1 Wirkung der Festsetzungsverjährung
2 Die Anwendung der Festsetzungsverjährung
3 Beginn der Festsetzungsfrist
3.1 Allgemeines
3.2 Anlaufhemmung
3.2.1 Keine Anlaufhemmung bei sog. Antragsveranlagungen – § 170 Abs. 1 AO
3.2.2 Anlaufhemmung bei Grunderwerbsteuerfestsetzungen – § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO
3.2.3 Anlaufhemmung bei der Schenkungsteuer – § 170 Abs. 5 AO
3.2.4 Anlaufhemmung für nicht erklärte ausländische Kapitalerträge – § 170 Abs. 6 AO
3.2.5 Anlaufhemmung für Einkünfte mit Auslandsbeteiligung – § 170 Abs. 7 AO
4 Dauer der Festsetzungsfrist
4.1 Grundsätze
4.2 Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehung und leichtfertiger Steuerverkürzung
4.3 Weitere Einzelfälle aus der Rechtsprechung
4.3.1 Festsetzungsfrist bei doppeltem Bezug von Kindergeld
4.3.2 Festsetzungsfrist bei Erstellung der Steuererklärung durch Steuerberater
4.4 Ablaufhemmung
4.5 Besonderheiten der Ablaufhemmung bei der Verlustfeststellung i.S.d. § 10d Abs. 4 EStG
4.6 Ablaufhemmung gem. § 181 Abs. 5 AO bei gesonderten Feststellungen
5 Wahrung der Festsetzungsfrist
6 Wahrung der Festsetzungsfrist bei der Antragsveranlagung
7 Verjährungsvorschriften der gleichgestellten Bescheide
8 Abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen gem. § 163 AO
9 Verhältnis der Festsetzungsverjährung zur Zahlungsverjährung
10 Bedeutung der Festsetzungsverjährung für eine strafbefreiende Selbstanzeige
11 Literaturhinweise
12 Verwandte Lexikonartikel
Durch die Verjährung erlöschen nach § 47 AO die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis. Erfolgt die Steuerfestsetzung, ihre Änderung oder Aufhebung nach Eintritt der Festsetzungsverjährung, ist der Bescheid zwar fehlerhaft und damit rechtswidrig, aber nicht nichtig i.S.d. § 125 Abs. 1 AO. Damit ist der Bescheid gem. § 124 Abs. 3 AO i.U. wirksam. Wird der Steuerbescheid durch zulässigen Einspruch (→ Einspruchsverfahren) angefochten, muss er ersatzlos aufgehoben werden. Wird der Steuerbescheid bestandskräftig, wird der Steueranspruch fällig und kann vollstreckt werden. Bei der Verjährung ist zwischen der Festsetzungsverjährung und der Zahlungsverjährung (→ Steuerschuldverhältnis) zu unterscheiden.
Die Bestimmungen über die Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff. AO) gelten sinngemäß auch für die Festsetzung von Steuermessbeträgen (→ Steuermessbetrag; § 184 Abs. 1 AO) und für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (§ 181 Abs. 1 AO; → Gesonderte Feststellung). Auf steuerliche Nebenleistungen findet die Festsetzungsverjährung nur Anwendung, wenn dies besonders vorgeschrieben ist. Nach § 239 AO beträgt die Festsetzungsfrist für → Zinsen ein Jahr. Für Vollstreckungskosten (→ Kosten) beträgt die Festsetzungsfrist nach § 346 Abs. 2 AO ein Jahr. Die Säumniszuschläge (→ Säumniszuschlag) unterliegen allein der Zahlungsverjährung (→ Steuerschuldverhältnis). Die Verspätungszuschläge (→ Verspätungszuschlag gem. § 152 AO) unterliegen nicht der Festsetzungsverjährung. Von der Festsetzung eines Verspätungszuschlages ist abzusehen, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuer abgelaufen ist.
Die Festsetzungsfrist beginnt grundsätzlich nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Hauptanwendungsfall ist insoweit die Antragsveranlagung i.S.d. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG. Dem Stpfl. bleiben grundsätzlich vier Jahre nach Steuerentstehung, um eine Antragsveranlagung beim Finanzamt einzureichen (→ Antragsveranlagungen zur Einkommensteuer). Zur Anlaufhemmung s.u. Für die gesonderte Feststellung von Einheitswerten (→ Einheitswertfeststellungen) beginnt die Feststellungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, auf dessen Beginn die Hauptfeststellung, die Fortschreibung, die Nachfeststellung oder die Aufhebung des Einheitswerts vorzunehmen ist (§ 181 Abs. 3 bis 5 AO). Eine Einheitswertfeststellung kann auch noch nach Ablauf der Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als der Einheitswert für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der Einheitswertfeststellung noch nicht abgelaufen ist.
Die Anlaufhemmung (§ 170 Abs. 2 bis 6 AO) schiebt den Beginn der Festsetzungsfrist hinaus. Sie gilt für sämtliche Besitz- und Verkehrsteuern (→ Steuer), für die eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen ist. Die Festsetzungsfrist beginnt in diesen Fällen mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Fordert die Finanzbehörde den Stpfl. zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung auf, so ist er gem. § 149 Abs. 1 Satz 2 AO hierzu gesetzlich verpflichtet mit der Folge, dass sich der Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO richtet (BFH vom 4.10.2017, VI R 53/15, BStBl II 2018, 123).
Wird die Einkommensteuererklärung bei einem unzuständigen FA eingereicht, endet die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO grds. erst dann, wenn die zuständige Behörde die Erklärung erhalten hat (vgl. BFH vom 14.12.2021, VIII R 31/19, BStBl II 2022, 461). Nur ausnahmsweise kann auch die Abgabe der Einkommensteuererklärung bei einem unzuständigen FA genügen, um die Anlaufhemmung zu beenden. Dies ist der Fall, wenn das unzuständige FA seine Fürsorgepflicht gem. § 89 AO verletzt, indem es die Erklärung lediglich zu den Akten nimmt, obwohl ihm seine eigene Unzuständigkeit ebenso bekannt ist wie die zuständige Behörde. Verletzt die Behörde ihre Fürsorgepflicht, ist der Stpfl. im Rahmen des rechtlich Zulässigen so zu stellen, als wäre der Verstoß nicht passiert.
Das OVG NRW hat in seinem Beschluss vom 9.8.2013 (14 B 786/13) klargestellt, dass die eingereichte Erklärung nicht inhaltlich richtig zu sein braucht. Erst wenn die Erklärung unter so schwerwiegenden Mängeln leidet, dass es im Ergebnis auf eine Nichterklärung hinausläuft, ist sie für die Rechtsfolgen des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ohne Bedeutung.
Eine nicht vom Stpfl. selbst oder einem organschaftlichen Vertreter einer Gesellschaft unterzeichnete → Steuererklärung i.S.d. § 150 Abs. 3 Satz 1 AO setzt den Fristenlauf nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO nicht in Gang, wenn das Finanzamt die fehlende Originalunterschrift des Stpfl. oder des gesetzlichen Vertreters nicht erkannt hat bzw. nicht erkennen musste. Eine solche Steuererklärung beendet die Anlaufhemmung nicht (BFH vom 9.7.2012, I B 11/12, BFH/NV 2012, 1576). Auf die Frage, ob ein Veranlagungssachbearbeiter Unterschriften überprüfen muss und inwieweit das gerade bei der Besteuerung von Kapitalgesellschaften auf der Grundlage der Handelsregisterauszüge möglich ist, kommt es nicht an (BFH vom 14.1.1998, X R 84/95, BStBl II 1999, 203).
