Geschäftsreise

Stand: 16. Dezember 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Geschäftsreise ist eine berufsbedingte Reise, die sich auf einen oder mehrere Tage bezieht. Tagesgeschäftsreisen sehen keine Übernachtung vor.
  • Geschäftsreisen sind ökonomischer Art und zählen zur Arbeitszeit.
  • Sie sind im unternehmerischen Sinne eine Form der Unternehmensrepräsentation und beabsichtigen eine Handelsaktivität mit (neuen) Handelspartnern.
  • Kongress-, Tagungs- oder Seminarreisen dienen zur Fortbildung und Weiterentwicklung der Arbeitnehmer oder zur allgemeinen Unternehmensentwicklung.

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeines
2 Gemischt veranlasste Aufwendungen
3 Abzugsfähige Aufwendungen
3.1 Definition der Reisekosten
3.2 Fahrtkosten
3.2.1 Tatsächliche Aufwendungen
3.2.2 Pauschale Kilometersätze
3.2.2.1 Ertragsteuerrechtlicher Ansatz
3.2.2.2 Vorsteuerabzug
3.2.3 Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätten
3.2.3.1 Grundsätzliches
3.2.3.2 Rechtslage ab 1.1.2014
3.2.3.3 Umweg- bzw. Dreiecksfahrten
3.3 Verpflegungskosten
3.4 Übernachtungskosten
3.5 Reisenebenkosten
3.6 Telefonkosten
4 Doppelte Haushaltsführung
4.1 Grundsätzliches
4.2 Definition der doppelten Haushaltsführung
4.3 Fahrtkosten
4.3.1 Eingeschränkter Betriebsausgabenabzug
4.3.2 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung
4.3.3 Fahrten aus Anlass der Wohnungswechsel
4.3.4 Umgekehrte Familienheimfahrten
4.4 Unterkunftskosten
4.4.1 Betriebsausgabenabzug
4.4.2 Unterkunftskosten im Einzelnen
4.4.3 Vorsteuerabzug
4.5 Verpflegungsmehraufwendungen
4.6 Umzugskosten
5 Literaturhinweise
6 Verwandte Lexikonartikel

1. Allgemeines

Eine Geschäftsreise liegt bei einer vorübergehenden → Auswärtstätigkeit des Unternehmers selbst vor. Nach R 4.12 Abs. 2 EStR sind die Regelungen der LStR sinngemäß anzuwenden. Ab 2014 ist die Auswärtstätigkeit in § 9 Abs. 4a Satz 2 EStG umschrieben.

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Durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl I 2013, 285) wird die umfangreiche BFH-Rspr. zum Teil in § 9 EStG gesetzlich fixiert. Die Neuregelungen sind ab 2014 anzuwenden (→ Auswärtstätigkeit).

Das Bundesministerium der Finanzen überarbeitet im BMF-Schreiben vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 seine Auffassung zur steuerlichen Behandlung der Reisekosten von ArbN. Das Schreiben ersetzt das Schreiben vom 24.10.2014, BStBl I 2014, 1412).

Im Bereich der Gewinneinkünfte gilt das BMF-Schreiben vom 23.12.2014, BStBl I 2015, 26, welches zur ertragsteuerlichen Beurteilung von Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und von Reisekosten unter Berücksichtigung der Reform des steuerlichen Reisekostenrechts zum 1.1.2014 Stellung nimmt.

2. Gemischt veranlasste Aufwendungen

Der Große Senat des BFH hat mit Beschluss vom 21.9.2009 (GrS 1/06, BStBl II 2010, 672) entschieden, dass § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot für Aufwendungen normiert, die sowohl durch die Einkunftserzielung als auch privat veranlasste Teile enthalten (gemischte Aufwendungen). Aus diesem Anlass nimmt das BMF mit Schreiben vom 6.7.2010 (BStBl I 2010, 614) zur steuerlichen Beurteilung gemischter Aufwendungen Stellung. Reist ein Stpfl. zur Erholung und zur Aktualisierung von Lehrbüchern an ausländische Ferienorte, so ist regelmäßig von einer nicht unwesentlichen privaten Mitveranlassung auszugehen, die bei fehlender Trennbarkeit der Reise in einen beruflichen und einen privaten Teil den Abzug der Aufwendungen als Betriebsausgaben ausschließt (BFH Urteil vom 7.5.2013, VIII R 51/10, BStBl II 2013, 808; Anmerkung vom 17.9.2013, LEXinform 0652210). Zur betrieblichen Veranlassung sowie zur Aufteilung der Aufwendungen s. → Auswärtstätigkeit.

Der Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009 (GrS 1/06, BStBl II 2010, 672), nach dem gemischte Aufwendungen i.S.d. § 12 Nr. 1 EStG grundsätzlich aufzuteilen sind, hat keine Auswirkung auf die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Reisekosten. Nach Abschn. 15.2c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStAE ist bei Bezug von sonstigen Leistungen die darauf entfallende Steuer entsprechend dem Verwendungszweck in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Anteil aufzuteilen. Obwohl ertragsteuerrechtlich der nicht abzugsfähige Anteil der Aufwendungen zu Kosten der Lebensführung i.S.d. § 12 Nr. 1 EStG führt, ist umsatzsteuerrechtlich die nicht abziehbare Vorsteuer auf diesen Anteil nicht nach § 15 Abs. 1a UStG zu ermitteln. § 15 Abs. 1a UStG ist in Bezug auf § 12 Nr. 1 EStG lediglich bei Repräsentationsaufwendungen i.S.d. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG anzuwenden (Abschn. 15.6 Abs. 1 UStAE). Zur Anwendung des § 15 Abs. 1a UStG s. → Unentgeltliche Wertabgabe.

Lädt der Unternehmer Geschäftspartner zu einer Schiffsreise ein, sind die Aufwendungen für die Reise und hiermit zusammenhängende Bewirtungen ungeachtet ihrer betrieblichen Veranlassung nicht abziehbar, wenn ein Zusammenhang mit der Unterhaltung der Teilnehmer oder der Repräsentation des Unternehmens nicht ausgeschlossen werden kann (BFH vom 2.8.2012, IV R 25/09, BStBl II 2012, 824).

Sachverhalt und Entscheidung:

Geklagt hatte ein mittelständisches Unternehmen, das anlässlich der Kieler Woche mit Geschäftspartnern und eigenen Mitarbeitern aus dem Vertriebs- und Servicebereich eine sog. Regatta-Begleitfahrt unternommen hatte. Dazu war ein historisches Segelschiff gechartert worden, auf dem die Mitreisenden auch bewirtet wurden. Das Unternehmen war der Meinung, es müsse die Kosten der Reise und der Bewirtung in gleicher Weise als Betriebsausgabe abziehen können, wie es die Finanzverwaltung bei der Nutzung von sog. VIP-Logen an stationären Sportstätten zulasse. Schließlich lasse sich Segelsport nicht stationär, sondern nur vom Schiff aus beobachten.

Der BFH folgte dieser Argumentation nicht. Das EStG schließe Kosten für Schiffsreisen und damit zusammenhängende Bewirtungen bewusst vom Abzug aus, weil es darin Kosten einer unangemessenen Repräsentation sehe, die nicht »auf die Allgemeinheit abgewälzt« werden sollten. Nur wenn ein Zusammenhang mit der Unterhaltung der Geschäftspartner oder der Repräsentation des Unternehmens ausgeschlossen werden könne, sei ein Abzug der Kosten möglich. Auf Verwaltungsanweisungen zur Behandlung von Kosten für VIP-Logen könne sich das Unternehmen nicht berufen. Diese seien einerseits für die Gerichte nicht unmittelbar bindend und beträfen andererseits auch nur den hier nicht gegebenen Fall, dass ein Leistungsbündel von dem Sportveranstalter selbst bezogen werde (s.a. BFH Pressemitteilung Nr. 65/12 vom 12.9.2012, LEXinform 0438392).

Zwar können durch das Veranstalten eines Golfturniers veranlasste Aufwendungen einen den Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten »ähnlichen Zweck« erfüllen und dadurch den Betriebsausgabenabzugsausschluss nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG 2002 auslösen. Dies gilt aber nicht für Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Golfturnierreihe (20 Veranstaltungen) mit freier Teilnahmemöglichkeit für jeden Interessenten, zu deren Finanzierung sich ein Brauereibetrieb gegenüber seinen Geschäftspartnern (hier: Vereine bzw. Gastronomiebetriebe) im Rahmen von Bierliefervereinbarungen vertraglich verpflichtet; BFH vom 14.10.2015, I R 74/13.

3. Abzugsfähige Aufwendungen

3.1. Definition der Reisekosten

Reisekosten sind insbesondere dann als Betriebsausgaben abziehbar, wenn der Reise ein unmittelbarer beruflicher Anlass (z.B. das Aufsuchen eines Geschäftsfreundes) zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt der Reise bildet (BFH Urteil vom 19.1.2017, VI R 37/15, BStBl II 2017, 526; Bestätigung der ständigen Rechtsprechung). Nutzt der Stpfl. ein selbst gesteuertes Privatflugzeug für beruflich veranlasste Reisen, kann es sich bei den Flugkosten um Aufwendungen handeln, die die Lebensführung i.S.d. §§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7, 9 Abs. 5 Satz 1 EStG berühren.

Der BFH hat mit Urteil vom 7.5.2013 (VIII R 51/10, BStBl II 2013, 808) entschieden, dass die Gründe, aus denen der Stpfl. die Reise oder verschiedene Teile einer Reise unternimmt, maßgeblich sind, ob und inwieweit Aufwendungen für eine Reise in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen. Die Gründe bilden das »auslösende Moment«, das den Stpfl. bewogen hat, die Reisekosten zu tragen. Dabei steht eine unbedeutende private Mitveranlassung dem vollständigen Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht entgegen. Umgekehrt eröffnet eine nur unbedeutende berufliche Mitveranlassung von Aufwendungen für die Lebensführung keinen Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug. Reist ein Steuerpflichtiger zur Erholung und zur Aktualisierung von Lehrbüchern an ausländische Ferienorte, so ist regelmäßig von einer nicht unwesentlichen privaten Mitveranlassung auszugehen, die bei fehlender Trennbarkeit der Reise in einen beruflichen und einen privaten Teil den Abzug der Aufwendungen als Betriebsausgaben ausschließt. Zur Begründung trug er vor, wie in den Vorjahren habe er diese Reisen für zwei bis drei Wochen in den jeweiligen Sommerferien unternommen, um an den Ferienorten ausschließlich die von ihm verfassten Lehrbücher zu überarbeiten. Die weiteren Familienurlaube mit den beiden gemeinsamen Kindern habe er mit seiner Frau jeweils in den Oster- und Herbstferien unternommen. Auch während dieser Urlaube habe er teilweise seine Lehrbücher überarbeitet. Seine Ehefrau müsse ihn bei sämtlichen Auslandsaufenthalten begleiten, da er aufgrund seiner Schwerbehinderung auf eine Begleitperson angewiesen sei.

