1 Allgemeines
2 Wiederverkäufer
2.1 Wiederverkauf als zumindest sekundäres Tätigkeitsfeld des Unternehmers
2.2 Erwerb der Gegenstände für das Unternehmen
2.3 Sicherungsübereignung
2.3.1 Allgemeines zur Anwendung der Differenzbesteuerung
2.3.2 Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer
2.3.3 Lieferung des Sicherungsnehmers an den Erwerber
2.3.4 Rechnungserteilung und Vorsteuerabzug
3 Bewegliche körperliche Gegenstände
3.1 Grundsätzliches zum Verkauf von Gebrauchtgegenstände i.S.d. Differenzbesteuerung
3.2 Anwendung der Differenzbesteuerung bei der Auf- und Umarbeitung gebrauchter Gegenstände
3.3 Lebende Tiere
3.4 Handel mit Kursmünzen
3.5 Keine Anwendung der Differenzbesteuerung
3.5.1 Edelsteine und Edelmetalle
3.5.2 Eintrittskarten
4 Lieferort für Lieferung an Wiederverkäufer im Inland oder im EU-Gebiet
5 Erwerb ohne Umsatzsteuer durch Wiederverkäufer
6 Behandlung der Entnahmen von erworbenen Gegenständen
7 Besonderheiten i.S.d. § 25a Abs. 7 UStG
7.1 Innergemeinschaftlicher Erwerb
7.2 Innergemeinschaftliche Lieferung neuer Fahrzeuge
8 Option gem. § 25a Abs. 8 UStG
9 Lieferort, Steuerbefreiungen, Optionsmöglichkeiten
10 Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach der Einzeldifferenz
11 Bildung der Gesamtdifferenz
11.1 Allgemeiner Überblick
11.2 Steuersatz
11.3 Bildung der Gesamtdifferenz im Besteuerungszeitraum
11.4 Behandlung der Gesamtdifferenz in den einzelnen Voranmeldungszeiträumen
12 Besonderheiten bei Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten
12.1 Differenzbesteuerung für Umsätze mit Kunstgegenständen, Sammlungsstücken oder Antiquitäten nach § 25a Abs. 1 UStG
12.2 Ermittlung der USt nach der Einzeldifferenz i.S.d. § 25a Abs. 3 UStG
12.2.1 Grundsätzliches zur Ermittlung der
12.2.2 Pauschalmarge für Kunstgegenstände
12.3 Ermittlung der USt nach der Gesamtdifferenz i.S.d. § 25a Abs. 4 UStG
12.4 Erweiterte Anwendung der Differenzbesteuerung gem. § 25a Abs. 2 UStG
12.4.1 Option zur Differenzbesteuerung
12.4.2 Besonderheiten bei der Ermittlung der USt nach der Einzeldifferenz i.S.d. § 25a Abs. 3 UStG
12.4.3 Ermittlung der Gesamtdifferenz
13 Formvorschriften und Aufzeichnungspflichten
14 Differenzbesteuerung bei Kfz
15 Verkauf von nach Diebstahl wiedergefundenen Fahrzeugen durch Versicherungsunternehmen
16 Literaturhinweise
§ 25a UStG regelt eine besondere Besteuerungsform abweichend vom Regelfall der Besteuerung nach dem UStG. Sie ist grundsätzlich für Lieferungen von körperlichen Gegenständen im Inland gegen Entgelt im Rahmen des Unternehmens anzuwenden, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG erfüllt sind. Ein Wahlrecht besteht nur insoweit, als der Unternehmer selbst auf die Anwendung der Differenzbesteuerung verzichten kann (§ 25a Abs. 8 UStG; s. OFD Niedersachsen vom 21.5.2015 (S 7421 – 24 – St 181, UR 2015, 531, LEXinform 5235616; s. → Wechsel der Besteuerungsform).
Die Differenzbesteuerung gilt grds. für alle beweglichen körperlichen Gegenstände (s.a. Abschn. 25a.1. Abs. 1 Satz 1 UStAE). Voraussetzung ist:
Vorliegen eines Wiederverkäufers (§ 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG; Abschn. 25a.1. Abs.2 UStAE).
Der Gegenstand wurde an den Wiederverkäufer im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet geliefert (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UStG; Abschn. 25a.1. Abs. 3 UStAE).
Der Verkäufer schuldet beim Verkauf an Wiederverkäufer keine USt oder fällt selbst unter die Differenzbesteuerung (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UStG; Abschn. 25a.1. Abs. 5 UStAE).
Die Gegenstände sind keine Edelsteine oder Edelmetalle (§ 25a Abs. 1 Nr. 3 UStG; Abschn. 25a.1. Abs. 1 Satz 3 ff. UStAE).
Gemeinschaftsrechtlich enthalten die Art. 311 ff. MwStSystRL Sonderregelungen für Gebrauchtgegenstände (s.a. Anmerkung vom 21.7.2015, LEXinform 0947038).
Nach dem EuGH-Urteil vom 18.5.2017 (C-624/15, UR 14/2017, 552, LEXinform 0589547) ist es nach Art. 314 MwStSystRL nicht zulässig, einem Stpfl., der eine Rechnung mit Angaben sowohl zur Differenzbesteuerung als auch zur Befreiung von der Mehrwertsteuer erhalten hat, das Recht zur Anwendung der Differenzbesteuerung zu versagen, selbst wenn eine spätere Prüfung dieser Behörden ergibt, dass der stpfl. Wiederverkäufer, der die Gebrauchtgegenstände geliefert hatte, die Differenzbesteuerung auf die Lieferung dieser Gegenstände in Wirklichkeit nicht angewandt hatte, es sei denn, die zuständigen Behörden weisen nach, dass der Stpfl. nicht in gutem Glauben gehandelt hat oder nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (s.u. die Erläuterungen zum Gliederungspunkt »Erwerb ohne Umsatzsteuer durch Wiederverkäufer«).
Beachte:
Werden Gegenstände, die im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen erworben wurden, durch den Geschäftserwerber und Wiederverkäufer veräußert, kommt es für die Anwendung der Differenzbesteuerung auf den damaligen Erwerbsvorgang des Betriebsveräußerers an. Nach § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG tritt der erwerbende Unternehmer an die Stelle des Veräußerers. Wurde bei der ursprünglichen Anschaffung des Gegenstands durch den Rechtsvorgänger der Vorsteuerabzug geltend gemacht, kommt die Differenzbesteuerung bei einem Weiterverkauf nicht in Betracht (s.a. Giels in NWB 12/2022, 835 unter VII.3).
Beispiel 1:
Wiederverkäufer W erwirbt im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen u.a. einen gebrauchten Pkw, den der Verkäufer des Betriebs unter Abzug der Vorsteuer angeschafft hatte. Diesen Pkw veräußert W an die Privatperson P.
Lösung 1:
S.a. Giels in NWB 12/2022, 835 unter VII.3 das Beispiel 12.
Für die Beurteilung der Differenzbesteuerung ist nicht auf den Vorumsatz der nichtsteuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen abzustellen. W tritt in die Rechtsstellung des Verkäufers des Betriebs ein. Entscheidend für die Anwendung der Differenzbesteuerung durch W ist, wie der Rechtsvorgänger des W (Veräußerer des Betriebs) den Pkw ursprünglich angeschafft hat. Da der Rechtsvorgänger bei der ursprünglichen Anschaffung des Pkw die Vorsteuer geltend gemacht hatte, ist die Differenzbesteuerung beim Verkauf durch W nach § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG ausgeschlossen (s.a. Abschn. 25a.1. Abs. 5 UStAE).
Bei der Differenzbesteuerung ist als Bemessungsgrundlage der Betrag anzusetzen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt; die in dem Unterschiedsbetrag enthaltene USt ist herauszurechnen (§ 25a Abs. 3 UStG; Abschn. 25a.1. Abs. 8 Satz 1 UStAE).
Bei der Differenzbesteuerung ist die Steuer stets mit dem allgemeinen Steuersatz zu berechnen (§ 25a Abs. 5 Satz 1 UStG; Abschn. 25a.1. Abs. 15 Satz 1 und 2 UStAE). Dies gilt auch für solche Gegenstände, für die bei der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften der ermäßigte Steuersatz in Betracht käme (z.B. Bücher).
Beispiel 2:
Wiederverkäufer W veräußert einen Gegenstand, den er für 10 000 € von Privatmann P erworben hatte, an X für 12 000 €.
Lösung 2:
Als Wiederverkäufer muss W die Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG anwenden (Abschn. 25a.1. Abs. 2 UStAE), solange er nicht auf deren Anwendung verzichtet hat (§ 25a Abs. 8 UStG; Abschn. 25a.1. Abs. 21 UStAE). Voraussetzung für die Anwendung der Differenzbesteuerung ist weiterhin (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG), dass für die Lieferung an W USt nicht geschuldet wird (Abschn. 25a.1. Abs. 5 UStAE). Diese Voraussetzung ist erfüllt, da W den Gegenstand von einem Privatmann P erworben hatte.
Als Bemessungsgrundlage ist der Betrag anzusetzen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt (§ 25a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 UStG); die in dem Unterschiedsbetrag enthaltene USt ist herauszurechnen (Abschn. 25a.1. Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 2 UStAE). Bei der Differenzbesteuerung ist die Steuer stets mit dem allgemeinen Steuersatz zu berechnen (§ 25a Abs. 5 Satz 1 UStG; Abschn. 25a.1. Abs. 15 Satz 1 UStAE).
Verkaufspreis |
12 000,00 € |
Einkaufspreis |
10 000,00 € |
Differenzbetrag |
2 000,00 € |
Die USt des W beträgt 2 000 € : 119 × 19 = |
./. 319,33 € |
Bemessungsgrundlage |
1 680,67 € |
Nach § 14a Abs. 6 Satz 1 UStG muss die Rechnung die Angabe »Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung« enthalten (Abschn. 14a.1. Abs. 10 UStAE). Die Vorschrift auf den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung findet keine Anwendung (§ 14a Abs. 6 Satz 2 UStG; s.a. Abschn. 25a.1. Abs. 16 Satz 1 UStAE).
Hinweis:
In den Fällen der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG bestimmt sich der Gesamtumsatz des § 19 Abs. 3 UStG nach dem vereinnahmten Entgelt (im vorhergehenden Beispiel 12 000 €) und nicht nach dem Differenzbetrag (im vorhergehenden Beispiel 2 000 €; Abschn. 19.3. Abs. 1 Satz 5 UStAE).
Allerdings hat das FG Köln mit Urteil vom 13.4.2016 (9 K 667/14, EFG 2016, 1305, LEXinform 5019138, Revision eingelegt, Az. BFH: XI R 7/16, LEXinform 0950983) gegen die deutsche Verwaltungsreglung in Abschn. 19.3. Abs. 1 Satz 5 UStAE entschieden. Auch bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes nach der Kleinunternehmerregelung ist nur auf die Differenzumsätze und nicht auf die Gesamteinnahmen abzustellen.
Im Revisionsverfahren XI R 7/16 hat der BFH mit Beschluss vom 7.2.2018 (BFH/NV 2018, 913, LEXinform 5021205) dem EuGH die Frage vorgelegt, ob in Fällen der Differenzbesteuerung Art. 288 Satz 1 Nr. 1 MwStSystRL dahingehend auszulegen ist, dass für die Bemessung des danach maßgeblichen Umsatzes bei der Lieferung von Gegenständen nach Art. 314 MwStSystRL gem. Art. 315 MwStSystRL auf die Differenz zwischen dem geforderten Verkaufspreis und dem Einkaufspreis (Handelsspanne) abzustellen ist.
Nach der EuGH-Entscheidung vom 29.7.2019 (C-388/18, LEXinform 0651606, Rz. 31) ist zur wörtlichen Auslegung von Art. 288 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL festzustellen, dass sich der Umsatz des Stpfl. schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung aus dem Gesamtbetrag ohne Mehrwertsteuer der besteuerten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen zusammensetzt, wobei sich das Wort »besteuert« aber nicht auf das Wort »Betrag«, sondern auf »Lieferungen« oder »Leistungen« bezieht. Deshalb impliziert eine wörtliche Auslegung von Art. 288 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL, dass der Gesamtbetrag der von den stpfl. Wiederverkäufern ausgeführten Lieferungen und nicht deren Handelsspanne den Umsatz darstellt, der für die Anwendbarkeit der Sonderregelung für Kleinunternehmen zugrunde zu legen ist (EuGH C-388/18, Rz. 35).
Der EuGH hat somit die Verwaltungsregelung in Abschn. 19.3. Abs. 1 Satz 5 UStAE bestätigt; die Regelung ist unionsrechtskonform (s.a. Nachfolgeentscheidung des BFH vom 23.10.2019, XI R 17/19, BFH/NV 2020, 467, LEXinform 0952404).
Die Regelung des § 25a UStG bewirkt, dass der Wiederverkäufer durch den Abzug des Vorumsatzes im Ergebnis so gestellt wird, als hätte ihm aus dem Erwerb der Ware ein Vorsteuerabzug zugestanden (vgl. BFH Urteil vom 16.4.1997, XI R 87/96, BStBl II 1997, 585, unter II.5.a). Dadurch sollen insbes. Wettbewerbsnachteile vermindert werden, die sich für unternehmerisch tätige Wiederverkäufer im Verhältnis zu privaten (nichtunternehmerischen) Verkäufern ohne die Sonderregelung des § 25a UStG ergeben würden (vgl. BFH Urteil vom 23.4.2009, V R 52/07, BStBl II 2009, 860, unter II.1.c cc).
Die Differenzbesteuerung gilt grundsätzlich nur für sog. Wiederverkäufer. Dies sind nach der Definition des § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG Unternehmer, die gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handeln oder auch alle, die Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigern.
Als Wiederverkäufer (Abschn. 25a.1. Abs. 2 UStAE) gelten Unternehmer, die im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit üblicherweise Gebrauchtgegenstände erwerben und sie danach ggf. nach Instandsetzung im eigenen Namen wieder verkaufen (gewerbsmäßige Händler), z.B. Secondhandshops, Antiquitätengeschäfte, Kunsthändler. Zur Frage der gewerblichen Tätigkeit vgl. BFH Urteile vom 2.3.2006 (V R 35/04, BStBl II 2006, 675) und vom 29.6.2011 (XI R 15/10, BStBl II 2011, 839).
Als Wiederverkäufer gelten auch die Veranstalter öffentlicher Versteigerungen, die Gebrauchtgegenstände im eigenen Namen und auf eigene oder fremde Rechnung versteigern (vgl. BFH vom 2.3.2006, V R 35/04, BStBl II 2006, 675 und vom 29.6.2011, XI R 15/10, BStBl II 2022, 839; s.a. Art. 311 Abs. 1 Nr. 6 MwStSystRL).
In Art. 311 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL wird der »steuerpflichtige Wiederverkäufer« definiert als »jeder Steuerpflichtige, der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zum Zwecke des Wiederverkaufs Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten kauft, seinem Unternehmen zuordnet oder einführt …«.
