1 Allgemeiner Überblick
2 Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 1 EStG beim Empfänger der dauernden Last
3 Sonderausgabenabzug
3.1 Allgemeine Grundsätze
3.2 Abgrenzung der Rente zur dauernden Last
4 Unterhaltsleistungen
5 Gewerbesteuerrechtliche Behandlung
6 Verwandte Lexikonartikel
7 Literaturhinweise
Dauernde Lasten sind auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen in Geld oder in Sachwerten, die im Gegensatz zur Rente von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Gebers oder Empfängers abhängig gemacht werden können und somit veränderlich sind. Als Bezugsgröße kann dabei eine schwankende Größe, bspw. Gewinn oder Umsatz des übertragenden Unternehmens, zugrunde gelegt werden. Bei Vereinbarung der dauernden Last wird eine rechtliche Verpflichtung zwischen Übertragenden und Begünstigten geschlossen. Die als dauernde Last gezahlten Beträge können dabei vom Empfänger des Vermögens gem. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 1 EStG als Sonderausgaben im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens abgezogen werden. Bei den Übertragenden führt der Zufluss der Zahlungen aus der dauernden Last zu sonstigen Einkünften gem. § 22 Nr. 1a EStG. Folgende Vermögensübertragungen können als dauernde Last abgezogen werden:
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, die eine Tätigkeit im Sinne der §§ 13, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder des § 18 Abs. 1 ausübt,
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs sowie
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines mindestens 50 % betragenden Anteils an einer Gesellschaft mit begrenzter Haftung, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt.
Im Umkehrschluss kann ein Abzug einer dauernden Last bei der Übertragung von Grundbesitz, Wertpapiervermögen und Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in nicht begünstigten Fällen (kein Anteil an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, übertragener Gesellschaftsanteil < 50 % und/oder keine Stellung als Geschäftsführer) nicht vorgenommen werden.
Der in § 22 Nr. 1 EStG verwendete Begriff der wiederkehrenden Bezüge ist der übergeordnete Begriff für sämtliche darin verankerten Einnahmetatbestände. Hierzu zählen u.a. die Leibrenten (→ Renten) und auch die dauernden Lasten. Die sonstigen Einkünfte sind gegenüber allen anderen Einkunftsarten grundsätzlich subsidiär (→ Einkünfte aus Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG, → Sonstige Einkünfte).
Mit der gesetzlichen Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG durch das Jahressteuergesetz 2008 (JStG 2008) vom 20.12.2007 (BGBl I 2007, 3150) wurde das Rechtsinstitut der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ab 2008 auf seinen Kernbereich zurückgeführt (→ Vorweggenommene Erbfolge). Der Sonderausgabenabzug von Versorgungsleistungen durch den Verpflichteten aufgrund der Neuregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG führt weiterhin zur Besteuerung dieser Leistungen beim Empfänger gem. § 22 EStG nach Maßgabe des Korrespondenzprinzips. Aus Vereinfachungsgründen wird auf die bisherige Unterscheidung zwischen Renten und dauernden Lasten verzichtet, so dass künftig die Versorgungsleistungen in vollem Umfang als Sonderausgaben abgezogen werden können und vom Empfänger der Leistung nach § 22 Nr. 1a EStG zu versteuern sind. Mit dem Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014 (BGBl I 2014, 2417) wurde der Sonderausgabenabzug ab 2015 neu strukturiert und Versorgungsleistungen in § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG verortet.
Auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Leibrenten und dauernde Lasten sind gem. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG als → Sonderausgaben abzugsfähig. Zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von wiederkehrenden Leistungen im Zusammenhang mit der → Übertragung von Privat- oder Betriebsvermögen (→ Vorweggenommene Erbfolge, → Besteuerung von Versorgungsleistungen) s. grds. das BMF-Schreiben vom 11.3.2010 (BStBl I 2010, 227, unter Berücksichtigung der Änderungen durch das BMF-Schreiben vom 6.5.2016, BStBl I 2016, 476). Die Regelung in § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG soll die Übergabe von Betrieben an die nachfolgende Generation erleichtern. Sie dient der Erhaltung und Sicherung von Unternehmen als Garanten von Arbeitsplätzen, als Stätten des produktiven Wachstums und in ihrer gesellschaftlichen Funktion als Ort beruflicher und sozialer Qualifikation. Insbes. im Bereich der Land- und Forstwirtschaft und der familiär geführten Betriebe/Praxen stellt das Rechtsinstitut eine Möglichkeit dar, der nachfolgenden Generation unter Vorwegnahme des Erbfalls und ohne Aufdeckung der stillen Reserven des Betriebsvermögens das Nachrücken in eine die Existenz wenigstens teilweise sichernde Wirtschaftseinheit zu ermöglichen und damit gleichzeitig die Versorgung des Übergebers aus dem übernommenen Vermögen zumindest zu einem Teil zu sichern und die im Unternehmen vorhandenen Arbeitsplätze zu erhalten. Voraussetzung für den Abzug als Sonderausgaben sind:
die Vermögensübertragung erfolgt im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge;
die wiederkehrenden Leistungen werden auf die Lebenszeit des Vermögensübergebers oder des Ehegatten gewährt;
es wird eine – dem Grunde und der Höhe nach – existenzsichernde Wirtschaftseinheit übertragen;
der Vermögensübernehmer ist Angehöriger oder eine dem Vermögensübergeber persönlich nahe stehende Person;
der Vermögensübergeber oder ein pflichtteilsberechtigter Verwandter ist Empfänger der wiederkehrenden Leistungen;
es liegt ein rechtswirksamer Versorgungs- und Vermögensübertragungsvertrag vor, der entsprechend dem Vereinbarten auch tatsächlich durchgeführt wird;
die wiederkehrenden Leistungen sind kein Entgelt, sondernd beruhen auf dem Versorgungsbedürfnis des Vermögensübergebers;
Bei der Vermögensübertragung auf Angehörige spricht nach Verwaltungsauffassung (Rz. 5 des o.a. BMF-Schreibens vom 11.3.2010, a.a.O.) eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die wiederkehrenden Leistungen unabhängig vom Vermögenswert nach dem Versorgungsbedürfnis des berechtigten Übergebers und nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des verpflichteten Vermögensübernehmers bemessen worden sind. Diese Vermutung ist aber widerlegt, wenn Leistung und Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen wurden und die Beteiligten subjektiv von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen ausgehen durften. Zur Vergleichbarkeit von Leistung und Gegenleistung wird in Zweifelfällen dem nach § 9 BewG ermittelten gemeinen Wert des übergebenden Vermögens der nach § 14 Abs. 1 BewG i.V.m. den jährlich vom BMF bekannt gegebenen Vervielfältigern (zuletzt für Übertragungsstichtage ab 1.1.2024 mit Schreiben vom 1.12.2023, BStBl I 2023, 2044) ermittelte Kapitalwert der wiederkehrenden Leistungen gegenübergestellt.
die wiederkehrenden Leistungen sind kein Unterhalt;
die wiederkehrenden Leistungen haben den Vermögensübernehmer als Aufwand belastet, sind keine BA oder WK und auch nicht wie solche zu behandeln, stehen nicht mit Einkünften im wirtschaftlichen Zusammenhang, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben;
der Vermögensübernehmer ist mind. beschränkt stpfl., der Empfänger der wiederkehrenden Leistungen muss unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sein oder nach § 1a EStG als fiktiv unbeschränkt stpfl. behandelt werden.
