1 Einnahmen aus der Erbringung von wahlärztlichen Leistungen
1.1 Allgemeiner Überblick
1.2 Dienstaufgaben des Arztes
1.3 Einbindung in den geschäftlichen Organismus des Krankenhauses
1.4 Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko
1.5 Risiko des Forderungsausfalls
1.6 Beteiligung des Krankenhauses sowie der nachgeordneten Ärzte an den Bruttohonorareinnahmen
1.7 Gutachtertätigkeit/-gebühren von Ärzten in Kliniken
1.7.1 Gutachtertätigkeit eines Chefarztes
1.7.2 Gutachtertätigkeit eines nachgeordneten Arztes
1.8 Zufluss eines Arzthonorars
2 Verwaltungsanweisung zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Leistungen der Krankenhäuser
3 Verwaltungsanweisung zur Behandlung der Einnahmen aus Wahlleistungen
4 Aufwendungen eines Arztes
5 Verfahrensrecht
6 Literaturhinweise
7 Verwandte Lexikonartikel
Ärzte, die eine eigene Praxis innehaben, erzielen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Die Betriebsärzte, die Knappschaftsärzte, die nicht voll beschäftigten Hilfsärzte bei den Gesundheitsämtern, die Vertragsärzte und die Vertragstierärzte der Bundeswehr, die Vertrauensärzte der Deutschen Bahn AG und andere Vertragsärzte in ähnlichen Fällen haben in der Regel neben der bezeichneten vertraglichen Tätigkeit eine eigene Praxis. Die Vergütungen aus dem Vertragsverhältnis gehören deshalb regelmäßig zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit. Ärzte können aber auch ArbN sein, wenn sie z.B. im Beamtenverhältnis stehen (z.B. beim Gesundheitsamt) oder in einem Krankenhaus angestellt sind. Darüber hinaus können Ärzte »gemischte Tätigkeiten« ausüben, wenn ein Chefarzt z.B. nebenher privat liquidieren darf.
Mit Urteil vom 5.10.2005 (VI R 152/01, BStBl II 2006, 94) hat der BFH entschieden, dass ein angestellter Chefarzt mit den Einnahmen aus dem ihm eingeräumten Liquidationsrecht für die gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen in der Regel Arbeitslohn bezieht, wenn die wahlärztlichen Leistungen innerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden. Ob die wahlärztlichen Leistungen innerhalb des Dienstverhältnisses oder im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit erbracht werden, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der vom BFH im dem o.g. Urteil aufgestellten Grundsätzen und nach Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse zu beurteilen.
Ein Chefarzt erzielt auch durch seine Privatliquidationen für stationär erbrachte wahlärztliche Leistungen Arbeitslohn, wenn sich sein Liquidationsrecht aus seinem Arbeitsvertrag ableitet, er in den geschäftlichen Organismus des Krankenhauses eingebunden ist, er kein Unternehmerrisiko trägt und eine entsprechende Unternehmerinitiative fehlt (vgl. FG Münster Urteil vom 7.6.2011, Az. 1 K 3800/09). Die Liquidationserlöse des Klägers aus der Erbringung seiner stationären wahlärztlichen Leistungen sind aufgrund der gebotenen Wertung der Gesamtumstände als Arbeitslohn zu qualifizieren. Die Leistungen seien als Teil des Dienstverhältnisses mit der Klinik anzusehen. Denn zum einen werde dem Kläger das Liquidationsrecht für stationäre wahlärztliche Leistungen erst aufgrund des mit der Klinik abgeschlossenen Dienstvertrages ermöglicht. Ferner sei der Kläger bei der Erbringung seiner Leistungen in den geschäftlichen Organismus des Krankenhauses eingebunden. Zum anderen fehle es erkennbar an Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko des Klägers in Bezug auf die stationären wahlärztlichen Leistungen.
Der BFH nimmt in seinem Urteil vom 16.7.2014, VIII R 41/12, BStBl II 2015, 216 Stellung zur leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit selbstständiger Ärzte. Selbstständige Ärzte üben ihren Beruf grds. auch dann leitend und eigenverantwortlich aus, wenn sie ärztliche Leistungen von angestellten Ärzten erbringen lassen. Voraussetzung dafür ist, dass sie aufgrund ihrer Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende Kontrolle maßgeblich auf die Tätigkeit ihres angestellten Fachpersonals – patientenbezogen – Einfluss nehmen, sodass die Leistung den »Stempel der Persönlichkeit« des Stpfl. trägt (Anschluss an BFH Urteil vom 22.1.2004, IV R 51/01, BStBl II 2004, 509). Führt ein selbstständiger Arzt die jeweils anstehenden Voruntersuchungen bei den Patienten durch, legt er für den Einzelfall die Behandlungsmethode fest und behält er sich die Behandlung »problematischer Fälle« vor, ist die Erbringung der ärztlichen Leistung durch angestellte Ärzte regelmäßig als Ausübung leitender eigenverantwortlicher freiberuflicher Tätigkeit im Rahmen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG anzusehen.
