1 Allgemeiner Überblick
2 Die Günstigerprüfung
2.1 Grundsätzliches zur Günstigerrechnung
2.2 Die Günstigerrechnung bei mehreren Kindern
3 Abstimmung zwischen Finanzämtern und Familienkassen und BZSt
3.1 Abstimmung mit dem Finanzamt
3.2 Abstimmung mit dem Bundeszentralamt für Steuern
4 Korrektur von Kindergeldfestsetzungen
5 Literaturhinweise
6 Verwandte Lexikonartikel
Mit Familienleistungsausgleich bezeichnet man die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich des Bedarfs für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung. Die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags i.H.d. Existenzminimum eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung wird durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG (→ Kinderfreibetrag) oder durch das → Kindergeld gem. §§ 62 ff. EStG bewirkt. Im laufenden Kj. wird zunächst das Kindergeld als Steuervergütung monatlich gezahlt. Im Lohnsteuerabzugsverfahren und bei den Vorauszahlungen zur Einkommensteuer werden die Kinderfreibeträge nur bei der Kirchensteuer und beim Solidaritätszuschlag berücksichtigt, da diese sonst zu hoch erhoben würden. Dazu werden für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Zuschlagsteuern die Freibeträge abgezogen. Hat der Steuerpflichtige jedoch keinen Anspruch auf Kindergeld für ein zu berücksichtigendes Kind, können die Kinderfreibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG im Lohnsteuerabzugsverfahren als Freibeträge berücksichtigt werden (§ 39a Abs. 1 Nr. 6 EStG).
Das Kindergeld ist dazu bestimmt, im laufenden Kj. das steuerliche Existenzminimum eines Kindes einschließlich des Bedarfs für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung von der Einkommensteuer freizustellen.
Durch die Neustrukturierung der Zuständigkeit der Familienkassen des öffentlichen Dienstes im Bereich des Bundes können die Familienkassen der Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts seit dem 1.1.2017 gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern auf ihre Zuständigkeit verzichten. Die Zuständigkeit für die Festsetzung und Auszahlung von Kindergeld geht in diesen Fällen auf die Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit über. Abweichend davon können die Familienkassen des Bundes ihre Aufgaben auf die Bundesfamilienkasse beim Bundesverwaltungsamt übertragen. Die Zuständigkeit der Familienkassen des Bundes, mit Ausnahme der Bundesfamilienkasse beim Bundesverwaltungsamt und der Nachrichtendienste, endet spätestens mit Ablauf des 31.12.2021.
Die Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes erfolgt für die aktiven Beschäftigten sowie die Versorgungsempfängerinnen und -empfänger des Landes bis zum 31.3.2022 durch die Familienkasse des LBV. Ab dem 1.4.2022 wird die Kindergeldbearbeitung und -zahlung an die regionalen Familienkassen der BA abgegeben.
Bei der ESt-Veranlagung wird dann eine Günstigerprüfung durchgeführt. Wird danach die gebotene steuerliche Freistellung durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt, sind bei der ESt-Veranlagung der Kinderfreibetrag und der Betreuungsfreibetrag abzuziehen. Der Anspruch auf Kindergeld – und nicht das tatsächlich gezahlte Kindergeld – ist dann in entsprechendem Umfang des Kinderfreibetrages anzurechnen (§ 31 Satz 4 EStG; R 31 Abs. 2 EStR). Bei der Veranlagung zur ESt ist dann § 2 Abs. 6 Satz 3 EStG anzuwenden. Werden die Kinderfreibeträge abgezogen, ist der Anspruch auf Kindergeld der tariflichen ESt hinzuzurechnen. Die Anrechnung des Kindergeldanspruchs ist nur dann ausgeschlossen,
wenn kein Anspruch auf Kindergeld oder vergleichbare Leistungen besteht (→ Kindergeld) oder
wenn der Anspruch aufgrund einer bestandskräftigen und nicht mehr änderbaren Ablehnung oder Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung erloschen ist (s.a. BMF vom 18.11.2005, BStBl I 2005, 1027).
Der BFH hält die Einführung eines Familienrealsplittings anstelle des Familienleistungsausgleichs für nicht gerechtfertigt (BFH vom 28.2.2012, III B 115/10).
In seinem Urteil vom 15.3.2012 (III R 82/09) hat der BFH entschieden, dass bei der Prüfung der Frage, ob der Abzug der Kinderfreibeträge für den Steuerpflichtigen vorteilhafter ist als das Kindergeld, nicht auf das (tatsächlich) gezahlte Kindergeld, sondern auf den Anspruch auf Kindergeld abzustellen ist. Das gilt auch dann, wenn ein Kindergeldantrag trotz des materiell-rechtlichen Bestehens des Anspruchs bestandskräftig abgelehnt worden ist. Ein Kindergeld-Ablehnungsbescheid entfaltet für das Besteuerungsverfahren keine Tatbestandswirkung mit der Folge, dass das Finanzamt die negative Entscheidung über einen Kindergeldanspruch durch die Familienkasse im Besteuerungsverfahren zu übernehmen hätte.
