1 Gesellschafterwechsel: Steuerpflichtige Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2a GrEStG
1.1 Inländischer Grundbesitz § 2 GrEStG
1.2 Unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes
1.2.1 Übertragung von Anteilen auf Neugesellschafter
1.2.2 Erwerb zusätzlicher Anteile im Rahmen einer Kapitalerhöhung
1.3 Übertragung von mindestens 90 % der Anteile auf neue Gesellschafter
1.4 Mittelbare Veränderungen des Gesellschafterbestandes
1.5 Zehnjahresfrist
1.6 Bemessungsgrundlage
1.7 Zeitlicher Anwendungsbereich der Neureglungen zum 1.7.2021
2 Steuerbefreiungen
2.1 Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf den Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner
2.2 Schenkweise Übertragung von Gesellschaftsanteilen
2.3 Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 17 GrEStG
3 Gesellschafterwechsel: Steuerpflichtige Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2b GrEStG
4 Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG
4.1 Allgemeines
4.2 Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG
4.3 Mittelbare Beteiligung
4.4 Mehrstufige Beteiligungsstrukturen
4.5 Mittelbare Anteilsvereinigung in Organschaftsfällen
4.6 Zeitpunkt der Anteilsvereinigung
5 Wirtschaftliche Beteiligung § 1 Abs. 3a GrEStG
5.1 Neuregelung zur Missbrauchsabwehr
5.2 Zeitlicher Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3a GrEStG
6 Steuerfreie Erwerbsvorgänge
6.1 Grundsätzliches
6.2 Schenkweiser Erwerb von Gesellschaftsanteilen
6.3 Steuerbefreiung bei Übertragung eines Grundstücks einer Personengesellschaft auf einen Gesellschafter und dessen Ehefrau zu Miteigentum
6.4 Übergang auf eine Gesamthand
6.5 Konzernklausel
6.5.1 Konzernklausel nach § 6a GrEStG
6.5.2 Erweiterung der Konzernklausel ab 7.6.2013
6.6 Keine Steuerfreiheit bei Übertragung von Grundstücken auf gesellschaftsrechtlicher Basis
6.7 Keine Steuerfreiheit bei unentgeltlichen Übertragungen der öffentlichen Hand
6.8 Steuerfreiheit bei unentgeltlichen Übertragungen durch Kirchen bzw. deren Untergliederungen
6.9 Gemischte Schenkungen
7 Verfahrensfragen
8 Gemeinschaftsrecht
9 Ertragsteuerrechtliche Behandlung der Grunderwerbsteuer beim Wechsel im Gesellschafterbestand und bei der Anteilsvereinigung
10 Literaturhinweise
11 Verwandte Lexikonartikel
0 Aktuelle Gesetzesänderung
Die Änderungen des GrEStG zu den sog. Share-Deals sind im Jahr 2021 – mit Wirkung zum 1.7.2021 – in Kraft getreten (Zustimmung Bundesrat am 7.5.2021; LEXinform 0450095). Die Änderungen betreffen insbesondere:
Änderung der 95 %-Grenze auf 90 % (§ 1 Abs. 2a, Abs. 3 Abs. 3a GrEStG),
innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren anstelle von fünf (§ 1 Abs. 2a GrEStG),
neuer Ergänzungstatbestand § 1 Abs. 2b GrEStG erfasst der Gesellschafterwechsel an KapGes (vergleichbar mit § 1 Abs. 2a GrEStG für PersGes),
Anpassung der Fristen in § 5 Abs. 3 GrEStG und § 6 Abs. 3 GrEStG von bisher fünf auf zehn Jahre,
weitere Änderungen: Einführung Börsenklausel § 1 Abs. 2c GrEStG, § 8 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG für Grundstückskäufe im Rückwirkungszeitraum von Umwandlungsfällen.
Die Finanzverwaltung hat mit gleichlautenden Ländererlassen zu den Übergangsregelungen Stellung genommen (z.B. FinMin BW, FM3-S-4430-1 / 29 vom 29.6.2021, LEXinform 7012837). Weitere Erlasse vom 10.5.2022 enthalten neue Verwaltungsauffassungen zur Anwendung des § 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG (z.B. zu § 1 Abs. 2a: FinMin BW, FM3-S 4501-2/82 sowie zu § 1 Abs. 2b: FinMin BW, FM3-S 4430-1/30). Der Erlass zu § 1 Abs. 2a GrEStG ersetzt die bisherigen Ländererlasse vom 12.11.2018.
Zum Verhältnis der neuen Absätze Abs. 2a und Abs. 2b zu § 1 Abs. 3 GrEStG vgl. unter 7. Im gleichlautenden Ländererlass vom 5.3.2024 (LEXinform 7013884).
Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft (§ 1 Abs. 2a GrEStG).
Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG im Überblick:
zum Gesellschaftsvermögen einer PersGes gehört inländischer Grundbesitz i.S.d. § 2 GrEStG,
Übergang von mind. 90 % der Anteile auf neue Gesellschafter,
unmittelbar oder mittelbar,
innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren.
Bemessungsgrundlage ist in diesen Fällen der jeweilige Grundbesitzwert i.S.d. § 157 BewG.
Die PersGes und die Erbengemeinschaft gelten bei der Grunderwerbsteuer als selbstständige Rechtsträger. Die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10.5.2022 (z.B. FinMin BW, FM3-S 4501-2/82) nehmen zur Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG Stellung.
Zum Gesellschaftsvermögen muss inländischer Grundbesitz gehören. Ist § 1 Abs. 2a GrEStG einschlägig, so löst jedes inländische Grundstück, welches sich im Zeitraum des Gesellschafterwechsels durchgängig zum Vermögen der PersGes gehört hat, GrESt aus.
Beispiel 1:
Zum Vermögen der vermögensverwaltenden Immo-GbR gehören drei Mietwohngrundstücke in München. Im Jahr 2017 erwirbt die GbR ein weiteres Mietwohngrundstück in Augsburg. Gesellschafter sind zu gleichen Teilen A, B, C und D. Im Jahr 2015 überträgt A seinen gesamten Anteil auf X, ebenso B im Jahr 2016. Im Jahr 2017 überträgt C seinen Anteil auf Y. Dieser erwirbt im Jahr 2018 auch den gesamten Anteil von D. Nach den Anteilsübertragungen sind X und Y je zur Hälfte Gesellschafter der Immo-GbR. Zum Gesellschaftsvermögen gehören vier inländische Grundstücke.
Lösung 1:
Sämtliche Anteile an der GbR gehen im Zeitraum 2015–2018 auf neue Gesellschafter über. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG ist somit erfüllt. Der Gesellschafterwechsel an der Immo-GbR löst GrESt für die Mietwohngrundstücke in München aus. Da das Grundstück in Augsburg nicht durchgängig im Zeitraum des Gesellschafterwechsels zum Vermögen der GbR zählte, wird dieses nicht erfasst.
Ein inländisches Grundstück »gehört« einer Gesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG nur dann, wenn es ihr im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld für den nach § 1 Abs. 2a GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgang aufgrund eines zuvor unter § 1 Abs. 1 bis 3a GrEStG fallenden und verwirklichten Erwerbsvorgangs grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen ist (BFH vom 1.12.2021, II R 44/18, LEXinform 0952189). Ein Grundstück einer Untergesellschaft ist einer Obergesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich nur zuzurechnen, wenn die Obergesellschaft selbst es aufgrund eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 1 bis 3a GrEStG erworben hat. Da die Ergänzungstatbestände § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG jeweils auch den mittelbaren Übergang von Beteiligungen an grundbesitzenden Gesellschaften erfassen, besteht keine Notwendigkeit, einer Obergesellschaft allein aufgrund ihrer Beteiligung an einer Untergesellschaft deren Grundstücke zuzurechnen. Eine Besteuerungslücke entsteht dadurch nicht, so der BFH in der Urteilsbegründung.
Zur Zurechnung eines Grundstücks im Rahmen der Anwendung der Tatbestände aus § 1 Abs. 2, 2a, 2b und Abs. 3 GrEStG hat der BFH mit Urteil vom 14.12.2022 (II R 40/20, LEXinform 0953352) wie folgt entschieden:
Ein inländisches Grundstück ist einer Gesellschaft im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld für den nach § 1 Abs. 3 GrEStG der GrESt unterliegenden Rechtsvorgang zuzurechnen, wenn sie zuvor in Bezug auf dieses Grundstück einen unter § 1 Abs. 1 GrEStG (und die Verwertungsbefugnis einschließenden) oder einen unter § 1 Abs. 2 GrEStG fallenden Erwerbsvorgang verwirklicht hat. Für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG ist es ihr nicht mehr zuzurechnen, wenn ein Dritter in Bezug auf dieses Grundstück einen unter § 1 Abs. 1 GrEStG (und die Verwertungsbefugnis einschließenden) oder einen unter § 1 Abs. 2 GrEStG fallenden Erwerbsvorgang verwirklicht hat.
Die FinVerw hat mit gleich lautenden Ländererlassen vom 16.10.2023 zur Anwendung des o.g. BFH-Urteils und zur Zurechnung von Grundstücken in den Fällen des § 1 Abs. 2a bis Abs. 3a GrEStG Stellung genommen (LEXinform 7013731) und die Auffassung des BFH übernommen. Neben der grundbesitzenden Gesellschaft ist das Grundstück einer anderen Gesellschaft zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld für den Rechtsvorgang, der nach § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG der GrESt unterliegt, zuzurechnen, wenn diese Gesellschaft zuvor hinsichtlich dieses Grundstücks einen Erwerbsvorgang verwirklicht hat, der unter § 1 Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG fällt. Das bloße Halten einer Beteiligung in einer bestimmten Höhe ist für eine Zurechnung nicht ausreichend. Für die Ergänzungstatbestände nach § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG ist dieser anderen Gesellschaft das Grundstück nicht mehr zuzurechnen, wenn
ein Dritter in Bezug auf dieses Grundstück einen unter § 1 Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG fallenden Erwerbsvorgang verwirklicht,
ihre Beteiligung an der grundbesitzenden Gesellschaft unter die für § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG maßgebende Beteiligungsgrenze sinkt oder
der grundbesitzenden Gesellschaft das Grundstück nicht mehr zuzurechnen ist.
Der Gesellschafterbestand einer PersGes kann sich i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG ändern durch
die Übertragung von Anteilen eines Altgesellschafters auf einen Neugesellschafter
oder
den Erwerb von zusätzlichen Anteilen eines Altgesellschafters im Rahmen einer Kapitalerhöhung.
Eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestands liegt vor, wenn ein Mitgliedschaftsrecht an der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht (BFH Urteil vom 29.2.2012, II R 57/09, BStBl II 2012, 917, GmbHR 2012, 816 m. Anm. Klaas). Anders als im Ertragsteuerrecht, wo die wirtschaftliche Beurteilung der zivilrechtlichen stets vorgeht (z.B. in Bezug auf das wirtschaftliche Eigentum nach § 39 AO), spielen wirtschaftliche Gesichtspunkte dabei keine Rolle. Die Besteuerung von Grundstücksumsätzen vollzieht sich grundsätzlich durch das Anknüpfen an den bürgerlich-rechtlichen Rechtsvorgang unter Verwendung von bürgerlich-rechtlichen Begrifflichkeiten. Vorgänge des Rechtsverkehrs sollen sich einfach und zuverlässig ermitteln lassen, während der dahinterstehende wirtschaftliche Vorgang wegen der Vielgestaltigkeit der wirtschaftlichen Zwecke oft schwer zu bestimmen und zu erfassen ist (vgl. BFH Urteil vom 3.4.1974, II 186/65, BStBl II 1974, 643).
So steht es der Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG auf der Tatbestandsebene nicht entgegen, wenn eine bloße Verlängerung der Beteiligungskette vorliegt, also ein Gesellschafter der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft seine Beteiligung an dieser auf eine 100 %ige Tochtergesellschaft überträgt. Entscheidend ist vielmehr, dass diese Tochtergesellschaft zivilrechtlich selbst Gesellschafterin der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft wird (BFH Urteil vom 29.2.2012, II R 57/09, BStBl II 2012, 917, GmbHR 2012, 816 m. Anm. Klaas; BFH Urteil vom 16.1.2013, II R 66/11, GmbHR 2013, 331 m. Anm. Rodewald).
Ein unmittelbarer Gesellschafterwechsel i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG liegt auch dann vor, wenn ein Gesellschafter der Personengesellschaft seine Gesellschaftsbeteiligung auf einen neuen Gesellschafter überträgt und dieser Gesellschafter die Beteiligung als Treuhänder für den früheren Gesellschafter als Treugeber hält (BFH Beschluss vom 17.3.2006, II B 157/05, BFH/NV 2006, 1341). Entscheidend ist auch in diesem Zusammenhang, dass der Erwerber der Beteiligung zivilrechtlich Gesellschafter wird. Die im Verhältnis zum Treugeber bestehenden Verpflichtungen des Treuhänders spielen insoweit keine Rolle (BFH Urteil vom 16.1.2013, II R 66/11, GmbHR 2013, 331 m. Anm. Rodewald). Unerheblich ist auch, ob der Rechtsvorgang für den Betroffenen vorteilhaft und wirtschaftlich erfolgreich war und dementsprechend auch, wem diese Vorteile zugutegekommen sind (vgl. BFH Urteil vom 29.9.2004, II R 14/02, BStBl II 2005, 148).
Ein die Grunderwerbsteuer auslösender Wechsel im Gesellschafterbestand ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil ein zunächst aus der Gesellschaft ausgeschiedener Gesellschafter innerhalb von fünf Jahren erneut eine Beteiligung an der Gesellschaft erwirbt (BFH Urteil vom 16.5.2013, II R 3/11, BStBl II 2013, 963).
Sachverhalt:
Innerhalb von fünf Jahren wurden sämtliche Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts übertragen. Ein Erwerber war zunächst mit seinem Anteil von 1/3 aus der Gesellschaft ausgeschieden und dann innerhalb von fünf Jahren mit einem Anteil von 1/3 wieder in die Gesellschaft eingetreten. Das Finanzamt behandelte ihn als »neuen Gesellschafter« und setzte gegen die Gesellschaft Grunderwerbsteuer fest.
Lösung:
Der BFH bestätigte – entgegen dem FG, das der Klage stattgegeben hatte – die Auffassung des Finanzamts.