Nach dem Urteil des FG München vom 25.6.2015, 15 K 3749/13, beurteilt sich die Frage, ob ein Chefarzt eines Krankenhauses wahlärztliche Leistungen selbstständig oder unselbstständig erbringt, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse, wobei besonders hervorzuheben ist, dass die Tätigkeiten eines Chefarztes zur Erbringung der wahlärztlichen Leistungen regelmäßig zu den dienstvertraglich geschuldeten Leistungen gehören. Eine Abfindungszahlung für eine »Freizeitphase«, an die sich der Ruhestand des Chefarztes anschließt, ist deshalb insgesamt den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zuzuordnen. Erstrecken sich Zahlungen über mehrere VZ, bleibt regelmäßig kein Raum für die Anwendung des § 34 EStG.
Bei der erforderlichen Gewichtung und Abwägung der für und gegen ein Arbeitsverhältnis sprechenden Merkmale ist es u.a. bedeutsam, ob die Tätigkeit des Arztes zur Erbringung der wahlärztlichen Leistungen zu seinen dem Krankenhaus vertraglich geschuldeten Dienstaufgaben gehört. In dem Urteilsfall stand das Liquidationsrecht für die wahlärztlichen Leistungen dem Arzt nur aufgrund der ausdrücklichen Einräumung dieses Rechts durch das Krankenhaus im Dienstvertrag zu. Nach dem Dienstvertrag unterlag der Arzt – mit Ausnahme seiner rein ärztlichen Tätigkeit – den Weisungen des Krankenhausträgers und des leitenden Arztes des Krankenhauses. Die Weisungsfreiheit des Chefarztes bei Ausübung der ärztlichen Tätigkeit selbst steht der Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegen.
Der Arzt war hinsichtlich der Erbringung der wahlärztlichen Leistungen in den geschäftlichen Organismus des Krankenhauses eingebunden. Der Arzt hatte – soweit möglich – die mit seinen dienstlichen Aufgaben und folglich auch die mit den wahlärztlichen Leistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen ausschließlich im Krankenhaus mit dessen Geräten und Einrichtungen zu bewirken. Neue diagnostische und therapeutische Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bzw. Maßnahmen, die wesentliche Mehrkosten verursachen, konnte der Arzt grundsätzlich nur im Einvernehmen mit dem Krankenhaus einführen.
Bei der Würdigung des Gesamtbilds der Verhältnisse ist insbesondere das Vorliegen bzw. Fehlen der Unternehmerinitiative und des Unternehmerrisikos von Bedeutung. Der Arzt hatte nur eine sehr begrenzte Möglichkeit, den Umfang seiner wahlärztlichen Tätigkeit zu bestimmen. Verträge über die Erbringung der wahlärztlichen Leistungen schloss das Krankenhaus unmittelbar mit den Patienten ab. Sofern wahlärztliche Leistungen vereinbart wurden, bezogen sich diese nicht speziell auf die Leistungen des Arztes, sondern auf die Leistungen aller an der Behandlung beteiligten liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses. Da die Erbringung der wahlärztlichen Leistungen zu den vom Arzt dem Krankenhaus geschuldeten Dienstpflichten gehörte, konnte der Arzt es grundsätzlich nicht ablehnen, gegenüber Patienten, die mit dem Krankenhaus wahlärztliche Leistungen vereinbart hatten, solche Leistungen zu erbringen. Inhalt der Arbeitspflicht ist insbesondere die richtige Erfüllung des zwischen Krankenhausträger und Patient geschlossenen Behandlungsvertrages. Eine unternehmerische Entscheidung, wahlärztliche Leistungen bei bestimmten Patienten zu erbringen oder dies zu unterlassen, hatte der Arzt folglich nicht. Auf der anderen Seite konnte der Arzt seine wahlärztliche Tätigkeit nicht durch eigene unternehmerische Entscheidungen wesentlich ausweiten. Denn er konnte mit den Patienten selbst keine Behandlungsverträge über wahlärztliche Leistungen abschließen. Zudem war seine Tätigkeit durch die ihm hierfür vom Krankenhaus zur Verfügung gestellten Einrichtungen und das Krankenhauspersonal begrenzt.