Bei nicht zusammenveranlagten Eltern wird der Kindergeldanspruch im Umfang des Kinderfreibetrages angesetzt (§ 31 Satz 4 EStG).
§ 31 Satz 4 EStG verstößt weder gegen das verfassungsrechtliche Gebot der steuerlichen Freistellung des Kinderexistenzminimums (Art. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 6 Abs. 1 GG) noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Ist der Abzug der Freibeträge für Kinder günstiger als der Anspruch auf Kindergeld, erhöht sich die unter Berücksichtigung des Abzugs der Freibeträge für Kinder ermittelte tarifliche Einkommensteuer um den Anspruch auf Kindergeld auch dann, wenn dieser nicht durch Zahlung erfüllt worden ist; vgl. BFH vom 20.12.2012, III R 29/12.
Ein Kindergeldanspruch nach ausländischem Recht wird nur insoweit berücksichtigt, als der Anspruch das inländische Kindergeld nicht übersteigt. Nach dem Urteil des BFH vom 2.5.2015, Az. III R 29/14, entfalten die Zuständigkeitsregelungen der Art. 13 ff. VO (EWG) Nr. 1408/71 keine Sperrwirkung gegenüber der Anwendung des nationalen Rechts. Ein Kindergeldanspruch nach §§ 62 ff. EStG kann daher auch im Falle einer durch Art. 14 Nr. 1 Buchst. a VO (EWG) Nr. 1408/71 begründeten Anwendbarkeit des Rechts des den Arbeitnehmer entsendenden EU-Mitgliedstaats entstehen.
Ist das Kindergeld günstiger als der Kinderfreibetrag und der Betreuungsfreibetrag, so muss dies nicht zurückgezahlt werden. Es dient in voller Höhe der Förderung der Familie (§ 31 Satz 2 EStG).
Die Hinzurechnung des Kindergeldes zur Einkommensteuerschuld gem. § 31 Satz 5 und § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2552) bei Steuerpflichtigen deren zu versteuerndes Einkommen um die Kinderfreibeträge gemindert wurde, ist auch bei unterhaltsrechtlich unterbliebener voller Anrechnung des hälftigen Kindergeldes (sog. Mangelfälle, § 1612b Abs. 5 BGB) mit dem Gebot der steuerlichen Verschonung des Existenzminimums vereinbar; vgl. BVerfG Urteil vom 13.10.2009, 2 BvL 3/05.
Abb.: Günstigerprüfung
Zu den Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Kindern s. → Kinder.
Nach dem BFH-Beschluss vom 19.3.2014 (III B 74/13) ist es nicht ernstlich zweifelhaft i.S.d. § 69 FGO, dass die Höhe des Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrages im Jahre 2011 den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Steuerfreistellung des Existenzminimums genügt.
Der 7. Senat des FG Niedersachsen ist davon überzeugt, dass der Gesetzgeber die Kinderfreibeträge in § 32 Abs. 6 EStG (nicht nur) im Streitjahr 2014 zu niedrig bemessen hat. Er hat daher im Anschluss an seine mündliche Verhandlung ein Klageverfahren ausgesetzt und dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob die gesetzliche Regelung zur Höhe der Kinderfreibeträge verfassungswidrig ist (FG Niedersachsen Beschluss vom 2.12.2016, 7 K 83/16). In einem weiteren Beschluss gelangt das FG Niedersachsen zu dem gleichen Ergebnis und legt die Frage dem BVerfG vor; FG Niedersachsen Beschluss vom 16.2.2016, 7 V 237/15).
Die Höhe des Kinderfreibetrags im Veranlagungszeitraum 2014 ist nicht verfassungswidrig. Die im Jahr 2014 gewährten Freibeträge für das sächliche Existenzminimum i.H.v. 4 368 € und den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf i.H.v. 2 640 € für beide Elternteile stellen das Existenzminimum eines Kindes in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Höhe von der Besteuerung frei; vgl. FG München vom 31.3.2017, 8 K 2426/15.
Bei der Günstigerprüfung ist auf den Kalendermonat abzustellen (BFH Urteil vom 16.12.2002, VIII R 65/99, BStBl II 2003, 593). Nach dem BMF-Schreiben vom 16.7.2003 (DB 31/2003, 1655) sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 16.12.2002 in allen noch offenen Fällen der VZ 1996 bis 1999 anzuwenden. Vom VZ 2000 an finden die Urteilsgrundsätze keine Anwendung mehr, weil die Freibeträge für Kinder seither in § 32 Abs. 6 EStG mit dem Jahresbetrag dargestellt sind.
