • ein Betriebspraktikum,

  • eine Maßnahme zur Vermittlung einfachster Berufstätigkeiten (Anlerntätigkeiten, kurzfristige Einweisungen) oder

  • die Grundausbildung bei der Bundeswehr.

Auch der Abschluss mehrerer unabhängiger Kurse stellt keine erste Berufsausbildung dar; dies gilt auch dann, wenn die Kurse inhaltlich aufeinander aufbauen.

2.4. Auffangtatbestand

§ 9 Abs. 6 Satz 5 EStG schafft für bestimmte Fälle einen Auffangtatbestand zur Erfüllung der Kriterien einer Erstausbildung. In diesen Fällen liegt eine Erstausbildung auch vor, wenn der Stpfl. den formalen Berufsabschluss einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten erlangt, nachdem er zur Prüfung zugelassen wurde, ohne die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen zu haben. Damit werden insbesondere Stpfl., die nach § 45 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes, § 37 Abs. 2 der Handwerksordnung oder entsprechenden landesrechtlichen Regelungen als »Externe« zur Abschluss-/Gesellenprüfung zugelassen werden, diese bestehen und mit diesem Schritt ihre berufliche Perspektive verbessern konnten, auch für steuerliche Zwecke genauso behandelt werden, als hätten sie zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen. Dies ist gerechtfertigt, da die Zulassung zur Abschlussprüfung regelmäßig eine längere berufspraktische Tätigkeit voraussetzt, in der die erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Befähigungen erworben wurden.

3. Erststudium

3.1. Begriff

Ein Studium stellt dann ein erstmaliges Studium dar, wenn es sich um eine Erstausbildung i.S.d. § 9 Abs. 6 Satz 1 EStG handelt. Es darf ihm kein anderes durch einen berufsqualifizierenden Abschluss beendetes Studium oder keine andere abgeschlossene nichtakademische Berufsausbildung vorangegangen sein (BMF vom 8.2.2016, BStBl I 2016, 226, Rz. 9). Dies gilt auch in den Fällen, in denen während eines Studiums eine Berufsausbildung erst abgeschlossen wird, unabhängig davon, ob die beiden Ausbildungen sich inhaltlich ergänzen. In diesen Fällen ist eine Berücksichtigung der Aufwendungen für das Studium als WK/BA erst – unabhängig vom Zahlungszeitpunkt – ab dem Zeitpunkt des Abschlusses der Berufsausbildung möglich. Davon ausgenommen ist ein Studium, das im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Ein Studium wird aufgrund der entsprechenden Prüfungsordnung einer inländischen Hochschule durch eine Hochschulprüfung oder eine staatliche oder kirchliche Prüfung abgeschlossen (BMF vom 22.9.2010, BStBl I 2010, 721, Rz. 13).

Ein Studium liegt dann vor, wenn es sich um ein Studium an einer Hochschule i.S.d. § 1 HRG handelt. Nach dieser Vorschrift sind Hochschulen die Universitäten, die Pädagogischen Hochschulen, die Kunsthochschulen, die Fachhochschulen und die sonstigen Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind. Gleichgestellt sind private und kirchliche Bildungseinrichtungen sowie die Hochschulen des Bundes, die nach Landesrecht als Hochschule anerkannt werden. Studien können auch als Fernstudien durchgeführt werden (BMF vom 22.9.2010, BStBl I 2010, 721, Rz. 12 und BMF vom 8.2.2016, BStBl I 2016, 226, Rz. 8).

3.2. Abziehbarkeit der Aufwendungen

Aufwendungen für ein Erststudium, das eine Erstausbildung vermittelt, sind nach § 9 Abs. 6 Satz 1 EStG (im Umkehrschluss) grds. nicht als WK abziehbar.

Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet (§ 9 Abs. 6 Satz 1 2. Alt. EStG). Dies hat der BFH mit Urteil vom 12.2.2020 (VI R 17/20/VI R 64/12, BStBl II 2020, 719) bestätigt.

Leitsatz

Aufwendungen für ein Erststudium, das eine Erstausbildung vermittelt, sind nach § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG ab dem Veranlagungszeitraum 2004 nicht (mehr) als WK abziehbar, wenn das Studium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.

Sachverhalt

Eine Studentin hatte Aufwendungen für ihr Erststudium als WK geltend gemacht. Da sie in den Streitjahren keine bzw. nur geringfügige Einkünfte erzielte, wollte sie die dadurch entstehenden Verluste mit künftigen, nach dem Studium erzielten Einkünften verrechnen. Der BFH wollte der Klage der Studentin stattgeben, sah sich daran aber aufgrund des § 9 Abs. 6 EStG gehindert, der mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 in das EStG aufgenommen worden ist. Danach sind die Aufwendungen für eine Erstausbildung nicht als WK abziehbar. Deren Abzug kommt nur als Sonderausgaben begrenzt auf 4 000 € bzw. ab dem Jahr 2012 auf 6 000 € in Betracht. Da der Sonderausgabenabzug nicht zu einem vortragsfähigen Verlust führt, wirken sich – wie auch im Fall der Studentin – die Aufwendungen aufgrund der während der Ausbildung erzielten geringen Einkünfte regelmäßig nicht bzw. nicht in vollem Umfang steuerlich aus.

Der BFH hatte das zunächst ausgesetzte Verfahren der Studentin wieder aufgenommen und deren Klage anschließend abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Nachdem § 9 Abs. 6 EStG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anzuwenden ist, sind die Aufwendungen der Klägerin für das Bachelorstudium nicht (mehr) als WK zu berücksichtigen. Aufwendungen des Stpfl. für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann WK, wenn er zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.

Das FG hat allerdings die Aufwendungen der Klägerin für ihr Masterstudium zu Recht als WK anerkannt. Die Klägerin hatte nach den oben dargelegten Maßstäben mit dem Bestehen des Bachelor-Studiengangs ein Erststudium i.S.d. § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG abgeschlossen. Ihre Aufwendungen für das Master-Studium waren beruflich veranlasst und damit nach allgemeinen Grundsätzen als vorweggenommene WK zu berücksichtigen.

4. Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG

Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und für das Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, sind Kosten der Lebensführung und können lediglich als Sonderausgaben im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abgezogen werden (s.a. R 9.2 LStR 2023). Den Anforderungen des modernen Berufslebens wird dadurch Rechnung getragen, dass diese Kosten bis zu einem Betrag von 6 000 € pro Kj. abgezogen werden können. Der Höchstbetrag gilt nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 EStG bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten für jeden Ehegatten gesondert. Soweit berufliche Bildungsmaßnahmen nach dem Erwerb einer ersten Berufsausbildung oder nach einem ersten Studium erfolgen (weitere Berufsausbildung), sind sie unter dem Gesichtspunkt des lebenslangen Lernens in vollem Umfang als BA bzw. WK abziehbar (BMF vom 22.9.2010, BStBl I 2010, 721, Rz. 2 und 13).

5. Zusammenfassung

5.1. Erstmalige Berufsausbildung

Abb.: Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten I

5.2. Erststudium

5.2.1. Klassischer Weg

Abb.: Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten II

5.2.2. Anderer Weg

Abb.: Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten III

6. Einzelfälle-ABC

A

Allgemeinbildende Schulen. Unter einer allgemeinbildenden Schule versteht man eine Schule, die nicht mit einem Berufsabschluss endet. An diesen Schulen wird Allgemeinwissen vermittelt.

Mit Urteil vom 22.6.2006 (VI R 5/04, BStBl II 2006, 717; s.a. H 9.2 [Allgemeinbildende Schulen] LStH 2024) befasste sich der BFH mit der Frage, wie die Kosten für den Besuch einer allgemeinbildenden Schule zu behandeln sind.

Leitsatz

Aufwendungen für den Besuch einer allgemeinbildenden Schule sind regelmäßig keine WK.

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Kosten für den Besuch einer Fachoberschule nach Abschluss einer Lehre als WK bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abziehbar sind.

Entscheidungsgründe

Aufwendungen für eine Bildungsmaßnahme können, sofern sie beruflich veranlasst sind, WK oder BA sein. Liegt ein erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang vor, kommt es für die steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen nicht darauf an, ob ein neuer, ein anderer oder ein erstmaliger Beruf ausgeübt werden soll. Erforderlich ist ein hinreichend konkreter, objektiv feststellbarer Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen. Der BFH stellt in seiner Entscheidung fest, dass das FG unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze zu Recht entschieden hat, dass die Aufwendungen des Klägers für den Besuch der Fachoberschule nicht beruflich veranlasst sind. Der erwerbsbezogene Veranlassungszusammenhang kann nur angenommen werden, wenn die Ausbildung konkret und berufsbezogen auf eine Berufstätigkeit vorbereitet. Erst die Verschaffung von Berufswissen erfüllt den Werbungskostenbegriff. Diese Voraussetzungen sind beim Besuch allgemeinbildender Schulen, zu denen auch Fachoberschulen zählen, typischerweise nicht gegeben. Es fehlt hier regelmäßig an der erforderlichen Berufsbezogenheit. Dagegen ist es nicht von ausschlaggebender Bedeutung, dass das Abitur die Voraussetzung für die Aufnahme eines Hochschulstudiums ist.

Aus diesen Gründen hat das FG die Aufwendungen für den Schulbesuch des Klägers zu Recht nicht als vorab entstandene WK bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigt.

Approbation. Sie bezeichnet die staatliche Zulassung zur Berufsausübung für die Heilberufe des Arztes, Zahnarztes, des Apothekers, Psychotherapeuten und Tierarztes und erfolgt nicht mehr im Rahmen der ärztlichen Ausbildung. Die Zeit zwischen Ende der ärztlichen Ausbildung und der Erteilung der Approbation ist daher keine Ausbildung i.S.d. EStG. Die Aufwendungen während der Tätigkeit als angestellter Arzt im Praktikum sind als WK abziehbar, da diese Tätigkeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt wird.

Ausbildungskosten von Eltern für ihre Kinder. Ausbildungskosten, die Eltern für ihre Kinder aufwenden, können als Schulgeldzahlungen nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgaben berücksichtigt werden (→ Schulgeld). Die weiteren Ausbildungskosten für das Kind sind durch das Kindergeld bzw. den Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf abgedeckt (§ 32 Abs. 6 Satz 1 bzw. § 31 Satz 1 EStG).

