1 Übersicht
2 Pensionszusagen (Anwendungsfall des Fremdvergleichs)
2.1 Vorabinformation
2.2 Die »Erdienbarkeit« der Pension
2.3 Die »Wartezeit«
2.4 Die »Erfüllbarkeit« der Verpflichtung
2.5 Die Finanzierbarkeit
3 Einzelfälle aus der Rechtsprechung zum Fremdvergleich
3.1 Pensionsverzicht gegen Abtretung
3.2 Formvorschriften
3.3 Nur-Pensionen
3.4 Keine Beachtung getroffener Vereinbarungen
3.5 Zur steuerlichen Anerkennung einer Innengesellschaft bürgerlichen Rechts
4 Literaturhinweis
5 Verwandte Lexikonartikel
Der Fremd- oder Drittvergleich spielt im Steuerrecht an drei Stellen eine Rolle:
bei den Familienpersonengesellschaften,
im Körperschaftsteuerrecht bei der vGA (→ Verdeckte Gewinnausschüttung) und
bei der Einkunftsberichtigung nach § 1 AStG.
In allen drei Fällen kommt ihm eine Kontroll- und Wertungsfunktion zu, da ein echter Interessengegensatz zwischen den Parteien der jeweiligen Leistungsbeziehung zu fehlen scheint. Diese Funktion übernimmt sodann der Fremdvergleich (vgl. BFH vom 23.11.2021, VIII R 17/19, BFH/NV 2021, 1601). Vereinbarungen müssen einem Fremdvergleich standhalten, d.h. sie müssen zivilrechtlich wirksam sein, inhaltlich dem unter fremden Dritten Üblichen entsprechen und auch wie unter fremden Dritten vollzogen werden. Bei der Prüfung der Frage, ob der geschlossene Vertrag wie zwischen fremden Dritten vollzogen wird, kommt insbes. der Umsetzung bzw. dem Vollzug der Einlagebestimmungen, den Gewinnbeteiligungsregelungen und der Beachtung der Informations- und Kontrollrechte Bedeutung zu.
Entscheidend für das Vorliegen einer vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist z.B., ob die Transaktion – auf rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Grundlage – zwischen der KapGes und dem/den Gesellschafter/n auf dem Gesellschaftsverhältnis beruht (gesellschaftliches Veranlassungsprinzip). Auf dem Gesellschaftsverhältnis beruht eine Transaktion dann, wenn sie dem sog. Fremdvergleich nicht standhält, welcher wieder nach dem vermuteten Verhalten eines Gesellschafters gegenüber einem Nicht-Gesellschafter überprüft wird (»schuldrechtliche Wertungsparallele«).
Von dieser Hauptfallgruppe der vGA ist noch eine weitere von der Rspr. entwickelte Fallgruppe zu unterscheiden: das Sonderrecht des sog. »beherrschenden Gesellschafters« (→ Beherrschender Gesellschafter) mit einem verstärkten Transparenzgebot.
Man kann von einem wie folgt abgestuften Verhältnis ausgehen (nach Maurer in Preißer, Die Steuerberaterprüfung, 10. A., Teil C, Kap. III 4.3.1.1):
Abb.: vGA-Theorie
Dieser Prüfungsmaßstab bedeutet, dass der Fremdvergleich bei gesellschaftsinternen Transaktionen den zwischen Fremden bestehenden Interessengegensatz ersetzt. Letztlich wird hypothetisch ein marktkonformes Verhalten unterstellt.
So ist z.B. ein Anschaffungsvorgang zwischen einer PersGes und ihren Gesellschaftern steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn die getroffenen Vereinbarungen zur Fälligkeit der Kaufpreiszahlung und zum Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzen und Lasten nicht beachtet werden (BFH vom 1.9.2022, IV R 25/19, BStBl II 2023, 695).