Ein Gesellschafter verliert endgültig seine Gesellschafterstellung, wenn sein Mitgliedschaftsrecht und die ihm anhaftende Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen mit zivilrechtlicher Wirkung auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergehen. Erwirbt der ausgeschiedene Gesellschafter erneut einen Anteil an dieser Personengesellschaft, ist er grunderwerbsteuerrechtlich neuer Gesellschafter. Das gilt auch, wenn sein Ausscheiden aus der Personengesellschaft und der Wiedereintritt innerhalb von fünf Jahren erfolgen (BFH Urteil vom 16.5.2013, II R 3/11, BStBl II 2013, 963).
Die Steuerpflicht hätte allerdings vermieden werden können, wenn die erste, zum Ausscheiden des Gesellschafters führende Anteilsübertragung rückgängig gemacht worden wäre. Darauf hat der BFH ergänzend hingewiesen.
Die Finanzverwaltung hat in ihren gleichlautenden Ländererlassen sich hierzu wie folgt geäußert:
Zivilrechtlich ist ein Gesellschafter neu, wenn er erstmals ein Mitgliedschaftsrecht an der PersGes erwirbt (BFH vom 17.5.2017, II R 35/15, LEXinform 0630424, m.w.N.).
Ein Gesellschafter ist neu i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG, unabhängig von der Rechtsform, wer mit dem Erwerb der Gesellschafterstellung in die Mitberechtigung am Grundstück der PersGes
durch Beitritt,
infolge (Teil-)Abtretung eines Anteils am Gesellschaftsvermögen oder
aufgrund von Umwandlungsvorgängen mit Ausnahme der identitätswahrenden formwechselnden Umwandlungen
einrückt. In diesen Fällen besteht eine unmittelbare Beteiligung. Auch mittelbare Beteiligungen sind zu berücksichtigen. Mittelbar an der grundbesitzenden PersGes beteiligter Neugesellschafter ist unabhängig von seiner Rechtsform, wer durch
Eintritt,
Abtretung eines Mitgliedschaftsrechts oder
einen Vorgang nach dem Umwandlungsgesetz
einer PersGes beitritt, die unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere PersGes am Vermögen der grundbesitzenden PersGes beteiligt ist, und dadurch in die Mitberechtigung am Grundstück einrückt, vgl. zur Abgrenzung zwischen Alt- und Neugesellschafter auch gleichlautende Ländererlasse vom 10.5.2022 unter Abschnitt 5.2.
Eine für § 1 Abs. 2a GrEStG relevante Änderung des Gesellschafterbestandes kann sich auch durch einen originären Erwerb ergeben. In diesem Fall stockt ein Altgesellschafter seine Gesellschaftsanteile im Rahmen einer Kapitalerhöhung auf.
Beispiel 2:
Am Gesellschaftsvermögen (200 000 €) der Muster-OHG sind vier Gesellschafter mit jeweils 25 % beteiligt. Zwei der vier Gesellschafter übertragen ihre Anteile auf Neugesellschafter. Anschließend erfolgt eine Kapitalerhöhung auf 1 000 000 €, die Kapitalerhöhung erfolgt ausschließlich durch die Neugesellschafter.
Lösung 2 (Ländererlass vom 10.5.2022 unter 5.3.9):
Durch die unmittelbare Anteilsübertragung ist noch kein relevanter Gesellschafterwechsel eingetreten. Erst durch die innerhalb von zehn Jahren erfolgte Kapitalerhöhung ist § 1 Abs. 2a GrEStG einschlägig. Die zwei verbliebenen Altgesellschafter sind nach der Kapitalerhöhung unverändert mit 100 000 € am Vermögen beteiligt (10 %). Die Neugesellschafter halten jetzt 90 % (= 900 000 €) des Gesellschaftsvermögens. § 1 Abs. 2a GrEStG ist erfüllt. Es besteht eine Anzeigepflicht gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a GrEStG. In Höhe der Beteiligung der Altgesellschafter (= 10 %) wird die GrESt nicht erhoben (§ 6 Abs. 3 GrEStG).
Der BFH hat bestätigt, dass auch die Aufstockung einer Beteiligung an einer Gesellschaft ein steuerbarer Erwerbsvorgang i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG sein kann. Ein Gesellschafter ist neu i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG, wenn er zivilrechtlich erstmals ein Mitgliedschaftsrecht an einer bestehenden grundbesitzenden Personengesellschaft erwirbt oder wenn er innerhalb von zehn Jahren nach dem erstmaligen Erwerb des Mitgliedschaftsrechts seine Beteiligung durch den Erwerb weiterer Anteile am Gesellschaftsvermögen aufstockt. Er verliert grunderwerbsteuerrechtlich die Eigenschaft als neuer Gesellschafter erst mit Ablauf von zehn Jahren (BFH Urteil vom 17.5.2017, II R 35/15, LEXinform 0630424). Der BFH führt in der Urteilsbegründung weiter aus »Demzufolge sind grunderwerbsteuerrechtlich Änderungen des Gesellschafterbestandes innerhalb dieses Zeitraums maßgeblich. Wegen der zeitraumbezogenen Betrachtung kann auch die Änderung der Beteiligung eines neuen Mitglieds der Personengesellschaft innerhalb des Zehnjahreszeitraums zur Verwirklichung des Tatbestands beitragen, selbst wenn sich dadurch der Gesellschafterbestand als solcher zivilrechtlich nicht ändert«. In einem solchen Fall gilt daher auch die Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a GrEStG!
Bei der Ermittlung des Prozentsatzes von 90 % bleibt der Erwerb von Anteilen durch Erbfall nach § 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG außer Betracht. Die 90 %-Grenze gilt seit 1.7.2021.
Die entsprechende Anwendung auf Übertragungen unter Lebenden, insbesondere bei Übertragungen auf den Ehegatten, scheidet aus (BFH Urteil vom 16.1.2013, II R 66/11, GmbHR 2013, 331 m. Anm. Rodewald). Damit sind auch solche Übertragungen zu berücksichtigen, unabhängig von der Frage, ob sie tatsächlich zu besteuern sind.
Erfasst werden auch mittelbare Veränderungen des Gesellschafterbestandes. Nach dem gleichlautenden Ländererlass vom 10.5.2022 liegt eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes in folgenden Fällen vor (vgl. Abschnitt 5.1.2 des Erlasses):
ein Mitgliedschaftsrecht an einer PersGes, die unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere PersGes an der grundbesitzenden PersGes beteiligt ist, zivilrechtlich wirksam auf ein anderes oder neues Mitglied übergeht,
eine unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere PersGes an der grundbesitzenden PersGes beteiligte KapGes nach § 1 Abs. 2a Satz 3–5 GrEStG fiktiv neue Gesellschafterin der grundbesitzenden PersGes wird oder
sie sich aus schuldrechtlichen Bindungen der an der PersGes unmittelbar beteiligten Gesellschafter ergibt (z.B. Kaufoption; BFH vom 9.7.2014, II R 49/12), Vereinbarungstreuhand (BFH vom 25.11.2015, II R 18/14).
Bei der Beurteilung der Frage, ob sich der Gesellschafterbestand mittelbar ändert, ist danach zu unterscheiden, ob der Gesellschafter eine PersGes oder eine KapGes ist. Im Falle einer doppelstöckigen PersGes ist die Beteiligungshöhe vertikal auf die grundbesitzende PersGes durchzumultiplizieren (Beteiligungsprozentsatz x Beteiligungsprozentsatz), vgl. § 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG. Beteiligungen von KapGes sind in voller Höhe bei der Ermittlung der 90 %-Grenze zu berücksichtigen, wenn die Anteile an der KapGes zu mindestens 90 % auf neue Anteilseigner übergehen (»Alles-oder-nichts-Prinzip«), § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG. Die beteiligte KapGes gilt dann – fiktiv – als neue Gesellschafterin. Zur Änderung des Gesellschafterbestandes unter Beteiligung von KapGes vgl. Abschnitt 5.2.3 im gleichlautenden Ländererlass vom 10.5.2022.
Der Gesetzgeber hatte im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 2015 durch Ergänzung des § 1 Abs. 2a Satz 2 und Satz 3 GrEStG klar definiert, wie die Beteiligungsquoten bei einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes zu ermitteln sind. Die Neureglung ist für Erwerbsvorgänge nach dem 5.11.2015 anzuwenden.
Beispiel 3:
Am Kommanditkapital der A-KG sind die B-OHG zu 80 % und C-GmbH zu je 20 % beteiligt. Sowohl auf Ebene der B-OHG als auch auf Ebene der C-GmbH ändert sich der Gesellschafterbestand zu 90 %.
Lösung 3:
Die mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes bei der B-OHG ist bei der A-KG in Höhe von 72 % zu berücksichtigen (90 % der 80 % ändern sich). Die C-GmbH gilt in voller Höhe als »alter« Gesellschafter, da nicht mindestens 90 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergegangen sind (»Alles-oder-Nichts-Prinzip«). Hätten sich die Anteile an der C-GmbH zu mind. 90 % geändert, würde die Beteiligung der C-GmbH in voller Höhe als neuer Anteil gelten.
Der BFH hat klargestellt, dass mittelbare Änderungen des Gesellschafterbestandes nur nach wirtschaftlichen Maßstäben zu beurteilen seien (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO). Eine Anknüpfung an das Zivilrecht scheidet nach Auffassung des BFH aus, da bei der mittelbaren Änderung i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG zivilrechtlich kein Anteil an der Gesellschaft auf einen neuen Gesellschafter übergehe. Auch ein dinglicher Übergang von Anteilen sei bei der mittelbaren Änderung nicht Voraussetzung (BFH Urteil vom 9.7.2014, II R 49/12, BStBl II 2016, 57; der bisherige Nichtanwendungserlass vom 9.12.2015 zu diesem Urteil wurde durch gleichlautende Ländererlasse vom 12.11.2018 aufgehoben, LEXinform 5236752). Die Anwendung des wirtschaftlichen Eigentums in diesem Zusammenhang setzt aber voraus, dass der Erwerber eine auf die Übertragung gerichtete – gesicherte – Rechtsposition besitzt, so dass gegen seinen Willen die Eigentumsübertragung nicht verhindert werden kann. Im Entscheidungsfall bezog sich das wirtschaftliche Eigentum auf einen Teilkommanditanteil von 5,6 %, für den der Käufer ein Optionsrecht innehatte. Auf dieser Grundlage konnte er jederzeit die zivilrechtliche Übertragung des verbleibenden Anteils verlangen. Der BFH hat in seiner o.g. Entscheidung das wirtschaftliche Eigentum dem Inhaber des Optionsrechts zugerechnet. Im Ergebnis waren alle Anteile am Kommanditkapital dem Käufer zuzurechnen, 94,4 % unmittelbar und 5,6 % mittelbar aufgrund des wirtschaftlichen Eigentums.
Für Erwerbsvorgänge vor Inkrafttreten der o.g. Änderungen in § 1 Abs. 2a GrEStG durch das StÄndG 2015 hat der BFH entschieden, dass eine angemessene Berücksichtigung mittelbarer Strukturen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur erreicht werden kann, wenn auf allen Beteiligungsebenen durch KapGes und PersGes gleichermaßen durchgeschaut und dortige Veränderungen der jeweiligen Beteiligungsverhältnisse in die Betrachtung einbezogen werden (BFH vom 24.3.2013, II R 17/10, BStBl II 2013, 833, Rz. 18). Der Auffassung der Finanzverwaltung, die danach unterscheidet, ob an einer grundstücksbesitzenden PersGes wiederum eine PersGes oder eine KapGes beteiligt ist, folgte der BFH ausdrücklich nicht (Rz. 19 im Urteil vom 24.3.2013). Der BFH hält an dieser Rechtsauffassung für Erwerbszeiträume, die vor der gesetzlichen Neuregelung des § 1 Abs. 2a GrEStG durch das StÄndG 2015 verwirklicht wurden, fest. Mangels entgegenstehender gesetzlicher Regelung können daher auch Gesellschafter einer KapGes, die an einer grundbesitzenden PersGes unmittelbar beteiligt sind, mittelbare Altgesellschafter der grundbesitzenden PersGes sein. Die Höhe der Beteiligung ist durch alle Gesellschaftsformen durchzurechnen (BFH vom 17.6.2020, II R 18/17, LEXinform 0951371).
Der BFH hat auch bestätigt, dass die bloße Einräumung einer Vollmacht zur Ausübung der Rechte aus einem Gesellschaftsanteil sowie zur Veräußerung und Abtretung dieses Gesellschaftsanteils für einen Anteilsübergang im Sinne einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft nach § 1 Abs. 2a GrEStG nicht ausreiche (BFH Urteil vom 30.8.2017, II R 39/15, veröffentlicht am 3.1.2018).
Voraussetzung für die Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG ist u.a., dass sich Anteile innerhalb einer Frist von zehn Jahren ändern. Bis 30.6.2021 galt eine Fünfjahresfrist. Dabei sind alle Anteilsübertragungen innerhalb dieser Frist zu addieren. Sukzessive Übertragungen können daher nur über einen längeren Zeitraum die GrESt umgehen. Die Zehnjahresfrist ist dabei für jedes Grundstück getrennt zu beurteilen. Voraussetzung ist, dass das jeweilige Grundstück durchgängig zum Vermögen der PersGes zählte (siehe Beispiel 1).
Hat die PersGes vor dem Wechsel des Gesellschafterbestands ein Grundstück von einem Gesellschafter erworben, so wird die GrESt zunächst gem. § 5 Abs. 2 GrEStG in Höhe des Anteils des Veräußerers nicht erhoben. Verringert sich innerhalb der nächsten zehn Jahre der Anteil des Gesellschafters wird die Übertragung insoweit nach § 5 Abs. 3 GrEStG nachträglich steuerpflichtig. Fällt die Veränderung der Beteiligung mit einem steuerbaren Gesellschafterwechsel nach § 1 Abs. 2a GrEStG zusammen, so unterliegt der Gesellschafterwechsel insoweit gem. § 1 Abs. 2a Satz 7 GrEStG nicht der Grunderwerbsteuer, als der Einbringungsvorgang nachträglich stpfl. wurde (§ 5 Abs. 3 GrEStG).
