1 Allgemeines
2 Die Günstigerprüfung beim Familienleistungsausgleichs
3 Die Günstigerprüfung bei den Vorsorgeaufwendungen und bei der Vorsorgepauschale (§ 10 Abs. 4a und § 10c Abs. 5 EStG)
4 Günstigerprüfung bei den Altersvorsorgebeiträgen nach § 10a EStG
5 Günstigerprüfung im Rahmen der Abgeltungsteuer
6 Günstigerprüfung bei den außerordentlichen Einkünften (§ 34 Abs. 1 EStG)
7 Günstigerprüfung bei der Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Nr .4 EStG)
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Zu den Aufgaben des Finanzamtes gehört die Günstigerprüfung. Die Günstigerprüfung findet sich in der Einkommensteuer in den folgenden Bereichen:
beim Familienleistungsausgleich,
bei der Altersversorgung (§ 10a EStG),
bei der Antragsveranlagung bei privaten Kapitalerträgen im Rahmen der Abgeltungsteuer (§ 32d Abs. 4 und 6 EStG) und
bei der Berechnung von außerordentlichen Einkünften (→ Außerordentliche Einkünfte; § 34 Abs. 1 EStG)
bei der Berechnung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG bzw. § 9 Abs. 2 EStG (Entfernungspauschale oder tatsächliche Kosten).
Die Techniken sind zwar vergleichbar, die Anwendungsbereiche jedoch so unterschiedlich, dass sie getrennt dargestellt werden.
Seit dem VZ 1996 werden beim → Familienleistungsausgleich die Kinder nach Maßgabe des dualen Konzepts berücksichtigt (§ 31 EStG). Bereits früher gab es eine pauschale kumulative Berücksichtigung durch das → Kindergeld einerseits und durch einen degressiv wirkenden Kinderfreibetrag andererseits. Dieses rein duale Modell ist ab 1996 durch das Optionsmodell verfeinert worden. Das neu kreierte Optionsmodell bedeutet in diesem Zusammenhang, dass aufgrund einer Vergleichsrechnung bei der Veranlagung die günstigste Entlastung für den Steuerbürger berechnet wird.
Die Steuerfreistellung des Existenzminimums des Kindes wird entweder durch Kindergeldzahlung oder die Gewährung eines Kinderfreibetrages i.R.d. ESt-Veranlagung des/der Berechtigten erzielt. Im laufenden Kj. wird das Kindergeld als steuerfreie Vergütung monatlich ausbezahlt (§§ 62 ff. EStG).
In seinem Urteil vom 15.3.2012 (III R 82/09) hat der BFH entschieden, dass bei der Prüfung der Frage, ob der Abzug der Kinderfreibeträge für den Steuerpflichtigen vorteilhafter ist als das Kindergeld, nicht auf das (tatsächlich) gezahlte Kindergeld, sondern auf den Anspruch auf Kindergeld abzustellen ist. Das gilt auch dann, wenn ein Kindergeldantrag trotz des materiell-rechtlichen Bestehens des Anspruchs bestandskräftig abgelehnt worden ist. Ein Kindergeld-Ablehnungsbescheid entfaltet für das Besteuerungsverfahren keine Tatbestandswirkung mit der Folge, dass das Finanzamt die negative Entscheidung über einen Kindergeldanspruch durch die Familienkasse im Besteuerungsverfahren zu übernehmen hätte. Ab dem Veranlagungszeitraum 2004 erfolgt bei der Günstigerprüfung nach § 31 Satz 4 EStG nach Abzug eines Kinderfreibetrags die Hinzurechnung des hälftigen Kindergeldes. Das der Verfahrensvereinfachung dienende alleinige Abstellen auf den Kindergeldanspruch unabhängig von der tatsächlichen Vereinnahmung des hinzugerechneten Betrages ist verfassungsgemäß (vgl. BFH vom 20.12.2012 III R 29/12, BFH/NV 2013, 723), vgl. FG Sachsen-Anhalt vom 25.6.2013, 5 K 1082/09.
Bei der ESt-Veranlagung wird sodann von Amts wegen die sog. Günstigerprüfung für jedes Kind getrennt durchgeführt. Dies gilt auch dann, wenn eine Zusammenfassung der Freibeträge für zwei und mehr Kinder wegen der Besteuerung außerordentlicher Einkünfte nach § 34 Abs. 1 EStG (sog. Fünftelregelung) günstiger wäre (BFH Urteil vom 28.4.2010, III R 86/07). Begonnen wird mit dem ältesten Kind.
Ist im Ergebnis die gebotene Freistellung durch das Kindergeld nicht voll bewirkt, sind in der ESt-Veranlagung gem. § 32 Abs. 6 EStG der Kinderfreibetrag und ab VZ 2000 der Betreuungsfreibetrag abzuziehen. Letzterer wurde ab VZ 2002 um einen Erziehungs- und Ausbildungsbetrag erweitert.
Bei der Vergleichsrechnung werden zwei Rechenergebnisse miteinander verglichen, nämlich die tarifliche ESt nach Abzug der Freibeträge (ESt I) mit derjenigen ohne Berücksichtigung der Freibeträge (ESt II).
Diese Rechnung |
ESt II – ohne Freibeträge |
./. ESt I – mit Freibeträgen |
|
führt zwangsläufig zu einer |
Differenz |
Im nächsten Schritt wird diese Differenz mit dem gezahlten Kindergeld verglichen. Hierbei kommt es nicht auf die tatsächliche Zahlung des Kindergeldes an. Entscheidend ist nur, dass ein entsprechender Anspruch besteht (vgl. auch BFH vom 13.9.2012, V R 59/10 und vom 15.3.2012, III R 82/09)
Bei der Hinzurechnung des Kindergeldanspruchs nach § 31 Satz 4 EStG kommt es nicht darauf an ob das Kindergeld tatsächlich ausgezahlt wurde. Der Kindergeldanspruch ist der tariflichen Einkommensteuer auch dann hinzuzurechnen, wenn die Festsetzung des Kindergeldes von der Familienkasse bestandskräftig abgelehnt worden ist. Das FA ist an die rechtliche Einschätzung der Familienkasse nicht gebunden und prüft im Rahmen des § 31 Satz 4 EStG allein das materiell-rechtliche Bestehen des Kindergeldanspruchs. Die materiell-rechtlich wirkende Einschränkung des Kindergeldanspruchs nach § 66 Abs. 3 EStG führt nicht dazu, dass auch § 31 Satz 4 EStG dahingehend zu verstehen ist, dass nur das tatsächlich unter Beachtung der Frist des §§ 66 Abs. 3 EStG an den Berechtigten gezahlte Kindergeld dem Umfang des der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnenden Anspruchs entspricht, vgl. FG Hessen vom 17.9.2019, 6 K 174/19. In der anschließenden Revision entschied der BFH mit Urteil vom 26.5.2021, III R 50/19 wie folgt: Wird ein noch nicht festsetzungsverjährter Kindergeldanspruch aufgrund der Anwendung der Frist des § 66 Abs. 3 EStG i.d.F. des StUmgBG vom 23.6.2017 (BGBl I 2017, 1682, BStBl I 2017, 865) ausgeschlossen, ist er auch bei der Günstigerrechnung und der Hinzurechnung nach § 31 Satz 4 EStG nur i.H.v. 0 € zu berücksichtigen.