Es wird im Ergebnis nicht alles, was einem Fremdvergleich widerspricht, automatisch nach dem Veranlassungsprinzip der Gesellschaftsebene und damit der Einkommensverwendungsebene zugeordnet. Es wird aber vermutet, dass der Rechtsgrund der Transaktion im Gesellschaftsverhältnis liegt. Diese Vermutung kann und muss im Einzelfall vom Stpfl. widerlegt werden (BFH Urteil vom 17.10.2001, I R 103/00, BStBl II 2004, 171). Der Stpfl. trägt dann, wenn die Transaktion von einem Fremdvergleich abweicht, das Beweisrisiko dafür, dass die Transaktion nicht gesellschaftlich veranlasst ist. Der Stpfl. kann darlegen, dass trotz Abweichens von dem objektivierten (standardisierten) fremdüblichen Verhalten betriebliche Gründe für die Vereinbarungen mit den Gesellschaftern zugrunde liegen. Je höher die Differenz zwischen tatsächlichen und fremdüblichen Vereinbarungen ist und je länger diese Vereinbarungen durchgeführt werden, desto schwieriger wird es für den Stpfl., die Vermutung für die gesellschaftliche Veranlassung zu entkräften.
Wird die Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG auf einen Zinsverzicht gegenüber einer ausländischen Darlehensnehmerin gestützt, muss dem Stpfl. die Möglichkeit eingeräumt werden, den Nachweis für etwaige wirtschaftliche Gründe für den Abschluss des (nicht fremdüblichen) Geschäfts zu erbringen (EuGH-Urteil Hornbach-Baumarkt vom 31.5.2018, Rs. C-382/16, EU:C:2018:366, HFR 2018, 580). Diese Prüfung ist den nationalen Gerichten vorbehalten und vorrangig Aufgabe der Finanzgerichte (vgl. BFH vom 27.11.2019, I R 40/19, BFH/NV 2020, 1307; LEXinform 0950789).
Bei der Ermittlung des fremdüblichen Darlehenszinses für ein unbesichertes Gesellschafterdarlehen steht die gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) einem Risikozuschlag bei der Festlegung der Zinshöhe zum Ausgleich der fehlenden Darlehensbesicherung nicht entgegen (BFH vom 18.5.2021, I R 62/17, BStBl II 2023, 723). Der fremdübliche Zinssatz soll ermittelt werden durch einen Vergleich mit Bankdarlehen oder mit den am Kreditmarkt üblichen Konditionen, jeweils unter Berücksichtigung von Risikozuschlägen oder -abschlägen für die Besicherung und für den Rang des Darlehens (Preisvergleichsmethode). Die Feststellungslast, dass der vereinbarte Zinssatz nicht fremdüblich ist, trägt grds. das FA (BFH vom 17.10.2001, I R 103/00, BStBl II 2004, 171).
Der Fremdvergleich war in der älteren BFH-Rspr. oft identisch mit der Denkfigur des »ordentlichen Geschäftsleiters«, den der BFH bemühte, um seine »Stellvertreter«-Überlegungen in die Entscheidungsgründe der Urteile zu zwängen. Auch heute dient der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter immer noch als subjektiver Sorgfaltsmaßstab oder Korrektiv.
Bei diesem Erkenntnisprozess des Fremdvergleichs setzte die Rspr. gelegentlich die Kriterien der »Ernstlichkeit« und »Üblichkeit« ein.
Erstmals mit dem BFH-Urteil vom 2.12.1992 (I R 54/91, BStBl II 1993, 311) und etwas später mit BFH-Urteil vom 6.12.1995 (I R 88/94, BStBl II 1996, 383) wurden diese Hilfskriterien bemüht, um »Nur-Gewinntantiemen« die steuerliche Anerkennung im Rahmen des Drittvergleichs zu verweigern. Die hiergegen einsetzende Kritik im Schrifttum (vgl. Hoffmann, DStR 1996, 729: »Präjudiziensextett« sowie Wassermeyer, DStR 1996, 733: »Sonderrechtsprechung«) brachten den BFH wieder von dieser Erkenntnis ab.