3.2. Fahrtkosten

3.2.1. Tatsächliche Aufwendungen

Die aus Anlass einer Geschäftsreise entstehenden und nachgewiesenen oder zumindest glaubhaft gemachten Fahrtkosten können in ihrer tatsächlichen Höhe als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) abgezogen werden (vgl. R 9.5 Abs. 1 Satz 1 LStR).

Der BFH bestätigt mit Urteil vom 19.1.2017 (VI R 37/15, BStBl II 2017, 526) die bisherige Rechtsprechung, indem er feststellt, dass es für den Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug von beruflich/betrieblich veranlassten Reisekosten dem Grunde nach nicht darauf ankommt, welches Verkehrsmittel der Stpfl. wählt. Dem Stpfl. steht die Wahl des Verkehrsmittels grundsätzlich frei. Es ist bei Reisekosten – wie auch sonst bei der Anerkennung von Aufwendungen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben – regelmäßig unerheblich, ob die geltend gemachten Aufwendungen objektiv gesehen zweckmäßig und notwendig waren, selbst wenn das Handeln des Stpfl. sich nachträglich als unwirtschaftlich herausstellt. Als Resümee daraus stellt der BFH fest, dass es der Berücksichtigung von Reisekosten dem Grunde nach nicht entgegensteht, dass der Stpfl. die Geschäftsreisen mit seinem Privatflugzeug durchgeführt hat. Insbesondere rechtfertigt die Wahl eines bestimmten Verkehrsmittels regelmäßig nicht die Annahme, dass die Verfolgung privater Reiseinteressen den Schwerpunkt der Reise bildet.

Allerdings muss in diesem Zusammenhang geprüft werden, ob der Betriebsausgabenabzug gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG auf einen angemessenen Betrag zu begrenzen ist. Danach dürfen Aufwendungen, »die die Lebensführung … berühren«, nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG den Gewinn nicht mindern, »soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind«. Dabei kann es sich anbieten, den angemessenen Teil der Reisekosten unter Rückgriff auf durchschnittliche Reisekosten einschließlich Nebenkosten (z.B. Flug- oder Bahnkosten; Kosten für Anreise zum Flughafen oder Bahnhof; Taxen und Parkgebühren) zu schätzen (s.a. Kröller, NWB 30/2017, 2276).

Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG kommt nicht zur Anwendung, wenn die Verwendung eines Schiffes zu Unterhaltungs- oder sportlichen Zwecken oder zur unangemessenen Repräsentation aus tatsächlichen Gründen ausscheidet, weil das Schiff als »schwimmender Besprechungsraum« oder reines Transportmittel genutzt wird. Dies gilt insbes. dann, wenn touristische Aspekte oder ein eventueller unentgeltlicher Erlebniswert auch am Nachmittag bzw. Abend während der Schiffsfahrt keine Rolle gespielt haben; vgl. BFH Beschluss vom 20.2.2019, XI B 15/18.

Ein Vorsteuerabzug ist unter den Voraussetzungen des Abschn. 15.2c UStAE möglich.

3.2.2. Pauschale Kilometersätze

3.2.2.1. Ertragsteuerrechtlicher Ansatz

Die in H 9.5 LStH genannten pauschalen Kilometersätze sind nur bei Benutzung privater Beförderungsmittel anzuwenden (R 4.12 Abs. 2 Satz 2 EStR). Verwendet der Unternehmer ein nicht zu seinem Unternehmen gehörendes Kfz, so kann er die pauschalen Kilometersätze geltend machen (→ Auswärtstätigkeit). S.a. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG.

3.2.2.2. Vorsteuerabzug

Ein Vorsteuerabzug ist beim Ansatz pauschaler Kilometersätze nicht möglich. Die unmittelbar und ausschließlich auf die unternehmerischen Fahrten entfallenden Vorsteuerbeträge müssen anhand von Rechnungen mit gesondert ausgewiesener USt oder sog. Kleinbetragsrechnungen (z.B. Tankquittungen) ermittelt werden. Deshalb kommt für Unternehmer, die die Aufwendungen für ihre unternehmerischen (betrieblichen) Fahrten lediglich anhand des ertragsteuerlichen Pauschalwerts von 0,30 €/km ermitteln, ein Vorsteuerabzug aus den Fahrzeugkosten nicht in Betracht.

Ein Vorsteuerabzug ist unter den Voraussetzungen des Abschn. 15.2c Abs. 3 UStAE möglich. Wird ein nicht zum Unternehmen gehörender Gegenstand gelegentlich dem Unternehmen überlassen, können nur die Vorsteuerbeträge abgezogen werden, die unmittelbar durch die unternehmerische Verwendung anfallen, z.B. die Steuer für den Bezug von Kraftstoff anlässlich einer betrieblichen Fahrt mit einem privaten Pkw.

3.2.3. Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätten

3.2.3.1. Grundsätzliches

Zur betrieblichen Nutzung zählt auch die auf Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte entfallende Nutzung gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG (BMF vom 18.11.2009, BStBl I 2009, 1326, Rz. 1). Nach der Verwaltungsauffassung im BMF-Schreiben vom 5.6.2014 (BStBl I 2014, 896, I.2. und Abschn. 15.23 Abs. 2 UStAE) sind die Fahrten des Unternehmers zwischen Wohnung und Betriebsstätte der unternehmerischen Nutzung des Fahrzeugs zuzurechnen (s.a. BFH Urteil vom 5.6.2014, XI R 36/12, BStBl II 2015, 43; s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 69/2014 vom 15.10.2014, LEXinform 0442432). Als Betriebsausgaben sind lediglich die in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG maßgeblichen Beträge zulässig. Die darüber hinaus gehenden Aufwendungen sind nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig (→ Pkw-Nutzung).

Hat ein Stpfl. mehrere Betriebsstätten in unterschiedlicher Entfernung von der Wohnung, konnte bisher bei der pauschalen Berechnung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG die Entfernung zur näher gelegenen Betriebsstätte zugrunde gelegt werden. Die Fahrten zur weiter entfernt gelegenen Betriebsstätte waren zusätzlich mit 0,002 % des inländischen Listenpreises i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden weiteren Entfernungskilometer (Differenz zwischen den Entfernungen der Wohnung zur jeweiligen Betriebsstätte) anzusetzen (BMF vom 18.11.2009, BStBl I 2009, 1326, Rz. 16 und Beispiel unter → Pkw-Nutzung).

Mit Urteil vom 27.10.2011 (3 K 1849/09, LEXinform 0437378) hat das FG Baden-Württemberg entschieden, dass ein selbstständiger Dozent nur eine Betriebsstätte haben kann. Im Lichte der Rspr.-Änderung des BFH vom 9.6.2011 (VI R 55/10, BStBl II 2012, 38), wonach ArbN nur eine regelmäßige Arbeitsstätte haben können, kann auch ein selbstständig Tätiger nur eine Betriebsstätte haben. Betriebsstätte i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG ist nur ein Ort, an dem sich der ortsgebundene Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit des Gewerbetreibenden, Landwirts oder Selbstständigen befindet.

Mit Urteil vom 11.11.2014, (VIII R 47/11, LEXinform 0929028) hat der BFH die Rechtsauffassung des FG Baden-Württemberg bestätigt. Fahrtaufwendungen eines selbstständigen Dozenten für Fahrten zwischen seiner Wohnung und den Bildungseinrichtungen sind (hier: in den Veranlagungszeiträumen 2001 bis 2003) nicht nur im Umfang der sog. Entfernungspauschale (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG), sondern nach Geschäftsreisegrundsätzen nach § 4 Abs. 4 EStG gewinnmindernd als Betriebsausgabe anzusetzen, wenn die verschiedenen Einsatzstellen nicht innerhalb eines in sich geschlossenen, nicht weit auseinandergezogenen und überschaubaren Gebiets, sondern sehr weit auseinander in unterschiedlichen Städten liegen und daher die Tätigkeit des Unternehmers der Tätigkeit von ArbN – entsprechend der früheren Terminologie – als solche an ständig wechselnden Einsatzstellen entspricht. Mit Schreiben vom 7.9.2015 nimmt das FinMin Schleswig-Holstein Stellung zum BFH-Urteil vom 11.11.2014 und sieht keine Bedenken, nach den Grundsätzen dieser BFH-Entscheidung zu verfahren.

3.2.3.2. Rechtslage ab 1.1.2014

Im Rahmen der Novellierung des steuerlichen Reisekostenrechts hat das BMF mit Schreiben vom 23.12.2014 (BStBl I 2015, 26) zur ertragsteuerlichen Beurteilung von Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und von Reisekosten für Unternehmer Stellung genommen.

Einleitend stellt das BMF fest, dass die Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte keine Reisekosten sind. Ihr Abzug richtet sich nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 bis 6 EStG (→ Pkw-Nutzung).

Zum Begriff der Betriebsstätte weist das BMF in seinem Schreiben vom 23.12.2014 (BStBl I 2015, 26; Rz. 1 ff.) auf die Gleichbehandlung von ArbN und Stpfl. mit Gewinneinkünften im Regelungsbereich der Behandlung der Fahrtaufwendungen zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bzw. Betriebsstätte hin. In diesem Bereich weicht der Begriff der Betriebsstätte vom Betriebsstättenbegriff des § 12 AO ab.

Eine Betriebsstätte ist die von der Wohnung getrennte dauerhafte Tätigkeitsstätte des Stpfl., d.h. eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Stpfl., des Auftraggebers oder eines vom Auftraggeber bestimmten Dritten, an der oder von der aus die steuerrechtlich relevante Tätigkeit dauerhaft ausgeübt wird (s.a. BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228, Rz. 3 und 5). Dauerhaftigkeit liegt vor, wenn die steuerlich erhebliche Tätigkeit an einer Tätigkeitsstätte unbefristet, für eine Dauer von voraussichtlich mehr als 48 Monaten oder für die gesamte Dauer der betrieblichen Tätigkeit ausgeübt werden soll. Eine eigene Verfügungsmacht ist nicht erforderlich. Der Stpfl. kann an mehreren Betriebsstätten tätig sein; für jeden Betrieb kann jedoch höchstens eine ortsfeste betriebliche Einrichtung Betriebsstätte i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG (erste Betriebsstätte) sein. Nach dem BFH-Urteil vom 13.5.2015 (III R 59/13, BFH/NV 2015, 1365, LEXinform 0934624) ist die Betriebsstätte i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG der Ort, an dem ein selbstständig Tätiger seine Leistung gegenüber den Kunden erbringt (s.a. BFH Urteil vom 23.10.2014, III R 19/13, BStBl II 2015, 323). Der Begriff der Betriebsstätte in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG ist somit weiter als der in § 12 AO, der eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht des Stpfl. über die von ihm genutzte Einrichtung voraussetzt. Danach sind z.B. Unterrichtsräume in öffentlichen Schulen und Kindergärten, in denen ein selbstständiger Lehrer seine Leistungen gegenüber Kunden erbringt, Betriebsstätten i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 EStG (BFH Urteil vom 23.10.2014, III R 19/13, BStBl II 2015, 323; Pressemitteilung des BFH Nr. 12/2015, LEXinform 0442935). Betriebsstätte i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG ist – abweichend von § 12 AO – bei einem im Wege eines Dienstvertrags tätigen Unternehmer, der nicht über eine eigene Betriebsstätte verfügt, der Ort, an dem oder von dem aus die beruflichen oder gewerblichen Leistungen erbracht werden. Dementsprechend sind auch die Aufwendungen eines Stpfl. mit Gewinneinkünften für regelmäßige Pkw-Fahrten zu seinem einzigen Auftraggeber nur in Höhe der Entfernungspauschale als Betriebsausgaben abziehbar (BFH Urteil vom 22.10.2014, X R 13/13, BStBl II 2015, 273; Anmerkung vom 10.2.2015, LEXinform 0652578; Pressemitteilung des BFH Nr. 10/2015 vom 4.2.2015, LEXinform 0442885). Entsprechend der BFH-Rechtsprechung hat das FG Hessen mit Urteil vom 19.9.2016 (9 K 485/16, EFG 2017, 120, LEXinform 5019670, rkr.) entscheiden, dass der selbstständige EDV-Berater am Sitz des Auftraggebers (der regelmäßige Tätigkeitsort), an dem die beruflichen Leistungen erbracht werden, seine Betriebsstätte hat, sodass die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte mit der Entfernungspauschale und nicht mit den tatsächlich angefallenen Kosten in Ansatz zu bringen sind.