Zwei Ergebnisse sind denkbar:
Entweder ist die Steuer-Differenz > Kindergeld
oder das bezahlte Kindergeld > Steuer-Differenz.
Im ersten Fall ist die (degressive) Entlastungswirkung der Freibeträge offensichtlich höher als die aktive Förderung mit Kindergeld. Hier wird sodann die tarifliche ESt (unter Berücksichtigung der Freibeträge gem. § 32 Abs. 6 EStG) angesetzt; das erhaltene Kindergeld wird sodann gem. § 31 Satz 4 EStG i.V.m. § 36 Abs. 2 EStG mit der tariflichen ESt verrechnet; dies ergibt die festzusetzende ESt.
Im zweiten Fall wurde mehr Kindergeld ausgezahlt, als dies nach einer rein tariflichen Berechnung der Fall gewesen wäre. Hier bleibt es bei der Auszahlung; ein evtl. überschießender Betrag muss nicht zurückgezahlt werden. Das »Mehr« an staatlicher Familienleistung dient der Förderung der Familie (§ 31 Satz 2 EStG).
Mit dieser verbesserten Optionslösung sind die ideologischen Bedenken weitgehend ausgeräumt, die als Reaktion auf die drei Familienbeschlüsse des BVerfG (BVerfG Beschlüsse vom 10.11.1998, BStBl II 1999, 182) laut wurden. Mit dieser Rspr. hatte das BVerfG die fehlende Entlastungswirkung für Eltern mit höherem Einkommen (für die Streitjahre 1985, 1987 und 1988) gerügt, wonach die damalige duale Regelung dem verfassungsrechtlichen Petitum einer höheren Entlastung bei höherem Einkommen nicht gerecht wurde.
Die weiteren Anregungen des BVerfG, wonach die steuerliche Entlastungswirkung mit dem sozialhilferechtlichen Existenzminimum verglichen werden müsse und dieses nicht unterschreiten dürfe sowie das verfassungswidrige Vorenthalten der Kinderbetreuungskosten und des Haushaltsfreibetrages für die eheliche Erziehungsgemeinschaft, sind zwischenzeitlich vom Gesetzgeber umgesetzt worden. Berücksichtigt werden
nicht nur das sächliche Existenzminimum gem. § 32 Abs. 6 Satz 1, 1. Tatbestand EStG (Kinderfreibetrag), sondern auch
der Ausbildungs- und Erziehungsbedarf des Kindes (§ 32 Abs. 6 Satz 1, 2. Tatbestand EStG) und
beides in entsprechender Größenordnung.
Wird ein noch nicht festsetzungsverjährter Kindergeldanspruch aufgrund der Anwendung der Frist des § 66 Abs. 3 EStG i.d.F. des StUmgBG vom 23.6.2017 (BGBl I 2017, 1682, BStBl I 2017, 865) ausgeschlossen, ist er auch bei der Günstigerrechnung und der Hinzurechnung nach § 31 Satz 4 EStG nur i.H.v. 0 € zu berücksichtigen; vgl. BFH vom 26.5.2021, III R 50/19.
Sowohl für die Berechnung des Höchstbetrages der Vorsorgeaufwendungen als auch für die Berechnung der Vorsorgepauschale sind ab 2005 Übergangsregelungen geschaffen worden.
Der Höchstbetrag der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen kann gem. § 10 Abs. 4a EStG in den VZ 2005 bis 2019 noch nach dem bis zum VZ 2004 geltenden Verfahren berechnet werden. Dabei sinkt der anzusetzende Vorwegabzug allerdings ab dem Jahr 2011 kontinuierlich ab. Das Finanzamt hat eine entsprechende Günstigerprüfung von Amts wegen vorzunehmen. Welche Aufwendungen in die Höchstbetragsrechnung einzubeziehen sind, richtet sich aber ausschließlich nach der ab 2005 gültigen Rechtslage. Im Rahmen dieser Günstigerprüfung werden nach § 10 Abs. 4a EStG i.d.F. des JStG 2007 vom 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878) bereits ab dem 1.1.2006 Beiträge zu einer Rente nach § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG (sog. Rürup-Rente) stets mit dem sich aus § 10 Abs. 3 Satz 4 und 6 EStG ergebenden Prozentsatz (Veranlagungszeitraum 2010: 70 %) berücksichtigt, ggfs. zusätzlich über einen (nach neuem Recht begrenzten) Erhöhungsbetrag zu den sich aus der Tabelle ergebenden Höchstbeträgen.
Ab dem VZ 2010 wurde die steuerliche Berücksichtigung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegepflichtversicherung (sog. Basisabsicherung) durch das sog. Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung (BGBl I 2009, 1959) verbessert. Beiträge zu diesen Versicherungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG 2010) können ab dem VZ 2010 in vollem Umfang als Sonderausgaben berücksichtigt werden (§ 10 Abs. 4 Satz 4 EStG). Im Rahmen einer »kleinen« Günstigerprüfung wird daher zunächst geprüft, ob der Abzug der tatsächlichen Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 3a EStG 2010 oder der alleinige Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge günstiger ist. Diese Prüfung nimmt das Finanzamt von Amts wegen vor.
Die Regelung über die beschränkte Abziehbarkeit von sonstigen Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG i.d.F. des BürgEntlG KV) ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; vgl. BFH vom 9.9.2015, X R 5/13, BStBl II 2015, 1043.