Die genannten Kriterien der Ernstlichkeit und Üblichkeit werden zwar weiter eingesetzt, aber nicht mehr im Rahmen des Fremdvergleichs, sondern als sog. Sondertatbestand.
In der BFH-Rspr. wird hingegen häufig für die Prüfung der Angemessenheit der Vertragspartner miteinbezogen und damit die Sichtweise der KapGes um die des Partners erweitert (BFH Urteil vom 17.5.1995, I R 147/93, BStBl II 1996, 204 und BFH Urteil vom 19.5.1998, I R 36/97, BStBl II 1998, 689).
Wiederum anders interpretiert die Verwaltung den Fremdvergleich. So erfolgte im BMF-Schreiben vom 14.10.2002 zur Angemessenheit der Gesamtbezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers eine schrittweise Prüfung, in die betriebswirtschaftlich fragwürdige Obergrenzen (Begrenzung der Gewinntantieme auf 25 % der Gesamtbezüge) eingebaut wurden (BMF vom 14.10.2002, BStBl I 2002, 972; durch die BFH-Urteile vom 27.2.2003, I R 46/01, BStBl II 2003, 132 und vom 4.6.2003, I R 24/02, BStBl II 2003, 136 teilweise überholt). So sehr sich die Praxis genaue Kriterien wünscht, die der BFH naturgemäß schuldig bleiben muss, ist die Vorgehensweise der Verwaltung als zu »holzschnittartig« zu charakterisieren.
Bei der Gewährung von Pensionszusagen hat die GmbH zunächst zu beachten, dass sich die steuerlich abzugsfähigen Beträge bereits in der Steuerbilanz (StB) von der handelsrechtlichen Gewinnermittlung unterscheiden (§ 6a EStG). Soweit hier eine Differenz vorliegt, ist diese innerhalb der StB zu korrigieren. Darüber hinaus stellen Rspr. und Finanzverwaltung (im Einzelnen unterschiedliche) Anforderungen an eine marktkonforme Pensionszusage (vgl. im Einzelnen R 8.7 KStR). Zur Auslegung von Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer im Zusammenhang mit einer Pensionszusage vgl. BMF vom 28.8.2001, BStBl I 2001, 594.
Eine solche Marktkonformität besteht – im Rahmen des Fremdvergleichs – nur dann, wenn die Erfüllung der Verpflichtung ernsthaft gewollt ist und vom Geschäftsführer (GF) noch erdient werden kann.
Nach der Rspr. (BFH Urteil vom 24.1.1996, I R 41/95, BStBl II 1997, 440) und der ihr insoweit folgenden Finanzverwaltung (BMF vom 7.3.1997, BStBl I 1997, 637) gilt eine Pensionszusage dann vom GF als nicht »erdienbar«,
wenn der Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der Zusage der Pension und dem vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand weniger als zehn Jahre beträgt (BFH vom 30.1.2002 I R 56/01, BFH/NV 2002, 1055; BFH vom 28.6.2005, I R 25/04, BFH/NV 2005, 2252; BFH vom 20.5.2015, I R 17/14, BStBl II 2015, 1022; BFH vom 20.7.2016, I R 33/15, BStBl II 2017, 66);
oder wenn dieser Zeitraum zwar mindestens drei Jahre beträgt, der → Gesellschafter-Geschäftsführer dem Betrieb aber weniger als zwölf Jahre angehört;
oder wenn eine Pensionszusage kurz vor dem 64. Lebensjahr des GF eingeräumt wurde und die Pension ab dem 70. Lebensjahr gezahlt worden wäre; diese Entscheidung bezog sich auf einen »DDR«-GF (BFH Urteil vom 23.7.2003, I R 80/02, BStBl II 2003, 926).