Das vom Arzt zu tragende Risiko eines Forderungsausfalls ist ebenfalls als gering einzustufen. Zum einen besteht bei Patienten, die wahlärztliche Leistungen in Anspruch nehmen, regelmäßig eine Krankenversicherung. Die Einziehung der Honorarforderungen aus den wahlärztlichen Leistungen übernahm das Krankenhaus. Es kommt hinzu, dass der Arzt im Falle eines Forderungsausfalls ein unternehmerisches Risiko jedenfalls insoweit nicht tragen musste, als sich Kostenerstattung, Vorteilsausgleich und Einzugsgebühr, die der Arzt an das Krankenhaus zu entrichten hatte, nach den tatsächlichen Zahlungseingängen richteten. Im Falle eines Forderungsausfalls war der Arzt damit von den Kosten für die Leistungserbringung weitgehend entlastet. Ein Verlust konnte dem Arzt bei seiner wahlärztlichen Tätigkeit folglich grundsätzlich nicht erwachsen.
Der Umstand, dass der Arzt im Übrigen von seinen Bruttohonorareinnahmen an das Krankenhaus die dienstvertraglich vereinbarte Kostenerstattung, den Vorteilsausgleich und die Einzugsgebühr zu zahlen hatte, sowie die ihm nachgeordneten Ärzte an den Einnahmen aus dem Liquidationsrecht beteiligen musste, spricht bei der Gesamtabwägung ebenfalls nicht entscheidend gegen die Arbeitnehmerstellung des Arztes. Denn diese Abzugspositionen schränkten lediglich das dem Arzt als Bestandteil des Dienstvertrages eingeräumte Liquidationsrecht ein und können zu → Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit führen.
Die OFD Frankfurt nimmt mit Schreiben vom 2.5.2013 (S 2332 A – 98 – St 211) zur steuerlichen Behandlung der Einnahmen von Ärzten in Kliniken und Krankenhäusern Stellung und unterscheidet bei der Gutachtertätigkeit zwischen Chefärzten und nachgeordneten Ärzten bzw. Assistenzärzten.
Ob ein Chefarzt eines Krankenhauses wahlärztliche Leistungen selbstständig oder unselbstständig erbringt, beurteilt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. In der Regel bezieht ein angestellter Chefarzt mit den Einnahmen aus dem ihm eingeräumten Liquidationsrecht für die gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen nach dem BFH-Urteil vom 15.10.2005 (BStBl II 2006, 94) Arbeitslohn, wenn die wahlärztlichen Leistungen innerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden.
Erstellen Chefärzte Gutachten für dem Klinikbetrieb nicht zugehörige Dritte (z.B. Krankenkassen, Berufsgenossenschaften), so ist für die steuerliche Behandlung der Einkünfte anhand der Gesamtumstände zu ermitteln, wie die Ausübung der Tätigkeit im konkreten Einzelfall erfolgt.
Für ein Ausüben der Tätigkeit innerhalb des Dienstverhältnisses und somit für das Vorliegen nichtselbstständiger Arbeit spricht es hierbei z.B., wenn die Gutachteraufträge dem Chefarzt nicht direkt zugehen, sondern über die Klinikleitung an ihn weitergereicht werden und auch die Abrechnung der gutachtlichen Tätigkeit unter Mitwirkung der Klinik erfolgt.
Anhaltspunkte für das Vorliegen selbstständiger Arbeit können hingegen etwa darin gesehen werden, dass der Chefarzt dem Krankenhaus ein Entgelt für die Benutzung der zur Erstellung der Gutachten notwendigen Krankenhauseinrichtungen zahlt. Des Weiteren kann es für eine selbstständige Tätigkeit des Chefarztes sprechen, wenn der Chefarzt selbst die Gutachten in seinem Namen und mit eigenem Briefkopf unterschreibt (vgl. BFH Urteil vom 19.4.1956, IV 88/56 U).