Wesentliches Abgrenzungsmerkmal zwischen Leibrente und dauernder Last ist bei Geldzahlungen die Gleichmäßigkeit. Nur gleichmäßige Zahlungen können als Leibrente qualifiziert werden. Leistungen, die von Natur aus ungleichmäßig sind (z.B. bei schwankender Bemessungsgrundlage, wie Umsatz und Gewinn), sind stets als dauernde Lasten zu berücksichtigen.
»Geborene« dauernde Lasten sind Verpflichtungen zur Beköstigung des Übergebers, zur Übernahme typischer Kosten der Lebensführung (z.B. Strom, Gas, Wasser, Heizung). Auch Pflegeverpflichtungen sind dauernde Lasten, soweit Aufwendungen hierdurch entstehen (nicht der Wert der eigenen Arbeitsleistung; BFH-Urteil vom 22.1.1992, X R 35/89, BStBl II 1992, 552). Eine Abänderbarkeit der Leistungen kann nach dem BFH-Urteil vom 16.6.2021 (X R 31/20, BStBl II 2022, 165) trotz eines teilweisen Ausschlusses der Übernahme des pflegebedingten Mehrbedarfs gegeben sein. Es reicht aus, wenn sich der Vermögensübernehmer entweder zur persönlichen Pflege (mindestens im Umfang der bis 2016 geltenden Pflegestufe 1 bzw. des ab 2017 geltenden Pflegegrades 2) oder in entsprechendem Umfang zur Übernahme der Kosten für die häusliche Pflege oder der Kosten für die externe Pflege verpflichtet hat. Beerdigungskosten und Grabpflegekosten sind Versorgungsleistungen (BFH-Urteil vom 15.2.2006, X R 5/04, BStBl II 2007, 160), soweit sie angemessen sind.
Bei der Überlassung von Wohnräumen oder einer ganzen Wohnung sind nur die mit der Nutzungsüberlassung tatsächlich zusammenhängenden Aufwendungen als dauernde Last anzusetzen (Rz. 46 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227). Hierzu gehören insbesondere Aufwendungen für Sachleistungen wie Strom, Heizung, Wasser und Instandhaltungskosten, zu denen der Übernehmer sich verpflichtet hat. Instandhaltungskosten dürfen jedoch nur als Versorgungsleistungen abgezogen werden, soweit sie der Erhaltung des vertragsgemäßen Zustands der Wohnung im Zeitpunkt der Übergabe dienen (BFH-Urteil vom 25.8.1999, X R 38/95, BStBl II 2000, 21).
Schuldzinsen, die gezahlt werden im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Finanzierung einer als Sonderausgabe abziehbaren privaten Versorgungsrente, sind nicht ihrerseits als dauernde Last abziehbar (BFH-Urteil vom 14.11.2001, X R 120/98, BStBl II 2002, 413).
Wiederkehrende Leistungen (Renten und dauernde Lasten), die der Erbe aufgrund eines Vermächtnisses an einen Dritten zahlen muss, sind nur dann – und unter bestimmten weiteren Voraussetzungen – als Sonderausgaben abziehbar, wenn der Empfänger der Bezüge zum sog. Generationennachfolge-Verbund gehört. Hierzu zählen nach dem BFH-Urteil vom 20.7.2010, IX R 30/09, BFH/NV 2010, 2259, insbesondere nicht der Lebensgefährte des Erblassers, der weder Pflichtteilsansprüche noch ähnliche Ansprüche gegen den Erben bzw. den sonstigen letztwillig bedachten Vermögensübernehmer hat. Wiederkehrende Leistungen, die Stiefgeschwistern im Wege vorweggenommener Erbfolge oder testamentarisch zugewendet werden, sind ebenfalls nicht als dauernde Lasten abziehbar (BFH-Urteil vom 27.3.2001, X R 106/98, BFH/NV 2001, 1242).