Ist die gem. § 30 Abs. 1 oder 2 ErbStG bestehende Anzeigepflicht erfüllt worden und fordert das FA daraufhin gem. § 31 Abs. 1 ErbStG die Abgabe einer Schenkungsteuererklärung, endet die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO erst mit Ablauf des Kj., in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kj. nach dem Jahr der Steuerentstehung. Die bloße Erstattung der Anzeige führt noch nicht zu einer endgültigen Beendigung der Anlaufhemmung (FG Münster vom 24.11.2022, 3 K 3384/20 Erb, EFG 2023, 297; Revision BFH Az. II R 1/23).
In den Fällen der sog. Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG (→ Antragsveranlagungen zur Einkommensteuer), in denen eine Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung nicht besteht, greift nach Verwaltungsauffassung die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO nicht (AEAO zu § 170, Tz. 3). Der Beginn der Festsetzungsfrist ist folglich grundsätzlich nach der Grundregel des § 170 Abs. 1 AO zu bestimmen.
Über einen längeren Zeitraum war strittig, ob die Anlaufhemmung von drei Jahren, die für die Pflichtveranlagungen gilt, auch bei Antragsveranlagungen zur Anwendung kommt. Der BFH hat für den Fall, in dem der Stpfl. berechtigt aber nicht verpflichtet ist, eine Steuererklärung abzugeben, entschieden, dass die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO nicht greift (BFH vom 14.4.2011, VI R 53/10, BStBl II 2011, 746).
Das BVerfG hat in seinem Nichtannahmebeschluss vom 18.9.2013 (1 BvR 924/12, HFR 2013, 1157) festgestellt, dass es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, dass bei der Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG – anders als in Fällen der Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG – die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO nicht anwendbar ist.
Die zwischen der Antragsveranlagung und der Pflichtveranlagung bestehenden Unterschiede rechtfertigen die unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Anlaufhemmung. Der Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG diene primär dem Interesse des Stpfl. Das Ziel der Anlaufhemmung für die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, den der Finanzverwaltung zur Verfügung stehenden Zeitraum zur Geltendmachung des Einkommensteueranspruchs zu wahren, greift zwar in den Fällen der Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG, hingegen typischerweise nicht bei der Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG. Das rechtfertige es, in den Fällen der Pflichtveranlagung eine Anlaufhemmung vorzusehen, nicht jedoch bei Antragsveranlagungen nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG.
Mit Urteil vom 30.3.2017 (VI R 43/15, BStBl II 2017, 1046) hat der BFH entschieden, dass § 56 Satz 2 EStDV den Stpfl. zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet, wenn zum Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums ein verbleibender Verlustabzug festgestellt worden ist, sodass der Anlauf der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO gehemmt ist. Ist der Stpfl. nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG nur auf seinen Antrag hin zur Einkommensteuer zu veranlagen, kommt er mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung nicht nur seiner Erklärungspflicht gem. § 56 Satz 2 EStDV nach, sondern stellt zugleich einen Veranlagungsantrag i.S.d. § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG, der wiederum die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 3 AO auslöst.
Geht eine behördliche Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung dem Stpfl. erst nach dem Ablauf der Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 AO zu, kann sie wegen des Erlöschens des Steueranspruchs durch Verjährung keine anlaufhemmende Wirkung mehr entfalten (BFH vom 28.3.2012, VI R 68/10, BStBl II 2012, 711). Entsprechendes gilt, wenn sich die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung nicht aus einer behördlichen Aufforderung ergibt, sondern der Stpfl. selbst erst eine solche Pflicht durch seinen Antrag nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4a Buchst. c 2. Alt. EStG begründet. Nach § 170 Abs. 3 AO greift jedoch eine Anlaufhemmung für Korrekturen von Antragsveranlagungen. Danach beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 AO nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Antrag gestellt wird.
Gibt der Stpfl. eine mangels Unterzeichnung nicht wirksame Einkommensteuererklärung ab, beginnt die Festsetzungsfrist nicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wurde, sondern spätestens mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist (BFH vom 14.1.1998, X R 84/95, BStBl II 1999, 203).
Nach § 18 Abs. 1 GrEStG haben Gerichte, Behörden und Notare dem zuständigen Finanzamt in den dort für die Grunderwerbsteuer genannten relevanten Vorgängen auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck schriftlich Anzeige zu erstatten.
Die Anzeigen müssen nach § 20 Abs. 1 GrEStG u.a. enthalten
Name und Anschrift des Erwerbers sowie des Veräußerers,
Bezeichnung des Grundstücks nach Grundbuch, Kataster, Straße und Hausnummer,
Größe des Grundstücks und ggf. Art der Bebauung,
Bezeichnung des anzeigepflichtigen Vorgangs und ggf. den Tag der Beurkundung,
Kaufpreis oder sonstige Gegenleistung,
Name der Urkundsperson,
ggf. Bezeichnung der Gesellschaftsanteile.
In den Fällen der Anzeigepflicht des § 18 GrEStG beginnt die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Anzeige eingereicht wird.
Nach dem BFH-Beschluss vom 26.1.2012 (II B 98/11, BFH/NV 2012, 710) kommt einer Anzeige nach § 18 GrEStG dann keine die Anlaufhemmung beendende Wirkung zu, wenn ihr die nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG erforderlichen Angaben, mithin die Bezeichnung des Grundstücks nach Grundbuch, Kataster, Straße und Hausnummer, fehlen (s. auch BFH vom 25.4.2023. II R 10/21, BStBl II 2023, 1020).
Enthält die Anzeige nicht die nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG erforderlichen Angaben zur Größe und zur Art der Bebauung des Grundstücks, steht dies dem Beginn der Festsetzungsfrist mit Ablauf der Abgabe der Anzeige nicht entgegen, wenn auch ohne diese Angaben das Grundstück zweifelsfrei zu bestimmen ist und die dem Finanzamt zur Verfügung stehende Bearbeitungszeit durch die fehlenden Angaben nicht verkürzt wird (BFH vom 23.5.2012, II R 56/10, BFH/NV 2012, 1579).
Nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO beginnt für die Schenkungsteuer die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 1 oder 2 AO nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat. Maßgeblich ist dabei die Alternative, die als erste eingetreten ist. Bei einer mittelbaren Schenkung hat die Finanzbehörde erst dann Kenntnis von der vollzogenen Schenkung, wenn sie alle Umstände kennt, die die mittelbare Schenkung begründen. Dazu gehört auch die Kenntnis von der Veräußerung des vom Schenker übertragenen Gegenstands (vgl. BFH vom 8.3.2017, II R 2/15, BStBl II 2017, 751).
In den Fällen, in denen nachträglich ein Testament auftaucht, dessen Wirksamkeit fraglich ist, liegt die erforderliche Kenntnis i.S.d. § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO spätestens mit Bestätigung seiner Wirksamkeit durch das Nachlassgericht vor (FG Düsseldorf vom 29.6.2022, 4 K 896/20 Erb; Revision eingelegt, Az. beim BFH: II R 28/22). Es ist unerheblich, ob die Entscheidung des Gerichts mit Rechtsmitteln angegriffen wird/werden kann.
Ein durch letztwillige Verfügung eingesetzter Erbe erlangt Kenntnis von dem Erwerb, wenn er zuverlässig erfahren und somit Gewissheit erlangt hat, dass der Erblasser ihn durch eine wirksame letztwillige Verfügung zum Erben eingesetzt hat. Dies ist i.d.R. mit Eröffnung des Testaments der Fall (BFH vom 27.4.2022, II R 17/20, BFH/NV 2022, 901).
Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und nicht nach Verträgen i.S.d. § 2 Abs. 1 AO oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Stpfl. oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Durch diese ab 1.1.2015 geltende Neuregelung wird eine Angleichung an die steuerlichen Verjährungsfristen bei Steuerhinterziehung (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO) erreicht. Dadurch wird die nachträgliche Erfassung der genannten Einkünfte aus Staaten, mit denen kein automatischer Auskunftsverkehr besteht, für einen längeren Zeitraum ermöglicht.