Beantragen Ehegatten die Einzelveranlagung und den hälftigen Abzug von Sonderausgaben nach § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG, so sind die von beiden Ehegatten getragenen Vorsorgeaufwendungen zusammenzurechnen und hälftig zu verteilen. Erst danach ist getrennt für jeden Ehegatten die Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG durchzuführen; vgl. BFH vom 28.11.2019, III R 11/18.
Beispiele:
Lediger ArbN, pflichtversichert
Der ledige, kinderlose ArbN A erzielt einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. 40 000 €. Seine jährlichen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung betragen 3 720 €, zur gesetzlichen Krankenversicherung (einschließlich Anspruch auf Krankengeldzahlung) betragen 3 320 € und zur gesetzlichen Pflegeversicherung 510 € (nicht kinderlos). Der Arbeitnehmeranteil für die Arbeitslosenversicherung beläuft sich auf 600 €. Für eine Haftpflichtversicherung sind 500 € angefallen.
Lediger ArbN mit Basisrentenvertrag
ArbN A in Beispiel 1 hat zusätzlich noch einen Basisrentenvertrag i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG abgeschlossen und dort Beiträge i.H.v. 4 000 € eingezahlt.
Lediger Beamter
Ein lediger Beamter zahlt 4 000 € in einen begünstigten Basisrentenvertrag i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, um zusätzlich zu seinem Pensionsanspruch eine Altersversorgung zu erwerben. Seine Einnahmen aus dem Beamtenverhältnis betragen 52 910 €. Für eine Haftpflicht- und Unfallversicherung zahlt er insgesamt 800 €. Für die private Basiskranken- und Pflegeversicherung wendet der Ehemann laut Mitteilung der Versicherung insgesamt 3 000 € und für Zusatzleistungen insgesamt 600 € auf.
ArbN, verheiratet, ein Kind, pflichtversichert
Die Eheleute B und C haben ein Kind. Herr B erzielt einen Bruttoarbeitslohn von 44 000 €. Er ist in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung pflichtversichert, seine Familie ist in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragsfrei mitversichert. Der Tarif sieht auch eine Krankengeldzahlung vor. Die jährlichen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung betragen 3 652 € und zur gesetzlichen Pflegeversicherung 561 €. Die Eheleute haben außerdem weitere Vorsorgeaufwendungen (Arbeitslosen-, Haftpflicht- und Unfallversicherung) i.H.v. 1 200 € geleistet.
Selbstständiger, alleinerziehend, zwei Kinder
D ist alleinerziehender Vater zweier Kinder. Er ist selbstständiger Gewerbetreibender. Er hat sich und seine beiden Kinder in einer privaten Krankenversicherung abgesichert. Hierfür zahlt er einen Jahresbeitrag von 9 000 € (davon entfallen 4 800 € auf seine und jeweils 2 100 € auf die Krankenversicherung der beiden Kinder). In seiner Krankenversicherung sind Komfortleistungen von 10 %, bei seinen Kindern jeweils von 8 % abgesichert. Für seine private Pflegepflichtversicherung hat er 480 € gezahlt und außerdem weitere sonstige Vorsorgeaufwendungen i. H. v. 600 € geleistet.
Selbstständiger, alleinstehend, Basisversorgung
E ist selbstständiger Gewerbetreibender und erzielt hieraus einen Gewinn von 50 000 €. Er ist ledig und kinderlos. Weitere Einkünfte hat er nicht. E hat sich in einer privaten Krankenversicherung versichert, für die er einen Jahresbeitrag von 5 000 € zahlt. In seiner Krankenversicherung sind Komfortleistungen von 20 % abgesichert. Für die private Pflegepflichtversicherung hat er 520 € gezahlt. Außerdem hat er Beiträge für eine vor dem 1.1.2005 abgeschlossene Kapitallebensversicherung i.H.v. 4 800 € geleistet. Zusätzlich wendet er 6 000 € für eine begünstigte Rürup-Rentenversicherung auf.
Lösungen (für den VZ 2023):
Zu 1.: Lediger ArbN, pflichtversichert
Basisversorgung |
|||
AN-Anteil RV (18,6 % von 40 000 € = 7 440 €, davon die Hälfte) |
3 720 € |
||
AG-Anteil RV |
3 720 € |
||
Vorsorgeaufwendungen |
7 440 € |
||
davon 100 % (max. aus 26 528 €) nach § 10 Abs. 3 Satz 4 und 6 EStG |
7 440 € |
||
abzüglich steuerfreier AG-Anteil (§ 10 Abs. 3 Satz 5 EStG) |
3 720 € |
||
abzugsfähig nach § 10 Abs. 3 EStG |
3 720 € |
3 720 € |
|
sonstige Vorsorgeaufwendungen |
|||
Krankenversicherung |
3 320 € |
||
Pflegeversicherung |
510 € |
||
Arbeitslosenversicherung |
600 € |
||
Haftpflichtversicherung |
500 € |
||
4 930 € |
|||
Höchstbetrag nach § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG |
1 900 € |
||
Mindestens jedoch: |
|||
Krankenversicherung |
3 320 € |
||
abzüglich 4 % (Krankengeld) |
./. 132 € |
||
Pflegeversicherung |
510 € |
||
Summe Basisabsicherung |
3 698 € |
||
abzugsfähig nach § 10 Abs. 4 Satz 4 EStG |
3 698 € |
||
Summe Abzugsbetrag § 10 Abs. 3 und 4 EStG |
7 418 € |
A kann insgesamt also Vorsorgeaufwendungen i. H. v. 7 418 € geltend machen.
Zu 2.: Lediger ArbN mit Basisrentenvertrag
Basisversorgung |
|||
AN-Anteil RV |
3 720 € |
||
AG-Anteil RV |
3 720 € |
||
Basisrentenvertrag |
4 000 € |
||
Vorsorgeaufwendungen |
11 440 € |
||
davon 100 % (max. aus 26 528 €) |
11 440 € |
||
abzüglich steuerfreier AG-Anteil |
3 720 € |
||
abzugsfähig nach § 10 Abs. 3 EStG |
7 720 € |
7 720 € |
Zusammen mit dem steuerfreien Arbeitergeberbeitrag werden damit Altersvorsorgeaufwendungen i. H. v. 11 440 € von der Besteuerung freigestellt. Die Abzugsfähigkeit der sonstigen Vorsorgeaufwendungen errechnet sich wie in Beispiel 1.
A kann Vorsorgeaufwendungen i. H. v. 7 720 € geltend machen.