Der EuGH hat mit Urteil vom 8.12.2005 (C-280/04, UR 2006, 360, LEXinform 0175921) zur Anwendung der Differenzbesteuerung beim Wiederverkauf gebrauchter Fahrzeuge durch eine Leasinggesellschaft Stellung genommen. In dem Fall hatte die Klägerin, ein Autoleasingunternehmen, neben Neuwagen auch Gebrauchtwagen von Nichtunternehmern ohne Mehrwertsteuer erworben. Diese Gebrauchtwagen verwendete sie zunächst als Leasingfahrzeuge. Später veräußerte sie diese. In Dänemark ist der Vorsteuerabzug beim Erwerb von Pkw, die zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen dienen, ausgeschlossen. Das gilt aber u.a. nicht für Unternehmen, die mit Kfz handeln oder diese vermieten. Streitig war, ob die Veräußerungen der Gebrauchtwagen durch die Klägerin der Mehrwertsteuer zu unterwerfen waren. Der EuGH hat wie folgt entschieden:
»Art. 136 MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass es nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, diejenigen Umsätze der Mehrwertsteuer zu unterwerfen, mit denen ein Stpfl. Gegenstände wieder verkauft, die er zuvor seinem Betriebsvermögen zugeordnet hatte und deren Anschaffung nicht nach Art. 176 MwStSystRL vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen war, auch wenn für diesen bei Stpfl. getätigten Erwerb ein Vorsteuerabzug deshalb nicht möglich war, weil diese keine Mehrwertsteuer anmelden konnten.
Art. 311 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL ist dahingehend auszulegen, dass als »steuerpflichtiger Wiederverkäufer i.S. dieser Vorschrift ein Unternehmen angesehen werden kann, das im Rahmen seiner normalen Tätigkeit Fahrzeuge wieder verkauft, die es für seine Leasingtätigkeit als Gebrauchtwagen erworben hatte, und für das der Wiederverkauf im Augenblick der Anschaffung des Gebrauchtgegenstandes nicht das Hauptziel, sondern nur sein zweitrangiges und dem der Vermietung untergeordnetes Ziel darstellt.«
Dem EuGH-Urteil nach ist es nicht erforderlich, dass der Händler ständig oder regelmäßig gebrauchte Gegenstände ankauft und weiterverkauft. Auch ist nicht erforderlich, dass er im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit »üblicherweise« Gebrauchtgegenstände erwirbt. Diese Einschränkung findet in Art. 311 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL keine Grundlage. Nach Auffassung des EuGH ist ein Unternehmer Wiederverkäufer, der im Rahmen seiner normalen Tätigkeit Gebrauchtgegenstände einkauft und wieder verkauft. Erfasst werden also auch Händler, die grundsätzlich nur mit neuen Gegenständen handeln und nur im Einzel- oder Ausnahmefall gebrauchte Gegenstände ankaufen oder in Zahlung nehmen und wieder veräußern.
Der EuGH betont, dass es sich bei der Differenzbesteuerung um eine Sonderregelung handelt. Als solche darf sie nur in dem für die Erreichung ihres Ziels notwendigen Maß angewandt werden. Daher hält es der EuGH für erforderlich, dass für den Wiederverkäufer im Augenblick der Anschaffung des Gegenstands der Wiederverkauf zwar nicht das Hauptziel, zumindest aber zweitrangiges Ziel sein muss und der bisherigen Nutzung im Unternehmen untergeordnet sein kann. Ferner muss der Wiederverkauf zum »normalen« Tätigkeitsfeld des Unternehmers gehören. Folge: Anlagevermögen kann nur dann unter die Differenzbesteuerung fallen, wenn beim Erwerb des Anlagevermögens der Wiederverkauf zumindest zweitrangiges Ziel ist und der Wiederverkauf zum normalen Tätigkeitsfeld des Unternehmers gehört (s.a. Abschn. 25a.1. Abs. 4 Satz 3 UStAE). Der An- und Verkauf z.B. einer Büroeinrichtung eines Kfz-Händlers dürfte demzufolge nicht von der Differenzbesteuerung erfasst werden (s.a. Anmerkung vom 14.12.2005, LEXinform 0401587).
Beispiel 3:
Eine Steuerberatungsgesellschaft erwarb im Kj. 01 von einem Händler einen gebrauchten Pkw zum Preis von 22 440 €. Aus der Anschaffung der Pkw konnte die Gesellschaft deshalb keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, weil der Verkäufer die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG angewandt und USt nicht gesondert ausgewiesen hatte.
Im Kj. 04 gibt die Gesellschaft den Pkw im Rahmen des Erwerbs eines anderen Fahrzeugs für 11 250 € in Zahlung. Sie unterwirft den Umsatz nicht der Besteuerung, da beim Erwerb (§ 25a UStG) kein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen wurde.
Lösung 3:
Der Sachverhalt und die Lösung entsprechen dem BFH Urteil vom 2.3.2006 (V R 35/04, BStBl II 2006, 675; s.a. Abschn. 25a.1. Abs. 2 Satz 2 UStAE).
Nach dem BFH Urteil vom 2.3.2006 (V R 35/04, BStBl II 2006, 675) findet die Differenzbesteuerung bei umsatzsteuerpflichtiger Veräußerung eines ohne Vorsteuerabzugsberechtigung erworbenen, betrieblichen Pkw durch eine Steuerberatungsgesellschaft keine Anwendung. Die Steuerberatungsgesellschaft ist nicht Wiederverkäufer i.S.d. § 25a UStG.
Die Differenzbesteuerung für Lieferungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG von bestimmten beweglichen körperlichen Gegenständen setzt nach § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG u.a. voraus, dass der liefernde Unternehmer ein »Wiederverkäufer« ist. Als Wiederverkäufer gilt nach § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert. Die Steuerberatungsgesellschaft handelt nicht gewerbsmäßig mit Pkw. Die einmalige Veräußerung eines zum Anlagevermögen gehörenden Pkw begründet nicht die Eigenschaft als Wiederverkäufer i.S.d. § 25a UStG (vgl. FG Köln Urteil vom 15.4. 2004, 11 K 2507/03, EFG 2004, 1333).
Diese Auslegung des § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG steht im Einklang mit Art. 311 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL. Nach dieser Bestimmung ist »steuerpflichtiger Wiederverkäufer« jeder Stpfl., der im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit Gebrauchsgegenstände, Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten kauft oder zur Deckung seines unternehmerischen Bedarfs verwendet oder zum Zwecke des Wiederverkaufs einführt, gleich, ob er auf eigene Rechnung oder aufgrund eines Einkaufs- oder Verkaufskommissionsvertrags auf fremde Rechnung handelt.
Nach der Rechtsprechung des EuGH im Urteil vom 8.12.2005 (C-280/04, UR 2006, 360) kann zwar als stpfl. Wiederverkäufer im Sinne dieser Bestimmung (auch) ein Unternehmen angesehen werden, das im Rahmen seiner normalen Tätigkeit Fahrzeuge wiederverkauft, die es für seine Leasingtätigkeit als Gebrauchtwagen erworben hatte, und für das der Wiederverkauf im Augenblick der Anschaffung des Gebrauchsgegenstandes nicht das Hauptziel, sondern nur sein zweitrangiges und dem der Vermietung untergeordnetes Ziel darstellt. Der Wiederverkauf von Pkw gehört aber nicht zum normalen Tätigkeitsfeld der Steuerberatungsgesellschaft.
Nach dem BFH Urteil vom 29.6.2011 (XI R 15/10, BStBl II 2011, 839; s.a. Abschn. 25a.1. Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 Satz 3 UStAE) ist § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG dahin zu verstehen, dass der Unternehmer bei der konkreten Lieferung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, die der Differenzbesteuerung unterworfen werden soll, als Wiederverkäufer gehandelt haben muss (s.a. FG Köln Urteil vom 15.4.2004, 11 K 2507/03, EFG 2004, 1333). Dies ist nur der Fall, wenn der gelieferte Gegenstand – zumindest nachrangig – zum Zweck des Wiederverkaufs erworben wurde und der Wiederverkauf zur normalen Tätigkeit des Unternehmers gehört.
Dieses Auslegungsergebnis entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der dem Begriff des Wiederverkäufers in § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG solche gewerbsmäßigen Händler zuordnen wollte, »die im Rahmen ihres Unternehmens oder eines abgrenzbaren Teilbereichs üblicherweise Gegenstände zum Zwecke des Wiederverkaufs einkaufen und sie anschließend, ggf. nach Instandsetzung, wieder verkaufen« (vgl. BT-Drs. 12/7686, 7). Nur diese Auslegung des Wortlauts des § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG wird dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer gerecht. Dieser verlangt, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze tätigen, bei der Erhebung der Mehrwertsteuer nicht unterschiedlich behandelt werden. Es würde aber zu einer sachlich nicht gerechtfertigten unterschiedlichen Behandlung gleichartiger Umsätze führen, wenn die Veräußerung von unternehmerisch genutzten Gegenständen, die ohne Vorsteuerabzug erworben wurden, umsatzsteuerrechtlich allein deshalb unterschiedlich behandelt würde, weil der eine Unternehmer ein Händler ist und der andere Dienstleistungen erbringt.
Die Anwendung der Differenzbesteuerung kann in beiden Fällen nur dann gerechtfertigt sein, wenn der Wiederverkauf des Gegenstandes bei seinem Erwerb zumindest nachrangig beabsichtigt war und dieser Wiederverkauf aufgrund seiner Häufigkeit zur normalen Tätigkeit des Unternehmers gehört. Nur in einem solchen Fall würde die Versagung der Differenzbesteuerung zu einem sachlich nicht gerechtfertigten Vorteil für Gebrauchtwarenhändler führen, die in den Genuss der Regelung über die Differenzbesteuerung kommen.
Der Wiederverkäufer muss die Gegenstände für sein Unternehmen erworben haben. Die Differenzbesteuerung ist daher nicht anwendbar, wenn der Wiederverkäufer Gegenstände privat kauft oder erbt und sie danach in das Unternehmen einlegt (Abschn. 25a.1. Abs. 4 Satz 1 und 2 UStAE).
Nach Auffassung des BFH in seinem Urteil vom 18.12.2008 (V R 73/07, BStBl II 2009, 612) setzt die Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG insbes. eine Lieferung an den Wiederverkäufer voraus. Bei der Lieferung an den Wiederverkäufer muss es sich – entgegen einer zum Teil vertretenen Auffassung – um eine entgeltliche Lieferung handeln. Zwar stellt der Wortlaut der Vorschrift nur auf das Vorliegen einer Lieferung ab, wobei § 3 Abs. 1 UStG den Begriff der Lieferung definiert. Die bloße »Verschaffung der Verfügungsmacht« an den Wiederverkäufer nach § 3 Abs. 1 UStG reicht jedoch nicht aus. Denn zum einen erübrigt sich bei unentgeltlichen Lieferungen an den Wiederverkäufer die von § 25a UStG vorgesehene »Differenzbesteuerung«, die die Ermittlung einer Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis voraussetzt (vgl. § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG). Gegen die Auffassung, tatbestandliche Voraussetzung für die Anwendung der Differenzbesteuerung sei nur das Vorliegen einer Lieferung i.S.d. »Verschaffung der Verfügungsmacht« an einem Gegenstand, während die Frage, ob überhaupt und ggf. in welcher Höhe die Lieferung mit einer Gegenleistung im Zusammenhang stehe, nur bei der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen sei, spricht zum anderen auch der Wortlaut des Art. 315 MwStSystRL. Danach ergibt sich die »Besteuerungsgrundlage bei der Lieferung aus der Differenz [als] Unterschied zwischen dem Verkaufspreis und dem Einkaufspreis des Gegenstands«. Danach muss für die Lieferung an den Wiederverkäufer ein »Einkaufspreis« vorliegen, der ein entgeltliches Rechtsgeschäft voraussetzt.
So gilt die Differenzbesteuerung z.B. bei Verkäufern von neuen Fernsehern, Fotoapparaten, die die alten Apparate der Kunden in Zahlung nehmen und weiterverkaufen.
Weiterhin werden auch Unternehmer, die öffentliche Versteigerungen veranstalten und Gegenstände im eigenen Namen und auf eigene oder fremde Rechnung verkaufen, der Gruppe der Wiederverkäufer zugerechnet (s.a. Abschn. 25a.1. Abs. 2 Satz 2 UStAE).
Der An- und Verkauf der Gebrauchtgegenstände kann auf einen Teil oder einen Nebenbereich des Unternehmens beschränkt werden (Abschn. 25a.1. Abs. 2 Satz 3 UStAE).
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass zu den Wiederverkäufern auch die Kreditinstitute gehören, die sicherungsübereignete Gegenstände veräußern (vgl. BT-Drs. 12/7981, 12). Die Vfg. der OFD Frankfurt vom 15.3.2016 (S 7421 A– 5 – St 111, UR 17/2016, 695, LEXinform 5235928) enthält Hinweise zur Anwendung der Differenzbesteuerung in den Fällen der Sicherungsübereignung.
Zur betrieblichen Finanzierung werden von einem Unternehmer Gegenstände (z.B. Gebrauchtfahrzeuge), die von Privatpersonen erworben wurden, an einen anderen Unternehmer (z.B. ein Kreditinstitut) sicherungsübereignet. Im Fall der Verwertungsreife und der anschließenden Verwertung außerhalb eines Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens stellt sich dann die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Sicherungsnehmer (z.B. das Kreditinstitut) als auch der Sicherungsgeber in einem solchen Fall (Doppel- oder Dreifachumsatz) die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG anwenden können (vgl. Abschn. 1.2. Abs. 1 UStAE). Zu beachten ist, dass nach § 13b Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 UStG der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (Abschn. 1.2. Abs. 4 i.V.m. Abschn. 13b.1. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 UStAE; → Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers).
Im Fall der Sicherungsübereignung können sowohl der Sicherungsgeber als auch der Sicherungsnehmer unter den Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 UStG die Differenzbesteuerung anwenden.
Der als Sicherungsgeber auftretende Unternehmer kann die Differenzbesteuerung für die Lieferung an das Kreditinstitut (Sicherungsnehmer) nach § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG und § 25a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG anwenden, wenn er die zur Sicherung übereigneten Gegenstände von Privatpersonen, Kleinunternehmern i.S.d. § 19 UStG oder differenzbesteuert erworben hat. Der differenzbesteuerte Umsatz bemisst sich nach dem vom Kreditinstitut erzielten Veräußerungspreis abzüglich des Einkaufspreises des Gegenstands aus dem Ankauf. Verwertungskosten, die durch die Verwertung anfallen, sind bei der Bemessungsgrundlage nicht zu berücksichtigen. Die USt ist aus dem ermittelten Differenzbetrag mit dem Regelsteuersatz herauszurechnen (§ 25a Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 1 UStG).
Erfolgt die Sicherungsverwertung außerhalb des Insolvenzverfahrens, schuldet der Sicherungsnehmer (Kreditinstitut) als Leistungsempfänger grds. die Steuer nach § 13b Abs. 2 Nr. 2 UStG für die Lieferung des Sicherungsgebers. Liefert der Sicherungsgeber allerdings unter Anwendung der Differenzbesteuerung, so schuldet nicht der Sicherungsnehmer als Leistungsempfänger, sondern der Sicherungsgeber die Steuer nach § 13a UStG (s.a. § 13b Abs. 5 Satz 10 UStG).
Das Kreditinstitut als Sicherungsnehmer ist seinerseits berechtigt, auf den Weiterverkauf der Gegenstände die Differenzbesteuerung anzuwenden (s. § 25a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. b UStG). Die Bemessungsgrundlage für diesen Umsatz beträgt jedoch 0,00 €, weil der tatsächliche Verkaufspreis und der hiervon abzuziehende Einkaufspreis (= Verkaufspreis der Lieferung von dem Sicherungsgeber an das Kreditinstitut) betragsmäßig identisch sind.
Wird die Differenzbesteuerung i.S.d. § 25a UStG angewandt, darf in einer Rechnung die USt nicht gesondert ausgewiesen werden (vgl. § 14a Abs. 6 Satz 2 UStG). Die Rechnung muss die Angabe »Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung« enthalten. Weist der Wiederverkäufer dennoch die sich aus der Differenzbesteuerung ergebende USt in einer Rechnung gesondert aus, schuldet er die Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG (Abschn. 25a.1. Abs. 16 Satz 2 UStAE). Zusätzlich zu dieser Steuer schuldet er für die Lieferung des Gegenstands die Steuer nach § 25a UStG.