Zu beachten ist hierbei, dass der Zehnjahreszeitraum (lediglich) als Anhaltspunkt und als Indiz für die ausschließlich im Dienstverhältnis begründete Veranlassung der Zusage dient. Er ist jedoch nicht völlig starr anzuwenden, allerdings liegt bei Unterschreiten dieses Zeitraumes das Beweisrisiko für die nicht-gesellschaftliche Veranlassung bei der Gesellschaft. Dieser von der Rspr. entwickelte Grundsatz zum zehnjährigen Erdienenszeitraum gilt sowohl für Erstzusagen einer Versorgungsanwartschaft als auch für nachträgliche Erhöhungen einer bereits erteilten Zusage (vgl. BFH Urteil vom 23.9.2008, I R 62/07, BStBl II 2013, 39). Dies gilt auch für mittelbare Erhöhungen infolge von Gehaltssteigerungen (BFH vom 20.5.2015, I R 17/14, BStBl II 2015, 1022).
Werden bestehende Gehaltsansprüche des Gesellschafter-Geschäftsführers in eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung umgewandelt, dann scheitert die steuerrechtliche Anerkennung der Versorgungszusage regelmäßig nicht an der fehlenden Erdienbarkeit (BFH vom 7.3.2018, I R 89/15, BStBl II 2019, 70).
Neben diesem Erdienungszeitraum ist bis zur Erteilung einer Pensionszusage von dem GF eine Probe- bzw. Wartezeit von zwei bis drei Jahren abzuwarten. Diese Voraussetzungen (Erdienungszeitraum und Wartezeit) sind zwischen Finanzverwaltung und Rspr. weitgehend unstreitig (vgl. aber FG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 22.2.2006, 1 K 372/02, DStRE 2006, 607). Die Wartezeit kann im Einzelfall auch kürzer oder ganz abbedungen sein. Dies gilt z.B. dann, wenn die GmbH aus einer bereits länger existierenden Gesellschaft hervorgeht (Betriebsaufspaltung bzw. Umwandlung) oder an der künftigen Ertragsfähigkeit der GmbH keine begründeten Zweifel bestehen, weil der GF erheblichen Umsatz (z.B. eigener Mandanten- bzw. Kundenstamm) in die Gesellschaft einbringt (BFH Urteil vom 24.4.2002, I R 18/01, BStBl II 2002, 670; vgl. auch BFH Urteil vom 20.8.2003, I R 99/02, BFH/NV 2004, 373). Wird vor Erteilung der Pensionszusage der mit dem zusagenden Unternehmen geschlossene Anstellungsvertrag beendet und ein neuer Dienstvertrag geschlossen, so sind die Dienstzeiten aus dem ersten Rechtsverhältnis als sog. Vordienstzeiten zu berücksichtigen, wenn deren Anrechnung für die im Verlauf des zweiten Dienstverhältnisses erteilte Pensionszusage vereinbart wird (BFH Urteil vom 26.6.2013, I R 39/12, BStBl II 2014, 174).
Eine Erfüllbarkeit der Verpflichtung wird dann zu verneinen sein, wenn die KapGes wirtschaftlich nicht in der Lage ist, das mit der Pensionszusage übernommene Risiko zu tragen. Die Rspr. (BFH Urteil vom 28.11.2001, I R 86/00, BFH/NV 2002, 675; BFH Urteil vom 18.12.2002, I R 44/01, BFH/NV 2003, 94) hat im Ausnahmefall eine vGA z.B. dann angenommen, wenn die Wahrscheinlichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme der Pensionszusage gegenüber dem Normalablauf außergewöhnlich hoch sei. Dies könne z.B. dann der Fall sein, wenn der → Gesellschafter-Geschäftsführer an einer schweren Erkrankung leidet und dies bekannt ist. In dieser Situation würde ein gewissenhafter GF auch dann keine Pensionszusage erteilen, wenn die Finanzierung gesichert wäre. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Rspr. die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung dann wohlwollend prüft, wenn die GmbH eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen hat.
