Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Stand: 16. Dezember 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Als Alleinerziehende(r) können Sie unter bestimmten Voraussetzungen einen Entlastungsbetrag beantragen.
  • Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende beträgt für das erste Kind 1.908 € und für jedes weitere Kind erhöht er sich um 240 €.
  • Voraussetzungen:
    • Sie sind alleinerziehend,
    • In Ihrem Haushalt lebt mindestens ein Kind, für das Sie einen Anspruch auf Kindergeld oder den Kinderfreibetrag haben.
    • In Ihrem Haushalt lebt keine weitere volljährige Person, mit der Sie eine gemeinsame Haushaltskasse führen. Ausnahme: pflegebedürftige Personen, volljähriges Kind für das noch Anspruch auf Kindergeld oder den Kinderfreibetrag besteht, Wohngemeinschaften mit getrennten Haushaltskassen
  • Erfüllen Sie während des Jahres die Voraussetzungen nicht mehr, weil Sie z.B. mit Ihrem Lebenspartner zusammenziehen, müssen Sie das dem Finanzamt mitteilen.

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
2 Anspruchsberechtigte
2.1 Alleinstehend
2.1.1 Allgemeiner Überblick
2.1.2 Splitting-Verfahren
2.1.3 Verwitwete
2.1.4 Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Heirat
2.1.5 Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Trennung
2.1.6 Zusammenfassung
2.2 Haushaltsgemeinschaft
2.2.1 Begriff der Haushaltsgemeinschaft
2.2.2 Verfassungsmäßigkeit der Nichtbegünstigung zusammenlebender Eltern
2.2.3 Tatsächliche und finanzielle Beteiligung an der Haushaltsgemeinschaft
2.2.4 Haushaltsgemeinschaft mit einem Kind im Sinne des EStG
2.2.5 Haushaltszugehörigkeit
2.2.6 Übersicht/Prüfschema über die Tatbestandsmerkmale des § 24b EStG ab VZ 2015
2.2.7 Identifizierung eines Kindes
2.2.8 Höhe des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende
2.2.9 Jahresbetrag, zeitanteilige Gewährung
2.2.10 Haushaltsgemeinschaft mit einem volljährigen Kind, das einen Dienst nach § 32 Abs. 5 EStG leistet
2.2.11 Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei beschränkter Steuerpflicht
3 Beispiele
4 Literaturhinweise
5 Verwandte Lexikonartikel

1. Einleitung

Durch das HBeglG 2004 wird der Haushaltsfreibetrag (bisher § 32 Abs. 7 EStG) aufgehoben und durch einen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (EfA) i.H.v. 1 308 € ersetzt (§ 24b EStG). Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird außerhalb des Familienleistungsausgleichs bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte durch Abzug von der Summe der Einkünfte und beim Lohnsteuerabzug durch die Steuerklasse II berücksichtigt. Der Abzugsbetrag soll etwaige höhere Kosten für eigene Lebens- bzw. Haushaltsführung der Alleinerziehenden mit ihren Kindern abgelten. Durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21.7.2004 (BGBl I 2004, 1753) wird § 24b EStG neu gefasst.

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Der Bundestag hat am 18.6.2015 dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags (BT-Drs. 18/4649, 18/5011) in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung (BT-Drs. 18/5244) zugestimmt. Der Entlastungbetrag für Alleinerziehende wird von 1 308 € auf 1 908 € angehoben und erhöht sich für jedes weitere Kind im Haushalt um 240 €.

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ist verfassungsgemäß; vgl. auch BFH Urteil vom 29.9.2016, III R 62/13.

Mit dem »Zweiten Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise« sollen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie bekämpft und die Binnennachfrage gestärkt werden.

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird befristet auf zwei Jahre von derzeit 1908 € auf 4008 € für die Jahre 2020 und 2021 angehoben, § 24b Abs. 2 Satz 3 EStG. Im JStG 2020 wurde beschlossen, dass die Erhöhung auf 4 008 € auch für die Jahre nach 2021 gelten soll (BGBl I 2020, 3096 ff.).

Das Bundesministerium für Finanzen nimmt im Schreiben vom 23.10.2017 ausführlich Stellung zur Anwendung des § 24b EStG unter Berücksichtigung der Anhebung des Entlastungsbetrages auf 1 908 €. Mit Schreiben vom 23.11.2022, BStBl I 2022, 1634 überarbeitet das BMF das Schreiben vom 23.10.2017.

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurde der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende für das erste Kind ab dem Kj. 2023 auf 4 260 € erhöht. Die Erhöhung für jedes weitere Kind bleibt bei 240 €.

2. Anspruchsberechtigte

2.1. Alleinstehend

2.1.1. Allgemeiner Überblick

Nach § 24b Abs. 2 Satz 1 EStG sind alleinstehend die Stpfl., die

  1. nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens (§ 26 Abs. 1 i.V.m. § 26b EStG) erfüllen oder

  2. verwitwet sind und

  3. keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden, es sei denn

    • für diese steht ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zu oder

    • es handelt sich um ein Kind i.S.d. § 63 Abs. 1 Satz 1 EStG, das einen Dienst nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG leistet oder eine Tätigkeit nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG ausübt.

2.1.2. Splitting-Verfahren

Stpfl., bei denen im Laufe des VZ die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens eingetreten oder weggefallen sind, sind nicht alleinstehend i.S.d. § 24b Abs. 2 Satz 1 EStG. Dies gilt auch trotz des in § 24b Abs. 3 EStG normierten Monatsprinzips.

Die Voraussetzungen für eine Ehegattenveranlagung dürfen somit nicht vorliegen. Dies soll im Jahr der Eheschließung auch nicht dadurch umgangen werden können, dass die Eheleute die besondere Veranlagung bzw. die Einzelveranlagung wählen. Das Splitting-Verfahren (Ehegattenveranlagung nach § 26 Abs. 1 EStG) ist auch dann anzuwenden, wenn die Voraussetzungen für die Ehegattenveranlagung nur in einem Teil des VZ vorliegen. Auch in den Fällen der getrennten oder der besonderen Veranlagung kommt eine Berücksichtigung des Entlastungsbetrages nicht in Betracht. Eine zeitanteilige Berücksichtigung kommt bei Anwendung des Splittingverfahrens nicht in Betracht (BMF vom 23.11.2022, BStBl I 2022, 1634, Rz. 5).

Mit Urteil vom 5.11.2015, III R 17/14, hat der BFH entschieden, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG Stpfl., welche die besondere Veranlagung für den VZ der Eheschließung (§ 26c EStG) gewählt haben, anteilig für die Monate des Alleinstehens gewährt werden kann: Unbeschränkt einkommensteuerpflichtige und nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten, bei denen diese Voraussetzungen zu Beginn des VZ vorgelegen haben oder im Laufe des VZ eingetreten sind, hatten im Streitjahr 2012 nach § 26 Abs. 1 EStG das Recht zur Wahl der Zusammenveranlagung (§ 26b EStG), der getrennten Veranlagung (§ 26a EStG) oder der besonderen Veranlagung für den VZ der Eheschließung (§ 26c EStG). Dieses Wahlrecht haben die Klägerin und ihr Ehemann zugunsten der besonderen Veranlagung ausgeübt. Aufgrund der Wahl dieser – im Streitjahr 2012 noch eröffneten – Veranlagungsart werden die Klägerin und ihr Ehemann so behandelt, als ob sie die Ehe nicht geschlossen hätten (§ 26c Abs. 1 Satz 1 EStG). Diese Fiktion schließt grds. die Anwendung aller einkommensteuerrechtlichen Vorschriften aus, die an das Tatbestandsmerkmal »Ehe« anknüpfen. Die Klägerin und ihr Ehemann sind daher auch bei der Anwendung des § 24b EStG so zu behandeln, als hätten sie die Ehe nicht geschlossen. Sie erfüllen damit nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens i.S.v. § 24b Abs. 2 EStG. Der Umstand, dass die Möglichkeit bestanden hätte, sich dafür zu entscheiden, genügt nicht.