Krankheitsbedingte Schulgeldzahlungen sind unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG i.H.v. 30 % des Schulgeldes als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Der übersteigende Betrag kann nach § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Krankheits- bzw. behinderungsbedingte Berufsausbildungskosten sind bis zu 6 000 € im Kj. unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Die darüber hinausgehenden Aufwendungen sind nach § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Betriebsausgaben

Ausbildungskosten für eigene Kinder zählen grds. zu den nicht abziehbaren Lebenshaltungskosten und sind nur unter den spezialgesetzlich geregelten Voraussetzungen abziehbar. Dieses generelle Abzugsverbot gilt auch dann, wenn die Aufwendungen eine spätere Unternehmensnachfolge vorbereiten sollen. Als BA i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG abziehbar sind solche Aufwendungen ausnahmsweise dann, wenn sie nachweisbar vollständig oder ganz überwiegend betrieblich veranlasst sind. Ausbildungskosten für eigene Kinder können danach nur dann als BA berücksichtigt werden, wenn der Leistungsbeziehung zwischen Eltern und Kind eine Vereinbarung zugrunde liegt, die klar und eindeutig getroffen ist und die nach Inhalt und Durchführung dem Fremdvergleich standhält.

BFH vom 6.11.2012

Mit Urteil vom 6.11.2012 (VIII R 49/10, BStBl II 2013, 309) musste der BFH über Aufwendungen als Sonderbetriebsausgaben für die Facharztausbildung des als Gesellschafter-Nachfolger vorgesehenen Sohnes entscheiden. Sonderbetriebsausgaben sind Aufwendungen des Gesellschafters, die durch die Beteiligung an der PersGes veranlasst sind und die der Gesellschafter persönlich getragen hat.

Leitsätze

  1. Aufwendungen eines GbR-Gesellschafters für die Facharztausbildung seines Sohnes, der als sein Nachfolger unentgeltlich in eine GbR eintreten soll, sind keine Sonderbetriebsausgaben, wenn eine solche Ausbildung einem fremden Dritten nicht gewährt worden wäre.

  2. Die Aufwendungen kommen auch nicht als (vorweggenommene) Sonderbetriebsausgaben des Sohnes und späteren Gesellschafters der GbR in Betracht, wenn dieser während der Ausbildung noch nicht Gesellschafter war.

Sachverhalt

Die Parteien streiten über den Abzug der Kosten für die Ausbildung des Sohnes eines Gesellschafters einer kieferorthopädischen Gemeinschaftspraxis zum Facharzt in den Jahren 2001 und 2022. Seit Juli 2004 ist der Sohn (Mit-)Gesellschafter der GbR. Sein Vater musste seine kassenärztliche Zulassung als Facharzt Ende September 2004 altersbedingt zurückgeben. Das FA verweigerte die Anerkennung der Kosten für die Facharztausbildung als Sonderbetriebsausgaben der GbR unter Hinweis auf das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG.

Entscheidungsgründe

Die Kosten für die Facharztausbildung des Sohnes sind keine Sonderbetriebsausgaben des später ausgeschiedenen Gesellschafters. Denn Aufwendungen, die jemand für die Ausbildung oder berufliche Fortbildung seiner Kinder trägt, sind grds. keine Sonderbetriebsausgaben. Ein Abzug kommt nur ausnahmsweise in Betracht, auch wenn die Ausbildung eine spätere Unternehmensnachfolge vorbereiten soll.

FG Münster vom 15.1.2016

Kosten des Studiums der eigenen Kinder können selbst dann nicht als BA abgezogen werden, wenn sich die Kinder verpflichten, nach Abschluss des Studiums für eine gewisse Zeit im elterlichen Unternehmen zu arbeiten. Dies hat das FG Münster mit Urteil vom 15.1.2016 (4 K 2091/13, EFG 2016, 551, LEXinform 5018744, rkr.) entschieden. Das FG führte aus, dass Ausbildungskosten der eigenen Kinder keine BA darstellten. Der Stpfl. (Vater der Kinder) sei unterhaltsrechtlich zur Übernahme der Kosten einer angemessenen Berufsausbildung seiner Kinder verpflichtet, sodass eine private Motivation vorgelegen habe. Die daneben bestehenden betrieblichen Erwägungen könnten allenfalls zu einer gemischten Veranlassung der Aufwendungen führen. Eine Trennung nach objektiven und scharfen Maßstäben sei jedoch nicht möglich, sodass es beim Abzugsverbot bleibe. Vor dem Hintergrund der unterhaltsrechtlichen Verpflichtung könne nicht davon ausgegangen werden, dass den Vereinbarungen nahezu ausschließlich betriebliche Erwägungen zugrunde gelegen hätten. Vielmehr sei die private Sphäre derart intensiv berührt, dass eine lediglich unbedeutende private Mitveranlassung ausscheide. Zudem sei der vertraglich vereinbarte Rückzahlungsanspruch im Zweifel zivilrechtlich gar nicht durchsetzbar gewesen (s.a. FG Münster Mitteilung vom 15.2.2016, LEXinform 0444092).

B

Bachelor. Nach § 19 Abs. 2 HRG stellt der Bachelor- oder Bakkalaureus-Grad einer inländischen Hochschule einen berufsqualifizierenden Abschluss dar. Daraus folgt, dass der Abschluss eines Bachelorstudiengangs den Abschluss eines Erststudiums darstellt und ein nachfolgender Studiengang als weiteres Studium anzusehen ist (BMF vom 8.2.2016, BStBl I 2016, 226, Rz. 10).

Nach § 19 Abs. 3 HRG kann die Hochschule aufgrund von Prüfungen, mit denen ein weiterer berufsqualifizierender Abschluss erworben wird, einen Master- oder Magistergrad verleihen. Die Hochschule kann einen Studiengang ausschließlich mit dem Abschluss Bachelor anbieten (grundständig). Sie kann einen Studiengang mit dem Abschluss als Bachelor und einem inhaltlich darauf aufbauenden Masterstudiengang vorsehen (konsekutives Masterstudium). Sie kann aber auch ein Masterstudium anbieten, ohne selbst einen entsprechenden Bachelorstudiengang anzubieten (postgraduales Masterstudium).

Berufskolleg. Darunter versteht man die Kombination von allgemeiner und beruflicher Bildung. Der Besuch eines Berufskollegs zum Erwerb der Fachhochschulreife gilt als Besuch einer allgemeinbildenden Schule (s.a. »Allgemeinbildende Schulen«). Dies gilt auch, wenn solch ein Abschluss, z.B. das Abitur, nach Abschluss einer Berufsausbildung nachgeholt wird. Derartige Aufwendungen können als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG vom GdE abgezogen werden.

D

Deutschkurs. Mit Urteil vom 15.3.2007 (VI R 14/04, BStBl II 2007, 814; s.a. H 9.2 [Deutschkurs] LStH 2024) befasste sich der BFH mit den Aufwendungen für den Erwerb von Deutschkenntnissen.

Leitsatz

Aufwendungen eines in Deutschland lebenden Ausländers für das Erlernen der deutschen Sprache gehören regelmäßig auch dann zu den nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung, wenn ausreichende Deutschkenntnisse für einen angestrebten Ausbildungsplatz förderlich sind.

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden für das Streitjahr (2001) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin ist thailändische Staatsangehörige und lebt seit der Eheschließung mit dem Kläger am 12.4.2001 in Deutschland. Sie war weder in Thailand noch im Streitjahr in Deutschland berufstätig. Im Streitjahr nahm die Klägerin an den von der Kreisvolkshochschule X angebotenen Sprachkursen »Deutsch als Fremdsprache – Intensiv I bis III« teil. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin Aufwendungen für die Sprachkurse als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das FA) berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen nicht.

E

Ende der Berufsausbildung. Eine Berufsausbildung ist dann abgeschlossen, wenn das Berufsziel erreicht ist (→ Fortbildungskosten, → Kinder). Die Aufwendungen für eine danach beginnende »zweite« Berufsausbildung sind in vollem Umfang als WK (§ 9 Abs. 6 EStG) oder BA (§ 4 Abs. 9 EStG) zu berücksichtigen.

Beispiel 1:

Die Stpfl. Eifrig (E) ist gelernte Einzelhandelskauffrau. Um ihre Arbeitsmarktchancen zu erhöhen, besucht sie ein Abendgymnasium und holt das Abitur nach. Im Anschluss an die Abiturprüfung entschließt sie sich, eine Ausbildung zur Reisefachangestellten zu beginnen. Nach erfolgreichem Abschluss beginnt sie danach mit einem Studium der Betriebswirtschaft.

Lösung 1:

Bei den Aufwendungen zur Ablegung des Abiturs (Gymnasium = allgemeinbildende Schule) handelt es sich um Kosten der privaten Lebensführung i.S.d. § 12 Nr. 1 EStG, die nicht bei den einzelnen Einkunftsarten abgezogen werden können. Derartige Aufwendungen sind als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu berücksichtigen (BMF vom 22.9.2010, BStBl I 2010, 721, Rz. 7, s.o.).

Die Ausbildung zur Reisefachfrau (Zweitausbildung) findet in der Regel in einem Dienstverhältnis statt, sodass die Aufwendungen als WK zu berücksichtigen sind. Auch ohne Vorliegen eines Dienstverhältnisses wären die Aufwendungen i.R.d. Zweitausbildung als WK zu berücksichtigen (s.a. BMF vom 22.9.2010, BStBl I 2010, 721, Rz. 2 und 13 sowie § 9 Abs. 6 EStG).

Bei einem Wechsel und einer Unterbrechung der erstmaligen Berufsausbildung bzw. bei einem Wechsel des Studiums ohne Abschluss des zunächst betriebenen Studiengangs, stellt die zunächst aufgenommene Berufsausbildung bzw. das zunächst aufgenommene Studium keine abgeschlossene Erstausbildung bzw. kein abgeschlossenes Erststudium dar (BMF vom 22.9.2010, BStBl I 2010, 721, Rz. 10 und 19). Bei einer Unterbrechung eines Studiengangs ohne einen berufsqualifizierenden Abschluss und seiner späteren Weiterführung stellt der der Unterbrechung nachfolgende Studienteil kein weiteres Studium dar.

Beispiel 2:

An einer Universität wird der Studiengang des Maschinenbaustudiums aufgenommen, anschließend unterbrochen und nunmehr eine Ausbildung als Kfz-Mechaniker begonnen, aber ebenfalls nicht abgeschlossen. Danach wird das Studium des Maschinenbaus weitergeführt und abgeschlossen.

Lösung 2:

§ 12 Nr. 5 EStG (ab 2015: § 9 Abs. 6 EStG) ist auf beide Teile des Maschinenbaustudiums anzuwenden. Das gilt unabhängig davon, ob das Maschinenbaustudium an derselben Hochschule fortgeführt oder an einer anderen Hochschule bzw. Fachhochschule aufgenommen und abgeschlossen wird.