Werden die Gutachten von den Assistenzärzten ohne Mitwirkung eines übergeordneten Arztes/Chefarztes gefertigt, ist die Einordnung der Gutachtertätigkeit als selbstständige oder nichtselbstständige Arbeit anhand der oben beschriebenen Kriterien vorzunehmen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass Tarifverträge oder auch Einzelarbeitsverträge der Ärzte eine Pflicht zur Erstellung von Gutachten beinhalten können. Auf solche Regelungen ist insbesondere bei Universitätskliniken zu achten. Eine derartige Verpflichtung spricht dafür, dass das Erstellen des Gutachtens im Rahmen des Dienstverhältnisses erfolgt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Übernahme der Nebentätigkeit nur in besonders begründeten Ausnahmefällen verweigert werden darf. In diesen Fällen ist für die Frage, ob die Gutachtertätigkeit im Rahmen des Dienstverhältnisses erfolgt, besonders bedeutsam, inwiefern eine Weisungsabhängigkeit der Assistenzärzte besteht. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Zuordnung der Einkünfte der angestellten Assistenzärzte, wenn die Erstellung des Gutachtens im Rahmen einer zugelassenen Nebentätigkeit eines Chefarztes erfolgt, der sich der Hilfe eines Assistenzarztes bedient, wenn tarifvertraglich oder arbeitsvertraglich eine Pflicht der Assistenzärzte zur Gutachtenerstellung besteht und diese Pflicht sich auch auf die Erstellung von Gutachten im Rahmen der Nebentätigkeit des Chefarztes erstreckt. Auch hier ist für die Zuordnung der Tätigkeit zum Dienstverhältnis das Vorliegen einer Weisungsabhängigkeit zu beachten. Der Umstand, dass die nachgeordneten Ärzte eine besondere Vergütung für ihre Gutachtertätigkeit erhalten, ist für die Einordnung der Einkünfte als solche aus nichtselbstständiger Arbeit unschädlich (vgl. BFH Urteil vom 25.11.1971, IV R 126/70).
Bei Fachärzten ist die Erstellung von Gutachten Bestandteil der Facharztausbildung. Die Vergabe von angeforderten Gutachten an die Facharztkandidaten durch die zuständigen Chefärzte erfolgt regelmäßig im Rahmen des Dienstverhältnisses. Die den Facharztkandidaten aus der Erstellung dieser Gutachten zufließenden Einnahmen gehören zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, da sie im Rahmen des Dienstverhältnisses erzielt werden; vgl. hierzu auch FinMin des Landes Schleswig-Hostein vom 7.12.2012, VI 302 – S 2246 – 225.
Zufluss geschieht grundsätzlich mit Zahlung durch die kassenärztliche Vereinigung. Rechnet eine kassenzahnärztliche Vereinigung die Resthonorare der Zahnärzte für ein Quartal jeweils zum Ende des nächsten Quartals ab und zahlt sie diese anschließend entsprechend aus, ist die Anfang Januar des folgenden Jahres für das dritte Quartal eines Kj. erbrachte Abschlusszahlung als regelmäßig wiederkehrende Einnahme dem abgelaufenen Kj. zuzurechnen; BFH vom 6.7.1995, IV R 63/94, BStBl II 1996, 266. Honorarzahlungen von Patienten an die privatärztliche Verrechnungsstelle sind dem Arzt mit Zahlung an diese Stelle zugeflossen. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die von der KZV geleisteten Abschlusszahlungen regelmäßig wiederkehrende Einnahmen i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG sind.
Die Vfg. der OFD Karlsruhe vom 13.1.2017 (S 7172) nimmt Stellung zur Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14b UStG. Hierzu wird u.a. Folgendes erwähnt:
Die Gestellung von Ärzten und von medizinischem Hilfspersonal durch eine Einrichtung nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG an eine andere Einrichtung dieser Art gehört zu den eng verbundenen Umsätzen (vgl. Abschn. 4.14.6. Abs. 2 Nr. 6 UStAE).
Unter diesen Voraussetzungen können zu den eng verbundenen Umsätzen gehören:
die stationäre oder teilstationäre Aufnahme von Patienten, deren ärztliche und pflegerische Betreuung einschließlich der Lieferungen der zur Behandlung erforderlichen Medikamente;
die Behandlung und Versorgung ambulanter Patienten;
die Abgabe von Medikamenten durch die Apotheke eines Krankenhauses für die im Rahmen einer ambulant in den Räumen dieses Krankenhauses durchgeführte Heilbehandlung; auf eine patientenindividuelle Herstellung der Medikamente und die sozialrechtliche Ermächtigungsform für die ambulante Heilbehandlung kommt es nicht an (vgl. BFH vom 24.9.2014, V R 19/11, BStBl II 2016, 781).
Die Vfg. der OFD Karlsruhe vom 24.4.2006 (S 236.0/15 – St 131, DStR 2006, 1041) nimmt zur lohnsteuerlichen Behandlung der Einnahmen von Chefärzten aus der Erbringung wahlärztlicher Leistungen im Krankenhaus Stellung.