Zu 3.: Lediger Beamter
Basisrentenvertrag |
4 000 € |
||
Höchstbetrag |
26 528 € |
||
Kürzung nach § 10a Abs. 3 Satz 3 EStG 18,6 % von 52 910 € *) |
9 841 € |
||
gekürzter Höchstbetrag |
16 687 € |
||
100 % des geringeren Betrags |
4 000 € |
||
Basisvorsorgeaufwendungen lt. Versicherung |
3 000 € |
||
sonstige Vorsorgeaufwendungen (Haftpflicht-, Unfallversicherung und Zusatzleistungen |
1 400 € |
||
Höchstbetrag nach § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG |
1 900 € |
||
abzugsfähig nach § 10 Abs. 4 EStG |
3 000 € |
||
*) Die Kürzung des Höchstbetrags ist höchstens bis zum Betrag in der Beitragsbemessungsgrenze (Ost) in der allgemeinen Rentenversicherung vorzunehmen (BMF vom 24.5.2017, BStBl I 2017, 820, Rz. 61 bis 64). |
Der Beamte kann daher insgesamt einen Betrag i. H. v. 7 000 € geltend machen.
Zu 4.: ArbN, verheiratet, ein Kind, pflichtversichert
Basisversorgung |
|||
AN-Anteil RV (18,6 % von 44 000 € = 8 184 € : 2) |
4 092 € |
||
AG-Anteil RV |
4 092 € |
||
8 184 € |
|||
davon 100 % (max. aus 53 056 €; § 10 Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG) |
8 184 € |
||
abzüglich steuerfreier AG-Anteil |
4 092 € |
||
abzugsfähig nach § 10 Abs. 3 EStG |
4 092 € |
||
sonstige Vorsorgeaufwendungen |
|||
Krankenversicherung |
3 652 € |
||
Pflegeversicherung |
561 € |
||
Arbeitslosenversicherung, Haftpflichtversicherung lt. Sachverhalt |
1 200 € |
||
5 413 € |
|||
Höchstbetrag (1 900 € × 2) nach § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG |
3 800 € |
||
Mindestens jedoch: |
|||
Krankenversicherung |
3 652 € |
||
abzüglich 4 % (Krankengeld) |
./. 146 € |
||
Pflegeversicherung |
561 € |
||
Summe Basisabsicherung |
4 067 € |
||
abzugsfähig nach § 10 Abs. 4 Satz 4 EStG |
4 067 € |
||
Summe Abzugsbetrag § 10 Abs. 3 und 4 EStG |
8 159 € |
Die Eheleute können Vorsorgeaufwendungen i. H. v. 8 159 € abziehen.
Zu 5.: Selbstständiger, alleinerziehend, zwei Kinder
Krankenversicherung |
9 000 € |
|||
Pflegepflichtversicherung |
480 € |
|||
sonstige Vorsorgeaufwendungen |
600 € |
|||
10 080 € |
||||
Höchstbetrag nach § 10 Abs. 4 Satz 1 EStG |
2 800 € |
|||
Mindestens jedoch: |
||||
Krankenversicherung für D |
4 800 € |
|||
Kürzung Komfortleistungen (10 %) |
./. 480 € |
4 320 € |
||
Krankenversicherung für Kinder |
4 200 € |
|||
Kürzung Komfortleistungen (8 %) |
./. 336 € |
3 864 € |
||
Pflegepflichtversicherung |
480 € |
|||
8 664 € |
||||
Abzugsbetrag gem. § 10 Abs. 4 Satz 4 EStG |
8 664 € |
Als Vorsorgeaufwendungen sind 8 664 € abzuziehen.
Zu 6.: Selbstständiger, alleinstehend, Basisversorgung
Basisversorgung |
||
Basisrentenvertrag (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa EStG) |
6 000 € |
|
Höchstbetrag 2023 |
26 528 € |
|
zu berücksichtigen sind 100 % des geringeren Betrages |
6 000 € |
|
abzugsfähig nach § 10 Abs. 3 EStG |
6 000 € |
|
sonstige Vorsorgeaufwendungen |
||
Krankenversicherung |
5 000 € |
|
Pflegepflichtversicherung |
520 € |
|
Kapitallebensversicherung (88 %) |
4 224 € |
|
Summe |
9 744 € |
|
Höchstbetrag nach § 10 Abs. 4 Satz 1 EStG |
2 800 € |
|
Mindestens jedoch: |
||
Krankenversicherung |
5 000 € |
|
Kürzung Komfortleistungen (20 %) |
./. 1 000 € |
|
Pflegepflichtversicherung |
520 € |
|
4 520 € |
||
Abzugsbetrag nach § 10 Abs. 4 Satz 4 EStG |
4 520 € |
|
Summe Abzugsbetrag § 10 Abs. 3 und 4 EStG |
10 520 € |
Damit kann E Vorsorgeaufwendungen i. H. v. 10 040 € abziehen.
Durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens vom 26.6.2001 ist mit § 10a EStG ein zusätzlicher Sonderausgaben-Abzug für Altersvorsorgebeiträge eingeführt worden. Der Sonderausgabenabzug ist Teil eines Instrumentariums, mit dem auch Beziehern kleinerer Einkommen und kinderreichen Familien die Möglichkeit eröffnet werden soll, eine staatlich geförderte private Altersvorsorge aufzubauen. Die Finanzverwaltung hat erstmals mit BMF-Schreiben vom 17.11.2004 (BStBl I 2004, 1065) eingehend zu der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge und betrieblichen Altersversorgung Stellung genommen. Dieses Schreiben wurde in der Zwischenzeit mehrfach abgelöst. Aktuell ist für den Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG das BMF-Schreiben vom 31.3.2010 (BStBl I 2010, 270) zu beachten.
Der Sonderausgabenabzug führt im Zusammenwirken mit dem neuen § 22 Nr. 5 EStG zu einer erst nachgelagerten Besteuerung, die grundsätzlich erst dann eingreift, wenn die Versorgungsleistungen später zufließen. Die steuerliche Förderung nach § 10a EStG war eine Reaktion auf die Absenkung des Leistungsniveaus in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die persönliche Abzugsberechtigung knüpft deshalb grundsätzlich an die Pflichtversicherteneigenschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung an. Der von § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG begünstigte Personenkreis ist nachträglich auf die Empfänger von Bezügen nach dem Bundesbesoldungsgesetz wie Beamte, Richter, Soldaten und auf weitere Personen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis erweitert worden, nachdem auch dort eine gesetzliche Absenkung des Leistungsniveaus bei der Versorgung vorgenommen wurde (vgl. zum begünstigten Personenkreis im Einzelnen BMF vom 31.10.2010, BStBl I 2010, 270, Rz. 1 ff).