Abwandlung:

Wird das begonnene Studium stattdessen, nachdem die Ausbildung als Kfz-Mechaniker erfolgreich abgeschlossen wurde, weitergeführt und abgeschlossen, ist § 12 Nr. 5 EStG a.F. nur auf den ersten Teil des Studiums anzuwenden, da der Fortsetzung des Studiums eine abgeschlossene nichtakademische Berufsausbildung vorausgeht (s.a. BMF vom 22.9.2010, BStBl I 2010, 721, Rz. 19, Beispiel). Dies gilt auch ab 2015 nach § 9 Abs. 6 EStG.

Nach dem BFH-Urteil vom 28.7.2011 (VI R 7/10, BStBl II 2012, 557) sind auch die Aufwendungen für den ersten Teil des Studiums in voller Höhe abziehbar. Dies wird jedoch durch § 4 Abs. 9 und § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG – sowie nach § 9 Abs. 6 und § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des Zollkodexgesetzes ab 2015 – eingeschränkt. Danach stellen Kosten für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine WK bzw. BA dar, sondern sind nach § 12 Nr. 5 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Ab 2015 stellen die Aufwendungen ebenfalls Sonderausgaben i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar.

F

Finanzanwärter. Die Vfg. der OFD Niedersachsen vom 15.3.2017 (S 2350 – 14 – St 215, SIS 17 05 75) gibt Hinweise zu Aufwendungen der Finanzanwärter für die eigene Berufsausbildung. Die Aufwendungen der Beamtenanwärter/-innen für ihre Ausbildung sind als WK abziehbar, weil die (erstmalige) Berufsausbildung bzw. das (Erst-)Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet (§ 9 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 EStG).

Abzugsfähige Aufwendungen entstehen insbes. für Fahrten zwischen Wohnung und dem jeweiligen Ausbildungsfinanzamt und aus Anlass der Teilnahme an auswärtigen Lehrgängen.

Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und dem jeweiligen Ausbildungsfinanzamt

  • Ausbildungsfinanzamt als erste Tätigkeitsstätte: Gem. § 9 Abs. 4 Satz 1 bis 3 EStG ist die erste Tätigkeitsstätte eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des ArbG, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom ArbG bestimmten Dritten, dem der ArbN durch dienst- oder arbeitsrechtliche Weisungen zugeordnet wurde und wo er dauerhaft tätig werden soll. Dies ist dann der Fall, wenn er dort für unbestimmte Zeit, einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten oder für den gesamten Zeitraum eines Dienstverhältnisses tätig werden soll. Die Anwärter werden ihrem Ausbildungsfinanzamt durch ihre Einstellungsverfügung zugeordnet. Die Zuordnung umfasst die gesamte Ausbildung und somit den gesamten Zeitraum eines Dienstverhältnisses, es handelt sich somit um eine dauerhafte Zuordnung. Die Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und dem Ausbildungsfinanzamt sind somit grds. mit der Entfernungspauschale gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als WK zu berücksichtigen.

  • Vorübergehende Zuordnung zu einem anderen FA: Werden die Anwärter/-innen von ihrer ersten Tätigkeitsstätte (Ausbildungsfinanzamt) vorübergehend an ein anderes FA abgeordnet (z.B. Ausbildung im Bereich der »Kasse« oder zur Ausbildung in einem Betriebsprüfungsfinanzamt), so handelt es sich insoweit um eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit i.S.d. R 9.4 LStR 2023 und die Anwärter/-innen können Reisekosten geltend machen. Demnach können Fahrtkosten nach R 9.5 LStR 2023 und Verpflegungsmehraufwendungen nach R 9.6 LStR 2023 als WK geltend gemacht werden.

  • Unterrichtsfinanzamt: Bei den Fahrten zwischen Wohnung und Unterrichtsfinanzamt im Rahmen der Ausbildungsarbeitsgemeinschaften handelt es sich ebenfalls um beruflich veranlasste Auswärtstätigkeiten. Die Fahrtkosten sind nach R 9.5 LStR 2023 zu berücksichtigen.

K

Klassenfahrt. Aufwendungen eines Berufsschülers für eine im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses als verbindliche Schulveranstaltung durchgeführte Klassenfahrt sind i.d.R. WK.

M

Master. Ein Masterstudium i.S.d. § 19 HRG kann nicht ohne ein abgeschlossenes Bachelor- oder anderes Studium aufgenommen werden. Es stellt daher ein weiteres Studium dar (BMF vom 8.2.2016, BStBl I 2016, 226, Rz. 19). Dies gilt auch für den Master of Business Administration (MBA). Die Kosten für das im Anschluss an das zweite juristische Staatsexamen anknüpfende Masterstudium können grundsätzlich als vorweggenommene WK im Rahmen der Einkünfte aus § 19 EStG berücksichtigt werden (BFH Urteil vom 22.7.2003, VI R 4/02, BFH/NV 2004, 32 sowie Urteil FG Köln vom 20.5.2016, 12 K 562/13, EFG 2016, 1605, Revision eingelegt, Az. BFH: VI R 29/16). Nach der Entscheidung des FG Köln können die Studienkosten jedoch nicht als (vorweggenommene) WK steuerlich berücksichtigt werden, wenn die Kosten im Rahmen eines Stipendiums steuerfrei erstattet werden.

Mit Urteil vom 3.9.2015 (VI R 9/15, BStBl II 2016, 166) hat der BFH entschieden, dass ein Masterstudium jedenfalls dann Teil einer einheitlichen Erstausbildung ist, wenn es zeitlich und inhaltlich auf den vorangegangenen Bachelorstudiengang abgestimmt ist (sog. konsekutives Masterstudium; s.a. BMF vom 8.2.2016, BStBl I 2016, 226, Rz. 19; Kurzbeitrag vom 22.12.2015, LEXinform 0652797; Pressemitteilung des BFH Nr. 78/2015 vom 18.11.2015, LEXinform 0443802).

Hinweis:

Ein konsekutiver Masterstudiengang kann direkt im Anschluss an einen Bachelorabschluss absolviert werden. Der konsekutive Master grenzt sich dadurch vom weiterbildenden Master ab, für den eine mehrjährige Berufserfahrung Voraussetzung ist. »Konsekutiv« bedeutet »zeitlich folgend« bzw. nachfolgend« (www.duden.de).

Die Abgeordnete Susanna Karawanskij (DIE LINKE.) hat u.a. folgende Frage an die Bundesregierung gerichtet (BT-Drs. 18/7842, 31): »Inwieweit gilt die durch den BFH im Urteil vom 3.9.2015 (VI R 9/15) im Bereich des Kindergeldes vorgenommene Einordnung eines konsekutiven Masterstudiums als Teil der Erstausbildung auch für den in § 9 Abs. 6 EStG geregelten Werbungskostenabzug?«

Antwort auf die Frage 23 des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Michael Meister vom 7.3.2016: »Das BFH-Urteil VI R 9/15 vom 3.9. 2015 hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Begriff der Erstausbildung im Werbungskostenbereich (§ 9 Abs. 6 EStG). Nach dem Urteil ist ein konsekutives Masterstudium noch Teil der Erstausbildung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. § 9 Abs. 6 EStG enthält demgegenüber eine gesetzliche Definition der Erstausbildung, die sich von der Begriffsbestimmung einer Erstausbildung in § 32 EStG unterscheidet.«

Bereits mit Urteil vom 3.7.2014 (III R 52/13, BStBl II 2015, 152, Rz. 34) stellt der BFH fest, dass die Auslegung der Begriffe der erstmaligen Berufsausbildung in § 12 Nr. 5 EStG a.F. (jetzt § 9 Abs. 6 EStG) und in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG unterschiedlich sind). Auch die Verwaltung hat in Rz. 12d des BMF-Schreibens vom 8.2.2016 (BStBl I 2016, 226) zur steuerlichen Berücksichtigung volljähriger Kinder im Familienleistungsausgleich geregelt, dass für die Frage, ob eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG abgeschlossen sind, es nicht darauf ankommt, ob die Berufsausbildung bzw. das Studium die besonderen Voraussetzungen für eine Erstausbildung i.S.d. § 9 Abs. 6 EStG erfüllen.

P

Pilot. Mit Urteil vom 18.3.2010 (4 K 1127/07, EFG 2010, 1781 Nr. 21) nahm das FG Rheinland-Pfalz Stellung zur Weiterbildung zum Piloten als erstmalige Berufsausbildung.

Leitsatz

Bei der Frage, ob es sich um erstmalige Berufsausbildungs- oder Fortbildungskosten handelt, ist nicht maßgeblich, ob der bisherige Beruf durch eine Ausbildung im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsganges erlernt und die frühere Ausbildung durch eine Prüfung abgeschlossen wurde (gegen BMF vom 4.11.2005, BStBl I 2005, 955).

Sachverhalt

Der Kläger war bei der J GmbH, einer Tochtergesellschaft von Boeing als Assistent Aviation Information Analyst beschäftigt und bezog aus diesem Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Gegenstand seiner dortigen Tätigkeit war die Erneuerung und Anpassung von Navigationsdaten für Flugzeuge, wobei es sich hierbei um keinen klassischen Ausbildungsberuf handelte.

Seit 2003 hatte sich der Kläger, der bereits über eine Privatfluglizenz verfügte, unter Gewährung von unbezahltem Sonderurlaub zum Verkehrsflugzeugführer ausbilden lassen. Die Ausbildung schloss den Erwerb einer Musterberechtigung für einen Flugzeugtyp ein. Die im Jahr 2003 angefallenen Ausbildungskosten waren im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2003 vom Beklagten als WK bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit anerkannt worden.

In der Zeit vom 9.4. bis zum 12.12.2004 setzte der Kläger diese Ausbildung an weiteren Flugschulen fort.

Praktika. Ein Praktikum ist regelmäßig Teil einer Bildungsmaßnahme und nicht auf Dauer angelegt. Das praktische Studiensemester ist einschließlich etwaiger Zusatzpraktika ein in das Studium integriertes, von der Universität bzw. Fachhochschule geregeltes, inhaltlich bestimmtes, betreutes und mit Lehrveranstaltungen begleitetes Studiensemester, das in der Regel in einem Betrieb oder in einer anderen Einrichtung der Berufspraxis außerhalb der Hochschule abgeleistet wird. Während der praktischen Studiensemester bleiben die Studenten Mitglieder der Hochschule mit den sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten. Damit ist die Universität trotz der praktischen Ausbildung Mittelpunkt der Tätigkeit. Soweit keine abgeschlossene Berufsausbildung vorangegangen ist, stellt das Praktikum Teil einer Erstausbildung dar. Die Aufwendungen sind nicht als WK zu berücksichtigen (BMF vom 22.9.2010, BStBl I 2010, 721, Rz. 9).