Ein häusliches Arbeitszimmer ist keine Betriebsstätte i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG (s.a. BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228, Rz. 4). Nach dem BFH-Urteil vom 13.5.2015 (III R 59/13, BFH/NV 2015, 1365, LEXinform 0934624) ist der Arbeitsplatz eines Gewerbetreibenden oder sonstigen Selbstständigen keine Betriebsstätte i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG, wenn er einen Teil der Wohnung oder des Wohnhauses bildet. Dies trifft auch dann zu, wenn sich die zu Wohnzwecken und die betrieblich genutzten Räume in einem ausschließlich vom Stpfl. genutzten Zweifamilienhaus befinden und zwischen ihnen keine der Allgemeinheit zugängliche oder von fremden Dritten benutzte Verkehrsfläche liegt (s.a. BFH Urteil vom 22.10.2014; X R 13/13, BStBl II 2015, 273).

Ein Stpfl. kann seine betriebliche Tätigkeit aber auch an mehreren Betriebsstätten ausüben. Nach der Gleichbehandlung von ArbN und Selbstständigen kann es jedoch nur eine ortsfeste betriebliche Einrichtung als erste Betriebsstätte geben. Nach § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG ist danach erste Betriebsstätte die Tätigkeitsstätte, an der der Stpfl. typischerweise (im Sinne eines Vergleichs mit einem ArbN) arbeitstäglich oder je Woche an zwei vollen Arbeitstagen oder mindestens zu einem Drittel seiner regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden will. Treffen diese Kriterien auf mehrere Tätigkeitsstätten zu, ist die der Wohnung des Stpfl. näher gelegene Tätigkeitsstätte erste Betriebsstätte (entsprechend § 9 Abs. 4 Satz 7 EStG). Die Fahrten zu weiter entfernt liegenden Tätigkeitsstätten sind als Auswärtstätigkeiten zu beurteilen (s.a. BMF vom 23.12.2014, BStBl I 2015, 26, Rz. 4, Beispiele 1 bis 7).

Sofern der Stpfl. keine erste Betriebsstätte hat, weil er beispielsweise

  • typischerweise an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten seine Arbeiten ausführt oder

  • an einer nicht ortsfesten betrieblichen Einrichtung (z.B. Flugzeug oder Schiff) tätig wird,

kann er sämtliche Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte unbeschränkt abziehen (s.a. BMF vom 23.12.2014, BStBl I 2015, 26, Beispiel 8 in Rz. 6).

Fahrtkosten einer selbstständig tätigen Musiklehrerin sind zum uneingeschränkten Betriebsausgabenabzug zuzulassen, soweit sie zwischen Wohnung und ständig wechselnden Unterrichtseinrichtungen anfallen und keiner dieser Beschäftigungsstätten eine besondere zentrale Bedeutung zukommt (BFH Urteil vom 23.10.2014, III R 19/13, BStBl II 2015, 323; Anmerkung vom 24.2.2015, LEXinform 0652582).

Falls nach den Auftragsbedingungen dauerhaft derselbe Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet arbeitstäglich aufgesucht wird, kann der Stpfl. die Aufwendungen für Fahrten zu demjenigen Ort, der am nächsten zur Wohnung liegt, lediglich mit der einfachen Entfernung abziehen, die Aufwendungen für Fahrten zu den weitergelegenen Orten hingegen in voller Höhe (s.a. BMF vom 23.12.2014, BStBl I 2015, 26, Beispiel 9 in Rz. 7).

Ein Gewerbetreibender, der ein Abbruchunternehmen als Ein-Mann-Betrieb betreibt, hat seine Betriebsstätte i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG auf dem Gelände des Auftraggebers, ohne dass es hierfür auf seine eigene Verfügungsmacht über diese betriebliche Einrichtung ankommt. Diese bildet nach inhaltlichen und zeitlichen Kriterien den Mittelpunkt seiner betrieblichen Arbeit, da er aufgrund einer Vielzahl von Einzelaufträgen beruhenden Tätigkeit regelmäßig in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines einzigen Auftraggebers nachgeht; vgl. FG Düsseldorf vom 11.3.2019, 9 K 1960/17. In der anschließenden Revision entschied der BFH mit Urteil vom 16.2.2022, X R 14/19 zum Betriebsstättenbegriff nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG nach altem und dem ab 2014 geltenden Reisekostenrecht wie folgt: Wird der Gewerbetreibende an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Auftraggebers fortdauernd tätig, so liegt eine Betriebsstätte i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG in der bis zum Jahr 2013 geltenden Fassung auch dann vor, wenn der Gewerbetreibende zugleich über eine eigene Betriebsstätte verfügt. Das – ungeschriebene – Erfordernis eines nachhaltigen und fortdauernden Aufsuchens der Betriebsstätte zur Ausübung der betrieblichen Tätigkeit durch den Unternehmer (Merkmal der Dauerhaftigkeit) setzte nach der bis 2013 geltenden Rechtslage keine bestimmte vertragliche Mindestlaufzeit voraus.

Für die Auslegung des in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 EStG verwendeten Begriffs der Betriebsstätte ist die allgemeine Begriffsbestimmung des § 12 AO nicht heranzuziehen; vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 26.1.2021, 3 K 2195/18.

3.2.3.3. Umweg- bzw. Dreiecksfahrten

Fahrten eines Arztes von der Wohnung zur Praxis sind Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte, auch wenn dabei Hausbesuche miterledigt werden (FG München Urteil vom 6.6.2014, 8 K 3322/13, LEXinform 5017062, rkr.). Die anlässlich dieser Fahrten durchgeführten Hausbesuche ändern den Charakter der Fahrt nicht in einem Maße, dass das grundsätzliche Ziel der Fahrten (die Praxis oder bei der Heimfahrt der Wohnort) als Zweck der Fahrt in einer Weise überlagert würde, dass die Hausbesuche im Vordergrund stünden. Die Klägerin musste in jedem Fall zur Ausübung ihrer Tätigkeit zu den Praxispräsenzzeiten in die Praxis und von dort wieder nach Hause gelangen. Daran ändern die Patientenbesuche nichts Grundsätzliches. Sie führen lediglich zu Mehrwegen, die nach den Dienstreisegrundsätzen als betrieblicher Aufwand zu beurteilen sind.

Nach dem BFH-Urteil vom 19.5.2015 (VIII R 12/13, LEXinform 0929544) gilt die Abzugsbeschränkung durch die gesetzliche Entfernungspauschale für »Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte« auch dann, wenn die jeweilige Hinfahrt oder Rückfahrt durch ein Dienstgeschäft unterbrochen wird, gleichwohl aber als Ziel und Zweck der Fahrt das Erreichen der Wohnung oder der Betriebsstätte im Vordergrund steht (vgl. BFH Urteil vom 22.6.1995, IV R 74/94, BFH/NV 1996, 117, LEXinform 0129791).

Wird im Rahmen von Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte eines Steuerberaters die jeweils am selben Tag durchgeführte Hinfahrt oder Rückfahrt durch einen Mandantenbesuch unterbrochen, sind für die weitere Fahrtstrecke zu dem jeweils aufgesuchten Mandanten (Kunden), die über die bei der Entfernungspauschale berücksichtigte Entfernung zwischen Wohnung und Betriebsstätte hinausgeht, nur die Mehrkosten der Fahrt allein durch das Dienstgeschäft veranlasst und deshalb (nur) die auf diese Strecke entfallenden tatsächlichen Kosten bei den Betriebsausgaben abziehbar. Die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte ist nicht wegen der Fahrtunterbrechungen auf einer der beiden arbeitstäglich durchgeführten Fahrten nur zur Hälfte in Ansatz zu bringen (s.a. Anmerkung vom 15.12.2015, LEXinform 0947412).

Beispiel 1:

Der selbstständige Steuerberater S ist an 190 Tagen jährlich in seiner 40 km von der Wohnung entfernten Kanzlei tätig. Für sämtliche Fahrten nutzt er seinen betrieblichen Pkw, für den er kein Fahrtenbuch führt. Die betriebliche Nutzung des Pkw beträgt insgesamt 40 %. An 110 Tagen hat S während der Fahrten von der Wohnung zur Kanzlei Mandanten besucht. Der Umweg betrug an diesen Tagen durchschnittlich 15 km (55 km gesamt zwischen Wohnung – Mandant – Kanzlei). Die Heimfahrten von der Kanzlei zur Wohnung erfolgten ohne Mandantenbesuche. Aus der Buchhaltung ergeben sich insgesamt 18 600 € gebuchte Kosten für den Pkw. Die Gesamtfahrleistung beträgt 42 125 km, davon entfallen 40 % = 16 850 km auf betriebliche Fahrten.

Lösung 1:

Der Sachverhalt ist dem BFH-Urteil vom 19.5.2015 (VIII R 12/13, LEXinform 0929544) nachgebildet.

Sämtliche Pkw-Aufwendungen, einschließlich der AfA, für den betrieblichen Pkw wirken sich als Betriebsausgaben gewinnmindernd aus. Der BFH hatte über die Höhe der abzugsfähigen Betriebsausgaben für die Fahrten zwischen Wohnung und Kanzlei zu entscheiden.

Das FA war der Auffassung, dass die Fahrten zwischen Wohnung und Kanzlei nur zur Hälfte zu berücksichtigen seien: 190 Tage × 40 km × 0,15 € = 1 140 €.

Die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 Alternative 2 EStG zu ermitteln, da die Listenpreismethode i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG bei einer 40 %igen betrieblichen Nutzung nicht angewendet werden darf (s.a. BMF vom 18.11.2009, BStBl I 2009, 1326, Rz. 31).