Das Finanzministerium Schleswig-Holstein teilt in seiner Kurzinfo vom 8.7.2016, Kurzinfo ESt 5/2016 mit, dass das Urteil des BFH in allen offenen Fällen anzuwenden ist. Es ist jedoch zu beachten, dass dieses Urteil nur in Fällen der Wahl der besonderen Veranlagung im Jahr der Eheschließung nach § 26c EStG a.F. Anwendung findet. Auf Fälle der getrennten Veranlagung bzw. der Einzelveranlagung kann das Urteil nicht übertragen werden.

2.1.3. Verwitwete

§ 24b Abs. 2 Satz 1 EStG behandelt auch die Stpfl. als alleinstehend, die verwitwet sind. Dies gilt unabhängig davon, ob für den verwitweten Stpfl. das Splitting-Verfahren nach § 26 Abs. 1 i.V.m. § 32a Abs. 5 EStG (im Jahr des Todes) oder das Splitting-Verfahren nach § 32a Abs. 5 i.V.m. Abs. 6 Nr. 1 EStG (Witwensplitting im Jahr, das dem Todesjahr folgt) anzuwenden ist (s.u. Beispiel 5). Nach § 24b Abs. 3 EStG kann der Entlastungsbetrag zeitanteilig erstmals für den Monat des Todes des Ehegatten gewährt werden. In diesen Fällen (Steuerklasse III) kann der Entlastungsbetrag nur über die Eintragung eines Freibetrages als Lohnsteuerabzugsmerkmal vom zuständigen FA gewährt werden (§ 39a Abs. 1 Nr. 8 EStG; → Lohnsteuerermäßigungsverfahren).

2.1.4. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Heirat

Stpfl., die als Ehegatten nach §§ 26, 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, können den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Eheschließung (zeitanteilig) in Anspruch nehmen, sofern sie die übrigen Voraussetzungen des § 24b EStG erfüllen, insbes. nicht in einer Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen, in § 24b Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG nicht genannten Person leben. Einer zeitanteiligen Gewährung des Freibetrages im Jahr der Eheschließung steht auch nicht entgegen, dass § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG Verwitwete ausdrücklich in den Anwendungsbereich des Entlastungsbetrages einbezieht. Verwitwete können nach § 32a Abs. 6 EStG das Splitting-Verfahren auch noch in dem VZ in Anspruch nehmen, der auf das Kj. folgt, in dem der Ehegatte verstorben ist. Sie befinden sich zugleich – sofern sie nicht eine Haushaltsgemeinschaft i.S.d. § 24b Abs. 3 Satz 1 2. Alt. EStG begründet haben – aber in der Situation eines »echten« Alleinerziehenden, d.h., sie leben in einer Erziehungsgemeinschaft, zu der nur ein Erwachsener gehört, und unterliegen mithin typischerweise den Belastungen, deren Ausgleich der Entlastungsbetrag dienen soll; vgl. BFH vom 28.10.2021, III R 57/20.

2.1.5. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Trennung

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gem. § 24b EStG kann bei Wahl der Einzelveranlagung gem. § 26a EStG im Trennungsjahr nach dem Monatsprinzip (§ 24b Abs. 4 EStG) zeitanteilig für die Monate des Alleinstehens gewährt werden; vgl. Niedersächsisches FG vom 18.2.2020, 13 K 182/19. In der anschließenden Revision entschied der BFH mit Urteil vom 18.10.2021, III R 17/20 wie folgt: Stpfl., die als Ehegatten nach §§ 26, 26a EStG einzeln zur Einkommensteuer veranlagt werden, können den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Trennung zeitanteilig in Anspruch nehmen, sofern sie die übrigen Voraussetzungen des § 24b EStG erfüllen, insbes. nicht in einer Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen, in § 24b Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG nicht genannten Person leben.

2.1.6. Zusammenfassung

Im Ergebnis sind nur Stpfl. anspruchsberechtigt, die

  • während des gesamten VZ nicht verheiratet (ledig, geschieden) sind,

  • verheiratet sind, aber seit dem vorangegangenen VZ dauernd getrennt leben,

  • verwitwet sind oder

  • deren Ehegatte im Ausland lebt und nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig i.S.d. § 1 Abs. 1 oder 2 EStG oder des § 1a EStG ist (BMF vom 23.10.2017, Rz. 6).

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende kommt neben anderen kindbedingten Vergünstigungen (wie z.B. Freibeträge für Kinder, Kindergeld, Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs. 2 EStG, dem Pauschbetrag für behinderte Kinder nach § 33b Abs. 5 EStG) zum Ansatz. Auch Elterngeld und das Betreuungsgeld können unabhängig vom Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zum Ansatz kommen. Der Entlastungsbetrag wird wie der Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG von der Summe der Einkünfte abgezogen (§ 2 Abs. 3 EStG).

2.2. Haushaltsgemeinschaft

2.2.1. Begriff der Haushaltsgemeinschaft

Eine Haushaltsgemeinschaft wird angenommen, wenn in der Wohnung des Stpfl. eine andere volljährige Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldet ist. In diesen Fällen wird widerlegbar vermutet, dass die Person mit dem Stpfl. gemeinsam wirtschaftet. Die Haushaltsgemeinschaft wird als Wirtschaftsgemeinschaft definiert. Die Haushaltsgemeinschaft wird unterstellt und ist nicht widerlegbar, wenn der Stpfl. und die andere Person in einer eheähnlichen Gemeinschaft oder in einer eingetragenen Partnerschaft leben. Die Vermutung der Haushaltsgemeinschaft kann als widerlegt angesehen werden, wenn der Stpfl. die fehlende Haushaltsgemeinschaft glaubhaft macht, entsprechende Erklärungen abgibt und Nachweise vorlegt. Eine Haushaltsgemeinschaft mit einem minderjährigen Kind ist somit stets unschädlich für die Gewährung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende.

Die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft setzt nicht die Meldung der anderen Person in der Wohnung des Stpfl. voraus. § 24b Abs. 3 Satz 2 EStG enthält jedoch neben der gesetzlichen Definition der Haushaltsgemeinschaft auch die Vermutung für das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft, wenn eine andere volljährige Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Stpfl. gemeldet ist. Eine nachträgliche Ab- bzw. Ummeldung ist insoweit unerheblich.

Es ist unschädlich, wenn es sich bei der anderen volljährigen Person um ein leibliches Kind, Adoptiv-, Pflege-, Stief- oder Enkelkind handelt, für das dem Stpfl. ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht.

Als schädliche Haushaltsgemeinschaft kommen insbes. in Betracht:

  • Nichteheliche, aber eheähnliche (Lebens-)Gemeinschaften,

  • eingetragene Lebenspartnerschaften oder

  • »Wohngemeinschaften« mit

    • einem Lebenspartner in eheähnlicher Gemeinschaft,

    • Studierenden,

    • Großeltern,

    • Geschwistern des Stpfl. oder

    • nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten,

    • weiteren volljährigen Kindern des Stpfl., für die ihm weder Kindergeld noch ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG zusteht und die keinen Dienst nach § 32 Abs. 5 EStG leisten.