Für das Vorliegen von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit spricht Folgendes:
Die Erbringung der wahlärztlichen Leistungen gehört zu den vertraglich geschuldeten Dienstaufgaben des Arztes gegenüber dem Krankenhaus.
Die Verträge über die wahlärztlichen Leistungen werden unmittelbar zwischen den Patienten und dem Krankenhaus geschlossen.
Der Arzt unterliegt – mit Ausnahme seiner rein ärztlichen Tätigkeit – den Weisungen des leitenden Arztes des Krankenhauses.
Der Arzt erbringt die mit den wahlärztlichen Leistungen zusammenhängenden Behandlungen mit den Einrichtungen und Geräten des Krankenhauses.
Neue diagnostische und therapeutische Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bzw. Maßnahmen, die wesentliche Mehrkosten verursachen, können grundsätzlich nur im Einvernehmen mit dem Krankenhaus eingeführt werden.
Der Dienstvertrag sieht für die gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen ausdrücklich vor, dass diese im Verhinderungsfall vom Stellvertreter übernommen werden.
Der betroffene Arzt hat nur eine begrenzte Möglichkeit, den Umfang der wahlärztlichen Leistungen zu bestimmen.
Sofern wahlärztliche Leistungen vereinbart werden, beziehen sich diese nicht speziell auf die Leistungen des liquidationsberechtigten Arztes, sondern auf die Leistungen aller an der Behandlung beteiligten liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses.
Der Arzt kann es nicht ablehnen, die mit dem Krankenhaus vereinbarten wahlärztlichen Leistungen zu erbringen.
Das Risiko eines Forderungsausfalls, das der liquidationsberechtigte Arzt zu tragen hat, ist gering.
Das Krankenhaus rechnet über die wahlärztlichen Leistungen direkt mit den Patienten ab und vereinnahmt auch die geschuldeten Beträge.
Demgegenüber sprechen folgende Kriterien für eine selbstständige Tätigkeit:
Die Erbringung der wahlärztlichen Leistung wird nicht gegenüber dem Krankenhaus geschuldet.
Der liquidationsberechtigte Arzt vereinbart die zu erbringende wahlärztliche Leistung direkt mit den Patienten und wird hierdurch unmittelbar verpflichtet.
Nur der liquidationsberechtigte Arzt haftet für die von ihm vorgenommenen wahlärztlichen Behandlungen.
Der liquidationsberechtigte Arzt rechnet direkt mit den Patienten ab und vereinnahmt auch selbst die geschuldeten Beträge.
Der Krankenhausträger hat hier den Lohnsteuerabzug vorzunehmen. Dabei ist es nach Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zulässig, die Lohnsteuer von dem Betrag zu berechnen, der dem Arzt nach Abzug der gesetzlich oder vertraglich geschuldeten und aus den »Bruttoliquidationserlösen« zu bestreitenden Zahlungen verbleibt.
Nach dem Urteil des FG München vom 28.3.2017, 2 K 1783/14, kann ein Chefarzt eines Krankenhauses wahlärztliche Leistungen selbstständig oder unselbstständig erbringen. Ob das eine oder das andere im Einzelfall zutrifft, beurteilt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse; insbesondere danach, ob wahlärztliche Leistungen innerhalb oder außerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden. Die Erbringung wahlärztlicher Leistungen gegenüber stationär aufgenommenen Patienten haben im Streitfall zu den Dienstaufgaben des Klägers gehört. Der Kläger hat daher als angestellter Chefarzt aus den gesondert abgerechneten wahlärztlichen Leistungen im stationären Bereich Arbeitslohn in Höhe der Nettoliquidationseinnahmen bezogen. Der Kläger ist nicht über die Bruttohonorareinnahmen, die bei ihm als Fremdgelder eingegangen sind, verfügungsbefugt gewesen. Die behaupteten Zinsaufwendungen haben nicht in einem wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang mit den dem Kläger zugeflossenen Nettohonoraren gestanden, sodass angebliche Schuldzinsen zur Finanzierung des Nutzungsentgelts jedenfalls nicht als WK anzuerkennen sind.
Nach den aufgezeigten Abgrenzungsmerkmalen liegen jedenfalls in folgenden Fällen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit vor:
Der Vertrag für die Erbringung der wahlärztlichen Leistungen wird zwischen dem Krankenhaus und den Patienten geschlossen. Die Liquidation erfolgt ebenfalls durch das Krankenhaus.