Auf die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb entfallen folgende anteilig gebuchte Betriebsausgaben:

Gesamtkosten 18 600 € : Gesamtfahrleistung 42 125 km = 0,4415 €/km.

Höhe der Betriebsausgaben für die Fahrten zwischen Wohnung und Kanzlei:

190 Fahrten × 40 Entfernungskilometer × 2 = 15 200 km × 0,4415 € =

6 710 €

Entfernungspauschale lt. Finanzamt:

190 Tage × 40 km × 0,15 € =

./. 1 140 €

nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen

5 570 €

In seiner Entscheidung vom 19.5.2015 (VIII R 12/13, LEXinform 0929544) kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nicht wegen der Fahrtunterbrechungen auf einer der beiden arbeitstäglich durchgeführten Fahrten nur zur Hälfte in Ansatz zu bringen ist.

Höhe der Betriebsausgaben für die Fahrten zwischen Wohnung und Kanzlei:

190 Fahrten × 40 Entfernungskilometer × 2 = 15 200 km × 0,4415 € =

6 710 €

Entfernungspauschale:

190 Tage × 40 km × 0,30 € =

./. 2 280 €

nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen

4 430 €

Abwandlung 1:

Die betriebliche Nutzung beträgt 60 %. Der Bruttolistenpreis des Pkw beträgt 50 000 €.

Lösung:

Die Gesamtfahrleistung beträgt 42 125 km, davon entfallen 60 % = 25 275 km auf betriebliche Fahrten.

Die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 Alternative 1 EStG zu ermitteln.

Höhe der Betriebsausgaben für die Fahrten zwischen Wohnung und Kanzlei:

0,03 % von 50 000 € × 40 Entfernungskilometer x 12 Monate =

7 200 €

Entfernungspauschale:

190 Tage × 40 km × 0,30 € =

./. 2 280 €

nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen

4 920 €

Abwandlung 2:

Die betriebliche Nutzung beträgt 40 %; der Pkw ist Privatvermögen.

Sämtliche Pkw-Aufwendungen, einschließlich der AfA, für den privaten Pkw wirken sich nicht als Betriebsausgaben gewinnmindernd aus.

Bei Verwendung eines privaten Kfz ist der Ansatz pauschaler Kilometersätze zulässig (R 4.12 Abs. 2 Satz 2 EStR). Die lohnsteuerrechtlichen Regelungen zu den Reisekosten sind bei der Gewinnermittlung sinngemäß anzuwenden. Fahrtkosten im Zusammenhang mit Reisekosten sind ab 1.1.2014 nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 und 2 EStG zu berücksichtigen.

Die Anwendung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG setzt voraus, dass ein Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder für Familienheimfahrten genutzt wird. Die Zugehörigkeit des Kfz zum Betriebsvermögen des Stpfl. ist hierbei nicht erforderlich. Für ein Kfz im Privatvermögen des Stpfl. werden im Ergebnis nur Aufwendungen in Höhe der Entfernungspauschale i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Nr. 5 Satz 1 bis 6 EStG zum Abzug zugelassen. Die Regelung des § 9 Abs. 2 EStG ist entsprechend anzuwenden (BMF vom 18.11.2009, BStBl I 2009, 1326, Rz. 3).

Das FA war der Auffassung, dass die Fahrten zwischen Wohnung und Kanzlei nur zur Hälfte zu berücksichtigen seien: 190 Tage × 40 km × 0,15 € = 1 140 €.

In seiner Entscheidung vom 19.5.2015 (VIII R 12/13, LEXinform 0929544) kommt der BFH zu folgendem Ergebnis:

Die Abzugsbeschränkung durch die gesetzliche Entfernungspauschale gilt für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte auch dann, wenn die jeweilige Hinfahrt oder Rückfahrt durch ein Dienstgeschäft unterbrochen wird, gleichwohl aber als Ziel und Zweck der Fahrt das Erreichen der Wohnung oder der Betriebsstätte im Vordergrund steht.

Wird im Rahmen von Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte eines Steuerberaters die jeweils am selben Tag durchgeführte Hinfahrt oder Rückfahrt durch einen Mandantenbesuch unterbrochen, sind für die weitere Fahrtstrecke zu dem jeweils aufgesuchten Mandanten (Kunden), die über die bei der Entfernungspauschale berücksichtigte Entfernung zwischen Wohnung und Betriebsstätte hinausgeht, nur die Mehrkosten der Fahrt allein durch das Dienstgeschäft veranlasst und deshalb (nur) die auf diese Strecke entfallenden tatsächlichen Kosten bei den Betriebsausgaben abziehbar.

Die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte ist nicht wegen der Fahrtunterbrechungen auf einer der beiden arbeitstäglich durchgeführten Fahrten nur zur Hälfte in Ansatz zu bringen.

Entfernungspauschale:

190 Tage × 40 km × 0,30 € =

2 280 €

Dienstreisen:

110 Tage × 15 km × 0,30 € =

495 €

Betriebsausgaben insgesamt:

2 775 €

Die Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gilt arbeitstäglich zwei Wege (einen Hin- und einen Rückweg) ab. Legt ein Arbeitnehmer nur einen Weg zurück, so ist nur die Hälfte der Entfernungspauschale je Entfernungskilometer und Arbeitstag als Werbungskosten zu berücksichtigen. Hierdurch wird die mit der Entfernungspauschale beabsichtigte Typisierung und Pauschalierung der Fahrtkosten nicht infrage gestellt. Vielmehr wird § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG seinem Zweck nur dann gerecht, wenn die dem Werbungskostenabzug von 0,30 €/km zugrunde liegende Typisierung (ein Hin- und ein Rückweg je Arbeitstag) folgerichtig umgesetzt wird; vgl. BFH vom 12.2.2020, VI R 42/17.

3.3. Verpflegungskosten

Mehraufwendungen für Verpflegung sind grundsätzlich nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 EStG vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Wird der Stpfl. vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Abs. 4a EStG abziehbar (s.a. BMF vom 23.12.2014, BStBl I 2015, 26, Beispiel 10 in Rz. 10).

Ein selbstständiger Unternehmensberater, der über Monate hinweg wöchentlich zwei bis vier Arbeitstage in dem Betrieb eines Kunden auswärts tätig ist, kann Mehraufwendungen für seine Verpflegung nur in den ersten drei Monaten dieser Auswärtstätigkeit geltend machen. Dies gilt auch dann, wenn die Beratungsaufträge kurzfristig immer wieder aufs Neue erteilt werden. Eine Unterbrechung der Tätigkeit, die zum Neubeginn der Dreimonatsfrist führt, liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn sie mindestens vier Wochen andauert (BFH Urteil vom 28.2.2013, III R 94/10, BStBl II 2013, 725).

Wird durch Zahlungsbelege nur ein Gesamtpreis für Unterkunft und Verpflegung oder neben der Beherbergungsleistung nur ein Sammelposten für Nebenleistungen einschließlich Verpflegung nachgewiesen und lässt sich der Preis für die Verpflegung deshalb nicht feststellen (z.B. Tagungspauschale), so ist dieser Gesamtpreis zur Ermittlung der Übernachtungs- oder Reisenebenkosten zu kürzen. Als Kürzungsbeträge sind dabei

  • für Frühstück 20 %,

  • für Mittag- und Abendessen jeweils 40 %

der für den Unterkunftsort maßgebenden Verpflegungspauschale bei einer Auswärtstätigkeit mit einer Abwesenheitsdauer von 24 Stunden anzusetzen (BMF vom 23.12.2014, BStBl I 2015, 26, Rz. 11).

Beispiel 2:

Im Rahmen einer betrieblich veranlassten Auswärtstätigkeit übernachtet der Stpfl. im Hotel. Das Hotel stellt (netto) 100 € für die Übernachtung und zusätzlich (netto) 22 € für ein Business- oder Servicepaket (inkl. Frühstück) in Rechnung.

Lösung 2:

Der Stpfl. kann für den An- und Abreisetag jeweils eine Verpflegungspauschale von 14 € als Betriebsausgabe abziehen. Daneben können die Übernachtungskosten i.H.v. 100 € und die Aufwendungen für das Business- oder Servicepaket i.H.v. 16,40 € (22 € abzgl. 5,60 € ab VZ 2020) abgezogen werden. Der Kostenanteil für das Frühstück (anzusetzen mit 5,60 € ab VZ 2020) ist vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen und mit der Verpflegungspauschale abgegolten.

Die Verpflegungspauschalen sind nicht nach § 9 Abs. 4a Satz 8 EStG zu kürzen, auch wenn von dritter Seite Mahlzeiten unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung gestellt werden (BMF vom 23.12.2014, BStBl I 2015, 26, Rz. 12).

Der Unternehmer kann den Vorsteuerabzug aus Verpflegungskosten in Anspruch nehmen, wenn er die Verpflegungsleistungen anlässlich einer unternehmerisch bedingten Auswärtstätigkeit empfangen hat. Außerdem müssen die Verpflegungsaufwendungen durch Rechnungen mit gesondertem USt-Ausweis auf den Namen des Unternehmers bzw. durch Kleinbetragsrechnungen bis 250 € i.S.d. § 33 UStDV belegt sein.

Zur Berücksichtigung der Verpflegungsmehraufwendungen sowie zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung s. die Erläuterungen unter → Auswärtstätigkeit.

Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes ist für das Kj. 2024 eine Anhebung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen nach § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 1 EStG von 28 € auf 32 € sowie nach § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 2 bzw. Nr. 3 EStG jeweils von 14 € auf 16 € vorgesehen.

3.4. Übernachtungskosten

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6a EStG sind die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5a EStG abziehbaren Beträge übersteigen, vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Zur Ermittlung der Übernachtungskosten s.a. die Erläuterungen unter → Auswärtstätigkeit.

Unterkunfts- bzw. Übernachtungskosten sind die tatsächlichen Aufwendungen für die persönliche Inanspruchnahme einer Unterkunft zur Übernachtung. Hierzu zählen z.B. Kosten für die Nutzung eines Hotelzimmers, Mietaufwendungen für die Nutzung eines (ggf. möblierten) Zimmers oder einer Wohnung sowie Nebenleistungen (z.B. Kultur- und Tourismusförderabgabe, Kurtaxe/Fremdenverkehrsabgabe, bei Auslandsübernachtungen die besondere Kreditkartengebühr bei Zahlungen in Fremdwährungen).

Übernachtungskosten im In- und Ausland müssen im Einzelnen nachgewiesen werden (R 9.7 Abs. 2 LStR). Pauschbeträge dürfen nur bei Arbeitgebererstattungen angesetzt werden (→ Auswärtstätigkeit).

Wird durch Zahlungsbelege nur ein Gesamtpreis für Unterkunft und Frühstück nachgewiesen und lässt sich der Preis für das Frühstück nicht feststellen, so ist der Gesamtpreis zur Ermittlung der Übernachtungskosten wie folgt zu kürzen (BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 Rz. 118):

  1. für Frühstück um 20 %,

  2. für Mittag- und Abendessen um jeweils 40 %

des für den Unterkunftsort maßgebenden Pauschbetrags für Verpflegungsmehraufwendungen bei einer Auswärtstätigkeit mit einer Abwesenheitsdauer von mindestens 24 Stunden (→ Auswärtstätigkeit).