      Bildet ein Stpfl. mit einer anderen volljährigen Person, nämlich seinem Sohn, eine Haushaltsgemeinschaft, so ist er nicht »alleinstehend« i.S.d. § 24b Abs. 2 EStG. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Stpfl. für das Kind weder einen Anspruch auf Kinderfreibetrag noch auf Kindergeld besitzt (Niedersächsisches FG Urteil vom 11.3.2010, 5 K 197/09, EFG 2010, 1035, LEXinform 5010068, Revision eingelegt, Az. BFH: III R 26/10, LEXinform 0927727). Der BFH wird die Frage klären müssen, ob die gesetzliche Vermutung des § 24b Abs. 2 Satz 2 EStG widerlegt ist, weil der Sohn weder einen tatsächlichen noch einen finanziellen Beitrag zur Haushalts- und Lebensführung geleistet hat. Im anschließenden Revisionsverfahren kam der BFH zu dem Ergebnis, dass das FG zutreffend entschieden hat, dass der Kläger im Streitjahr nicht alleinstehend war (BFH Urteil vom 28.6.2012, III R 26/10 BStBl II 2012, 815). Ein gemeinsames Wirtschaften i.S.v. § 24b Abs. 2 Satz 2 EStG kann sowohl darin bestehen, dass die andere volljährige Person zu den Kosten des gemeinsamen Haushalts beiträgt, als auch in einer Entlastung durch tatsächliche Hilfe und Zusammenarbeit. Auf den Umfang der Hilfe oder des Anteils an den im Haushalt anfallenden Arbeiten kommt es i.d.R. nicht an.

Beispiel 1:

Bernd lebt mit seinen Kindern Tom (4 Jahre) und Jerry (10 Jahre) in einem Einfamilienhaus in Landau. Inga, die Großmutter der Kinder, kommt mindestens einmal in der Woche zur allgemeinen Unterstützung vorbei. Sie übernachtet nur gelegentlich, um auf die Enkelkinder aufzupassen.

Lösung 1:

Es besteht keine schädliche Haushaltsgemeinschaft, da die Besuche und gelegentliche Unterstützung unschädlich sind. Eine Haushaltsgemeinschaft mit Kindern, für die ein Anspruch auf Kindergeld besteht, ist stets unschädlich. Der Gesetzgeber unterstellt, dass diese Kinder sich nicht in einem nennenswerten Umfang finanziell an der Haushaltsführung beteiligen können.

Eine Haushaltsgemeinschaft wird durch eine nur vorübergehende Abwesenheit (z.B. Krankenhausaufenthalt, Auslandsreise, Auslandsaufenthalt eines Montagearbeiters, doppelte Haushaltsführung aus beruflichen Gründen bei regelmäßiger Rückkehr) nicht unterbrochen. Umgekehrt wird eine Haushaltsgemeinschaft durch eine nur kurzfristige Anwesenheit (z.B. zu Besuchszwecken oder aus Krankheitsgründen) auch nicht begründet. Beispiele für eine nicht nur vorübergehende Abwesenheit stellen der Strafvollzug, Meldung als vermisst, Auszug aus der gemeinsamen Wohnung sowie Unterhaltung einer zweiten Wohnung aus privaten Gründen dar. Mit Urteil vom 25.10.2007 (III R 104/06, BFH/NV 2008, 545, LEXinform 0588289) hat der BFH entschieden, dass der Ausschluss des Entlastungsbetrages für Stpfl., die eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Der Gesetzgeber war nicht gehalten, Haushaltsgemeinschaften zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern gegenüber anderen Haushaltsgemeinschaften zu privilegieren.

Ein gemeinsames Wirtschaften setzt nicht voraus, dass nur eine gemeinsame Kasse besteht und die zur Befriedigung jeglichen Lebensbedarfs dienenden Güter nur gemeinsam und aufgrund gemeinsamer Planung angeschafft werden. Es genügt eine mehr oder weniger enge Gemeinschaft mit nahem Beieinanderwohnen, bei der jedes Mitglied der Gemeinschaft tatsächlich oder finanziell seinen Beitrag zur Haushalts- bzw. Lebensführung leistet und an ihr teilnimmt (der gemeinsame Verbrauch der Lebensmittel oder Reinigungsmittel, die gemeinsame Nutzung des Kühlschrankes etc.).

Mit Urteil vom 5.3.2013 (6 K 2488/11) hat das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass bei einem inhaftierten Kind (wenn auch kurzfristig) davon auszugehen ist, dass eine dauerhafte Trennung vom elterlichen Haushalt gegeben ist. Die Inhaftierung eines volljährigen Kindes sei somit nicht ohne Weiteres vergleichbar mit denjenigen Fällen, in denen sich ein volljähriges Kind vorübergehend zu Studien- bzw. Ausbildungszwecken aufhalte. Eine dauerhafte Trennung bejahte das Gericht bei einer Inhaftierung von zwei Jahren und erkannte die Haushaltszugehörigkeit zum (groß-)elterlichen Haushalt ab.

Durch das Gesetz zur Anpassung steuerlicher Regelungen an die Rechtsprechung des BVerfG vom 18.7.2014 (BGBl I 2014, 1042) werden in § 24b Abs. 2 Satz 3 EStG die Wörter »in einer eheähnlichen Gemeinschaft oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft« durch die Wörter »in einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft« ersetzt. (§ 24b EStG). Da Lebenspartner nach dem neuen § 2 Abs. 8 EStG die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung erfüllen, sind sie bereits nach Satz 1 der Regelung nicht mehr alleinstehend. Die Erwähnung der Lebenspartnerschaft in Satz 3 ist daher obsolet. Bei eheähnlichen Gemeinschaften wird eine Haushaltsgemeinschaft gesetzlich vermutet, sodass eine in einer solchen Gemeinschaft lebende Person nicht die Möglichkeit des Nachweises hat, dass sie nicht mit dem Stpfl. gemeinsam wirtschaftet. Diese Vorschrift wird analog zu § 20 SGB XII um lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften ergänzt.

Bei Meldung des Kindes im Haushalt des Stpfl. wird dessen Haushaltszugehörigkeit gesetzlich vermutet. Die Vermutung gilt auch dann, wenn die Meldung offensichtlich nicht der Realität entspricht (d.h. wenn eine unzulässige und bußgeldbewehrte Meldung vorliegt); vgl. auch BFH vom 5.2.2015, III R 9/13. Die unwiderlegbare Vermutung des § 24b Abs. 1 Satz 2 EStG bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass keine Haushaltszugehörigkeit vorliegt, falls das Kind nicht in der Wohnung des Alleinerziehenden gemeldet ist. Eine Haushaltszugehörigkeit kann auch vorliegen, wenn das Kind in dieser Wohnung nicht gemeldet ist. Dann kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an, die nachzuweisen sind.

Nimmt eine alleinerziehende Mutter neben ihren Kindern zwei syrische Brüder, von denen einer volljährig und einer minderjährig ist, in ihren Haushalt auf, so ist die gesetzliche Vermutung einer Haushaltsgemeinschaft (§ 24b Abs. 3 Satz 2 EStG) mit dem volljährigen Syrer widerlegt, wenn dieser als Mieter im Haushalt wohnt, als Mieter typischerweise nicht an der Haushaltsführung beteiligt ist und typischerweise auch nicht verpflichtet ist, über seine Miete hinaus finanzielle Beiträge zum Haushalt der Stpfl. zu leisten; vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 28.2.2023, 6 K 6205/19.