Nach dem BFH Urteil vom 2.4.1998 (V R 34/97, BStBl II 1998, 695) sind die nach § 14c UStG wegen des zu hohen oder unberechtigten Ausweises in einer Rechnung geschuldeten Steuerbeträge nicht als Vorsteuer abziehbar (vgl. Abschn. 15.2. Abs. 1 Satz 2 UStAE). Der Sicherungsnehmer ist daher hinsichtlich der vom Sicherungsgeber unberechtigt ausgewiesenen Steuer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Hinsichtlich der Verwertungskosten des Sicherungsnehmers ist ein Vorsteuerabzug dagegen nicht grundsätzlich ausgeschlossen (→ Verschaffung der Verfügungsmacht unter dem Gliederungspunkt »Sicherungsübereignung«).
Beispiel 4:
Privatmann P verkauft an |
Unternehmer und Wiederverkäufer SG einen Pkw. SG (Sicherungsgeber) übereignet den Pkw an |
Unternehmer SN (Sicherungsnehmer) zur Sicherheit. |
SN macht von seinem Verwertungsrecht Gebrauch und verkauft den Pkw an X. |
Verkauf Pkw für 20 000 € an SG. |
Sicherungsübereignung. |
Verkauf Pkw für 25 000 € |
Lösung 4:
Werden bewegliche Unternehmensgegenstände zur betrieblichen Finanzierung an ein Kreditinstitut sicherungsübereignet (z.B. Gebrauchtfahrzeuge) und tritt die Verwertungsreife für diese Gegenstände ein, liegt im Zeitpunkt der Verwertung umsatzsteuerrechtlich ein sog. Doppelumsatz vor (Abschn. 1.2. Abs. 1 UStAE).
Der als Sicherungsgeber auftretende Unternehmer SG kann unter den Voraussetzungen des Abschn. 25a.1. Abs. 4 UStAE die Differenzbesteuerung für die Lieferung an das Kreditinstitut (SN) nach § 25a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a UStG anwenden, da er den zur Sicherung übereigneten Pkw von einer Privatperson erworben hat und selbst ein Wiederverkäufer i.S.d. § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG ist.
Das Kreditinstitut (SN) als Sicherungsnehmer ist seinerseits berechtigt, auf den Weiterverkauf des Pkw die Differenzbesteuerung anzuwenden (§ 25a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. b UStG; s.a. das Beispiel zu Abschn. 25a.1. Abs. 2 UStAE).
Privatmann P verkauft an |
Unternehmer und Wiederverkäufer SG einen Pkw. SG (Sicherungsgeber) übereignet den Pkw an |
Unternehmer SN (Sicherungsnehmer) zur Sicherheit. |
SN macht von seinem Verwertungsrecht Gebrauch und verkauft den Pkw an X. |
||
Verkauf Pkw für 20 000 € an SG. |
Sicherungsübereignung. |
Verkauf Pkw für 25 000 € |
|||
Differenzbesteuerung bei SG: Verkaufspreis Einkaufspreis Differenz gem. § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG Die USt ist herauszurechnen |
25 000,00 € 20 000,00 € 5 000,00 € 798,32 € |
Differenzbesteuerung bei SN: Verkaufspreis Einkaufspreis Differenz gem. § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG Die USt ist herauszurechnen |
25 000,00 € 25 000,00 € 0,00 € 0,00 € |
||
Problematisch ist, dass grundsätzlich für die Lieferung des SG an den SN die USt durch den SN im Reverse-Charge-Verfahren geschuldet wird. Im Beispielsfall müsste daher der SN die Differenzsteuer des SG ermitteln. Dafür benötigt die Bank (SN) den Einkaufspreis des SG. In § 13b Abs. 5 Satz 10 UStG wird daher klargestellt, dass bei Lieferungen von u.a. in § 13b Abs. 2 Nr. 2 UStG genannten Gegenständen, für die die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG vorliegen und der Unternehmer diese Regelung auch anwendet, der Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner wird. Die Anwendung der Steuerschuldnerschaft ist für den Leistungsempfänger in diesen Fällen de facto nicht möglich, weil er regelmäßig den Einkaufspreis der an ihn gelieferten Gegenstände nicht kennt und so die Bemessungsgrundlage für die Umsatzbesteuerung nicht ermitteln kann (s.a. Abschn. 13b.1. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 UStAE mit Beispiel; → Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers). Der SG schuldet die Differenzsteuer i.H.v. 798,32 € nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG. |
Wird die Differenzbesteuerung i.S.d. § 25a UStG angewandt, darf in der Rechnung die USt nicht gesondert auswiesen werden (§ 14a Abs. 6 Satz 2 UStG). Die Rechnung muss die Angabe »Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung« enthalten. |
§ 25a UStG enthält eine Sonderregelung für die Besteuerung der Lieferungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG von beweglichen körperlichen Gegenständen einschließlich Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten, sofern für diese Gegenstände kein Recht zum Vorsteuerabzug bestand. Sie werden nachfolgend als Gebrauchtgegenstände bezeichnet, weil sie nach der Verkehrsauffassung bereits »gebraucht« sind (Abschn. 25a.1. Abs. 1 Satz 1und 2 UStAE). Zu den Besonderheiten bei der Anwendung der Differenzbesteuerung bei den Lieferungen von Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten s.u. die Erläuterungen zu dem gleichnamigen Gliederungspunkt.
Mit Urteil vom 29.6.2011 (XI R 15/10, BStBl II 2011, 839) hat der BFH entschieden, dass die Veräußerung eines Pkw, den ein Kioskbetreiber als Gebrauchtwagen ohne Vorsteuerabzugsberechtigung erworben und in seinem Unternehmen genutzt hat, bei richtlinienkonformer Auslegung nicht der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterliegt, sondern nach den allgemeinen Vorschriften des UStG zu versteuern ist. § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG ist dahin zu verstehen, dass der Unternehmer bei der konkreten Lieferung, die der Differenzbesteuerung unterworfen werden soll, als Wiederverkäufer gehandelt haben muss. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Wiederverkauf des Gegenstandes bei seinem Erwerb zumindest nachrangig beabsichtigt war und dieser Wiederverkauf aufgrund seiner Häufigkeit zur normalen Tätigkeit des Unternehmers gehört (Abschn. 25a.1. Abs. 4 Satz 3 UStAE; s.o. den Gliederungspunkt »Wiederverkauf als zumindest sekundäres Tätigkeitsfeld des Unternehmers«).
Der Verkauf von Anlagevermögen ist im Regelfall voll der USt zu unterwerfen. Wie der BFH mit Urteil vom 2.3.2006 (V R 35/04, BStBl II 2006, 675) entschieden hat, ist die Veräußerung eines ohne Vorsteuerabzugsrecht erworbenen Pkws – anders als eine Entnahme –, den der Unternehmer seinem Unternehmen zugeordnet hatte, steuerbar.
Bei einem ohne Vorsteuerabzug erworbenen Pkw kann die ungünstige Regelbesteuerung vermieden werden, indem das Fahrzeug vor einer Veräußerung aus dem Unternehmensvermögen entnommen wird. Ohne Vorsteuerabzug ist auch die unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG nicht zu versteuern (s.a. Anmerkung vom 10.11.2011, LEXinform 0941132).
Mit den Urteilen des EuGH vom 18.1.2017 (C-471/15, LEXinform 5214576) und des BFH vom 23.2.2017 (V R 37/15, BStBl II 2019, 452, Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 18.1.2017) wurde entschieden, dass die Differenzbesteuerung grds. auch dann anzuwenden ist, wenn ein Unternehmer Gegenstände liefert, die er seinerseits gewonnen hat, indem er zuvor von ihm erworbene Gebrauchtfahrzeuge zerlegt hat. Ein gänzlicher Ausschluss von der Differenzbesteuerung ist in diesen Fällen auch bei Nachweisschwierigkeiten nicht zulässig (s.a. Abschn. 25a.1. Abs. 4a UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 22.12.2023, BStBl I 2023, 2248).
Nach der EuGH-Rechtsprechung vom 18.1.2017 (C–471/15, LEXinform 5214576) sind Gebrauchtgegenstände
bewegliche körperliche Gegenstände,
die in ihrem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung erneut verwendbar sind und
die weder in die Kategorie der Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten noch in die der Edelmetalle oder Edelsteine fallen dürfen (Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL; s.a. EuGH Urteil vom 11.7.2018, C-154/17, UR 18/2018, 724, LEXinform 5215911, Rz. 20).
Für die Einordnung als »Gebrauchtgegenstand« ist nur erforderlich, dass dem gebrauchten Gegenstand unverändert die Funktionen zukommen, die er im Neuzustand hatte, und dass er daher in seinem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung erneut verwendbar ist. Dies ist bei Autoteilen der Fall, die aus einem Altfahrzeug entnommen wurden, weil ihnen, auch wenn sie von diesem Fahrzeug getrennt werden, unverändert die Funktionen zukommen, die sie im Neuzustand hatten und sie somit zu denselben Zwecken erneut verwendbar sind. Demnach sind Teile, die aus Altfahrzeugen stammen, als »Gebrauchtgegenstände« i.S.v. Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL anzusehen, mit der Folge, dass Lieferungen solcher Teile durch stpfl. Wiederverkäufer der Differenzbesteuerung nach Art. 313 Abs. 1 MwStSystRL unterliegen.
Der BFH macht in seinem Urteil vom 23.2.2017 (V R 37/15, BStBl II 2019, 452) deutlich, dass es zu Ermittlungsschwierigkeiten hinsichtlich des Einkaufspreises des jeweils verkauften Einzelteils kommen kann. Diese Ermittlungsschwierigkeiten dürfen aber nicht zum vollständigen Versagen der Anwendung der Differenzbesteuerung führen. Notfalls ist die Differenz im Einzelfall zu schätzen (§ 25a Abs. 3 UStG; s.a. Anmerkungen vom 11.7.2017, LEXinform 0948869 und vom 14.7.2017, LEXinform 0880273).
Erwirbt ein Unternehmer Gegenstände, die als solche nicht mehr nutzbar sind, z.B. endgültig stillgelegte Fahrzeuge, nicht, um seinerseits noch funktionsfähige Bestandteile auszubauen und anschließend zu veräußern (s. dazu EuGH vom 18.1.2027, C–471/15, LEXinform 5214576), sondern dazu, die Gegenstände in unverändertem Zustand weiterzuverkaufen, kann auch für diesen Weiterverkauf die Differenzbesteuerung zur Anwendung kommen (EuGH vom 17.5.2023, C-365/22, LEXinform 0954295; s.a. Anmerkung vom 25.5.2023, LEXinform 0431055). Voraussetzung hierfür ist, dass die Gegenstände noch Bestandteile enthalten, die ihre Funktionen behalten haben, die sie im Neuzustand hatten, und die daher in ihrem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung erneut verwendbar sind. Werden die Gegenstände dagegen verkauft, um vom Erwerber z.B. verschrottet oder in einen anderen Gegenstand umgewandelt zu werden, ist die Differenzbesteuerung nicht anwendbar (Abschn. 25a.1. Abs. 4b UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 22.12.2023, BStBl I 2023, 2248).
Wird aus mehreren Einzelgegenständen, die jeweils für sich die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung erfüllen, ein einheitlicher Gegenstand hergestellt oder zusammengestellt, unterliegt die anschließende Lieferung dieses »neuen« Gegenstandes nicht der Differenzbesteuerung (Abschn. 25a.1. Abs. 4c UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 22.12.2023, BStBl I 2023, 2248).
Beachte:
Unter Beachtung der EuGH-Urteile vom 18.1.2017 (C-471/15, UR 6/2017, 242, LEXinform 5214576) und vom 17.5.2023 (C 365/22, LEXinform 0954295) sowie des BFH-Urteils vom 23.2.2017 (V R 37/15, BStBl II 2019, 452) hat das BMF mit Schreiben vom 17.7.2019 (BStBl I 2019, 835) Abschn. 25a.1. Abs. 4 Satz 4 ff. UStAE geändert.
Mit Schreiben vom 22.12.2023 (BStBl I 2023, 2248) hat das BMF den UStAE in zahlreichen Punkten redaktionell geändert sowie die aktuelle Rspr. eingearbeitet. Dabei wurden u.a. in Abschn. 25a.1. Abs. 4 UStAE die Sätze 4 ff. gestrichen und nach Abs. 4 die Abs. 4a bis 4c eingefügt.
Unter Fortentwicklung der Entscheidungen des EuGH vom 18.1.2017 (C-471/15) und des BFH vom 23.2.2017 (V R 37/15) hat das Schleswig-Holsteinische FG mit Urteil vom 29.3.2023 (4 K 77/22, EFG 2023, 1037, LEXinform 5025307, Revision eingelegt, Az. BFH: XI R 9/23, LEXinform 0954850) entschieden, dass die Differenzbesteuerung auch dann anwendbar ist, wenn ein Unternehmer antike Waschkommoden aus privater Hand ankauft, sie restauriert und zusammen mit einem individuell angepassten Waschbeckenaufsatzteil nebst Armatur (wieder-)verkauft. Die Verbindung des aufgearbeiteten Möbelstücks mit dem Neuteil lässt den Tatbestand eines Wiederverkaufs von Gebrauchtgegenständen i.S.d. § 25a UStG nicht entfallen.
Die Differenzbesteuerung ist nicht allein auf Recyclingfälle wie das Ausschlachten von Einzelteilen aus Gebrauchtfahrzeugen beschränkt, sondern kann auch in den Fällen der Verbindung eines aufgearbeiteten Gebrauchtgegenstandes mit einem Neuteil (Upcycling) zur Anwendung kommen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der aufgearbeitete Gebrauchtgegenstand dem (Wieder-)Verkaufsobjekt sein Gepräge gibt und aus Verbrauchersicht das entscheidende Kaufmotiv bildet (s.a. Schleswig-Holsteinisches FG Mitteilung vom 29.9.2023, LEXinform 0464531).
Mit Urteil vom 1.4.2004 (C-320/02, UR 2004, 253, LEXinform 0168872) hat der EuGH entschieden, dass lebende Tiere als Gebrauchtgegenstände i.S.d. Art. 311 ff. MwStSystRL angesehen werden können. Als Gebrauchtgegenstand i.S.d § 25a UStG (Art. 311 ff. MwStSystRL) kann daher ein Tier (Pferd) angesehen werden, das von einer Privatperson (die nicht der Züchter ist) gekauft worden ist und nach einer Ausbildung zu einer speziellen Verwendung weiterverkauft wird (s.a. Anmerkung vom 4.1.2004, LEXinform 0401532).
Kursmünzen sind Sonderprägungen, die auch als gesetzliches Zahlungsmittel zugelassen sind. Der Handel mit Kursmünzen unterliegt nicht der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG. Beim Handel mit Kursmünzen ist unter den übrigen Voraussetzungen die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG anwendbar (LfSt Sachsen vom 17.9.2020, 213 – S 7421/12/1 – 2020/46780, DStR 2020, 2491, LEXinform 7012523; Abschn. 25a.1. Abs. 1 Satz 10 UStAE).
Keine Anwendung findet die Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 1 Nr. 3 UStG beim Verkauf von Edelsteinen und Edelmetallen.
Edelsteine i.S. dieser Vorschrift sind rohe oder bearbeitete Diamanten sowie andere Edelsteine (Rubine, Saphire, Smaragde). Synthetische und rekonstituierte Steine zählen nicht dazu (Abschn. 25a.1. Abs. 1 Satz 4 und 5 UStAE).
