1 Bedeutung
2 Der Auslandsbegriff des UStG
3 Gebietszugehörigkeit Großbritanniens und Nordirlands
4 Umsätze im Ausland
5 Weitere Bedeutung des Auslandsbegriffs
6 Literaturhinweise
7 Verwandte Lexikonartikel
Vorgänge des Waren- und Dienstleistungsverkehrs lösen nur dann deutsche Umsatzsteuer aus, wenn sie nach der Terminologie des Umsatzsteuerrechts in Deutschland sowohl »steuerbar« als auch mangels Steuerbefreiung in §§ 4, 4b, 5 UStG »steuerpflichtig« sind. Wesentliche Voraussetzung für die Steuerbarkeit ist, dass der Umsatz im Inland bewirkt wird, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG für Lieferungen und sonstige Leistungen, § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG für Einfuhren und § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG für innergemeinschaftliche Erwerbe. Im Umkehrschluss sind Umsätze, die im Ausland ausgeführt werden, in Deutschland nicht steuerbar und können somit keine deutsche Umsatzsteuer auslösen. Es ist daher von grundlegender Bedeutung, nach den jeweils einschlägigen Ortsvorschriften in § 3 Abs. 5a i.V.m. Abs. 6 bis Abs. 8, § 3a, § 3b, § 3c, § 3d, § 3e und § 3g UStG den Ort eines jeden Umsatzes zu bestimmen und in der Folge zu entscheiden, ob dieser Ort im Inland (→ Steuerbarkeit) oder im Ausland liegt.
Die Legaldefinition des § 1 Abs. 2 Satz 2 UStG bestimmt das umsatzsteuerliche Ausland im Wege einer Negativabgrenzung als das Gebiet, das nicht → Inland ist. Innerhalb des Auslands ist gem. Abschn. 1.9 Abs. 2 Satz 1 UStAE weiterhin zu unterscheiden zwischen
dem Drittlandsgebiet nach § 1 Abs. 2a Satz 3 UStG und
dem übrigen Gemeinschaftsgebiet nach § 1 Abs. 2a Satz 1 UStG.
Diese Abgrenzung ist für die Beurteilung länderübergreifender umsatzsteuerlicher Leistungsbeziehungen von grundlegender Bedeutung, da innerhalb der EU, also im Gemeinschaftsgebiet, die Regelungen des EU-Binnenmarkts gelten, während sie im Waren- und Dienstleistungsverkehr mit Drittländern nicht anzuwenden sind.
Zum »übrigen« Gemeinschaftsgebiet gehören die Inlandsgebiete aller anderen EU-Staaten außer der Bundesrepublik Deutschland, jedoch ohne die Gebiete, die der jeweilige Staat – vergleichbar in Deutschland nach § 1 Abs. 2 Satz 1 UStG bspw. Büsingen und Helgoland – kraft gesetzlicher Regelung vom Inland ausgenommen hat. Eine Übersicht über die der EU zugehörigen Staaten ist in Abschn. 1.10 Abs. 1 UStAE zusammengestellt. § 1 Abs. 2a Satz 2 UStG stellt klar, dass das Fürstentum Monaco als Gebiet Frankreichs und die Insel Man als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland gelten. Unter »Gemeinschaftsgebiet« versteht man das übrige Gemeinschaftsgebiet zuzüglich dem Inlandsgebiet der Bundesrepublik Deutschland i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 UstG.
Zum Drittlandsgebiet rechnen gem. § 1 Abs. 2a Satz 3 UstG die Gebiete der Staaten, die nicht der EU angehören, u.a. Andorra, Gibraltar, San Marino und der Vatikan, vgl. Abschn. 1.10 Abs. 2 UstAE. Außerdem zählen die staatsrechtlich zu Deutschland gehörigen Gebiete, die gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 UstG vom Inland ausgenommen sind, ebenfalls zum Drittlandsgebiet und nicht etwa zum übrigen Gemeinschaftsgebiet, Abschn. 1.9 Abs. 2 Satz 1 UstAE. Hierzu gehören:
die Gemeinde Büsingen,
die Insel Helgoland,
die Freihäfen Bremerhaven und Cuxhaven (Freizonen i.S.d. Art. 243 des Zollkodex der Union),
die Gewässer und Watten zwischen der deutschen Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie
die deutschen Schiffe und Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören.