Das BMF-Schreiben vom 23.11.2022, BStBl I 2022, 1634 enthält unter Rz. 12 folgende Indizien, die für eine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft sprechen. Diese wurden aus dem Sozialrecht abgeleitet:

  • Dauer des Zusammenlebens (z.B. von länger als einem Jahr),

  • Versorgung gemeinsamer Kinder im selben Haushalt,

  • Versorgung anderer Angehöriger im selben Haushalt,

  • von beiden Partnern unterschriebener und auf Dauer angelegter Mietvertrag,

  • gemeinsame Kontoführung,

  • andere Verfügungsbefugnisse über Einkommen und Vermögen des Partners oder

  • andere gemeinsame Verträge, z.B. über Unterhaltspflichten.

Beantragt ein Stpfl. den Abzug von Unterhaltsleistungen an die andere volljährige Person als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG, ist i.d.R. vom Vorliegen einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft auszugehen.

Eine Haushaltsgemeinschaft ist insbes. gegeben bei eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften, bei Wohngemeinschaften unter gemeinsamer Wirtschaftsführung mit einer sonstigen volljährigen Person, z.B. einem Studierenden, mit volljährigen Kindern, für die dem Stpfl. weder ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG noch Kindergeld zusteht, mit anderen Verwandten (vgl. BFH vom 28.6.2012, III R 26/10, BStBl II 2012, 815).

Das FinMin des Landes Schleswig-Holstein teilt im Schreiben vom 16.6.2022, VI 305 – S 2223 – 711 mit, dass aus Billigkeitsgründen die Unterbringung von volljährigen Flüchtlingen aus der Ukraine durch Alleinstehende in ihrem Haushalt im Jahr 2022 nicht zu einer steuerschädlichen Haushaltsgemeinschaft i.S.d. § 24b Abs. 3 Satz 2 EStG führt. Alleinerziehenden Flüchtlingen aus der Ukraine, die in einem Haushalt in Deutschland untergebracht werden, kann hingegen der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nicht gewährt werden, wenn sie mit der aufnehmenden Person eine Haushaltsgemeinschaft i.S.d. § 24b Abs. 3 Satz 2 EStG bilden.

2.2.2. Verfassungsmäßigkeit der Nichtbegünstigung zusammenlebender Eltern

Die Nichtbegünstigung zusammenlebender Eltern durch Versagung des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BFH Urteil vom 19.10.2006, III R 4/05, BStBl II 2007, 637). Gegen das Urteil wurde Verfassungsbeschwerde beim BVerfG eingelegt (BVerfG, 2 – BvR – 310/07). Die Verfassungsbeschwerde, mit der der Beschwerdeführer rügt, dass der Entlastungsbetrag, der Verheiratete von der Begünstigung ausschließe und nur für Alleinerziehende gelte, verfassungswidrig sei, wurde mangels Grundrechtsverletzung nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 22.5.2009, 2 BvR 310/07, BStBl II 2009, 884, LEXinform 1560059).

Der BFH äußert jedoch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 24b EStG, soweit Personen, welche die Voraussetzungen für das Splittingverfahren erfüllen, generell vom Entlastungsbetrag ausgeschlossen sind (§ 24b Abs. 2 EStG). Denn auch solche Personen können sich in einer Situation befinden, in der das Kind wegen besonderer Umstände nur von einem Ehegatten erzogen werden kann. Dies kann z.B. zutreffen, wenn die miteinander verheirateten Eltern zwar i.S.d. § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht dauernd getrennt leben, tatsächlich aber alleinstehen, z.B. wegen Unterbringung eines Ehegatten in einem Krankenhaus oder einer Haftanstalt, wegen doppelter Haushaltsführung aus beruflichem Anlass oder Auslandsaufenthalts des anderen Elternteils bei unbeschränkter Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 2 EStG.

Die Vorschrift des § 24b EStG verstößt nach Auffassung des BVerfG insbes. nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Zwar verbiete Art. 6 Abs. 1 GG, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen und untersage eine Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Ledigen und von ehelichen gegenüber anderen Erziehungsgemeinschaften. Eine Benachteiligung liege vor, wenn der Ehepartner oder Eltern wegen ihrer Ehe oder Familie und deren Gestaltung von Steuerentlastungen ausgeschlossen werden. Durch die Gewährung des Entlastungsbetrages werden Verheiratete nicht wegen ihrer Ehe von der Steuerentlastung ausgeschlossen, ausgeschlossen seien vielmehr grundsätzlich alle Erziehungsgemeinschaften mit zwei Erwachsenen in einem gemeinsamen Haushalt. Die steuerliche Entlastung werde »echten« Alleinerziehenden vorbehalten, die den Haushalt ohne Unterstützung eines anderen Erwachsenen zu betreuen haben.

Eine den Beschwerdeführer betreffende Verletzung des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 1 GG liege ebenfalls nicht vor, weil das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit nicht verletzt sind. Dabei könne offenbleiben, ob § 24b EStG einer tatsächlichen Mehrbelastung Rechnung trägt oder allein der sozialen Förderung dient. Im ersten Fall liege keine Abweichung von der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit vor, im zweiten Fall rechtfertige der Förderzweck die dann bestehende Abweichung von der Belastungsgleichheit (s.a. Pressemitteilung des BVerfG Nr. 73/2009 vom 2.7.2009, LEXinform 0434231).

Gegen den Beschluss des BVerfG vom 22.5.2009 (2 BvR 310/07, BStBl II 2009, 884) wurde Beschwerde vor dem EuGH für Menschenrechte (EGMR) erhoben (Verfahren vom 18.12.2009, 45624/09, LEXinform 0589773). Dieser hat am 28.3.2013 in Einzelrichterbesetzung die Beschwerde für unzulässig erklärt (EGMR vom 28.3.2013, 45624/09).

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ist verfassungsgemäß; vgl. auch BFH Urteil vom 29.9.2016, III R 62/13. Es ist von Verfassungs wegen nicht geboten, verwitwete Elternteile ehelicher Kinder in den Anwendungsbereich des Splitting-Verfahrens einzubeziehen. Denn mit dieser dem Splitting-Verfahren zugrunde liegenden Situation ist die Lage Alleinerziehender weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht vergleichbar. Die für Ehegatten und Lebenspartner geltenden güterrechtlichen Regelungen sowie der Versorgungsausgleich kommen im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern nicht zur Anwendung.

2.2.3. Tatsächliche und finanzielle Beteiligung an der Haushaltsgemeinschaft

Handelt es sich bei der anderen Person um eine pflegebedürftige Person, kann diese sich typischerweise – je nach Grad der Pflegebedürftigkeit – tatsächlich nicht an der Haushaltsführung beteiligen. Die Fähigkeit, sich tatsächlich an der Haushaltsführung zu beteiligen, fehlt bei Personen, bei denen mindestens ein Schweregrad der Pflegebedürftigkeit i.S.d. § 14 SGB XI (Pflegestufe I, II oder III) besteht, oder bei Personen, die blind sind. Der Nachweis des gesundheitlichen Merkmals »blind« richtet sich nach § 65 EStDV. Der Nachweis über den Pflegegrad i.S.d. § 15 SGB XI ist durch Vorlage des Leistungsbescheides des Sozialhilfeträgers bzw. des privaten Pflegeversicherungsunternehmens zu führen. Bei rückwirkender Feststellung des Merkmals »blind« oder der Pflegebedürftigkeit sind ggf. bestandskräftige Steuerfestsetzungen auch hinsichtlich des Entlastungsbetrags nach § 24b EStG zu ändern.

Die Fähigkeit, sich finanziell an der Haushaltsführung zu beteiligen, fehlt bei Personen, die kein oder nur geringes Vermögen i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG besitzen (→ Unterhaltsaufwendungen) und deren Einkünfte und Bezüge i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 bis 4 EStG (→ Einkünfte und Bezüge von Kindern) den dort genannten Betrag nicht übersteigen.