Zum begünstigten Personenkreis zählen:
Empfänger von inländischer Besoldung nach dem Bundesbesoldungsgesetz – BBesG – oder einem entsprechenden Landesbesoldungsgesetz (§ 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 1 EStG),
Empfänger von Amtsbezügen aus einem inländischen Amtsverhältnis, deren Versorgungsrecht die entsprechende Anwendung des § 69e Abs. 3 und 4 des Beamtenversorgungsgesetzes – BeamtVG – vorsieht (§ 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 2 EStG),
Beamte, Richter, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit, die ohne Besoldung beurlaubt sind, für die Zeit einer Beschäftigung, wenn während der Beurlaubung die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VI auf diese Beschäftigung erstreckt wird (§ 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 4 EStG).
Gehört bei Ehepaaren nur ein Ehegatte zum begünstigten Personenkreis, besteht für den anderen trotzdem die Möglichkeit, eine staatliche Zulage nach dem XI. Abschnitt des EStG für Beiträge zu einem eigenen Altersvorsorgevertrag zu erhalten. Dadurch soll die mittelbare Absenkung der Leistungen ausgeglichen werden, die für den Ehegatten insoweit eintritt, als er durch die gesetzliche Rentenversicherung des Ehegatten über die Hinterbliebenenrente ebenfalls begünstigt ist. Neben dem Zulageanspruch wird dem Ehegatten der Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG allerdings nicht selbst, sondern nur über den Abzug beim Ehegatten gewährt (§ 10a Abs. 3 Satz 2 EStG).
Der Sonderausgabenabzug umfasst sowohl die eigenen Beiträge zu einem Altersvorsorgevertrag als auch die Zulage. Er ist aber gem. § 10a Abs. 2 EStG an eine Günstigerprüfung gekoppelt, die mit derjenigen beim Kinderfreibetrag im Verhältnis zum Kindergeld vergleichbar ist. Ist der Steuervorteil aus dem Sonderausgabenabzug geringer als die Zulage, so entfällt der Sonderausgabenabzug ganz und es hat mit der Gewährung der Zulage sein Bewenden. Ist er dagegen höher, wird der Sonderausgabenabzug durchgeführt, die tarifliche ESt aber gleichzeitig um die gewährte Zulage erhöht. Der Abzug erfasst dabei nur Beiträge und Zulagen auf die nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz vom Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungsaufsicht (früher: Versicherungswesen) anerkannten Verträge und die nach § 82 Abs. 2 EStG geförderten Formen der betrieblichen Altersversorgung. Die maximale Höhe des Sonderausgabenabzugs ist wie folgt gestuft:
VZ 2002 und 2003 bis zu 525 €,
VZ 2004 und 2005 bis zu 1 050 €,
VZ 2006 und 2007 bis zu 1 575 €,
ab dem VZ 2008 bis zu 2 100 €.
Abweichend vom sonst für die Sonderausgaben geltenden Abflussprinzip kommt es beim Zulageanspruch nicht auf die tatsächliche Zahlung der Zulage, sondern auf den Anspruch selbst an. Dadurch soll zusätzlicher Verwaltungsaufwand, der sich aus dem Nebeneinander von Zulageverfahren und Besteuerungsverfahren ergeben könnte, vermieden werden. Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten kann der von dem einen Ehegatten nicht ausgenutzte Höchstbetrag grundsätzlich nicht auf den anderen Ehegatten übertragen werden. Eine Ausnahme gilt lediglich in den Fällen, in denen nur einer der Ehegatten abzugsberechtigt ist, der andere Ehegatte aber in einen Altersvorsorgevertrag einzahlt und über die Zulage einen Ausgleich für die Absenkung des Rentenniveaus bei der Hinterbliebenenversorgung erhält. Hier kann für den nicht begünstigten Ehegatten zwar kein Sonderausgabenabzug durchgeführt werden, seine Beiträge und die Zulage können aber vom abzugsberechtigten Ehegatten bei der Veranlagung gem. § 10a Abs. 3 Satz 2 EStG angesetzt werden, soweit er seinen eigenen Höchstbetrag nicht ausschöpft.
Der sich aus dem Sonderausgabenabzug ergebende Steuervorteil wird gem. § 10a Abs. 4 EStG gesondert festgestellt. Diese gesonderte Feststellung steht im Zusammenhang mit dem Verlust der Steuerermäßigung, die ggf. gem. § 93 EStG bei einer schädlichen Verwendung des in einen Altersvorsorgevertrag eingezahlten Kapitals eintritt.
Mit der durch das AltEinkG eingeführten Systemumstellung hin zur nachgelagerten Vollbesteuerung des Rentenzahlungsbetrages stellt sich auch die Frage nach der Abzugsfähigkeit der Rentenbeiträge als vorweggenommene Werbungskosten zu den Renteneinkünften nach § 22 EStG. Im Beschluss vom 1.2.2006 (BB 2006, 475) setzte sich der BFH mit dem Monitum auseinander, dass das ab VZ 2005 – qua Sonderausgaben – eingeführte Abzugslimit sowohl gegen das objektive Nettoprinzip (bei welcher Einkunftsart auch immer) wie (hilfsweise) gegen das subjektive Nettoprinzip und darüber hinaus gegen das Sozialstaatsgebot verstößt. Bei der rechtstechnischen Behandlung als unbegrenzt abzugsfähige (vorweggenommene) Werbungskosten wäre dies nicht der Fall gewesen.