In den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG wird die Steuer auf Basis des Grundbesitzwertes berechnet, § 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG i.V.m. § 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG. Maßgebend ist der auch für erbschaftsteuerliche Zwecke maßgebende Wert. Der Bezug auf § 138 BewG wurde als Reaktion der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 23.6.2015, 1 BvL 13/11, 1 BvL 14/11) geändert, nunmehr wird auf § 157 Abs. 1–3 BewG Bezug genommen. Im Rahmen der GrESt gelten mit dem Verweis auf die Grundbesitzwerte (§ 157 BewG) die allgemeinen Bewertungsregeln zur Bewertung von Grundbesitz für erbschaftsteuerliche Zwecke. Die Bewertung erfolgt im Ertrags-, Sachwert- oder Vergleichswertverfahren. Auch der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes (§ 198 BewG) ist möglich. Der Nachweis kann durch ein Gutachten eines vereidigten Bausachverständigen oder eines Gutachterausschusses erbracht werden. Möglich ist der Nachweis auch anhand eines im gewöhnlichen Geschäftsverkehr kurz vor dem Besteuerungszeitpunkt zustande gekommenen Kaufvertrages. Die Finanzverwaltung lässt einen Zeitraum von einem Jahr vor und einem Jahr nach dem Bewertungsstichtag zu (R B 198 Abs. 4 BewG). Der Nachweis kann jedoch nicht durch die Ableitung aus dem Bilanzansatz des Grundstücks oder durch einen Kaufpreis für einen Gesellschaftsanteil erfolgen (BFH vom 25.4.2018, II R 47/15, LEXinform 0950486). Der BFH führte in der Urteilsbegründung u.a. aus, dass der erforderliche Nachweis des gemeinen Werts eines Grundstücks nicht gegeben sei, wenn beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen der gemeine Wert eines zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücks aus dem Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile abgeleitet wird. Dies gelte insbes., wenn das Vermögen der Gesellschaft nicht nur aus dem zu bewertenden Grundstück bestehe, sondern weitere Gegenstände (ggf. auch mit stillen Reserven) umfasse. Der BFH hat offengelassen, ob der Nachweis durch den Kaufpreis dann möglich ist, wenn das Gesellschaftsvermögen ausschließlich aus dem Grundstück bestehen würde.
Die Neufassung des § 8 Abs. 2 GrEStG erfolgte im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 2015 und ist auf alle Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 31.12.2008 verwirklicht werden. Soweit Steuer- und Feststellungsbescheide für Erwerbsvorgänge nach dem 31.12.2008, wegen § 176 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht mehr geändert werden können, ist die festgesetzte Steuer vollstreckbar, § 23 Abs. 14 GrEStG.
§ 1 Abs. 2a Satz 7 GrEStG enthält eine besondere Regelung für mehrere nacheinander folgende Übertragungsvorgänge. Ist bei einem Übertragungsvorgang 1 ein Grundstück von einem Gesellschafter erworben oder einer anderen Gesamthand erworben, wird für diesen Übertragungsvorgang die Steuer zunächst nur teilweise erhoben, s. hierzu §§ 5, 6 GrEStG. Ändert sich in der Folge der Gesellschafterbestand gem. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG (Übertragungsvorgang 2) enthalten § 5 Abs. 3 und § 6 Abs. 3 GrEStG Missbrauchsklauseln, nach der die ursprüngliche Steuervergünstigung zum Teil entfallen kann. Fällt die ursprüngliche Steuervergünstigung aufgrund des Übertragungsvorgangs 2 (§ 1 Abs. 2a GrEStG) weg, so sieht § 1 Abs. 2a Satz 7 GrEStG eine Anrechnung der Bemessungsgrundlage für den Übertragungsvorgang 1 bei der Berechnung der Steuer für den Übertragungsvorgang 2 vor. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BFH kann die Anrechnung der Bemessungsgrundlage auch dann erfolgen, wenn die Steuer für den Übertragungsvorgang 1 tatsächlich gar nicht festgesetzt worden ist. Nach Auffassung des BFH erfolgt die Anrechnung der Bemessungsgrundlage i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 7 GrEStG unabhängig davon, ob die Steuer für den Grundstückserwerb festgesetzt und erhoben worden ist (BFH Urteil vom 17.12.2014, II R 2/13, BStBl II 2015, 557).
Beispiel 4:
Zum Vermögen der vermögensverwaltenden Immo-GbR gehören drei Mietwohngrundstücke in München und ein weiteres in Augsburg. Gesellschafter sind zu gleichen Teilen A, B, C und D. Das Grundstück in Augsburg hatte die GbR im Jahr 2016 von ihrem Gesellschafter A (entgeltlich) erworben. Im Jahr 2017 übertragen A und B ihre gesamten Anteile auf X. Im Jahr 2018 übertragen C und D ihre Anteile auf Y. Nach den Anteilsübertragungen sind X und Y je zur Hälfte Gesellschafter der Immo-GbR. Zum Gesellschaftsvermögen gehören vier inländische Grundstücke.
Lösung 4:
Für den Grundstückserwerb im Jahr 2016 (Übertragungsvorgang 1) wird die GrESt i.H.v. 25 % nicht erhoben (§ 5 Abs. 2 GrEStG). Danach gehen sämtliche Anteile an der GbR im Zeitraum 2017–2018 auf neue Gesellschafter über. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG ist erfüllt (Übertragungsvorgang 2). Hierdurch greift § 5 Abs. 3 GrEStG, die bisherige Befreiung von 25 % entfällt rückwirkend, da sich der Anteil von A innerhalb von fünf Jahren von 25 % auf 0 % vermindert. Der Übergang im Übertragungsvorgang 2 vollzieht sich in mehreren Rechtsakten, daher ist die Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG nicht ausgeschlossen. Gleichzeitig löst der Gesellschafterwechsel i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG auch GrESt für das Grundstück in Augsburg aus. Hier sieht § 1 Abs. 2a Satz 7 GrEStG die Anrechnung auf die Bemessungsgrundlage vor. Soweit eine nachträgliche GrESt-Pflicht eintritt, wird dies auf die Bemessungsgrundalge nach § 1 Abs. 2a GrEStG angerechnet.
Einzelheiten zur Anwendung der §§ 5, 6 GrEStG im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2a GrEStG vgl. auch gleichlautender Ländererlass vom 12.11.2018 (§§ 5, 6 GrEStG, BStBl I 2018, 1334) unter Abschnitt 7.8.1.
Die Änderungen zu den sog. Share-Deals erfolgten mit dem Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12.5.2021. Die Änderungen treten mit Wirkung zum 1.7.2021 in Kraft. Dabei ist auf Erwerbsvorgänge abzustellen, die nach Ablauf des 30.6.2021 verwirklicht werden, § 23 Abs. 18 GrEStG. Weitere Anwendungsregelungen sind in § 23 Abs. 19–24 GrEStG enthalten. Die Neuregelung kann auch Auswirkung auf vergangene Rechtsvorgänge haben. Die Finanzverwaltung hat mit gleichlautenden Ländererlassen zu den Übergangsregelungen Stellung genommen (z.B. FinMin BW, FM3 – S-4430 – 1/29 vom 29.6.2021, LEXinform 7012837).
Beispiel 5:
Am Vermögen der grundbesitzenden PersGes ist A zu 90 % und B zu 10 % beteiligt. Zum 1.8.2011 überträgt A 89,9 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf C. Zum 1.7.2021 überträgt A seinen restlichen Anteil am Gesellschaftsvermögen von 0,1 % auf D.
Lösung 5:
Innerhalb von 10 Jahren sind mind. 90 % der Anteile übertragen worden:
am 1.8.11 89,9 % von A auf C
am 1.7.21 0,1 % von A auf D
durch die Übertragung am 1.7.21 wird die 90 % Grenze erreicht
erfolgten alle Übertragungen auf Neugesellschafter, § 23 Abs. 19 Satz 1?
Wer ist als Altgesellschafter anzusehen?
Wenn bei einem Gesellschafter zum 30.6.2021 bereits die bisherige Fünfjahresfrist abgelaufen ist. D.h. wer zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung zu mehr als 5 Jahren beteiligt ist.
C ist als Altgesellschafter i.S.d. § 23 Abs. 19 Satz 1 GrEStG anzusehen, da C mit Ablauf des 30.6.2021 bereits Altgesellschafter ist. Die Fünfjahresfrist ist bei ihm zu Beginn des 1.8.2016 abgelaufen. Diese Anteilsübertragung zählt bei der Berechnung der 90 %-Grenze nicht mit.
Innerhalb von 10 Jahren sind nur 0,1 % der Anteile auf Neugesellschafter übertragen worden. Die Übertragung von A auf C zählt nicht mit, da diese am 30.6.2021 bereits mehr als fünf Jahre zurückliegt. C gilt als Altgesellschafter. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG ist nicht erfüllt, da innerhalb des (verlängerten) Zeitraums von zehn Jahren nicht mindestens 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf Neugesellschafter übergegangen sind.
Beispiel 6:
Am Vermögen der grundbesitzenden PersGes ist A zu 90 % und B zu 10 % beteiligt. Zum 1.8.2016 überträgt A 89,9 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf C. Zum 1.8.2021 überträgt A seinen restlichen Anteil am Gesellschaftsvermögen von 0,1 % auf D.
Lösung 6:
Die Übertragung von A auf C erfolgte innerhalb von fünf Jahren vor dem 30.6.2021. C war im Zeitpunkt der Gesetzesänderung noch nicht als Altgesellschafter anzusehen. Daher ist die Übertragung von 89,9 % am 1.8.2016 einzubeziehen. § 23 Abs. 19 Satz 1 GrEStG ist nicht anzuwenden. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG ist erfüllt, da innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen (89,9 % + 0,1 %) auf die Neugesellschafter C und D übergegangen sind. Der Anteilsübergang zum 1.8.2016 auf C wird berücksichtigt. C war mit Ablauf des 30.6.2021 kein Altgesellschafter, da der Fünfjahreszeitraum zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Beispiel 7:
Am Vermögen der grundbesitzenden KG ist X zu 90 % und die Komplementär-GmbH (GmbH) zu 10 % beteiligt. Am Kapital der GmbH ist X zu 90 % und Y zu 10 % beteiligt. Im Jahr 2019 überträgt X seinen GmbH-Anteil auf A. Im August 2021 überträgt X 80 % der Anteile am Vermögen der KG auf B.
Lösung 7:
Der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG ist erfüllt, da innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen (August 2021: 80 % + 2019: 10 %) auf den Neugesellschafter B und die (fiktiv neue) GmbH übergegangen sind.
Allein der unmittelbare Übergang von 80 % der Anteile am Vermögen der KG im August 2021 (X auf B) verwirklicht den Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG nicht.
Die Übergangsregelung führt jedoch dazu, dass die GmbH – rückwirkend betrachtet – nach § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG als Neugesellschafterin der KG gilt, weil aufgrund des Anteilsübergangs auf A im Jahr 2019 mindestens 90 % der Anteile am Kapital der GmbH auf Neugesellschafter übergegangen sind. Dadurch gelten weitere 10 % der Anteile am Vermögen der KG als übergegangen.
Der Fünfjahreszeitraum ist zum 30.6.2021 noch nicht abgelaufen, so dass die GmbH noch nicht Altgesellschafterin ist (§ 23 Abs. 19 Satz 1 GrEStG).
Liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG vor, ist bei Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartnern zu beachten, dass die Grunderwerbsteuer entsprechend § 6 Abs. 3 Satz1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und § 3 Nr. 4 GrEStG i.H.d. Anteils am Gesellschaftsvermögen der Gesellschaft, der auf den Ehegatten übertragen wird, nicht zu erheben ist.
Im Urteil vom 12.10.2006 (BFH Urteil vom 12.10.2006, II R 79/05, BStBl II 2007, 409) wird klargestellt, dass der nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbare Gesellschafterwechsel bei schenkweiser Übertragung der Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft steuerfrei ist (§ 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG). Dies folge aus dem Zweck der Vorschrift, die doppelte Belastung mit Grunderwerbsteuer und Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer zu vermeiden. Der Steuerbefreiung steht nicht entgegen, dass § 1 Abs. 2a GrEStG den Grundstücksübergang fingiere, während die Schenkungsteuer die freigebige Zuwendung der Gesellschaftsanteile an die Erwerber erfassen soll. Der in § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG verwendete Begriff »Grundstücksschenkungen unter Lebenden« ist nicht so zu verstehen, dass die Vorschrift nur isolierte freigebige Zuwendungen von Grundstücken erfasst.
Das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet, hat nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3a GrEStG die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vorzunehmen, wenn sich Grundstücke außerhalb seines Bezirkes befinden. In dem Feststellungsbescheid ist festzustellen, dass ein vollständiger Gesellschaftserwerb bzw. ein Wechsel von mindestens 95 % der Anteile stattgefunden hat, so dass § 1 Abs. 2a GrEStG anzuwenden ist (BFH Urteil vom 16.1.2013, II R 66/11, GmbHR 2013, 331 m. Anm. Rodewald). Gegenstand der gesonderten Feststellung im Sinne des § 17 Abs. 3 GrEStG ist auch der Zeitpunkt, auf den der Grundbesitz der Personengesellschaft nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG zu bewerten ist (BFH Urteil vom 30.8.2017, II R 39/15, veröffentlicht am 3.1.2018). Ist der Zeitpunkt im Feststellungsbescheid vom Finanzamt fehlerhaft festgestellt, ist der Bescheid rechtswidrig. Im Rahmen des finanzgerichtlichen Verfahrens gilt in diesem Fall § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Mit dem Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12.5.2021 wurde für KapGes eine vergleichbare Regelung eingeführt (§ 1 Abs. 2b GrEStG). Die Änderungen treten mit Wirkung zum 1.7.2021 in Kraft. Gehört zum Vermögen einer KapGes ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 % der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue KapGes gerichtetes Rechtsgeschäft. Die Finanzverwaltung hat mit gleichlautenden Ländererlassen sowohl zu den Übergangsregelungen (z.B. FinMin BW, FM3 – S-4430 – 1/29 vom 29.6.2021, LEXinform 7012837) als auch zur Vorschrift selbst Stellung genommen (z.B. FinMin BW vom 10.5.2022, FM3-S 4430-1/30).
§ 1 Abs. 2b Satz 1 GrEStG fingiert eine Grundstücksübertragung auf eine neue KapGes, personenbezogene Steuerbefreiungen i.S.d. § 3 Nr. 3 bis Nr. 7 GrEStG (z.B. § 3 Nr. 6 GrEStG – Erwerb durch Verwandte in gerader Linie) sind daher nicht anwendbar, vgl. auch Abschnitt 9 im o.g. Ländererlass vom 10.5.2022.