Ab dem Veranlagungszeitraum 2004 erfolgt bei der Günstigerprüfung nach § 31 Satz 4 EStG nach Abzug eines Kinderfreibetrags die Hinzurechnung des hälftigen Kindergeldes. Das der Verfahrensvereinfachung dienende alleinige Abstellen auf den Kindergeldanspruch unabhängig von der tatsächlichen Vereinnahmung des hinzugerechneten Betrages ist verfassungsgemäß (vgl. BFH vom 20.12.2012 III R 29/12, BFH/NV 2013, 723), vgl. FG Sachsen-Anhalt vom 25.6.2013, 5 K 1082/09.
Für die Vergleichsberechnung nach § 31 Satz 4 EStG – vorliegend für den VZ 2017 – ist allein der im einkommensteuerlichen Veranlagungszeitraum abstrakt bestehende Kindergeldanspruch maßgeblich und zwar unabhängig davon, ob der bestehende Kindergeldanspruch durch Zahlung erfüllt worden ist; vgl. FG Köln vom 5.2.2020, 14 K 1612/19.
Wird ein noch nicht festsetzungsverjährter Kindergeldanspruch aufgrund der Anwendung der Frist des § 66 Abs. 3 EStG i.d.F. des StUmgBG vom 23.6.2017 (BGBl I 2017, 1682, BStBl I 2017, 865) ausgeschlossen, ist er auch bei der Günstigerrechnung und der Hinzurechnung nach § 31 Satz 4 EStG nur i.H.v. 0 € zu berücksichtigen; vgl. BFH vom 26.5.2021, III R 50/19.
Die nachfolgende Übersicht gibt einen Überblick, ab welchem zu versteuernden Einkommen (zvE) die Freibeträge günstiger sind.
Freibeträge 2024 |
Kindergeld 2024 |
Steuersatz/zvE |
ESt |
|
§§ 26, 26b EStG erfüllt |
||||
Kinderfreibetrag (3 192 € × 2) |
6 384 € |
|||
Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsfreibetrag (1 464 € × 2) |
2 928 € |
|||
9 312 € |
(250 € × 12) |
|||
Summe |
3 000 € |
3 000 : 9 312 € |
||
Summe |
3 000 € |
× 100 = 32,22 % |
||
ZvE |
88 200 € |
|||
Steuer lt. Splittingtabelle ohne Freibeträge |
17 700 € |
|||
ZvE nach Abzug der Freibeträge |
78 888 € |
|||
Steuer lt. Splittingtabelle mit Freibeträgen |
14 632 € |
|||
Differenz |
3 000 € |
3 068 € |
||
Die steuerliche Auswirkung der Freibeträge ist um 68 € günstiger als der Kindergeldanspruch. Bei der Veranlagung ist die ESt festzusetzen i.H.v. |
14 632 € |
|||
Nach § 2 Abs. 6 Satz 3 EStG ist der Kindergeldanspruch der tariflichen ESt hinzuzurechnen |
+ 3 000 € |
|||
Die festzusetzende ESt beträgt danach |
17 632 € |
|||
Die festzusetzende ESt ohne Kinderfreibeträge würde betragen |
17 700 € |
|||
Die zusätzliche steuerliche Vergünstigung beträgt |
68 € |
|||
Die Vergünstigung durch das Kindergeld beträgt |
3 000 € |
|||
Die steuerliche Vergünstigung für das Kind beträgt somit insgesamt |
3 068 € |
Abb.: Günstigerrechnung VZ 2024
Nach § 32 Abs. 6 Satz 8 EStG kann der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf bei minderjährigen Kindern auch abweichend vom Kinderfreibetrag von einem Elternteil auf den anderen Elternteil übertragen werden. Der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf ist auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen zu übertragen.
Hinweis:
Ab VZ 2012 ist nach § 32 Abs. 6 Satz 9 EStG der Antrag auf Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf unbeachtlich, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, → Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut. Wird für ein Kind lediglich der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf übertragen, bleibt die Zurechnung des Anspruchs des Kindergeldes hiervon unberührt (R 31 Abs. 3 EStR).
Nach dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 4.12.2015, 4 K 1624/15, ist bei der Frage, ob die Schwelle der Unwesentlichkeit überschritten ist, eine wertende Betrachtung vorzunehmen. Ein Erfordernis gleich hoher Betreuungsanteile der Eltern sieht das Gesetz ebenso wenig vor wie eine Untergrenze von 25 %. Das Verfahren ist vor dem BFH anhängig (Az. BFH: III R 2/16). In der anschließenden Revision entschied der BFH mit Urteil vom 8.11.2017, III R 2/16, BStBl II 2018, 266 wie folgt: Der Übertragung des BEA-Freibetrags nach § 32 Abs. 6 Satz 8 EStG auf den anderen Elternteil kann nach § 32 Abs. 6 Satz 9 Alt. 2 EStG der Elternteil, bei dem das minderjährige Kind nicht gemeldet ist, regelmäßig erfolgreich widersprechen, wenn er das Kind nach einem – üblicherweise für einen längeren Zeitraum im Voraus festgelegten – weitgehend gleichmäßigen Betreuungsrhythmus tatsächlich in der vereinbarten Abfolge mit einem zeitlichen Betreuungsanteil von jährlich durchschnittlich 10 % betreut.