Sind Altersvorsorgebeiträge eines nicht unmittelbar abzugsberechtigten Stpfl. aufgrund der mittelbaren Zulageberechtigung seines Ehegatten gem. § 10a Abs. 3 Satz 2 EStG zu Recht als Sonderausgaben abgezogen worden, berechtigt eine Mitteilung der ZfA zur fehlenden Zulageberechtigung dieses Stpfl. das FA nicht gem. § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG, diese Altersvorsorgebeiträge im Rahmen einer Änderung der Steuerfestsetzung unberücksichtigt zu lassen. Die Änderungsbefugnis des § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG beinhaltet lediglich eine nicht mit Bindungswirkung für das FA ausgestattete, sondern dessen eigene Prüfungskompetenz nicht berührende Rechtsgrundverweisung, die eine Versagung des Sonderausgabenabzugs nur erlaubt, wenn die Voraussetzungen des § 10a Abs. 1–3 EStG nicht vorliegen (entgegen Urteil des FG Hamburg vom 5.12.2018, 1 K 326/16, EFG 2019, 435); vgl. FG Düsseldorf vom 21.3.2019, 11 K 311/16.In der anschließenden Revision entschied der BFH mit Urteil vom 8.9.2020, X R 16/19 wie folgt: Die Mitteilung der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) führt bei Abweichungen in Bezug auf den Sonderausgabenabzug nach § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht dazu, dass das Finanzamt ungeprüft den Inhalt dieser Mitteilung umzusetzen hat; die Mitteilung nach § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG ist im Verhältnis zum Einkommensteuerbescheid weder ein Grundlagenbescheid noch kommt ihr eine grundlagenbescheidsähnliche Wirkung zu. § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG ermächtigt das FA lediglich, die Einkommensteuerfestsetzung i.S.d. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d AO zu ändern.
Gem. § 10a Abs. 2 EStG hat das FA die Günstigerprüfung von Amts wegen vorzunehmen. Im Rahmen der von Amts wegen durchzuführenden Günstigerprüfung wird die Zulage mit der Steuerentlastung aufgrund des Sonderausgabenabzugs nach § 10a EStG verglichen. Überschreitet die Steuerentlastung die Zulage nicht, verbleibt es bei dieser. Andernfalls ist der Sonderausgabenabzug vorzunehmen. Gleichzeitig ist zur Vermeidung doppelter Begünstigung die tarifliche Einkommensteuer um den Zulagenanspruch zu erhöhen; vgl. Schleswig-Holsteinisches FG vom 12.5.2021, 5 K 18/19. Die Reihenfolge der erforderlichen Rechenschritte, um von der tariflichen ESt zu der festzusetzenden ESt zu gelangen, ist in § 2 Abs. 6 Satz 1 EStG festgeschrieben. Danach ist die tarifliche ESt zunächst u.a. um Steuerermäßigungen zu vermindern und erst dann um die in dieser Vorschrift benannten Steuern zu erhöhen. § 2 Abs. 6 Satz 2 EStG regelt weiter, dass für die Ermittlung der festzusetzenden ESt der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI des EStG der tariflichen ESt hinzuzurechnen ist, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Abs. 2 EStG um Sonderausgaben nach § 10a Abs. 1 EStG gemindert wurde.
Weitere Folgen der Günstigerprüfung mit Beispielen
Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten kann der von einem Ehegatten nicht ausgenutzte Höchstbetrag grundsätzlich nicht auf den anderen Ehegatten übertragen werden. Eine Ausnahme gilt lediglich in den Fällen, in denen nur einer der Ehegatten abzugsberechtigt ist, der andere Ehegatte aber in einen Altersversorgungsvertrag einzahlt und über die Zulage einen Ausgleich für die Absenkung des Rentenniveaus bei der Hinterbliebenenversorgung erhält. Hier kann für den nicht unmittelbar begünstigten Ehegatten zwar kein Sonderausgabenabzug durchgeführt werden, seine Beiträge und die Zulage können aber vom abzugsberechtigten Ehegatten bei der Veranlagung gem. § 10a Abs. 3 Satz 2 EStG angesetzt werden, soweit es seinen Höchstbetrag nicht ausschöpft (vgl. BMF vom 31.3.2010, BStBl I 2010, 270, Rz. 85). Ab dem Veranlagungszeitraum 2010 ist zusätzliche Voraussetzung, dass der mittelbar begünstigte Ehegatte gegenüber seinem Anbieter in die Datenübermittlung nach § 10a Abs. 2a Satz 1 EStG einwilligt (§ 10a Abs. 2a Satz 3 EStG).
Bei zusammenveranlagten Ehegatten werden für die Günstigerprüfung folgende Fallgruppen gebildet (BMF vom 31.3.2010, BStBl I 2010, 270, Rz. 93 ff.):
Fallgruppen |
Erster Ehegatte |
Der »andere« Ehegatte |
Rechtsfolge |
1. Fall (s. Rz. 94) |
Unmittelbar begünstigt |
Kein Altersvorsorgevertrag |
Vergleich der § 10 Abs. 1-Aufwendungen nur des begünstigten Ehegatten mit seinem Zulageanspruch |
2. Fall s. Rz. 95 (und Rz. 99, Beispiel) |
Unmittelbar begünstigt |
Mittelbar begünstigt gem. § 79 Satz 2 EStG |
Vergleich der § 10 Abs. 1-Aufwendungen beider (inkl. Zulagen) mit dem den Ehegatten insgesamt zustehenden Zulageanspruch |
3. Fall (s. Rz. 96 und Rz. 98, Beispiel) |
Unmittelbar begünstigt |
Unmittelbar begünstigt |
Vergleich der Summe der beiden Ehegatten zustehenden Aufwendungen mit dem den Ehegatten insgesamt zustehenden Zulageanspruch |
Abb.: Günstigerprüfung bei zusammenveranlagten Ehegatten
Im Fall der getrennten Veranlagung nach § 26a EStG oder der besonderen Veranlagung nach § 26c EStG (bzw. ab VZ 2013 die Einzelveranlagung nach § 26a EStG) ist nach Rz. 96 des BMF-Schreibens vom 31.3.2010 (BStBl I 2010, 270) Rz. 94 oder 95 entsprechend anzuwenden; sind beide Ehegatten unmittelbar begünstigt, erfolgt die Günstigerprüfung für jeden Ehegatten wie bei einer Einzelveranlagung. Es wird daher nur der den jeweiligen Ehegatten zustehende Zulageanspruch angesetzt.