Promotion. Zu dieser Problematik gibt es einige Entscheidungen:

  • Die Vorbereitung auf das Doktorexamen (Promotion) ist regelmäßig Berufsausbildung, wenn sie im Anschluss an das erfolgreich abgeschlossene Studium ernsthaft und nachhaltig durchgeführt wird (BFH Urteil vom 16.3.2004, VIII R 65/03, BFH/NV 2004, 1522).

  • Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass dem Promotionsstudium und der Promotion durch die Hochschule selber der Abschluss eines Studiums vorangeht, sodass die erstmalige Berufsausbildung grundsätzlich bereits abgeschlossen ist (BMF vom 8.2.2016, BStBl I 2016, 226, Rz. 20a).

  • Aufwendungen für ein Promotionsstudium und die Promotion stellen BA oder WK dar, sofern ein berufsbezogener Veranlassungszusammenhang zu bejahen ist (BFH vom 4.11.2003, VI R 96/01, BStBl II 2004, 891). Dies gilt auch, wenn das Promotionsstudium bzw. die Promotion im Einzelfall ohne vorhergehenden berufsqualifizierenden Studienabschluss durchgeführt wird.

Eine Promotion stellt keinen berufsqualifizierenden Abschluss eines Studienganges dar (BMF vom 22.9.2010, BStBl I 2010, 721, Rz. 26).

R

Rettungssanitäter. Mit Urteil vom 27.10.2011 (VI R 52/10, BStBl II 2012, 825) nahm der BFH Stellung zur Ausbildung zum Rettungssanitäter als erstmalige Berufsausbildung.

Leitsätze

  1. Eine erstmalige Berufsausbildung i.S.v. § 12 Nr. 5 EStG setzt weder ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz noch eine bestimmte Ausbildungsdauer voraus.

  2. Die Ausbildung zum Rettungssanitäter ist eine erstmalige Berufsausbildung.

Sachverhalt

Der Kläger absolvierte nach dem Abitur seinen Zivildienst beim Deutschen Roten Kreuz als Rettungssanitäter, nachdem er eine entsprechende Ausbildung nach der landesrechtlichen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung erfolgreich absolviert hatte. Anschließend begann er eine Piloten-Ausbildung. Die Ausbildungskosten machte er als vorweggenommene WK geltend, das FA berücksichtigte die Aufwendungen lediglich als Sonderausgaben. Eine gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs lehnte es ab.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das FG der ersten Instanz vertrat die Auffassung, die vorgeschaltete Ausbildung zum Rettungssanitäter stelle keine Berufsausbildung dar. Somit sei die Pilotenausbildung des Klägers als erstmalige Berufsausbildung i.S.v. § 12 Nr. 5 EStG zu beurteilen und die damit verbundenen Kosten nicht als WK abzugsfähig.

S

Sprachkurs. Aufwendungen, die nicht der Berufsausbildung dienen, fallen nicht unter § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Das FG Köln (Urteil vom 30.5.2012, 7 K 2764/08, EFG 2012, 2196, LEXinform 5013989, rkr.) hat Aufwendungen für einen auswärtigen Sprachkurs (Italienisch-Sprachkurs in Italien) weder zum Werbungskosten- noch zum Sonderausgabenabzug i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zugelassen. Aufwendungen für einen auswärtigen Sprachkurs sind nur bei einem konkreten Zusammenhang mit der Berufstätigkeit als WK abziehbar. Der generelle Umstand, dass Fremdsprachenkenntnisse im Berufsleben als allgemein förderlich angesehen werden, begründet keinen ausreichend konkreten Zusammenhang für den Abzug von Aufwendungen eines Abteilungsleiters Personal/Finanzen für einen Sprachkurs in Italien. Aufwendungen für die Allgemeinbildung, die sich nicht als eine notwendige Voraussetzung für eine vom Stpfl. geplante Berufsausübung darstellt, sind auch keine Aufwendungen für eine eigene Berufsausbildung i.S.d. § 10 Nr. 7 EStG.

Aufwendungen eines in Deutschland lebenden Ausländers für das Erlernen der deutschen Sprache gehören regelmäßig auch dann zu den nichtabziehbaren Kosten der Lebensführung, wenn ausreichende Deutschkenntnisse für einen angestrebten Ausbildungsplatz förderlich sind. Die Aufwendungen können nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben berücksichtigt werden (BFH vom 15.3.2007, VI R 14/04, BStBl II 2007, 814). Der Besuch der Deutschkurse fördert in erster Linie die Allgemeinbildung des Stpfl. und stellt damit keine Berufsausbildung i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar.

Steueranwärter. Die Vfg. der OFD Niedersachsen vom 15.3.2017 (S 2350 – 14 – St 215, SIS 17 05 75) gibt Hinweise zu Aufwendungen der Steueranwärter für die eigene Berufsausbildung. Die Aufwendungen der Beamtenanwärter/-innen für ihre Ausbildung sind als WK abziehbar, weil die (erstmalige) Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet (§ 9 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 EStG).

Abzugsfähige Aufwendungen entstehen insbes. für Fahrten zwischen Wohnung und dem jeweiligen Ausbildungsfinanzamt und aus Anlass der Teilnahme an auswärtigen Lehrgängen.

Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und dem jeweiligen Ausbildungsfinanzamt

  • Ausbildungsfinanzamt als erste Tätigkeitsstätte: Gem. § 9 Abs. 4 Satz 1 bis 3 EStG ist die erste Tätigkeitsstätte eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des ArbG, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom ArbG bestimmten Dritten, dem der ArbN durch dienst- oder arbeitsrechtliche Weisungen zugeordnet wurde und wo er dauerhaft tätig werden soll. Dies ist dann der Fall, wenn er dort für unbestimmte Zeit, einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten oder für den gesamten Zeitraum eines Dienstverhältnisses tätig werden soll. Die Anwärter werden ihrem Ausbildungsfinanzamt durch ihre Einstellungsverfügung zugeordnet. Die Zuordnung umfasst die gesamte Ausbildung und somit den gesamten Zeitraum eines Dienstverhältnisses, es handelt sich somit um eine dauerhafte Zuordnung. Die Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und dem Ausbildungsfinanzamt sind somit grds. mit der Entfernungspauschale gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als WK zu berücksichtigen.

  • Vorübergehende Zuordnung zu einem anderen FA: Werden die Anwärter/-innen von ihrer ersten Tätigkeitsstätte (Ausbildungsfinanzamt) vorübergehend an ein anderes FA abgeordnet (z.B. Ausbildung im Bereich der »Kasse« oder zur Ausbildung in einem Betriebsprüfungsfinanzamt), so handelt es sich insoweit um eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit i.S.d. R 9.4 LStR 2023 und die Anwärter/-innen können Reisekosten geltend machen. Demnach können Fahrtkosten nach R 9.5 LStR 2023 und Verpflegungsmehraufwendungen nach R 9.6 LStR 2023 als WK geltend gemacht werden.

  • Unterrichtsfinanzamt: Bei den Fahrten zwischen Wohnung und Unterrichtsfinanzamt im Rahmen der Ausbildungsarbeitsgemeinschaften handelt es sich ebenfalls um beruflich veranlasste Auswärtstätigkeiten. Die Fahrtkosten sind nach R 9.5 LStR 2023 zu berücksichtigen.

Studium »ins Blaue hinein«. Mit Urteil vom 26.1.2005 (VI R 71/03, BStBl II 2005, 349) nahm der BFH Stellung zu Aufwendungen für ein Studium als vorab entstandene WK.

Leitsatz

Die Frage, ob Aufwendungen für ein Studium in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen stehen, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung.

Sachverhalt

Im Revisionsverfahren belegte die 55-jährige Klägerin das Studienfach »Kunstgeschichte« und strebte eine »Tätigkeit in einem Museum« an. Das FG hatte – wie vom BFH bestätigt – in der Vorentscheidung festgestellt, dass die behauptete angestrebte Tätigkeit zu wenig konkret sei. Es hat weiterhin in seine Würdigung eingezogen, dass bei der Aufnahme des Studienfachs »Kunstgeschichte« private Interessen und Neigungen und die Absicht der Freizeitgestaltung im Vordergrund gestanden haben könnten. Der BFH bestätigt weiterhin die Annahme des FG, dass nach Abschluss der Promotion wegen des Alters der Klägerin und ihrer mangelnden Berufserfahrung die Aussicht, als Berufsanfängerin mit ungefähr 55 Jahren eine Beschäftigung als Kunsthistorikerin zu finden, gering sei. Danach waren die Aufwendungen nicht als WK, sondern als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu berücksichtigen.

Mit rkr. Urteil vom 12.5.2010 (7 K 81/07, EFG 2011, 45) stellt das FG Baden-Württemberg fest, dass Kosten, die im Anschluss an eine erstmalige Berufsausbildung für eine weitere Berufsausbildung oder sonstige Bildungsmaßnahmen entstehen, nach § 9 Abs. 6 EStG zum Werbungskostenabzug führen. Erzielt der Stpfl. noch keine Einnahmen, können vorab entstandene WK gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG vorliegen. Maßgebend ist, dass die Aufwendungen beruflich veranlasst sind. Sie müssen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus einer beruflichen Tätigkeit stehen. Ein unmittelbarer oder bestimmter zeitlicher Zusammenhang mit Einnahmen ist nicht erforderlich. Der notwendige Veranlassungszusammenhang fehlt allerdings dann, wenn »gleichsam ins Blaue hinein« studiert wird oder ansonsten private Gründe für die Aufnahme des Studiums nicht ausgeschlossen werden können (BFH Urteile vom 1.2.2007, VI R 62/03, BFH/NV 2007, 1291 vom 20.7.2006, VI R 26/05, BStBl II 2006, 764 und vom 26.1.2005, VI R 71/03, BStBl II 2005, 349).

Im Streitfall (7 K 81/07) hatte die Stpfl. F ein Studium in den USA in erster Linie aus privaten Gründen aufgenommen. F hatte bei ihrem Aufenthalt in den USA einen neuen Partner kennengelernt, zu dem sie in der Folge eine feste Beziehung aufgebaut hat. F wollte nach ihrer zwischenzeitlichen Rückkehr nach Deutschland wieder zurück in die USA und dort auf Dauer zusammen mit ihrem neuen Partner leben und in den USA arbeiten. F suchte dann jedoch vergeblich nach einer Arbeitsstelle in den USA. Mangels Arbeitsstelle in den USA bekam F indes auch kein Visum für die USA. In dieser Zwangslage kam F auf den Gedanken, ein Masterstudium in den USA aufzunehmen, da sie dadurch als Studentin in die USA einreisen und sich als Studentin dort aufhalten konnte. Nach den Erklärungen der Eltern der F hätte F ansonsten »nie und nimmer« ein Studium in den USA aufgenommen. Bei dieser Sachlage treten die von der F angesprochenen Umstände, die für eine erwerbsbezogene Veranlassung der Aufwendungen sprechen mögen, in den Hintergrund und werden durch die privaten Gründe für die Aufnahme des Studiums überlagert.

