1 Wirkung des Erlasses
2 Erlass aus persönlichen Gründen
2.1 Erlassbedürftigkeit
2.2 Erlasswürdigkeit
3 Erlass aus sachlichen Gründen
4 Erlass von Säumniszuschlägen
5 Erlass der Grundsteuer
6 Steuerfreiheit von Sanierungserträgen nach § 3a EStG (bis 2017 Erlass bei Sanierungsgewinnen)
7 Erlass einer Kindergeldrückforderung
8 Untersuchungsgrundsatz und Mitwirkungspflichten
9 Wirkung des Steuererlasses auf das Haftungsverfahren
10 Rechtsbehelf gegen die Erlassablehnung
11 Sachliche Zuständigkeit
12 Erlass wegen Betroffenheit mit der Corona-Pandemie
13 Literaturhinweise
14 Verwandte Lexikonartikel
Nach § 227 Abs. 1 AO können (alle) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis im Erhebungsverfahren ganz oder teilweise aus Billigkeitsgründen erlassen werden, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Für Billigkeitsmaßnahmen im Festsetzungsverfahren ist § 163 AO (abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen) zu beachten.
Auch bereits entrichtete Beträge können unter den Voraussetzungen des § 227 AO erstattet werden.
Die Unbilligkeit kann
in der Sache (= Erlass/Erstattung aus sachlichen Billigkeitsgründen) oder
in der Person (= Erlass/Erstattung aus persönlichen Billigkeitsgründen)
begründet sein.
Weder die Frage, ob der durch § 238 Abs. 1 AO festgelegte Zinssatz von 0,5 % pro Monat sich noch i.R.d. Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers hält, noch die Frage, ob es verfassungsgemäß ist, dass einerseits gezahlte Nachforderungszinsen einkommensteuerrechtlich nicht abziehbar sind, andererseits aber die aus der zwischenzeitlichen Geldanlage erzielten Guthabenzinsen einkommensteuerpflichtig sind, kann im Billigkeitsverfahren geklärt werden. Billigkeitsmaßnahmen dürfen nicht die einem gesetzlichen Steuertatbestand innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestands abhelfen (BFH vom 19.5.2011, X B 184/10, BFH/NV 2011, 1659; BFH vom 11.7.2018, XI R 33/16, BStBl II 2019, 258; LEXinform 0951653).
Auf Stundungszinsen sowie Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung kann gem. § 234 Abs. 2 AO bzw. § 237 Abs. 4 AO ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre.
Durch einen Erlass erlöschen die Ansprüche aus dem → Steuerschuldverhältnis. Bei einem Erlass handelt es sich immer um eine Ermessensentscheidung i.S.d. § 5 AO.
Ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen setzt die Erlassbedürftigkeit und Erlasswürdigkeit des Betroffenen voraus.
Bei bereits entrichteter Steuer sind die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Stpfl. im Zeitpunkt der Entrichtung der Steuern maßgebend (BFH Urteil vom 24.9.1976, I R 41/75, BStBl II 1977, 127, 130 und BFH Urteil vom 26.2.1987, IV R 298/84, BStBl II 1987, 612, 615). Bei der Frage des Erlasses nicht entrichteter Steuern kommt es dagegen auf die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Stpfl. im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung an.
Erlassbedürftigkeit liegt vor, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Stpfl. vernichten oder ernstlich gefährden würde. Die wirtschaftliche Existenz ist gefährdet, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann (BFH Urteil vom 29.4.1981, IV R 23/78, BStBl II 1981, 726, vom 26.2.1987, IV R 298/84, BStBl II 1987, 612, und BFH Urteil vom 25.3.1988, III R 186/84, BFH/NV 1989, 426).
Zum notwendigen Lebensunterhalt gehören die Mittel für Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Behandlung, für den notwendigen Hausrat und die sonst erforderlichen Ausgaben des täglichen Lebens. Auch Unterhaltsleistungen für die mit dem Stpfl. in Hausgemeinschaft lebenden Angehörigen, soweit sie vom Stpfl. unterhalten werden müssen, gehören dazu; das gilt auch für den Unterhalt von erwachsenen Kindern, die wegen Krankheit nicht in der Lage sind, sich selbst zu unterhalten (BFH Urteil vom 29.4.1981, IV R 23/78, BStBl II 1981, 726).