Der sich aus dem Sonderausgabenabzug ergebende Steuervorteil wird gem. § 10a Abs. 4 EStG gesondert festgestellt. Eine gesonderte Feststellung der zusätzlichen Steuerermäßigung nach § 10a Abs. 4 Satz 1 EStG ist nur durchzuführen, wenn der Sonderausgabenabzug nach § 10a Abs. 1 EStG günstiger ist als der Zulagenanspruch nach Abschnitt XI EStG. Das Wohnsitzfinanzamt stellt in diesen Fällen die über den Zulagenanspruch hinausgehende Steuerermäßigung fest und teilt sie der ZfA mit. Wirkt sich eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung auf die Höhe der Steuerermäßigung aus, ist die Feststellung nach § 10a Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG ebenfalls zu ändern. Diese gesonderte Feststellung steht im Zusammenhang mit dem Verlust der Steuerermäßigung, die gegebenenfalls gem. § 93 EStG bei einer schädlichen Verwendung des in einem Altersvorsorgevertrag eingezahlten Kapitals eintritt. Auch hier gelten für zusammenveranlagte Ehegatten Besonderheiten:
In der ersten Fallgruppe (nur ein Ehegatte ist unmittelbar begünstigt) ist die Steuerermäßigung nur diesem Ehegatten zuzurechnen (vgl. BMF vom 31.3.2010, BStBl I 2010, 270, Rz. 103).
In der zweiten Fallgruppe (ein unmittelbar begünstigter Ehegatte, der andere mittelbar begünstigter Ehegatte) wird die Steuerermäßigung den Ehegatten getrennt zugerechnet (§ 10a Abs. 4 Satz 3 und 4 EStG und BMF vom 31.3.2010, BStBl I 2010, 270, Rz. 104);
In der dritten Fallgruppe (beide unmittelbar begünstigte Ehegatten) ist die Steuerermäßigung getrennt zuzurechnen, wobei die Zurechnung entsprechend der jeweils geförderten Eigenbeträge erfolgt (BMF vom 31.3.2010, BStBl I 2010, 270, Rz. 102).
Nachdem die Zulage höchstens für zwei Verträge gewährt wird, tritt ein weiteres Problem auf, wenn der zulagenberechtigte Steuerbürger Zahlungen in drei (und mehr) Verträge leistet (Zusammentreffen mehrerer Verträge). Zunächst steht es dem Bürger frei, jedes Jahr neu zu entscheiden, ob er die Förderung für einen bzw. für welchen der zwei Verträge beantragt (§ 89 Abs. 1 Satz 2 EStG). Erfolgt hingegen keine Bestimmung oder beantragt der Bürger für mehr als zwei Verträge die Zulage, so bestimmt § 89 Abs. 1 Satz 3 EStG, dass die Zulage den Verträgen »zukommt«, für die im Beitragsjahr die höchsten Vorsorgebeiträge geleistet wurden. Für den dritten »beitragsschwachen« Vertrag wird folglich keine Zulage gewährt.
Anders als bei der Zulagenförderung ist beim Sonderausgabenabzug nach § 10a Abs. 1 EStG keine Begrenzung der zu berücksichtigenden Verträge vorgesehen. Somit können i.R.d. Höchstbetrags auch Aufwendungen für Verträge abgezogen werden, die nicht zulagebegünstigt sind. Dabei ist eine wichtige Fiktion zu beachten: In dem Umfang, in dem eine Berücksichtigung nach § 10a EStG erfolgt, gelten die Beiträge als steuerlich gefördert. Die Zurechnung der über den Zulagenanspruch hinausgehenden Steuerermäßigung erfolgt gem. § 10a Abs. 4 Satz 2 EStG im Verhältnis der berücksichtigten Altersvorsorgebeiträge.
Seit dem VZ 2009 wird die Einkommensteuer auf Kapitalerträge im Rahmen einer sog. Abgeltungsteuer im Wege der Kapitalertragsteuer erhoben, sofern die Kapitalerträge nicht nach § 32d Abs. 2 EStG tariflich zu besteuern sind. Für Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer unterliegen und für die ein Steuerabzug an der Quelle (deutsche Kapitalertragsteuer) vorgenommen wurde, besteht keine Deklarationspflicht in der Steuererklärung mehr. Hat kein Kapitalertragsteuerabzug stattgefunden, müssen die jeweiligen Erträge in der Steuererklärung angegeben werden, damit die Steuerbelastung in Höhe der Abgeltungsteuer hergestellt werden kann (§ 32d Abs. 3 EStG). Zudem kann der Stpfl. nach § 32d Abs. 4 EStG i.R.d. Veranlagung insbes. in den Fällen eines nicht vollständig ausgeschöpften Sparer-Pauschbetrags, einer Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage nach § 43a Abs. 2 Satz 7 EStG, eines noch nicht i.R.d. § 43a Abs. 3 EStG berücksichtigten Verlusts (Verrechnung von Verlusten bei Erträgen aus verschiedenen Quellen/verschiedenen Depots), eines Verlustvortrags nach § 20 Abs. 6 EStG und noch nicht berücksichtigter ausländischer Steuern eine Überprüfung des Steuereinbehalts dem Grund oder der Höhe nach oder zur Anwendung von § 32d Abs. 1 Satz 3 EStG (Steuerermäßigung im Fall der Kirchensteuerpflicht) beantragen.
Die Günstigerprüfung des § 32d Abs. 6 EStG sieht vor, dass dann, wenn der Steuersatz i.R.d. individuellen Veranlagungsverfahrens unter fiktiver Einbeziehung der Kapitaleinkünfte niedriger als 25 % ist, die Kapitaleinkünfte im Veranlagungsverfahren besteuert werden. Ein über den Sparer-Pauschbetrag hinausgehender Werbungskostenabzug ist nicht möglich (§ 32d Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 9 EStG).
Die Festsetzung der Steuer in einem Änderungsbescheid nach Eintritt der Bestandskraft, die aufgrund der im Änderungsbescheid berücksichtigten Besteuerungsgrundlagen erstmals eine erfolgreiche Antragstellung gem. § 32d Abs. 6 EStG ermöglicht, ist ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, das einen korrekturbedürftigen Zustand auslöst; vgl. BFH vom 14.7.2020, VIII R 6/17.
Das FG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 17.12.2012 (9 K 1637/10, EFG 2013, 1041, LEXinform 3500058) entschieden, dass der Abzug von Werbungskosten in tatsächlicher Höhe bei den Einkünften aus Kapitalvermögen jedenfalls in den Fällen auf Antrag möglich ist, in denen der tarifliche Einkommensteuersatz bereits unter Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrags unter dem Abgeltungsteuersatz von 25 % liegt. Im Rahmen des Revisionsverfahrens hat der BFH entschieden, dass auch bei der sog. »Günstigerprüfung« § 20 Abs. 9 EStG anwendbar sei. Ein Abzug der tatsächlich angefallenen Werbungskosten zur Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen sei aus diesem Grund nicht möglich.