Der Unternehmer kann aus Rechnungen für Übernachtungen anlässlich einer Geschäftsreise unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Unternehmer als Empfänger der Übernachtungsleistungen anzusehen ist (vgl. Abschn. 15.2 Abs. 16 UStAE) und die Rechnung mit dem gesonderten Ausweis der USt dementsprechend auf den Namen des Unternehmers ausgestellt ist.

Nach Art. 5 Nr. 1 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22.12.2009 (BGBl I 2009, 3950) unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 7 % nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG ab 1.1.2010 die Vermietung und Verpachtung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen (→ Restaurationsumsätze; → Steuersätze bei der Umsatzsteuer).

Zur Abgrenzung zwischen begünstigter Übernachtungsleistung und nicht begünstigten anderen Leistungen s. die Pressemitteilung der OFD Karlsruhe vom 15.1.2010 (LEXinform 0434847). Das BMF-Schreiben vom 5.3.2010 (BStBl I 2010, 259) nimmt zur Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Beherbergungsleistungen ab dem 1.1.2010 Stellung (s.a. Abschn. 12.16 UStAE). In den Rz. 16 und 17 nimmt das BMF-Schreiben auch zu den lohnsteuerlichen Folgen der Steuersatzermäßigung Stellung (→ Auswärtstätigkeit).

3.5. Reisenebenkosten

Als Reisenebenkosten kommen die in R 9.8 LStR aufgeführten tatsächlichen Aufwendungen in Betracht. S. dazu auch H 9.8 LStH. Reisenebenkosten sind z.B. Parkgebühren oder auch Wertverluste wegen gestohlenen Gepäcks. Das BMF, Schreiben vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 zählt unter Rz. 129 die gängigsten Reisenebenkosten auf: Zu diesen zählen insbesondere Beförderung und Aufbewahrung von Gepäck, Telekommunikation und Schriftverkehr beruflichen Inhalts mit dem Arbeitgeber oder Geschäftspartnern, Straßen- und Parkplatzbenutzung sowie Schadensbeseitigung infolge von Verkehrsunfällen, wenn die jeweils damit verbundenen Fahrtkosten als Reisekosten anzusetzen sind. Der Verlust von auf der Reise abhanden gekommener oder beschädigter Gegenstände, die der ArbN auf der Reise verwenden musste, wenn der Verlust aufgrund einer reisespezifischen Gefährdung eingetreten ist, wird auch als Reisenebenkosten angesetzt. Berücksichtigt wird der Verlust bis zur Höhe des Wertes, der dem Gegenstand zum Zeitpunkt des Verlustes beigemessen wird.

3.6. Telefonkosten

Kosten für Telefongespräche, die während einer Auswärtstätigkeit von mindestens einer Woche Dauer anfallen, können als Werbungskosten abzugsfähig sein. Das hat der BFH mit Urteil vom 5.7.2012 (VI R 50/10, BStBl II 2013, 282) entschieden. Somit müssten auch die Telefonkosten in voller Höhe als Betriebsausgaben abzugsfähig sein; vgl. hierzu auch FG Münster vom 28.8.2013, 12 K 339/10 (s.a. → Private Telefonnutzung).

4. Doppelte Haushaltsführung

4.1. Grundsätzliches

Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung (s. R 9.11 LStR) fallen nicht unter den lohnsteuerrechtlichen Reisekostenbegriff (→ Doppelte Haushaltsführung). Der ertragsteuerrechtliche Reisekostenbegriff spielt allerdings für die Frage des Vorsteuerabzugs aus den Aufwendungen für »Auswärtstätigkeiten« keine Rolle. Entscheidend für den Vorsteuerabzug ist, dass die Voraussetzungen des § 15 UStG erfüllt sind und keine Ausschlusstatbestände vorliegen.

Die für den Werbungskostenabzug bei ArbN geltenden Regelungen zu den Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung sind dem Grunde und der Höhe nach entsprechend anzuwenden (BMF vom 23.12.2014, BStBl I 2015, 26, Rz. 13). Zu den Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung zählen

  • Fahrtkosten aus Anlass der Wohnungswechsel zu Beginn und am Ende der doppelten Haushaltsführung,

  • Fahrtkosten für wöchentliche Heimfahrten an den Ort des eigenen Hausstandes oder

  • Aufwendungen für wöchentliche Familien-Ferngespräche,

  • Verpflegungsmehraufwendungen,

  • Aufwendungen für die Zweitwohnung und

  • Umzugskosten bzw. sonstige Mehraufwendungen.

4.2. Definition der doppelten Haushaltsführung

Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der ArbN bzw. der Unternehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Haushalt unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt. Die Anzahl der Übernachtungen ist dabei unerheblich.

Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt neben dem Innehaben einer Wohnung aus eigenem Recht als Eigentümer oder Mieter bzw. aus abgeleitetem Recht als Ehegatte, Lebenspartner oder Lebensgefährte gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG auch eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung (laufende Kosten der Haushaltsführung) voraus.

Nach dem BMF-Schreiben vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228, Rz. 101 genügt es somit nicht, wenn der ArbN z.B. im Haushalt der Eltern lediglich ein oder mehrere Zimmer unentgeltlich bewohnt oder wenn dem ArbN eine Wohnung im Haus der Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird. Es ist nicht erforderlich, dass in der Wohnung am Ort des eigenen Hausstands hauswirtschaftliches Leben herrscht; z.B. wenn der ArbN seinen nicht berufstätigen Ehegatten an den auswärtigen Beschäftigungsort mitnimmt oder der ArbN nicht verheiratet ist. Eine Wohnung wird auch dann aus abgeleitetem Recht genutzt, wenn diese zwar allein vom Lebenspartner des Stpfl. angemietet wurde, der Stpfl. sich aber mit Duldung seines Partners dauerhaft dort aufhält und sich finanziell in einem Umfang an der Haushaltsführung beteiligt, der darauf schließen lässt, dass eine gemeinsame Haushaltsführung vorliegt.

Im Übrigen verlangt der Gesetzgeber seit 1.1.2014 auch eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung (laufende Kosten der Haushaltsführung; vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG). Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung ist darzulegen und kann auch bei volljährigen Kindern, die bei ihren Eltern oder einem Elternteil wohnen, nicht generell unterstellt werden. Hierdurch will der Gesetzgeber die anders lautende Rspr. vom 16.1.2013, Az. VI R 46/12, umgehen: Der gemeinsame Haushalt von Eltern und Kindern war bereits Streitgegenstand des BFH-Urteils vom 26.7.2012 (BStBl II 2013, 208). Mit Urteil vom 16.1.2013 (BStBl II 2013, 627) hat der BFH die Voraussetzungen der Anerkennung des eigenen Hausstands im Rahmen eines »Mehrgenerationshaushalts« fortentwickelt. Nach der Rspr. ist bei gemeinsamem Haushalt von Eltern und erwachsenen, wirtschaftlich eigenständigen und berufstätigen Kindern stets davon auszugehen, dass die Kinder – insbes. wenn die Wohnung am Beschäftigungsort lediglich als Schlafstätte dient – maßgebend zur Führung des Hausstands der Eltern beitragen. Insofern ist den Kindern ein eigener Haupthaushalt zuzurechnen. Die Entgeltlichkeit ist dabei keine unerlässliche Voraussetzung, sondern vielmehr ein gewichtiges Indiz. Indessen sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass der eigene Hausstand ab dem VZ 2014 eine finanzielle Beteiligung des Stpfl., mithin also auch der Kinder im gemeinsamen Haushalt, gesetzlich voraussetzt (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG i.d.F. ab VZ 2014, BStBl I 2013, 188).

Betragen die Barleistungen des ArbN mehr als 10 % der monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Lebensführung (z.B. Miete, Mietnebenkosten, Kosten für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs), ist von einer finanziellen Beteiligung auszugehen. Bei zusammen veranlagten Ehegatten/Lebenspartnern wird im Übrigen die finanzielle Beteiligung unterstellt und ist nicht zu würdigen; vgl. hierzu Ausführungen des BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228, Rz. 101.

Mit Urteil vom 12.1.2023, VI R 39/19 entschied der BFH erstmals ausführlich zu der gesetzlichen Neuregelung einer finanziellen Beteiligung (im Rahmen eines Mehrgenerationenhaushalts).

Das BMF-Schreiben vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 enthält in den Rz. 102–104 Vereinfachungsregelungen hinsichtlich der Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung, wie nachfolgende Beispiele zeigen:

Beispiel 3 (vgl. Beispiel 62, BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228):

Der ArbN A hat seine Hauptwohnung in B und in C seine erste Tätigkeitsstätte. Die Entfernung von B (Hauptwohnung) nach C beträgt 100 km und die Fahrzeit mit dem ICE 50 Minuten. Der ArbN nimmt sich in Z eine Zweitwohnung. Die Entfernung von dieser Zweitwohnung in Z nach C (erste Tätigkeitsstätte) beträgt 30 km.

Lösung 3:

Aufgrund der Entfernung von mehr als 50 km zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte liegt die Hauptwohnung nicht am Ort der ersten Tätigkeitsstätte (vgl. Rz. 102). Eine Prüfung der Fahrzeit zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte ist nicht erforderlich. Die Zweitwohnung in Z liegt 30 km entfernt und damit noch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte. Es liegt daher eine doppelte Haushaltsführung vor. Da die kürzeste Straßenverbindung von der Zweitwohnung zur ersten Tätigkeitsstätte (30 km) auch weniger als die Hälfte der Straßenverbindung zwischen Hauptwohnung in B und erster Tätigkeitsstätte beträgt (1/2 von 100 km = 50 km), kann auch von einer beruflichen Veranlassung der doppelten Haushaltsführung ausgegangen werden.

Beispiel 4 (Abwandlung zu Beispiel 3):

Die Entfernung von B (Hauptwohnung) zur ersten Tätigkeitsstätte beträgt 54 km und die Fahrzeit 70 Minuten. Die Zweitwohnung in Z ist 32 km von der ersten Tätigkeitsstäte entfernt und die tägliche Fahrzeit beträgt 26 Minuten.

Lösung 4:

Aufgrund der Entfernung von mehr als 50 km zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte liegt die Hauptwohnung nicht am Ort der ersten Tätigkeitsstätte (vgl. Rz. 102). Eine weitergehende Prüfung der Fahrzeit zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte ist nicht erforderlich. Die Zweitwohnung in Z liegt 32 km entfernt und damit noch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte. Es liegt daher eine doppelte Haushaltsführung vor. Zwar beträgt die kürzeste Straßenverbindung von der Zweitwohnung zur ersten Tätigkeitsstätte (32 km) mehr als die Hälfte der kürzesten Straßenverbindung zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte (27 km). Allerdings kann A darlegen, dass sich die Fahrzeit zur ersten Tätigkeitsstätte von der Zweitwohnung um mehr als die Hälfte und damit wesentlich verkürzt (Fahrzeit 26 Minuten); daher kann gleichwohl von einer beruflichen Veranlassung der doppelten Haushaltsführung ausgegangen werden.