Bildet ein Stpfl. mit einer anderen volljährigen Person, nämlich seinem Sohn, eine Haushaltsgemeinschaft, so ist er nicht »alleinstehend« i.S.d. § 24b Abs. 2 EStG. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Stpfl. für das Kind weder einen Anspruch auf Kinderfreibetrag noch auf Kindergeld besitzt (Niedersächsisches FG Urteil vom 11.3.2010, 5 K 197/09, EFG 2010, 1035, LEXinform 5010068, Revision eingelegt, Az. BFH: III R 26/10, LEXinform 0927727). Im anschließenden Revisionsverfahren kam der BFH zu dem Ergebnis, dass das FG zutreffend entschieden hat, dass der Kläger im Streitjahr nicht alleinstehend war (BFH Urteil vom 28.6.2012, III R 26/10, BStBl II 2012, 815). Ein gemeinsames Wirtschaften i.S.v. § 24b Abs. 2 Satz 2 EStG kann sowohl darin bestehen, dass die andere volljährige Person zu den Kosten des gemeinsamen Haushalts beiträgt, als auch in einer Entlastung durch tatsächliche Hilfe und Zusammenarbeit. Entsprechende Entlastungen können sich auch durch die Teilung anderer Aufgaben ergeben, z.B. der Erledigung der Küchen- und Gartenarbeit sowie der Beaufsichtigung von in der Wohnung tätigen Handwerkern oder Verbrauchsablesern. Auf den Umfang der Hilfe oder des Anteils an den im Haushalt anfallenden Arbeiten kommt es grds. nicht an.

2.2.4. Haushaltsgemeinschaft mit einem Kind im Sinne des EStG

Nach § 24b Abs. 1 EStG muss zum Haushalt eines alleinstehenden Stpfl. ein Kind gehören, für das dem alleinstehenden Stpfl. ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 oder Kindergeld zusteht. Der Entlastungsbetrag ist sowohl für im ersten Grad mit dem Stpfl. verwandte Kinder, Pflegekinder als auch Stief- und Enkelkinder zu gewähren. Dies gilt auch für Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, solange dem Stpfl. für diese Kinder ein Freibetrag nach § 2 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass »allein erziehenden« Stpfl. auch bei einer Haushaltsgemeinschaft mit bereits volljährigen Kindern, für die ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht, höhere Lebensführungskosten entstehen, da sich diese Kinder i.d.R. tatsächlich nicht wie ein Lebenspartner oder Wohngemeinschaftsangehöriger an der Haushaltsführung beteiligen und hierzu finanziell nicht im nennenswerten Umfang in der Lage sind.

Wohngemeinschaften mit Studierenden sind nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/3339, 12) nicht begünstigt. Dies setzt jedoch voraus, dass nicht nur ein rechnerischer Abgleich einzelner Kosten zwischen den Beteiligten erfolgt (z.B. Unterkunft), sondern ein gemeinsames Wirtschaften in allen Bereichen stattfindet.

Die gesetzliche Vermutung des § 24b Abs. 3 Satz 2 erfasst lediglich einen Volljährigen, der nicht als Mieter und/oder Flüchtling im Haushalt lebt, sondern aufgrund einer persönlichen Beziehung zum Stpfl. wie z.B. als Freund oder Freundin dort wohnt und sich typischerweise am Haushalt finanziell oder tatsächlich beteiligen wird; vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 28.2.2023, 6 K 6205/19.

2.2.5. Haushaltszugehörigkeit

Die Zugehörigkeit zum Haushalt ist anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des alleinstehenden Stpfl. gemeldet ist, dauerhaft in dessen Wohnung lebt oder mit seiner Einwilligung vorübergehend, z.B. zu Ausbildungszwecken, auswärtig untergebracht ist; vgl. BMF vom 23.11.2022, BStBl I 2022, 1634, Rz. 17; § 24b Abs. 1 Satz 2 EStG; → Haushaltszugehörigkeit. Bei Meldung des Stpfl. und seines Kindes mit Haupt- oder Nebenwohnsitz unter einer gemeinsamen Adresse wird gesetzlich fingiert, dass das Kind zum Haushalt gehört (räumliches Zusammenleben bei gemeinsamer Versorgung). Eine Meldung mit Hauptwohnsitz ist also nicht erforderlich. Insbesondere in Fällen der auswärtigen Unterbringung zur Schul- und Berufsausbildung reicht es aus, dass das Kind nur mit Nebenwohnsitz in der Wohnung des Stpfl. gemeldet ist.

Haushaltszugehörigkeit erfordert ferner eine Verantwortung für das materielle (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterielle Wohl (Fürsorge, Betreuung) des Kindes. Eine Heimunterbringung ist unschädlich, wenn die Wohnverhältnisse in der Familienwohnung die speziellen Bedürfnisse des Kindes berücksichtigen und es sich im Haushalt des Stpfl. regelmäßig aufhält (vgl. BFH Urteil vom 14.11.2001, X R 24/99, BStBl II 2002, 244). Die Haushaltszugehörigkeit ist gem. § 24b Abs. 1 Satz 2 EStG selbst dann anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des Stpfl. gemeldet ist, aber tatsächlich in einer eigenen Wohnung lebt. Diese Vermutung ist unwiderlegbar (vgl. BFH Urteil vom 5.2.2015, III R 9/13, BStBl II 2015, 926). Ist das Kind hingegen nicht in der Wohnung des Stpfl. gemeldet, trägt der Stpfl. die Beweislast für das Vorliegen der Haushaltszugehörigkeit. Ist das Kind bei mehreren Stpfl. gemeldet oder gehört es unstreitig zum Haushalt des Stpfl., ohne bei ihm gemeldet zu sein, steht der Entlastungsbetrag demjenigen Alleinstehenden zu, der das Kind tatsächlich in seinen Haushalt aufgenommen hat.

Ist das Kind mit Haupt- oder Nebenwohnsitz bei mehreren Stpfl. gemeldet, beispielsweise sowohl in der Wohnung der Mutter als auch in der Wohnung des von dieser getrennt lebenden Vaters, soll der Entlastungsbetrag nach § 24b Abs. 1 Satz 3 EStG nur einmal gewährt werden. Der Entlastungsbetrag steht dem Alleinerziehenden zu, der die Voraussetzungen auf Auszahlung des Kindergeldes nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG erfüllt oder erfüllen würde in Fällen, in denen nur ein Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG besteht. Kein Kindergeldanspruch, sondern lediglich ein Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG besteht unter den Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG. In diesem Fall lebt das Kind im Haushalt eines Alleinstehenden außerhalb der EU und des Europäischen Wirtschaftsraumes. Der alleinstehende Stpfl. wird nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt und hat deshalb einen Anspruch auf einen Freibetrag für Kinder aber keinen Anspruch auf Kindergeld.