Edelmetalle i.S. dieser Vorschrift sind Silber, Gold und Platin einschließlich Iridium, Osmium, Palladium. Edelmetalllegierungen und Plattierungen gehören grundsätzlich nicht dazu. Aus Edelsteinen oder Edelmetallen hergestellte Gegenstände, z.B. Schmuckwaren, Gold- und Silberschmiedewaren, fallen nicht unter die Ausnahmeregelung. Dies bedeutet, dass auch Schmuckhändler und Juweliere beim Verkauf von normalem Schmuck die Differenzbesteuerung anwenden können. Die Anwendung der Differenzbesteuerung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Gegenstände, die Edelmetalle oder Edelsteine enthalten, ihre ursprüngliche Funktion nicht mehr erfüllen können und nur noch wegen des Wertes, der diesen Metallen und Steinen innewohnt, gehandelt werden (Abschn. 25a.1. Abs. 1 Satz 6 ff. UStAE).
Hinweis:
Mit Urteil vom 11.7.2018 (C-154/17, UR 18/2018, 724, LEXinform 5215911) hatte der EuGH über die Definition des Begriffs »Gebrauchtgegenstände« zu entscheiden.
Sachverhalt:
Es handelte sich dabei um Gegenstände, die Edelmetalle oder Edelsteine enthielten. Diese Gegenstände wurden als Pfandgegenstände vom Pfandhändler P an andere mehrwertsteuerpflichtige Händler weiterveräußert. P wandte die Differenzbesteuerung an.
P gewährte den nicht mehrwertsteuerpflichtigen Privatpersonen Darlehen, die er sich durch Pfandgegenstände aus Edelmetallen und aus Gold und/oder Silber enthaltenen Waren wie Halsketten, Anhänger, Ringe, Eheringe, Essbesteck oder zahnärztliches Material besichern lässt.
Die Lettische Finanzverwaltung und das vorlegende Lettische Gericht sind der Ansicht, dass die in Rede stehenden Gegenstände, die ausschließlich zu dem Zweck übertragen würden, die in ihnen enthaltenen Edelmetalle und Edelsteine herauszulösen, nicht unter den Begriff »Gebrauchtgegenstände« in Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL fielen, sondern unter den in dieser Bestimmung enthaltenen Begriff »Edelmetalle oder Edelsteine«. Diese Bestimmung räume den Mitgliedstaaten insoweit kein Ermessen ein.
Entscheidungsgründe:
In seinem Urteil C-154/17 führt der EuGH in Rz. 28 aus, dass die Ausnahme für Edelmetalle und Edelsteine von der Differenzbesteuerung darauf zurückzuführen ist, dass der Wert, der Edelmetallen und Edelsteinen beizumessen ist, sich nicht nur aus ihrer Verwendung als Rohmaterial für die Herstellung anderer Gegenstände ergibt, sondern im Wesentlichen aus dem gespeicherten Wert, der ihnen beigemessen werden kann. Ohne dass sie in einen Gegenstand mit einer bestimmten Funktion integriert oder umgewandelt werden müssten, kommt diesen Metallen und Steinen somit eine eigene Funktion zu, die darin besteht, einen auf dem Markt für Edelmetalle oder Edelsteine erzielbaren finanziellen Wert einzunehmen. Zudem geht dieser Wert nicht verloren, da diese Metalle und Steine mehrmals wiederverwendet werden können, weil diese Materialien leicht wiederverwertbar sind, leicht verarbeitet werden können und gleichzeitig ihren Wert behalten.
Ein aus Edelmetallen oder Edelsteinen gefertigter Gegenstand kann nur dann in die Kategorie »Gebrauchtgegenstände« i.S.v. Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL fallen, die der Sonderregelung der Differenzbesteuerung unterliegen können, und nicht in jene der von dieser Regelung ausgenommenen »Edelmetalle oder Edelsteine«, wenn der Gegenstand eine andere Funktion hatte, als sie den Materialien innewohnt, aus denen er besteht, dem Gegenstand diese Funktion unverändert zukommt und er in seinem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung erneut verwendbar ist.
Ein Gegenstand kann jedoch nicht unter die Sonderregelung der Differenzbesteuerung fallen, wenn er keine andere Funktion hat, als sie den Materialien innewohnt, aus denen er besteht, oder eine solche andere Funktion nicht erfüllen kann. Denn er bleibt nicht in seinem Wirtschaftszyklus und ist nur zur Verarbeitung zu einem neuen Gegenstand von Nutzen, der in einen neuen Wirtschaftszyklus eintritt, sodass die Gefahr einer Doppelbesteuerung, die der Einführung der Differenzbesteuerung zugrunde liegt, entfällt.
Faktoren wie die Präsentation der betreffenden Gegenstände, die Methode zur Bewertung dieser Gegenstände und die Abrechnungsmethode, nämlich en gros (Brutto/Gewicht) oder pro Stück, stellen objektive Merkmale dar, die wirksam berücksichtigt werden können (EuGH C-154/17, Rz. 37).
Die Steuerbemessungsgrundlage, die nach der Differenzbesteuerungsregelung bestimmt wurde, muss sich aus Aufzeichnungen ergeben, die es ermöglichen, zu überprüfen, ob sämtliche Voraussetzungen für die Anwendung dieser Regelung erfüllt sind (EuGH Urteil vom 18.1.2017, C-471/15, LEXinform 5214576, Rz. 43). Diese Aufzeichnungen des stpfl. Wiederverkäufers und die damit in Zusammenhang stehenden Rechnungen können objektive Informationen zu dem betreffenden Umsatz und den verkauften Gegenständen liefern.
Nach dem EuGH-Urteil vom 11.7.2018 (C-154/17, UR 18/2018, 724, LEXinform 5215911) ist Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass der Begriff »Gebrauchtgegenstände« gebrauchte Gegenstände, die Edelmetalle oder Edelsteine enthalten, nicht erfasst, wenn diese Gegenstände ihre ursprüngliche Funktion nicht mehr erfüllen können und nur die diesen Metallen und Steinen innewohnenden Funktionen behalten haben, was das nationale Gericht unter Berücksichtigung aller objektiven maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu prüfen hat (s. Abschn. 25a.1. Abs. 1 Satz 9 UStAE).
Mit Vfg. vom 15.8.2005 (Kurzinformation Umsatzsteuer Nr. 13/2005, UR 2005, 578, LEXinform 0579422) nimmt die OFD Düsseldorf zur Differenzbesteuerung beim Verkauf von Eintrittskarten Stellung. Gem. der zwischen dem Bund und den Ländern abgestimmten Rechtsauffassung ist auf den Weiterverkauf von Eintrittskarten durch sog. Ticketservice-Agenturen die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG nicht anwendbar. § 25a Abs. 1 UStG legt unmissverständlich fest, dass die Differenzbesteuerung ausschließlich auf Lieferungen beweglicher körperlicher Gegenstände angewendet werden kann. Der (Weiter-)Verkauf von Eintrittskarten (Konzerttickets, Tickets für Sportveranstaltungen etc.) stellt jedoch die Einräumung des Rechts zum Besuch einer Veranstaltung dar. Somit handelt es sich um eine sonstige Leistung, die nicht der Differenzbesteuerung unterworfen werden kann.
Der Ort der Lieferung der Gegenstände an den Wiederverkäufer muss im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet liegen (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG). Wird ein Gegenstand im Drittlandsgebiet erworben und in das Inland eingeführt, unterliegt die spätere Lieferung des Gegenstandes nur unter den Voraussetzungen des § 25a Abs. 2 UStG der Differenzbesteuerung (Abschn. 25a.1. Abs. 3 UStAE). Für durch den Wiederverkäufer selbst eingeführte Gegenstände i.S.d. § 25a Abs. 2 Nr. 1 UStG (Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten) kann die Differenzbesteuerung auf Antrag angewendet werden (s.u. den Gliederungspunkt »Besonderheiten bei Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten«).
Die Differenzbesteuerung setzt nach § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG voraus, dass für die Lieferung des Gegenstands an den Wiederverkäufer USt im Gemeinschaftsgebiet nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben oder die Differenzbesteuerung im Gemeinschaftsgebiet vorgenommen wurde. Solche Fälle liegen vor, wenn der Wiederverkäufer den Gebrauchsgegenstand im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet erworben hat von (Abschn. 25a.1. Abs. 5 UStAE):
einer Privatperson oder juristischen Person des öffentlichen Rechts, die nicht Unternehmer ist;
einem Unternehmer aus dessen nicht unternehmerischen Bereich;
einem Unternehmer, der mit seiner Lieferung des Gegenstandes unter eine Steuerbefreiung fällt, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führt, z.B. Arzt;
einem → Kleinunternehmer, der nach dem Recht des für die Besteuerung zuständigen Mitgliedstaates von der Steuer befreit oder auf andere Weise von der Besteuerung ausgenommen ist, oder
einem anderen Wiederverkäufer, der auf die Lieferung ebenfalls die Differenzbesteuerung angewendet hat (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG).
Dies setzt allerdings voraus, dass für diese Lieferung die Differenzbesteuerung zu Recht angewendet wurde (BFH Urteil vom 23.4.2009, V R 52/07, BStBl II 2009, 860; Martini, UR 2010, 81). Die Differenzbesteuerung ist hiernach auch bei Verkäufen von Händler an Händler möglich.
Der Erwerb eines Gegenstands von einem Land- und Forstwirt, der auf die Umsätze aus seinem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb die Durchschnittsbesteuerung des § 24 UStG anwendet, erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG (Abschn. 25a.1. Abs. 5 Satz 3 UStAE; so auch das FG Münster mit Urteil vom 29.3.2022, 5 K 1589/21, EFG 2022, 1244, LEXinform 5024629, Revision eingelegt, Az. BFH: XI R 12/22, LEXinform 0954130).
Beachte:
Grds. unterliegen die Umsätze mit Gegenständen des land- und forstwirtschaftlichen Unternehmensvermögens (z.B. der Verkauf gebrauchter landwirtschaftlicher Geräte) der Regelbesteuerung (Abschn. 24.2. Abs. 6 Satz 2 UStAE). In einem solchen Fall kommt die Differenzbesteuerung für die Weiterveräußerung der landwirtschaftlichen Geräte nicht in Betracht, da für die Lieferung des Land- und Forstwirts an den Wiederverkäufer USt geschuldet wird; die Voraussetzung des § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG ist nicht erfüllt.
Aus Vereinfachungsgründen wird die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung auf diese Umsätze jedoch nicht beanstandet, wenn die Gegenstände während ihrer Zugehörigkeit zum land- und forstwirtschaftlichen Unternehmensvermögen nahezu ausschließlich, d.h. zu mindestens 95 %, für Umsätze verwendet wurden, die den Vorsteuerabzug nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG ausschließen (Abschn. 24.2. Abs. 6 Satz 3 ff. UStAE). In einem solchen Fall wird die USt nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG mit dem dort genannten maßgeblichen Durchschnittsatz (ab 1.1.2023: 9,0 %) festgesetzt. Aus § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG ergibt sich ein Vorsteuerabzug in gleicher Höhe. Durch diese Regelungen gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus, sodass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat (s. → Land- und Forstwirtschaft unter dem Gliederungspunkt »Umsätze mit Gegenständen des land- und forstwirtschaftlichen Unternehmensvermögens«).
Der leistende Unternehmer, auf dessen Lieferung eines Gegenstandes nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG die Besteuerung nach Durchschnittssätzen Anwendung findet, schuldet hierfür die USt.
Der leistende Land- und Forstwirt ist im Fall der Anwendung der Besteuerung nach Durchschnittssätzen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG verpflichtet, die auf seinen Umsatz nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG anfallende USt in der Rechnung offen auszuweisen und auf den Leistungsempfänger abzuwälzen (Abschn. 24.9. UStAE). Anders als ein privater Anbieter ist ein unternehmerisch tätiger Wiederverkäufer berechtigt, die ihm danach vom leistenden Unternehmer für den Erwerb des Gegenstandes in Rechnung gestellte USt als Vorsteuer abzuziehen, sodass in diesen Fällen auch keine die Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG rechtfertigende Wettbewerbssituation zwischen einem unternehmerischen und einem privaten Wiederverkäufer vorliegt.
Hinweis:
Zur Nachweispflicht für die Anwendung der Differenzbesteuerung hat das FG Düsseldorf mit Urteil vom 24.3.2021 (5 K 1414/18, EFG 2021, 1948, LEXinform 5024101, Revision eingelegt, Az. BFH: XI R 15/21, LEXinform 0953827) entschieden, dass der Wiederverkäufer die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UStG normierten Voraussetzungen der Differenzbesteuerung in der Person seines Vorlieferanten trägt.
Das Vorliegen der Voraussetzungen der Differenzbesteuerung kann nicht unabhängig von weiteren Prüfungsmaßnahmen des Wiederverkäufers aus Vertrauensschutzgründen fingiert werden, wenn es sich bei den Ankäufen von Gebrauchtwagen um einmalige Geschäftsbeziehungen mit dem Wiederverkäufer unbekannten Personen handelt und der letzte Halter der angekauften Pkw nicht mit der Person des Verkäufers identisch ist (Abgrenzung zum EuGH-Urteil vom 18.5.2017, C-624/15, UR 2017, 552, LEXinform 0589547).
In Rz. 40 und 41 seiner Entscheidung C-624/15 hat der EuGH entschieden, dass die Steuerverwaltung von dem Stpfl., der sein Recht auf Anwendung der Differenzbesteuerung ausüben möchte, nicht generell verlangen kann, zum einen insbes. zu prüfen, ob der Aussteller der Rechnung über die Gegenstände, für die dieses Recht geltend gemacht wird, seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Erklärung und Abführung der Mehrwertsteuer nachgekommen ist, um sich zu vergewissern, dass auf der Ebene der Wirtschaftsteilnehmer einer vorhergehenden Umsatzstufe keine Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung vorliegen, oder zum anderen entsprechende Unterlagen vorzulegen.
Es ist nämlich grds. Sache der Steuerbehörden, bei den Wirtschaftsteilnehmern die erforderlichen Kontrollen durchzuführen, um Unregelmäßigkeiten und Mehrwertsteuerhinterziehung aufzudecken und gegen den Wirtschaftsteilnehmer, der diese Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung begangen hat, Sanktionen zu verhängen.
Von der Differenzbesteuerung sind Gebrauchtgegenstände ausgenommen, die im übrigen Gemeinschaftsgebiet erworben worden sind, sofern der Lieferer dort die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen angewendet hat (§ 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a UStG) und somit beim Erwerber ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorliegt (s.u. den Gliederungspunkt »Besonderheiten i.S.d. § 25a Abs. 7 UStG«).
Beachte:
Mit Urteil vom 29.11.2018 (C-264/17, UR 2019, 32, LEXinform 0651552) hat der EuGH entschieden, dass Art. 316 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass ein stpfl. Wiederverkäufer für die Anwendung der Differenzbesteuerung auf eine Lieferung von Kunstgegenständen optieren kann, die er zuvor im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung vom Urheber oder dessen Rechtsnachfolgern erworben hat, obwohl diese nicht zu den in Art. 314 MwStSystRL aufgeführten Personengruppen gehören (s.u. den Gliederungspunkt »Erweiterte Anwendung der Differenzbesteuerung gem. § 25a Abs. 2 UStG« und dort »Option zur Differenzbesteuerung«).