Die Frage der Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts kann nicht ohne Berücksichtigung der Grundsätze des Familienunterhaltsrechts beurteilt werden (BFH Beschluss vom 3.10.1988, IV S 5/86, BFH/NV 1989, 411). Ein Erlass von Steuerschulden ist daher nicht zu gewähren, wenn die Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts des Antragstellers unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Ehegatten nicht gefährdet ist (BFH Beschluss vom 31.3.1982, I B 97/81, BStBl II 1982, 530).
Ein Billigkeitserlass aus persönlichen Billigkeitsgründen kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer eine wesentliche Ursache für die Existenzgefährdung darstellen würde. Aus diesen Gründen kann ein Billigkeitserlass nicht gewährt werden, wenn der Steuergläubiger nur einer von mehreren Gläubigern des Stpfl. und nicht derjenige ist, dessen Forderungen für die wirtschaftliche Notlage des Stpfl. maßgeblich sind (BFH Urteil vom 10.5.1972, II 57/64, BStBl II 1972, 649). Ausnahmsweise kann jedoch auch in solchen Fällen ein Erlass gewährt werden, wenn auch die anderen Gläubiger auf Forderungen verzichten und damit zur Rettung der wirtschaftlichen Existenz des Stpfl. beitragen.
In folgenden Fällen ist die Erlassbedürftigkeit zu verneinen:
Ein Erlass scheidet aus, wenn die Einziehung der in Frage stehenden Steueransprüche in Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse des Stpfl. ausgeschlossen ist, der Erlass sich infolgedessen auf die wirtschaftliche Situation des Stpfl. nicht konkret auswirken kann (BVerwG Beschluss vom 19.2.1982, HFR 1984, 596; BFH Beschlüsse vom 24.10.1988, BFH/NV 1989, 285, vom 2.4.1996, BFH/NV 1996, 728, vom 30.9.1996, BFH/NV 1997, 326, vom 19.11.1996, BFH/NV 1997, 323, und vom 28.10.1997, BFH/NV 1998, 683). Lebt der Stpfl. unabhängig von Billigkeitsmaßnahmen in wirtschaftlichen Verhältnissen, die – weil Einkünfte und Vermögen gering sind und im Übrigen dem Pfändungsschutz unterliegen – eine Durchsetzung der Steueransprüche ausschließen, könnte ein Erlass hieran nichts ändern, er wäre nicht mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Stpfl. verbunden. Bei Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit kommt deshalb ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen grundsätzlich nicht in Betracht. Eine persönliche Unbilligkeit, die einen Erlass rechtfertigt, kann ausnahmsweise aber dann bejaht werden, wenn die (im Wege der Vollstreckung nicht durchsetzbaren) Steuerrückstände den Stpfl. hindern, eine neue Erwerbstätigkeit aufzunehmen und sich eine eigene, von staatlichen Leistungen unabhängige wirtschaftliche Existenz aufzubauen (BFH Urteil vom 27.9.2001, X R 134/98, BStBl II 2002, 176).
Ein Erlass kommt des Weiteren nicht in Betracht, wenn er im wirtschaftlichen Ergebnis lediglich dritten Gläubigern des Stpfl. zugutekommen würde (BFH Urteil vom 11.5.1965, HFR 1965, 483, und BFH Beschlüsse vom 24.10.1988, BFH/NV 1989, 285, und vom 26.10.1999, BFH/NV 2000, 411).
In den Fällen, in denen der Erlass der Steuerschulden keine geeignete Maßnahme darstellt, um die wirtschaftliche Lage des Stpfl. tatsächlich nachhaltig zu verbessern, verbleibt dem Stpfl. die Möglichkeit, sich mit Maßnahmen des Vollstreckungsschutzes gegen eine die persönliche finanzielle Leistungsfähigkeit überfordernde Inanspruchnahme zur Wehr zu setzen (BFH Beschluss vom 28.10.1997, VII B 183/96, BFH/NV 1998, 683).
Als Voraussetzung für den Erlass muss neben der Erlassbedürftigkeit auch die Erlasswürdigkeit gegeben sein. Die als Voraussetzung für einen Billigkeitserlass geforderte Erlasswürdigkeit des Stpfl. ist nicht gegeben, wenn dieser die mangelnde Leistungsfähigkeit selbst herbeigeführt hat oder durch sein Verhalten in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen hat (BFH Urteile vom 14.11.1957, BStBl III 1958, 153, und vom 29.4.1981, IV R 23/78, BStBl II 1981, 726, 728). So kann eine grob fahrlässige Vernachlässigung der steuerlichen Verpflichtungen die Erlasswürdigkeit ausschließen. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Stpfl. sich überhaupt nicht um die steuerlichen Verpflichtungen, mit denen er nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten rechnen musste, gekümmert und vorhandene Mittel anderweitig verwendet hat (BFH Urteil vom 27.2.1985, BFH/NV 1985, 6, 8; BFH Beschlüsse vom 4.7.1986, BFH/NV 1987, 21, und vom 5.3.1987, VII B 138/86, BFH/NV 1987, 619).