Der III. Senat des BFH hat mit Urteil vom 5.2.2015, III R 9/13, entschieden, dass die Meldung eines Kindes in der Wohnung eines Alleinerziehenden eine unwiderlegbare Vermutung für die Haushaltszugehörigkeit des Kindes begründet und bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu gewähren ist. Der Kläger war im Streitjahr 2010 verwitwet und Vater einer Tochter, für die ihm Kindergeld zustand. Die Tochter war zwar in der Wohnung des Vaters gemeldet. Da sie aber in einer eigenen Wohnung lebte, lehnte es das FA ab, dem Kläger den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung) zu gewähren. Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts auf und setzte die Einkommensteuer unter Berücksichtigung des Entlastungsbetrags fest. Nach § 24b Abs. 1 Satz 1 EStG können alleinstehende Stpfl. einen Entlastungsbetrag in Höhe von 1.908 € im Kj. von der Summe der Einkünfte abziehen, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht. Die Zugehörigkeit zum Haushalt ist nach § 24b Abs. 1 Satz 2 EStG anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des alleinstehenden Stpfl. gemeldet ist. Nach der Entscheidung des BFH vermutet § 24b Abs. 1 Satz 2 EStG unwiderlegbar, dass ein Kind, das in der Wohnung des alleinstehenden Stpfl. gemeldet ist, zu dessen Haushalt gehört. Danach kann der Alleinerziehende bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen den steuerlichen Entlastungsbetrag auch dann beanspruchen, wenn das Kind tatsächlich in einer eigenen Wohnung lebt. Die unwiderlegbare Vermutung des § 24b Abs. 1 Satz 2 EStG bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass keine Haushaltszugehörigkeit vorliegt, falls das Kind nicht in der Wohnung des Alleinerziehenden gemeldet ist. Eine Haushaltszugehörigkeit kann auch vorliegen, wenn das Kind in dieser Wohnung nicht gemeldet ist. Dann kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an, die nachzuweisen sind.

Nach dem BFH-Urteil vom 14.4.1999 (X R 11/97, BStBl II 1999, 594) ist auch eine doppelte Haushaltszugehörigkeit eines Kindes zum Haushalt des Vaters und zum Haushalt der Mutter möglich. Nach dem Willen des Gesetzgebers in § 24b Abs. 1 Satz 3 EStG soll der Entlastungsbetrag nur einem Elternteil gewährt werden. Bei einer doppelten Haushaltszugehörigkeit des Kindes kann allerdings keine Berechtigung aus § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG abgeleitet werden, da beide Eltern das Kind in ihren Haushalt aufgenommen haben und auch das Kind bei beiden gemeldet ist. Unter entsprechender Anwendung des § 64 Abs. 2 Satz 2 ff. EStG ist bei einer Anspruchskonkurrenz nur ein Berechtigter begünstigt (§ 64 Abs. 1 EStG, DA 64.1 DA-FamEStG, BStBl I 2012, 734). Die Beteiligten bestimmen untereinander den Berechtigten. Derjenige, dem nach § 64 Abs. 2 EStG das Kindergeld zusteht, erhält auch den Entlastungsbetrag. In diesem Sinne hat auch das FG Köln mit Urteil vom 14.8.2008 (15 K 1468/07, EFG 2008, 1796, LEXinform 5007568) entschieden. Bei mehreren Alleinerziehenden soll der Entlastungsbetrag dem Gesetzeswortlaut gemäß nur einmal gewährt werden. Hätte der Gesetzgeber eine Aufteilung gewollt, hätte er den Entlastungsbetrag »denjenigen« Alleinstehenden zuweisen müssen, die das Kind in ihren Haushalt aufgenommen haben. Aus der Vorschrift des § 24b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG lässt sich auch kein freies, von der Bestimmung des Kindergeldberechtigten unabhängiges Wahlrecht auf Gewährung des Entlastungsbetrages entnehmen. Im Revisionsverfahren hat der BFH mit Urteil vom 28.4.2010 (III R 79/08, BFH/NV 2010, 1716, LEXinform 0179426) gegen das Urteil des FG Köln vom 14.8.2008 (15 K 1468/07, EFG 2008, 1796, LEXinform 5007568) Folgendes entschieden: Auch wenn mehrere Stpfl. die Voraussetzungen für den Abzug des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende erfüllen, kann wegen desselben Kindes für denselben Monat nur einer der Berechtigten den Entlastungsbetrag abziehen. Ist ein Kind annähernd gleichwertig in die beiden Haushalte seiner alleinstehenden Eltern aufgenommen, können die Eltern – unabhängig davon, an welchen Berechtigten das Kindergeld ausgezahlt wird – untereinander bestimmen, wem der Entlastungsbetrag zustehen soll, es sei denn, einer der Berechtigten hat bei seiner Veranlagung oder durch Vorlage einer Lohnsteuerkarte mit der Steuerklasse II bei seinem ArbG (§ 38b Satz 2 Nr. 2 EStG) den Entlastungsbetrag bereits in Anspruch genommen. Treffen die Eltern keine Bestimmung über die Zuordnung des Entlastungsbetrags, steht er demjenigen zu, an den das Kindergeld ausgezahlt wird (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 64/10 vom 28.7.2010, LEXinform 0435571).

Ist ein Kind annähernd gleichwertig in die beiden Haushalte seiner alleinstehenden Eltern aufgenommen, können die Eltern – unabhängig davon, an welchen Berechtigten das Kindergeld ausgezahlt wird – untereinander bestimmen, wem der Entlastungsbetrag zustehen soll, es sei denn, einer der Berechtigten hat bei seiner Veranlagung oder durch Berücksichtigung der Steuerklasse II beim Lohnsteuerabzug den Entlastungsbetrag bereits in Anspruch genommen. Treffen die Eltern keine Bestimmung über die Zuordnung des Entlastungsbetrags, steht er demjenigen zu, an den das Kindergeld ausgezahlt wird (vgl. BFH Urteil vom 28.4.2010, III R 79/08, BStBl II 2011, 30).

Eine Heimunterbringung des Kindes ist unschädlich, wenn die Wohnverhältnisse in der Familienwohnung die speziellen Bedürfnisse des Kindes berücksichtigen und es sich regelmäßig dort aufhält. Demnach lebt ein behindertes Kind, das in einem Heim mit der Möglichkeit der Schulausbildung und der späteren Arbeit in einer Werkstatt für Behinderte untergebracht ist, grundsätzlich weiterhin in der für die Annahme der Haushaltszugehörigkeit erforderlichen Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit seinen Eltern; BFH Urteil vom 14.11.2001, X R 24/99, BStBl II 2002, 244.

Beispiel 2:

Die geschiedenen Eltern M und V haben eine gemeinsame zehnjährige Tochter T. M hat erneut geheiratet und lebt mit dem neuen Ehegatten und T in einem gemeinsamen Haushalt. T ist sowohl in der Wohnung von M und als auch in der Wohnung von V gemeldet. M erhält das Kindergeld für T.

Lösung 2:

V ist alleinstehend i.S.d. § 24b Abs. 3 EStG. Zudem gehört T zu seinem Haushalt. V kann den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Anspruch nehmen, da ihn M nicht in Anspruch nehmen kann. Bei ihr sind die Voraussetzungen zur Anwendung des Splitting-Verfahrens erfüllt. M ist nicht alleinstehend, da M während des gesamten Jahres in einer Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person lebt.

2.2.6. Übersicht/Prüfschema über die Tatbestandsmerkmale des § 24b EStG ab VZ 2015

Die Tatbestandsmerkmale des § 24b EStG lassen sich folgendermaßen darstellen:

Beachte vorab: Es gilt das Monatsprinzip bzw. die Monatsprüfung wegen zeitanteiliger Berücksichtigung!

Abb.: Schaubild über die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende

2.2.7. Identifizierung eines Kindes

Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kindes ist seit dem VZ 2015 gem. § 24b Abs. 1 Satz 4 EStG die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b AO). Entgegen den melderechtlichen Tatsachen kann eine Haushaltszugehörigkeit angenommen werden, wenn das Kind tatsächlich im Haushalt aufgenommen und für das materielle und immaterielle Wohl gesorgt ist. Ist das Kind nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.