§ 138 Abs. 2 AO verpflichtet alle Stpfl., Auslandsbeziehungen innerhalb der Frist des § 138 Abs. 5 AO dem Finanzamt mitzuteilen. Mitteilungen nach § 138 Abs. 2 AO sind zusammen mit der Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuererklärung für den Besteuerungszeitraum, in dem der mitzuteilende Sachverhalt verwirklicht wurde, spätestens jedoch bis zum Ablauf von 14 Monaten nach Ablauf dieses Besteuerungszeitraums, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmten Schnittstellen zu erstatten. Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft i.S.d. § 138 Abs. 3 AO, auf die der Stpfl. allein oder zusammen mit nahestehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt nach § 170 Abs. 7 AO die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Stpfl. oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Diese Regelung gilt nach Art. 97 § 10 Abs. 15 EGAO erstmals für nach dem 31.12.2017 beginnende Festsetzungsfristen.
Die Festsetzungsfrist beträgt
ein Jahr für Zölle und Verbrauchsteuern,
vier Jahre für Besitz- und Verkehrsteuern,
fünf Jahre bei Steuerverkürzungen und
zehn Jahre bei → Steuerhinterziehung (s.a. → Fristen und Termine).
Mit den Änderungen durch das JStG 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794) wurde die Verfolgungsverjährung, die nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 des Strafgesetzbuches grundsätzlich fünf Jahre beträgt, durch den neu eingefügten § 376 Abs. 1 AO in den besonders schweren, in § 370 Abs. 3 Satz 2 AO aufgeführten Fällen der Steuerhinterziehung ebenfalls auf zehn Jahre verlängert. Dadurch soll vermieden werden, dass im Falle der Steuerhinterziehung die Steuerfestsetzung noch erfolgen kann, während eine Strafverfolgung des Steuerhinterziehers nicht mehr möglich ist (→ Steuerstraftaten).
Ob eine → Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt, bestimmt sich bei § 169 Abs. 2 Satz 2 AO wie bei § 71 AO mangels einer steuerlichen Definition nach den §§ 370, 378 AO (vgl. BFH vom 29.10.2013, VIII R 27/10, BFHE 243, 116, BStBl II 2014, 295).
Die Prüfung der leichtfertigen Steuerverkürzung folgt auch im Rahmen der Festsetzungsverjährung materiell-rechtlich dem Ordnungswidrigkeitenrecht. Es gilt ein subjektiver Leichtfertigkeitsmaßstab. Für die Frage, ob eine leichtfertige Steuerverkürzung i.S.d. § 169 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AO vorliegt, ist auf die persönlichen Fähigkeiten des Stpfl. im Bereich der betreffenden Steuern abzustellen (BFH vom 16.5.2023, II R 35/20, BStBl II 2024, 28). Das betrifft bei der Grunderwerbsteuer die Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 4 Satz 1 GrEStG. Ohne zusätzliche auf das Individuum bezogene Feststellungen ist der Schluss von gruppenspezifisch typischen Eigenschaften (im Streitfall: Angehöriger der Gruppe der Kaufleute) auf persönliche Fähigkeiten lediglich ein objektiver Maßstab.
Das strafbare Erschleichen einer Subvention wird aber nicht von diesen Normen erfasst, sondern von § 264 StGB. Mit Urteil vom 12.1.2016 (IX R 20/15, BStBl II 2017, 21) hat der BFH daher entschieden, dass sich die Festsetzungsfrist für die Eigenheimzulage nicht auf zehn Jahre verlängert, wenn die Eigenheimzulage durch unrichtige Angaben erschlichen worden ist (Subventionsbetrug). Dies gilt ebenso für das Erschleichen von Investitionszulagen (BFH vom 19.12.2013, III R 25/10, BStBl II 2015, 119).
Gesetzlich ausdrücklich für anwendbar erklärt wurden die Vorschriften zur Steuerhinterziehung hingegen für die Arbeitnehmer-Sparzulage (§ 14 Abs. 3 Satz 1 5. VermBG), die Wohnungsbauprämie (§ 8 Abs. 2 Satz 1 WoPG), die Forschungszulage (§ 13 FZulG), die Mobilitätsprämie (§ 108 EStG) und die Altersvorsorgezulage (§ 96 Abs. 7 Satz 1 EStG). Vgl. hierzu AEAO zu § 169, Nr. 2.2 (BMF vom 20.1.2021, BStBl I 2021, 128).Im Falle einer Steuerhinterziehung muss für das Eingreifen der verlängerten Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO die Person des Täters nicht feststehen. Ausreichend ist, dass von mehreren in Betracht kommenden Personen jedenfalls eine die Steuerhinterziehung zum Vorteil des Steuerschuldners begangen hat. Eine Verlängerung der Festsetzungsfrist tritt aber nur ein, wenn die dritte Person den objektiven und subjektiven Tatbestand einer der in § 370 Abs. 1 AO bezeichneten Taten erfüllt (BFH vom 19.3.1998, V R 54/97, BStBl II 1998, 466).
Die Verlängerung der Festsetzungsfrist auf zehn Jahre gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 und 3 Halbsatz 1 AO tritt auch dann ein, wenn der als Gesamtschuldner in Anspruch genommene Erbe keine Kenntnis von der Steuerhinterziehung eines Miterben hat (BFH vom 29.8.2017, VIII R 32/15, BStBl II 2018, 223). Der Erbe tritt sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers ein und schuldet die Einkommensteuer als Gesamtschuldner in der Höhe, in der sie durch die Einkünfteerzielung des Erblassers entstanden ist. Auch eine wegen Demenz des Erblassers unwirksame Einkommensteuererklärung führt, wenn sie unrichtig oder unvollständig ist, zu einer Berichtigungspflicht des Erben nach § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 AO, bei deren Verletzung eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO durch Unterlassen vorliegen kann (LEXinform 0447795).
Das FG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 21.1.2010 (4 K 1507/09, EFG 2010, 612) entschieden, dass der doppelte Bezug von Kindergeld für ein und dasselbe Kind als Steuerhinterziehung bewertet werden kann und daher der überzahlte Betrag im Rahmen einer auf zehn Jahre verlängerten Verjährungsfrist zurückgefordert werden kann (→ Steuerhinterziehung).
Die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO sind nicht erfüllt, wenn der Steuerberater bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung den Gewinn leichtfertig fehlerhaft ermittelt, da der Steuerberater mangels eigener Angaben gegenüber dem FA nicht Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist. Der Stpfl. darf im Regelfall darauf vertrauen, dass der Steuerberater die Steuererklärung richtig und vollständig vorbereitet, wenn er diesem die für die Erstellung der Steuererklärung erforderlichen Informationen vollständig verschafft hat. Er ist grds. nicht verpflichtet, die vom Steuerberater vorbereitete Steuererklärung in allen Einzelheiten nachzuprüfen.
Die Ablaufhemmung des § 171 AO schiebt das Ende der Festsetzungsfrist hinaus. Die Ablaufhemmung im Einzelnen:
Die Festsetzungsfrist wird um die Dauer einer höheren Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs verlängert (§ 171 Abs. 1 AO).
Bei einer offenbaren Unrichtigkeit (→ Berichtigung von Schreib-/Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten gem. § 129 AO und § 173a AO) im Steuerbescheid endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe des Steuerbescheids (§ 171 Abs. 2 AO).