Lieferungen i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG werden nach dem Unterschied zwischen dem tatsächlichen Einkaufspreis und dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand zum Zeitpunkt des Umsatzes (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG) – abzüglich USt – bemessen. Bei den vorbezeichneten Lieferungen kommt eine Differenzbesteuerung im Normalfall allerdings im Hinblick auf § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG nicht in Betracht, weil diese Vorschrift die Berechtigung zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug voraussetzt (Abschn. 25a.1. Abs. 9 UStAE).
Keine Anwendung findet die Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a UStG dann, wenn der Gegenstand an den Wiederverkäufer in Form einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung geliefert wurde (und somit beim Erwerber ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorlag).
Beispiel 5:
Der inländische Antiquitätenhändler H erwirbt von einem französischen Lieferanten einen alten Seidenteppich. Der französische Lieferant behandelt den Vorgang in Frankreich als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. H hat dem französischen Lieferanten seine deutsche USt-IdNr. mitgeteilt.
Lösung 5:
H fällt im Falle eines Weiterverkaufs des Teppichs nicht unter die Differenzbesteuerung. Nach § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a UStG findet § 25a UStG keine Anwendung, wenn der EU-ausländische Lieferer auf seine Lieferung die Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen in Anspruch genommen hat. Zu beachten ist, dass H beim Erwerb des Teppichs deutsche Erwerbs-USt anzumelden hat (innergemeinschaftlicher Erwerb).
Wie unten unter »Beachte« dargestellt, ist die Nichtanwendung der Differenzbesteuerung auf innergemeinschaftliche Lieferungen von Kunstgegenständen an den inländischen Wiederverkäufer unionsrechtswidrig. Der EuGH hat mit Urteil vom 29.11.2018 (C-264/17, LEXinform 0651552) entschieden, dass Art. 316 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass ein stpfl. Wiederverkäufer für die Anwendung der Differenzbesteuerung auf eine Lieferung von Kunstgegenständen optieren kann, die er zuvor im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung vom Urheber oder dessen Rechtsnachfolgern erworben hat. Im Urteilsfall C-264/17 hatte der Erwerber die an ihn ausgeführten steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen als innergemeinschaftliche Erwerbe in Deutschland versteuert.
Beachte:
Das FG Münster hat mit Beschluss vom 11.5.2017 (5 K 177/16, EFG 2017, 1222, LEXinform 5020290) dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Art. 316 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL dahingehend auszulegen, dass stpfl. Wiederverkäufer die Differenzbesteuerung auch auf die Lieferung von Kunstgegenständen anwenden können, die ihnen vom Urheber oder von dessen Rechtsnachfolger, bei denen es sich nicht um Personen i.S.v. Art. 314 MwStSystRL handelt, innergemeinschaftlich geliefert wurden?
Falls die Frage 1 bejaht wird: Erfordert es Art. 322 Buchst. b MwStSystRL, dem Wiederkäufer das Recht auf Vorsteuerabzug aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb der Kunstgegenstände zu versagen, auch wenn es keine nationale Vorschrift gibt, die eine entsprechende Regelung enthält?
Mit Urteil vom 29.11.2018 (C-264/17, UR 2019, 32, LEXinform 0651552) hat der EuGH entschieden, dass Art. 316 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass ein stpfl. Wiederverkäufer für die Anwendung der Differenzbesteuerung auf eine Lieferung von Kunstgegenständen optieren kann, die er zuvor im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung vom Urheber oder dessen Rechtsnachfolgern erworben hat, obwohl diese nicht zu den in Art. 314 MwStSystRL aufgeführten Personengruppen gehören.
Mit der Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 29.11.2018 (C-264/17, UR 2019, 32, LEXinform 0651552) gab das FG Münster mit Urteil vom 7.11.2019 (5 K 177/16, EFG 2020, 408, LEXinform 5022795, Revision eingelegt, Az. BFH: XI R 2/20, LEXinform 0952748) der Klage statt (s.a. Anmerkung vom 11.3.2020, LEXinform 0889254). Nach dem im Streitfall ergangenen EuGH-Urteil C-264/17 müsse die Differenzbesteuerung auf die streitbefangenen Umsätze angewandt werden und sei die die innergemeinschaftlichen Erwerbe betreffende Steuer margenmindernd als Bestandteil der Einkaufspreise zu berücksichtigen. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage folge dem Unionsrecht; den Regelungen des Art. 317 Satz 1 i.V.m. Art. 316, 315 und Art. 312 MwStSystRL sei zu entnehmen, dass zum Einkaufspreis bei der Margenbesteuerung auch die USt gehöre.
Im Revisionsverfahren XI R 2/20 hat der BFH die Frage zu klären, ob bei Anwendung der Differenzbesteuerung auf Lieferungen von Kunstgegenständen, die zuvor von Künstlern innergemeinschaftlich erworben wurden, die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb die zu besteuernde Marge mindert.
Mit Beschluss vom 20.10.2021 (XI R 2/20, BStBl II 2022, 503) hat der BFH dem EuGH u.a. die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Art. 311 ff. MwStSystRL dahingehend zu verstehen sind, dass bei Anwendung der Differenzbesteuerung auf Lieferungen von Kunstgegenständen, die zuvor vom Urheber (oder dessen Rechtsnachfolgern) innergemeinschaftlich erworben wurden, die auf den innergemeinschaftlichen Erwerb entfallende Steuer die Handelsspanne (Marge) mindert.
Der EuGH hat mit Urteil vom 13.7.2023 (C-180/22, LEXinform 0954069) das Vorabentscheidungsersuchen des BFH mit Beschluss vom 20.10.2021 (XI R 2/20, BStBl II 2022, 503) beantwortet und entschieden, dass die auf den innergemeinschaftlichen Erwerb entrichtete Erwerbssteuer Teil der Steuerbemessungsgrundlage ist (s.a. Anmerkung vom 18.8.2023, LEXinform 0431266. S.u. den Gliederungspunkt »Besonderheiten bei Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten« und dort »Erweiterte Anwendung der Differenzbesteuerung gem. § 25a Abs. 2 UStG« und dort »Option zur Differenzbesteuerung«).
Die Differenzbesteuerung wird gem. § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. b UStG nicht auf die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs i.S.d. § 1b Abs. 2 und 3 UStG durch den Wiederverkäufer angewendet.
Beispiel 6:
Der Gebrauchtwagenhändler G in Stuttgart erwirbt von der Privatperson P1 einen Pkw (Erstzulassung im Juli 12) für 20 000 € und veräußert ihn im Februar 13 bei einem Kilometerstand von 5 000 km für 25 000 € an die Privatperson P2 in Straßburg (Frankreich).
Lösung 6:
G liefert an P ein »Neufahrzeug« i.S.v. § 1b Abs. 2 und 3 UStG. Er kann somit die Differenzbesteuerung beim Weiterverkauf nicht anwenden (§ 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. b UStG). Es gilt die normale Regelbesteuerung. G tätigt somit an P2 eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. P2 hat in Frankreich (auch als Privatperson) den innergemeinschaftlichen Erwerb des Neufahrzeuges zu versteuern.
Beispiel 7:
Wie Beispiel 6, jedoch hat das Fahrzeug einen Kilometerstand von 7 000 km.
Lösung 7:
Da der Kilometerstand über 6 000 km liegt und die erste Inbetriebnahme mehr als sechs Monate zurückliegt, handelt es sich nicht um ein »Neufahrzeug« i.S.v. § 1b Abs. 2 und 3 UStG. Somit kann G beim Weiterverkauf an den Franzosen die Differenzbesteuerung anwenden. Dies hat zur Folge, dass eine USt von 15,96 % von 5 000 € = 798 € anfällt.
Gem. § 25a Abs. 8 UStG kann der Wiederverkäufer jederzeit bei jedem einzelnen Verkaufsgeschäft auf die Anwendung der Differenzbesteuerung verzichten. Die Option zur Regelbesteuerung ist allerdings dann ausgeschlossen, wenn der Wiederverkäufer von der Regelung der Bildung einer Gesamtmarge Gebrauch gemacht hat (Abschn. 25a.1. Abs. 21 Satz 3 UStAE; → Wechsel der Besteuerungsform).
Bei der Weiterlieferung durch den Wiederverkäufer richtet sich der Lieferort nach der Regel der §§ 3 Abs. 6 und 7 UStG. Die Differenzbesteuerung kann auch auf Lieferungen vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet angewendet werden. Sie ist in diesem Fall stets im Inland vorzunehmen; die Regelung des § 3c UStG (→ Ort der Lieferung; s.a. § 3c Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 UStG) und die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen i.S.v. § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG findet keine Anwendung (§ 25a Abs. 7 Nr. 3 UStG; Abschn. 25a.1. Abs. 18 UStAE).
Die Steuerbefreiungen – ausgenommen die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG i.V.m. § 6a UStG – gelten auch bei der Differenzbesteuerung. Es kommt allerdings generell nur der Regelsteuersatz zur Anwendung (§ 25a Abs. 5 UStG; Abschn. 25a.1. Abs. 15, 18 UStAE).
Beispiel 8:
Der inländische Antiquitätenhändler H erwirbt von einer inländischen Privatperson P1 einen alten Seidenteppich. Er verkauft ihn an eine:
Privatperson P2 mit Wohnort in Frankreich,
Person, die in Frankreich wohnt und Unternehmer ist,
Privatperson P3 mit Wohnort in der Schweiz.
Lösung 8:
Fällt der Unternehmer mit dem Verkauf unter die Differenzbesteuerung, ist gem. § 25a Abs. 7 Nr. 3 UStG sowohl die Anwendung des § 3c UStG (innergemeinschaftlicher Fernverkauf) als auch die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG ausgeschlossen (Fall a).
Dies bedeutet, dass H grundsätzlich den Verkauf in Deutschland versteuern muss. Dies gilt auch für den Verkauf an den Unternehmer mit Sitz im EU-Ausland (Fall b).
Will H die Differenzbesteuerung vermeiden, kann er gem. § 25a Abs. 8 UStG auf die Differenzbesteuerung verzichten. In diesem Falle kann er an seinen ausländischen Geschäftspartner eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung tätigen, wenn dieser ihm eine gültige USt-IdNr. vorlegt.
Die Steuerbefreiungen für Ausfuhrlieferungen gelten auch dann, wenn der Unternehmer unter die Differenzbesteuerung fällt. Die Lieferung an die Privatperson (Fall c) ist steuerfrei gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG.
Die Bemessungsgrundlage ist vorbehaltlich der Anwendung der Gesamtdifferenz für jeden Gegenstand einzeln zu ermitteln (Einzeldifferenz § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG; Abschn. 25a.1. Abs. 8 und 11 UStAE). Die in dem Unterschiedsbetrag enthaltene USt ist herauszurechnen. Nebenkosten, die nach dem Erwerb des Gegenstandes anfallen, also nicht im Einkaufspreis enthalten sind, z.B. Reparaturkosten, mindern nicht die Bemessungsgrundlage.
Nicht zulässig ist es, die positive Differenz (Marge) aus dem An- und Verkauf eines Gegenstands mit der negativen Einzeldifferenz aus dem Verkauf eines anderen Gegenstands oder einer negativen Gesamtdifferenz zu verrechnen. Bei einem negativen Unterschiedsbetrag beträgt die Bemessungsgrundlage 0 €. Dieser Unterschiedsbetrag kann auch in späteren Besteuerungszeiträumen nicht berücksichtigt werden. Wird ein Gegenstand im Anschaffungsjahr nicht veräußert, entnommen oder zugewendet, ist dessen Einkaufspreis im Jahr der tatsächlichen Veräußerung, Entnahme oder Zuwendung in die Berechnung der Einzeldifferenz einzubeziehen (Abschn. 25a.1. Abs. 11 UStAE).
Zu den Besonderheiten bei der Ermittlung der Einzeldifferenz bei Kunstgegenständen, Sammlungsstücken oder Antiquitäten s.u. den Gliederungspunkt »Besonderheiten bei Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten« sowie Abschn. 25a.1. Abs. 11a UStAE.
Beispiel 9:
U betreibt in München einen Groß- und Einzelhandel mit Sportartikeln. Wie jedes Jahr startet U im Februar die Ski-Aktion »Neu gegen alt«. Am 5.2.12 bringt ein Kunde seine alten Skier in das Geschäft und kauft sich dafür ein neues Paar. Die alten Skier werden mit einem unstrittigen Wert von 250 € angerechnet. Der Kunde zahlt sodann für seine Neuerwerbung 700 € in bar. Ein Angestellter des U verkauft die alten Skier am 7.2.12 in Unkenntnis des zutreffenden Wertes für 300 €.
Lösung 9:
Der Verkauf der neuen Skier am 5.2.12 stellt eine Lieferung (§ 3 Abs. 1 UStG) im Rahmen eines Tausches mit Baraufgabe (§ 3 Abs. 12 Satz 1 UStG) dar. Der Ort der Lieferung bestimmt sich nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG und ist in München. Die Lieferung ist damit steuerbar (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) und stpfl. Bemessungsgrundlage ist der gemeine Wert der Gegenleistung der Skier (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG) i.H.v. 250 € zzgl. der Baraufgabe von 700 € (§ 10 Abs. 1 UStG) = 950 € × 100/119 = 798 €. Die USt beträgt 19 % (§ 12 Abs. 1 UStG) = 152 € und entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Februar (§ 13 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 UStG). Aus dem Kauf der Skier kann keine Vorsteuer abgezogen werden, da diese nicht von einem anderen Unternehmer angeschafft wurden (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG).
Der Verkauf der alten Skier am 7.2.12 stellt eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG dar. Der Ort (§ 3 Abs. 6 UStG) befindet sich in München. Die Lieferung ist steuerbar und stpfl. Die Bemessungsgrundlage für die Lieferung beträgt nach § 25a Abs. 3 UStG 50 € (300 € ./. 250 €, Abschn. 25a.1. Abs. 10 Satz 2 UStAE) abzüglich der darin enthaltenen USt (§§ 25a Abs. 5 Satz 1, 12 Abs. 1 UStG) × 100 : 119 = 42 €. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 25a UStG sind gegeben, da U hier ein Wiederverkäufer i.S.d. § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG (Abschn. 25a.1. Abs. 2 Satz 3 UStAE) ist, die Lieferung an U im Gemeinschaftsgebiet erfolgt ist und für diese Lieferung die USt nicht geschuldet wurde (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG). Die Anwendung der Differenzbesteuerung ist für Skier auch möglich (§ 25a Abs. 1 Nr. 3 UStG). Die Steuer beträgt 8 € (19 % von 42 €) und entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Februar.
Der Wiederverkäufer kann für seine gesamten Umsätze innerhalb eines Besteuerungszeitraums (= Kj., § 16 Abs. 1 UStG), soweit sie unter die Differenzbesteuerung fallen, eine Gesamtmarge bilden. Dies gilt jedoch nur bei Gegenständen, deren Einkaufspreis 500 € nicht übersteigt (vgl. § 25a Abs. 4 Satz 2 UStG). Ansonsten gilt der Grundsatz der Einzeldifferenzbildung. Bei Anwendung der Gesamtmarge ist jedoch ein Verzicht auf die Differenzbesteuerung ausgeschlossen. Zur Bildung der Gesamtdifferenz s. Abschn. 25a.1. Abs. 12 und 13 UStAE mit Beispiel.
Bei der Differenzbesteuerung ist stets der allgemeine Steuersatz (sog. Regelsteuersatz) anzuwenden. Dies kann im Einzelfall, insbes. bei Gegenständen, deren Veräußerung ansonsten dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, zu interessanten Unterschieden in der Besteuerung führen (vgl. § 25a Abs. 5 Satz 1 UStG). Ferner können sich grundsätzlich unzutreffende Ergebnisse ergeben, wenn mehrere Besteuerungszeiträume betroffen sind.