Bei einer funktionierenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft kann im Hinblick auf die Übertragung des Kinderfreibetrags nach § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG (VZ 2015) grds. davon ausgegangen werden, dass die tatsächliche Verteilung der Unterhaltsleistungen zwischen den Elternteilen für im Haushalt lebende minderjährige Kinder (in Form von Natural-, Bar- und Betreuungsunterhalt) dem Willen des allein sorgeberechtigten Elternteils oder der gemeinsam sorgeberechtigten Elternteile entspricht. Leben nicht miteinander verheiratete Eltern zusammen mit einem gemeinsamen minderjährigen Kind in einem gemeinsamen Haushalt, kann nicht allein deshalb, weil ein betreuender Elternteil keinen oder nur einen geringen Beitrag zum (gemeinsamen) Haushaltseinkommen leistet, davon ausgegangen werden, dass dieser Elternteil i.S.d. § 32 Abs. 6 Satz 6 Alt. 1 EStG seiner Unterhaltspflicht nicht im Wesentlichen nachkommt; vgl. BFH vom 15.12.2021, III R 24/20.
Die Eltern sind geschieden. Das Kind (12 Jahre alt) ist im Haushalt der Mutter gemeldet und wird auch von dieser betreut. |
||||
Mutter |
Vater |
|||
Betreuungsunterhalt |
Barunterhalt |
|||
Kinderfreibetrag 2024 |
3 192 € |
3 192 € |
||
Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsfreibetrag |
1 464 € |
1 464 € |
||
Kindergeld |
tatsächlich an Mutter gezahlt: 250 € × 12 = 3 000 € |
Das Kindergeld wird zur Hälfte auf den Unterhaltsanspruch des Kindes angerechnet (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB; → Kinderfreibetrag) |
||
Günstigerrechnung |
Vergleich des Kinder- und Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsfreibetrags i.H.v. 4 656 € mit dem Kindergeld i.H.v. 1 500 € |
Vergleich des Kinder- und Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsfreibetrags i.H.v. 4 656 € mit dem Kindergeld i.H.v. 1 500 € |
||
Für die Günstigerrechnung ergibt sich ein Prozentsatz |
1 500 € : 4 656 € × 100 = 32,22 % |
1 500 € : 4 656 € × 100 = 32,22 % |
||
zvE ohne Freibeträge |
37 200 € |
Steuer: 6 605 € |
37 200 € |
Steuer: 6 605 € |
zvE mit Freibeträgen |
32 544 € |
Steuer: 5 187 € |
32 544 € |
Steuer: 5 187 € |
Unterschiedsbetrag: |
1 418 € |
1 418 € |
||
entsprechendes Kindergeld: |
1 500 € |
1 500 € |
Die Eltern sind geschieden. Das Kind (12 Jahre alt) ist im Haushalt der Mutter gemeldet und wird auch von dieser betreut. |
||||
Kinderfreibetrag 2024 |
3 192 € |
3 192 € |
||
Der Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsfreibetrag |
2 928 € |
0 € |
||
wurde auf Antrag auf die Mutter übertragen |
||||
Kindergeld |
tatsächlich an Mutter gezahlt: 250 € × 12 = 3 000 € |
Das Kindergeld wird zur Hälfte auf den Unterhaltsanspruch des Kindes angerechnet (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB; → Kinderfreibetrag) |
||
Vergleichsrechnung nach § 31 Satz 4 EStG |
Vergleich des Kinderfreibetrags i.H.v. 3 192 € mit dem Kindergeld |
Vergleich des Kinderfreibetrags i.H.v. 3 192 € mit dem Kindergeld |
||
Die Hinzurechnung des Kindergeldes soll – in Übereinstimmung mit den zivilrechtlichen Vorschriften – ohne Rücksicht auf den Betreuungsfreibetrag nach der Verteilung des Kinderfreibetrages erfolgen. |
||||
Kinderfreibetrag 2024 |
3 192 € |
3 192 € |
||
Betreuungsfreibetrag |
2 928 € |
0 € |
||
insgesamt |
9 312 € |
|||
Nach dem Halbteilungsgrundsatz entsprechend des jeweiligen Kinderfreibetrages ergibt sich für die Vergleichsrechnung ein Prozentsatz |
1 500 € : 6 120 € × 100 = 24,50 % |
1 500 € : 3 192 € × 100 = 47,00 % |
||
Bei einem Spitzensteuersatz von 42 % ist das Kindergeld in diesem Fall immer günstiger. |
||||
zvE ohne Freibeträge |
18 100 € |
Steuer: 1 290 € |
18 100 € |
Steuer: 1 290 € |
zvE mit Freibeträgen |
11 980 € |
Steuer: 53 € |
14 908 € |
Steuer: 563 € |
Unterschiedsbetrag: |
1 237 € |
727 € |
||
entsprechendes Kindergeld: |
1 500 € |
1 500 € |
||
Da der Spitzensteuersatz geringer ist als 50 %, kann der Vater bei der Günstigerrechnung niemals die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG erhalten. |
Abb.: Günstigerrechnung mit Kinder- und Betreuungsfreibetrag
Zur Kindergeldverrechnung beim zivilrechtlichen Kindesunterhalt s. → Kinderfreibetrag und → Kindesunterhalt.