T

Theaterwissenschaften. Fraglich ist die Anerkennung von Aufwendungen für ein nach Eintritt in den Ruhestand begonnenes Studium der Theaterwissenschaften Das Schleswig-Holsteinische FG stellte mit Urteil vom 16.5.2017 (4 K 41/16 EFG 2017, 1422 Nr. 17) fest, dass Aufwendungen für ein solches Studium nur dann als (vorweggenommene) WK oder Sonderausgaben berücksichtigt werden können, wenn im konkreten Einzelfall ein hinreichend erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang besteht. Es führt aus, dass, wenn Aufwendungen nicht dazu dienen, später Erwerbseinnahmen zu erzielen, ein (Sonderausgaben-)Abzug nicht in Betracht kommt. Ob ein hinreichend erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang zu bejahen ist, ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Streitfalls zu beantworten. Dabei kann auch das Alter des Stpfl. als ein Umstand herangezogen werden.

7. ABC der abzugsfähigen Kosten

A

Allgemeinbildende Schulen. Die Kosten für den Besuch allgemeinbildender Schulen jeder Art – auch für Ersatz- und Ergänzungsschulen – sind ausnahmslos Ausbildungskosten i.S.d. § 12 Nr. 1 EStG, da der Schulbesuch, angefangen von der Grundschule, die notwendige Grundlage für das Leben und die Ausübung der verschiedensten Berufe schafft (§ 12 Nr. 1 EStG; BMF vom 22.9.2010, BStBl I 2010, 721, Rz. 7).

Arbeitsmittel. Die für → Arbeitsmittel i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG geltenden Vorschriften sind sinngemäß anzuwenden (H 10.9 [Aufwendungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG/Arbeitsmittel] EStH 2021). Vgl. dazu im Einzelnen auch R 9.12 LStR 2023.

Arbeitszimmer (→ Häusliches Arbeitszimmer). Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 und § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG dürfen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung grds. nicht als BA oder WK abgezogen werden.

Bildet das häusliche Arbeitszimmer jedoch den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, können die Aufwendungen in voller Höhe steuerlich berücksichtigt werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG); dies gilt auch, wenn ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Eine ausführliche Darstellung der einkommensteuerlichen Behandlung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer enthält das BMF-Schreiben vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320).

Hinweis:

Mit dem JStG 2022 vom 16.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) hat der Gesetzgeber u.a. auch die Regelungen für die steuerliche Berücksichtigung eines anerkannten häuslichen Arbeitszimmers geändert. Die neuen Regelungen gelten ab 2023.

Auslands(praxis)semester. Der BFH entschied in seinem Urteil vom 14.5.2020 (VI R 3/18, BStBl II 2021, 302), dass im Rahmen eines – im Anschluss an eine erste Ausbildung – begonnenen Studiums das Auslands(praxis)semester zu vorab entstandenen WK führen kann.

Leitsätze

  1. Sieht die Studienordnung einer Universität vor, dass Studierende einen Teil des Studiums an einer anderen (weiteren) Hochschule (hier Auslandssemester) absolvieren können bzw. müssen, wird an der anderen Hochschule keine weitere erste Tätigkeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG begründet.

  2. Studierende können daher Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen, die durch den Besuch der anderen Hochschule veranlasst sind, nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5a und Abs. 4a EStG als vorab entstandene WK geltend machen.

  3. Entsprechendes gilt i.d.R. auch für Studierende, die im Rahmen ihres Studiums ein Praxissemester oder Praktikum ableisten können bzw. müssen und dabei ein Dienstverhältnis begründen.

Sachverhalt

Die Klägerin begann nach dem Abschluss einer ersten Ausbildung zum Wintersemester 2012/13 mit dem Studium International Business an einer inländischen FH. Die Bachelorprüfungsordnung für diesen achtsemestrigen Studiengang schrieb vor, dass das Studium ab dem fünften Semester an einer Partnerhochschule im ausländischen Sprachraum fortzuführen sowie ein Auslandspraxissemester zu absolvieren war.

D

Diebstahlkosten. Die durch den Diebstahl eines Fahrrads verursachten Kosten stellen WK dar, wenn der Verlust so gut wie ausschließlich beruflich und nicht wesentlich durch den Stpfl. privat mitveranlasst ist. Erfolgt der Diebstahl des Fahrrades eines Studenten aus dem Fahrradkeller der Privatwohnung, sodass sich kein durch den Hochschulbesuch bedingtes Risiko realisiert, dürfen die Aufwendungen nach § 12 Nr. 1 EStG nicht) steuermindernd angesetzt werden (FG Baden-Württemberg Urteil vom 16.12.2009, 1 K 3933/09, EFG 2011, 789).

F

Fachliteratur. Zur Frage wie Aufwendungen eines Lehrers (z.B. Fachliteratur) an einer privaten Fachschule für ein Hochschulstudium zur Erlangung der Lehrbefugnis an staatlicher Fachschule steuerlich zu qualifizieren sind, nahm der BFH mit Urteil vom 28.11.1980 (VI R 195/79, BStBl II, 309) Stellung. Er entschied, dass die Aufwendungen keine Fortbildungskosten im Rahmen des Werbungskostenabzugs, sondern Ausbildungskosten darstellen.

Fahrtkosten.

Fahrten zwischen Wohnung und Ausbildungsort

Fahrtkosten sind mit 0,30 € für jeden Entfernungskilometer zu berücksichtigen (→ Entfernungspauschale).

Durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl I 2013, 285) wird in § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG als erste Tätigkeitsstätte auch eine Bildungseinrichtung behandelt, die zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird. Voraussetzung für diese Annahme ist allerdings, dass die Maßnahme nicht durch ein bestehendes Dienstverhältnis veranlasst ist. Da der Stpfl. in diesen Fällen keinem Direktionsrecht unterliegt, sondern selbst die Entscheidung für die jeweilige Bildungseinrichtung trifft, hat er – vergleichbar dem ArbN, der einer betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet ist – die Möglichkeit, sich auf die ihm entstehenden Wegekosten einzurichten und deren Höhe zu beeinflussen (BMF vom 24.10.2014, BStBl I 2014, 1412, Rz. 32 bis 34).

Ein Studium oder eine Bildungsmaßnahme findet insbesondere dann außerhalb eines Dienstverhältnisses statt, wenn

  • diese nicht Gegenstand des Dienstverhältnisses sind, auch wenn sie seitens des ArbG durch Hingabe von Mitteln, wie z.B. eines Stipendiums, gefördert werden oder

  • diese ohne arbeitsvertragliche Verpflichtung absolviert werden und die Beschäftigung lediglich das Studium oder die Bildungsmaßnahme ermöglicht.

Ein Vollzeitstudium oder eine vollzeitige Bildungsmaßnahme liegt insbesondere vor, wenn der Stpfl. im Rahmen des Studiums oder der Bildungsmaßnahme für einen Beruf ausgebildet wird und daneben entweder keiner Erwerbstätigkeit nachgeht oder während der gesamten Dauer des Studiums oder der Bildungsmaßnahme eine Erwerbstätigkeit mit durchschnittlich bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit oder in Form eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses i.S.d. §§ 8 und 8a SGB IV ausübt (BMF vom 24.10.2014, BStBl I 2014, 1412, Rz. 33; s.a. H 32.10 [Ausschluss von Kindern auf Grund einer Erwerbstätigkeit] EStH i.V.m. A 20.3 DA-KG 2019, BStBl I 2019, 654; s.a. → Auswärtstätigkeit unter dem Gliederungspunkt »Bildungseinrichtung«).

Fahrtkosten zwischen Wohnung und Praktikumstätigkeitsstätte

Im Urteil vom 16.1.2013 (VI R 14/12, BStBl II 2013, 449) befasste sich der BFH mit der Frage, in welcher Höhe Fahrtaufwendungen als WK abzugsfähig sind.

Leitsatz

Leistet ein Student den praktischen Teil seiner Hochschulausbildung in einem Betrieb außerhalb der Hochschule ab, ist der Betrieb nicht seine regelmäßige Arbeitsstätte. Die Kosten für die Wege dorthin sind uneingeschränkt als WK abziehbar.

Finanzanwärter. Die Vfg. der OFD Niedersachsen vom 15.3.2017 (S 2350 – 14 – St 215, SIS 17 05 75) gibt Hinweise zu Aufwendungen der Finanzanwärter für die eigene Berufsausbildung. Die Aufwendungen der Beamtenanwärter/-innen für ihre Ausbildung sind als WK abziehbar, weil die (erstmalige) Berufsausbildung bzw. das (Erst-)Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet (§ 9 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 EStG).

Abzugsfähige Aufwendungen entstehen insbes. für Fahrten zwischen Wohnung und dem jeweiligen Ausbildungsfinanzamt und aus Anlass der Teilnahme an auswärtigen Lehrgängen.

Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und dem jeweiligen Ausbildungsfinanzamt

  • Ausbildungsfinanzamt als erste Tätigkeitsstätte: Gem. § 9 Abs. 4 Satz 1 bis 3 EStG ist die erste Tätigkeitsstätte eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des ArbG, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom ArbG bestimmten Dritten, dem der ArbN durch dienst- oder arbeitsrechtliche Weisungen zugeordnet wurde und wo er dauerhaft tätig werden soll. Dies ist dann der Fall, wenn er dort für unbestimmte Zeit, einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten oder für den gesamten Zeitraum eines Dienstverhältnisses tätig werden soll. Die Anwärter werden ihrem Ausbildungsfinanzamt durch ihre Einstellungsverfügung zugeordnet. Die Zuordnung umfasst die gesamte Ausbildung und somit den gesamten Zeitraum eines Dienstverhältnisses, es handelt sich somit um eine dauerhafte Zuordnung. Die Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und dem Ausbildungsfinanzamt sind somit grds. mit der Entfernungspauschale gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als WK zu berücksichtigen.

  • Vorübergehende Zuordnung zu einem anderen FA: Werden die Anwärter/-innen von ihrer ersten Tätigkeitsstätte (Ausbildungsfinanzamt) vorübergehend an ein anderes FA abgeordnet (z.B. Ausbildung im Bereich der »Kasse« oder zur Ausbildung in einem Betriebsprüfungsfinanzamt), so handelt es sich insoweit um eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit i.S.d. R 9.4 LStR 2023 und die Anwärter/-innen können Reisekosten geltend machen. Demnach können Fahrtkosten nach R 9.5 LStR 2023 und Verpflegungsmehraufwendungen nach R 9.6 LStR 2023 als WK geltend gemacht werden.