Beispiel 10:
Ein Händler H hat im Februar 15 mehr als 100 Bücher für 1 000 € angekauft. Kein Buch ist über 500 € wert. H veräußert die Bücher im November 15 für 2 500 €.
Lösung 10:
Nach § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG kann H auf die Lieferungen der Bücher die Differenzbesteuerung zum Steuersatz von 19 % der Bemessungsgrundlage anwenden. Bei der Differenzbesteuerung ist die Steuer stets mit dem allgemeinen Steuersatz zu berechnen (§ 25a Abs. 5 Satz 1 UStG, Abschn. 25a.1. Abs. 15 UStAE). Dies gilt auch für solche Gegenstände, für die bei der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften der ermäßigte Steuersatz in Betracht käme. H kann eine Gesamtdifferenz als Unterschiedsbetrag zwischen Ein- und Verkaufspreis (ohne USt) bilden (§ 25a Abs. 4 UStG). Die Gesamtdifferenz beträgt 1 500 €. Die Bemessungsgrundlage für die Lieferungen ist 1 500 € : 119 × 100 = 1 260,50 €, die USt beträgt 239,50 €.
Bei Anwendung der Gesamtdifferenz nach § 25a Abs. 4 UStG ist ein Verzicht auf die Differenzbesteuerung nicht zulässig (§ 25a Abs. 8 UStG). Hätte H die Lieferungen der Bücher zur Regelbesteuerung mit 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Anlage 2 Nr. 49 UStG) der Bemessungsgrundlage ausführen können, hätte die USt (2 500 € : 107 × 7 =) 163,55 € betragen.
Die Gesamtdifferenz ist der Betrag, um den die Summe der Verkaufspreise und der Werte nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG die Summe der Einkaufspreise – jeweils bezogen auf den Besteuerungszeitraum – übersteigt; die in dem Unterschiedsbetrag enthaltene USt ist herauszurechnen (§ 25a Abs. 4 UStG, Abschn. 25a.1. Abs. 12 Satz 2 UStAE).
Die Summe der Einkaufspreise »dieses Zeitraums« ist die Summe aller in einem Besteuerungszeitraum eingekauften und selbst eingeführten Gebrauchtwaren, die der Wiederverkäufer der Gesamtdifferenz unterwirft. Es kommt nicht darauf an, dass er sie in demselben Besteuerungszeitraum auch weiterliefert.
Kann ein Gegenstand endgültig nicht mehr veräußert, entnommen oder zugewendet werden (z.B. wegen Diebstahl oder Untergang), so ist die Summe der Einkaufspreise entsprechend zu mindern (Abschn. 25a.1. Abs. 12 Satz 4 UStAE).
Die Summe der Verkaufspreise ist die Summe aller in dem Besteuerungszeitraum gelieferten Gebrauchtwaren, die in die Bildung einer Gesamtdifferenz einbezogen werden dürfen. Es kommt nicht darauf an, in welchem Besteuerungszeitraum sie eingekauft (eingeführt) worden sind.
Die Gesamtdifferenz ist der Bruttobetrag (Summe der Verkaufspreise abzgl. Summe der Einkaufspreise). Aus der Gesamtdifferenz wird die Bemessungsgrundlage ermittelt, indem die USt herausgerechnet wird. Nach § 25a Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 UStG gehört die USt nicht zur Bemessungsgrundlage.
Beispiel 11:
Ein Händler H hat im Februar 15 mehr als 600 Bücher für 6 000 € angekauft. Kein Buch ist über 500 € wert. H veräußert die Bücher im November 16 für 10 000 €. Weitere Umsätze hat er nicht ausgeführt.
Lösung 11:
Die Gesamtdifferenz für das Kj. 15 wird wie folgt ermittelt:
Summe der Verkaufspreise |
0 € |
abzüglich der Summe der Einkaufspreise dieses Zeitraums |
./. 6 000 € |
Differenz |
./. 6 000 € |
Ist die Gesamtdifferenz eines Besteuerungszeitraums negativ, beträgt die Bemessungsgrundlage 0 €; der negative Betrag kann nicht in späteren Besteuerungszeiträumen berücksichtigt werden (Abschn. 25a.1. Abs. 13 Satz 5 UStAE).
Bei der Einzeldifferenz nach § 25a Abs. 3 UStG und bei der Regelbesteuerung wäre die Bemessungsgrundlage im Kj. 15 ebenfalls 0 €.
Die Gesamtdifferenz für das Kj. 16 wird wie folgt ermittelt:
Summe der Verkaufspreise |
10 000 € |
abzüglich der Summe der Einkaufspreise dieses Zeitraums |
./. 0 € |
Differenz = Gesamtdifferenz |
10 000 € |
Die Bemessungsgrundlage beträgt (10 000 € : 119 × 100 =) 8 403,36 €, die USt beträgt 1 596,64 €.
Zu Beginn des Kj. 16 hätte H von der Ermittlung nach der Gesamtdifferenz zur Ermittlung nach der Einzeldifferenz wechseln können (Abschn. 25a.1. Abs. 14 UStAE). Bei der Anwendung der Einzeldifferenz nach § 25a Abs. 3 UStG hätte H nur die einzelnen Differenzbeträge für die Lieferungen der einzelnen Bücher im Gesamtbetrag von 4 000 € abzüglich der USt zum Regelsteuersatz (Bemessungsgrundlage 4 000 € : 119 × 100 = 3 361,34 €) versteuern müssen. Die USt hätte 638,66 € betragen.
Bei der Einzeldifferenzermittlung im Kj. 16 kann H den Einkaufspreis jedes einzelnen Buches ansetzen, obwohl dieser Einkaufspreis im Kj. 15 bereits bei der Gesamtdifferenzbesteuerung berücksichtigt wurde.
Bei Anwendung der Einzeldifferenz kann H bei jeder Lieferung auf die Differenzbesteuerung verzichten (§ 25a Abs. 8 Satz 1 UStG). H hätte dann die einzelnen Bücherlieferungen mit dem jeweils erzielten Entgelt (§ 10 Abs. 1 UStG) dem ermäßigten Steuersatz unterwerfen können. Bei einem Entgelt i.H.v. (10 000 € : 107 × 100 =) 9 345,79 € hätte die USt 654,21 € betragen.
Die Voraussetzungen für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach der Gesamtdifferenz müssen grundsätzlich für jeden einzelnen Gegenstand erfüllt sein. Wendet der Wiederverkäufer für eine Mehrheit von Gegenständen oder für Sachgesamtheiten einen Gesamteinkaufspreis auf (z.B. beim Kauf von Sammlungen oder Nachlässen) und werden die Gegenstände üblicherweise später einzeln verkauft, so kann wie folgt verfahren werden (Abschn. 25a.1. Abs. 12 Satz 6 UStAE):
Beträgt der Gesamteinkaufspreis bis zu 500 €, kann aus Vereinfachungsgründen von der Ermittlung der auf die einzelnen Gegenstände entfallenden Einkaufspreise abgesehen werden.
Übersteigt der Gesamteinkaufspreis den Betrag von 500 €, ist der auf die einzelnen Gegenstände entfallende Einkaufspreis grundsätzlich im Wege sachgerechter Schätzung zu ermitteln. Die Schätzung kann auf wertbestimmende Einzelgegenstände so lange beschränkt werden, bis der Gesamtbetrag für die restlichen Gegenstände 500 € oder weniger beträgt.
Beispiel 12:
Antiquitätenhändler A kauft eine Wohnzimmereinrichtung für 3 000 €. Er ist insbes. an einer antiken Truhe (geschätzter anteiliger Einkaufspreis 1 500 €) und einem Weichholzschrank (Schätzpreis 800 €) interessiert. Die restlichen Einrichtungsgegenstände, zu denen u.a. ein Fernsehgerät gehört (Schätzpreis 250 €), will er an einen Trödelhändler verkaufen.
Lösung 12:
S.a. das Beispiel 1 zu Abschn. 25a.1. Abs. 12 UStAE.
A muss beim Weiterverkauf der Truhe und des Weichholzschrankes die Bemessungsgrundlage nach der Einzeldifferenz ermitteln. Das Fernsehgerät ist den Gegenständen zuzuordnen, für die die Bemessungsgrundlage nach der Gesamtdifferenz ermittelt wird. Gleiches gilt für die restlichen Einrichtungsgegenstände. Da ihr Anteil am Gesamtpreis 450 € beträgt, kann von einer Ermittlung der auf die einzelnen Gegenstände entfallenden Einkaufspreise abgesehen werden.
Erwirbt der Unternehmer eine Vielzahl gleichartiger Gegenstände (z.B. eine Münz- oder Briefmarkensammlung) kann sich die Schätzung des anteiligen Einkaufspreises auf die Gegenstände beschränken, deren Einkaufspreis 500 € übersteigt (Abschn. 25a.1. Abs. 12 Satz 6 Nr. 2 Satz 3 UStAE).
Beispiel 13:
Der Münzhändler M erwirbt eine Münzsammlung für 5 000 €. Darin enthalten sind zwei besonders wertvolle Stücke, mit einem geschätzten anteiligen Einkaufspreis von 600 € bzw. 900 €. Die Einzelwerte der übrigen Münzen liegen unter 500 €.
Lösung 13:
S.a. das Beispiel 2 zu Abschn. 25a.1. Abs. 12 UStAE.
M muss beim Weiterverkauf die Bemessungsgrundlage der beiden besonders wertvollen Münzen nach der Einzeldifferenz ermitteln. Für die übrigen Stücke kann M die Gesamtdifferenzmethode anwenden. Dabei kann die Summe der Einkaufspreise mit 3 500 € angesetzt werden, ohne dass es einer Ermittlung des auf die einzelne Münze entfallenden Einkaufspreises bedarf.
Die Gesamtdifferenz kann nur einheitlich für die gesamten innerhalb eines Besteuerungszeitraums ausgeführten Umsätze ermittelt werden, die sich auf Gegenstände mit Einkaufspreisen bis zu 500 € beziehen. Es ist nicht zulässig, die Gesamtdifferenz innerhalb dieser Preisgruppe auf bestimmte Arten von Gegenständen zu beschränken. Für Gegenstände, deren Einkaufspreis 500 € übersteigt, ist daneben die Ermittlung nach der Einzeldifferenz vorzunehmen. Die positive Gesamtdifferenz eines Besteuerungszeitraums kann nicht mit einer negativen Einzeldifferenz verrechnet werden. Ist die Gesamtdifferenz eines Besteuerungszeitraums negativ, beträgt die Bemessungsgrundlage 0 €; der negative Betrag kann nicht in späteren Besteuerungszeiträumen berücksichtigt werden. Bei der Berechnung der Besteuerungsgrundlagen für die einzelnen Voranmeldungszeiträume ist entsprechend zu verfahren. Allerdings können innerhalb desselben Besteuerungszeitraums negative mit positiven Gesamtdifferenzen einzelner Voranmeldungszeiträume verrechnet werden (Abschn. 25a.1. Abs. 13 UStAE).
Ein Wechsel von der Ermittlung nach der Einzeldifferenz zur Ermittlung nach der Gesamtdifferenz und umgekehrt ist nur zu Beginn eines Kj. zulässig (Abschn. 25a.1. Abs. 14 UStAE).
Zu den Besonderheiten bei der Ermittlung der Gesamtdifferenz bei Kunstgegenständen, Sammlungsstücken oder Antiquitäten s.u. den Gliederungspunkt »Besonderheiten bei Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten«.
Beispiel 14:
Die Gesamtdifferenzen der Lieferungen des Händlers H betragen:
Besteuerungszeitraum |
Verkaufspreise |
Einkaufspreise |
Gesamtdifferenz |
Kj. 05 |
10 000 € |
15 000 € |
Abschn. 25a.1. Abs. 13 Satz 5 UStAE 0 € |
Kj. 06 |
17 500 € |
5 000 € |
12 500 € |
Kj. 07 |
10 000 € |
2 500 € |
7 500 € |
Summe |
37 500 € |
22 500 € |
20 000 € |
Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis |
15 000 € |
Gesamtdifferenz 20 000 € |
Die insgesamt zu versteuernde Gesamtdifferenz i.H.v. 20 000 € ist um 5 000 € höher als die Differenz der Verkaufs- und der Einkaufspreise. Die höhere Besteuerung ergibt sich aus der Nichtberücksichtigung der negativen Differenz im Kj. 05 i.H.v. ./. 5 000 € (s. Abschn. 25a.1. Abs. 13 Satz 5 Halbsatz 2 UStAE).
Die Gesamtdifferenz kann zunächst einmal vorläufig für einzelne Voranmeldungszeiträume gebildet werden. Am Jahresende ist dann eine Jahresgesamtdifferenz zu ermitteln. In diesem Zusammenhang können dann negative Differenzen eines Voranmeldungszeitraumes mit positiven Differenzen eines anderen Voranmeldungszeitraumes verrechnet werden. Ist die Gesamtdifferenz eines. Kj. negativ beträgt die USt 0 €. Die negative Gesamtdifferenz kann nicht auf ein anderes Kj. übertragen werden. Gerade dies kann zu Unterschieden in der Gesamtsteuerbelastung führen.
Für die Lieferungen u.a. von Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten ist die Differenzbesteuerung des § 25a Abs. 1 UStG anzuwenden, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG erfüllt sind.
Unter den Voraussetzungen des § 25a Abs. 2 UStG lässt das Gesetz bei bestimmten Gegenständen, bei denen die sonstigen Voraussetzungen zur Anwendung der Differenzbesteuerung nicht gegeben sind, die Differenzbesteuerung ausnahmsweise zu (s.u. den Gliederungspunkt »Erweiterte Anwendung der Differenzbesteuerung gem. § 25a Abs. 2 UStG«).
Zur Ermittlung der Einzeldifferenz s. Abschn. 25a.1. Abs. 8 bis 11a UStAE und dort die Beispiele sowie die Erläuterungen oben unter dem Gliederungspunkt »Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach der Einzeldifferenz«.
Durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) wird in § 25a Abs. 3 Satz 2 UStG für Umsätze, die ab dem 1.1.2014 ausgeführt werden, eine besondere Bemessungsgrundlage für bestimmte Lieferungen von Kunstgegenständen eingeführt (Pauschalmarge; Abschn. 25a.1. Abs. 11a UStAE).
Im Falle der Lieferung eines Kunstgegenstands ist der Betrag, nach dem sich der Umsatz bemisst, abweichend von § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG mit 30 % des Verkaufspreises anzusetzen, wenn sich der Einkaufspreis des Kunstgegenstands nicht ermitteln lässt oder der Einkaufspreis unbedeutend ist (§ 25a Abs. 3 Satz 2 UStG). Der Einkaufspreis eines Kunstgegenstands ist unbedeutend, wenn er den Betrag von 500 € ohne ggf. anfallende USt nicht übersteigt. Die Anwendung dieser Pauschalmarge ist auf Gegenstände beschränkt, die in Nr. 53 der Anlage 2 zum UStG aufgeführt sind. Auf Sammlungsstücke (Nr. 54 der Anlage 2 zum UStG) ist die Regelung nicht anwendbar. Es kommt nicht darauf an, ob der Wiederverkäufer die Differenzbesteuerung kraft der Regelungen in § 25a Abs. 1 UStG oder aufgrund einer nach § 25a Abs. 2 UStG abgegebenen Erklärung anwendet. S.a. die Beispiele 1 bis 3 zu Abschn. 25a.1. Abs. 11a UStAE.
Beachte:
Hinsichtlich der Definition des Begriffs »Kunstgegenstände« bestimmt Art. 311 Abs. 1 Nr. 2 MwStSystRL, dass die in Anhang IX Teil A genannten Gegenstände als Kunstgegenstände gelten.