Das Erfordernis der Finanzierbarkeit der Pensionszusage wurde von der Finanzverwaltung zunächst dahingehend verstanden, dass sie nicht gegeben ist, wenn bei einem unmittelbar nach dem Bilanzstichtag eintretenden Versorgungsfall der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Ende eines Wj. auch nach Berücksichtigung einer Rückdeckungsversicherung zu einer Überschuldung der GmbH führen würde (vgl. BMF vom 14.12.2012, BStBl I 2013, 58). Die Finanzverwaltung war dabei der Ansicht, dass die gesellschaftliche Veranlassung der Pensionszusage nur einheitlich beurteilt werden könne mit der Folge, dass eine Pensionszusage, die bei der fiktiven Überschuldungsrechnung zu einer Überschuldung führt, insgesamt als gesellschaftlich veranlasst und damit als vGA zu werten sei.
Gegen diese Ansicht der Finanzverwaltung, die Pensionszusage insgesamt und einheitlich steuerlich zu würdigen, ist – mit dem BFH – einzuwenden, dass es nicht um die Frage der Aufspaltung eines einheitlichen Wirtschaftsguts (Pensionszusage) in einen betrieblich und einen gesellschaftlich veranlassten Teil geht. Die Beurteilung der Pensionszusage als vGA erfolgt außerhalb der Bilanz und soweit nicht nach bilanzrechtlichen Kategorien; es geht vielmehr einzig um die Frage, in welcher Höhe eine Pensionszusage gegenüber einem fremden GF gegeben worden wäre.
Wenn die Pensionszusage nur z.T. finanzierbar ist, kommt nach der Rspr. (BFH Urteil vom 7.11.2001, I R 79/00, BStBl II 2005, 659) eine teilweise steuerliche Anerkennung in Betracht, denn ein gewissenhafter GF würde eine Versorgungszusage nicht völlig verweigern, wenn er nur einen Teil des übernommenen Risikos nicht finanzieren kann. Eine Aufteilung kommt sowohl hinsichtlich der Bestandteile (z.B. Altersversorgung und Invalidität) als auch hinsichtlich des Betrages in Betracht. Etwas anderes kann gelten, wenn der finanzierbare Teil nur einen verhältnismäßig kleinen Umfang ausmacht; dann ist die Pensionszusage nicht anzuerkennen.
Den Inhalt des Kriteriums der Finanzierbarkeit definiert der BFH ebenfalls anders als die zunächst vertretene Auffassung der Finanzverwaltung. In Übereinstimmung mit der Finanzverwaltung geht der BFH zunächst davon aus, dass eine Finanzierbarkeit dann nicht mehr vorliegt, wenn durch das Versorgungsrisiko eine Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinn eintritt (so deutlich BFH Urteil vom 4.9.2002, I R 7/01, BStBl II 2005, 662; BFH Urteil vom 18.12.2002, I R 44/01, BFH/NV 2003, 94; BFH Urteil vom 31.3.2004, I R 65/03, BStBl II 2005, 664). Allerdings muss der GF bei Erteilung einer Pensionszusage nur dasjenige Versorgungsrisiko berücksichtigen, das sich im Barwert der künftigen Pensionsleistungen i.S.d. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG (Anwartschaftsbarwert) niederschlägt; für die Prüfung der Überschuldung in einem Insolvenzstatus ist die Pensionszusage nur mit diesem Wert anzusetzen (BFH Urteil vom 7.11.2001, a.a.O.). Auf den Zeitpunkt der Zusage ist ein fiktiver Überschuldungsstatus aufzustellen, in dem die Wirtschaftsgüter mit dem insolvenzrechtlichen Wert, die Pensionszusage aber mit dem Anwartschaftsbarwert anzusetzen ist. Ausnahmsweise kommt für den Ansatz im Insolvenzstatus auch der niedrigere handelsrechtliche Teilwert in Frage. Diesen Ausnahmefall hat jedoch die KapGes darzulegen und zu beweisen (BFH Urteil vom 4.9.2002, I R 7/01, BStBl II 2005, 662). Wenn nach diesen Grundsätzen eine insolvenzrechtliche Überschuldung gegeben ist, fehlt es an der Finanzierbarkeit; die Pensionszusage ist nur insoweit zu kürzen, als eine Überschuldung auszugleichen ist.