Kommt der zum Barunterhalt verpflichtete Elternteil seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht nach und wird deshalb auf Antrag des anderen Elternteils, der das Kind betreut, der halbe Kinderfreibetrag auf diesen übertragen, ist bei der nach § 31 Satz 4 EStG durchzuführenden Vergleichsrechnung (Günstigerprüfung) dem vollen → Kinderfreibetrag das gesamte an den betreuenden Elternteil ausgezahlte Kindergeld gegenüberzustellen (BFH Urteil vom 16.3.2004, VIII R 88/98, BFH/NV 2004, 1154; H 31 [Zurechnung des Kindergelds] EStH).
Verzichtet der zum Barunterhalt verpflichtete Elternteil durch gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich auf die Anrechnung des hälftigen Kindergeldes auf den Kindesunterhalt, ist das Kindergeld gleichwohl in die Günstigerrechnung des § 31 EStG einzubeziehen (BFH Urteil vom 16.3.2004, VIII R 86/98, BFH/NV 2004, 1152; H 31 [Zivilrechtlicher Ausgleich] EStH). Zur Hinzurechnung von Kindergeld trotz Verzicht hat das FG Düsseldorf mit Urteil vom 21.1.2010 (LEXinform 5009705) entschieden, dass § 31 Satz 4 EStG für die Hinzurechnung des Kindergeldes auf die tarifliche ESt im Rahmen der Günstigerprüfung nicht auf die Festsetzung und tatsächliche Zahlung des Kindergeldes, sondern auf den Anspruch auf Gewährung von Kindergeld abstellt. Es ist daher unerheblich, ob auf das Kindergeld verzichtet worden ist und ob der Anspruch verfahrensrechtlich noch durchgesetzt werden kann.
Ein in Deutschland lebender und Unterhalt zahlender Vater kann bei seiner Veranlagung zur Einkommensteuer (1998 bis 2000) den verdoppelten Kinder- und den verdoppelten Betreuungsfreibetrag abziehen, wenn die in Norwegen lebende Mutter dort für das gemeinsame Kind Kindergeld erhält und die sog. Günstigerprüfung ergibt, dass das Kindergeld die gebotene steuerliche Freistellung des Kindesexistenzminimums nicht in vollem Umfang bewirkt (BFH Urteil vom 28.6.2012, III R 86/09 BStBl II 2013, 855). In diesem Fall ist das norwegische Kindergeld bei der Einkommensteuerveranlagung des Vaters der Einkommensteuer hinzuzurechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob das in Norwegen gezahlte Kindergeld die Höhe der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht des Vaters gemindert hat.
Nach dem Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 14.7.2015, 4 K 4233/14, sind Betreuungs- und Barunterhalt rechtlich gleichwertig mit der Folge, dass der den Betreuungsunterhalt leistende Elternteil von der Barunterhaltspflicht im Regelfall befreit ist. Ist der das minderjährige Kind betreuende Elternteil zur Leistung von Barunterhalt nicht in der Lage, kommt die Übertragung des Kinderfreibetrags auf den Barunterhalt leistenden Elternteil nach der durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 eingeführten Neufassung des § 32 Abs. 6 Satz 6 Alt. 2 EStG nicht in Betracht. Das Verfahren ist vor dem BFH anhängig unter dem Az. III R 18/15. In der anschließenden Revision entschied der BFH mit Urteil vom 15.6.2016, III R 18/15, dass allein der Umstand, dass ein sorgeberechtigter Elternteil, der sein minderjähriges Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat, für sich und sein Kind Leistungen nach dem SGB II bezieht, nicht die Übertragung des für sein Kind zustehenden Kinderfreibetrags und des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf den anderen Elternteil rechtfertigt, der den Barunterhalt für das gemeinsame Kind leistet.