Bei einem Antrag auf Änderung des Steuerbescheids vor Ablauf der Festsetzungsfrist läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist (§ 171 Abs. 3 AO). Eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO setzt voraus, dass der Stpfl. vor Ablauf der Festsetzungsfrist einen Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Korrektur einer Steuerfestsetzung stellt. Stellt ein Stpfl., der zur Einreichung einer Steuererklärung gesetzlich verpflichtet ist, vor Ablauf der Festsetzungsfrist bei dem für ihn zuständigen FA einen Antrag, kommt diesem die Rechtswirkung des § 171 Abs. 3 AO nur dann zu, wenn sich das von ihm verfolgte Begehren seinem sachlichen Gehalt nach zumindest in groben Zügen bereits aus dem Antrag selbst ergibt; Angaben zur betragsmäßigen Auswirkung sind für die Bestimmtheit des Antrags für sich genommen nicht ausreichend (vgl. BFH vom 23.9.2020, XI R 1/19, BStBl II 2021, 341; s. auch AEAO zu § 171 Nr. 2.1). Ist innerhalb der Festsetzungsfrist kein Antrag des Stpfl. eingegangen, kann keine → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO mit dem Ziel einer rückwirkenden Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO gewährt werden (BFH vom 24.1.2008, BStBl II 2008, 178). Selbstanzeigen (→ Selbstanzeige, §§ 371, 378 Abs. 3 AO) und Berichtigungserklärungen (→ Anzeige- und Berichtigungspflicht gem. § 153 AO) lösen keine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO aus. Sie bewirken ausschließlich eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO (BFH vom 8.7.2009, BStBl II 2010, 583). Wer seine Einkommensteuererklärung jenseits der Fristen des § 149 Abs. 2 AO abgibt, kann sich, falls das FA vor Ablauf der Festsetzungsfrist keinen Einkommensteuerbescheid erlässt, nicht auf Treu und Glauben berufen, wenn er es selbst unterlässt, einen Untätigkeitseinspruch einzulegen oder jedenfalls einen Antrag auf Steuerfestsetzung zu stellen (BFH vom 22.1.2013, BStBl II 2013, 663). Die Abgabe einer Steuererklärung, die zu einer Steuervergütung führen soll, gilt nicht als Antrag gem. § 171 Abs. 3 AO (BFH vom 28.8.2014, V R 8/14, BStBl II 2015, 3). Die Festsetzungsverjährung kann in diesen Fällen nur durch einen Untätigkeitseinspruch (Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a AO) oder einen Antrag auf Steuerfestsetzung (Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO) vermieden werden. Im Falle der Änderung eines Grundlagenbescheids wird der Ablauf der Zwei-Jahres-Frist (§ 171 Abs. 10 Satz 1 AO) für die Anpassung des Folgebescheids nach § 171 Abs. 3 AO nur gehemmt, wenn der von dem Folgebescheid betroffene Stpfl. selbst die Änderung des Folgebescheids vor Ablauf der Frist beantragt (BFH vom 27.11.2013, II R 57/11, BStBl II 2016, 506).
Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch (→ Einspruchsverfahren) oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist. Dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird (§ 171 Abs. 3a AO). Der Untätigkeitseinspruch führt zu einer Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a AO (BFH vom 22.1.2013, BStBl II 2013, 663; BFH-Beschluss vom 11.11.2015, V B 55/15, BFH/NV 2016, 225). § 171 Abs. 3a Satz 3 AO erweitert die Ablaufhemmung des Rechtsbehelfsverfahrens, sofern das Gericht keine abschließende Sachentscheidung trifft und ein weiteres Tätigwerden der Finanzbehörde zur Umsetzung der gerichtlichen Entscheidung erforderlich ist (BFH vom 18.7.2013, II R 46/11, BStBl II 2016, 631).
Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird durch den Beginn einer Außenprüfung hinausgeschoben (§ 171 Abs. 4 AO i.d.F. vom 20.12.2022, gültig ab 1.1.2023). Der Eintritt der Ablaufhemmung ist abhängig von einer wirksamen Prüfungsanordnung (BFH vom 10.4.1987, BStBl II 1988, 165). Eine Außenprüfung, die aufgrund einer gegenüber dem Stpfl. nicht wirksam gewordenen Prüfungsanordnung durchgeführt wird, kann den Ablauf der Festsetzungsfrist nicht hemmen (vgl. BFH vom 11.11.2020, XI R 11/18, BStBl II 2021, 415, LEXinform 0952087). Ist Festsetzungsverjährung eingetreten, ermöglicht es der Grundsatz von Treu und Glauben nicht, dass zu Lasten des Stpfl. ein erloschener Steueranspruch wieder auflebt; dies gilt unabhängig davon, ob dem Stpfl. der Eintritt der Verjährung vorwerfbar ist oder nicht. Fehler in der Bezeichnung des Steuerschuldners bzw. der Person, die die Außenprüfung zu dulden hat, können nicht durch Richtigstellung im weiteren Verfahren geheilt werden, auch nicht dadurch, dass sich der Empfänger als Adressat angesehen hat. Denn die objektive Richtigkeit oder Unrichtigkeit eines Bescheides kann nicht vom Verhalten der Beteiligten abhängig sein. Die wirksame Ablaufhemmung auf Steuern, auf die die Außenprüfung nach Beginn ausgedehnt wird, ist davon abhängig, dass vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Prüfungsanordnung erlassen wird und mit der Außenprüfung insoweit ernsthaft begonnen wird (BFH vom 2.2.1994, BStBl II 1994, 377). Der die Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist bewirkende Beginn einer Außenprüfung setzt Maßnahmen voraus, die für den Stpfl. als Prüfungshandlung erkennbar und geeignet sind, sein Vertrauen in den Ablauf der Verjährungsfrist zu beseitigen (BFH vom 31.3.2014, I B 120/13, BFH/NV 2014, 1009). Die Entgegennahme von Buchführungsdaten am Prüfungsort ist eine vom Prüfer veranlasste und damit für den Stpfl. erkennbar auf die Ermittlung des Steuerfalls gerichtete Handlung, die dem von der Rechtsprechung als qualifizierte Prüfungshandlung anerkannten Verlangen nach der Übergabe von Belegen und Unterlagen gleichsteht (BFH vom 26.4.2017, I R 76/15, BStBl II 2017, 1159). Wurden Buchführungsdaten vor ihrem Ausdruck zunächst in ein Programm eingelesen und dann programmseitig einer Plausibilitätskontrolle unterzogen, liegt eine dem Prüfer zuzurechnende qualifizierte Prüfungshandlung vor. Auch sog. qualifizierte Prüfungshandlungen, die nur ein Prüfungsjahr betreffen, führen dazu, dass die Außenprüfung insgesamt, also auch bezogen auf andere Prüfungsjahre, als nicht unmittelbar nach dem Prüfungsbeginn unterbrochen i.S.d. § 171 Abs. 4 Satz 2 AO gilt (LEXinform 0950761).
Bei einem Antrag des Stpfl. auf Verschiebung des Prüfungsbeginns gem. § 197 Abs. 2 Satz 1 AO wird der Ablauf der Festsetzungsfrist nur gehemmt, wenn dieser Antrag für die Verschiebung ursächlich war. Wurde auf Antrag des Stpfl. der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, verlängert sich die Fünfjahresbefristung um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung (§ 171 Abs. 4 Satz 4 AO). Wird der Beginn der Außenprüfung nicht maßgeblich aufgrund eines Antrags des Stpfl., sondern aufgrund eigener Belange der Finanzbehörde bzw. aus innerhalb deren Sphäre liegenden Gründen hinausgeschoben, läuft die Festsetzungsfrist ungeachtet des Antrags ab. Stellt der Stpfl.
einen Antrag auf ein zeitlich befristetes Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung, entfällt die Ablaufhemmung rückwirkend, wenn die Finanzbehörde nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags mit der Prüfung beginnt (BFH vom 17.3.2010, BStBl II 2011, 7 und BFH vom 19.5.2016, X R 14/15, BStBl II 2017, 97);
einen unbefristeten bzw. zeitlich unbestimmten Antrag, entfällt die Ablaufhemmung nicht.