Beispiel 8:
Zum Gesellschaftsvermögen der V-GmbH zählt auch in Stuttgart belegenes Grundstück. Am Stammkapital der V-GmbH sind V mit 70 % und T mit 30 % beteiligt. V überträgt seine Anteile zum 1.8.2021 auf A und T übertragt seine Anteile zum 1.1.2022 auf B.
Lösung 8:
Die Übertragung der Anteile von T allein löst zunächst noch einen grunderwerbsteuerlichen Tatbestand aus (nur 70 %). Die weitere Übertragung von 30 % von T auf B führen zur Anwendung des § 1 Abs. 2b GrEStG. Innerhalb von zehn Jahren sind mindestens 90 % der Anteile an der GmbH (V = 70 % und T = 30 %) auf neue Gesellschafter übergegangen. Bemessungsgrundlage ist gem. § 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG der Grundbesitzwert (§ 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG).
Variante zum Beispiel 8:
V überträgt seine Anteile zum 1.6.2021 auf A. T überträgt seine Anteile unverändert am 1.1.2022 auf B.
Lösung zur Variante:
Innerhalb von zehn Jahren sind 100 % der Anteile an der GmbH übertragen worden. § 1 Abs. 2b GrEStG ist trotzdem nicht anwendbar. Da die Übertragung von V auf A vor dem 1.7.2021 erfolgte, gilt A im Zeitpunkt der Einführung des § 1 Abs. 2b GrEStG als Altgesellschafter. Somit sind innerhalb von zehn Jahren nur 30 % und nicht mind. 90 % der Anteile auf Neugesellschafter übergegangen.
Beispiel 9:
Zum Gesellschaftsvermögen der Arran-Produktions GmbH (A GmbH) gehört ein bebautes Grundstück in der Innenstadt von Wiesbaden. Der Grundbesitzwert des Geschäftsgrundstücks beträgt 5 Mio. €. Das Grundstück dient ausschließlich eigenbetrieblichen Zwecken der A GmbH.
Am Stammkapital der A-GmbH ist Arran Muster zu 10 % beteiligt, die weiteren 90 % des Kapitals hält die Eryn-Handels GmbH (E GmbH) mit Sitz in Frankfurt. Gesellschafter der E GmbH sind je zur Hälfte Bonnie Muster und die Carson-Verwaltungs KG.
Am Vermögen an der Carson-Verwaltungs KG sind zu 80 % Carson Mayer und zu 20 % Davina Mayer beteiligt.
Zum 1.10.2021 überträgt Bonnie Muster ihren Anteil an der E GmbH an den Investor Zack.
Carson Mayer überträgt seinen Anteil an der Carson-Verwaltungs KG zum 1.1.2022 auf die Investorin Yasmina.
Lösung 9:
§ 1 Abs. 2b GrEStG ist einschlägig, wenn
zum Vermögen einer KapGes ein inländisches Grundstück gehört und
innerhalb von zehn Jahren
die Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar
zu mindestens 90 % auf neue Gesellschafter übergehen.
§ 1 Abs. 2b GrEStG ist für Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 30.6.2021 verwirklicht werden (§ 23 Abs. 18 GrEStG). Dabei bleiben Gesellschafterwechsel, die vor dem 1.7.2022 verwirklicht werden unberücksichtigt (§ 23 Abs. 23 GrEStG).
Zum Vermögen der A GmbH gehört durchgängig ein inländisches Grundstück (§ 2 GrEStG), daher ist weiter zu prüfen, ob sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand zu mind. 90 % geändert hat.
Da die im Sachverhalt genannten Übertragungen insgesamt nach dem 30.6.2021 erfolgten, ist § 1 Abs. 2b GrEStG für alle Übertragungsvorgänge anwendbar. § 1 Abs. 2b GrEStG stellt dabei auf den Übertragungsvorgang ab (sog. Closing) und nicht auf das Verpflichtungsgeschäft (sog. Signing). Die Übertragungsvorgänge erfolgten offensichtlich innerhalb von zehn Jahren.
Fraglich ist, ob die E GmbH durch den unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafterwechsel als neue Gesellschafterin der A GmbH anzusehen ist. Da die E GmbH mind. 90 % der Anteile an der A GmbH hält, wäre § 1 Abs. 2b GrEStG bereits erfüllt.
Durch die Übertragung der Anteile im Oktober 2021 von B auf Z gehen unmittelbar 50 % der Anteile auf den neuen Gesellschafter Z über. Die E GmbH ist zunächst noch Altgesellschafterin der A GmbH, da weniger als 90 % ihrer durch neue Gesellschafter gehalten werden.
Der Gesellschafterbestand der E GmbH ändert sich mittelbar durch die Übertragung der Anteile an der C KG von C auf Y. Bei beteiligten Personengesellschaften wird deren Gesellschafterwechsel anteilig berücksichtigt (§ 1 Abs. 2b Satz 2 GrEStG). D.h. 80 % von 50 % gehen auf einen neuen Gesellschafter über. Der Gesellschafterbestand der E GmbH ändert sich zu 40 % (80 % von 50).
Somit gilt die E GmbH als neue Gesellschafterin der A GmbH, da die Anteile an der E GmbH zu mind. 90 % auf neue Gesellschafter übergegangen sind (§ 1 Abs. 2b Satz 4 GrEStG):
unmittelbar 50 % von B auf Z und
mittelbar 40 % durch die Übertragung bei der C KG.
Die E GmbH zählt als neue Gesellschafterin i.S.d. § 1 Abs. 2b GrEStG und hält 90 % der Anteile an der A GmbH, somit wird durch die Übertragung am 1.1.2022 GrESt ausgelöst. Bemessungsgrundlage ist der Grundbesitzwert (= 5 Mio. €). Steuerschuldner ist die A GmbH (§ 13 Nr. 7 GrEStG). Die GrESt stellt ertragsteuerlich Aufwand dar, keine Anschaffungskosten des Grundstücks.
Der gleichlautende Ländererlass zu § 1 Abs. 2b GrEStG enthält unter Abschnitt 8 Ausführungen zum Verhältnis zwischen § 1 Abs. 2b und Abs. 3 bzw. Abs. 3a GrEStG:
§ 1 Abs. 2b GrEStG geht der Anwendung des § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG vor. Mit Übergang der Anteile (Closing) werden sowohl § 1 Abs. 2b GrEStG als auch § 1 Abs. 3 Nr. 2 oder 4 GrEStG verwirklicht. Ändert sich der Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden KapGes im Nachgang eines schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts (Signing), fallen die Besteuerungszeitpunkte des § 1 Abs. 2b GrEStG und des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 3 GrEStG auseinander: Während mit Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts (Signing) § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 3 GrEStG verwirklicht wird, wird der Tatbestand des § 1 Abs. 2b GrEStG erfüllt, wenn es zum Übergang des Anteils (Closing) an der KapGes kommt. Die beiden Rechtsvorgänge (Signing und Closing) stellen zwei grunderwerbsteuerrechtliche Vorgänge dar. Im Zeitpunkt des Signing erfolgt eine Festsetzung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 3 GrEStG. Im Zeitpunkt des Closing erfolgt eine Festsetzung nach § 1 Abs. 2b GrEStG und die Festsetzung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 3 GrEStG ist bei Grundstücksidentität aufzuheben oder zu ändern. Im Rahmen des JStG 2022 wurde hierzu § 16 Abs. 4a GrEStG neu eingeführt. Wenn die Anteile in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 3 oder des § 1 Abs. 3a GrEStG nach Abschluss dieses Rechtsgeschäfts übergehen und dadurch der Tatbestand des § 1 Abs. 2a oder Abs. 2b GrEStG verwirklicht wird, so wird auf Antrag die Festsetzung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 3 oder § 1 Abs. 3a GrEStG aufgehoben oder geändert. Voraussetzung ist die Grundstücksidentität, die doppelte Belastung mit GrEStG für denselben Sachverhalt soll vermieden werden. Die Festsetzungsfrist endet in diesen Fällen für den aufgrund des Übergangs der Anteile erfüllten Tatbestand nach § 1 Abs. 2a oder Abs. 2b GrEStG nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist der aufzuhebenden oder zu ändernden Festsetzung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 3 GrEStG oder nach § 1 Abs. 3a GrEStG.
Eine Anteilsvereinigung ist nach § 1 Abs. 3 GrEStG grunderwerbsteuerbar, wenn zum Vermögen der Gesellschaft ein inländisches Grundstück gehört. Unter den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 GrEStG fallen sowohl KapGes als auch PersGes. Die Anwendung des § 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG ist vorrangig zu prüfen. Der BFH hat mit seiner Entscheidung vom 27.5.2020 bestätigt, dass eine Gesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG sowohl eine KapGes als auch eine PersGes sein kann (BFH vom 27.5.2020, II R 45/17, LEXinform 0951726). Der Wortlaut der Vorschrift, der von »Vermögen« und »Anteil« an einer grundbesitzenden »Gesellschaft« spreche, differenziere insoweit nicht, so der BFH in der Urteilsbegründung.
Was für die Gründung von Gesellschaften gilt, gilt grundsätzlich auch für deren Auflösung oder für das Ausscheiden aller Gesellschafter bis auf einen (Anwachsung). Wird im Zuge eines solchen Vorgangs ein Grundstück übertragen, löst dies Grunderwerbsteuer aus. Das gilt auch, wenn eine Personengesellschaft aufgelöst wird unter Ausschluss der Liquidation, d.h. wenn das Vermögen nicht durch Verkauf zu Geld gemacht wird, sondern ein Gesellschafter das Unternehmen allein weiterführt.
Keine Grunderwerbsteuer fällt dagegen an, wenn aus einer bestehen bleibenden Gesellschaft einzelne Gesellschafter ausscheiden.
Steuerpflichtig ist die Vereinigung aller Anteile bzw. seit 1.1.2000 mindestens 95 % der Anteile einer grundbesitzenden Gesellschaft in der Hand einer Person und die Übertragung der bereits vereinten Anteile auf eine andere Person (§ 1 Abs. 3 GrEStG). Seit 1.1.2000 wird auch eine mittelbare Vereinigung (Übertragung) von mindestens 95 % der Anteile besteuert. Bis zu diesem Zeitpunkt mussten für die Steuerpflicht 100 % der Anteile vereinigt bzw. übertragen werden. Seit 1.1.2000 genügen 95 % der Anteile. Mit dem Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12.5.2021 wurde auch in § 1 Abs. 3 GrEStG die Grenze angepasst und beträgt seit dem 1.7.2021 90 %. Für die Anwendung des § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt die Grenze von 90 % erreicht wurde.
Beispiel 10:
Am Kapital der grundbesitzenden GmbH sind A und B zu jeweils 50 % beteiligt. Mit Rechtsgeschäft vom 15.7.2021 veräußert B 40 % der Anteile am Kapital der GmbH an A.
Lösung 10:
Der Tatbestand des § 1 Abs. 2b GrEStG ist nicht erfüllt, da nach dem 30.6.2021 nicht mindestens 90 % übertragen wurden und A Altgesellschafter ist (§ 23 Abs. 23 GrEStG).
Der Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG ist erfüllt, da A unmittelbar mindestens 90 % der Anteile am Kapital der GmbH (90 %) in seiner Hand vereinigt. Ein Fall des § 23 Abs. 21 Satz 1 und 2 GrEStG liegt nicht vor, da A zum 30.6.2021 nicht mindestens 90 % der Anteile am Kapital der GmbH in seiner Hand vereinigte.
Beispiel 11:
An einer GmbH mit Grundbesitz sind der Vater mit 95 % und sein Sohn mit 5 % beteiligt. Der Vater überträgt seine Anteile auf den Sohn. Es tritt eine steuerpflichtige Anteilsvereinigung beim Sohn ein. Die Befreiungsvorschrift für Erwerbe zwischen Verwandten in gerader Linie ist bei Kapitalgesellschaften – im Gegensatz zu Personengesellschaften – nicht anwendbar (§ 3 Nr. 6 GrEStG).
Beispiel 12:
Traute (T) war bis zum 31.3.2019 Alleingesellschafterin der T-GmbH mit Sitz in Kiel. Zum Vermögen der GmbH gehört das in Laboe belegene Grundstück Fördeblick, welches diese im Jahr 2014 erworben hatte. Weiterhin ist die GmbH seit dem Jahr 2020 Eigentümerin des Grundstücks Fördeallee 1 in Kiel.
Das Grundstück in Laboe hat einen Grundbesitzwert von 2 Mio. €, das in Kiel einen i.H.v. 4 Mio. €.
Am 1.4.2019 schenkte T ihrem Sohn Stefan (S) einen Anteil an der T-GmbH von 30 %. Am 3.4.2021 veräußerte T einen 65 %-Anteil an S, sodass T anschließend nur noch zu 5 % an der T-GmbH beteiligt ist. S veräußerte am 2.5.2022 seinen 90 %-Anteil an seine Tochter Melanie (M).
Lösung 12:
Die Schenkung des GmbH-Anteils (30 %) am 1.4.2019 ist lediglich schenkungsteuerlich relevant. Es handelt sich um eine freigebige Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1). Durch die Veräußerung des 65 %-Anteils an S am 3.4.2021 kommt es zu einer Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG), da mindestens 95 % der GmbH-Anteile in der Hand von S vereinigt werden (ab 1.7.2021 gelten 90 %). Die GmbH ist Eigentümerin von zwei Grundstücken i.S.v. § 2 GrEStG, somit handelt es sich um zwei steuerbare Vorgänge.
Das Grundstück in Laboe war bereits im Zeitpunkt der Schenkung im Jahr 2019 im Eigentum der GmbH. Dieser Grundstücksumsatz ist somit gem. § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG zu 30 % steuerfrei. Das Grundstück in Kiel hatte die GmbH erst nach der Anteilsschenkung erworben. Dieser Grundstücksumsatz ist damit von § 3 Nr. 2 GrEStG nicht betroffen. § 3 Nr. 6 GrEStG (Erwerb durch Verwandte in gerader Linie) kommt nicht zur Anwendung, da im Falle einer Anteilsvereinigung ein Erwerb der Grundstücke von der GmbH fingiert wird. § 1 Abs. 2b GrEStG kommt nicht zur Anwendung, da die Übertragung vor dem 1.7.2021 erfolgte (§ 23 Abs. 23 GrEStG). S gilt somit aus Sicht von § 1 Abs. 2b GrEStG als Altgesellschafter (vgl. Abschnitt 5.2.1 im o.g. Ländererlass vom 10.5.2022).
Bemessungsgrundlage sind die Grundbesitzwerte (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG). Steuerschuldner ist S als Erwerber der Anteile (§ 13 Nr. 5 Buchst. a GrEStG).