Zur Übertragung des Freibetrages für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf des Kindes nimmt das Niedersächsische FG mit Urteil vom 19.2.2020, 9 K 20/19 Stellung: Nach der Rechtsprechung des BFH kann das Merkmal einer regelmäßigen Betreuung insbes. dann als erfüllt angesehen werden, wenn sich ein minderjähriges Kind entsprechend eines – üblicherweise für einen längeren Zeitraum im Voraus festgelegten – weitgehend gleichmäßigen Betreuungsrhythmus tatsächlich in der vereinbarten Abfolge bei dem Elternteil, bei dem es nicht gemeldet ist, aufhält. Bei einem zeitlichen Betreuungsanteil von jährlich durchschnittlich 10 % ist im Regelfall das Merkmal einer Betreuung in einem »nicht unwesentlichen Umfang« als erfüllt anzusehen, wobei weitere Indizien in diesem Fall im Übrigen regelmäßig vernachlässigt werden können. Einzelne Betreuungstage zählen bei dieser zeitlichen Betrachtung auch dann mit, wenn die Betreuung nicht die vollen 24 Stunden eines Tages umfasst. Dies gilt jedenfalls für den Fall, dass die Betreuungszeit deutlich mehr als 12 Stunden beträgt und über reine Besuchszwecke deutlich hinausgeht (im Streitfall: jeweils an Wochenenden von Samstag 10.00 Uhr bis Sonntag 16.00 Uhr). (Anschluss an BFH vom 8.11.2017, III R 2/16, BFHE 260, 103, BStBl II 2018, 266).
Bei verheirateten, aber dauernd getrennt lebenden Elternteilen kann die Übertragung des Kinderfreibetrags und des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf von einem auf den anderen Elternteil nicht allein auf den Antrag eines Elternteils gestützt werden; vgl. BFH vom 14.4.2021, III R 34/19.
Bei der Ermittlung der Zuschlagsteuern (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) ist als Bemessungsgrundlage die ESt maßgebend, die abweichend von § 2 Abs. 6 EStG unter Berücksichtigung von Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 EStG in allen Fällen des § 32 EStG festzusetzen wäre (§ 51a Abs. 2 EStG). Die Günstigerrechnung ist somit nur für die Ermittlung der tariflichen ESt von Bedeutung. Die Freibeträge sind stets mit dem Jahresbetrag anzusetzen, auch wenn das Kind im Veranlagungszeitraum weniger als zwölf Monate zu berücksichtigen ist. Nach § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG ist die Ländergruppeneinteilung zu beachten (BMF vom 20.10.2016, BStBl I 2016, 1183).
Bei einer Mehrzahl von Kindern ist eine isolierte Günstigerrechnung für jedes Kind, beginnend mit dem ältesten Kind, durchzuführen (R 31 Abs. 1 Satz 3 EStR). Mit Urteil vom 19.4.2012 (III R 50/08) hat der BFH entschieden, dass bei mehreren zu berücksichtigenden Kindern die Vergleichsrechnung nach § 31 EStG auch dann für jedes Kind einzeln durchzuführen ist, wenn bei Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG die zusammengefasste Gewährung der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG vorteilhafter (z.B. bei der Besteuerung nach der Fünftelregelung gem. § 34 EStG) sein sollte.
Beispiel:
Die Ehegatten A und B haben vier Kinder: K1 15 Jahre, K2 12 Jahre, K3 10 Jahre und K4 6 Jahre. Das zu versteuernde Einkommen ohne Freibeträge i.S.d. § 32 Abs. 6 EStG beträgt im Veranlagungszeitraum 2024 94 000 €.
Lösung:
Günstigerrechnung für K1:
zvE |
94 000 € |
|
ESt nach der Splittingtabelle |
19 690 € |
|
abzgl. Kinderfreibetrag für K1 |
./. 6 384 € |
|
abzgl. Betreuungsfreibetrag für K1 |
./. 2 928 € |
|
zvE mit Freibeträgen |
84 688 € |
|
ESt nach der Splittingtabelle |
./. 16 524 € |
|
steuerliche Auswirkung der Freibeträge für K1 |
3 166 € |
|
Kindergeld-Anspruch nach § 66 Abs. 1 EStG für K1 (ohne Bonus) |
250 € × 12 = 3 000 € |
3 000 € |
Unterschied |
166 € |
Die steuerliche Auswirkung der Freibeträge ist um 132 € günstiger als der Kindergeldanspruch für K1. Bei der ESt-Veranlagung werden die Freibeträge vom Einkommen abgezogen (§ 2 Abs. 5 EStG) und der Kindergeldanspruch der tariflichen ESt hinzugerechnet (§ 2 Abs. 6 Satz 3 EStG).