Die Erlasswürdigkeit kann im Einzelfall ausnahmsweise auch dann zu bejahen sein, wenn die mangelnde Leistungsfähigkeit des Stpfl. ihren Grund in einem Verhalten des Stpfl. hat, das nach dem Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitsrecht zu ahnden ist. Wenn ein wegen Steuerhinterziehung bestrafter Stpfl. unter Einsatz der ihm zur Verfügung stehenden Mittel alles getan hat, um die Folgen seines steuerunehrlichen Verhaltens zu beseitigen, kann ihm die Erlasswürdigkeit im Allgemeinen nicht abgesprochen werden, wenn sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse nach der Bestrafung erheblich verschlechtert haben und der Erlass auch aus diesem Grunde beantragt wird (BFH Urteil vom 2.3.1961, BStBl III 1961, 288). Bei der Prüfung der Erlasswürdigkeit kann berücksichtigt werden, dass empfangene Schmiergeldzahlungen nicht erklärt und versteuert wurden (BFH Beschluss vom 9.12.2009, IX B 132/09, BFH/NV 2010, 646).
Sachliche Erlassgründe sind solche, die sich aus dem steuerlichen Tatbestand selbst ergeben. Sachlich unbillig ist die Erhebung einer Steuer vor allem dann, wenn die Geltendmachung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis zwar dem Wortlaut einer Vorschrift entspricht, im Einzelfall aber nach dem Zweck der zugrunde liegenden Gesetzes nicht (mehr) zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwiderläuft (BFH Urteil vom 26.10.1994, X R 104/92, BStBl II 1995, 297; BFH vom 16.8.2001, V R 72/00, BFH/NV 2002, 545; BFH vom 12.4.2000, XI R 21/97, BFH/NV 2000, 1178).
Ein Antrag auf Erlass (Erstattung) wegen sachlicher Unbilligkeit kann nicht darauf gestützt werden, dass die bestandskräftige Steuerfestsetzung unzutreffend sei. Es muss erwartet werden, dass sich ein Stpfl. gegen unrichtige Steuerfestsetzungen im Rahmen der hierfür gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelfsverfahren zur Wehr setzt. Ein Ausgleich der Folgen, die durch schuldhafte Versäumung der Rechtsbehelfsfrist eingetreten sind, ist durch einen Billigkeitserlass bzw. die Billigkeitserstattung nicht vorgesehen.
Eine sachliche Überprüfung bestandskräftiger Steuerfestsetzungen im Billigkeitsverfahren ist lediglich dann zugelassen, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig falsch ist und es dem Stpfl. nicht möglich und nicht zumutbar war, sich gegen die Fehlerhaftigkeit rechtzeitig zu wehren (BFH Urteile vom 30.4.1981, BStBl II 1981, 611, vom 26.2.1987, BStBl II 1987, 612, vom 29.6.1987, BFH/NV 1987, 693, vom 4.5.1995, BFH/NV 1996, 190, und vom 17.12.1997, BFH/NV 1998, 935, sowie BFH Beschluss vom 26.5.2000, V B 28/00, BFH/NV 2000, 1326). Mangelnde Zumutbarkeit in diesem Sinn liegt auch dann nicht vor, wenn die Einlegung von Rechtsbehelfen im Hinblick auf eine – später geänderte – höchstrichterliche Rechtsprechung oder wegen entschuldbarer Rechtsunkenntnis unterblieben ist (BFH Urteil vom 11.8.1987, VII R 121/84, BStBl II 1988, 512).