Der Vertrag für die Erbringung der wahlärztlichen Leistungen wird zwischen dem Krankenhaus und den Patienten geschlossen. Die Liquidation erfolgt aber durch den Arzt auf ein von ihm geführtes persönliches Konto.
Der Krankenhausträger hat hier den Lohnsteuerabzug vorzunehmen. Dabei ist es nach Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zulässig, die Lohnsteuer von dem Betrag zu berechnen, der dem Arzt nach Abzug der gesetzlich oder vertraglich geschuldeten und aus den »Bruttoliquidationserlösen« zu bestreitenden Zahlungen verbleibt. Werden die Zahlungen regelmäßig geleistet (z.B. vierteljährlich) und liegt ihnen der gleiche Abrechnungszeitraum zugrunde, handelt es sich um laufenden Arbeitslohn. Dass die Zahlungen in der Höhe Schwankungen unterliegen, führt allein noch nicht zu sonstigen Bezügen.
Ein Zahnarzt, der einen Gastprofessorentitel an einer ungarischen Universität erwirbt, kann die Erwerbskosten nicht als Betriebsausgaben abziehen; vgl. FG Münster Urteil vom 13.10.2017, 4 K 1891/14 F. Die Aufwendungen für die Vermittlung der Gastprofessur seien zwar durch die freiberufliche Tätigkeit des Klägers veranlasst, denn das Führen eines Professorentitels entfalte einen positiven Werbeeffekt. So werde der Professorentitel in Fachkreisen und Öffentlichkeit als Ausdruck einer herausragenden fachlichen Kompetenz verstanden. Neben dieser freiberuflichen Veranlassung seien die Vermittlungsaufwendungen allerdings auch in nicht unerheblichem Umfang der Privatsphäre des Klägers zuzuordnen. Diese private Mitveranlassung stünde dem Abzug als Betriebsausgaben entgegen. Beruhen die Aufwendungen – wie hier – in nicht unbedeutendem Maße sowohl auf privaten als auch auf beruflichen bzw. betrieblichen Umständen, kommt zwar grundsätzlich eine Aufteilung der Aufwendungen in Betracht (vgl. BFH Beschluss vom 21.9.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Greifen aber diese Veranlassungsbeiträge so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich ist, weil es an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung fehlt, kommt ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht (vgl. BFH Beschluss vom 21.9.2009, GrS 1/06, a.a.O.). Letzteres ist im Streitfall anzunehmen. Insofern pflichtet der Senat dem Beklagten bei, dass sich die (Aus-)Wirkungen der Führung einer Professorenbezeichnung in der betrieblichen und der privaten Sphäre nicht messen oder anhand objektivierbarer Kriterien differenzieren lassen.
Aufwendungen zur Vermittlung einer nebenberuflichen außerplanmäßigen Professur an einer Universität im europäischen Ausland können als Sonderbetriebsausgaben qualifiziert werden, wenn das die Aufwendungen auslösende Moment der betrieblichen Sphäre des Stpfl. zuzuordnen ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es um eine auch nach deutschem Hochschulrecht zulässige Titelführung, die auf einer entsprechenden wissenschaftlichen Vorbildung des Stpfl. (hier: Habilitation) beruht, geht. Der Betriebsausgabenabzug ist nicht gem. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ausgeschlossen, wenn die Nebentätigkeit vor allem der außenwirksamen Darstellung einer besonderen wissenschaftlichen Kompetenz und der entsprechenden Positionierung des Berufsträgers im Wettbewerb mit konkurrierenden Freiberuflern dient (Abgrenzung zur Fallgestaltung FG Münster vom 13.10.2017, 4 K 1891/14 F; vgl. FG Schleswig-Holstein vom 6.3.2019, 4 K 48/18.
Werden Einnahmen eines angestellten Chefarztes aus der Erbringung wahlärztlicher Leistungen im Rahmen der Einkommensteuererklärung irrtümlich sowohl bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit als auch bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit erklärt, weil weder der Chefarzt noch sein Steuerberater erkannt haben und nach den Umständen des Streitfalls auch nicht erkennen mussten, dass diese Einnahmen bereits dem Lohnsteuerabzug unterlegen haben, liegt kein »grobes Verschulden« i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO vor; vgl. BFH vom 18.4.2023, VIII R 9/20.
Hagen, Liquidationseinnahmen der Chefärzte und deren Mitarbeiter, NWB Fach 6, 4693.
→ Einkünfte aus selbstständiger Arbeit
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