Günstigerrechnung für K2:
zvE unter Berücksichtigung der Freibeträge für K1 |
84 688 € |
16 524 € |
abzgl. Freibeträge für K2 |
./. 9 312 € |
|
zvE mit Freibeträge für K2 |
75 376 € |
|
ESt nach der Splittingtabelle |
./. 13 516 € |
|
steuerliche Auswirkung der Freibeträge für K1 |
3 008 € |
|
Kindergeld-Anspruch nach § 66 Abs. 1 EStG für K2 |
250 € × 12 = 3 000 € |
3 000 € |
Unterschied |
8 € |
Die steuerliche Auswirkung der Freibeträge ist um 8 € günstiger als der Kindergeldanspruch für K2. Bei der ESt-Veranlagung werden die Freibeträge vom Einkommen abgezogen (§ 2 Abs. 5 EStG) und der Kindergeldanspruch der tariflichen ESt hinzugerechnet (§ 2 Abs. 6 Satz 3 EStG).
Günstigerprüfung für K3:
zvE unter Berücksichtigung der Freibeträge für K1 |
75 376 € |
13 516 € |
abzgl. Freibeträge für K3 |
./. 9 312 € |
|
zvE mit Freibeträge für K3 |
66 064 € |
|
ESt nach der Splittingtabelle |
./. 10 664 € |
|
steuerliche Auswirkung der Freibeträge für K3 |
2 852 € |
|
Kindergeld-Anspruch nach § 66 Abs. 1 EStG für K3 |
250 € × 12 = 3 000 € |
3 000 € |
Unterschied |
./. 148 € |
Der Kindergeldanspruch für K3 ist günstiger als die steuerliche Auswirkung der Freibeträge. Die Freibeträge für K3 werden nicht berücksichtigt.
Günstigerprüfung für K4:
zvE unter Berücksichtigung der Freibeträge für K1 |
75 376 € |
13 516 € |
abzgl. Freibeträge für K4 |
./. 9 312 € |
|
zvE mit Freibeträgen für K4 |
66 064 € |
|
ESt nach der Splittingtabelle |
./. 10 664 € |
|
steuerliche Auswirkung der Freibeträge für K4 |
2 852 € |
|
Kindergeld-Anspruch nach § 66 Abs. 1 EStG für K4 |
250 € × 12 = 3 000 |
3 000 € |
Unterschied |
./. 148 € |
Der Kindergeldanspruch für K4 ist günstiger als die steuerliche Auswirkung der Freibeträge. Die Freibeträge für K3 und K4 werden nicht berücksichtigt.
Die festzusetzende ESt wird wie folgt ermittelt:
zvE unter Berücksichtigung der Freibeträge für K1 und K2 |
75 376 € |
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tarifliche ESt |
13 516 € |
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zzgl. Kindergeldanspruch für K1 und K2 |
+ 6 000 € |
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festzusetzende ESt |
19 516 € |
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zvE ohne Freibeträge |
94 000 € |
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ESt nach der Splittingtabelle dafür |
19 690 € |
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Vergünstigung |
174 € |
|
Kommen die Freibeträge für Kinder zum Abzug, hat das Finanzamt die Veranlagung grundsätzlich unter Berücksichtigung des Anspruchs auf Kindergeld durchzuführen. Ergeben sich durch den Vortrag des Stpfl. begründete Zweifel am Bestehen eines Anspruchs auf Kindergeld, ist die Familienkasse zu beteiligen. Wird von der Familienkasse bescheinigt, dass ein Anspruch auf Kindergeld besteht, übernimmt das Finanzamt grundsätzlich die Entscheidung der Familienkasse über die Berücksichtigung des Kindes. Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung der einen Stelle (Finanzamt oder Familienkasse) oder eine abweichende Auffassung sind der Stelle, welche die Entscheidung getroffen hat, mitzuteilen. Diese teilt der anderen Stelle mit, ob sie den Zweifeln Rechnung trägt bzw. ob sie sich der abweichenden Auffassung anschließt. Kann im Einzelfall kein Einvernehmen erzielt werden, haben das Finanzamt und die Familienkasse der jeweils vorgesetzten Behörde zu berichten. Bis zur Klärung der Streitfrage ist die Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durchzuführen (R 31 Abs. 4 EStR).
Hat das Finanzamt bei der Steuerfestsetzung Zweifel, ob ein Anspruch auf Kindergeld bestand, soll es diese entweder durch Anfrage bei der Familienkasse ausräumen oder die Vorlage einer Bescheinigung nach § 68 Abs. 3 EStG verlangen (s. R 31 Abs. 4). In diesen Fällen sind nicht die ausgezahlten Kindergeldbeträge, sondern die dem Kindergeldberechtigten zustehenden Ansprüche zu bescheinigen. Anzugeben sind auch diejenigen Ansprüche, die wegen einer Abzweigung an Dritte oder einer Aufrechnung nicht an den Kindergeldberechtigten ausgezahlt worden sind, ihm aber zugestanden haben, und Ansprüche, deren Festsetzung aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht erfolgen konnte. In Fällen des § 70 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG ist zusätzlich der Zeitraum anzugeben, für den Kindergeld ausgezahlt wurde.