Zum Billigkeitserlass von Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO vgl. das BFH-Urteil vom 31.5.2017 (I R 92/15, BStBl II 2019, 14). Die Erhebung von Nachforderungszinsen nach § 233a AO ist nicht allein deshalb sachlich unbillig, weil die Änderung eines Steuerbescheids gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erst nach Ablauf von 13 Monaten nach Erlass des Grundlagenbescheids erfolgt (vgl. BFH vom 3.12.2019, VIII R 25/17, BStBl II 2020, 214; LEXinform 0951635). Eine Zinspflicht nach § 233a AO ist sachlich unbillig, wenn der Leistende bei der Ausführung seines Umsatzes in Übereinstimmung mit den zu diesem Zeitpunkt geltenden Verwaltungsanweisungen zu § 13b UStG davon ausgehen konnte und musste, dass nicht er, sondern der Leistungsempfänger Steuerschuldner sei (vgl. BFH Beschluss vom 8.10.2019, V R 15/18, BFH/NV 2020, 40). Unterjährige Zinsvorteile sind bei der Prüfung eines Liquiditätsvorteils im Rahmen des Billigkeitserlasses von Nachforderungszinsen zur Umsatzsteuer gem. § 233a AO unbeachtlich (BFH vom 23.2.2023, V R 30/20, BStBl II 2023, 1079).
Der Verstoß der letztinstanzlichen Entscheidung des BFH gegen Unionsrecht rechtfertigt keinen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen (BFH Urteil vom 21.1.2015, X R 40/12, BStBl II 2016, 117).
Die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes kann einen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen (BVerfG Entscheidung vom 8.7.1987, HFR 1988, 177; BFH Urteil vom 9.9.1994, III R 17/93, BStBl II 1995, 8). Einwendungen gegen die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Zinshöhe sind vorrangig im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Zinsfestsetzung und nicht im Erlassverfahren geltend zu machen (vgl. BFH vom 3.12.2019, VIII R 25/17, BStBl II 2020, 214).
Abweichend von dem Grundsatz, dass im Billigkeitsverfahren in der Regel keine Einwendungen mehr erhoben werden können, die in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den Steuerbescheid hätten vorgebracht werden müssen, kann die Verletzung der Grundsätze von Treu und Glauben auch im Billigkeitsverfahren geltend gemacht werden (BFH Urteil vom 10.6.1975, VIII R 50/72, BStBl II 1975, 789).
Ein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit kommt darüber hinaus bei einem Verstoß des FA gegen seine Auskunfts- und Beratungspflicht gem. § 89 Satz 1 AO in Betracht. Nach AEAO Nr. 1.2 zu § 89 AO kann es bei einem eindeutigen Verstoß der Finanzbehörde gegen die Fürsorgepflicht nach § 89 Satz 1 AO geboten sein, die zu Unrecht festgesetzte Steuer wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen, wenn dem Stpfl. nicht durch → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 AO oder durch Änderung des bestandskräftigen Steuerbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO (→ Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden) geholfen werden kann (BFH Urteil vom 18.12.1985, I R 82/85, BFH/NV 1986, 506).
Die Ablehnung eines Antrags auf Erlass (Erstattung) wegen sachlicher Unbilligkeit kann ausnahmsweise schon deshalb in Betracht kommen, weil der Antrag unverhältnismäßig spät gestellt worden ist (BFH Urteile vom 8.10.1980, II R 8/76, BStBl II 1981, 82, und vom 17.3.1987, VII R 26/84, BFH/NV 1987, 620).
Der Umstand, dass der Gewinn einer GmbH auf einem Forderungsverzicht der Gesellschafter beruht, ist kein atypischer Einzelfall, der ein Absehen von der Mindestbesteuerung wegen sachlicher Unbilligkeit erlaubt (BFH vom 11.7.2018, XI R 33/16, BStBl II 2019, 258; LEXinform 0951653).
Säumniszuschläge entstehen kraft Gesetzes (§ 240 AO) allein durch Zeitablauf ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Stpfl. (BFH Urteil vom 17.7.1985, I R 172/79, BStBl II 1986, 122). Sie stellen in erster Linie ein Druckmittel zur Durchsetzung fälliger Steuerforderungen dar, sind aber auch eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung und ein Ausgleich für den angefallenen Verwaltungsaufwand (BFH Urteil vom 29.8.1991, V R 78/86, BStBl II 1991, 906). Soweit dieses Ziel durch die verwirkten Säumniszuschläge nicht mehr erreicht werden kann, ist ihre Erhebung sachlich unbillig, sodass sie nach § 227 AO ganz oder teilweise erlassen werden können.