Die Veräußerung des 90 %-Anteils durch S an M führt zu zwei stpfl. Vorgängen nach § 1 Abs. 2b Satz 1 GrEStG, da nach dem 30.6.2021 mind. 90 % der Anteile unmittelbar auf einen neuen Gesellschafter übergehen (Tochter Melanie). Bemessungsgrundlage sind die beiden Grundbesitzwerte, die Steuer schuldet die T GmbH. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG (Verwandte in gerader Linie) kommt nicht zur Anwendung, da § 1 Abs. 2b Satz 1 GrEStG die Übertragung der Grundstücke auf eine neue KapGes fingiert.
Es liegen auch die Voraussetzungen einer Anteilsübertragung vor (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG), welche zu zwei steuerbaren Umsätzen führt. Diese wären gem. § 3 Nr. 6 GrEStG steuerfrei. Im Falle einer Anteilsübertragung wird ein Grundstücksumsatz zwischen S und M unterstellt. Da § 1 Abs. 2b GrEStG vorrangig gilt, ist § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG nicht anwendbar und der Vorgang insgesamt grunderwerbsteuerpflichtig. Die Neuregelung führt in diesem Fall zu einer deutlichen Verschärfung.
Beispiel 13:
Bringen die Gesellschafter einer GmbH, die ihrerseits Alleingesellschafterin mehrerer GmbHs ist, zu deren Gesellschaftsvermögen Grundstücke gehören, ihre Anteile in eine Personengesellschaft (GbR) ein, führt dies zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG. Die Vorschrift greift nicht nur dann ein, wenn der Anteilserwerber die Anteile einer Gesellschaft mit Grundbesitz selbst unmittelbar hält, sondern auch dann, wenn es sich bei der Beteiligung um eine nur mittelbare – d.h. über eine andere Gesellschaft – vermittelte Beteiligung handelt, an der er zu 100 % bzw. zu 95 % beteiligt ist. Da die Anteilsvereinigung die über die rechtliche Verfügungsmacht an den Gesellschaftsanteilen erlangte Sachherrschaft an dem Grundstück der GmbHs erfasst, kommt es nicht darauf an, ob diese Sachherrschaft nur mittelbar durch die zwischengeschaltete Gesellschaft ausgeübt wird (s. BFH Urteil vom 2.4.2008, II R 53/06, DB 2008, 1304; BFH/NV 2008, 1268).
Während bei der Übertragung aller Anteile an einer Kapitalgesellschaft auf eine Gesamthand bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift des § 5 Abs. 2 GrEStG möglich ist (BFH Urteil vom 16.1.2002, II R 52/00, BFH/NV 2002, 1253), scheidet die entsprechende Anwendung des § 5 Abs. 2 GrEStG bei der Anteilsvereinigung aus (BFH Urteil vom 2.4.2008, II R 53/06, DB 2008, 1304; BFH/NV 2008, 1268). Zwar wird weder mit der Anteilsübertragung noch mit der Anteilsvereinigung der Erwerb der Anteile als solcher besteuert, so dass insoweit zwischen diesen beiden Tatbeständen kein Unterschied besteht. Allerdings liegt bei der Anteilsübertragung die durch § 1 Abs. 3 GrEStG erfasste spezifische grunderwerbsteuerliche Zuordnung bereits vor, während sie bei der Anteilsvereinigung erst geschaffen wird. Daher kann nur bei der Anteilsübertragung ein Wechsel in der Zuordnung eintreten, der den in § 5 GrEStG vorausgesetzten Rechtsträgerwechseln entspricht und ggf. eine analoge Anwendung der Vorschrift rechtfertigt.
Unter Anteil in diesem Sinne ist bei Personengesellschaften die gesellschaftsrechtliche Beteiligung an der Personengesellschaft zu verstehen, eine Beteiligung am Kapital ist hierbei nicht Voraussetzung. Einen Anteil hält damit auch der Komplementär einer KG, der nicht am Kapital der KG beteiligt ist. Eine unmittelbare Anteilsvereinigung ist daher bei Personengesellschaften nicht möglich, da immer mindestens zwei »Anteile« bestehen.
Anteile sind bei KapGes die Beteiligungen am Gesellschaftskapital, also bei einer GmbH die Geschäftsanteile und bei einer AG die Aktien. Entsprechendes gilt für vergleichbare ausländische KapGes (vgl. o.g. BFH Urteil vom 27.9.2017, II R 41/15).
Der Erwerber erwirbt einen Anteil an der grundbesitzenden Gesellschaft dann unmittelbar, wenn er zivilrechtlich Gesellschafter dieser Gesellschaft wird.
Anteilsvereinigungen und Anteilsübertragungen können sowohl unmittelbar als auch mittelbar erfolgen. Bei unmittelbaren Beteiligungen ist auf das Zivilrecht abzustellen. Bei mittelbaren Beteiligungen erfolgt kein (unmittelbarer) Übergang, daher kann das Zivilrecht nicht zugrunde gelegt werden. Zur mittelbaren Änderung von Beteiligungen vgl. Abschn. 4 Bsp. 1 im gleichlautenden Ländererlass vom 5.3.2024, LEXinform 7013884.
Nach der neuen BFH-Rspr. (BFH vom 27.9.2017, II R 41/15) ist nicht mehr zwischen PersGes und KapGes zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist nur noch bei einer unmittelbaren Beteiligung vorzunehmen. Während bei unmittelbaren Änderungen des Gesellschafterbestandes an das Zivilrecht angeknüpft werden kann, ist dies bei mittelbaren Änderungen nicht möglich, da in diesem Fall kein Anteil an der grundbesitzenden Gesellschaft übergeht. In dem Entscheidungsfall ging es um sog. RETT-Blocker. Nach der bisherigen Rechtsauffassung schlossen zwischengeschaltete Personengesellschaften eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. GrEStG aus (s.o. Begriff »Anteil«). Als Reaktion auf diese Rechtslage wurde § 1 Abs. 3a GrEStG eingeführt (wirtschaftliche Anteilsvereinigung). Der BFH behandelt nunmehr zwischengeschaltete Kapital- und Personengesellschaften gleich. Bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, ist als Anteil i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG – wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft – die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die sachenrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen maßgebend, so der Leitsatz der BFH-Entscheidung (BFH Urteil vom 27.9.2017, II R 41/15, BStBl II 2018, 667). Nach der Rechtsauffassung des BFH kann ein Anteilserwerb bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung führen, wenn dem Erwerber nach dem Anteilserwerb mindestens 90 % der Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft zuzurechnen sind. Zur Rechtsauffassung des BFH vgl. auch Anmerkungen von Stefan Berens, BB 2018, 360. Der BFH urteilte erneut zur mittelbaren Anteilsvereinigung an einer grundbesitzenden PersGes bei einer zwischengeschalteten KapGes und bestätigte das Urteil vom 27.9.2027. Bei einer über eine zwischengeschaltete KapGes vermittelten (mittelbaren) Beteiligung an einer grundbesitzenden PersGes ist für eine Anteilsvereinigung i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Anteil am Vermögen der PersGes und nicht die sachenrechtliche Mitberechtigung am Gesamthandsvermögen maßgebend. Hält der Erwerber bereits unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 % der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden PersGes, ist ein weiterer unmittelbarer oder mittelbarer Anteilserwerb nicht mehr nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbar (BFH vom 27.5.2020, II R 45/17, LEXinform 0951726).
Die rückwirkende Anwendung des BFH-Urteils vom 27.9.2017, II R 41/15 (BStBl II 2018, 667) auf einen Anteilserwerb im Jahr 2012 verstößt nicht gegen Art. 20 Abs. 3 GG, da kein schutzwürdiges Vertrauen des Stpfl. in die frühere Rechtslage bestehen konnte, so der BFH in einer Entscheidung vom 28.2.2024, II R 7/22).
Mit der Änderung der Rechtsprechung wird auch der Anwendung des § 1 Abs. 3a GrEStG an Bedeutung verlieren. Denn § 1 Abs. 3a GrEStG ist nur dann anzuwenden, wenn nicht vorrangig ein Fall des § 1 Abs. 3 bzw. Abs. 2b GrEStG vorliegt.
Zur mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundbesitzenden (Personen-) Gesellschaft nach § 1 Abs. 3 GrEStG vgl. Bsp. 1 im gleichlautenden Ländererlass vom 5.3.2024 (LEXinform 7013884).
Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 GrEStG können bei mehrstufigen Beteiligungsstrukturen mehrfach vorliegen. Nach dem gleichlautenden Ländererlass vom 5.3.2024 ist in solchen Fällen wie folgt zu verfahren:
Der Tatbestand wird grds. bei dem Rechtsträger verwirklicht, der unmittelbar Beteiligter des Rechtsgeschäfts oder des Übergangs ist, welches bzw. welcher zur Verwirklichung des Tatbestands nach § 1 Abs. 3 GrEStG führt (vergleiche Bsp. 5 und 6 im Ländererlass).
Erfüllt der an diesem Rechtsgeschäft oder Übergang unmittelbar beteiligte Rechtsträger den Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht, verwirklicht diesen Tatbestand der – ausgehend von dem am Rechtsgeschäft oder Übergang unmittelbar beteiligten Rechtsträger – in der Beteiligungskette am nächsten stehende (unterste) Rechtsträger, der die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 3 GrEStG erfüllt (vergleiche Bsp. 4 im Ländererlass).
Die Anteilsvereinigung einer Organträgerin, die 87,5 % der Anteile an einer Organgesellschaft hält, die wiederum zu 100 % Anteilseignerin an grundstücksbesitzenden Gesellschaften ist, auf eine außerhalb des Organkreises stehende neue Organträgerin unter Fortsetzung des Organschaftsverhältnisses stellt weder eine Anteilsvereinigung i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG noch eine Übertragung i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG aller Anteile an den grundstücksbesitzenden Gesellschaften dar. Damit wurde einer Verfügung der OFD Münster (vom 7.12.2000, UVR 2001, 366) widersprochen. Zur Anwendung § 1 Abs. 3 GrEStG auf Organschaftsfälle vgl. gleichlautender Ländererlass vom 19.9.2018 (BStBl I 2018, 1056, LEXinform 5236715).
Für die Anwendung des § 1 Abs. 3 GrEStG kommt es darauf an, ob der Gesellschaft im Zeitpunkt der Verwirklichung inländische Grundstücke gehört haben. Die Zuordnung eines Grundstücks zum Gesellschaftsvermögen richtet sich zwar grundsätzlich nach dem Zivilrecht, im Einzelfall aber letztlich immer nach dem Grunderwerbsteuerrecht. Auch dann, wenn eine Gesellschaft (noch) nicht als Eigentümerin eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist, kann es ihr schon grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen sein. Denkbar ist auch umgekehrt, dass es ihr dann noch zuzurechnen ist, wenn es schon verkauft ist, z.B. wenn erst danach eine Umwandlung stattfindet.
Soll am selben Tag eine Anteilsübertragung mit dem Ziel der Anteilsvereinigung und der Erwerb eines Grundstücks erfolgen, kann die Anteilsvereinigung nur dann der Grunderwerbsteuer unterworfen werden, wenn die Gesellschaft das Grundstück vor der Anteilsvereinigung i.S.d. GrESt-Rechts erworben hat. Es kommt also nicht auf den zivilrechtlichen Eigentumserwerb, sondern auf die grunderwerbsteuerliche Zuordnung an. Erwirbt z.B. eine GmbH durch einen sofort in Kraft tretenden, rechtswirksamen Kaufvertrag den Anspruch auf Übertragung des Eigentums an Grundstücken, »gehören« ihr diese Grundstücke bereits mit Eintritt der Wirkung des schuldrechtlichen Kaufvertrags. Die Vereinbarung eines danach liegenden Zeitpunkts des wirtschaftlichen Übergangs ist unmaßgeblich (s. FG Münster Urteil vom 26.4.2007, 8 K 1069/04 GrE, EFG 2007, 1895).
Entsprechend der Systematik des Grunderwerbsteuerrechts wird dem Rechtsträger aufgrund § 1 Abs. 3a GrEStG das Grundstück fiktiv auch dann zugerechnet, wenn dessen wirtschaftliche Beteiligung an der Gesellschaft mit einem inländischen Grundstück mindestens 90 % beträgt. Damit gilt hier nicht die sachenrechtliche Betrachtungsweise. Die Berücksichtigung von subjektiven Beweggründen erfolgt – wie auch bei den weiteren Tatbeständen des Grunderwerbsteuerrechts – nicht.
Die wirtschaftliche Beteiligung stellt auf die unmittelbare oder/und mittelbare Beteiligung am Kapital oder am Vermögen einer Gesellschaft ab. Es sind alle Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen einer Gesellschaft rechtsformneutral anteilig zu berücksichtigen. Bei mittelbarer Beteiligung ist die Beteiligung am Kapital oder am Vermögen aufgrund der vorgesehenen Multiplikation »durchzurechnen«. Die unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen eines Rechtsträgers an der Gesellschaft mit inländischem Grundstück werden für die Ermittlung der maßgeblichen wirtschaftlichen Beteiligung zusammengerechnet. Hat durch einen Rechtsvorgang i.S.d. Abs. 3 ein Rechtsträger insgesamt eine wirtschaftliche Beteiligung von mindestens 90 % erstmals inne, greift § 1 Abs. 3a GrEStG ein, soweit durch den Rechtsvorgang eine Besteuerung nach Abs. 2a, Abs. 2b oder Abs. 3 nicht in Betracht kommt.
Das Entstehen von Grunderwerbsteuer kann daher bei der Anteilsübertragung künftig nur dadurch vermieden werden, dass sich
ein unabhängiger Dritter mit 10 % plus einem Anteil an der immobilienbesitzenden Gesellschaft beteiligt oder
der Anteilsverkäufer in diesem Mindestumfang beteiligt bleibt.
§ 1 Abs. 3a GrEStG ist für Erwerbsvorgänge, die nach dem Tag des Bundestagsbeschlusses über das Vermittlungsergebnis (6.6.2013), also ab dem 7.6.2013 verwirklicht wurden, anzuwenden.
S. zum Nachfolgenden Gemeinsamer Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.9.2018 (BStBl I 2018, 1069, LEXinform 5236716).