Stellt sich nachträglich heraus, dass ein Anspruch auf Kindergeld nicht besteht, ist das zuständige Finanzamt hierüber zu unterrichten, falls zuvor eine Bescheinigung i.S.d. § 68 Abs. 3 EStG ausgestellt oder eine Auskunft erteilt worden ist. Entsprechendes gilt, wenn sich nachträglich herausstellt, dass ein Kindergeldanspruch besteht, unabhängig davon, ob dieser festgesetzt werden kann. Die Verpflichtung zur Zusammenarbeit ergibt sich auch aus § 21 Abs. 4 FVG.
§ 68 Abs. 4 Satz 1 EStG regelt eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses. Danach sind Auskünfte der Familienkassen an Stellen, die die Bezüge im öffentlichen Dienst anweisen, zulässig, soweit die Kindergelddaten für die Festsetzung kindergeldabhängiger Leistungen des Besoldungs-, Versorgungs- und Tarifrechts von Bedeutung sind. Eine Auskunft darf nur erteilt werden, wenn die Bezüge anweisende Stelle um Auskunft ersucht hat. Auf Bitte der Bezüge anweisenden Stelle ist die Familienkasse berechtigt, jedoch nicht verpflichtet, der Bezüge anweisenden Stelle Auskunft über Änderungen der Festsetzungslage zu erteilen.
Falls eine Familienkasse eine Abstimmung durch das BZSt benötigt, kann sie sich zu diesem Zweck über das Kontaktformular auf der Internetseite des BZSt an die Fachaufsicht wenden. Anfragen der Familienkassen der BA werden von der Familienkasse-Direktion an das BZSt gerichtet.
Anfragen an das BZSt müssen die Rechtsfrage, den vollständigen Sachverhalt, eine rechtliche Würdigung durch die Familienkasse und ihren Vorschlag umfassen. Falls in Zusammenhang mit einer Anfrage bereits zu einem früheren Zeitpunkt mit dem BZSt Kontakt aufgenommen wurde, ist das anzugeben, ggf. mit Aktenzeichen des BZSt. Über den Einzelfall entscheidet die jeweilige Familienkasse unter Beachtung der Rechtsauffassung des BZSt.
Fordert das BZSt zum Bericht in einer Kindergeldangelegenheit auf, hat die Familienkasse dem innerhalb der in der Berichtsaufforderung gesetzten Frist nachzukommen. Die entsprechende Kindergeldakte ist in Kopie bzw. als Ausdruck beizufügen.
Eine Festsetzung darf nur aufgehoben, geändert oder berichtigt werden, wenn die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist und eine Korrekturvorschrift anwendbar ist. Eine Korrektur ist nach den folgenden Vorschriften zu prüfen: § 70 Abs. 2 Satz 1 EStG, Korrekturvorschriften der AO, § 70 Abs. 3 EStG.
Wird nachträglich bekannt, dass ein Anspruch auf Kindergeld tatsächlich nicht in der bisher angenommenen Höhe bestanden hat, kommt eine Änderung des Steuerbescheids nach § 173 AO in Betracht. Wird der Anspruch auf Kindergeld nachträglich bejaht oder verneint, ist der Steuerbescheid, sofern sich eine Änderung der Steuerfestsetzung ergibt, aufgrund dieses rückwirkenden Ereignisses nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern.
Gem. § 173a AO ist ein Bescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit dem Berechtigten oder seinem steuerlichen Vertreter bei der Beantragung von Kindergeld Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen sind und deshalb der Familienkasse bestimmte, nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Erlasses des Kindergeldbescheids rechtserhebliche Tatsachen unzutreffend mitgeteilt wurden. Die Korrektur ist nur möglich, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als Schreib- oder Rechenfehler erkennbar ist und kein Anhaltspunkt dafür erkennbar ist, dass eine unrichtige Tatsachenwürdigung, ein Rechtsirrtum oder ein Rechtsanwendungsfehler vorliegt.
Vgl. hierzu die Ausführungen der DA-KG 2023 vom 26.5.2023, BStBl I 2023, 818 unter Kapitel V unter IV.
Kußmaul u.a., Günstigerprüfung bei der »Rürup-Rente«, Günstigerprüfung bei der »Riester-Rente« und Günstigerprüfung beim Kindergeld im Zusammenspiel, Steuer & Studium 2008, 44; Hechtner u.a., Die Günstigerprüfung des Familienleistungsausgleichs nach dem zweiten Konjunkturpaket, FR 2009, 573; Gunsenheimer, Einkommensteuerliche Entlastungsmöglichkeit für Eltern eines Kindes NWB 2010, 2638; Clausnitzer, Absenkung der Altersgrenze beim Kindergeld – Drittes Verfahren beim BVerfG anhängig, NWB 2014, 2611; Hechtner, Steuerliche Entlastung durch das Zweite Familienentlastungsgesetz, NWB 20/2021, 1455.
→ Einkünfte und Bezüge von Kindern
→ Kinder
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