Für die österreichischen Gemeinden Mittelberg im Kleinen Walsertal und Jungholz in Tirol gilt eine Sonderregelung: Sie gehören zwar als Staatsgebiet Österreichs zum Ausland i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 2 UStG, die Einfuhr von Waren in diesen Gebieten unterliegt jedoch gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG ausnahmsweise der deutschen Einfuhrumsatzsteuer, Abschn. 1.9 Abs. 2 Satz 2 UStAE.
Ausland (§ 1 Abs. 2 Satz 2 UStG, Abschn. 1.9 Abs. 2 UStAE) |
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Drittlandsgebiet (§ 1 Abs. 2a Satz 3 UStG, Abschn. 1.10 Abs. 2 UStAE). |
Übriges Gemeinschaftsgebiet (§ 1 Abs. 2a Satz 1 UStG, Abschn. 1.10 Abs. 1 UStAE). |
Nicht-EU-Staaten, Gebiete, die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 UStG vom Inland ausgenommen sind:
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Die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der EU, also ohne Deutschland |
Abb.: Ausland
Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland gehörte bis zum 31.12.2020 zum umsatzsteuerlichen Ausland nach § 1 Abs. 2 Satz 2 UStG und zum übrigen Gemeinschaftsgebiet nach § 1 Abs. 2a Satz 1 UStG.
Mit Wirkung zum 1.1.2021 ist das Vereinigte Königreich im Rahmen des sog. Brexits aus der EU ausgetreten und ab diesem Zeitpunkt nicht mehr Teil des EU-Binnenmarktes und der Zollunion. Großbritannien gehört gebietsrechtlich ab dem 1.1.2021 somit weiterhin zum umsatzsteuerlichen Ausland, aber nicht mehr zum übrigen Gemeinschaftsgebiet, sondern zum Drittlandsgebiet nach § 1 Abs. 2a Satz 3 UStG.
Dies gilt gem. A 1.10 Abs. 2 Satz 2 UStAE grds. auch für Nordirland. Nordirland wird allerdings für die Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs auch nach dem 31.12.2020 als zum Gemeinschaftsgebiet zugehörig behandelt. Im Warenverkehr mit Nordirland finden daher auch weiterhin die für den innergemeinschaftlichen Handel geltenden Vorschriften Anwendung (vgl. BMF vom 10.12.2020, BStBl I 2020, 1370).
Nach dem 31.12.2020 ausgeführte Umsätze mit Ursprungs- oder Bestimmungsort in den britischen Hoheitszonen Akrotiri und Dhekelia auf Zypern gelten als Umsätze mit Ursprungs- oder Bestimmungsland in der Republik Zypern, also im übrigen Gemeinschaftsgebiet, vgl. A 1.10 Abs. 3 UStAE.
Umsätze, die im Ausland bewirkt werden, sind – wie bereits erwähnt – nicht steuerbar i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Nr. 4 oder Nr. 5 UStG. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz regelt für bestimmte Fälle § 1 Abs. 3 UStG. Diese Vorschrift sieht vor, dass bestimmte Umsätze, die in den Freihäfen Bremerhaven und Cuxhaven oder in Gewässern und Watten zwischen der deutschen Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie, also eigentlich im umsatzsteuerlichen Ausland ausgeführt werden, dennoch wie Umsätze im Inland und somit als steuerbare Umsätze zu behandeln sind.
Neben der Bedeutung für die grundlegende Frage der Steuerbarkeit ist der Auslandsbegriff auch für andere Bestimmungen des Umsatzsteuerrechts von Relevanz:
So kann eine steuerfreie Ausfuhrlieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG nur vorliegen, wenn die Warenlieferung an einen ausländischen Abnehmer i.S.d. § 6 Abs. 2 UStG erfolgt. Auch für die Steuerbefreiung von Ausfuhrlieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b UStG ist u.a. Voraussetzung, dass ein ausländischer Abnehmer vorliegt.
Weiterhin ist es für den Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG (Reverse-Charge-Verfahren) erforderlich, dass eine Werklieferung oder eine nicht unter § 13b Abs. 1 UStG fallende sonstige Leistung vorliegt, die von einem im Ausland ansässigen Unternehmer i.S.d. § 13b Abs. 7 Satz 1 UStG erbracht wird. Schließlich unterliegen nur solche Lieferungen von Gas, Elektrizität, Wärme und Kälte dem Reverse-charge-Verfahren nach § 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. a UStG, wenn sie von einem im Ausland ansässigen Unternehmer gem. § 13b Abs. 7 Satz 1 UStG erbracht werden.
Birgel in Weimann/Lang, Umsatzsteuer – national und international, § 1 UStG, 5. Aufl., 2018.
→ Inland
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