Nach dem AEAO in Tz. 5 zu § 240 AO kommt in folgenden Fällen ein Erlass in Betracht:
bei plötzlicher Erkrankung des Stpfl., wenn er selbst dadurch an der pünktlichen Zahlung gehindert war und es dem Stpfl. seit seiner Erkrankung bis zum Ablauf der Zahlungsfrist nicht möglich war, einen Vertreter mit der Zahlung zu beauftragen;
bei einem bisher pünktlichen Steuerzahler, dem ein offenbares Versehen unterlaufen ist. Wer seine Steuern laufend unter Ausnutzung der Schonfrist des § 240 Abs. 3 AO zahlt, ist kein pünktlicher Steuerzahler (BFH Urteil vom 15.5.1990, BStBl II 1990, 1007);
wenn einem Stpfl. die rechtzeitige Zahlung der Steuern wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung nicht mehr möglich war (BFH Urteil vom 8.3.1984, BStBl II 1984, 415); zu erlassen ist regelmäßig die Hälfte der verwirkten Säumniszuschläge (BFH Urteil vom 16.7.1997, BStBl II 1998, 7);
bei einem Stpfl., dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch nach § 258 AO bewilligte oder sonst hingenommene Ratenzahlungen unstreitig bis an die äußerste Grenze ausgeschöpft worden ist; zu erlassen ist regelmäßig die Hälfte der verwirkten Säumniszuschläge (BFH Urteil vom 22.6.1990, BStBl II 1991, 864);
wenn die Voraussetzungen für einen Erlass der Hauptschuld nach § 227 AO oder für eine zinslose Stundung der Steuerforderung nach § 222 AO im Säumniszeitraum vorliegen (BFH Urteil vom 23.5.1985, BStBl II 1985, 489); Lagen nur die Voraussetzungen für eine verzinsliche Stundung der Hauptforderung vor, ist die Hälfte der verwirkten Säumniszuschläge zu erlassen;
in sonstigen Fällen sachlicher Unbilligkeit.
Die Möglichkeit eines weitergehenden Erlasses aus persönlichen Billigkeitsgründen bleibt unberührt.
Macht der Stpfl. geltend, die Säumniszuschläge seien nicht oder nicht in der angeforderten Höhe entstanden, so ist sein Vorbringen – auch wenn es als Erlassantrag bezeichnet ist – als Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides (→ Abrechnungsbescheid) anzusehen, da nur in diesem Verfahren entschieden werden kann, ob und inwieweit Säumniszuschläge entstanden sind (BFH Urteil vom 12.8.1999, VII R 92/98, BStBl II 1999, 751). Auch bei Einwendungen gegen die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Höhe der Säumniszuschläge ist das Erlassverfahren der falsche Weg (FG Hamburg vom 30.7.2020, 2 K 192/18, EFG 2020, 1813). Streitigkeiten über den Grund oder die Höhe verwirkter Säumniszuschläge müssen deshalb in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen einen Abrechnungsbescheid ausgetragen werden.
Die Erhebung von Säumniszuschlägen bleibt durch § 233a AO unberührt, da die Vollverzinsung nur den Zeitraum bis zur Festsetzung der Steuer betrifft. Ergeben sich Überschneidungen in Fällen, in denen die Steuerfestsetzung zunächst zugunsten und sodann wieder zuungunsten des Stpfl. geändert wird, sind insoweit nach der Tz. 64 AEAO zu § 233a AO die Säumniszuschläge zur Hälfte zu erlassen.
Hat der Stpfl. die → Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide erreicht und scheitert die weitere Aussetzung der Vollziehung dieser Beträge nach Ergehen des Umsatzsteuer-Jahresbescheids allein an den Regelungen des § 361 Abs. 2 Satz 4 AO bzw. § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO, sind Säumniszuschläge, die auf der materiell rechtswidrigen und deswegen aufgrund eines Rechtsbehelfs des Stpfl. geänderten Jahressteuerfestsetzung beruhen, aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen (BFH vom 20.5.2010, BStBl II 2010, 955).
Säumniszuschläge sind in vollem Umfang zu erlassen, wenn eine rechtswidrige Steuerfestsetzung aufgehoben wird und der Stpfl. zuvor alles getan hat, um die Aussetzung der Vollziehung zu erreichen und diese, obwohl möglich und geboten, abgelehnt wurde (BFH vom 24.4.2014, V R 52/13, BStBl II 2015, 106, LEXinform 0934453).
Säumniszuschläge sind nicht wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen, wenn der Stpfl. seinen vom FA zurückgewiesenen Einspruch gegen die teilweise Ablehnung von AdV trotz entsprechender Ankündigung nicht begründet (BFH vom 18.9.2018, XI R 36/16, BStBl II 2019, 87).
Gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erlass von Säumniszuschlägen kommt als Mittel des einstweiligen Rechtsschutzes nicht die Aussetzung der Vollziehung, sondern die einstweilige Anordnung in Betracht (BFH Beschluss vom 30.9.2015, I B 86/15, BFH/NV 2016, 569).
Greift der Stpfl. eine Entscheidung des FA über die Ablehnung des Erlasses von Säumniszuschlägen mit der Klage an, kann er in diesem finanzgerichtlichen Verfahren keine Einwendungen geltend machen, die sich mit der Frage befassen, ob und ggf. in welcher Höhe die betreffenden Säumniszuschläge entstanden sind (BFH Beschluss vom 6.7.2015, III B 168/14, BFH/NV 2015, 1344).
Ein Klageverfahren, in dem der Kläger den Erlass von Säumniszuschlägen zur Grundsteuer wegen der möglichen Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung begehrt, ist nicht deshalb nach § 74 FGO auszusetzen, weil der BFH dem BVerfG die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die Einheitsbewertung ab 2008 vorgelegt hat (BFH Beschluss vom 2.3.2017, II B 33/16, BStBl II 2017, 646). Die beim BVerfG anhängigen Verfahren rechtfertigen keine AdV von Einheitswertbescheiden und damit auch keinen Erlass von Säumniszuschlägen zur Grundsteuer.
Nach den Urteilen des BFH vom 23.8.2022 (VII R 21/21, BStBl II 2023, 304) und vom 15.11.2022 (VII R 55/20, BStBl II 2023, 621) bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit verwirkter Säumniszuschläge, auch soweit diese nach dem 31.12.2018 entstanden sind.
Säumniszuschläge sind auch in der Insolvenz des Gemeinschuldners grds. nur zur Hälfte zu erlassen (VG Dresden vom 2.2.2024, 2 K 331/22).
Die Erlassvorschriften der §§ 32 und 33 GrStG unterscheiden sich von der allgemeinen Erlassvorschrift des § 227 AO insbes. dadurch, dass bei Vorliegen der im GrStG aufgestellten Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf Erlass besteht (Abschn. 43 GrStR 1978). Zu den weiteren Voraussetzungen für den Erlass der Grundsteuer s. → Grundsteuer sowie das BFH-Urteil vom 24.10.2007 (II R 5/05, BStBl II 2008, 384) zum Grundsteuererlass wegen Ertragsminderung.
Bis zur Einführung des § 3a EStG (Steuerfreiheit von Sanierungserträgen) im Jahr 2017 wurden Sanierungsgewinne nach dem Sanierungserlass des BMF vom 27.3.2003 (BStBl I 2003, 240) ggf. erlassen.
Nach § 3a EStG ist neben einem Ertrag aus der Sanierung eines sanierungsbedürftigen und sanierungsfähigen Unternehmens insbes. auch die Schuldenbefreiung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens begünstigt. Wie bisher kommt es zu einer vorrangigen Verrechnung mit negativen Einkünften, bisher nicht ausgeglichenen Verlusten und auch mit Verlustvorträgen. Das Gesetz enthält eine umfassende Reihenfolge der vorzunehmenden Abzüge. Gestaltungen werden durch eine Übertragung der Regelung auf §§ 4f bzw. 4h EStG sowie auf Einbringungsfälle unterbunden. In § 3c Abs. 4 EStG wird ergänzend ein Abzug damit zusammenhängender Aufwendungen ausgeschlossen.
Für die Steuerbefreiung des § 3a EStG ist eine Betriebsvermögensmehrung oder BE aus einem Schuldenerlass Voraussetzung. Nach der Gesetzesbegründung stellt ein zivilrechtlicher Erlassvertrag nach § 397 BGB sowie ein negatives Schuldanerkenntnis einen nach § 3a EStG begünstigten Schuldenerlass dar. Der Gesetzgeber begünstigt einen Schuldenerlass nach § 3a EStG nur dann, wenn er zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung erfolgt. Nach § 3a Abs. 2 EStG liegt eine unternehmensbezogene Sanierung vor, wenn der Stpfl. für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses die Sanierungsbedürftigkeit, die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger nachweist. Nach § 3a Abs. 1 Satz 2 EStG sind die steuerlichen Wahlrechte in dem Jahr, in dem ein Sanierungsertrag erzielt wird (Sanierungsjahr), und im Folgejahr zwingend gewinnmindernd auszuüben.