Mit Urteil vom 5.9.2019 (C-145/18, UR 2019, 779, LEXinform 0651635) nimmt der EuGH dazu Stellung, welche Voraussetzungen Fotografien erfüllen müssen, um als Kunstgegenstände zu gelten. Der EuGH verweist dabei auf den Wortlaut des Anhang IX Teil A Nr. 7.
Beispiel 15:
Der Wiederverkäufer W erwirbt von einer Erbengemeinschaft den gesamten Nachlass eines Verstorbenen, in dem ein Kunstgegenstand enthalten ist. Ohne Ermittlung der Einzelwerte wird für sämtliche Nachlassgegenstände ein Gesamtkaufpreis vereinbart. W verkauft den Kunstgegenstand später für 2 500 €.
Lösung 15:
S.a. das Beispiel 1 zu Abschn. 25a.1. Abs. 11a UStAE.
Da W den Einkaufspreis des im Nachlass enthaltenen Kunstgegenstands nicht ermitteln kann, ist bei Veräußerung des Gegenstands die Pauschalmarge anzuwenden:
Verkaufspreis |
2 500,00 € |
davon 30 % (= Pauschalmarge) |
750,00 € |
darin enthaltene USt (19 %) |
119,75 € |
Besondere Bemessungsgrundlage |
630,25 € |
Beachte:
Der Mehrwertsteuer-Ausschuss hat eine Leitlinie zur Sonderregelung für Kunstgegenstände aufgestellt (EU-Kommission vom 30.3.2015, taxud.c.1(2015)130399-859, UR 2015, 780).
Bitte beachten Sie, dass Leitlinien, die vom MwSt-Ausschuss herausgegeben werden, lediglich die Ansichten eines beratenden Ausschusses wiedergeben. Sie stellen weder eine offizielle Auslegung des Unionsrechts dar, noch stimmt ihnen die Europäische Kommission unbedingt zu. Sie binden weder die Europäische Kommission noch die Mitgliedstaaten, denen es freisteht, sie nicht zu befolgen.
Der MwSt-Ausschuss ist fast einstimmig der Auffassung, dass Art. 315 der MwStSystRL keine Vorschrift oder Verwaltungspraxis zulässt, nach der davon ausgegangen wird, dass die Gewinnspanne bei allen Kunstwerken, die sich seit mehr als einer bestimmten Anzahl von Jahren im Besitz eines stpfl. Wiederverkäufers befinden, einen bestimmten Prozentsatz (30 % oder mehr) des Verkaufspreises beträgt, unabhängig davon, ob der tatsächliche Kaufpreis bekannt ist oder nicht.
Andererseits ist der MwSt-Ausschuss fast einstimmig der Auffassung, dass in Bezug auf Sachverhalte, in denen der Kaufpreis nicht bestimmt werden kann, obwohl die nationalen Rechtsvorschriften bezüglich der Aufzeichnungspflichten befolgt wurden, die Annahme, wonach sich die Gewinnspanne auf einen bestimmten Prozentsatz (30 % oder mehr) des Verkaufspreises beläuft, im Einklang mit Sinn und Zweck des Art. 315 der MwStSystRL steht, sofern der gewählte Prozentsatz die Marktrealität in dem Tätigkeitsbereich in dem betreffenden Mitgliedstaat widerspiegelt.
Zur Ermittlung der Gesamtdifferenz und zur Ermittlung des anteiligen Einkaufspreises s. Abschn. 25a.1. Abs. 12 UStAE und dort die Beispiele 1 und 2 sowie die Erläuterungen oben unter dem Gliederungspunkt »Bildung der Gesamtdifferenz«.
Das Gesetz lässt bei bestimmten Gegenständen, bei denen die sonstigen Voraussetzungen zur Anwendung der Differenzbesteuerung nicht gegeben sind, diese ausnahmsweise zu, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind (Abschn. 25a.1. Abs. 6 UStAE):
Kunstgegenstände nach Nr. 53 der Anlage 2;
Sammlungsstücke nach Nr. 49 Buchst. f und Nr. 54 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG,
Antiquitäten (Zoll-Tarif-Nr. 9706 00 00),
sofern sie der Wiederverkäufer vom Drittlandsgebiet selbst eingeführt hat,
Kunstgegenstände, soweit sie der Wiederverkäufer vom Künstler selbst oder von einem anderen Unternehmer erworben hat, der kein Wiederverkäufer war und dafür USt geschuldet wurde.
Antiquitäten sind andere Gegenstände als Kunstgegenstände und Sammlungsstücke, die mehr als 100 Jahre alt sind (Position 9706 00 00 Zolltarif).
Beispiel 16:
Kunsthändler K betreibt in mehreren deutschen Städten Kunstgalerien. Im Kj. 14 wurden ihm Kunstgegenstände von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Urhebern geliefert. Diese Lieferungen wurden im Ansässigkeitsstaat der Künstler als steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen erklärt. K versteuerte sie als innergemeinschaftliche Erwerbe gem. § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a UStG mit dem ermäßigten Steuersatz. K beantragte beim zuständigen FA die Anwendung der Differenzbesteuerung auf diese Lieferungen nach § 25a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UStG. Der Antrag wurde wegen § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a UStG abgelehnt. K beruft sich auf die Anwendung des Art. 316 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL, da nach seiner Auffassung die nationale Regelung in § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a UStG nicht unionsrechtskonform sei.
Lösung 16:
Der Sachverhalt entspricht dem Vorlagebeschluss des FG Münster vom 11.5.2017 (5 K 177/16, EFG 2017, 1222, LEXinform 5020290). Das FG hat das Verfahren ausgesetzt und den EuGH um eine Vorabentscheidung gebeten.
Der EuGH hatte danach zu entscheiden, ob K die Option zur Differenzbesteuerung auf eine Lieferung von Kunstgegenständen offensteht, die er im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung vom Urheber oder dessen Rechtsnachfolgern erworben hat, und ob K zusätzlich ein Recht auf Vorsteuerabzug zusteht.
Mit Urteil vom 29.11.2018 (C-264/17, UR 2019, 32, LEXinform 0651552) hat der EuGH entschieden, dass Art. 316 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass ein stpfl. Wiederverkäufer für die Anwendung der Differenzbesteuerung auf eine Lieferung von Kunstgegenständen optieren kann, die er zuvor im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung vom Urheber oder dessen Rechtsnachfolgern erworben hat, obwohl diese nicht zu den in Art. 314 MwStSystRL aufgeführten Personengruppen gehören.
Folge der Option zur Differenzbesteuerung durch ein unmittelbares Berufen auf die in Art. 316 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL ist, dass der Wiederverkäufer insoweit keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug hat, auch wenn Art. 322 Buchst. b MwStSystRL nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt wurde.
Ein stpfl. Wiederverkäufer kann nicht sowohl für die Anwendung der Differenzbesteuerung auf eine Lieferung von Kunstgegenständen, die er zuvor im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung erworben hat, optieren als auch in Fällen, in denen ein Vorsteuerabzug nach Art. 322 Buchst. b MwStSystRL, der nicht in nationales Recht umgesetzt wurde, ausgeschlossen ist, Anspruch auf einen solchen Abzug erheben (s.a. Anmerkung vom 29.11.2018, LEXinform 0401987; s.o. den Gliederungspunkt »Besonderheiten i.S.d. § 25a Abs. 7 UStG«).
Hinweis:
Zur Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 29.11.2018 (C-264/17, UR 2019, 32, LEXinform 0651552) s. FG Münster vom 7.11.2019 (5 K 177/16, EFG 2020, 408, LEXinform 5022795, Revision eingelegt, Az. BFH: XI R 2/20, LEXinform 0952748) unter »Beachte« in dem nachfolgenden Gliederungspunkt »Besonderheiten bei der Ermittlung der USt nach der Einzeldifferenz i.S.d. § 25a Abs. 3 UStG«.
Der Wiederverkäufer muss in diesen Fällen ausdrücklich die Differenzbesteuerung beim FA beantragen (Option zur Differenzbesteuerung; → Wechsel der Besteuerungsform). Der Antrag muss spätestens mit Abgabe der ersten Voranmeldung für ein Kj. gestellt werden. Die Erklärung bindet den Unternehmer für diese Verkaufsgeschäfte für zwei Jahre (§ 25a Abs. 2 Satz 2 UStG). D.h., innerhalb der Bindungsfrist kann er für solche Gegenstände nur die Differenzbesteuerung anwenden (Abschn. 25a.1. Abs. 6 und 7 UStAE). Dabei kann die Differenzbesteuerung auf einzelne Gruppen dieser Gegenstände (Kunstgegenstände oder Sammlungsstücke oder Antiquitäten) beschränkt werden.
Die Wirkung einer Erklärung nach § 25a Abs. 2 Satz 1 UStG ist nicht auf Kunstgegenstände beschränkt, die nach dem Beginn des betreffenden Kj. erworben werden. Hat der Wiederverkäufer bis zur Abgabe der ersten Voranmeldung des Kj. 2014 eine solche Erklärung abgegeben, erfasst sie auch Gegenstände, die er vor dem 1.1.2014 erworben hat und erst nach diesem Zeitpunkt veräußert.
Die Abgabe der Erklärung nach § 25a Abs. 2 Satz 1 UStG führt gem. § 25a Abs. 5 Satz 3 UStG dazu, dass der Wiederverkäufer nicht berechtigt ist, die Einfuhrumsatzsteuer, die gesondert ausgewiesene Steuer oder die nach § 13b Abs. 5 UStG geschuldete Steuer für die an ihn ausgeführte Lieferung des Kunstgegenstands als Vorsteuer abzuziehen. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs für vor dem 1.1.2014 erworbene Kunstgegenstände i.S.d. § 25a Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG ist nach allgemeinen Grundsätzen des § 15a UStG unter Beachtung der Regelungen in den §§ 44 und 45 UStDV vorzunehmen. Bei Kunstgegenständen, die nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet werden, erfolgt die Berichtigung gem. § 15a Abs. 2 UStG für den Besteuerungszeitraum, in dem das Wirtschaftsgut unter den Bedingungen des § 25a UStG geliefert wird. Eine Berichtigung unterbleibt, wenn der Unternehmer bei der Lieferung des Kunstgegenstandes gem. § 25a Abs. 8 Satz 1 UStG auf die Anwendung der Differenzbesteuerung verzichtet oder nach Ablauf der Bindungsfrist des § 25a Abs. 2 Satz 2 UStG zur Anwendung der allgemeinen Regelungen des UStG zurückkehrt und den Kunstgegenstand erst danach liefert (s.a. Abschn. 25a.1. Abs. 7 UStAE).
Beispiel 17:
Der Händler H erwirbt ein Gemälde von einem Künstler, der den Verkauf der USt unterwerfen muss. Er veräußert das Gemälde an den Steuerberater S für dessen Praxisräume.
Lösung 17:
Sofern H von der Möglichkeit zur Option zur Differenzbesteuerung nicht Gebrauch gemacht hat, fällt er mit dem Gemäldeverkauf unter die normale Regelbesteuerung. D.h., er kann die ihm vom Künstler berechnete Vorsteuer (7 %) geltend machen, muss andererseits den vollen Verkaufserlös mit 19 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. b UStG) versteuern, ist aber zum gesonderten Ausweis der USt berechtigt.
Bei Ausübung der Option zur Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 2 UStG kann H die ihm vom Künstler in Rechnung gestellte USt nicht als Vorsteuer abziehen (§ 25a Abs. 5 Satz 3 UStG). Obwohl er den Kunstgegenstand von einem Unternehmer erworben hat, fällt er unter die Differenzbesteuerung und muss die Marge mit 19 % versteuern. Dem Käufer darf er keine USt gesondert in Rechnung stellen.
Hinweis:
Durch Art. 10 Nr. 5 des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes (AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) wurde der Anwendungsbereich des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Umsätze mit Kunstgegenständen und Sammlungsstücken an die unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 103 MwStSystRL angepasst (vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 12 und 13 UStG). Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich des ermäßigten Steuersatzes für nach dem 31.12.2013 ausgeführte Umsätze mit Kunstgegenständen und Sammlungsstücken bestimmt sich ausschließlich nach den neu in § 12 Abs. 2 UStG eingefügten Nr. 12 und 13.
Beispiel 18:
Der Antiquitätenhändler A erwirbt in Russland eine Ikone. Er führt den Gegenstand selbst nach Deutschland ein und bezahlt an der Grenze 2 500 € EUSt.
Lösung 18:
Sofern H von der Möglichkeit zur Option zur Differenzbesteuerung keinen Gebrauch gemacht hat, fällt er mit dem Verkauf der Ikone unter die normale Regelbesteuerung. Demzufolge kann er die an der Grenze entrichtete deutsche EUSt als Vorsteuer geltend machen. Beim Weiterverkauf muss er allerdings den gesamten Verkaufserlös versteuern.
Bei Ausübung der Option zur Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 2 UStG kann H die von ihm an der Grenze entrichtete EUSt nicht als Vorsteuer geltend machen. Obwohl er den Gegenstand im Drittlandsgebiet erworben hat, fällt er unter die Differenzbesteuerung und muss die Marge mit 19 % versteuern. Dem Käufer darf er keine USt gesondert in Rechnung stellen. Nach § 25a Abs. 3 Satz 4 UStG gilt als Einkaufspreis der Wert i.S.d. § 11 Abs. 1 UStG zzgl. der EUSt.
Soweit selbst eingeführte Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten nach § 25a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG in die Differenzbesteuerung einbezogen werden, gilt als Einkaufspreis der nach den Vorschriften über den Zollwert ermittelte Wert des eingeführten Gegenstands zuzüglich der EUSt. Im Fall des § 25a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG schließt der Einkaufspreis die vom Lieferer in Rechnung gestellte USt ein (Abschn. 25a.1. Abs. 8 Satz 3 und 4 UStAE).
Wird die Bemessungsgrundlage für die Lieferung eines Kunstgegenstands nach § 25a Abs. 3 Satz 2 UStG berechnet, ist nach Abschn. 25a.1. Abs. 11a UStAE zu verfahren (Pauschalmarge, s.o.). Es kommt nicht darauf an, ob der Wiederverkäufer die Differenzbesteuerung kraft der Regelungen in § 25a Abs. 1 UStG oder aufgrund einer nach § 25a Abs. 2 UStG abgegebenen Erklärung anwendet.
Beachte:
Mit Urteil vom 29.11.2018 (C-264/17, UR 2019, 32, LEXinform 0651552) hat der EuGH entschieden, dass Art. 316 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass ein stpfl. Wiederverkäufer für die An-wendung der Differenzbesteuerung auf eine Lieferung von Kunstgegenständen optieren kann, die er zuvor im Rahmen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung vom Urheber oder dessen Rechtsnachfolgern erworben hat, obwohl diese nicht zu den in Art. 314 MwStSystRL aufgeführten Personengruppen gehören.
Eine Folge der Option zur Differenzbesteuerung durch ein unmittelbares Berufen auf die in Art. 316 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL ist, dass der Wiederverkäufer insoweit keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug hat, auch wenn Art. 322 Buchst. b MwStSystRL nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt wurde.
Mit der Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 29.11.2018 (C-264/17, UR 2019, 32, LEXinform 0651552) gab das FG Münster mit Urteil vom 7.11.2019 (5 K 177/16, EFG 2020, 408, LEXinform 5022795, Revision eingelegt, Az. BFH: XI R 2/20, LEXinform 0952748) der Klage statt (s.a. Anmerkung vom 11.3.2020, LEXinform 0889254). Nach dem im Streitfall ergangenen EuGH-Urteil C-264/17 »Mensing« müsse die Differenzbesteuerung angewandt werden und sei die die innergemeinschaftlichen Erwerbe betreffende Steuer margenmindernd als Bestandteil der Einkaufspreise zu berücksichtigen. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage folge dem Unionsrecht; den Regelungen des Art. 317 Satz 1 i.V.m. Art. 316, 315 und Art. 312 MwStSystRL sei zu entnehmen, dass zum Einkaufspreis bei der Margenbesteuerung auch die Umsatzsteuer gehöre.
