1 Beginn und Ende der Betriebseröffnung
2 Bewertung der Wirtschaftsgüter
3 Ansatz des Teilwerts
4 Investitionsabzugsbetrag vor Betriebseröffnung
5 Beginn der Gewerbesteuerpflicht
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Die Eröffnung eines Betriebes beginnt zu dem Zeitpunkt, in dem der Stpfl. mit Tätigkeiten beginnt, die objektiv erkennbar auf die Vorbereitung der betrieblichen Tätigkeit gerichtet sind, und ist erst abgeschlossen, wenn alle wesentlichen Grundlagen vorhanden sind. Die Betriebseröffnung beginnt somit mit der ersten Entscheidung des Stpfl., WG seinem Betriebsvermögen zuzuführen.
Hinweis:
Begünstigt i.S.d. § 7g EStG sind auch Betriebe, die sich noch in der Eröffnungsphase befinden.
Bei Eröffnung eines Betriebs sind in der Regel bereits einige WG vorhanden (z.B. Bargeld, Maschinen). Bei Betriebseröffnung werden diese WG dem Betrieb gewidmet. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG sind dabei die Vorschriften über die → Einlage (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG) entsprechend anzuwenden. Die WG sind daher mit dem Teilwert bzw. den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen.
Werden im Rahmen der Eröffnung eines Betriebs Wirtschaftsgüter aus einem bisherigen inländischen Betrieb in den neuen Betrieb überführt kommt es zur Anwendung von § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG, der für die Bewertung der vom bestehende Betrieb in den neuen Betrieb überführten Wirtschaftsgütern den Ansatz der Buchwerte vorschreibt. Dies gilt allerdings nur, wenn die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist.
Auch durch den Erwerb eines Betriebes bzw. Teilbetriebes kann ein Stpfl. erstmals einen Betrieb eröffnen. Hierbei kommt es zur Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG, der als Bewertungsobergrenze der einzelnen (mit)erworbenen Wirtschaftsgüter vorsieht. In diesen Fällen übersteigt der Kaufpreis regelmäßig die Summe der Teilwerte der so erworbenen Wirtschaftsgüter. Es ist deshalb zu vermuten, dass der übersteigende Betrag für den Geschäfts- bzw. Firmenwert aufgewendet wurde. Diese ist entsprechend, da ein entgeltlicher Erwerb vorliegt, zu aktivieren (vgl. § 5 Abs. 2 EStG).
Für die Bestimmung des Teilwerts gilt die Vermutung, dass der Teilwert eines WG im Zeitpunkt des Erwerbs den Anschaffungskosten entspricht und sich zu einem späteren Zeitpunkt mit den Wiederbeschaffungskosten deckt (BFH Urteil vom 29.4.1999, IV R 63/97, BStBl II 2004, 639). Dies gilt auch für den Ansatz des Teilwerts bei einer Betriebseröffnung nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Nr. 5 EStG. Für die Bewertung von WG im Zeitpunkt der Eröffnung eines Betriebs ist die Definition des Teilwerts nach der Rechtsprechung des BFH (BFH Urteil vom 7.12.1978, I R 142/76, BStBl II 1979, 729) allerdings entsprechend zu modifizieren. Teilwert ist dann der Preis, den ein fremder Dritter für die Beschaffung des WG aufgewendet hätte, wenn er den Betrieb eröffnet und fortgeführt haben würde. Nach der Teilwertdefinition umfassen die Wiederbeschaffungskosten auch die Anschaffungsnebenkosten (BFH Urteil vom 29.4.1999, IV R 63/97, BStBl II 2004, 639).
Zur Berücksichtigung von Investitionsabzugsbeträgen in Jahren vor Abschluss der Betriebseröffnung siehe Rz. 2 des BMF vom 15.6.2022, BStBl I 2022, 945: Zweifelsfragen zu den Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g Abs. 1 bis 4 und 7 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2020 (JStG 2020). Die Betriebseröffnungsphase beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Stpfl. erstmals Tätigkeiten ausübt, die objektiv erkennbar auf die Vorbereitung der beabsichtigten betrieblichen Tätigkeit gerichtet sind (BFH vom 9.2.1983, BStBl II 1983, 451) und endet erst, wenn alle wesentlichen Grundlagen vorhanden sind (Abschluss der Betriebseröffnung, BFH vom 10.7.1991, BStBl II 1991, 840). Mit seinen Urteilen vom 20.6.2012 (X R 20/11, BFH/NV 2012, 1778, LEXinform 0928544 und X R 42/11, BStBl II 2013, 719) hat der BFH entschieden, dass der Nachweis der Investitionsabsicht auch bei noch in Gründung befindlichen Betrieben nicht zwingend eine verbindliche Bestellung des anzuschaffenden WG noch im Wj. der Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags voraussetzt. Der BFH betont aber ausdrücklich, dass er es bei der Prüfung der Investitionsabsicht – die ein zwingendes gesetzliches Tatbestandsmerkmal darstellt – in Jahren vor Abschluss der Betriebseröffnung für erforderlich hält, strenge Maßstäbe anzulegen (s.a. den Aufsatz vom 30.8.2012 unter LEXinform 0941945 sowie → Photovoltaikanlage).