Nach der Rspr. des BFH (Urteil vom 31.3.1982, II R 92/81, BStBl II 1982, 424; BFH Urteil vom 8.6.1988, II R 143/86, BStBl II 1988, 785) können personenbezogene Befreiungsvorschriften in Fällen der Anteilsvereinigung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG) nicht angewendet werden. Der BFH hat dies damit begründet, dass beim Anteilserwerb derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, grunderwerbsteuerrechtlich so behandelt werde, als habe er ein Grundstück von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen. Dies gilt sinngemäß auch für die ab 1.1.2000 geltende Fassung des § 1 Abs. 3 GrEStG, nach der unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % (jetzt 90 %) der Anteile vereinigt sein müssen.
Für die Fälle des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG haben die Urteile keine Bedeutung. Da die Grundstücke einer Gesellschaft, deren Anteile zu mindestens 90 % in einer Hand vereinigt sind, grunderwerbsteuerrechtlich diesem Gesellschafter zugerechnet werden, ist bei einer Übertragung der Anteile davon auszugehen, dass der neue Gesellschafter die Grundstücke von dem früheren Gesellschafter und nicht von der Gesellschaft erwirbt. Für die Fälle, in denen mindestens 90 % der Anteile einer Gesellschaft von einem Gesellschafter auf einen anderen übertragen werden, steht somit der Anwendung personenbezogener Befreiungsvorschriften nichts entgegen.
In allen Fällen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG wurde bisher die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG nicht angewendet, weil der Erwerb des Grundstücks von der Gesellschaft auf einer durch § 1 Abs. 3 GrEStG angeordneten Fiktion und damit nicht auf einer Schenkung beruhe. Insoweit lägen zwei unterschiedliche Rechtsvorgänge vor (Trennungsgrundsatz, s. dazu auch FinMin Baden-Württemberg vom 18.12.2009, S 450.5/18, DStR 2010, 114), so dass auch keine Doppelbesteuerung desselben Vorgangs gegeben sei. Für die Schenkung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft wurde die Grunderwerbsteuerbefreiung bei erstmaligen Anteilsvereinigungen daher ausgeschlossen (BFH Urteil vom 8.6.1988, II R 143/86, BStBl II 1988, 785).
Diese Sichtweise hat der BFH mit Urteil vom 23.5.2012 (II R 21/10, DB 2012, 1729, GmbHR 2012, 981) geändert. Auch hier wird auf den Sachverhalt »freigebige Zuwendung« abgestellt, der mit Schenkungsteuer belastet ist und damit nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerbefreit ist. Damit erfolgt die grunderwerbsteuerliche Behandlung entsprechend den Fällen der Schenkung von Anteilen an grundbesitzhaltenden Personengesellschaften (s. dazu BFH Urteil vom 12.6.2006, II R 79/05, BStBl II 2007, 409).
Werden die Anteile wie im Urteilsfall des BFH (Urteil vom 23.5.2012, II R 21/10) sukzessive übertragen (zunächst Schenkung von 41 % der Anteile, 11 Jahre später Übertragung von 59 % der Anteile schenkweise unter der Auflage einer lebenslangen Rente, so dass eine gemischte Schenkung anzunehmen ist), richtet sich die Grunderwerbsteuerbefreiung nach dem insgesamt schenkweise übertragenen Anteil, so dass es nicht auf den zuletzt übertragenen – und damit grunderwerbsteuerauslösenden Anteil – ankommt, sondern auf die gesamte Schenkung. Daher wurde vom BFH auch die erste Schenkung (41 % der Anteile an der GmbH) mit einbezogen. Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 6 GrEStG kann unverändert nicht angewendet werden, da es an dem notwendigen Verwandtschaftsverhältnis fehlt. Insoweit betont der BFH den Unterschied zwischen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG und der Anteilsübertragung nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG.
Bei einer Übertragung von Anteilen in den Fällen des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG ist davon auszugehen, dass der neue Gesellschafter die Grundstücke von dem früheren Gesellschafter und nicht von der Gesellschaft erwirbt. Aus diesem Grunde kann die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG ebenfalls Anwendung finden.
Zu den Gesellschaften i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG gehören auch Personengesellschaften (BFH Urteil vom 25.2.1969, II 142/63, BStBl II 1969 II, 400; BFH Urteil vom 11.6.1975, II R 38/69, BStBl II 1975, 834; BFH Urteil vom 26.7.1995, II R 68/92, BStBl II 1995, 736). Bei Personengesellschaften sind teilweise andere Grundsätze zu beachten.
Zu beachten ist, dass im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG bei Personengesellschaften unter »Anteil an der Gesellschaft« die gesamthänderische Mitberechtigung und nicht die vermögensmäßige Beteiligung am Gesellschaftskapital zu verstehen ist (vgl. BFH Urteil vom 26.7.1995, II R 68/92, BStBl II 1995, 736). Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 GrEStG ist § 1 Abs. 2a GrEStG vorrangig anzuwenden.
Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 2 GrEStG können hiernach gleichzeitig sowohl nach einer personenbezogenen Befreiungsvorschrift als auch nach § 6 GrEStG (unter Beachtung der Beschränkungen des § 6 Abs. 4 GrEStG) begünstigt sein.
Erwirbt ein Gesellschafter einer Personengesellschaft deren Gesamthandsvermögen durch Schenkung der Anteile der anderen Gesellschafter zu Alleineigentum, ist ein dabei erfolgender Übergang von Grundstücken aus dem Gesellschaftsvermögen in das Alleineigentum des Gesellschafters nach Maßgabe des § 3 Nr. 2 und des § 6 Abs. 2 GrEStG grunderwerbsteuerfrei (BFH Urteil vom 13.9.2006, II R 37/05, BStBl II 2007, 59).
Erwerben mehrere Personen von einer Personengesellschaft ein Grundstück zu Miteigentum, ist § 6 Abs. 1 GrEStG entsprechend anwendbar, wenn nur einer der Erwerber Gesellschafter ist oder war (BFH Urteil vom 21.11.1979, II R 96/76, BStBl II 1980, 217). In diesem Fall können auch Nichtgesellschafter in den Genuss der Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 GrEStG kommen, wenn sie mit dem Gesellschafter nach Maßgabe des § 3 Nr. 4 bzw. 6 GrEStG (Ehegatte bzw. Verwandter gerader Linie) verbunden sind. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Erwerb des Gesellschafters Vorrang hat. In dieser Reihenfolge kann die Steuerbefreiung gewährt werden und zwar insoweit, als der Bruchteil des erworbenen Miteigentums dem Anteil, zu dem der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist bzw. war nicht überschritten wird. Ist der Bruchteil des erworbenen Miteigentums höher als der Anteil an der Gesellschaft, bleibt für den Ehegatten oder Verwandten in gerader Linie für eine Steuerbefreiung kein Raum (BFH Urteil vom 11.6.2008, II R 58/06, BStBl II 2008, 879). § 6 Abs. 1 GrEStG will nur die fortbestehende vermögensmäßige Beteiligung am Grundstück begünstigen. Die Steuerbefreiung des Ehegatten oder Verwandten in gerader Linie kommt daher nur dann in Betracht, wenn und soweit der Bruchteil des Miteigentumserwerbs des Gesellschafters hinter seinem Anteil an der Gesellschaft zurückbleibt.
Bei der Bestimmung des Umfangs der Steuerbefreiung ist zu beachten, dass die Bezugsgrößen, auf die sich die Prozentsätze oder Bruchteile beziehen, nicht gewechselt werden.
Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage sind die Ausnahmetatbestände des § 8 Abs. 2 GrEStG zu beachten. Erfolgt die Übertragung auf gesellschaftlicher Grundlage, ist insoweit der Grundbesitzwert zu ermitteln, während nach der Grundregel des § 8 Abs. 1 GrEStG der Wert der Gegenleistung maßgeblich ist. Liegt kein Ausnahmetatbestand vor, kann eine Gesamtgegenleistung ermittelt werden, die dann nach den Miteigentumsanteilen auf die einzelnen Erwerber aufzuteilen ist.
Beispiel 14:
An der ABC-GbR sind drei Gesellschafter zu je einem Drittel beteiligt. 2022 beschließen sie die Auflösung der Gesellschaft. Das aus einem Grundstück bestehende Gesellschaftsvermögen mit damit zusammenhängenden Verbindlichkeiten wird auf einen der Gesellschafter und seine Ehefrau zu je hälftigem Miteigentum übertragen. Als Gegenleistung werden ein bestimmter Geldbetrag und die Übernahme der Verbindlichkeiten vereinbart.
Bemessungsgrundlage für den Erwerb des Ehemanns ist der Grundbesitzwert seines Miteigentumsanteils, der in Höhe der Hälfte des für das ganze Grundstück ermittelten Grundbesitzwertes festzustellen ist. Die Auflösung der GbR stellt einen anderen Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG dar.
Der Ehemann war als Gesellschafter der GbR zu 2/6 an dem Grundstück beteiligt; nach der Übertragung ist er Miteigentümer zu 3/6. Nur in Höhe der zusätzlichen 1/6 ist sein Erwerb steuerpflichtig. Zu 2/6 ist sein Erwerb entsprechend § 6 Abs. 1 GrEStG steuerfrei. Diese Brüche beziehen sich auf das ganze Grundstück. Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für seinen Miteigentumsanteil steht dem Ehemann eine Befreiung in Höhe von 2/3 zu. Wird für alle Erwerber eine Gesamtgegenleistung ermittelt und anschließend auf die Erwerber aufgeteilt, darf das Ausmaß, in dem der Erwerb einzelner Erwerber nach § 6 Abs. 1 GrEStG steuerbefreit ist, nicht in der Weise bestimmt werden, dass der Anteil, zu dem sie an der Gesamthand beteiligt waren, auf die jeweilige individuelle Bemessungsgrundlage angewandt wird.
Hinsichtlich des Erwerbs der Ehefrau kommt die Steuerbefreiung nicht in Betracht, da der Bruchteil des Miteigentumserwerbs des Ehemanns größer ist als der Anteil an der aufgelösten GbR. Die Bemessungsgrundlage ist für die Ehefrau nach § 8 Abs. 1 GrEStG zu ermitteln. Sie ist daher aus der anteiligen Barzahlung und den anteilig übernommenen Verbindlichkeiten zu berechnen.
Für den Übergang auf eine Gesamthand sieht § 5 GrEStG die Nichterhebung der Steuer vor, soweit der Anteil des am Vermögen der Gesamthand beteiligten bisherigen Miteigentümers seinem Bruchteil am Grundstück entspricht (Abs. 1) bzw. beim bisherigen Alleineigentümer, soweit der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist (Abs. 2). § 5 Abs. 2 GrEStG ist auch auf ausländische Gesellschaften anwendbar, soweit es sich dabei um Gesamthandsgemeinschaften handelt. Die §§ 5, 6 GrEStG sind in den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG anwendbar, nicht aber in den Fällen des neuen § 1 Abs. 2b GrEStG (Anwendungsbereich KapGes, nicht Gesamthand). Die FinVerw hat zur Anwendung der §§ 5, 6 GrEStG mit gleichlautenden Ländererlassen vom 5.3.2024 (LEXinform 7013883) Stellung genommen.
Mit Inkrafttreten des MoPeG zum 1.1.2024 ist fraglich, ob rechtsfähige PersGes noch unter den Anwendungsbereich der §§ 5, 6 GrEStG fallen. PersGes haben ab 1.1.2024 eigenes Gesellschaftsvermögen (§ 713 BGB für rechtsfähige GbR). Damit liegt zivilrechtlich keine Gesamthand bzw. kein Gesamthandsvermögen mehr vor. Für die Jahre 2024 bis 2026 sieht § 24 GrEStG eine Übergangslösung vor (Kreditzweitmarktförderungsgesetz, Zustimmung Bundesrat am 15.12.2023). Rechtsfähige PersGes gelten für Zwecke der GrESt als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen. Diese Regelung gilt allerdings nur für die Jahre 2024 bis 2026. Die Beratungen über die zukünftige Beurteilung von PersGes sollen im Jahr 2024 abgeschlossen werden. § 24 GrEStG soll Rechtssicherheit für Wirtschaft und Verwaltung herbeiführen. § 24 GrEStG wird mit Ablauf des Jahres 2026 wieder aufgehoben. Die Rechtssicherheit gilt somit nur für diesen Zeitraum, die Ergebnisse der Beratungen sind noch offen.
Beispiel 15:
Die Geschwister Andrea und Bernd sind je zur Hälfte Gesellschafter der A&B-GbR. A verkauft der GbR ein in Landau (Pfalz) belegenes unbebautes Grundstück, der Kaufpreis beträgt 300 000 € und ist angemessen.
Kaufvertrag im Jahr 2023
Kaufvertrag im Jahr 2024
Lösung 15:
Die GbR erwirbt durch den Kaufvertrag den Anspruch auf Übereignung, es liegt ein steuerbarer Erwerbsvorgang (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 GrEStG) vor. Eine Steuerbefreiung (§§ 3, 4 GrEStG) ist nicht ersichtlich. Bemessungsgrundlage ist der vereinbarte Kaufpreis von 300 000 € (§§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Bei einem Steuersatz von 5 % in Rheinland-Pfalz beträgt die GrESt zunächst 15 000 €.
Zu a)
Da das Grundstück von einem Alleineigentümer auf eine Gesamthand übergeht, wird gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 GrEStG die GrESt in Höhe des Anteils von A an der GbR nicht erhoben (= 7 500 €). Zu beachten ist die Nachbehaltens- bzw. Sperrfrist aus § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG.
Zu b)
Zivilrechtlich liegt bei einer rechtsfähigen GbR keine Gesamthand mehr vor, § 5 Abs. 2 Satz 1 GrEStG wäre ab dem 1.1.2024 nicht mehr anwendbar. Die GrESt ist in voller Höhe zu erheben. Die Rechtsfolge wäre vergleichbar mit dem Verkauf an eine GmbH, bei der A zur Hälfte beteiligt ist. Die rechtsfähige GbR wäre ab dem 1.1.2024 einer KapGes gleichgestellt.
Die Auswirkung des MoPeG war zunächst umstritten. Im Gesetzentwurf des Wachstumschancengesetzes sollte zunächst nur für die Dauer der Sperrfrist (§ 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3, 4 GrEStG) die alte Rechtslage weiter angewendet werden. Danach wären dann die §§ 5, 6 GrEStG nicht mehr anwendbar.
Nach der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses wurde die bisherige Rechtslage beibehalten. Durch § 24 GrEStG wird dies für das Jahr 2024 sichergestellt. Bis dahin sollen die Bund-Länder-Beratungen zu einer gesetzlichen Neuregelung abgeschlossen sein.