2.2.8. Höhe des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende

Vor dem BFH war die Rechtsfrage anhängig (BFH, Az. III R 36/14), ob die Besteuerung Alleinerziehender, die von dem anderen Elternteil keinen Barunterhalt für ihre minderjährigen Kinder erhalten, gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das Grundrecht auf Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) verstößt, weil der für den Unterhalt der Kinder notwendige Hinzuverdienst einkommensteuerpflichtig ist, während dies eine Barunterhaltsleistung nicht wäre. Außerdem soll überprüft werden, ob dem alleinerziehenden Elternteil, der für seine minderjährigen Kinder keinen Barunterhalt, sondern nur unter dem Mindestunterhalt liegende Unterhaltsvorschussleistungen erhält, neben dem Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ein zusätzlicher Freibetrag i.H.d. Differenz zwischen den erhaltenen Unterhaltsvorschussleistungen und dem Mindestunterhalt zu gewähren ist. Der BFH entschied in seinem Urteil vom 17.9.2015, III R 36/14, wie folgt: Daraus, dass der andere Elternteil seiner Barunterhaltsverpflichtung nicht nachkommt, kann kein Anspruch auf einen höheren Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG) abgeleitet werden. Eine mehrfache Freistellung des Existenzminimums eines Kindes ist nicht geboten (Anschluss an BVerfG-Beschluss vom 27.7.2010, 2 BvR 2122/09). Ein Alleinerziehender kann weder wegen der Unterhaltsleistungen an seine Kinder noch wegen seiner besonderen Belastungssituation als Alleinerziehender außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend machen. Es verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass eigenes Einkommen eines Alleinerziehenden auch insoweit stpfl. ist, als es für den Unterhalt der Kinder eingesetzt wird.

In einem weiteren Revisionsverfahren war die Frage anhängig, ob die Besteuerung Alleinerziehender, die von dem anderen Elternteil keinen Barunterhalt für ihre minderjährigen Kinder erhalten, gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und das Grundrecht auf Schutz der Familie verstößt, weil der für den Unterhalt der Kinder notwendige Hinzuverdienst stpfl. ist, während dies eine Barunterhaltsleistung nicht wäre. Der BFH hat dies verneint; BFH Urteil vom 17.9.2015, III R 36/14. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende stehe nicht im Zusammenhang mit der Erfüllung von Unterhaltspflichten. Es besteht nach Ansicht des BFH kein Anspruch auf einen höheren Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, wenn der andere Elternteil keinen Barunterhalt leistet. Vielmehr soll der Entlastungsbetrag ausgleichen, dass Alleinerziehende keine Synergieeffekte aus der Haushaltsführung mit einer anderen erwachsenen Person erzielen können.

2.2.9. Jahresbetrag, zeitanteilige Gewährung

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von 4 008 € erhöht sich gem. § 24b Abs. 2 EStG um jeweils 240 € für jedes weitere zum Haushalt gehörende Kind. Er ist ein Jahresbetrag, der in jedem VZ insgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden kann. Eine Aufteilung zwischen den Haushalten alleinerziehender Elternteile ist nicht möglich. Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Entlastungsbetrages dem Grunde nach nicht vorgelegen haben, ermäßigt sich der Betrag zeitanteilig um ein Zwölftel (§ 24b Abs. 4 EStG).

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurde der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende für das erste Kind ab dem Kj. 2023 auf 4 260 € erhöht. Die Erhöhung für jedes weitere Kind bleibt bei 240 €.

Überblick über die Höhe des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende:

bis 2019

2020

2021

2022

ab 2023

Grundbetrag

1 908 €

4 008 €

4 008 €

4 008 €

4 260 €

Erhöhungsbetrag

240 € je Kind

240 € je Kind

240 € je Kind

240 € je Kind

240 € je Kind

2.2.10. Haushaltsgemeinschaft mit einem volljährigen Kind, das einen Dienst nach § 32 Abs. 5 EStG leistet

Nach § 24b Abs. 2 Satz 1 EStG ist die Haushaltsgemeinschaft mit einer volljährigen Person für das Alleinstehen unschädlich, wenn die volljährige Person einen Dienst i.S.d. § 32 Abs. 5 EStG leistet und dem Stpfl. deshalb für diese Person kein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht.

2.2.11. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei beschränkter Steuerpflicht

Ist ein Stpfl. beschränkt stpfl., stehen diesem der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wie auch andere kindbedingte Vergünstigungen nicht zu. Denn diese erhalten nur Stpfl., die unbeschränkt stpfl. sind. Nach § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG stehen sie einem beschränkt Stpfl. nicht zu, da § 24b EStG nicht anzuwenden ist.

3. Beispiele

Beispiel 3:

Die alleinerziehende Mutter M von zwei Kindern ist geschieden und lebt mit einem 6-jährigen Sohn S und einer 21-jährigen Tochter T, die nach Abschluss ihrer Lehre (14.8.2022) seit dem 15.8.2022 als kaufmännische Angestellte arbeitet, in einer gemeinsamen Wohnung. Alle Beteiligten sind mit Hauptwohnsitz in der Wohnung der Stpfl. M gemeldet.

Lösung 3:

M lebt mit zwei »steuerrechtlichen« Kindern in einer Haushaltsgemeinschaft. Ihr Sohn S hat das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet. Für ihre Tochter T steht M bis August 2022 ein Anspruch auf Kindergeld oder Freibeträge zu. Ab September 2022 besteht für T kein Anspruch auf Kindergeld oder Freibeträge mehr.

Bis einschließlich August 2022 erfüllt M die Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Ab September 2022 sind die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, da M nicht mehr als alleinstehend i.S.v. § 24b Abs. 2 EStG gilt. Aufgrund der Zwölftelregelung ist der Jahresbetrag um jeden vollen Monat, in dem die Tatbestandsvoraussetzungen nicht vorliegen, zu kürzen. M ist ein anteiliger Entlastungsbetrag zu gewähren:

Entlastungsbetrag (Grundbetrag)

4 008 €

Kürzung des Entlastungsbetrags: 4 008 € : 12 Monate × 4 =

./. 1 336 €

zu gewährender Grundbetrag

2 672 €

Entlastungsbetrag für jedes weitere Kind (Erhöhungsbetrag)

240 €

Kürzung des Erhöhungsbetrages: 240 € : 12 Monate × 4 =

./. 80 €

Zu gewährender Erhöhungsbetrag:

160 €

Zu gewährender Entlastungsbetrag insgesamt:

2 832 €

S.a. BFH-Urteil vom 28.6.2012, III R 26/10, BStBl II 2012, 815: Ein gemeinsames Wirtschaften i.S.v. § 24b Abs. 2 Satz 2 EStG kann sowohl darin bestehen, dass die andere volljährige Person zu den Kosten des gemeinsamen Haushalts beiträgt, als auch in einer Entlastung durch tatsächliche Hilfe und Zusammenarbeit.

Beispiel 4:

Eine Alleinerziehende mit minderjährigem Kind lebt mit ihrer Mutter (Großmutter des Kindes) in einem Haushalt.

Lösung 4:

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (Steuerklasse II) kann nicht gewährt werden, weil eine andere volljährige Person zur Haushaltsgemeinschaft gehört, für die kein Anspruch auf einen Freibetrag für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG bzw. Kindergeld besteht.

Beispiel 5:

Die alleinstehende Stpfl. A wohnt zusammen mit ihrem zehnjährigen Sohn in ihrem Haushalt. Am 30.11.2023 heiratet sie den unbeschränkt stpfl. B.

Lösung 5:

Vgl. hierzu BMF, 23.11.2022, BStBl I 2022, 1634, Rz. 25b: Der Stpfl. kann den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Eheschließung/Verpartnerung zeitanteilig in Anspruch nehmen, sofern er die übrigen Voraussetzungen des § 24b EStG erfüllt, insbes. nicht bereits in einer Haushaltsgemeinschaft mit dem späteren Ehegatten gelebt hat (vgl. BFH vom 28.10.2021, III R 57/20).