Beispiel 5:

Der Stpfl. X unterhält in B mit seiner Ehefrau und den zwei Kindern einen eigenen Haushalt. X ist in A beschäftigt und hat dort auch eine Wohnung gemietet. X sucht seine Arbeitsstätte in A an 42 Tagen mit dem Pkw von B und an 178 Tagen von seiner Wohnung in A mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf. Die einfache Entfernung von B zu seiner ersten Tätigkeitsstätte in A beträgt 36 km. Die dafür benötigte Fahrzeit beträgt mit öffentlichen Verkehrsmitteln ca. 1 Stunde. Der Stpfl. beantragt u.a. die Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung.

Lösung 5:

Der Sachverhalt und die Lösung ergeben sich aus dem BFH-Urteil vom 16.11.2017 (VI R 31/16, BStBl II 2018, 404; Dürr, NWB 13/2018, 844).

Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort müssen auseinanderfallen (BFH vom 16.11.2017, VI R 31/16, BStBl II 2018, 404, Rz. 10). Denn nur dann ist der Stpfl. außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG beschäftigt. Eine doppelte Haushaltsführung ist deshalb nicht gegeben, wenn der Stpfl. in einer Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen einen Zweithaushalt führt und auch der vorhandene »eigene Hausstand« am Beschäftigungsort belegen ist. Denn dann fallen der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort nicht auseinander.

Beschäftigungsort i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG ist der Ort der langfristig und dauerhaft angelegten Arbeitsstätte (hier in A). Es entspricht der langjährigen Rspr., den Begriff des Beschäftigungsorts weit auszulegen und darunter insbes. nicht nur die nämliche politische Gemeinde, in der die erste Tätigkeitsstätte liegt, zu verstehen. So hatte der BFH bereits mit Urteil vom 9.11.1971 (VI R 96/70, BStBl II 1972, 134) darauf erkannt, dass ein ArbN auch dann am Beschäftigungsort i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG wohnt, wenn er in der Umgebung der politischen Gemeinde wohnt, in der sich seine Arbeitsstätte befindet, und von dort aus zur Arbeitsstätte fährt. Eine Wohnung dient dem Wohnen am Beschäftigungsort, wenn sie dem ArbN ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen ermöglicht, seine Arbeitsstätte täglich aufzusuchen; der BFH hat dies bei Wegezeiten von etwa einer Stunde bejaht (BFH Urteil vom 19.4.2012, VI R 59/11, BStBl II 2012, 833).

Die Hauptwohnung in B sowie die Wohnung in A sind beide am Beschäftigungsort belegen. Die Aufwendungen für die (Zweit-)Wohnung in A sind als Kosten der Lebensführung nicht beruflich veranlasst (s.a. BFH vom 16.1.2018, VI R 2/16, BFH/NV 2018, 712; Anmerkung vom 30.1.2018, LEXinform 0653356).

Das BMF setzt das Urteil des BFH vom 16.11.2017, VI R 31/16, in das BMF-Schreiben vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 in Rz. 102 um: Eine Hauptwohnung i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG ist am Ort der ersten Tätigkeitsstätte belegen, wenn der Stpfl. von dieser Wohnung seine erste Tätigkeitsstätte in zumutbarer Weise täglich erreichen kann. Eine Fahrzeit von bis zu einer Stunde je Wegstrecke unter Zugrundelegung individueller Verkehrsverbindungen und Wegezeiten kann i.d.R. als zumutbar angesehen werden (vgl. BFH vom 16.11.2017, VI R 31/16, BStBl II 2018, 404). Aus Vereinfachungsgründen kann für die Frage, ob die Hauptwohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte belegen ist oder nicht, z.B. wenn sie innerhalb derselben politischen Gemeinde, Stadt oder in deren unmittelbaren Umkreis liegt, die Entfernung der kürzesten Straßenverbindung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG) zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte herangezogen werden. Beträgt die Entfernung zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte mehr als 50 km, ist davon auszugehen, dass sich die Hauptwohnung außerhalb des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte befindet.

Mit Urteil vom 8.10.2014 (VI R 16/14, BStBl II 2015, 511) hat der BFH seine Rspr. zum Lebensmittelpunkt fortentwickelt. Ob die außerhalb des Beschäftigungsorts belegene Wohnung des Stpfl. (ArbN bzw. Unternehmer) als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen anzusehen ist und deshalb seinen Hausstand darstellt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Für diese Prüfung gibt der BFH folgende Vorgaben:

  1. Der Umstand, dass beiderseits berufstätige Ehegatten/Lebenspartner/Lebensgefährten während der Woche (und damit den weitaus überwiegenden Teil des Jahres) am Beschäftigungsort zusammenleben, rechtfertigt es allein nicht, dort den Lebensmittelpunkt des Stpfl. und seiner (Haupt-)Bezugsperson zu verorten (s.a. BFH vom 7.5.2015, VI R 71/14, BFH/NV 2015, 1240, LEXinform 0950055).

  2. Feststellungen zum Lebensmittelpunkt ergeben sich aus einer Zusammenschau mehrerer Einzeltatsachen (u.a. persönliche Verhältnisse des Stpfl., Ausstattung und Größe der Wohnungen, Art und Intensität der sozialen Kontakte, Vereinszugehörigkeiten und andere private Aktivitäten und Unternehmungen). Indizien können weiter sein, wie oft und wie lange sich der Stpfl. in der einen und der anderen Wohnung aufhält, sofern der Aufenthalt dem Unterhalten des Ersthaushalts und dem dort geführten Privatleben dient und sich nicht lediglich in Familienbesuchen erschöpft. Denn auch eine Vielzahl von Besuchsfahrten, selbst wenn sie der Fürsorge gegenüber einem kranken Familienmitglied wegen unternommen werden, rechtfertigt es nicht, den Besuchsort als Lebensmittelpunkt des Besuchers anzusehen.

  3. Bei einem verheirateten Stpfl. liegt der Mittelpunkt der Lebensinteressen grds. an dem Ort, an dem sein Ehepartner und – wenn auch nicht notwendigerweise – auch seine minderjährigen Kinder wohnen. Gelegentliche Besuche des Ehepartners am Beschäftigungsort des Stpfl. sowie das Zusammenleben berufstätiger Ehegatten an dem Beschäftigungsort während der Woche führen dabei für sich genommen noch nicht zu einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes. Dagegen verlagert sich i.d.R. der Mittelpunkt der Lebensinteressen an den Beschäftigungsort, wenn der Stpfl. dort mit seinem Ehepartner in eine familiengerechte Wohnung einzieht, auch wenn die frühere Familienwohnung beibehalten und zeitweise noch genutzt wird. Diese Regelvermutung gilt nicht nur bei Eheleuten, sondern nach Auffassung des BFH gleichermaßen bei verpartnerten wie nichtverpartnerten und unverheirateten Lebensgefährten (s.a. Anmerkung vom 5.2.2015, LEXinform 0946574).

Eine doppelte Haushaltsführung wird beendet, wenn keine Aufsplitterung in zwei Haushalte mehr gegeben ist, weil der Familienhaushalt (der »Hausstand« i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG) an den Beschäftigungsort oder in dessen Einzugsbereich verlegt wird und der Arbeit-/Unternehmer seinen am Beschäftigungsort bisher unterhaltenen Zweithaushalt aufgibt. Dies ist i.d.R. der Fall, wenn die Ehefrau – ggf. mit Kindern – zu dem auswärts beschäftigten Ehemann zieht, auch wenn der Arbeit-/Unternehmer die frühere Familienwohnung beibehält, in der sich die Ehefrau zeitweilig aufzuhalten pflegt (vgl. BFH vom 21.1.1972, VI R 95/71, BStBl II 1972, 262; vom 19.11.1989, VI R 27/86, BStBl II 1990, 308). Mit Urteil vom 1.10.2019, VIII R 29/16 entschied der BFH zu den Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung für beiderseits beruflich tätige Ehegatten wie folgt: Für beiderseits berufstätige Ehegatten, die mit ihren Kindern am Beschäftigungsort in einer familiengerechten Wohnung leben, ist der Mittelpunkt der Lebensinteressen im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls nach den in der höchstrichterlichen Rspr. entwickelten Kriterien zu bestimmen. Danach gilt die Vermutung, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen unter diesen Umständen i.d.R. an den Beschäftigungsort verlagert, auch wenn die frühere Familienwohnung beibehalten und zeitweise noch genutzt wird. Der Stpfl. kann Umstände des Einzelfalls darlegen, die entgegen der Regelvermutung auf Grundlage der erforderlichen Gesamtwürdigung für einen Lebensmittelpunkt außerhalb des Beschäftigungsorts sprechen.

Zur Berücksichtigung einer doppelten Haushaltsführung siehe ausführlicher die Erläuterungen unter → Doppelte Haushaltsführung.

4.3. Fahrtkosten

4.3.1. Eingeschränkter Betriebsausgabenabzug

Bei Fahrten von der Wohnung zur Betriebsstätte und bei Familienheimfahrten sind die Fahrtkosten ertragsteuerrechtlich nur mit den Entfernungspauschalen abzugsfähig (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 EStG). Technisch wird diese gesetzgeberische Entscheidung in der Weise umgesetzt, dass der positive Unterschiedsbetrag zwischen 0,002 % des inländischen Listenpreises des genutzten betrieblichen Kfz pro Entfernungskilometer und der Pauschale für eine wöchentliche Familienheimfahrt dem Gewinn wieder hinzugerechnet wird.

Mit Urteil vom 19.6.2013 (VIII R 24/09, BStBl II 2013, 812) hat der BFH entschieden, dass die Erfassung der Pkw-Nutzung für Familienheimfahrten von Selbstständigen verfassungsgemäß ist. Die Regelungen über die Erfassung eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines (eigenen) betrieblichen Fahrzeugs durch den Unternehmer einerseits und die Nutzung eines vom ArbG überlassenen Fahrzeugs durch einen ArbN andererseits jeweils für Familienheimfahrten führen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Diese Ungleichbehandlung ist nach Auffassung des BFH jedoch gerechtfertigt.

Überlässt ein ArbG seinem ArbN ein Kfz, für welches er sämtliche Kosten als Betriebsausgaben abgezogen hat und nutzt der ArbN dieses auch für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, hat der ArbN grundsätzlich lohnsteuerpflichtige Einnahmen i.H.v. 0,002 % des inländischen Listenpreises des Fahrzeugs pro Entfernungskilometer (§ 8 Abs. 2 Satz 5 EStG). Allerdings gilt dies dann nicht, wenn dem ArbN für die Familienheimfahrten ein Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Sätze 3 und 4 EStG zustehen würde (§ 8 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 2 EStG). Dies bedeutet, dass in Fällen der Fahrzeugüberlassung an ArbN für die abzugsberechtigte wöchentliche Familienheimfahrt zwar ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen ist (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG), allerdings auch kein geldwerter Vorteil für die Fahrzeugüberlassung zum Ansatz kommt. Dies gilt im Hinblick auf die bezweckte Vereinfachung (vgl. BT-Drs 13/1686, 8) auch dann, wenn der Nutzungsvorteil rechnerisch höher als der korrespondierende Werbungskostenabzug wäre. Dies ist stets der Fall, wenn der Bruttolistenpreis des für eine Familienheimfahrt genutzten Fahrzeugs höher als 15 000 € ist.

