Gesamtbetrag der Einkünfte

Stand: 16. Dezember 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Gesetzliche Definition
2 Ermittlung der Summe der Einkünfte
2.1 Horizontaler Verlustausgleich
2.2 Vertikaler Verlustausgleich
3 Zusammenveranlagung von Ehegatten
4 Besonderheiten zum Verlustabzug nach § 10d EStG
5 Besonderheiten zum Gesamtbetrag der Einkünfte ab 2012
6 Literaturhinweise
7 Verwandte Lexikonartikel

1. Gesetzliche Definition

Die Summe der Einkünfte, vermindert um den → Altersentlastungsbetrag, den → Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Abs. 3 EStG (→ Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft), ist der Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG). Hierbei ist zu beachten, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen seit Einführung der Abgeltungsteuer (ab 2009) nicht zu den Einkünften gerechnet werden; vgl. § 2 Abs. 5b EStG.

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2. Ermittlung der Summe der Einkünfte

2.1. Horizontaler Verlustausgleich

Die Summe der Einkünfte ist der Saldo der Zusammenrechnung der -negativen und/oder positiven – Einkünfte. Im ersten Schritt werden im Rahmen des horizontalen Verlustausgleichs zunächst die negativen Einkünfte einer Einkunftsart mit den positiven Einkünften derselben Einkunftsart ausgeglichen.

2.2. Vertikaler Verlustausgleich

Im zweiten Schritt werden durch den vertikalen Verlustausgleich die verbleibenden positiven und negativen Einkünfte verschiedener Einkunftsarten ausgeglichen. Für die Reihenfolge des Verlustausgleichs gilt, dass zunächst der horizontale und dann der vertikale Verlustausgleich durchzuführen ist. Enthält allerdings die Summe der Einkünfte solche, die nach einem günstigeren Tarif (z.B. außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 34 EStG) als dem Grund- bzw. Splittingtarif besteuert werden, erfolgt der Ausgleich nicht zuerst intern, sondern unter Berücksichtigung der anderen Einkunftsarten, soweit wie dies möglich ist. Durch dieses Vorgehen soll die Begünstigung weitgehend erhalten bleiben

3. Zusammenveranlagung von Ehegatten

Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten nach § 26b EStG wird der Gesamtbetrag der Einkünfte gemeinsam ermittelt. Die Summe der Einkünfte wird aber bei jedem Ehegatten getrennt ermittelt (R 26b Abs. 1 EStR). Durch das Zusammenrechnen der Einkünfte jedes Ehegatten zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte findet eventuell ein weiterer vertikaler Verlustausgleich statt (H 26b [Gesonderte Ermittlung der Einkünfte] EStH). Gemeinsame Einkünfte zusammenzuveranlagender Ehegatten sind grundsätzlich gesondert und einheitlich festzustellen (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und § 179 Abs. 2 AO), sofern es sich nicht um Fälle geringer Bedeutung handelt (§ 180 Abs. 3 AO).

Beispiel 1:

Einkünfte

Ehemann

Ehefrau

§ 15 EStG

90 000 €

90 000 €

§ 20 EStG

60 000 €

60 000 €

§ 18 EStG

./. 20 000 €

./. 20 000 €

§ 21 EStG

./. 30 000 €

./. 80 000 €

Lösung 1:

Stufe

Ehemann

Ehefrau

1

Ein horizontaler Verlustausgleich ist nicht möglich

Ein horizontaler Verlustausgleich ist nicht möglich

2

Die Einkünfte aus Kapitalvermögen nehmen am Verlustausgleich nicht teil (§ 2 Abs. 5b EStG). Die Summe der Einkünfte beträgt nach dem vertikalen Verlustausgleich

40 000 €

Die Einkünfte aus Kapitalvermögen nehmen am Verlustausgleich nicht teil (§ 2 Abs. 5b EStG). Die Summe der Einkünfte beträgt nach dem vertikalen Verlustausgleich

./. 10 000 €

3

Der Gesamtbetrag der Einkünfte beträgt 30 000 €.

Bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte findet ein vertikaler Verlustausgleich zwischen den Eheleuten statt

Beispiel 2:

Einkünfte

Ehemann

Ehefrau

§ 15 EStG

200 000 €

./. 100 000 €

§ 18 EStG

./. 80 000 €

./. 100 000 €

Lösung 2:

Stufe

Ehemann

Ehefrau

1

Ein horizontaler Verlustausgleich ist nicht möglich

Ein horizontaler Verlustausgleich ist nicht möglich

2

Die Summe der Einkünfte beträgt nach dem vertikalen Verlustausgleich

120 000 €

Die Summe der Einkünfte beträgt nach dem vertikalen Verlustausgleich

./. 200 000 €

3

Der Gesamtbetrag der Einkünfte beträgt ./. 80 000 €.

Bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte findet ein vertikaler Verlustausgleich zwischen den Eheleuten statt

4. Besonderheiten zum Verlustabzug nach § 10d EStG

Der negative Gesamtbetrag der Einkünfte ist nicht maßgeblich für den → Verlustabzug nach § 10d EStG. Die nach § 2 Abs. 3 EStG zur Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte von der Summe der Einkünfte abzuziehenden Beträge:

werden bei der Ermittlung des Verlustabzugs nicht berücksichtigt (R 10d Abs. 1 EStR). Der Betrag der negativen Einkünfte, der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen wird, entspricht der negativen Summe der Einkünfte.

Beispiel 3:

Ein lediger Stpfl. über 64 Jahre (Vollendung des 64. Lebensjahres im Kj. 2021), der einen Freibetrag i.S.d. § 32 EStG oder Kindergeld für ein Kind erhält, erzielt im VZ 22 folgende Einkünfte:

Einkünfte aus § 13 EStG

20 000 €

Einkünfte aus § 15 EStG

./. 61 000 €

Einkünfte aus § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG

40 000 €

Der Arbeitslohn beträgt 41 200 €.

Lösung 3:

Der Gesamtbetrag der Einkünfte wird wie folgt ermittelt:

Summe der Einkünfte

./. 1 000 €

abzgl. → Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG: 14,4 % des Arbeitslohns i.H.v. 41 200 € = 5 932 €, höchstens

./. 684 €

abzgl. Freibetrag nach § 13 Abs. 3 EStG

./. 670 €

abzgl. → Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG

./. 4 008 €

Gesamtbetrag der Einkünfte

./. 6 362 €

Nach § 10d EStG ist Verlustabzug möglich. Der Altersentlastungsbetrag, der Freibetrag für Land- und Forstwirte und der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende werden bei der Ermittlung des Verlustabzugs nicht berücksichtigt (R 10d Abs. 1 EStR). Der Betrag der negativen Einkünfte, der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen wird, entspricht der negativen Summe der Einkünfte, hier 1 000 €.

5. Besonderheiten zum Gesamtbetrag der Einkünfte ab 2012

Durch das Steuervereinfachungsgesetz vom 1.11.2011 (BGBl I 2011, 2131) wurde in § 10 des EStG Abs. 4b mit folgendem Wortlaut eingefügt:

»Erhält der Steuerpflichtige für die von ihm für einen anderen VZ geleisteten Aufwendungen im Sinne des Satzes 2 einen steuerfreien Zuschuss, ist dieser den erstatteten Aufwendungen gleichzustellen. Übersteigen bei den Sonderausgaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 3a die im Veranlagungszeitraum erstatteten Aufwendungen die geleisteten Aufwendungen (Erstattungsüberhang), ist der Erstattungsüberhang mit anderen im Rahmen der jeweiligen Nummer anzusetzenden Aufwendungen zu verrechnen. Ein verbleibender Betrag des sich bei den Aufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 und 4 ergebenden Erstattungsüberhangs ist dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen.«

§ 10 Abs. 4b EStG beschäftigt sich mit Erstattungsüberhängen von Sonderausgaben. Werden einem Stpfl. Aufwendungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 EStG im VZ erstattet, ist der Erstattungsbetrag mit den vom Stpfl. in diesem VZ geleisteten gleichartigen Aufwendungen zu verrechnen. Nur der Differenzbetrag ist als Sonderausgabe zu berücksichtigen. Ergibt sich allerdings ein Erstattungsüberhang (die Erstattungen übersteigen die tatsächlichen Aufwendungen in einem VZ), vertritt der BFH die Auffassung, dass in Fällen, in denen im Jahr der Erstattung – insbesondere im Fall der Kirchensteuer – eine Verrechnung nicht oder nicht in voller Höhe möglich ist, der Sonderausgabenabzug des Jahres der Verausgabung zu kürzen ist. Ein bereits bestandskräftiger Bescheid war nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern (BFH vom 23.2.2005, XI R 68/03). Diese für die Verwaltung unpraktikable Rspr. wurde seitens des Gesetzgebers ab 2012 aufgehoben.