Beispiel 6:

Die Stpfl. S bildet seit dem Tod ihres am 10.1.20223 verstorbenen Ehemanns A allein mit ihren beiden minderjährigen Kindern eine Haushaltsgemeinschaft. Im Zeitpunkt des Todes waren die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt.

Lösung 6:

S erfüllt im gesamten Kj. 2023 mit ihrem verstorbenen Ehemann die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens (§ 24b Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 EStG). Nach der 2. Alternative des § 24b Abs. 2 Satz 1 EStG ist sie aber als Verwitwete alleinstehend. Unter Berücksichtigung des § 24b Abs. 4 EStG ist ein Entlastungsbetrag ab Januar 2023 zu gewähren.

Beispiel 7:

In eheähnlicher Gemeinschaft lebende Eltern haben zwei minderjährige Kinder, mit denen sie in einem gemeinsamen Haushalt leben. Alle Personen sind in dieser Wohnung gemeldet.

Lösung 7:

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (die Steuerklasse II) kann nicht gewährt werden, weil der Stpfl. (Elternteil) jeweils eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet. Da die Eltern in einer Wohnung gemeldet sind, wird vermutet, dass sie gemeinsam wirtschaften (Haushaltsgemeinschaft). Diese Vermutung ist bei einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht widerlegbar.

Beispiel 8:

Eine Alleinerziehende mit minderjährigem Kind lebt mit ihrer Mutter (Großmutter des Kindes) in einem Haushalt. Die Großmutter ist pflegebedürftig (Pflegestufe I) und kann sich auch finanziell nicht an der Haushaltsgemeinschaft beteiligen.

Lösung 8:

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende kann gewährt werden, weil mit der Großmutter keine Haushaltsgemeinschaft besteht. Von einer Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person ist nach dem BMF-Schreiben vom 23.11.2022, BStBl I 2022, 1634, Rz. 13 nicht auszugehen, wenn diese sich tatsächlich und finanziell nicht an der Haushaltsgemeinschaft beteiligen kann. Personen, die pflegebedürftig sind i.S.d. § 14 SGB XI (Einstufung in Pflegegrade 1 bis 5) oder blind sind (Merkzeichen »Bl« im Ausweis), können sich tatsächlich nicht an der Haushaltsführung beteiligen. Die Fähigkeit, sich finanziell an der Haushaltsführung zu beteiligen, fehlt bei Personen, die kein oder nur geringes Vermögen i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG besitzen und deren eigene Einkünfte und Bezüge den unschädlichen Betrag i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG nicht übersteigen. Davon ist in dem vorliegenden Beispiel auszugehen.

Beispiel 9 (Rechtslage ab VZ 2023):

Die nicht verheirateten Eltern A und B haben zwei gemeinsame Kinder und leben getrennt. Die beiden Kinder sind 15 und 22 Jahre alt und sind bei A mit Haupt-, bei B mit Nebenwohnsitz gemeldet. Die Kinder halten sich überwiegend im Haushalt der A auf. Das Kindergeld wird an A ausgezahlt.

Weitere Personen leben nicht in ihrem Haushalt. Das älteste Kind beendet seine Berufsausbildung am 30.6.23 und nimmt eine Beschäftigung auf. Unmittelbar im Anschluss, ab dem 1.7.23, zieht das älteste Kind aus dem Haushalt aus.

In welcher Höhe ist im VZ 22 ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu gewähren?

Lösung 9:

Alle Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende sind erfüllt. Insbes. liegt hier eine unschädliche Haushaltsgemeinschaft vor, da das Kind sich in Berufsausbildung befindet und Kindergeld noch zu gewähren ist. Der EfA ist im VZ 22 ganzjährig erfüllt und beträgt somit 4 248 €.

Beispiel 10 (vgl. Beispiel 9):

In welcher Höhe ist im VZ 23 ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu gewähren?

Lösung 10:

Bis zum 30.6.23 besteht eine unschädliche Haushaltsgemeinschaft mit dem ältesten Kind. Ab dem 1.7. liegen die Berücksichtigungstatbestände für das älteste Kind nicht mehr vor (nicht mehr im Haushalt des A, kein Kind i.S.d. § 32 EStG). Für das jüngste Kind ist der EfA komplett erfüllt, sodass § 24b Abs. 2 Satz 1 EStG in voller Höhe zu gewähren ist (Grundbetrag: 4 260 €). Der Grundbetrag erhöht sich um 240 € für jedes weitere begünstigte Kind. Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, ermäßigt sich der Entlastungsbetrag um ein Zwölftel; § 24b Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 24b Abs. 4 EStG. Vorliegend ist somit ein Erhöhungsbetrag von 120 € (240 € x 6/12) zum Ansatz zu bringen. Der EfA beträgt insgesamt 4 380 €.

Beispiel 11 (Abwandlung zu Beispiel 9 und 10):

Das älteste Kind beendet seine Berufsausbildung am 30.6.23 und nimmt unmittelbar im Anschluss eine Beschäftigung auf. Es wohnt weiterhin im Haushalt von A. In welcher Höhe ist im VZ 23 ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu gewähren?

Lösung 11:

Bis zum 30.6.23 besteht eine unschädliche Haushaltsgemeinschaft mit dem ältesten Kind. Ab dem 1.7. liegt eine schädliche Haushaltsgemeinschaft i.S.v. § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG mit dem ab diesem Zeitpunkt nicht mehr berücksichtigungsfähigen ältesten Kind vor. Die Voraussetzungen des § 24b Abs. 1 Satz 1 EStG liegen somit für den Grund- und den Erhöhungsbetrag nur noch für sechs Monate vor. Grund- und Erhöhungsbetrag sind somit nach § 24b Abs. 4 EStG entsprechend zu kürzen. Der EfA beträgt somit 2 250 € ((4 260 € + 240 €) x 6/12).

Beispiel 12:

Die geschiedenen Eltern M und V haben eine gemeinsame zehnjährige Tochter T. M hat erneut geheiratet und lebt mit dem neuen Ehegatten und T in einem gemeinsamen Haushalt. T ist sowohl in der Wohnung von M und als auch in der Wohnung von V gemeldet. M erhält das Kindergeld für T.

Lösung 12:

V ist alleinstehend i.S.d. § 24b Abs. 3 EStG. Zudem gehört T zu seinem Haushalt. V kann den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Anspruch nehmen, da ihn M nicht in Anspruch nehmen kann. Bei ihr sind die Voraussetzungen zur Anwendung des Splitting-Verfahrens erfüllt.

4. Literaturhinweise

Siegle, Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, Steuer & Studium 2004, 339; Ross, Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, DStZ 2004, 437; Hillmoth, Der »echte« Entlastungsbetrag für »echte« Alleinerziehende nach § 24b EStG, INF 2004, 737; Bernhard, Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, NWB Fach 3, 13029; Horvath, Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende – eine Gesamtdarstellung, Steuer & Studium 2005, 283; Mandla, Ist man nur dann allein, wenn der andere es nicht ist? – Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG bei doppelter Haushaltsaufnahme des Kindes, DStR 2011, 1642; Heidenreich, Entlastungsbetrag nach § 24b EStG bleibt Alleinerziehenden vorbehalten, NWB 2007 Beratung, 669); Baltromejus, Die Besteuerung Alleinerziehender, NWB 31/2016; Schmitt, Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG im Jahr der Trennung bzw. Heirat, NWB 19/2021, 1360; Marienfeld, Steuerliche Entlastung für »echte« Alleinerziehende, STFAN 3/2021, 2; Schmitt, Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG im Jahr der Trennung bzw. Heirat, NWB 19/2021, 1360.

5. Verwandte Lexikonartikel

Gesamtbetrag der Einkünfte

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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