Die Zusammenstellung des Prüfungsergebnisses im Prüfungsbericht stellt keine den Ablauf der Festsetzungsfrist hinausschiebende Ermittlungshandlung dar (BFH vom 8.7.2009, BStBl II 2010, 4). Für die Annahme einer Ermittlungshandlung im Rahmen einer Außenprüfung, die nicht gem. § 171 Abs. 4 Satz 2 AO unterbrochen worden ist, ist nicht zwingend erforderlich, dass diese dem Stpfl. bekanntgegeben wird. Auch Handlungen im Innendienst können Ermittlungshandlungen sein, sofern sie anhand der Prüfungsakten nachvollzogen werden können (BFH vom 26.6.2014, IV R 51/11, BFH/NV 2014, 1716).
Die Finanzbehörde kann nach pflichtgemäßem Ermessen »betriebsnahe Veranlagungen« durchführen. Werden diese ohne Prüfungsanordnung mit Einverständnis des Stpfl. an Ort und Stelle durchgeführt, gehören sie zum Steuerfestsetzungsverfahren. Insoweit gelten die allgemeinen Verfahrensvorschriften über Besteuerungsgrundsätze und Beweismittel. Eine »betriebsnahe Veranlagung« bewirkt keine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO (BFH vom 6.7.1999, BStBl II 2000, 306). Weitere Erläuterungen enthält der AEAO zu § 171 Nr. 3.5 und 3.6 (BMF vom 31.1.2019, BStBl I 2019, 83).
Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 Satz 1 AO endet nach § 171 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 1 AO spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kj., in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde. Durch diese Beschränkung des für eine Außenprüfung und die Auswertung der Prüfungsfeststellungen zur Verfügung stehenden Zeitraums soll eine wesentliche Beschleunigung der Außenprüfung erreicht werden. Weitergehende Ablaufhemmungen der Festsetzungsfrist nach anderen Bestimmungen gelten aber unverändert weiter (§ 171 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 AO).
Nimmt die Finanzbehörde für die in der Prüfungsanordnung genannten Steuern vor Ablauf der Fünfjahresbefristung der Ablaufhemmung zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich dieser Zeitraum um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr (§ 171 Abs. 4 Satz 5 AO). Dies gilt allerdings nur, sofern der Stpfl. auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Fünfjahresbefristung hingewiesen wurde (§ 171 Abs. 4 Satz 6 AO).
Wurde dem Stpfl. vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der geprüften Steuern bekannt gegeben und infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, gilt die Fünfjahresbefristung überhaupt nicht (§ 171 Abs. 4 Satz 7 AO).
Führt das FA bei einer KG eine Außenprüfung durch, um u.a. zu prüfen, ob es sich bei den bisher festgestellten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung um solche aus Gewerbebetrieb handelt, und ist das nicht der Fall, entfaltet die Prüfungsanordnung (für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betreffende Feststellungen) gegenüber den Kommanditisten keine den Ablauf der Feststellungsfrist hemmende Wirkung, wenn sie nur der KG (bzw. deren rechtlich identischer Rechtsnachfolgerin) bekannt gegeben und auf § 193 Abs. 1 AO gestützt worden ist (BFH vom 27.10.2020, IX R 16/19, BStBl II 2023, 95).
Nach § 171 Abs. 5 AO läuft die Festsetzungsfrist im Falle von Ermittlungen der Fahndungsbehörden beim Stpfl. nicht ab, bevor die aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Voraussetzung für die verjährungshemmende Wirkung der Fahndungsprüfung ist, dass Ermittlungshandlungen vor Ablauf der Festsetzungsfrist tatsächlich vorgenommen worden sind (BFH vom 17.12.2015, V R 58/14, BStBl II 2016, 574). Darüber hinaus muss für den Stpfl. erkennbar sein, dass in seinen Steuerangelegenheiten ermittelt wird. Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO wird nur durch für den Stpfl. als solche erkennbaren Ermittlungshandlungen der Fahndungsbehörden ausgelöst; amtsinterne Maßnahmen wie ein behördlicher Aktenvermerk reichen nicht aus (BFH Beschluss vom 5.6.2019, V B 53/18, BFH/NV 2019, 1062). Für Steueransprüche, die nicht Gegenstand der Fahndungsprüfung waren, kann keine Ablaufhemmung eintreten. Beim Stpfl. ist mit den Ermittlungen begonnen worden, wenn sich die Ermittlungshandlungen gegen den betroffenen Steuerschuldner selbst oder gegen das Vertretungsorgan des Steuerschuldners richten. Nach dem Wortlaut des § 171 Abs. 5 Satz 1 AO ist die Dauer der Ablaufhemmung mit der Unanfechtbarkeit der aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Bescheide verknüpft. Dies hat zur Folge, dass der Erlass eines (Änderungs-)Bescheids im Anschluss an eine Fahndungsprüfung grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung zulässig ist. Es kommt nicht darauf an, dass diese Bescheide innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Abschluss der Ermittlungen ergehen oder ihre Umsetzung über einen längeren Zeitraum unterbleibt. Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO endet, auch im Falle einer nach Abgabe der Steueranmeldung wegen § 168 Satz 2 AO noch nicht festgesetzten Steuer, erst, wenn die aufgrund der Ermittlungen der Fahndungsprüfung zu erlassenden Bescheide unanfechtbar geworden sind (BFH vom 17.12.2015, V R 59/14, BFH/NV 2016, 531). Voraussetzung für die verjährungshemmende Wirkung der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen durch die Steuerfahndung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO ist, dass für den Stpfl. klar und eindeutig erkennbar ist, in welchen konkreten Steuerangelegenheiten ermittelt wird (vgl. BFH vom 17.11.2015, VIII R 67/13, BStBl II 2016, 569). Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO schließt den Eintritt der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO nicht generell aus, wenn die Ermittlungen der Steuerfahndung vor dem Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist beginnen und die Steuerfestsetzung auf den Ermittlungen der Steuerfahndung beruht (vgl. BFH vom 17.11.2015, VIII R 68/13, BStBl II 2016, 571; bestätigend BFH vom 3.7.2018, VIII R 9/16, BStBl II 2019, 122).
Nach § 171 Abs. 7 AO endet in den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist. Unterlässt es ein Kindergeldberechtigter, der fortlaufend Kindergeld bezieht, der Familienkasse den Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen mitzuteilen und begeht er dadurch eine Steuerordnungswidrigkeit, so kann die Festsetzung des Kindergeldes nachträglich aufgehoben werden. Dabei ist der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 7 AO bis zum Eintritt der Verfolgungsverjährung, die erst mit der letztmals zu Unrecht erlangten Kindergeldzahlung beginnt, gehemmt (BFH vom 26.6.2014, III R 21/13, BStBl II 2015, 886). Die von einem Erben durch eine unterlassene Berichtigung gem. § 153 Abs. 1 AO begangene Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) führt nicht zu einer weiteren Verlängerung der Festsetzungsfrist, wenn diese sich schon aufgrund einer Steuerhinterziehung des Erblassers nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf zehn Jahre verlängert hatte (BFH vom 21.6.2022, VIII R 26/19, BStBl II 2023, 210, LEXinform 0952590). Gem. § 171 Abs. 7 AO läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, wenn der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger in eine zehnjährige Festsetzungsfrist eintritt und hinsichtlich derselben Steuer eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen begeht. Die Ablaufhemmung dauert in diesem Fall an, solange der Erbe wegen seiner eigenen Hinterziehung strafrechtlich verfolgt werden kann.