Die Finanzverwaltung hat sich mit Schreiben vom 20.9.2005 (OFD Frankfurt vom 20.9.2005, FR 2006, 96) den Grundsätzen des BFH in allen noch offenen Fällen vollumfänglich angeschlossen. Die im alten BMF-Schreiben (BMF vom 14.12.2012, BStBl I 2013, 58) zur Finanzierbarkeit von Pensionszusagen vertretene Ansicht wird damit aufgegeben.
Hinweis:
Es bleibt also festzuhalten, dass der BFH und die Finanzverwaltung die Frage der Finanzierbarkeit nunmehr gleich beantworten.
Beispiel 1:
Die A-GmbH verspricht ihrem Gesellschafter-GF A eine um 50 % (125 000 €) unangemessen hohe Pension. In dieser Höhe kann die A-GmbH die Pension im Versorgungsfall nicht finanzieren. Die Pensionsrückstellung beträgt zum 31.12.2001 250 000 €. Am 4.1.2002 stirbt A noch während der Leistungsphase. Eine außerbilanzielle Hinzurechnung ist erfolgt.
Lösung 1:
In Höhe der vGA (125 000 €) ist zum 31.12.2001 der Teilbetrag I festzuhalten. In gleicher Höhe ist der Teilbetrag II (tatsächliche Hinzurechnung) festzuhalten. Durch den Todesfall ist in 02 die Rückstellung in voller Höhe erfolgswirksam aufzulösen. I.H.d. als vGA hinzugerechneten Teilbetrags II soll sich die Auflösung nicht noch einmal auf das Einkommen der A-GmbH auswirken. I.H.d. Teilbetrags II hat daher in 02 eine Kürzung des Einkommens (negative vGA) außerhalb der Bilanz zu erfolgen. Die Nebenrechnung soll doppelte Auswirkungen auf das Einkommen der GmbH vermeiden, die aus der StB nicht ersichtlich sind.
Vergleichbare Fragestellungen ergeben sich, wenn – vor allem im Bereich der Pensionszusagen – steuerliche Folgen der vGA nicht auf allen Steuerebenen, die durch eine vGA berührt werden, korrigiert werden können.
Beispiel 2:
Dem Mehrheitsgesellschafter C der B-GmbH ist eine Pensionszusage auf die Vollendung des 65. Lebensjahres erteilt worden. Wegen der unzureichenden Finanzierungsdeckung ist die Versorgungszusage zu 40 % als gesellschaftlich veranlasst anzusehen. Die der Pensionsrückstellung zugeführten und als vGA anzusehenden Beträge sind bei der GmbH nicht als vGA erfasst worden und können auch verfahrensrechtlich nicht mehr geändert werden. C bekommt die Rückstellungsbeträge ausbezahlt, die bei der B-GmbH nicht als vGA erfasst worden sind.
Lösung 2:
Nach allgemeiner Ansicht sind die verschiedenen Stufen der vGA, nämlich Hinzurechnung auf der Einkommenserzielungsebene, Steuerfolgen auf der Einkommensverwendungsebene (§§ 27, 38 KStG) und Erfassung beim Gesellschafter als Einkünfte aus Kapitalvermögen strikt zu trennen, eine verfahrensrechtliche Verknüpfung besteht insoweit nicht.
Die Auszahlung führt innerhalb der StB zu einem Lohnaufwand, der weitgehend durch eine entsprechende Auflösung der Pensionsrückstellung kompensiert wird. Wenn – wie meistens – der Lohnaufwand höher als die Rückstellungsauflösung ist, führt dies in der Auszahlungsphase zu einer »weiteren vGA«, soweit dies auf die überhöhten Zuführungen zurückzuführen ist. Die Auszahlung bei der B-GmbH ist als Leistung i.S.d. §§ 27, 38 KStG auch dann zu erfassen, wenn eine einkommensmäßige Hinzurechnung bei der GmbH unterblieben ist. Entsprechend ist die Auszahlung bei C als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu erfassen, auf die das Teileinkünfteverfahren Anwendung findet.