Einkaufspreis (innergemeinschaftliche Lieferung) |
10 000 € |
USt auf den innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a UStG: 7 % |
700 € |
|
zzgl. USt auf den innergemeinschaftlichen Erwerb |
+ 700 € |
|||
erhöhter Einkaufspreis |
10 700 € |
|||
Verkaufspreis |
20 000 € |
|||
Differenzbetrag |
9 300 € |
|||
Steuersatz § 25a Abs. 5 Satz 1 UStG: 19 % |
||||
Die USt ist herauszurechnen (Abschn. 25a.1. Abs. 8 Satz 1 UStAE) |
./. 1 485 € |
|||
Bemessungsgrundlage |
7 815 € |
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es bringt im Kern vor, die USt für den innergemeinschaftlichen Erwerb mindere die zu besteuernde Marge nicht.
Einkaufspreis (innergemeinschaftliche Lieferung) |
10 000 € |
USt auf den innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a UStG: 7 % |
700 € |
Verkaufspreis |
20 000 € |
||
Differenzbetrag |
10 000 € |
||
Steuersatz § 25a Abs. 5 Satz 1 UStG: 19 % |
|||
Die USt ist herauszurechnen (Abschn. 25a.1. Abs. 8 Satz 1 UStAE) |
./. 1 596 € |
USt nach der Rechtsauffassung des FG: 1 485 €. |
|
Bemessungsgrundlage |
8 404 € |
Im Revisionsverfahren XI R 2/20 hat der BFH die Frage zu klären, ob bei Anwendung der Differenzbesteuerung auf Lieferungen von Kunstgegenständen, die zuvor von Künstlern innergemeinschaftlich erworben wurden, die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb die zu besteuernde Marge mindert.
Mit Beschluss vom 20.10.2021 (XI R 2/20, BStBl II 2022, 503) hat der BFH dem EuGH u.a. die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Art. 311 ff. MwStSystRL dahingehend zu verstehen sind, dass bei Anwendung der Differenzbesteuerung auf Lieferungen von Kunstgegenständen, die zuvor vom Urheber (oder dessen Rechtsnachfolgern) innergemeinschaftlich erworben wurden, die auf den innergemeinschaftlichen Erwerb entfallende Steuer die Handelsspanne (Marge) mindert.
Der BFH ist im Rahmen der Beurteilung nach nationalem Recht der Ansicht, dass eine Berücksichtigung der streitigen USt bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Differenzbesteuerung aufgrund einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 25a Abs. 3 Satz 3 UStG möglich ist. Jedoch ist fraglich, ob eine unionsrechtskonforme Auslegung nationalen Rechts erfolgen kann, wenn sich die Differenzbesteuerung an sich nach Unionsrecht richtet (s.a. Anmerkung vom 16.3.2022, LEXinform 0888017 sowie Anmerkung von Korn, NWB 11/2022, 736).
Der EuGH hat mit Urteil vom 13.7.2023 (C-180/22, LEXinform 0954069) das Vorabentscheidungsersuchen des BFH mit Beschluss vom 20.10.2021 (XI R 2/20, BStBl II 2022, 503) beantwortet und entschieden, dass die auf den innergemeinschaftlichen Erwerb entrichtete Erwerbssteuer Teil der Steuerbemessungsgrundlage ist (s.a. Anmerkung vom 18.8.2023, LEXinform 0431266).
Steuerbemessungsgrundlage bei der Lieferung von Gegenständen, auf die die Differenzbesteuerung Anwendung findet, ist gem. Art. 315 Abs. 1 MwStSystRL die vom stpfl. Wiederverkäufer erzielte Differenz (Handelsspanne) abzüglich des Betrags der auf diese Spanne erhobenen MwSt. Aus Art. 315 Abs. 2 MwStSystRL ergibt sich, dass die Differenz (Handelsspanne) des stpfl. Wiederverkäufers dem Unterschied zwischen dem von ihm geforderten »Verkaufspreis« und dem »Einkaufspreis« des Gegenstands entspricht (EuGH C-180/22, Rz. 25).
Der EuGH entnimmt dem Wortlaut des Art. 312 MwStSystRL, dass der Begriff »Einkaufspreis« nicht diejenigen Kostenbestandteile umfasst, die der stpfl. Wiederverkäufer nicht an den Lieferer, sondern an Dritte gezahlt hat. Daher umfasst der Einkaufspreis nach Ansicht des EuGH nicht die MwSt, die der Wiederverkäufer an den Fiskus für den innergemeinschaftlichen Erwerb des Gegenstands (Kunstgegenstand) entrichtet hat (EuGH C-180/22, Rz. 28).
Einkaufspreis (innergemeinschaftliche Lieferung) |
10 000 € |
USt auf den innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a UStG: 7 % |
700 € |
Verkaufspreis |
20 000 € |
||
Differenzbetrag |
10 000 € |
||
Steuersatz § 25a Abs. 5 Satz 1 UStG: 19 % |
|||
Die USt ist herauszurechnen (Abschn. 25a.1. Abs. 8 Satz 1 UStAE) |
./. 1 596 € |
||
Bemessungsgrundlage |
8 404 € |
Zur Ermittlung der Gesamtdifferenz und zur Ermittlung des anteiligen Einkaufspreises s. Abschn. 25a.1. Abs. 12 UStAE und dort die Beispiele 1 und 2 sowie die Erläuterungen oben unter den Gliederungspunkten »Bildung der Gesamtdifferenz« sowie »Ermittlung der USt nach der Gesamtdifferenz i.S.d. § 25a Abs. 4 UStG – Vereinfachtes Verfahren«.
Der Wiederverkäufer darf in seiner Rechnung keine USt gesondert ausweisen (§ 14a Abs. 6 Satz 2 UStG). Das gilt auch gegenüber einem Abnehmer, der Unternehmer ist. Im Falle der Zuwiderhandlung schuldet er die Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG (Abschn. 25a.1. Abs. 16 UStAE).
Beispiel 19:
Der Verkaufspreis eines neuen Pkw beträgt 57 500 €. Der Kfz-Händler nimmt bei der Lieferung des Neuwagens ein gebrauchtes Fahrzeug, dessen gemeiner Wert 8 500 € beträgt, in Zahlung. Der Kunde zahlt 49 000 € in bar. Der Kfz-Händler verkauft das Gebrauchtfahrzeug nach einem Monat an einen Unternehmer für 10 000 € zzgl. 1 900 € offen ausgewiesener USt.
Lösung 19:
Bemessungsgrundlage für den Verkauf des Gebrauchtfahrzeuges nach § 25a Abs. 3 Nr. 1 UStG:
Verkaufspreis |
11 900,00 € |
./. Wert des Gebrauchtfahrzeuges |
8 500,00 € |
Differenz |
3 400,00 € |
./. darin enthaltene USt |
542,85 € |
Bemessungsgrundlage für die Differenzbesteuerung |
2 857,15 € |
Der Händler schuldet zusätzlich zur Steuer nach § 25a UStG die offen ausgewiesene USt i.H.v. 1 900 € gem. § 14c Abs. 2 UStG, somit insgesamt 2 442,85 €.
S.a. Beispiel 20.
Die Rechnung muss die Angabe »Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung«, »Kunstgegenstände/Sonderregelung« oder »Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung« enthalten (§ 14a Abs. 6 Satz 1 UStG). Der Anwendung der Differenzbesteuerung steht nicht entgegen, dass der Unternehmer in seinen Rechnungen nicht auf die Anwendung des § 25a UStG hingewiesen hat (Urteil FG Düsseldorf vom 23.5.2014, 1 K 2537/12, EFG 2014, 1542, LEXinform 5016662, rkr.; s.a. Anmerkung vom 15.7.2014, LEXinform 0652427).
Der Wiederverkäufer hat die Einkaufs- und die Verkaufspreise sowie die Bemessungsgrundlage (Margen) getrennt von den allgemeinen Umsätzen aufzuzeichnen. Dies bedeutet, dass die Aufzeichnungen pro Gegenstand den Einkaufs-, Verkaufspreis und auch dessen Marge enthalten müssen. Lediglich bei der Bildung einer Gesamtdifferenz entfallen die Einzelaufzeichnungen (Abschn. 25a.1. Abs. 17 UStAE), d.h., es genügt insoweit die Aufzeichnung des Gesamtkaufpreises. Zu den Grenzen der Aufzeichnungspflichten bzw. den Folgen der Nichteinhaltung s. FG Hessen vom 14.2.2008, 6 V 1019/07, LEXinform 5006423.
Die Vfg. der OFD Niedersachsen vom 21.5.2015 (S 7421 – 24 – St 181, LEXinform 5235616) erläutert die Voraussetzungen für die Anwendung der Differenzbesteuerung und nimmt Stellung zu den Aufzeichnungspflichten.
Gem. § 25a Abs. 6 UStG und Abschn. 25a.1. Abs. 17 UStAE hat der Unternehmer besondere Aufzeichnungen zu führen. Diese gelten als erfüllt, wenn sich die aufzeichnungspflichtigen Angaben aus den Buchführungsunterlagen entnehmen lassen (s. Abschn. 25a.1. Abs. 17 Satz 3 UStAE). Ein Verstoß gegen die Aufzeichnungsvorschriften allein führt nicht zur Versagung der Differenzbesteuerung, weil diese nicht zu deren tatbestandlichen Voraussetzungen gehören. Die Aufzeichnungen können vom Unternehmer auch nachgeholt werden und müssen nicht zeitnah erfolgen (BFH vom 12.5.2022, V R 19/20, BStBl II 2023, 885; Abschn. 25a.1. Abs. 17 Satz 5 UStAE). Das Fehlen von Aufzeichnungen kann aber Anlass für eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen sein.
Die Anwendung der Differenzbesteuerung ist ausgeschlossen, wenn mangels ordnungsgemäßer Aufzeichnungen nicht feststellbar ist, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 25a UStG erfüllt sind. Denn der Wiederverkäufer ist dafür beweispflichtig, dass für die dem Ankauf zugrunde liegende Lieferung keine USt geschuldet wird, nach § 19 UStG nicht erhoben wird oder die Differenzbesteuerung vorgenommen wurde. Da es sich bei der Differenzbesteuerung im wirtschaftlichen Ergebnis um eine für den Unternehmer begünstigende Vorschrift handelt, gehen Zweifel zu seinen Lasten.
Kann z.B. wegen fehlender Aufzeichnungen über die Einkäufe nicht festgestellt werden, ob die wiederverkauften Gegenstände entgeltlich und ohne Umsatzsteuerschuld angekauft wurden, ist die Anwendung der Differenzbesteuerung ausgeschlossen und die Umsätze sind der Regelbesteuerung zu unterwerfen (FG Niedersachsen vom 10.10.2012, 2 K 13307/10, LEXinform 5014459, rkr.).
Nimmt ein Wiederverkäufer beim Verkauf eines Neugegenstandes einen Gebrauchtgegenstand in Zahlung und leistet der Käufer in Höhe des Differenzbetrages eine Zuzahlung, ist im Rahmen der Differenzbesteuerung als Einkaufspreis nach § 25a Abs. 3 UStG der tatsächliche Wert des Gebrauchtgegenstandes anzusetzen (Abschn. 25a.1. Abs. 10 UStAE). Dies ist der Wert, der bei der Ermittlung des Entgelts für den Kauf des neuen Gegenstandes tatsächlich zugrunde gelegt wird.
Bei Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens bei der Lieferung eines Neuwagens und einer Barzahlung liegt ein Tausch mit Baraufgabe vor. Zum Entgelt des Händlers gehört neben der Zuzahlung auch der subjektive Wert des in Zahlung genommenen gebrauchten Fahrzeugs. Der subjektive Wert ergibt sich aus dem individuell vereinbarten Verkaufspreis zwischen dem Kraftfahrzeughändler und dem Käufer abzüglich der vom Käufer zu leistenden Zuzahlung. Denn dies ist der Wert, den der Händler dem Gebrauchtwagen beimisst und den er bereit ist, hierfür aufzuwenden (s. Abschn. 10.5. Abs. 4 UStAE).
Beispiel 20:
Der Verkaufspreis eines neuen Pkw beträgt 57 500 €. Der Kfz-Händler nimmt bei der Lieferung des Neuwagens ein gebrauchtes Fahrzeug, dessen subjektiver Wert 8 500 € beträgt, in Zahlung. Der Kunde zahlt 49 000 € in bar. Der Kfz-Händler verkauft das Gebrauchtfahrzeug nach einem Monat für 10 000 € an einen Privatmann.
Lösung 20:
Bemessungsgrundlage für den Verkauf des Gebrauchtfahrzeuges nach § 25a Abs. 3 Nr. 1 UStG:
Verkaufspreis |
10 000,00 € |
./. Wert des Gebrauchtfahrzeuges (Abschn. 10.5. Abs. 4 UStAE) |
./. 8 500,00 € |
Differenz |
1 500,00 € |
./. darin enthaltene USt |
./. 239,50 € |
Bemessungsgrundlage für die Differenzbesteuerung |
1 260,50 € |
Mit Vfg. vom 16.12.2003 (S 7421 – 19/St 43, UR 2004, 556, LEXinform 0577989) nimmt die OFD Nürnberg zum Verkauf von wiedergefundenen Fahrzeugen durch Versicherungsunternehmen wie folgt Stellung: Versicherungsunternehmen versichern u.a. auch das Risiko des Diebstahls von Fahrzeugen. Im Versicherungsfall entschädigt die Versicherungsgesellschaft den Versicherungsnehmer mit dem Wiederbeschaffungswert des versicherten Fahrzeuges. Die versicherungsvertraglichen Regelungen sehen vor, dass entwendete Gegenstände – soweit sie nach Ablauf eines Monats nach Eingang der Schadensanzeige wieder aufgefunden werden – in das Eigentum des Versicherungsnehmers übergehen.
Fraglich ist, ob Versicherungsunternehmen nach Ablauf eines Monats wieder aufgefundene Fahrzeuge unter Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG veräußern können, wenn die Kraftfahrzeuge Versicherungsnehmern gehört hatten, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt waren (Personenkreis des Abschn. 25a.1. Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis 5 UStAE).
Nach dem Ergebnis der Erörterungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ist auf einen entsprechenden Umsatz des Versicherungsunternehmens die Regelung des § 25a UStG nicht anwendbar. Die ggf. wiederaufgefundenen Fahrzeuge werden nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches vom Versicherungsnehmer an das Versicherungsunternehmen geliefert. Zudem ist die Schadensersatzzahlung für das entwendete Fahrzeug durch das Versicherungsunternehmen an den Versicherungsnehmer nicht als Entgelt (Einkaufspreis i.S.d. § 25a Abs. 3 UStG) für den Erwerb des Fahrzeuges anzusehen, da sie unabhängig vom Wiederauffinden des Fahrzeuges zu leisten ist und damit nicht für die Fahrzeuglieferung aufgewendet wird.
Grebe u.a., Die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG im Umsatzsteuerrecht, UStB 6/2015, 159; Lippross, Keine Anwendung der Differenzbesteuerung beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Kunstgegenständen vom Urheber?, UR 16/2015, 618; Giels, Differenzbesteuerung nach § 25a UStG, NWB 12/2022, 835.
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