Indes stellt sich die Situation beim selbstständigen Unternehmer, der ein betriebliches Fahrzeug für seine wöchentlichen Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung nutzt, im Ergebnis anders dar. Denn in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG gibt es keine Ausnahme von der Hinzurechnung des Zuschlags für die eine begünstigte Familienheimfahrt pro Woche. Somit muss der Unternehmer stets die positive Differenz zur Entfernungspauschale, die sich bei Überschreiten der o.g. Grenzwerte der Bruttolistenpreise ergibt, seinem Gewinn hinzurechnen. Diese ungleiche Erfassung eines geldwerten Nutzungsvorteils bei Familienheimfahrten verstößt jedoch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

4.3.2. Umsatzsteuerrechtliche Behandlung

Sämtliche Fahrten des Unternehmers

  • zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie

  • für Familienheimfahrten wegen einer aus betrieblichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung

sind der unternehmerischen Nutzung des Fahrzeugs zuzurechnen (Abschn. 15.23 Abs. 2 Satz 2 UStAE).

Aufwendungen für Zwischenheimfahrten (z.B. zur Einnahme des Mittagessens) sowie für mehr als eine wöchentliche Familienheimfahrt sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Das Gesetz sieht für Stpfl., die Gewinneinkünfte erzielen, eine Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs für die Kosten des Kfz vor. Danach begrenzt § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG den Abzug dieser Aufwendungen insoweit, als der Wert höher ist als die Entfernungspauschale (s.a. BFH Urteil vom 22.9.2010, VI R 57/09, BStBl II 2011, 359). Für sämtliche Fahrten – nicht nur für eine tägliche Fahrt zwischen Wohnung und Betrieb bzw. eine wöchentliche Familienheimfahrt – wird der Betriebsausgabenabzug pauschaliert mit 0,03 % bzw. 0,002 % des Bruttolistenpreises korrigiert und danach auf den Wert der Entfernungspauschale begrenzt. Es ist zu beachten, dass es sich bei den Aufwendungen, die unter § 4 Abs. 5 EStG aufgeführt sind, dem Grunde nach um Betriebsausgaben handelt, deren Abzug lediglich ganz bzw. teilweise eingeschränkt wird. Umsatzsteuerrechtlich ist die Vorsteuer für die unternehmerisch bedingten Fahrten abziehbar, da die Betriebsausgabenkorrektur des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG ausdrücklich von der Anwendung des § 15 Abs. 1a UStG ausgenommen ist.

Zu Vorsteuerabzug und Umsatzbesteuerung bei (teil-)unternehmerisch verwendeten Fahrzeugen vgl. die Ausführungen des BMF vom 5.6.2014, BStBl I 2014, 896.

4.3.3. Fahrten aus Anlass der Wohnungswechsel

Für die Fahrten anlässlich der Wohnungswechsel zu Beginn und am Ende der doppelten Haushaltsführung sind die tatsächlichen Aufwendungen zu berücksichtigen (R 9.11 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 LStR). Aus Vereinfachungsgründen können auch die pauschalen Kilometersätze berücksichtigt werden (R 9.11 Abs. 6 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228, Rz. 37.

Ertragsteuerrechtlich handelt es sich um betriebliche Fahrten, für die der Betriebsausgabenabzug nicht eingeschränkt ist (kein Fall des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG).

Umsatzsteuerrechtlich sind die Fahrten der unternehmerischen Nutzung des Fahrzeugs zuzurechnen (kein Fall des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG).

4.3.4. Umgekehrte Familienheimfahrten

Tritt der den doppelten Haushalt führende Ehegatte die wöchentliche Familienheimfahrt aus privaten Gründen nicht an, sind die Aufwendungen für die stattdessen durchgeführte Besuchsfahrt des anderen Ehegatten zum Beschäftigungsort keine Betriebsausgaben/Werbungskosten (BFH Beschluss vom 2.2.2011, VI R 15/10, BStBl II 2011, 456; Anmerkung vom 29.3.2011, LEXinform 0632563 sowie Pressemitteilung des BFH Nr. 22/11 vom 23.3.2011, LEXinform 0436300).

Der BFH hat einen Werbungskostenabzug der Aufwendungen für Besuchsfahrten eines Ehepartners zur auswärtigen Tätigkeitsstätte des anderen Ehepartners im Rahmen einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit abgelehnt (BFH vom 22.10.2015, BStBl II 2016, 179). Die berufliche Veranlassung für solche Fahrten sei selbst dann nicht gegeben, wenn der ArbN eine Fahrt vom auswärtigen Beschäftigungsort zum Familienwohnsitz nicht durchführen kann, weil seine Anwesenheit am Beschäftigungsort aufgrund einer Weisung bzw. Empfehlung des ArbG oder aus anderen beruflichen Gründen erforderlich ist. Die berufliche Veranlassung der an sich privaten Besuchsfahrt des Ehegatten kann daraus nicht hergeleitet werden. Der Bundesfinanzhof musste nicht darüber entscheiden, ob an der Rspr. weiter festzuhalten ist, wonach bei sog. umgekehrten Familienheimfahrten im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung eine steuerfreie Arbeitgebererstattung bzw. ein Werbungskostenabzug möglich ist, wenn der ArbN aus beruflichen Gründen an der Familienheimfahrt gehindert ist.

4.4. Unterkunftskosten

4.4.1. Betriebsausgabenabzug

Die §§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6a i.V.m. 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG weisen die Kosten für das Wohnen am Beschäftigungsort dem Grunde nach dem betrieblichen oder beruflich veranlassten Mehraufwand zu, dessen Abzug der Höhe nach auf das Notwendige beschränkt wird (s.a. BFH Urteil vom 9.8.2007, VI R 23/05, BStBl II 2009, 722 sowie Pressemitteilung des BFH Nr. 71/07 vom 29.8.2007, LEXinform 0173553).

Beachte:

Die Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit entfällt ab 1.1.2014; auch auf die Zahl der Wohnungsbenutzer (Angehörige) kommt es nicht an. Durch die Höchstbetragsregelung von 1 000 € ist die anders lautende Rspr. des BFH (vgl. BFH vom 9.8.2007, VI R 10/06, BStBl II 2007, 820) überholt (BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228, Rz. 106).

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6a EStG dürfen die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 bis 4 EStG abziehbaren Beträge übersteigen, nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.

4.4.2. Unterkunftskosten im Einzelnen

Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung im Inland werden die dem Unternehmer tatsächlich entstandenen Aufwendungen für die Nutzung der Wohnung oder Unterkunft, höchstens bis zu einem nachgewiesenen Betrag von 1 000 € im Monat anerkannt. Die Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit entfällt (s.o. unter Beachte).

Steht die Zweitwohnung oder -unterkunft im Eigentum des Unternehmers, sind die tatsächlichen Aufwendungen (z.B. AfA, Schuldzinsen, Reparaturkosten, Nebenkosten) bis zum Höchstbetrag von 1 000 € monatlich zu berücksichtigen. Insoweit gelten die Grundsätze des BFH-Urteils vom 3.12.1982 (VI R 228/80, BStBl II 1983, 467) weiter (s.a. H 9.11 (5-10) [Eigene Zweitwohnung] LStH und BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, Rz. 107).

Der Höchstbetrag umfasst sämtliche entstehenden Aufwendungen, wie Miete, Betriebskosten, Kosten der laufenden Reinigung und Pflege der Wohnung/Unterkunft, AfA für notwendige Einrichtungsgegenstände, Zweitwohnungssteuer, Rundfunkbeitrag, Miet- oder Pachtgebühren für Kfz-Stellplätze, Aufwendungen für Sondernutzung (wie Garten), die vom Unternehmer selbst getragen werden. Wird die Zweitwohnung oder -unterkunft möbliert angemietet, sind die Aufwendungen bis zum Höchstbetrag berücksichtigungsfähig. Auch Aufwendungen für einen separat angemieteten Garagenstellplatz sind in den Höchstbetrag einzubeziehen und können nicht als »sonstige« notwendige Mehraufwendungen zusätzlich berücksichtigt werden. Das BFH-Urteil vom 13.12.2012 (VI R 50/11, BStBl II 2013, 286) ist überholt. Maklerkosten, die für die Anmietung einer Zweitwohnung oder -unterkunft entstehen, sind als Umzugskosten zusätzlich als Werbungskosten abziehbar (R 9.9 Abs. 2 LStR) oder vom ArbG steuerfrei erstattbar. Sie sind nicht in die 1 000 €-Grenze mit einzubeziehen (BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228, Rz. 108).

Hinweis:

Zur Höchstbetragsbegrenzung bei den Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung hat der BFH mit Urteil vom 4.4.2019 (VI R 18/17, BFH/NV 2019, 870, LEXinform 0951311) gegen die Verwaltungsregelung im BMF-Schreiben vom 24.10.2014 (BStBl I 2014, 1412, Rz. 104) entschieden, dass Kosten für Einrichtungsgegenstände und Hausrat nicht zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft gehören, die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG mit höchstens 1 000 € im Monat angesetzt werden können. Es handelt sich vielmehr um sonstige Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung, die unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abziehbar sind. Das BMF regelt im Schreiben vom 25.11.2020 o.g. Regelung neu unter der Rz. 108: Der Höchstbetrag umfasst sämtliche entstehenden Aufwendungen wie Miete, Betriebskosten, Kosten der laufenden Reinigung und Pflege der Zweitwohnung oder -unterkunft, Zweitwohnungsteuer, Rundfunkbeitrag, Miet- oder Pachtgebühren für Kfz-Stellplätze, Aufwendungen für Sondernutzung (wie Garten), die vom Arbeitnehmer selbst getragen werden, nicht jedoch Aufwendungen für Hausrat, Einrichtungsgegenstände oder Arbeitsmittel, mit denen die Zweitwohnung ausgestattet ist. Aufwendungen für die erforderliche Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung, soweit sie nicht überhöht sind, können als sonstige notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigt werden (BFH vom 4.4.2019, VI R 18/17, BStBl II 2019, 449). Übersteigen die Anschaffungskosten des ArbN für Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung (ohne Arbeitsmittel) insgesamt nicht den Betrag von 5 000 € einschließlich Umsatzsteuer, ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass es sich um notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung handelt.

Nicht zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft i. S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG, sondern zu den sonstigen, nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbaren Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung gehören auch die Aufwendungen für einen separat angemieteten Pkw-Stellplatz zum Parken des Dienstwagens; vgl. Urteil des FG des Saarlandes vom 20.5.2020, 2 K 1251/17. Die Ansicht des FG Saarland teilen auch die FG Niedersachsen (Urteil vom 16.3.2023, 10 K 202/22) sowie Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 21.9.2022, 3 K 48/22).