  • Unterrichtsfinanzamt: Bei den Fahrten zwischen Wohnung und Unterrichtsfinanzamt im Rahmen der Ausbildungsarbeitsgemeinschaften handelt es sich ebenfalls um beruflich veranlasste Auswärtstätigkeiten. Die Fahrtkosten sind nach R 9.5 LStR 2023 zu berücksichtigen.

G

Gebühren, wie z.B. Lehrgangs-, Schul- und Studiengebühren.

H

Habilitation. Aufwendungen eines wissenschaftlichen Assistenten an einer Hochschule für seine Habilitation sind WK i.S.v. § 9 EStG.

L

Lerngemeinschaften. Der BFH befasste sich in seinem Urteil vom 10.4.2014 (III R 35/13, BStBl II 2014, 1011) mit der Frage, ob eine private Lerngemeinschaft eine regelmäßige Arbeitsstätte darstellt. Der BFH kam zu dem Schluss, dass bei einem Auszubildenden im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses, aus dem er Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt und der eine Berufsfachschule besucht, deren Träger sein ArbG ist und die sich auf demselben Gelände wie der Ausbildungsbetrieb befindet, nicht nur der Ausbildungsbetrieb, sondern auch die Berufsfachschule regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG in der bis Ende 2013 geltenden Fassung darstellt.

M

Mehraufwand für Verpflegung (→ Doppelte Haushaltsführung).

Mehraufwand wegen doppelter Haushaltsführung. Eine doppelte Haushaltsführung setzt voraus, dass der ArbN außerhalb des Ortes, an dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch wohnt. Das ist typischerweise dann der Fall, wenn sich der ArbN am Ort einer Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG (erste Tätigkeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 4 EStG ab dem VZ 2014) eine Unterkunft nimmt. Beschäftigungsort i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ist somit der Ort der regelmäßigen Arbeitsstätte. Unter regelmäßiger Arbeitsstätte i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG versteht der BFH nach neuerer Rspr. nur eine ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des ArbG und damit regelmäßig den Betrieb des ArbG. Eine arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung, wie eine Universität, ist grundsätzlich nicht als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2014 gilt eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird, nach § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG als erste Tätigkeitsstätte. Da ab dem VZ 2014 daher eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, sind auch die weiteren Voraussetzungen für das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG zu berücksichtigen.

Nach dem Urteil des FG Münster vom 24.1.2018 (7 K 1007/17, EFG 2018, 549, LEXinform 5020905, Revision eingelegt, Az. BFH: VI R 3/18, LEXinform 0951826) begründet ein Student, der für ein oder mehrere Auslandssemester an einer ausländischen Hochschule studiert, dort eine erste Tätigkeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG. Eine Universität ist nicht nur im Fall eines vollständigen Auslandsstudiums, sondern auch im Fall eines Auslandssemesters als erste Tätigkeitsstätte des Studenten anzusehen (s.a. FG Münster Mitteilung vom 15.2.2018, LEXinform 0447828). Ein Werbungskostenabzug wegen doppelter Haushaltsführung entfällt, wenn der Student im Inland keinen eigenen Hausstand unterhält.

Danach liegt eine doppelte Haushaltsführung vor, wenn der Student außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Haushalt unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt. Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung (laufende Kosten der Haushaltsführung) voraus (s. BMF vom 24.10.2014, BStBl I 2014, 1412, Rz. 99 und 100). Es genügt nicht, wenn der ArbN (Student) z.B. im Haushalt der Eltern lediglich ein oder mehrere Zimmer unentgeltlich bewohnt oder wenn dem ArbN (Student) eine Wohnung im Haus der Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird. Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung ist darzulegen und kann auch bei volljährigen Kindern, die bei ihren Eltern oder einem Elternteil wohnen, nicht generell unterstellt werden. Durch diese Neuregelung ist die anders lautende Rspr. des BFH (z.B. BFH vom 16.1.2013, VI R 46/12, BStBl II 2013, 627) überholt. Eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung mit Bagatellbeträgen ist nicht ausreichend. Betragen die Barleistungen des ArbN (Student) mehr als 10 % der monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Haushaltsführung (z.B. Miete, Mietnebenkosten, Kosten für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs) ist von einer finanziellen Beteiligung oberhalb der Bagatellgrenze auszugehen. Liegen die Barleistungen darunter, kann der ArbN (Student) eine hinreichende finanzielle Beteiligung auch auf andere Art und Weise darlegen. Bei Ehegatten oder Lebenspartnern mit den Steuerklassen III, IV oder V kann eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung ohne entsprechenden Nachweis unterstellt werden (BMF vom 24.10.2014, BStBl I 2014, 1412, Rz. 100 und 109).

Kosten der Unterkunft sind jedoch nur dann durch die Bildungsmaßnahme und damit beruflich veranlasst, wenn es sich dabei um notwendige Mehraufwendungen handelt. Das ist nur dann der Fall, wenn der Ort der Bildungsmaßnahme, hier der Studienort, nicht der Lebensmittelpunkt des Stpfl. ist und die Unterkunft dort zur Wohnung am Ort des Lebensmittelpunkts hinzukommt. Ob die außerhalb des Studienorts belegene Wohnung als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen anzusehen ist, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen.

Kommt ein Abzug der Unterkunftskosten gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG dem Grunde nach nicht in Betracht, scheidet auch eine steuerliche Berücksichtigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG aus. Bei einem stpfl. Studenten, der seinen Lebensmittelpunkt an den Studienort verlagert hat, kann regelmäßig nicht von einer auswärtigen Unterbringung ausgegangen werden.

Mietkosten.

FG Niedersachsen vom 26.11.2009

Wie die Mietkosten für ein auswärts studierendes Kind zu beurteilen sind, klärte das FG Niedersachsen mit Urteil vom 26.11.2009 (1 K 405/05, EFG 2010, 417 Nr. 5).

Leitsätze

  1. Kosten eines Mietvertrages, den ein Vater für seinen studierenden Sohn am auswärtigen Studienort abgeschlossen hat, sind keine WK des Sohnes. Vielmehr sind die Kosten dem Vater zuzuordnen, der die Mietzahlungen bestritten hat.

  2. Die Mietkosten sind dem Sohn auch nicht im Wege eines abgekürzten Vertrags- oder Zahlungsweges als WK zuzurechnen.

  3. Auf die Frage, ob § 12 Nr. 5 EStG verfassungsgemäß ist, kommt es daher nicht an.

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Frage, ob ein Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit angefallen ist. Der Kläger absolviert ein Studium in R. Dazu mietete der Vater des Klägers für seinen Sohn eine Unterkunft in R an. Von dieser Unterkunft suchte der Kläger die Fachhochschule auf, an den Wochenenden fuhr er in das Haus seiner Eltern, wo er einen eigenen Hausstand unterhielt.

In seiner Einkommensteuererklärung deklarierte der Kläger WK für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die sich u.a. aus Kosten doppelter Haushaltsführung für die angemietete Wohnung in R, unmittelbaren Ausgaben für das Studium sowie Kosten im Zusammenhang mit einem Praxissemester zusammensetzten.

FG Niedersachsen vom 25.2.2016

Mit Urteil vom 25.2.2016 (1 K 169/15, EFG 2016, 891, LEXinform 5018919, rkr.) bestätigt das FG Niedersachsen die bisherige Rechtsprechung, wonach bei Dauerschuldverhältnissen die Grundsätze des abgekürzten Vertragsweges nicht anwendbar sind.

Leitsätze (Auszug)

  1. Zum Begriff der WK gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

  2. Drittaufwand kann grds. nicht als WK Berücksichtigung finden.

  3. Zum Begriff des Aufwands i.R. eines abgekürzten Zahlungsweges.

  4. Die Aufwendungen im Fall eines abgekürzten Vertragsweges werden dem Stpfl. ebenso zugerechnet wie im Fall des abgekürzten Zahlungsweges.

  5. Ein Mietverhältnis mit einer Stundungsabrede ist nicht zu vergleichen mit einem Verhältnis, in dem Eltern ihren Kindern Gelder im Wege eines Darlehens zuwenden und die Kinder dann ihrerseits die Darlehen zur Mietzahlung verwenden.

  6. Leistet ein Vater im Interesse seiner Tochter Mietzahlungen und stundet ihr diese Mietzahlungen mit der Abrede, die Tochter habe die Aufwendungen später zurückzuzahlen, so führen die Zahlungen des Vaters in den Streitjahren nicht zu WK bei der Tochter.

Sachverhalt

Die Studentin S nahm nach der Berufsausbildung ein Studium auf. In ihrer ESt-Erklärung machte S wegen des Studiums u.a. WK für eine Maklerprovision für die Anmietung einer Wohnung sowie Mietzahlungen für die angemietete Wohnung und eine Garage geltend. Vertragspartner der Verträge war aber nicht S, sondern ihr Vater V, der auch die Zahlungen leistete.

Entscheidungsgründe

Die Maklerprovision ist durch das Studium veranlasst. Die Anmietung einer Wohnung war für S erforderlich, um das Studium aufnehmen zu können. Von ihrem bisherigen Wohnort aus hätte sie das Studium, das kein Fernstudium war, nicht bestreiten können.

Bei den vom Vater V getragenen Maklerkosten handelt es sich um eigenen Aufwand der S i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, der von ihrem Vater aufgrund eines abgekürzten Vertragsweges geleistet wurde. Dass der Vater die Maklerkosten als Vertragspartner des vermittelten Mietvertrages als eigene Schuld leistete, steht dem nicht entgegen. Hierbei handelt es sich um einen abgekürzten Vertragsweg, da der Vater die Wohnung tatsächlich für die Tochter S zur Aufnahme des Studiums angemietet hatte. Der Abschluss des Maklervertrages diente dazu, die Wohnung anmieten zu können. Er und die darauf beruhende Zahlung der Maklerprovision sind im Interesse der S und ihres Studiums erfolgt.

Auch in Fall des abgekürzten Vertragsweges wendet der Vater der S Geld zu und bewirkt dadurch zugleich deren Entreicherung, indem er mit der Zahlung an den Makler den Vertrag erfüllt. Nach dem für das Steuerrecht maßgebenden wirtschaftlichen Gehalt eines solchen Dreiecksverhältnisses ist die Direktzahlung des Vaters dem Zahlungsumweg über die S im Rahmen zweier zweiseitiger Rechtsbeziehungen gleich zu behandeln (vgl. BFH vom 15.11.2005, IX R 25/03, BStBl II 2006, 623). Dies gilt jedenfalls dann, wenn Zuwendungsgegenstand entsprechend dem abgekürzten Zahlungsweg ein Geldbetrag ist, wie dies bei einer Maklerprovision, um die es hier geht, der Fall ist.