Der Verzicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers auf eine noch finanzierbare Pensionszusage ist den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zufolge regelmäßig als im Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen. Von einer betrieblichen Veranlassung des Verzichts ist hingegen auszugehen, wenn die Pensionszusage im Verzichtszeitpunkt nicht finanzierbar ist (Bay. Landesamt für Steuern, Verf. vom 15.2.2007, DStR 2007, 993).
Schließlich bestehen steuerliche Besonderheiten, wenn der → Gesellschafter-Geschäftsführer auf seine durch eine Rückdeckungsversicherung abgesicherte Pensionsanwartschaft verzichtet und ihm dafür als Abfindung der Versicherungsanspruch gegen die Rückdeckungsversicherung abgetreten wird.
Beispiel 3:
In der Bilanz der A-GmbH ist zugunsten des Gesellschafter-GF B eine Pensionsrückstellung i.H.v. 500 passiviert. Der Anspruch gegen die Rückdeckungsversicherung besteht i.H.v. 400, der Teilwert der Pensionsanwartschaft beträgt 300. B verzichtet auf seine Pensionsanwartschaft gegen Abtretung des Versicherungsanspruches.
Lösung 3:
Die GmbH hat in der Bilanz wie folgt zu buchen:
Rückstellung |
an |
Forderung |
500 |
400 |
|
sonstige betriebliche Erträge |
||
100 |
Die Differenz zwischen dem Teilwert der Pensionsanwartschaft und dem abgetretenen Anspruch gegen die Rückdeckungsversicherung ist als vGA zu beurteilen (100). B hat hierauf keinen Anspruch, die Abtretung ist insoweit aus gesellschaftlichen Gründen erfolgt; die vGA ist außerhalb der Bilanz hinzuzurechnen. Bei B liegen i.H.v. 300 Einkünfte gem. § 19 EStG, i.H.v. 100 Einkünfte gem. §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 3 Nr. 40d EStG vor.
Für alle steuerlich anzuerkennenden Pensionszusagen gilt das strenge Schriftformgebot. Dies wurde in der Rspr. (BFH Urteil vom 22.10.2003, I R 37/02, BStBl II 2004, 121) nochmals für alle Anwendungsbereiche der Pensionszusage, gegenüber Arbeitnehmern wie gegenüber dem → Gesellschafter-Geschäftsführer, betont.
Mit Urteil vom 9.11.2005 hat der BFH entschieden, dass die Zusage einer sog. Nur-Pension zu einer sog. Überversorgung führt, wenn der Vereinbarung keine Entgeltumwandlung zugrunde liegt (BFH Urteil vom 9.11.2005, I R 89/04, BStBl II 2008, 523). Insoweit könne keine Rückstellung nach § 6a EStG gebildet werden. Die Finanzverwaltung hat dieses Urteil mit einem Nichtanwendungserlass belegt und wendet es über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht an. Nach Auffassung des BMF sind überdurchschnittlich hohe Versorgungszusagen steuerlich anzuerkennen, soweit sie arbeitsrechtlich zulässig und betrieblich veranlasst sind (BMF vom 3.11.2004, BStBl I 2004, 1045; BMF vom 13.12.2012, BStBl I 2013, 35). Zusätzlich ist zu prüfen, ob eine Vorwegnahme künftiger Lohn- und Einkommensentwicklungen vorliegt. Insoweit wäre eine Rückstellungsbildung nach § 6a EStG nur eingeschränkt möglich. Werden dem Arbeitnehmer ausschließlich Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt (sog. Nur-Pensionszusage), ist mangels laufender Gehaltsansprüche in der Anwartschaftsphase eine Vorwegnahme künftiger Lohn- und Einkommensentwicklungen nicht möglich. Demzufolge sind Nur-Pensionszusagen nach Auffassung der Finanzverwaltung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 und 2 EStG bilanzsteuerrechtlich anzuerkennen. Darüber hinaus kommt es nicht darauf an, ob der Versorgungsberechtigte für die Zusage auf Arbeitslohn verzichtet hat. Zusätzlich äußert sich die OFD Frankfurt mit Verf. vom 8.9.2008 (S 2742 A – 10 – St 51) wie folgt: In einem anfänglichen Barlohnverzicht mit der Folge einer Nur-Pension ist eine vGA zu sehen. Eine Ausstattung des Gesellschafter-GF ist nicht fremdüblich, wenn sie nur in einer Pensionszusage besteht. Bei einem späteren Barlohnverzicht liegt hingegen keine Überversorgung und mithin auch keine vGA vor, wenn die Pensionszusage ernsthaft, insolvenzsicher und für sich genommen angemessen ist.