Zu beachten ist, dass § 7g EStG durch das Steueränderungsgesetz 2015 vom 2.11.2015, BGBl I 2015, 1834) neu geregelt wurde. Nach den bisherigen Regelungen war die Funktion des anzuschaffenden oder herzustellenden begünstigenden WG anzugeben (§ 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG a.F.). Auf diese Funktionsbezeichnung wird durch die Neuregelung verzichtet.
Die bisher erforderliche besondere Prüfung und Glaubhaftmachung der Investitionsabsicht entfällt auch in den Fällen einer Betriebseröffnung (BT-Drs. 18/4902, 42 ff.). Die bisherige Dokumentationspflicht nach der Nr. 3 des Satzes 2 entfällt und wird durch eine Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der notwendigen Angaben ersetzt.
In Zweifelsfällen hat der Stpfl. die Betriebseröffnungsabsicht glaubhaft darzulegen. Indizien für eine Betriebseröffnung sind beispielsweise eine Gewerbeanmeldung, beantragte Kredite oder Unterlagen, aus denen sich die geplante Anschaffung oder Herstellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen ergibt (z.B. Kostenvoranschläge, Informationsmaterial, konkrete Verhandlungen oder Bestellungen). Für eine beabsichtigte Betriebseröffnung spricht außerdem, dass der Stpfl. bereits selbst und endgültig mit Aufwendungen belastet ist oder dass die einzelnen zum Zwecke der Betriebseröffnung bereits unternommenen Schritte sich als sinnvolle, zeitlich zusammenhängende Abfolge mit dem Ziel des endgültigen Abschlusses der Betriebseröffnung darstellen, s.a. Rz. 3 des BMF vom 15.6.2022, BStBl I 2022, 945.
Unterliegt der Betrieb eines Einzelgewerbetreibenden oder einer Personengesellschaft auch der Gewerbesteuer, so begründen diese Vorbereitungshandlungen noch nicht die Gewerbesteuerpflicht (R 2.5 Abs. 1 GewStR 2009); d.h. diese Anlaufkosten sind zwar einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen, dürfen den gewerbesteuerrechtlichen Gewinn jedoch nicht mindern. Insoweit ist für Zwecke der Gewerbesteuer eine gesonderte Gewinnermittlung ab Betriebsbeginn erforderlich. Die Annahme eines Gewerbebetriebs im gewerbesteuerrechtlichen Sinne setzt das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG voraus; insbes. die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Vorab (vor Betriebseröffnung) entstandene Betriebsausgaben sind daher gewerbesteuerrechtlich unbeachtlich. Diese allgemeinen Grundsätze gelten auch im Fall eines (von § 2 Abs. 5 GewStG erfassten) Betriebsübergangs im Ganzen (BFH vom 30.8.2022, X R 17/21).
Aus dem Sachverhalt:
Der Kläger pachtete ab dem 1.12.2017 einen Imbissbetrieb einschließlich Inventar von der bisherigen Betreiberin an, die zugleich Eigentümerin des betrieblich genutzten Grundstücks ist. Im Dezember 2017 renovierte er die angepachteten Räume; in dieser Zeit blieb der Imbiss geschlossen. Im Januar 2018 eröffnete er den Imbissbetrieb für Gäste. Seinen Gewinn ermittelt er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung.
Sind Gesellschaftszweck und tatsächliche Betätigung einer Obergesellschaft allein auf die Beteiligung an gewerblich tätigen Ein-Schiffs-KG gerichtet, so ist für die Bestimmung des Beginns der werbenden Tätigkeit der Obergesellschaft an den Beginn der werbenden Tätigkeit der Untergesellschaft(en) anzuknüpfen. Allein der Umstand, dass die Obergesellschaft für den Beteiligungserwerb eingeworbene Gelder bei einer Bank angelegt hat, rechtfertigt noch nicht die Annahme des Beginns des Gewerbebetriebs i.S.d. § 2 Abs. 1 GewStG (BFH vom 12.5.2016, IV R 1/13, BStBl II 2017, 489).
→ Allgemeine Durchschnittssätze
→ Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG
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