Hinsichtlich der Mietzahlungen liegt kein Fall des abgekürzten Zahlungsweges vor, da der Vater der S hier eigene Schulden aus den Mietverträgen mit der Vermieterin tilgt.

Zwar hat der Vater die Zahlungen aufgrund eines abgekürzten Vertragsweges geleistet. Wie bereits zu den Maklerkosten ausgeführt, erfolgte die Anmietung der Wohnung in Frankfurt für die Studentin. Gleichwohl führt die Abkürzung des Vertragsweges hier nicht zu abziehbaren Aufwendungen der S. Die Grundsätze des abgekürzten Vertragsweges sind nach Auffassung des BFH bei Dauerschuldverhältnissen nicht anwendbar. Dies gilt insbes. dann, wenn der von dem Dritten abgeschlossene Vertrag auf eine Nutzungsüberlassung gerichtet ist. In diesen Fällen leistet der Dritte stets für eigene Rechnung und wendet dem Stpfl. nur ein ungesichertes Nutzungsrecht zu (BFH vom 24.2.2000, IV R 75/98, BStBl II 2000, 314 und vom 15.11.2005, IX R 25/03, BStBl II 2006, 623). Bei einem Mietverhältnis handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis. Es ist auf einen fortwährenden Leistungsaustausch von Überlassung der Mietsache gegen Zahlung des Mietzinses gerichtet.

S

Steueranwärter. Die Vfg. der OFD Niedersachsen vom 15.3.2017 (S 2350 – 14 – St 215, SIS 17 05 75) gibt Hinweise zu Aufwendungen der Steueranwärter für die eigene Berufsausbildung. Die Aufwendungen der Beamtenanwärter/-innen für ihre Ausbildung sind als WK abziehbar, weil die (erstmalige) Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet (§ 9 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 EStG).

Abzugsfähige Aufwendungen entstehen insbes. für Fahrten zwischen Wohnung und dem jeweiligen Ausbildungsfinanzamt und aus Anlass der Teilnahme an auswärtigen Lehrgängen.

Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und dem jeweiligen Ausbildungsfinanzamt

  • Ausbildungsfinanzamt als erste Tätigkeitsstätte: Gem. § 9 Abs. 4 Satz 1 bis 3 EStG ist die erste Tätigkeitsstätte eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des ArbG, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom ArbG bestimmten Dritten, dem der ArbN durch dienst- oder arbeitsrechtliche Weisungen zugeordnet wurde und wo er dauerhaft tätig werden soll. Dies ist dann der Fall, wenn er dort für unbestimmte Zeit, einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten oder für den gesamten Zeitraum eines Dienstverhältnisses tätig werden soll. Die Anwärter werden ihrem Ausbildungsfinanzamt durch ihre Einstellungsverfügung zugeordnet. Die Zuordnung umfasst die gesamte Ausbildung und somit den gesamten Zeitraum eines Dienstverhältnisses, es handelt sich somit um eine dauerhafte Zuordnung. Die Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und dem Ausbildungsfinanzamt sind somit grds. mit der Entfernungspauschale gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als WK zu berücksichtigen.

  • Vorübergehende Zuordnung zu einem anderen FA: Werden die Anwärter/-innen von ihrer ersten Tätigkeitsstätte (Ausbildungsfinanzamt) vorübergehend an ein anderes FA abgeordnet (z.B. Ausbildung im Bereich der »Kasse« oder zur Ausbildung in einem Betriebsprüfungsfinanzamt), so handelt es sich insoweit um eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit i.S.d. R 9.4 LStR 2023 und die Anwärter/-innen können Reisekosten geltend machen. Demnach können Fahrtkosten nach R 9.5 LStR 2023 und Verpflegungsmehraufwendungen nach R 9.6 LStR 2023 als WK geltend gemacht werden.

  • Unterrichtsfinanzamt: Bei den Fahrten zwischen Wohnung und Unterrichtsfinanzamt im Rahmen der Ausbildungsarbeitsgemeinschaften handelt es sich ebenfalls um beruflich veranlasste Auswärtstätigkeiten. Die Fahrtkosten sind nach R 9.5 LStR 2023 zu berücksichtigen.

Stipendium. Zur Kürzung des Werbungskostenabzugs bei steuerfreien Leistungen aus einem Stipendium nahm der BFH mit Urteil vom 29.9.2022 (VI R 34/20, BStBl II 2023, 142) Stellung.

Leitsätze

  1. WK setzen eine Belastung mit Aufwendungen voraus. Davon ist auszugehen, wenn in Geld oder Geldeswert bestehende Güter aus dem Vermögen des Stpfl. abfließen. Eine endgültige Belastung verlangt der Werbungskostenbegriff hingegen nicht. Ausgaben und Einnahmen sind vielmehr getrennt zu beurteilen.

  2. Leistungen aus einem Stipendium führen zu Arbeitslohn, wenn das Stipendium dem Ersatz von WK bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit aus in der Erwerbssphäre liegenden Gründen dient.

Studiengebühren.

1. Modelle zur Finanzierung der Studiengebühren

Zur Berücksichtigung der Studiengebühren gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nahm die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin mit Erlass vom 11.2.2009 (III B – S 2221 – 10/2008, LEXinform 5232062) Stellung.

Modell 1: Die studienbegleitende Finanzierung

Studiengebühren gehören zu den Sonderausgaben i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG, die bis zu 6 000 € im Kj. berücksichtigt werden können. Um allen Studierenden den Zugang zum Hochschulstudium zu ermöglichen, werden teilweise Studienkredite von staatlichen Banken eingesetzt, aus denen den Studenten während des Studiums Geldmittel zufließen, die die Studenten nach Abschluss des Studiums und einer gewissen Karenzzeit wieder zurückzahlen müssen. Die mit Hilfe der Darlehen bezahlten Studiengebühren können nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG geltend gemacht werden, wirken sich jedoch steuerlich im Regelfall nicht aus, da Studierende im Allgemeinen keine oder nur geringe eigene Einkünfte haben, sodass die hierdurch bedingten Steuerausfälle gering sind. Nach Aufnahme der Berufstätigkeit wirken sich nur die Zinsen für die Ausbildungsdarlehen als Sonderausgaben aus, nicht aber die Aufwendungen zur Tilgung der Ausbildungs- oder Studiendarlehen.

Modell 2: Die dem Studium nachlaufende Finanzierung

Ein anderes Modell ist das Modell der nachlaufenden Studiengebühren. Hierbei wird auf eine dritte Partei, die die Vorfinanzierung regelt, verzichtet. Es wird stattdessen eine staatliche Stundung der Studienbeiträge und eine einkommensabhängige Rückzahlung eingeführt. Dies hat, anders als bei einer Finanzierung durch Darlehen, steuerlich zur Folge, dass Aufwendungen für Studiengebühren erst nach Abschluss des Studiums anfallen und der Stpfl. sie sodann i.R.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben geltend machen kann. Da die Stpfl. zu diesem Zeitpunkt im Regelfall Einkünfte erzielen, wirken sich die als Sonderausgaben abzuziehenden Studiengebühren in diesen Fällen auf das Steueraufkommen aus.

Die ESt-Referenten des Bundes und der Länder hatten daher erörtert, ob § 11 EStG einer Regelung entgegenstehe, nach der Studiengebühren grundsätzlich nur in den Jahren abziehbar sind, in denen sich der Stpfl. in Berufsausbildung befindet. Hiermit wäre eine gleichartige steuerliche Behandlung darlehensfinanzierter und nachlaufender Studiengebühren gewährleistet.

Der Vorschlag, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als nur für Zeiten der Berufsausbildung geltende Regelung zu betrachten, wurde abgelehnt. Folglich sind nachlaufende Studiengebühren nach den Grundsätzen des § 11 Abs. 2 EStG im Jahr der Zahlung und somit auch nach Abschluss der Berufsausbildung als Sonderausgaben abziehbar.

2. Übernahme der Studiengebühren für ein berufsbegleitendes Studium durch den Arbeitgeber

Grds. gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die durch ein individuelles Dienstverhältnis veranlasst sind, zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Dies gilt grds. auch für vom ArbG übernommene Studiengebühren für ein berufsbegleitendes Studium des ArbN.

Mit Schreiben vom 13.4.2012 (BStBl I 2012, 531) äußerte sich das BMF zur lohnsteuerlichen Behandlung der Übernahme von Studiengebühren für ein berufsbegleitendes Studium durch den ArbG (s.a. H 19.7 [Studiengebühren] LStH 2023).

2.1 Studium im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses

Ein berufsbegleitendes Studium findet im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses statt, wenn die Ausbildungsmaßnahme Gegenstand des Dienstverhältnisses ist. Voraussetzung ist, dass die Teilnahme an dem berufsbegleitenden Studium zu den Pflichten des ArbN aus dem Dienstverhältnis gehört.

Der BFH hat bereits in mehreren Einzelfällen darüber entscheiden müssen (vgl. dazu auch H 9.2 [Ausbildungsdienstverhältnis] LStH 2024):

  • BFH vom 10.12.1971 (VI R 112/70, BStBl II 1972, 251): Referendariat zur Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen.

Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sind Schuldner der Studiengebühren

Ist der ArbG im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses Schuldner der Studiengebühren, wird ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des ArbG unterstellt und steuerrechtlich kein Vorteil mit Arbeitslohncharakter angenommen. So sind auch Studiengebühren kein Arbeitslohn, die der ArbG bei einer im dualen System durchgeführten Ausbildung aufgrund einer Vereinbarung mit der Bildungseinrichtung als unmittelbarer Schuldner trägt.

Die eigenen Aufwendungen für das Studium sind beim ArbN nach § 9 Abs. 6 Satz 1 2. Alt. EStG als WK zu berücksichtigen, da das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.