Der Höchstbetrag nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG i.H.v. 1 000 € ist ein Monatsbetrag, der nicht auf einen Kalendertag umzurechnen ist und grundsätzlich für jede doppelte Haushaltsführung des Unternehmers gesondert gilt. Soweit der monatliche Höchstbetrag von 1 000 € nicht ausgeschöpft wird, ist eine Übertragung des nicht ausgeschöpften Volumens in andere Monate des Bestehens der doppelten Haushaltsführung im selben Kj. möglich.

Beziehen mehrere berufstätige Stpfl. (z.B. beiderseits berufstätige Ehegatten, Lebenspartner, Lebensgefährten, Mitglieder einer Wohngemeinschaft) am gemeinsamen Beschäftigungsort eine gemeinsame Zweitwohnung, handelt es sich jeweils um eine doppelte Haushaltsführung, so dass jeder Unternehmer den Höchstbetrag für die tatsächlich von ihm getragenen Aufwendungen jeweils für sich beanspruchen kann (BMF vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228, Rz. 111).

Beispiel 6:

Beiderseits berufstätige Ehegatten bewohnen an ihrem Beschäftigungsort in M gemeinsam eine möblierte Unterkunft. Ihren Hausstand sowie ihren Lebensmittelpunkt haben die Eheleute nachweislich im eigenen Einfamilienhaus in B. Die Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft am Beschäftigungsort betragen inklusive sämtlicher Nebenkosten und Abschreibungen für notwendige Einrichtungsgegenstände 1 100 € im Monat. Diese werden aufgrund gemeinsamer Verpflichtung von beiden Ehegatten zu gleichen Anteilen gezahlt.

Lösung 6:

Die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft können bei jedem Ehegatten jeweils i.H.v. 550 € angesetzt werden.

Beispiel 7:

Die Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft (Miete, inkl. sämtlicher berücksichtigungsfähiger Nebenkosten und evtl. Abschreibungen für notwendige Einrichtungsgegenstände) durch den Stpfl. betragen bis zum 30.6. monatlich 990 €. Ab 1.7. wird die Miete um 30 € erhöht, so dass ab diesem Zeitpunkt die monatlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft 1 020 € betragen.

Lösung 7:

In den Monaten Januar bis Juni können die Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft in voller Höhe vom ArbG steuerfrei erstattet bzw. vom Stpfl. als Werbungskosten/Betriebsausgaben geltend gemacht werden.

Ab Juli ist grds. die Beschränkung auf den Höchstbetrag von 1 000 € zu beachten. Die den Höchstbetrag übersteigenden Aufwendungen von monatlich 20 € können allerdings mit dem noch nicht aufgebrauchten Höchstbetragsvolumen der Monate Januar bis Juni (6 x 10 € = 60 €) verrechnet und insoweit steuerfrei erstattet oder als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Beim Betriebsausgabenabzug im Rahmen der ESt-Veranlagung hat der Stpfl. das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung und die finanzielle Beteiligung an der Haushaltsführung am Ort des eigenen Hausstands darzulegen. Kosten der Zweitwohnung oder -unterkunft sind für die Berücksichtigung als Betriebsausgaben grundsätzlich im Einzelnen nachzuweisen; sie können geschätzt werden, wenn sie dem Grunde nach zweifelsfrei entstanden sind (vgl. BFH Urteil vom 12.9.2001, VI R 72/97, BStBl II 2001, 775).

4.4.3. Vorsteuerabzug

Zum Vorsteuerabzug aus den Unterkunftskosten s. die Erläuterungen zu → Auswärtstätigkeit.

4.5. Verpflegungsmehraufwendungen

Zur Ermittlung der Verpflegungspauschalen und zur ertrag- und umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Verpflegungsmehraufwendungen s. die Erläuterungen zu → Auswärtstätigkeit.

An Verpflegungsmehraufwendungen kommen nach § 9 Abs. 4a Satz 3 EStG insbes. in Betracht:

  • 28 € (ab VZ 2020) für jeden Kalendertag, an dem der ArbN 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist. Hierbei sind die Tage unter der Woche zu verstehen, in denen der ArbN arbeitstäglich von seiner Zweitwohnung die erste Tätigkeitsstätte aufsucht.

  • Jeweils 14 € (ab VZ 2020) für den An- und Abreisetag, wenn der ArbN an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet. Hierbei sind die Tage zu verstehen, in denen der ArbN die Familienheimfahrten (und somit die Hin- und Rückfahrten) durchführt. Hier ist eine erhebliche Verbesserung durch die Reisekostenreform für den ArbN im Vergleich zur bisherigen Rechtslage zu erkennen, da bisher für die An- und Abreisetage eine Mindestabwesenheit von acht Stunden Voraussetzung für den Ansatz von Verpflegungsmehraufwendungen war. Aus diesem Grund reicht es nunmehr aus, wenn der ArbN für die Rückfahrt zur Zweitwohnung (vermutlich am Sonntag) nach 16 Uhr die Abreise beginnt, um von dem Abzug der Verpflegungsmehraufwendungen zu profitieren.

Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes ist für das Kj. 2024 eine Anhebung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen nach § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 1 EStG von 28 € auf 32 € sowie nach § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 2 bzw. Nr. 3 EStG jeweils von 14 € auf 16 € vorgesehen.

Mehraufwendungen für Verpflegung sind grds. nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 EStG vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Wird der Stpfl. vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Abs. 4a EStG abziehbar.

Die Verpflegungspauschalen gelten auch für eine Übergangszeit von drei Monaten nachdem eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung begründet wurde (§ 9 Abs. 4a Satz 12 EStG). Die Begrenzung des Abzugs von Mehraufwendungen für die Verpflegung auf drei Monate bei einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung ist verfassungsgemäß (BFH Urteil vom 8.7.2010, VI R 10/08, BStBl II 2011, 32; Pressemitteilung des BFH Nr. 95/10 vom 3.11.2010, LEXinform 0435823).

Verlegt ein Stpfl. seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort weg und nutzt daraufhin eine bereits vorhandene Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen als Zweithaushalt (sog. Wegverlegungsfall), so wird die doppelte Haushaltsführung mit Umwidmung der bisherigen Wohnung des Stpfl. in einen Zweithaushalt begründet. Mit dem Zeitpunkt der Umwidmung beginnt in sog. Wegverlegungsfällen die Dreimonatsfrist für die Abzugsfähigkeit von Verpflegungsmehraufwendungen (BFH Urteil vom 8.10.2014, VI R 7/13, BStBl II 2015, 336).

Beispiel 8:

Der Stpfl. A wird vom Stammsitz seines ArbG, wo er mit seiner Familie wohnt, an einen 250 km entfernten Tochterbetrieb im Inland ohne zeitliche Begrenzung umgesetzt bzw. A eröffnet als Unternehmer dort einen Betrieb. A behält seinen Familienwohnsitz bei und übernachtet während der Woche in einem Hotel in der Nähe des Tochterbetriebs bzw. seines Betriebs. Das Hotel stellt dem ArbG bzw. dem Unternehmer pro Übernachtung 50 € zzgl. 10 € für ein Frühstück in Rechnung, welche der ArbN zunächst verauslagt und dann von seinem ArbG erstattet erhält.

Im Falle der doppelten Haushaltsführung des Unternehmers selbst erhält dieser die Rechnung und zahlt die Rechnung an das Hotel.

Lösung 8:

Es liegt eine doppelte Haushaltsführung vor, da der Tochterbetrieb mit der zeitlich unbegrenzten Zuordnung zur ersten Tätigkeitsstätte des ArbN wird.

Im Falle des Unternehmers liegt eine doppelte Haushaltsführung vor, da der Betrieb zur ersten Betriebsstätte des Unternehmers wird.

Für die ersten drei Monate der doppelten Haushaltsführung gelten die Regelungen zur Gestellung von Mahlzeiten bei Auswärtstätigkeit entsprechend. Nach Ablauf der Dreimonatsfrist sind dann die Regeln der Gestellung von Mahlzeiten am Ort der ersten Tätigkeitsstätte anzuwenden.

In den ersten drei Monaten der doppelten Haushaltsführung unterbleibt folglich die Erfassung des arbeitstäglichen Frühstücks mit dem amtlichen Sachbezugswert als Arbeitslohn bei gleichzeitiger Kürzung der täglichen Verpflegungspauschalen um jeweils 5,60 € (ab VZ 2020).

Nach Ablauf der ersten drei Monate ist für das Frühstück ein geldwerter Vorteil i.H.d. Sachbezugswertes anzusetzen (R 8.1 Abs. 7 Nr. 1 LStR).

In den ersten drei Monaten hat der Unternehmer Betriebsausgaben i.H.d. Verpflegungspauschalen i.S.d. § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG. Nach Ablauf der ersten drei Monate ist ein Betriebsausgabenabzug nicht mehr möglich.

Hinweis:

Der Vorsteuerabzug aus den Verpflegungsaufwendungen ist unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zeitlich unbegrenzt – ohne Beachtung der Dreimonatsfrist – möglich (s. die Erläuterungen zu → Auswärtstätigkeit).

4.6. Umzugskosten

Zu den notwendigen Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung gehören auch die durch das Beziehen oder die Aufgabe der Zweitwohnung verursachten tatsächlichen → Umzugskosten (H 9.11 (5–10) [Umzugskosten] LStH). Eine Pauschalierung der sonstigen Umzugsauslagen i.S.d. § 10 BUKG ist dabei nicht möglich (R 9.11 Abs. 9 LStR).

Ist der Umzug betrieblich veranlasst, so stellen die Umzugskosten nach § 4 Abs. 4 EStG Betriebsausgaben dar. Es gelten dabei die Werbungskostengrundsätze des R 9.9 Abs. 2 und R 9.11 Abs. 9 LStR.

Soweit der Unternehmer eine Lieferung oder sonstige Leistung für sein Unternehmen bezieht, ist er unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt.

5. Literaturhinweise

Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer (Loseblatt); Holin, Weimann, Reisekosten von Mitarbeitern: Unternehmer (= Arbeitgeber) muss auch »Besteller« der Leistung sein!, UStB 2012, 173; Thoma u.a., Umsatzsteuerliche Beurteilung der Gewährung von Unterkunft durch den Arbeitgeber anlässlich einer doppelten Haushaltsführung des Arbeitnehmers, UStB 2012, 47; Schmidt, Fahrten zum Mietobjekt unter Berücksichtigung des neuen Reisekostenrechts, NWB 2014, 782; Hörhammer u.a., Auswirkungen der Reisekostenreform auf die Gewinnermittlung, NWB 8/2015, 484; Dürr, Doppelte Haushaltsführung nur bei unzumutbarer Fahrzeit zwischen Hauptwohnung und Arbeitsstätte, NWB 13/2018, 844.

6. Verwandte Lexikonartikel

Auswärtstätigkeit

Doppelte Haushaltsführung

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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