Des Weiteren soll nach Auffassung des BFH eine vGA vorliegen, wenn es zu einer parallelen Zahlung von Pension und Gehalt an einen weiterbeschäftigten Gesellschafter-Geschäftsführer nach Erreichen der Altersgrenze kommt, sofern diese einem hypothetischen Fremdvergleich nicht standhält (BFH Urteil vom 23.10.2013, I R 60/12, BStBl II 2015, 413). Die gleichzeitige Zahlung von Pension und Gehalt sei in der Höhe der Pension als vGA zu werten. Zwar sei die Pension »erdient« worden und die Pensionszusage erfordere nicht zwangsläufig das Ausscheiden des Geschäftsführers aus dem Betrieb. Dennoch würde ein ordentlicher Geschäftsführer Pensionszahlungen mit Gehaltansprüchen verrechnen. Zudem sei das Bild eines dem Urteil zugrunde gelegten »Teilzeitgeschäftsführers« für Dritte nur schwer vermittelbar.
Ein Anschaffungsvorgang zwischen einer PersGes und ihren Gesellschaftern ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn die getroffenen Vereinbarungen zur Fälligkeit der Kaufpreiszahlung und zum Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzen und Lasten nicht beachtet werden (BFH vom 1.9.2022, IV R 25/19, BStBl II 2023, 695).
Eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen nahen Angehörigen kann steuerlich auch dann anerkannt werden, wenn die Beteiligung oder die zum Erwerb der Beteiligung aufzuwendenden Mittel dem in die Gesellschaft aufgenommenen Angehörigen unentgeltlich zugewendet worden sind (BFH vom 23.11.2021, VIII R 17/19, BFH/NV 2022, 521). Voraussetzung ist jedoch, dass die Vereinbarungen einem Fremdvergleich standhalten, d.h., sie müssen zivilrechtlich wirksam sein, inhaltlich dem unter fremden Dritten Üblichen entsprechen und auch wie unter fremden Dritten vollzogen werden. Bei der Prüfung der Frage, ob der geschlossene Vertrag wie zwischen fremden Dritten vollzogen wird, kommt insbes. der Umsetzung bzw. dem Vollzug der Einlagebestimmungen, den Gewinnbeteiligungsregelungen und der Beachtung der Informations- und Kontrollrechte Bedeutung zu.
Paus, Gelten künftig sachgerechtere Maßstäbe für die Abgrenzung verdeckter Gewinnausschüttungen? – Das BFH-Urteil v. 7.3.2018 – I R 89/15 weckt Hoffnungen zumindest für den Bereich der Pensionszusagen, NWB 40/2018, 2956; Rätke, Überhöhte Verzinsung eines Gesellschafterdarlehens als vGA, BBK 22/2021, 1047; Carlé, Ein Freiberufler kann Angehörige über eine Innen-GbR an seiner Praxis beteiligen; NWB 10/2022, 646; Schmitz-Herscheidt, Verdeckte Gewinnausschüttung durch Gesellschafterdarlehen, NWB 23/2022, 1596.
→ Gesellschafter-Geschäftsführer
→ Mietverträge zwischen Kapitalgesellschaften und Gesellschaftern
→ Verdeckte Gewinnausschüttung
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