Bei einer vorläufigen Steuerfestsetzung (→ Vorläufige Steuerfestsetzung) nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres, nachdem das FA von der Beseitigung der Ungewissheit Kenntnis erhalten hat (§ 171 Abs. 8 Satz 1 AO). Bei einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem das FA von der Beseitigung der Ungewissheit Kenntnis erlangt hat (§ 171 Abs. 8 AO). Für den Beginn der Jahresfrist des § 171 Abs. 8 Satz 1 AO kommt es auf die positive Kenntnis von der Beseitigung der Ungewissheit an. Ein bloßes »Kennenmüssen« von Tatsachen, die das FA bei pflichtgemäßem Ermitteln erfahren hätte, steht der Kenntnis nicht gleich. Welche Ungewissheit maßgebend ist, ergibt sich aus § 165 AO (BFH vom 21.8.2013, X R 20/10, BFH/NV 2014, 524). Zur Ablaufhemmung bei »Liebhaberei« vgl. BFH vom 4.9.2008, IV R 1/07, BStBl II 2009, 335. Die zunächst bestehende Ungewissheit über die Einkünfteerzielungsabsicht ist beseitigt, wenn der Betrieb verkauft wird. Die Jahresfrist des § 171 Abs. 8 Satz 1 AO beginnt zu dem Zeitpunkt, in dem das FA Kenntnis vom Verkauf des Betriebes erhalten hat, z.B. mit Abgabe der Steuererklärung, in der der Veräußerungsgewinn erklärt wird (vgl. auch BFH vom 19.1.2011, X B 156/10, BFH/NV 2011, 745). Diese Grundsätze gelten auch bei Betriebsaufgabe, nicht jedoch bei einer Umstrukturierung (vgl. BFH vom 21.8.2013, X R 20/10, BFH/NV 2014, 524). Zum Wegfall der Ungewissheit bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einer Ferienwohnung vgl. das Urteil des FG Münster vom 21.2.2018 (7 K 288/16, EFG 2018, 613). Die zu § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO entwickelten Grundsätze, wonach nachträglich bekannt gewordene Tatsachen nach Treu und Glauben nicht mehr berücksichtigt werden dürfen, wenn die Behörde sie bei gehöriger Erfüllung ihrer Ermittlungspflichten schon vorher hätte feststellen können, sind nicht auf § 171 Abs. 8 AO übertragbar (BFH Beschluss vom 27.6.2012, IX B 183/11, LEXinform 5906857, BFH/NV 2012, 1575-1576). Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 8 AO wird auch dann beendet, wenn der Vorläufigkeitsvermerk vom FA aufgehoben wird (BFH vom 26.7.2023, II R 5/21, BStBl II 2024, 166). Auf den Wegfall der Ungewissheit und die Kenntnis des FA von den Tatsachen, wegen derer die Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO vorläufig erging, kommt es dann für die Beendigung der Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist nicht mehr an.
Erstattet der Stpfl. vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach § 153 AO (→ Anzeige- und Berichtigungspflicht gem. § 153 AO) oder eine → Selbstanzeige (§§ 371, 378 Abs. 3 AO), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige (§ 171 Abs. 9 AO). Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO beginnt, wenn die angezeigte Steuerverkürzung dem Grunde nach individualisiert werden kann, der Stpfl. also Steuerart und Veranlagungszeitraum benennt und den Sachverhalt so schildert, dass der Gegenstand der Selbstanzeige erkennbar wird (BFH vom 21.4.2010, BStBl II 2010, 771). Ergeht der Einkommensteuerbescheid innerhalb der Frist des § 171 Abs. 9 AO, kann das Finanzamt einen Gewerbesteuermessbescheid, soweit § 35 GewStG greift, auch nach Ablauf der Frist des § 171 Abs. 9 AO ändern. Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO schließt den Eintritt der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO nicht generell aus, wenn die Ermittlungen der Steuerfahndung vor dem Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist beginnen und die Steuerfestsetzung auf den Ermittlungen der Steuerfahndung beruht (vgl. BFH vom 17.11.2015, VIII R 68/13, BStBl II 2016, 571; bestätigend BFH vom 3.7.2018, VIII R 9/16, BStBl II 2019, 122).
Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Grundlagenbescheid bindend ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids (§ 171 Abs. 10 AO). Dies gilt für alle am 31.12.2014 noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen. Mit dem → Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens wurde auch die Ablaufhemmung bei Grundlagenbescheiden i.S.d. § 171 Abs. 10 AO neu geregelt. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde i.S.d. § 6 Abs. 2 AO ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 AO nicht anzuwenden ist (ressortfremde Behörden), nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Die Änderungen sind am 1.1.2017 in Kraft getreten. Die Änderung des § 171 Abs. 10 Satz 1–3 AO gelten für alle am 31.12.2016 noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen (Art. 97 § 10 Abs. 14 EGAO).
Die Anfechtung eines Grundlagenbescheids mit Einspruch oder Klage führt nicht dazu, dass die für die Festsetzung der Folgesteuern maßgebende Festsetzungsfrist bis zur Unanfechtbarkeit des (geänderten) Feststellungsbescheids gehemmt wird (BFH vom 19.1.2005, BStBl II 2005, 242; Abweichung vom BFH-Urteil vom 30.11.1999, BStBl II 2000 II, 173). Eine Anfechtung des Grundlagenbescheids führt lediglich zur Hemmung der Feststellungsfrist (§ 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 171 Abs. 3a AO), nicht aber zur Hemmung der Festsetzungsfrist der Folgebescheide. Im Falle der Änderung eines Grundlagenbescheids wird der Ablauf der Zwei-Jahres-Frist (§ 171 Abs. 10 Satz 1 AO) für die Anpassung des Folgebescheids nach § 171 Abs. 3 AO nur gehemmt, wenn der von dem Folgebescheid betroffene Stpfl. selbst die Änderung des Folgebescheids vor Ablauf der Frist beantragt. Es ist mit Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar, dass die Änderung eines (Folge-)Bescheids nach Eintritt der Festsetzungsverjährung unzulässig ist, wenn die Finanzbehörde ihrer Anpassungspflicht aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht rechtzeitig nachgekommen ist und der Stpfl. seinerseits keinen rechtzeitigen Antrag i.S.d. § 171 Abs. 3 AO gestellt hat (BFH vom 27.11.2013, II R 57/11, BStBl II 2016, 506). Die für Folgebescheide geltende Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO wird im Verhältnis vom Einkommensteuerbescheid zum Zinsbescheid gem. § 233a AO durch die speziellen Regelungen in § 239 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 AO verdrängt (BFH vom 16.1.2019, X R 30/17, BStBl II 2019, 362). Ergeht hingegen ein Zinsbescheid als Folgebescheid eines Zins-Grundlagenbescheids, endet die Festsetzungsfrist für den Zinsbescheid nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Zins-Grundlagenbescheids.
Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab (§ 171 Abs. 13 AO).
Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nach § 171 Abs. 14 AO nicht, soweit ein damit zusammenhängender → Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO noch nicht verjährt ist (→ Zahlungsverjährung). Die Vorschrift ermöglicht die nachträgliche Steuerfestsetzung nur, soweit ein Erstattungsanspruch besteht. Die Regelung verhindert die Rückforderung einer Erstattung aufgrund eines unwirksamen Bescheides, da eine erneute Festsetzung wegen Ablauf der Festsetzungsfrist unterbleiben müsste. Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 14 AO ist allein auf der Stufe der Gewerbesteuer als Folgesteuer einschlägig. Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 14 AO ist auf den Gewerbesteuermessbescheid als Grundlagenbescheid weder unmittelbar noch sinngemäß anwendbar (vgl. BFH vom 5.2.2014, X R 1/12, BStBl II 2016, 567). Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 14 AO kann durch jeden mit dem Steueranspruch zusammenhängenden Erstattungsanspruch ausgelöst werden (vgl. BFH vom 25.11.2020, II R 3/18, BStBl II 2023, 216). In den sog. Bauträgerfällen führt ein Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers (Bauträger) nicht zu einer Ablaufhemmung für die Steuerfestsetzung beim Bauleistenden, wenn im Zeitpunkt der Festsetzung des Erstattungsanspruchs bereits Festsetzungsverjährung beim Bauleistenden eingetreten ist (vgl. BFH vom 27.7.2021, V R 3/20, BStBl II 2022, 155). Das Verfahren zur Festsetzung der Grundsteuer vollzieht sich in drei Stufen (erste Stufe: Einheitswertfeststellung, zweite Stufe: Grundsteuermessbetragsfestsetzung, dritte Stufe: Grundsteuerfestsetzung). Die Frage, ob Verjährung in der dritten Stufe (Grundsteuer) eingetreten ist, ist bei Vorliegen eines Wirkhinweises i.S.d. § 181 Abs. 5 Satz 2 AO in der ersten Stufe (Einheitswert) allein im Verfahren betreffend die Grundsteuer zu prüfen.
Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) wurde § 171 AO mit Wirkung ab dem 30.6.2013 um einen Abs. 15 erweitert: »Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist«.
Nach § 10d Abs. 4 Satz 6 Halbsatz 1 EStG endet die Verlustfeststellungsfrist nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung abgelaufen ist. Nach § 10d Abs. 4 Satz 6 Halbsatz 2 EStG wird § 181 Abs. 5 AO ausdrücklich ausgeschlossen. Damit können Verlustfeststellungsbescheide grds. nur innerhalb der auch für Einkommensteuerbescheide geltenden allgemeinen Verjährungsfrist ergehen (regelmäßig sieben Jahre, § 181 Abs. 1 i.V.m. den §§ 169, 170 AO). Für nacherklärte Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften scheidet eine gesonderte Feststellung nach § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG i.d.F. des JStG 2007 bzw. § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 i.V.m. § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG i.d.F. des JStG 2010 aus, wenn hinsichtlich der Einkommensteuerfestsetzungen der Verlustentstehungsjahre (Teil-)Verjährung eingetreten ist (BFH vom 28.7.2021, IX R 29/19, BFH/NV 2022, 62; DB 2021, 2740; LEXinform 0952827). Die zehn- bzw. fünfjährige Festsetzungsfrist gilt nur, soweit eine Steuer hinterzogen bzw. leichtfertig verkürzt worden ist. Soweit die Steuer nicht hinterzogen bzw. leichtfertig verkürzt worden ist, bleibt es hingegen bei der regulären Festsetzungsfrist (hier: Verlängerung der Festsetzungsfrist nur hinsichtlich der nacherklärten Einnahmen aus Kapitalvermögen).
Gem. § 181 Abs. 5 AO kann eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist (→ Feststellungsverjährung). Für einen Wirkhinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO ist der Hinweis erforderlich und ausreichend, dass die Feststellung für noch nicht verjährte Folgebescheide von Bedeutung ist (vgl. BFH vom 15.7.2021, II R 38/19, BStBl II 2022, 226). Ein Wirkhinweis im Feststellungsbescheid, der eine konkrete Zeitangabe zu der vermeintlichen Verjährung im Folgebescheidverfahren enthält, führt zur Rechtswidrigkeit des gesamten Feststellungsbescheids.
Für die Fristwahrung genügt es, dass der Steuerbescheid
den Bereich des zuständigen FA verlassen hat (§ 169 Abs. 1 Satz 3 AO, BFH vom 28.9.2000, III R 43/97, BStBl II 2001, 211) und
dem Empfänger nach Fristablauf tatsächlich zugeht (BFH Beschluss vom 25.11.2002, GrS 2/01, BStBl II 2003, 548).
Wird der Steuerbescheid mittels einfachen Briefs zur Post gegeben und bestreitet der Empfänger den tatsächlichen Zugang, liegt die Beweislast der wirksamen Bekanntgabe bei der Finanzverwaltung. Da der Zugangsbeweis in der Regel nicht geführt werden kann, müsste eine erneute Bekanntgabe erfolgen, die nach Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ausgeschlossen ist.
Um den Nachweis des tatsächlichen Zugangs führen zu können, werden aus diesem Grund Bescheide durch die Finanzbehörden in den Fällen, in denen
die Festsetzungsfrist demnächst abläuft und
ein besonderes Gewicht auf die Nachweismöglichkeit des tatsächlichen Zugangs gelegt werden muss,
nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes förmlich zugestellt.
Der BFH hat mit Urteil vom 28.1.2014 (VIII R 28/13, BStBl II 2014, 552) entschieden, dass die gesetzlich gebotene Schriftform für behördliche und gerichtliche Entscheidungen auch durch Übersendung per Telefax gewahrt wird. Darüber hinaus hat der BFH klargestellt, dass die Festsetzungsfrist nach Maßgabe des § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO schon gewahrt ist, wenn der Steuerbescheid vor Ablauf der Festsetzungsfrist den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde – mit ihrem Wissen und Wollen – verlassen hat und dem Adressaten tatsächlich (wenn auch erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist) zugegangen ist. Auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe – auch hinsichtlich der Bekanntgabefiktionen im Anwendungsbereich des § 122 AO – kommt es danach nicht an. Die Festsetzungsfrist endet erst am 2.1. des Folgejahres, wenn es sich bei dem 31.12. um einen Sonnabend oder Sonntag handelt (vgl. BFH vom 20.1.2016, VI R 14/15, BStBl II 2016, 380).
§ 122a AO regelt die Bekanntgabe elektronischer Verwaltungsakte mittels Datenabruf. Nach § 122a Abs. 4 AO gilt ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung der Daten an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Finanzbehörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Datenabruf durchgeführt hat. Daher wird aus Nachweisgründen der Abruf protokolliert. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben.
Der Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG löst die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 3 AO aus. Die Veranlagung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG kann bis zum Ablauf des letzten Tages der Festsetzungsfrist, mithin bis 24.00 Uhr, beantragt werden (BFH vom 13.2.2020, VI R 37/17, BFH/NV 2020, 979). Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird gem. § 171 Abs. 3 AO nur dann gehemmt, wenn die für die Veranlagung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG erforderliche Steuererklärung bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist beim örtlich zuständigen FA eingeht (BFH vom 13.2.2020, VI R 38/17, BFH/NV 2020, 871).
Fällt das Ende der Festsetzungsfrist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, endet sie erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags (vgl. BFH vom 20.1.2016, VI R 14/15, BStBl II 2016, 380).
Mit Urteil vom 30.3.2017 (VI R 43/15, BStBl II 2017, 1046) hat der BFH entschieden, dass § 56 Satz 2 EStDV den Stpfl. zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet, wenn zum Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums ein verbleibender Verlustabzug festgestellt worden ist, sodass der Anlauf der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO gehemmt ist. Ist der Stpfl. nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG nur auf seinen Antrag hin zur Einkommensteuer zu veranlagen, kommt er mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung nicht nur seiner Erklärungspflicht gem. § 56 Satz 2 EStDV nach, sondern stellt zugleich einen Veranlagungsantrag i.S.d. § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG, der wiederum die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 3 AO auslöst.
Als sog. gleichgestellte Bescheide werden bezeichnet:
Feststellungsbescheide,
Zinsbescheide sowie
Bescheide über die Festsetzung von Steuermessbeträgen.
Für Feststellungsbescheide sind gem. § 181 Abs. 1 AO, für Bescheide über die Festsetzung von Steuermessbeträgen gem. § 184 Abs. 1 Satz 3 AO die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß anzuwenden. Somit gelten die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung gem. §§ 169 ff. AO entsprechend. Zur ausführlichen Darstellung der Verjährungsvorschriften bei Feststellungsbescheiden vgl. → Feststellungsverjährung.