Hat ein Altenteilsberechtigter sich an Räumen einer zum übertragenen Vermögen gehörenden Wohnung ein Wohnungsrecht vorbehalten, kann die Verpflichtung des Übernehmers, die Wohnung instand zu halten, bei diesem eine dauernde Last (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG) begründen. Insoweit als Versorgungsleistungen abziehbar sind jedoch nur Aufwendungen, die der Erhaltung des im Zeitpunkt der Übergabe vertragsgemäßen Zustandes der Wohnung dienen (BFH-Urteil vom 25.8.1999, X R 38/95, BStBl II 2000, 21). Zur Berücksichtigung von Instandhaltungsaufwendungen als dauernde Last s. Rz. 46 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010, BStBl I, 227).
Abb.: Instandhaltungsaufwendungen als dauernde Last
Steht der dauernden Last eine Gegenleistung gegenüber, so kommt es für die Abzugsfähigkeit darauf an, ob der Unterhaltscharakter oder der Gesichtspunkt der Gegenleistung überwiegt. Überwiegt der Unterhaltscharakter, so fallen die Zuwendungen in voller Höhe unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 EStG, überwiegt dagegen der Gesichtspunkt der Gegenleistung, so greift das Abzugsverbot nicht ein. Ein wesentlicher Anhaltspunkt für das Überwiegen des Unterhaltscharakters kann im Allgemeinen darin gesehen werden, dass der Wert der Gegenleistung, z.B. des übernommenen Betriebsvermögens, bei überschlägiger und großzügiger Berechnung weniger als die Hälfte des Wertes der Zuwendungen beträgt (H 12.6 [Abgrenzung zwischen Unterhalts- und Versorgungsleistungen] EStH; Rz. 66 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, zuletzt geändert durch BMF vom 6.5.2016, BStBl I 2016, 476). Der Wert der Gegenleistung bestimmt sich in der Regel nach dem Betrag, den ein fremder Erwerber als Kaufpreis zugestehen würde. Beim Empfänger sind die Zahlungen nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerpflichtig, soweit es sich nicht um eine Zuwendung i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG handelt.
Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912) wurde der Tatbestand der Hinzurechnungen deutlich ausgeweitet. Die Änderung des § 8 Nr. 1 GewStG fasst die bisher auf die Nr. 1 bis 3 und 7 aufgeteilten Hinzurechnungstatbestände für Geld- und Sachkapitalüberlassung zusammen. Die Hinzurechnung wird unabhängig von der steuerlichen Behandlung beim Gläubiger der jeweiligen Entgelte vorgenommen. Eine Unterscheidung danach, ob die Verpflichtung im Rahmen der Betriebs- oder Teilbetriebsgründung bzw. des Erwerbs eines Anteils am Betrieb oder seiner Erweiterung begründet worden ist, entfällt. Die Geld- und Sachkapitalüberlassung werden künftig unabhängig von der Dauer der Überlassung erfasst. Für eine Hinzurechnung ist jedoch – weiterhin – erforderlich, dass der Gewerbeertrag, also der nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften ermittelte Gewinn, durch entsprechende Aufwendungen gemindert worden war. Handelt es sich jedoch um Versorgungsleistungen, für die nur eine Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG möglich ist, fehlt es an einer Gewinnminderung. Eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG unterbliebt insoweit. Weitere Einzelheiten s. unter → Gewerbeertrag.
→ Besteuerung von Versorgungsleistungen
→ Renten
→ Übertragung von Privat- oder Betriebsvermögen
Schünder, Neue Tatbestände des Sonderausgabenabzugs ab 1.1.2015, FamRZ 2015, 1860; Durst, Ablösung des Nießbrauchs durch Versorgungsleistungen, BeSt 2016, 7; Dorn/Stein, Vorweggenommene Erbfolge: Die Übertragung von Vermögen gegen Versorgungsleistungen als Gestaltungsmittel, ErbBstg 2024, 18; Weber-Grellet, Abgrenzung zwischen Leibrente und dauernder Last bei einer bis zum 31.12.2007 vereinbarten Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen, FR 2024, 437.
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