Für die Auslegung der in § 3a Abs. 2 EStG enthaltenen Tatbestands- bzw. Sanierungsmerkmale ist auf die zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. ergangenen Rechtsprechungsleitlinien zurückzugreifen (BFH Beschluss vom 9.8.2024, X B 94/23, n.v.). Wesentliche Indizien für das Bestehen von Sanierungseignung sind u.a. das Vorliegen eines nachvollziehbaren und prüfbaren Sanierungskonzepts oder ein rückblickend erfolgreicher Abschluss der Sanierung. Nach dem klaren Wortlaut des § 3a Abs. 2 EStG ist der Stpfl. für das Vorliegen der Voraussetzungen des Tatbestands nachweispflichtig.
Auch ins Gewerbesteuerrecht wird die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen übernommen (§ 7b GewStG i.V.m. § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG).
Anders hingegen für Körperschaften. Hier geht § 8c KStG dem § 3a EStG vor. Zur Anwendung s. § 34 Abs. 3b KStG.
Allein der Umstand, dass zu Unrecht gewährtes Kindergeld auf Sozialleistungen angerechnet wurde, verpflichtet die Familienkasse nicht zu einem Billigkeitserlass der Rückforderung dieses Kindergelds (BFH Urteil vom 13.9.2018, III R 19/17, BStBl II 2019, 187).
Die gerichtliche Überprüfung einer den Billigkeitserlass einer Kindergeldrückforderung betreffenden Behördenentscheidung hat u.a. zu berücksichtigen, ob und inwieweit der Kindergeldberechtigte seine Mitwirkungspflichten erfüllte. Dies erfordert jedenfalls nähere Feststellungen dazu, auf welchem Tatbestand die Kindergeldfestsetzung beruhte und worin die Mitwirkungspflicht bestand (BFH Urteil vom 13.9.2018, III R 48/17, BStBl II 2019, 189).
Der Untersuchungsgrundsatz gem. § 88 AO gilt auch im Billigkeitsverfahren nach § 227 AO. Die Ermittlungspflicht der Finanzbehörde wird allerdings begrenzt durch die dem Stpfl. nach § 90 AO auferlegten Mitwirkungspflichten. Dabei obliegt es dem Stpfl., die Tatsachen, die den beantragten Erlass rechtfertigen sollen, offenzulegen. Dies gilt insbes. hinsichtlich der Tatsachen, aus denen sich eine Erlassbedürftigkeit ergeben soll. Zur Entscheidung über einen Antrag auf Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen wird die Finanzbehörde den Stpfl. daher ggf. – unter Setzung einer angemessenen Frist – auffordern, seine aktuellen Einkommensverhältnisse darzulegen und eine zeitnahe Übersicht über Vermögen und Schulden (mit Bezeichnung der verschiedenen Gläubiger und der einzelnen Gläubigerforderungen) vorzulegen.
Kommt der Stpfl. seiner Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts nicht nach, gehen Unklarheiten zu seinen Lasten. Dies kann zur Ablehnung des Erlassbegehrens führen (BFH Urteil vom 29.4.1987, BFH/NV 1988, 22, und BFH Beschlüsse vom 13.3.1990, BFH/NV 191, 171, und vom 31.1.1996, BFH/NV 1996, 565).
Die Vorlage der Einkommensteuererklärung für das letzte abgelaufene Kj. ist für die Entscheidung über einen Antrag auf Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen nicht zwingend erforderlich. Unklarheiten, die sich daraus ergeben, dass trotz abgelaufener Frist Einkommensteuererklärungen noch nicht abgegeben sind, hat der Stpfl. zu vertreten.
Gem. § 191 Abs. 5 Nr. 2 AO kann ein Haftungsbescheid nicht mehr ergehen, soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer erlassen worden ist. Daher ist im Rahmen der Billigkeitsprüfung der Frage nachzugehen, ob dritte Personen für die rückständigen Steuern als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden können. Ein Erlass gegenüber dem Steuerschuldner kann erst in Betracht gezogen werden, wenn feststeht, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners nicht vorliegen.
Gegen die Ablehnung eines Erlassantrages ist der Einspruch gegeben (→ Einspruchsverfahren). Gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erlass von Säumniszuschlägen kommt als Mittel des einstweiligen Rechtsschutzes nicht die Aussetzung der Vollziehung, sondern die einstweilige Anordnung in Betracht (BFH Beschluss vom 30.9.2015, I B 86/15, BFH/NV 2016, 569).