Für Zinsbescheide gem. § 239 AO erfolgt zwar ebenfalls eine entsprechende Anwendung der für die Steuern geltenden Vorschriften. Jedoch beträgt die Festsetzungsfrist ein Jahr (→ Zinsen).
Nach § 163 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Außerdem kann mit Zustimmung des Stpfl. bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden (→ Steuerschuldverhältnis).
Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO ist dabei ein Grundlagenbescheid für den entsprechenden Steuer- oder Feststellungsbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO, der Bindungswirkung gegenüber den Folgebescheiden nach § 182 Abs. 1 AO entfaltet (→ Gesonderte Feststellung). Das bedeutet, dass die von der Billigkeitsmaßnahme betroffenen Steuern und Feststellungsbescheide der Billigkeitsmaßnahme entsprechen müssen. Ggf. muss eine Anpassung über § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO erfolgen (→ Änderung von Steuerbescheiden nach § 175 AO).
Verjährungsregelungen sind auf § 163 AO nicht anzuwenden. Dennoch ist eine Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO nicht zeitlich unbegrenzt möglich. Bei der Ermessensentscheidung ist der Zeitraum zwischen Entstehung des Steueranspruchs und der Antragstellung zu berücksichtigen. Es ist nach der Nr. 4 AEAO zu § 163 regelmäßig ermessensgerecht, eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO abzulehnen, sobald für den Folgebescheid die Festsetzungs- oder Feststellungsfrist abgelaufen ist (BFH vom 17.3.1987, VII R 26/84, BFH/NV 1987, 620). Nach diesem Zeitpunkt kann eine Billigkeitsmaßnahme ausnahmsweise getroffen werden, wenn der ihr zugrunde liegende Antrag vor Ablauf der Festsetzungs- oder Feststellungsfrist gestellt worden war. Dies entspricht dem Rechtsgedanken des § 171 Abs. 3 AO im Billigkeitsverfahren.
Hinsichtlich der Korrektur der Einkommensteuerfestsetzung aufgrund nachträglich bekannt gewordener steuerabzugspflichtiger Kapitalerträge und der damit einhergehenden Anrechnung der Steuerabzugsbeträge nimmt die OFD Hannover mit Verfügung vom 3.6.2008, S-0351-77-StO 143 (LEXinform 5231504) wie folgt Stellung:
Die regelmäßig mit der Einkommensteuerfestsetzung verbundene Anrechnung der Steuerabzugsbeträge stellt einen selbstständigen → Verwaltungsakt (»Anrechnungsverfügung«) dar, der im Fall der Rechtswidrigkeit unter den Voraussetzungen des § 130 AO und des § 131 AO korrigiert werden kann (→ Rücknahme und Widerruf von sonstigen Verwaltungsakten gem. §§ 130 und 131 AO).
Eine Korrektur der Anrechnungsverfügung zur nachträglichen Berücksichtigung von Kapitalertragsteuer ist nur innerhalb der durch die Anrechnungsverfügung in Lauf gebrachten Zahlungsverjährungsfrist (→ Zahlungsverjährung) zulässig (BFH vom 12.2.2008, BStBl II 2008, 504). Das Institut der Zahlungsverjährung soll im Erhebungsverfahren dafür sorgen, dass nach Ablauf einer angemessenen Frist endgültig Rechtssicherheit darüber einkehrt, was der Stpfl. aufgrund der Steuerfestsetzung unter Berücksichtigung anzurechnender Vorauszahlungen und Abzugssteuern noch zu zahlen hat bzw. was ihm zu erstatten ist.
Die von nachträglich bekannt gewordenen Kapitalerträgen einbehaltene Kapitalertragsteuer kann somit nur innerhalb der Zahlungsverjährungsfrist – durch Korrektur der Anrechnungsverfügung zugunsten des Stpfl. nach § 130 Abs. 1 AO – nachträglich berücksichtigt werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG nur zulässig ist, soweit sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte entfällt. Die nachträgliche Anrechnung der Kapitalertragsteuer scheidet deshalb aus, wenn die betreffenden Kapitalerträge wegen eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr der Einkommensteuer unterworfen werden können.
Der nachträglichen Berücksichtigung der Kapitalertragsteuer steht § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht entgegen, wenn die Änderung der Steuerfestsetzung im Hinblick auf die nachträglich bekannt gewordenen Kapitalerträge unterbleibt, weil die Einnahmen aus Kapitalvermögen – unter Einbeziehung der nachträglich bekannt gewordenen Kapitalerträge – den Werbungskosten-Pauschbetrag (§ 9a EStG) und den Sparer-Freibetrag (§ 20 Abs. 4 EStG) nicht übersteigen oder die Steuerschuld aus anderen Gründen – trotz Berücksichtigung der nachträglich bekannt gewordenen Kapitaleinkünfte – unverändert bleibt. Auch in solchen Fällen ist von der Erfassung der Kapitaleinkünfte i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auszugehen, weshalb – bei Vorlage der Steuerbescheinigung – die Kapitalertragsteuer auch in diesen Fällen noch nachträglich angerechnet werden kann.
Mit Einführung der → Abgeltungsteuer seit dem Veranlagungszeitraum 2009 ist insoweit zu beachten, dass – entsprechend der Zielsetzung des § 43 Abs. 5 EStG (Abgeltungswirkung) – eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer nach Eintritt der Bestandskraft der Einkommensteuerfestsetzung nicht mehr möglich ist, wenn der Stpfl. mit seiner Einkommensteuererklärung keinen Antrag gem. § 32d Abs. 4 oder Abs. 6 EStG gestellt hat.
Wer in den Fällen der → Steuerhinterziehung (§ 370 AO) unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Finanzbehörde berichtigt oder ergänzt oder unterlassene Angaben nachholt, wird gem. § 371 AO insoweit straffrei (→ Selbstanzeige).
Die Neuregelung ab 1.1.2015 (Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 22.12.2014, BGBl I 2014, 2415; »AO-Änderungsgesetz«) enthält in § 371 Abs. 1 Satz 2 AO eine Kombination aus strafrechtlicher Verfolgungsfrist und einer festen Frist von 10 Jahren. Für eine wirksame Selbstanzeige ist es hiernach erforderlich, dass vollständige Angaben
zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart (Strafrecht),
mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen.
Auf die steuerliche Festsetzungsfrist i.S.d. § 169 AO ist hierbei nicht abzustellen.
Zur ausführlichen Darstellung der Voraussetzungen einer wirksamen Selbstanzeige vgl. → Selbstanzeige.
Päglow und Tetzlaff, Ablaufhemmung nach § 171 AO, Steuer und Studium 5/2015, 271; Dr. Geserich, Ablauf der Festsetzungsfrist bei der Antragsveranlagung – Kommentar, NWB 14/2016, 984, Baum, Änderungen der AO durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz, NWB 29/2017, 2189; Steinhauff, Verlängerte Festsetzungsverjährung auch bei Steuerhinterziehung eines Miterben, NWB 12/2018, 774; Tiede, Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 3 AO bei Pflichtveranlagung, NWB 24/2021; Baum, Zahlreiche Änderungen der AO im Jahr 2022, NWB 7/23, 460; Weber, Praxisrelevante Rechtsprechung zum Steuerstrafrecht, NWB 44/2023, 2996.
→ Änderung von Steuerbescheiden nach § 175 AO
→ Anzeige- und Berichtigungspflicht gem. § 153 AO
→ Kosten
→ Rücknahme und Widerruf von sonstigen Verwaltungsakten gem. §§ 130 und 131 AO
→ Steuer
→ Verlustabzug nach § 10d EStG
→ Verspätungszuschlag gem. § 152 AO
→ Vorläufige Steuerfestsetzung
→ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
→ Zinsen
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