Die Steuerbefreiung kann nach § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG in Missbrauchsfällen versagt werden. Danach sind die Steuerbefreiungen nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG nicht anzuwenden, wenn sich der Anteil des Veräußerers/Gesamthänders am Vermögen der Gesamthand innerhalb einer Haltefrist von zehn Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand vermindert.
Diese Verminderung kann z.B. durch
Ausscheiden des betreffenden Gesamthänders aus der Gesamthand,
Herabsetzung der Beteiligung infolge Verkaufs,
Übertragung auf andere Gesamthänder,
Aufnahme neuer Gesamthänder,
Übertragung auf einen Treuhänder sowie
Verschmelzung des erwerbenden Rechtsträgers auf einen anderen Rechtsträger
erfolgen.
Die der Missbrauchsverhinderung dienende Vorschrift ist mangels präziser gesetzlicher Formulierung dahingehend auszulegen, dass trotz
der Aufgabe der gesamthänderischen Mitberechtigung oder
der Verhinderung der vermögensmäßigen Beteiligung
des grundstückseinbringenden Gesamthänders die Vergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG nicht entfällt, wenn die vom Gesetz geforderte Steuerumgehung ausscheidet.
Dies ist in den in § 3 Nr. 2 GrEStG genannten Fällen des Grundstückserwerbs von Todes wegen der Fall, weil der entsprechende Erwerbsvorgang bei einer unmittelbaren Grundstücksübertragung auf die Erwerber von der Grunderwerbsteuer befreit wäre (BFH Urteil vom 7.10.2009, II R 58/08, BFH/NV 2010, 114).
Soweit Anteilsschenkungen an Verwandte in gerader Linie erfolgen, ist eine Besteuerung wegen § 3 Nr. 6 GrEStG nicht sachgerecht. Die relative Selbstständigkeit und Rechtsträgerschaft der Gesamthand schließen es nicht aus, dieser die persönlichen Eigenschaften der Gesamthänder quotal zuzurechnen (BFH Urteil vom 10.2.1982, II R 152/80, BStBl II 1982, 481).
Daher wird der Rechtsgedanke des § 3 Nr. 6 GrEStG auf § 5 GrEStG übertragen. Bei einer Verwandtschaft in gerader Linie i.S.d. § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG bedeutet dies, dass zwischen demjenigen, der ein Grundstück auf eine Gesamthand überträgt, und den an dieser Gesamthand Beteiligten Gesamthändern das Nichtbeteiligtsein des Grundstücksveräußerers an der Gesamthand oder die planmäßige Aufgabe der gesamthänderischen Beteiligung eines grundstückseinbringenden Gesamthänders zugunsten eines mit ihm in gerader Linie Verwandten in der Gewährung der Vergünstigung nach § 5 GrEStG nicht entgegensteht. Dabei wird über § 3 Nr. 6 GrEStG im Wege einer »interpolierenden Betrachtungsweise« lediglich das fehlende, jedoch von § 5 GrEStG vorausgesetzte Tatbestandsmerkmal »Gesamthänder« ersetzt (BFH Beschluss vom 26.2.2003, II B 202/01, BFH/NV 2003, 864).
Die Finanzverwaltung hat mit gleichlautenden Erlassen der Länder vom 5.3.2024 zur Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG ausführlich Stellung genommen (LEXinform 7013883).
Eine Anteilsminderung i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG liegt vor, wenn die Beteiligung am Vermögen der Gesamthand gemindert wird. Das kann durch Veräußerung des Gesellschaftsanteils selbst bewirkt werden oder auch durch anderweitige Vereinbarungen erfolgen, wenn es dadurch bei im Übrigen unveränderter bürgerlich-rechtlicher Beteiligung am Gesamthandsvermögen wirtschaftlich zu einer Beschränkung oder Aufgabe der Beteiligung am wirtschaftlichen Wert des Gesellschaftsanteils und somit an der Teilhabe am Wert des eingebrachten Grundstücks kommt (BFH vom 12.1.2022, II R 4/20, LEXinform 0952709). Am Vermögen der Klägerin (KG) war Z zu 100 % beteiligt. Im September 2008 erwarb die KG von verschiedenen KGs Grundstücke. An diesen KGs waren ausschließlich Kinder des Z beteiligt. Daher stellte das FA die Erwerbsvorgänge gem. § 3 Nr. 6 i.V.m. § 6 Abs. 3 GrEStG steuerfrei. Im Dezember 2008 veräußerte Z 94 % seiner Anteile an der grundbesitzenden KG an E. Außerdem unterbreitete Z am selben Tag D ein bis zum 30.6.2014 für Z unwiderrufliches notariell beurkundetes Angebot auf Abschluss eines Kauf- und Abtretungsvertrags über den ihm verbliebenen Kommanditanteil von 6 %. Noch im Dezember 2008 trat Z seine Gewinn- und Verlustbeteiligung für die bei ihm verbliebenen 6 % bis zum 31.12.2013 an E ab. Das FA hob daraufhin die Steuerbefreiung gem. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG rückwirkend in voller Höhe auf. Als Begründung führte das FA an, dass der Anteil von Z innerhalb der Nachbehaltensfrist um 100 % reduziert wurde. Der BFH hat im Revisionsverfahren die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG bestätigt, allerdings nur im Umfang von 94 % und nicht wie vom FA und FG angenommen zu 100 %. Die Steuervergünstigung des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG sei durch die Veräußerung im Dezember 2008 zu 94 % entfallen, nicht jedoch hinsichtlich des verbleibenden Anteils von 6 %. Nach Auffassung des BFH hat weder das (für eine gewisse Zeit unwiderrufliche) Kaufangebot an D noch die Abtretung der Gewinn- und Verlustbeteiligung an E noch beide Maßnahmen in einer Gesamtschau zu einer Änderung der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen geführt. Durch das Kaufangebot sei das Risiko einer Wertminderung nicht auf D übergegangen, so der BFH in der Urteilsbegründung. Die Abtretung der Gewinn- und Verlustbeteiligung habe nach dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin keine Auswirkung auf die Verteilung des Abwicklungsgewinns und des Reinvermögens. Auch nach Verschiebung der Gewinn- und Verlustzurechnung von Z an E sei Z weiterhin zu 6 % am Gesamthandsvermögen beteiligt gewesen.
Die grunderwerbsteuerliche Konzernklausel (§ 6a GrEStG) soll verhindern, dass bestimmte Umstrukturierungen im Konzern aus grunderwerbsteuerlichen Gründen nicht durchgeführt werden. Die Finanzverwaltung hat in gleichlautenden Ländererlassen zur Anwendung des § 6a GrEStG Stellung genommen (vgl. Erlass vom 25.3.2023). Die Darstellung der Finanzverwaltung bezieht sich auf die nach dem 30.6.2021 geltende Rechtlage.
Grundstücks- oder Anteilsübertragungen werden im Rahmen bestimmter betrieblicher Umstrukturierungen von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn sich die Beteiligungsverhältnisse mittelbar nicht verändern. Danach werden Grundstücksübergänge im Rahmen von Umstrukturierungen bei Umwandlungsvorgängen grunderwerbsteuerrechtlich gem. § 6a GrEStG begünstigt, wenn es sich um einen Rechtsvorgang i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwStG handelt. Erfasst werden damit folgende Vorgänge im Rahmen von Umstrukturierungen und zwar auch, soweit diese nach dem Recht eines EU- oder EWR-Staates erfolgen:
Verschmelzung, Spaltung und Vermögensübertragung,
Änderungen des Gesellschafterbestands einer Personengesellschaft
Anteilsvereinigung bzw. -übertragung,
Übergang der Verwertungsbefugnis.
Begünstigt sind nur solche Umwandlungsvorgänge, an denen ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und eine oder mehrere von diesem abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Welches Unternehmen »herrschendes Unternehmen« und welche Gesellschaft »abhängige Gesellschaft« i.S.d. § 6a GrEStG ist, richtet sich nach dem jeweiligen Umwandlungsvorgang, für den die Steuer nach § 6a Satz 1 GrEStG nicht erhoben werden soll. Unerheblich ist, ob bei mehrstufigen Beteiligungen das herrschende Unternehmen selbst von einem oder weiteren Unternehmen abhängig ist (BFH vom 28.9.2022, II R 13/20, LEXinform 0952822).
Die Steuerpflicht von bloßen Übertragungen von Grundstücken oder Anteilen bleibt erhalten.
Um missbräuchliche Gestaltungen bzw. Mitnahmeeffekte zu vermeiden, wird eine Vorbehaltensfrist festgelegt und außerdem eine nachträgliche Versagung der Begünstigung vorgesehen. Diese Regelungen greifen, wenn
ein sich umwandelnder Rechtsträger innerhalb von fünf Jahren vor dem Umwandlungsvorgang das Grundstück erworben hat, bzw.
der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem Umwandlungsvorgang in Bezug auf das Grundstück einen Rechtsvorgang verwirklicht oder seine Anteile an der Gesellschaft vermindert, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört.
Die Anzeigepflicht nach § 19 GrEStG wird nach § 19 Abs. 2 Nr. 4a GrEStG auf die nach § 6a GrEStG begünstigten Umstrukturierungen erweitert, um der Finanzbehörde die Ermittlung der grunderwerbsteuerlich relevanten Rechtsvorgänge zu ermöglichen.
Die Neuregelungen sind nach § 23 Abs. 8 GrEStG erstmals auf Rechtsvorgänge anzuwenden, die nach dem 31.12.2009 verwirklicht werden. Zur Vermeidung missbräuchlicher Gestaltungen ist die Vergünstigung nicht anzuwenden, wenn ein zwischen dem 1.1.2008 und dem 31.12.2009 verwirklichter Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wird und deshalb die Steuer nach § 16 Abs. 1 oder 2 GrEStG nicht erhoben oder die Steuerfestsetzung aufzuheben oder zu ändern ist.
Der BFH hat in einem Beschwerdeverfahren (Ablehnung von AdV) klargestellt, dass § 6a GrEStG auf Erwerbsvorgänge § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht anwendbar ist (BFH vom 22.11.2018, II B 8/18). Im Entscheidungsfall wurde ein Einzelunternehmen, zu dem Grundbesitz gehörte, mit notariell beurkundetem »Umwandlungsbeschluss« gem. den §§ 190 ff. UmwG formwechselnd eine GmbH umgewandelt. In dem mitbeurkundeten Gesellschaftsvertrag ist bestimmt, dass der bisherige Einzelunternehmer sämtliche Geschäftsanteile der GmbH »gegen Einbringung des Einzelunternehmens gemäß Sachgründungsbericht« übernimmt. Der BFH bestätigte, dass ein Formwechsel eines Einzelunternehmens in eine Ein-Mann-GmbH gem. § 191 Abs. 1 UmwG nicht möglich ist. Durch die Beurkundung eines solchen Formwechsels eines grundbesitzenden Einzelunternehmens kann die Entstehung von Grunderwerbsteuer nicht vermieden werden. Die Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 12 GrEStG, der die rückwirkende Geltung des § 6a Satz 1 GrEStG n.F. für nach dem 6.6.2013 verwirklichte Erwerbsvorgänge anordnet, ist nicht ernstlich zweifelhaft (BFH vom 22.11.2018, II B 8/18). In der Begründung führt der BFH aus, dass in materiell-rechtlicher Hinsicht bei summarischer Prüfung keine Rückwirkung vorliege. § 6a Satz 1 GrEStG n.F. bewirke keine Änderung der geltenden Rechtslage. § 6a Satz 1 GrEStG n.F. stelle rückwirkend lediglich das klar, was ohnehin bereits geregelt war. Das Vertrauen in das geltende Recht sei von vornherein nicht berührt, weil das geltende Recht nachträglich keine materielle Änderung erfahren hat.
Der EuGH hat mit Urteil vom 19.12.2018 (C-374/17, LEXinform 0651551) entschieden, dass es sich bei § 6a GrEStG um keine verbotene staatliche Beihilfe handelt.
Der BFH hat daraufhin in einigen Entscheidungen zu Umstrukturierungen in einem Konzern Stellung genommen und dabei § 6a GrEStG weit ausgelegt. So ist auch der Fall begünstigt, dass eine abhängige Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen verschmolzen wird (BFH vom 22.8.2019, II R 18/19, veröffentlicht am 13.2.2020). Im Entscheidungsfall war die Klägerin seit mehr als fünf Jahren Alleingesellschafterin einer Tochtergesellschaft, die auf die Klägerin verschmolzen wurde. Hierdurch gingen die Grundstücke der Tochtergesellschaft auf die Klägerin über. Der BFH hat nun die Auffassung des FG bestätigt, dass die Verschmelzung von § 6a GrEStG erfasst werde. Gem. § 6a GrEStG werde für bestimmte steuerbare Erwerbe aufgrund einer Umwandlung (z.B. Verschmelzung) die Grunderwerbsteuer nicht erhoben. Voraussetzung sei u.a., dass an dem Umwandlungsvorgang ein herrschendes Unternehmen und eine abhängige Gesellschaft beteiligt seien und die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der abhängigen Gesellschaft i.H.v. mindestens 95 % innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang bestehe. Wie der EuGH entschieden habe, stelle die von § 6a GrEStG gewährte Steuerbegünstigung keine unionsrechtlich verbotene Beihilfe dar. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung ist, so der BFH, auch die Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Klägerin begünstigt. Unschädlich sei, dass die Klägerin nach der Verschmelzung aus umwandlungsrechtlichen Gründen keine Beteiligung an der Tochtergesellschaft mehr halten konnte und folglich der »Verbund« zwischen der Klägerin als herrschendem Unternehmen und der grundbesitzenden Tochtergesellschaft als abhängiger Gesellschaft durch die Verschmelzung beendet worden sei. Anders als das BMF legte der BFH auch in fünf weiteren Verfahren (II R 15/19, II R 16/19, II R 19/19, II R 20/19 und II R 21/19) die Steuerbegünstigung zugunsten der Stpfl. weit aus. Das gilt sowohl für den in der Norm verwendeten Begriff des herrschenden Unternehmens als auch für die Frage, welche Umwandlungsvorgänge von der Steuerbegünstigung erfasst werden. In einem Verfahren (II R 17/19) sah der BFH die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung nicht als erfüllt an (BFH Pressemitteilung vom 13.2.2020).