Die obersten Finanzbehörden der Länder haben Regelungen zur Zuständigkeit für Stundungen, Erlasse, Billigkeitsmaßnahmen nach den §§ 163, 234 Abs. 2, 237 Abs. 4 AO, Absehen von Festsetzungen nach § 156 Abs. 2 AO und Niederschlagungen von Landessteuern und der sonstigen durch Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern und Abgaben herausgegeben (BMF vom 5.7.2023, BStBl I 2023, 1467).
Danach sind die Finanzämter zum Erlass befugt
für Beträge bis einschließlich 20 000 € und bei Säumniszuschlägen, deren Erhebung nicht mit dem Sinn und Zweck des § 240 AO zu vereinbaren und deshalb ein teilweiser oder vollständiger Erlass der kraft Gesetzes verwirkten Säumniszuschläge aus Gründen sachlicher Unbilligkeit geboten ist (AEAO zu § 240, Nr. 5), in unbegrenzter Höhe in eigener Zuständigkeit;
für Beträge bis einschließlich 100 000 € mit Zustimmung der Oberfinanzdirektion;
mit Zustimmung der obersten Landesfinanzbehörde in allen übrigen Fällen.
Mit Schreiben vom 5.7.2023 (BStBl I 2023, 1467) hat das BMF geregelt, dass bei der Festsetzung oder Erhebung von Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, und von Zinsen auf solche Steuern in folgenden Fällen die vorherige Zustimmung des BMF eingeholt werden muss:
Bei Stundungen nach § 222 AO und § 6 Abs. 4 AStG, wenn der zu stundende Betrag höher ist als 500 000 € und für einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten gestundet werden soll;
bei Erlassen nach § 227 AO, wenn der Betrag, der erlassen (erstattet, angerechnet) werden soll, 200 000 € übersteigt;
bei abweichender Festsetzung nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn der Betrag, um den abweichend festgesetzt werden soll, 200 000 € übersteigt;
bei Maßnahmen nach § 163 Abs. 1 Satz 2 AO, wenn die Höhe der Besteuerungsgrundlagen, die nicht in dem gesetzlich bestimmten Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden sollen, 400 000 € übersteigt;
bei Billigkeitsrichtlinien der obersten Finanzbehörden der Länder, die die abweichende Festsetzung, die Stundung oder den Erlass betreffen und sich auf eine Mehrzahl von Fällen beziehen.
Die Zustimmung des BMF ist nicht einzuholen, wenn
einem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan zugestimmt werden soll,
eine Billigkeitsmaßnahme über Insolvenzforderungen im Verbraucherinsolvenzverfahren oder im Regelinsolvenzverfahren gewährt wird oder
die Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme nach §§ 163, 222 oder 227 AO durch BMF-Schreiben allgemein angeordnet oder durch eine im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlichte BFH-Entscheidung vorgegeben ist.
Für die Feststellung der Zustimmungsgrenzen ist jede Steuerart und jeder Veranlagungszeitraum für sich zu rechnen; erstreckt sich die Maßnahme nach § 163 Abs. 1 Satz 2 AO auf mehrere Jahre, so sind die Beträge, die auf die einzelnen Jahre entfallen, zu einem Gesamtbetrag zusammenzurechnen. Bei Steuerarten ohne bestimmten Veranlagungszeitraum (z.B. Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) gilt das Kj. als Veranlagungszeitraum; bei den Einzelsteuern ist jeder Steuerfall für sich zu betrachten. Etwaige vorher ausgesprochene Bewilligungen sind zu berücksichtigen.
Das BMF-Schreiben vom 19.3.2020 (BStBl I 2020, 262) und vom 7.12.2021 (BStBl I 2021, 2228) sieht keine Sonderregelung für den Erlass von Steuern aufgrund der Corona-Pandemie vor. Erlassanträge sind daher nach den allgemeinen Grundsätzen zu prüfen.
Soweit die Hauptschuld bereits getilgt ist, können Säumniszuschläge nach dem BMF-Schreiben vom 19.3.2020 erlassen werden. Soweit die Hauptschuld noch offen ist, soll der Erlass 2021 von Amts wegen erfolgen. Dies soll dem Stpfl. mitgeteilt werden.
Hollatz, Erlass von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, NWB Fach 2, 8197; Bodden, Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Sanierungserträgen nach § 3a EStG, NWB 36/2024, 2454.
→ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
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