Ergibt sich beim Abzug der Kirchensteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG) ein Erstattungsüberhang, ist dieser bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte hinzuzurechnen. Im Gegensatz zu den Vorsorgeaufwendungen ist eine Hinzurechnung angezeigt, da sich die in der Vergangenheit gezahlten Kirchensteuern im Sonderausgabenabzug ausgewirkt haben. Die Gesetzesänderung führt zu einer Steuervereinfachung, da zukünftig in derart gelagerten Fällen eine Wiederaufrollung der Steuerfestsetzung von Vorjahren dadurch vermieden wird, wie folgendes Beispiel zeigt.

Beispiel 4:

Bei der Einkommensteuerveranlagung 2009 eines Stpfl. hat sich die gezahlte Kirchensteuer i.H.v. 3 000 € in voller Höhe als Sonderausgabe ausgewirkt. Aufgrund des Bescheides 2009 erhält der Stpfl. im VZ 2012 eine Kirchensteuererstattung von 1 500 €. Der Stpfl. hingegen leistet im gesamten VZ 2012 lediglich Vorauszahlungen i.H.v. 1 000 €.

Lösung 4:

Die Verrechnung im VZ 2012 führt dazu, dass bei der Veranlagung keine Kirchensteuer als Sonderausgabe abgezogen werden kann, da die gezahlte Kirchensteuer i.H.v. 1 000 € nicht die erstattete Kirchensteuer von 1 500 € übersteigt. Nach bisher geltendem Recht wäre nunmehr die Veranlagung 2009 in der Weise nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern, dass die als Sonderausgabe angesetzte Kirchensteuer von 3 000 € um die Übererstattung von 500 € zu vermindern ist, sodass sich die abziehbare Kirchensteuer 2009 nur noch auf 2 500 € belaufen würde. Nach der geänderten Rechtslage kommt eine Änderung des Steuerbescheides 2009 nicht mehr in Betracht. Der Erstattungsüberhang von 500 € ist im Jahr 2012 gem. § 10 Abs. 4b EStG dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen.

Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die dem Stpfl. erstattet worden sind, sind auch dann gem. § 10 Abs. 4b Satz 2 EStG mit den dort genannten Aufwendungen zu verrechnen und gem. § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen, wenn die Erstattung darauf beruht, dass ein Sozialversicherungsverhältnis rückabgewickelt oder rückwirkend umgestellt worden ist. Die Verrechnung und die Hinzurechnung nach § 10 Abs. 4b Sätze 2 und 3 EStG sind unabhängig davon vorzunehmen, ob im Erstattungsjahr noch eine Änderung der Bescheide der Zahlungsjahre nach §§ 173 ff. AO möglich ist; vgl. BFH vom 22.3.2023, X R 27/21.

Zur Hinzurechnung eines Kirchensteuer-Erstattungsüberhangs entschied der BFH mit Urteil vom 12.3.2019, IX R 34/17 wie folgt: Der Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG erhöht nicht den Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG). Die Hinzurechnung nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG findet auch statt, wenn sich die erstattete Zahlung im Zahlungsjahr nicht steuermindernd ausgewirkt hat.

Negative Einkünfte sind, soweit sie nach § 10d Abs. 1 EStG zurückgetragen worden sind, zeitlich nicht mehr dem Entstehungsjahr zuzuordnen und bilden demzufolge auch nicht (mehr) die Grundlage für die Ermittlung des Einkommens im Entstehungsjahr. Der negative Gesamtbetrag der Einkünfte im Entstehungsjahr (§ 2 Abs. 3 EStG) ist nach Durchführung des Verlustrücktrags um den Betrag der zurückgetragenen Einkünfte zu erhöhen. Der durch den Verlustabzug modifizierte Gesamtbetrag der Einkünfte bildet die Ausgangsgröße für die weitere Ermittlung des Einkommens gem. § 2 Abs. 4 EStG; vgl. BFH vom 5.3.2023, IX R 6/21.

6. Literaturhinweise

Nolte, Geänderte Verlustverrechnungsmodalitäten im Ertragsteuerrecht, NWB Fach 3, 12907; Ruscheinsky, Kirchsteuererstattungsüberhang ab 2012, Steuerseminar 2012, 69.

7. Verwandte Lexikonartikel

Außerordentliche Einkünfte

Verlustabzug nach § 10d EStG

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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