Ist der ArbN im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses Schuldner der Studiengebühren und übernimmt der ArbG die Studiengebühren, wird ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des ArbG unterstellt und steuerrechtlich kein Vorteil mit Arbeitslohncharakter angenommen, wenn

  • sich der ArbG arbeitsvertraglich zur Übernahme der Studiengebühren verpflichtet und

  • der ArbG die übernommenen Studiengebühren vom ArbN arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeitsrechtlichen Rechtsgrundlage zurückfordern kann, sofern der ArbN das ausbildende Unternehmen auf eigenen Wunsch innerhalb von zwei Jahren nach dem Studienabschluss verlässt. Ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des ArbG kann auch dann angenommen werden, wenn der ArbG die übernommenen Studiengebühren nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen nur zeitanteilig zurückfordern kann. Scheidet der ArbN zwar auf eigenen Wunsch aus dem Unternehmen aus, fällt der Grund für das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis aber allein in die Verantwortungs- oder Risikosphäre des ArbG (Beispiele: Der vertraglich zugesagte Arbeitsort entfällt, weil der ArbG den Standort schließt. Der ArbN nimmt das Angebot eines Ausweicharbeitsplatzes nicht an und kündigt.), kann eine vereinbarte Rückzahlungsverpflichtung nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen hinfällig sein. In diesen Fällen genügt die Vereinbarung der Rückzahlungsverpflichtung für die Annahme eines überwiegenden eigenbetrieblichen Interesses an der Übernahme der Studiengebühren.

Der ArbG hat auf der ihm vom ArbN zur Kostenübernahme vorgelegten Originalrechnung die Kostenübernahme sowie deren Höhe anzugeben. Eine Ablichtung der insoweit ergänzten Originalrechnung ist als Beleg zum Lohnkonto aufzubewahren.

Die eigenen Aufwendungen für das Studium sind beim ArbN nach § 9 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 EStG als WK zu berücksichtigen, da das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Die vom ArbG getragenen Studiengebühren mindern allerdings die WK des ArbN.

Übernimmt der ArbG die Kosten nur unter der Voraussetzung des Bestehens der Prüfung, handelt es sich nicht um eine von vornherein bedingungslose Kostenübernahme, sondern eher um eine Art »Bonus«. Die nachträgliche ArbG-Zahlung stellt daher im Jahr der Zahlung stpfl. Arbeitslohn dar. Derartige Erstattungen sind stpfl. Einnahmen, und zwar bei der Einkunftsart, bei der die Aufwendungen zuvor als WK abgezogen wurden sind. Die Berücksichtigung als WK im VZ des Abflusses bleibt durch die Kostenerstattung unberührt (OFD Nordrhein-Westfalen Kurzinformation ESt Nr. 29/2017 vom 25.10.2017, DB 2017, 2474).

2.2 Studium außerhalb eines Ausbildungsdienstverhältnisses

Ein berufsbegleitendes Studium findet insbes. nicht im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses statt, wenn

  1. das Studium nicht Gegenstand des Dienstverhältnisses ist, auch wenn das Studium seitens des ArbG durch Hingabe von Mitteln, z.B. eines Stipendiums, gefördert wird oder

  2. Teilzeitbeschäftigte ohne arbeitsvertragliche Verpflichtung ein berufsbegleitendes Studium absolvieren und das Teilzeitarbeitsverhältnis lediglich das Studium ermöglicht.

S.a. die Rz. 27 und 28 des BMF-Schreibens vom 22.9.2010 (BStBl I 2010, 721).

Übernimmt der ArbG Studiengebühren für den ArbN, so liegt ein lohnsteuerrechtlicher Vorteil des ArbN vor, der mit dem nach § 8 Abs. 2 EStG ermittelten Wert als Arbeitslohn der LSt unterliegt. Handelt es sich um ein Erststudium im Rahmen einer Erstausbildung, sind die Aufwendungen beim ArbN (Studenten) unter den weiteren Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Da das Studium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet, sind die Studienaufwendungen nur dann als WK nach § 9 Abs. 6 EStG beim ArbN zu berücksichtigen, wenn das Studium nicht die Erstausbildung.

2.3 Studium als berufliche Fort- und Weiterbildung

Ein berufsbegleitendes Studium kann als berufliche Fort- und Weiterbildungsleistung des ArbG anzusehen sein, wenn es die Einsatzfähigkeit des ArbN im Betrieb erhöhen soll. In diesem Fall führt die Übernahme der Studiengebühren durch den ArbG nicht zu Arbeitslohn, denn sie wird im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des ArbG durchgeführt.

Die lohnsteuerliche Beurteilung, ob das berufsbegleitende Studium als berufliche Fort- und Weiterbildungsleistung des ArbG i.S.v. R 19.7 LStR 2023 anzusehen ist, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls vorzunehmen.

Schuldner der Studiengebühren

Es kommt für die Annahme eines ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des ArbG nicht darauf an, ob der ArbG oder der ArbN Schuldner der Studiengebühren ist. Ist jedoch der ArbN Schuldner der Studiengebühren, ist nur insoweit die Annahme eines ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des ArbG möglich, wie der ArbG vorab die Übernahme der zukünftig entstehenden Studiengebühren schriftlich zugesagt hat (s.a. R 19.7 Abs. 1 Satz 3 und 4 LStR 2023).

3. Rückzahlung der Studiengebühren bei Arbeitgeberwechsel

Übernimmt im Falle des Arbeitgeberwechsels der neue ArbG die Verpflichtung des ArbN, die vom bisherigen ArbG getragenen Studiengebühren an diesen zurückzuzahlen, führt dies nach bundeseinheitlichem Beschluss der obersten Finanzbehörden der Länder zu Arbeitslohn, da insoweit kein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des neuen ArbG anzunehmen ist. Dies gilt sowohl bei sofortiger Übernahme des Rückzahlungsbetrags als auch bei Übernahme des Rückzahlungsbetrags durch den neuen ArbG im Darlehenswege (FinBeh Berlin Vfg. vom 16.1.2015, Kurzinfo LSt Nr. 1/15, DStR 2015, 699).

4. Studiengebühren als außergewöhnliche Belastungen

Entstehen einem Stpfl. zwangsläufig höhere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Stpfl. gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands, können die Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Abs. 1 EStG grds. von der Bemessungsgrundlage der ESt abgezogen werden.

Darüber hinaus kann zur Abgeltung des Sonderbedarfs für ein in Berufsausbildung befindliches und auswärtig untergebrachtes volljähriges Kind ein Ausbildungsfreibetrag i.H.v. 924 € je Kj. (bis 2022; ab 2023 = 1 200 €) abgezogen werden (§ 33a Abs. 2 EStG, → Ausbildungsfreibetrag).

Mit Urteil vom 17.12.2009 (VI R 63/08, BStBl II 2010, 341) befasste sich der BFH mit Studiengebühren für den Besuch einer (privaten) Hochschule als außergewöhnliche Belastung.

Leitsätze

  1. Studiengebühren für den Besuch einer (privaten) Hochschule sind weder nach § 33a Abs. 2 EStG noch nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung abziehbar.

  2. Das Abzugsverbot begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Vielmehr hat der Gesetzgeber dem Ausbildungsbedarf von Kindern in § 32 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 EStG und § 33a Abs. 2 EStG –jedenfalls im Streitjahr – ausreichend Rechnung getragen.

  3. § 33a Abs. 2 EStG ist eine zusätzliche Ausbildungskomponente im Familienleistungsausgleich. Eine isolierte Betrachtung der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift scheidet damit aus.

Sachverhalt

Im Streitfall hatten die Eltern für das Studium ihres 22-jährigen Sohnes an einer privaten Hochschule Studiengebühren i.H.v. 7 080 € entrichtet, die sie in ihrer ESt-Erklärung als außergewöhnliche Belastungen geltend machten. Das FA ließ den Abzug der Aufwendungen nicht zu, gewährte jedoch wegen der auswärtigen Unterbringung des Sohnes den → Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs. 2 Satz 1 EStG. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Entscheidungsgründe

Der BFH hat nun die Studiengebühren weder nach § 33a Abs. 2 EStG noch nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Dabei hat er zunächst geprüft, ob Studiengebühren von dem in § 33a Abs. 2 EStG normierten Ausbildungsfreibetrag erfasst und damit abgegolten werden. Eine solch weitgehende Abgeltungswirkung wird jedoch jedenfalls für Veranlagungszeiträume ab 2002 verneint, weil damals der frühere Ausbildungsfreibetrag zu einem Sonderbedarfsfreibetrag für auswärtige Unterbringung abgeschmolzen worden sei. Gleichwohl hat der BFH die geltend gemachten Studiengebühren nicht als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG zum Abzug zugelassen. Nach Auffassung des erkennenden VI. Senats des BFH handelt es sich bei derartigen Aufwendungen nicht um außergewöhnlichen, sondern um üblichen Ausbildungsbedarf, und zwar selbst dann, wenn die Aufwendungen im Einzelfall außergewöhnlich hoch und für die Eltern unvermeidbar seien. Der übliche Ausbildungsbedarf werde in erster Linie durch Kindergeld und Kinderfreibetrag abgegolten. Damit sei eine Berücksichtigung von zusätzlichen Kosten für den Unterhalt und die Ausbildung eines Kindes gem. § 33 EStG grds. ausgeschlossen. Den dagegen vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken ist der BFH nicht gefolgt (BFH Pressemitteilung Nr. 14/2010 vom 17.2.2010, LEXinform 0434960).

Studienkosten. Zur Übernahme von Studienkosten für eigene und fremde Kinder nahm das FG Münster mit Urteil vom 25.5.2023 (5 K 3577/20 E, AO) Stellung.

Leitsatz

Eine betriebliche Veranlassung nach § 4 Abs. 4 EStG liegt vor, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Betrieb besteht und die Aufwendungen dem Betrieb subjektiv zu dienen bestimmt sind, d.h., wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer der Einkunftsarten des EStG stehen.

Z

Zinsen. Zinsen für ein Ausbildungsdarlehen gehören zu den abziehbaren Aufwendungen, auch wenn sie nach Abschluss der Berufsausbildung gezahlt werden. Dies hat der BFH mit Urteil vom 28.2.1992 (VI R 97/89, BStBl II 1992, 834) entschieden.

Tilgungszahlungen gehören dagegen nicht dazu (BFH vom 15.3.1974, BStBl II 1974, 513).

8. Literaturhinweise

Geserich, Fahrtkosten bei vollzeitiger Bildungsmaßnahme und Vollzeitstudium – Änderung der Rechtsprechung –, NWB 2012, 1226; Herrler, Studiumskosten im Einkommensteuerrecht, Steuer & Studium 2014, 21; Geserich, Beruflich veranlasste Ausbildungskosten, NWB 2014, 681; Kreft, Berufsausbildung Privatsache?, Steuer & Studium 2014, 599; Braun, Berufsausbildungskosten – Mit Null und Nichts zufrieden?, NWB 2014, 3834.

9. Verwandte Lexikonartikel

Darlehen

Einkünfte und Bezüge von Kindern

Fortbildungskosten

Häusliches Arbeitszimmer

Sonderausgaben

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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