Auch bei der sog. Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG findet § 20 Abs. 9 EStG Anwendung; ein Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten kommt daher nicht in Betracht; vgl. BFH vom 28.1.2015, VIII R 13/13, BStBl II 2015, 393.
Verfahrensrechtlich ist erforderlich, dass der Stpfl. für den Wechsel von der Abgeltungsteuer zum Veranlagungsverfahren einen Antrag stellt. Die Finanzbehörde hat dann die Günstigerprüfung vorzunehmen. Kommt sie zum Ergebnis, dass eine Veranlagung für den Stpfl. ungünstiger ist, so gilt der Antrag als nicht gestellt. I.R.d. JStG 2010 wurde klargestellt, dass bei der Günstigerprüfung nicht auf die festgesetzte Einkommensteuer, sondern auf die gesamte Steuerbelastung einschließlich Zuschlagsteuern (z.B. Solidaritätszuschlag) abzustellen ist (s. hierzu auch Blümich, § 20 EStG Rz. 162). Im Falle der Antragsveranlagung findet gem. § 32d Abs. 6 Satz 2 eine Berücksichtigung anrechenbarer ausländischer Steuern im Rahmen einer Höchstbetragsberechnung (zusätzliche tarifliche Einkommensteuer, die auf die hinzugerechneten Kapitaleinkünfte entfällt) nach Maßgabe des § 32d Abs. 5 EStG statt. Für Einzelheiten wird auf das BMF-Schreiben vom 19.5.2022, BStBl I 2022, 742.
Der (Abgeltungs-)Steuersatz von 25 % wird nach augenblicklichem Einkommensteuertarif bei einem Einkommen von rund 15 500 € (31 000 € bei Zusammenveranlagung) erreicht. Entsprechend ist nur bei zu versteuernden Einkommen, die unter dieser Grenze liegen, eine Antragsveranlagung sinnvoll.
Verfahrenstechnisch wird im Falle einer Günstigerstellung durch das Veranlagungsverfahren die einbehaltene Kapitalertragsteuer auf die festzusetzende ESt angerechnet, so dass i.d.R. eine Einkommensteuererstattung eintritt. Der Antrag kann für den jeweiligen Veranlagungszeitraum nur einheitlich für sämtliche Kapitalerträge gestellt werden. Bei zusammenveranlagten Ehegatten kann der Antrag nur für sämtliche Kapitalerträge beider Ehegatten gestellt werden.
Zudem ist zu beachten, dass eine Abstandnahme bzw. Erstattung vom Kapitalertragsteuerabzug nach §§ 44a, b EStG in den dort genannten Fällen nun auch die Voraussetzung beinhaltet, dass anzunehmen ist, dass die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG zum Ergebnis führt, dass keine Steuer entsteht.
Beim BFH ist ein Revisionsverfahren (VIII R 10/21, zuvor FG Düsseldorf vom 16.7.2020, 15 K 279/19 E) zu folgender Rechtsfrage anhängig: Kann nach Erlass eines auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützten Änderungsbescheids, der zu keiner Änderung der festgesetzten Einkommensteuer geführt hat, erstmals ein Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG gestellt werden? Liegt in dem Umstand, dass die Günstigerprüfung nach Erlass des Änderungsbescheids erstmals zu einer Herabsetzung der Einkommensteuer führen würde, ein rückwirkendes Ereignis? Die anschließende Revision entschied der BFH mit Urteil vom 26.9.2023, VIII R 10/21 wie folgt: Die geänderte Zusammensetzung der Besteuerungsgrundlagen in einem Änderungsbescheid ist kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, wenn durch den Erlass des Änderungsbescheids die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Antragstellung gem. § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG nicht erstmals eintreten.
Die Finanzämter nehmen bei der Veranlagung von Stpfl. mit außerordentlichen Einkünften gem. § 34 Abs. 2 EStG eine »Günstigerprüfung« vor, ob die Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG oder die Versteuerung nach § 32a EStG (Besteuerung nach Tarif) günstiger ist. Im zweiten Fall wird auf die Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG verzichtet.
Für den Weg von der Wohnung zur Arbeit kann die sog. Entfernungspauschale i.H.v. 30 Cent geltend gemacht werden – hier gilt, dass diese immer zugrunde gelegt werden kann, unabhängig davon, wie man zur Arbeit kommt. Die Entfernungspauschale ist jedoch auf 4 500 € pro Jahr begrenzt, wenn kein Pkw benutzt werden sollte.
Die Entfernungspauschale ist durch die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel oder von »fremdgeführten« Fahrzeugen eingeschränkt. Hier gelten besondere Regelungen:
Wenn öffentliche Verkehrsmittel benutzt werden, können entweder die tatsächlichen Fahrtkosten oder die Entfernungspauschale geltend gemacht werden– i.S.d. Günstigerprüfung muss hier vom Finanzamt stets der für den Steuerzahler günstigere (i.S.v. steuerlich vorteilhaftere) Wert bevorzugt werden. Seit 2012 sind folgende Änderungen bei der Günstigerprüfung der Entfernungspauschale zu beachten:
Aufwendungen vom Arbeitnehmer für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte können über die Entfernungspauschale geltend gemacht werden. Die Entfernungspauschale ist verkehrsmittelunabhängig und beträgt für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte 0,30 € (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG).
Gem. § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG können bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel die tatsächlichen Aufwendungen angesetzt werden, wenn sie den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen. Bisher hatte diese Günstigerprüfung für jeden Arbeitstag zu erfolgen.
Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurde diese Regelung zum 1.1.2011 geändert. Die Berechnung wurde vereinfacht. So erfolgt der Vergleich künftig nur noch jahresbezogen. Das bedeutet, dass die tatsächlichen Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel immer dann angesetzt werden können, wenn sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen.
Mit dem Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 wurde zur Entlastung der Pendler ab dem 1.1.2021 befristet bis zum 31.12.2026 für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte die Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer um 5 Cent auf 35 Cent (und ab dem 1.1.2022 um weitere 3 Cent auf dann 38 Cent) angehoben. Das gilt auch für Fahrten von Selbstständigen zu ihrer Betriebsstätte und für Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung. Das BMF hat am 2.3.2022 den Referentenentwurf für ein Steuerentlastungsgesetz 2022 veröffentlicht. Dieser Entwurf sieht rückwirkend zum 1.1.2022 unter anderem das Vorziehen der Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendler (ab dem 21. Kilometer) von 35 Cent auf 38 Cent vor.
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