Zur Anwendung der BFH Urteile vom 21. und 22.8.2020 hat die Finanzverwaltung im Rahmen gleichlautender Ländererlasse Stellung genommen (Erlass vom 22.9.2020, LEXinform 7012458). An der Verwaltungsauffassung zu dem Begriff »Verbund« (gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung des § 6a GrEStG vom 19.6.2012) wird nicht weiter festgehalten.
Die Steuervergünstigung des § 6a GrEStG ist nicht grundstücksbezogen. § 6a GrEStG stellt nicht auf den Verbleib der durch den Umwandlungsvorgang übergehenden Grundstücke, sondern allein auf die Beteiligungsverhältnisse ab (BFH vom 22.8.2019, II R 17/19). Änderungen in der grunderwerbsteuerrechtlichen Zurechnung der Grundstücke in den Vor- und Nachbehaltensfristen sind somit unbeachtlich.
Die Begünstigung soll künftig neben den Umwandlungsvorgängen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 UmwG auch bei Einbringungen (z.B. nach den §§ 20 und 24 UmwStG) und anderen Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage greifen. Die Beschränkung der Konzernklausel auf Rechtsvorgänge des UmwG wird damit aufgegeben.
Die Erweiterung gilt erstmals für Erwerbsvorgänge, die nach dem Tag des Bundestagsbeschlusses über das Ergebnis des Vermittlungsausschusses zum JStG 2013 (s. BT-Drs. 17/13033) vom 6.6.2013 verwirklicht werden. Die Neuregelung gilt damit für Erwerbsvorgänge, die ab dem 7.6.2013 verwirklicht werden.
Die Inhalte des Jahressteuergesetzes 2013 sind damit im Gesetzgebungsverfahren zum »Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (AmtshilfeRLUmsG)« enthalten.
Freigebige Zuwendungen i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sind als Schenkungen unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) nach § 3 Nr. 2 GrEStG grunderwerbsteuerbefreit. Überträgt ein Gesellschafter im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses ein Grundstück auf die Kapitalgesellschaft, dient dies dem Gesellschaftszweck. Die Verfolgung dieses Zweckes schließt die Annahme einer Schenkung oder freigebigen Zuwendung aus. Es ist dabei nicht entscheidend, ob der Gesellschaftszweck auf Gewinnerzielung gerichtet ist oder ob die Gesellschaft gemeinnützige Zwecke verfolgt. Eine Erhöhung des Werts des Gesellschaftsanteils des übertragenden Gesellschafters ist nicht Voraussetzung (s. BFH Urteil vom 17.10.2007, II R 63/05, BB 2008, 315 = BFH/NV 2008, 298).
Wenn danach grundsätzlich Schenkungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ausgeschlossen sind, unterfallen auch verdeckte Einlagen nicht der Schenkungsteuer.
Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist der Grundbesitzwert i.S.d. § 157 BewG.
Die daraus folgende Grunderwerbsteuerbelastung kann dadurch gemindert werden, dass die Übertragung nicht vollkommen unentgeltlich, sondern gegen eine Gegenleistung, die unter dem Wert des übertragenen Vermögens (z.B. i.H.d. Buchwerts) liegt, erfolgt. Diese, nicht der Bedarfswert bildet die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer (§ 8 Abs. 1 GrEStG).
Offen gelassen hat der BFH die Frage, ob wie bei Mehr-Personengesellschaften quoteninkongruente (disquotale) Leistungen (z.B. bei verdeckten Einlagen, Einlagen, die über den Beteiligungsanteil hinaus in das Gesellschaftsvermögen geleistet werden) Schenkungen angenommen werden können. Dazu hatte der BFH im Urteil vom 15.3.2007 (II R 5/04, BStBl II 2007, 472) Zweifel geäußert.
Die öffentliche Hand ist aufgrund ihrer Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) an freigebigen Zuwendungen gehindert. Daher scheidet auch die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 2 GrEStG aus (s. BFH Urteil vom 29.3.2006, II R 15/04, BFH/NV 2006, 1413; BFH Urteil vom 29.3.2006, II R 68/04, BFH/NV 2006, 1587).
Die für die öffentliche Hand geltenden Grundsätze lassen sich nicht auf Vermögensübertragungen durch Kirchen bzw. deren Untergliederungen wie etwa katholische Kirchengemeinden übertragen. Diese unterliegen nicht dem staatlichen Haushaltsrecht, sondern ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 der Weimarer Reichsverfassung) und sind nicht durch staatliches Recht gehindert, freigebige Zuwendungen zu erbringen, so dass die Steuerfreiheit des § 3 Nr. 2 GrEStG anzuwenden ist (s. BFH Urteil vom 17.5.2006, II R 46/04, BStBl II 2006, 720).
Im Urteil vom 13.9.2006 (II R 37/05, BStBl II 2007, 59) nimmt der BFH auch zur Behandlung einer gemischten Schenkung Stellung. Hat der Gesellschafter, der das gesamte Gesellschaftsvermögen zu Alleineigentum übernimmt, dafür im Rahmen einer gemischten Schenkung Gegenleistungen zu erbringen, ist § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG nur auf den unentgeltlichen Teil des Erwerbs anwendbar. Der entgeltliche Teil des Erwerbs unterliegt der GrESt, soweit nicht andere Befreiungsvorschriften eingreifen. Die Bemessungsgrundlage der GrESt bilden dabei allerdings nicht die vom Erwerber zu erbringenden Gegenleistungen, soweit sie auf den Grundbesitz entfallen, sondern die festgestellten Grundbesitzwerte (§ 157 BewG), soweit sie weder dem bisherigen Anteil des Erwerbers am Vermögen der Gesamthand noch dem unentgeltlichen Teil des Erwerbs entsprechen.
Beispiel 16:
A und B sind je zur Hälfte an einer vermögensverwaltenden GbR beteiligt. Die gesondert festgestellten Grundstückswerte betragen insgesamt 2 077 500 €. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 18.4.01 vereinbaren die Gesellschafter, dass die GbR mit Wirkung zum 1.5.01 aufgelöst wird und B dabei seine Beteiligung an der GbR mit allen damit verbundenen Aktiven und Passiven auf A überträgt und an ihn abtritt. A verpflichtet sich, eine Gegenleistung von 1 490 429 € zu erbringen. Die Leistung des B hat einen Verkehrswert i.H.v. 1 851 351 €.
Lösung 16:
Der Sachverhalt und die Lösung ergeben sich aus dem BFH-Urteil vom 13.9.2006 (II R 37/05, BStBl II 2007, 59).
Die Steuerberechnung ist wie folgt durchzuführen: Die Hälfte der gesondert festgestellten Grundstückswerte von 2 077 500 €, also 1 038 750 €, ist mit dem Verkehrswert der Gegenleistung des A (1 490 429 €) zu multiplizieren und durch den Verkehrswert der Leistungen des B (1 851 351 €) zu teilen. Das Ergebnis von 836 245 € bildet die Bemessungsgrundlage für die GrESt.
Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. § 16 Abs. 2 GrEStG ist auf einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 GrEStG anwendbar (BFH Urteil vom 11.6.2013, II R 52/12, DB 2013, 1764). Dies folgt aus § 16 Abs. 5 GrEStG, wonach § 16 Abs. 1 bis 4 GrEStG nicht gilt, wenn einer der in § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt worden war. Diese Regelung setzt die grundsätzliche Anwendbarkeit der Begünstigungsvorschrift des § 16 GrEStG auch auf Tatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG voraus (BFH Urteil vom 2.3.2011, II R 64/08, BFH/NV 2011, 1009; BFH Urteil vom 16.1.1980, II R 83/74, BStBl II 1980, 359; BFH Urteil vom 16.1.1963, II 58/61, HFR 1964, 241).
Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG ist nicht (mehr) erfüllt, wenn durch einen Anteilsrückerwerb das von dieser Vorschrift vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile der Gesellschaft unterschritten wird (BFH Urteil vom 11.6.2013, II R 52/12, DB 2013, 1764). Die vollständige Rückgängigmachung der Anteilsübertragung ist nicht erforderlich.
Der BFH hat erneut entschieden, dass § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auch auf Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 3 GrEStG anwendbar ist. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG erfasst weiterhin Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2 und Abs. 2a GrEStG. Das gilt auch dann, wenn zwar der Ersterwerb, nicht aber der Rückerwerb steuerbar ist. Ist zwar der Rückerwerb, nicht aber der Ersterwerb steuerbar, so kann § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nur anwendbar sein, wenn zum Zeitpunkt des Ersterwerbs das Grundstück dem damaligen Veräußerer grunderwerbsteuerrechtlich zuzuordnen war. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob es der Steuerbarkeit des Ersterwerbs bedarf (BFH vom 20.2.2019, II R 27/16, LEXinform 0950991).
Im Rahmen des JStG 2022 wurde § 16 GrEStG um einen neuen Abs. 4a erweitert:
Wenn die Anteile in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 3 oder des § 1 Abs. 3a GrEStG nach Abschluss dieses Rechtsgeschäfts übergehen und dadurch der Tatbestand des § 1 Abs. 2a oder Abs. 2b GrEStG verwirklicht wird, so wird auf Antrag die Festsetzung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 3 oder § 1 Abs. 3a GrEStG aufgehoben oder geändert.
Die grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung in der Hand einer Aktiengesellschaft nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG verstößt nicht gegen die Richtlinie 69/335/EWG vom 17.7.1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (s. BFH Urteil vom 19.12.2007, II R 65/06, LEXinform 0588048; BFH Urteil vom 2.4.2008, II R 53/06, DB 2008, 1304; BFH/NV 2008, 1268; FG München Urteil vom 20.9.2006, 4 K 3288/03, EFG 2007, 377, rkr.). Die Grunderwerbsteuer, die nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG beim Erwerb von mindestens 95 % der Anteile an einer Gesellschaft erhoben wird, stellt keine Gesellschaftsteuer dar. Entstehungstatbestand der Steuer ist kein gesellschaftsrechtlicher Vorgang, sondern die Veränderung der Eigentumszuordnung von Grundstücken. Außerdem bemisst sich der maßgebliche Wert allein nach dem Wert des Grundstücks, nicht nach den Leistungen der Gesellschafter.
§ 6a GrEStG stellt nach dem Urteil des EuGH vom 19.12.2018 (LEXinform 0651551) keine verbotene staatliche Beihilfe dar.
Die durch den Wechsel im Gesellschafterbestand ausgelöste GrESt stellt keine Anschaffungskosten des Grundstücks dar, vielmehr ist diese Steuer sofort abzugsfähiger Aufwand (BFH Urteil vom 2.9.2014, IX R 50/13, BStBl II 2015, 260).
Der BFH hat in seiner Urteilsbegründung klargestellt, dass Gegenstand der Besteuerung nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG nicht die geänderte Sachherrschaft (gesamthänderische Mitberechtigung/Beteiligung am Vermögen der Gesamthand) in der Person des einzelnen Neugesellschafters oder auch mehrerer Neugesellschafter sei, sondern die geänderte Zuordnung der Gesellschaftsgrundstücke auf der Gesellschaftsebene (Gesamthand als eigenständiger Rechtsträger). § 1 Abs. 2a GrEStG enthalte daher die Fiktion eines auf Übereignung des Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichteten Rechtsgeschäfts. Das Gesetz fingiere folglich mit Hilfe des Ersatztatbestands des Wechsels im Gesellschafterbestand einen zivilrechtlich nicht vorhandenen grundstücksbezogenen Erwerbsvorgang. Auf der Ebene der Personengesellschaft als grundbesitzende Gesamthand liege daher ertragsteuerlich keine »Anschaffung« des Bürogebäudes vor. Der grunderwerbsteuerrechtliche Besteuerungstatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG finde im Ertragsteuerrecht keine Entsprechung. Da der Anknüpfungspunkt für die Entstehung der Steuer nicht der Gesellschafterwechsel als solcher sei, sondern eine spezifisch grunderwerbsteuerrechtliche Fiktion im Hinblick auf ein anderes, nicht vom Anteilserwerber angeschafftes und nicht bei diesem zu erfassendes Wirtschaftsgut, handelt es sich dabei um Aufwand, der aus ertragsteuerlicher Sicht nicht spezifisch und final den erworbenen Kommanditanteilen zugeordnet werden kann.
Die nach § 1 Abs. 2a GrEStG zu erhebende GrESt ist je nach Einkunftsart der Personengesellschaft im Rahmen der Werbungskosten zu den Einkünften aus § 21 EStG abzugsfähig oder im Rahmen von Gewinneinkünften als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben.
Hofmann, Grunderwerbsteuervergünstigungen bei Übergang eines Grundstücks von Gesamthänder auf Gesamthand, BB 2000, 2605; Heine, Die Gemeinschaft zur gesamten Hand im Grunderwerbsteuerrecht, INF 2001, 449; Schnitter, Grunderwerbsteuerliche Fragen bei Personengesellschaften, EStB 2003, 228; Teiche, Entstehung von Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a und 3 GrEStG bei Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns, UVR 2003, 258 (Teil I), 300 (Teil II); Behrens/Schmitt, Zur Auslegung des Begriffs »Anteil am Gesellschaftsvermögen« i.S.v. § 1 Abs. 2a GrEStG, UVR 2005, 378; Heine, Besteuerungsnischen im Grunderwerbsteuergesetz, UVR 2005, 273 (Teil I), 312 (Teil II); Adolf, Grunderwerbsteuer bei Organschaftsfällen, Zusammenfassung und Anmerkung zum gleichlautenden Ländererlass vom 21.3.2007, GmbHR 2007, 1309; Heine, Immer neue Probleme mit § 1 Abs. 2a GrEStG, UVR 2007, 375; Lohman/von Goldacke/Gick, Grunderwerbsteuer nach §§ 1 Abs. 2a, 1 Abs. 3 GrEStG – eine steuerliche Betriebsausgabe!, BB 2007, 295; Heine, Neue Rechtsprechung des BFH zur Grunderwerbsteuerfreiheit hat bei Schenkung von Geschäftsanteilen weitere Konsequenzen, UVR 2008, 88; Jacobsen, Die grunderwerbsteuerliche Gestaltung von Umstrukturierungen mit Grundstücken, UVR 2009, 145; Mensch, Aktuelle Rechtsprechung zum Grunderwerbsteuerrecht, Steuer und Studium 2009, 169; Wischott/Schönweiß, Wachstumsbeschleunigungsgesetz – Einführung einer Grunderwerbsteuerbefreiung für Umwandlungsvorgänge, DStR 2009, 2638; Roser, Grunderwerbsteuer bei Umwandlungen – neue Impulse bei Umwandlungen, 2010, 17.
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