Hilfsgeschäfte

Stand: 16. Dezember 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Hilfsgeschäfte sind Tätigkeiten des Unternehmers, die die Haupttätigkeit mit sich bringt.
  • Sie bilden nicht den eigentlichen Gegenstand des Unternehmens, gehören aber dennoch grundsätzlich zu den Umsätzen, die der Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
  • Ohne eine eigenständige, nachhaltige Tätigkeit zu begründen, sind sie trotzdem steuerbar.
 

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeines zum Unternehmerrahmen
2 Definition der Hilfsgeschäfte
3 Bedeutung der Abgrenzung der jeweiligen Geschäfte
3.1 Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG
3.2 Ermittlung des Gesamtumsatzes i.S.d. § 19 Abs. 3 UStG
3.3 Gesellschaftsrechtliche Beteiligungen
3.4 Unternehmereigenschaft bei Vereinen
3.5 Vorsteueraufteilung bei Vereinen
3.6 Begünstigte Umsätze von Zweckbetrieben nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG
3.7 Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 11 UStG
3.8 Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG
3.9 Begünstigte Umsätze der Zahntechniker nach § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG
3.10 Begünstigte Filmvorführungen
3.11 Begünstigte Umsätze nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG
3.12 Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG
4 Hilfsgeschäfte im hoheitlichen Bereich
4.1 Unternehmereigenschaft der juristischen Personen des öffentlichen Rechts
4.2 Hoheitliche Hilfsgeschäfte
5 Verwandte Lexikonartikel

1. Allgemeines zum Unternehmerrahmen

Zum Unternehmen gehört die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit desselben Unternehmers (Abschn. 2.7 Abs. 1 UStAE). Unter diese gesamte Tätigkeit fallen (Abschn. 2.7 Abs. 2 UStAE)

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  • die Grundgeschäfte; diese bilden den eigentlichen Gegenstand der geschäftlichen Betätigung (Abschn. 2.7 Abs. 2 Satz 1 UStAE);

  • die Nebengeschäfte; dies sind Umsätze, die sich im Gefolge der Haupttätigkeit ergeben (z.B. der gelegentliche Vortrag, das gelegentliche Gutachten) sowie

  • die Hilfsgeschäfte.

Die Nebengeschäfte sind abzugrenzen von Nebenleistungen und Nebentätigkeiten. Nebenleistungen teilen umsatzsteuerrechtlich das Schicksal der Hauptleistung (Abschn. 3.10 Abs. 5 UStAE; → Leistung unter dem Gliederungspunkt »Einheitlichkeit der Leistung«). Eine das umsatzsteuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilende unselbstständige Nebenleistung ist gegeben, wenn die Leistung im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit dieser in engem Zusammenhang steht, indem sie diese ermöglicht, abrundet, ergänzt oder verbessert und üblicherweise in ihrem Gefolge vorkommt. Davon ist insbes. auszugehen, wenn die Leistung für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (BFH vom 14.2.2019, V R 22/17, BStBl II 2019, 350). Gegenstand einer Nebenleistung kann sowohl eine unselbstständige Lieferung von Gegenständen als auch eine unselbstständige sonstige Leistung sein (Abschn. 3.10 Abs. 5 Sätze 4 und 5 UStAE; s. → Grundstücksvermietung; → Beherbergungsleistungen, Umsatzsteuer unter dem Gliederungspunkt »Steuersatz für Beherbergungsleistungen«).

Die Nebentätigkeit muss von der Haupttätigkeit eindeutig abgrenzbar sein. In vielen Fällen werden die Haupttätigkeit unselbstständig als ArbN und die Nebentätigkeit selbstständig ausgeübt. Nicht als Nebentätigkeit angesehen werden kann eine Tätigkeit, die vom ArbG der Haupttätigkeit vergütet wird und mit dieser unmittelbar zusammenhängt. Zur Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebentätigkeit eines Hochschullehrers s. das BFH-Urteil vom 11.8.1994 (XI R 99/92, BStBl II 1995, 346).

2. Definition der Hilfsgeschäfte

Hilfsgeschäfte sind die Umsätze, die zwar zur unternehmerischen Tätigkeit gehören, jedoch nicht den eigentlichen Gegenstand des Unternehmens bilden (z.B. Verkauf von Anlagevermögen; → Pkw-Entnahme bzw. -Veräußerung; → Innergemeinschaftliche Fahrzeuglieferungen bzw. -erwerbe). Auf die Nachhaltigkeit der Hilfsgeschäfte kommt es nicht an. Ein Verkauf von Vermögensgegenständen fällt somit ohne Rücksicht auf die Nachhaltigkeit in den Rahmen des Unternehmens, wenn der Gegenstand zum unternehmerischen Bereich des Veräußerers gehörte (Abschn. 2.7 Abs. 2 UStAE).

3. Bedeutung der Abgrenzung der jeweiligen Geschäfte

3.1. Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG

Praktische Bedeutung hat die Abgrenzung u.a. bei der Ermittlung des Umsatzes i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG (→ Kleinunternehmer). Bei der Ermittlung der maßgeblichen Grenzen von 22 000 € und 50 000 € bleiben die Umsätze von WG des Anlagevermögens unberücksichtigt. Das gilt sowohl bei einer Veräußerung als auch bei einer Entnahme für nichtunternehmerische Zwecke (Abschn. 19.1 Abs. 6 UStAE).

3.2. Ermittlung des Gesamtumsatzes i.S.d. § 19 Abs. 3 UStG

Zur Ermittlung des Gesamtumsatzes s. die ausführlichen Erläuterungen unter → Gesamtumsatz.

Die Höhe des Gesamtumsatzes i.S.d. § 19 Abs. 3 UStG ist entscheidend für die Genehmigung der → Istversteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UStG und zur Ermittlung der Besteuerungsform des § 19 Abs. 1 UStG.

Bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes sind von den steuerbaren Umsätzen u.a. nach § 19 Abs. 3 Nr. 2 UStG bestimmte steuerfreie Umsätze abzuziehen, wenn es sich dabei um Hilfsumsätze handelt. Als Hilfsumsätze sind die Umsätze zu betrachten, die zwar zur unternehmerischen Tätigkeit des Unternehmens gehören, jedoch nicht den eigentlichen Gegenstand des Unternehmens bilden (BFH Urteil vom 24.2.1988, X R 67/82, BStBl II 1988, 622, Abschn. 19.3 Abs. 2 Satz 4 und 5 UStAE). Hierzu zählen z.B.:

  1. die Gewährung und Vermittlung von Krediten sowie die Umsätze von fremden Zahlungsmitteln oder Geldforderungen, z.B. Wechseln, im Zusammenhang mit Warenlieferungen;

  2. der Verkauf eines Betriebsgrundstücks;

  3. die Verschaffung von Versicherungsschutz für die ArbN.

3.3. Gesellschaftsrechtliche Beteiligungen

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Erwerbe, des Haltens und der Veräußerungen von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen s. → Unternehmer, → Unternehmensvermögen und → Vorsteuerabzug.

Das bloße Erwerben, Halten und Veräußern von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen ist grundsätzlich keine unternehmerische Tätigkeit (Abschn. 2.3 Abs. 2 Satz 1 UStAE). Das Erwerben, Halten und Veräußern einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung stellt nur dann eine unternehmerische Tätigkeit dar, wenn die gesellschaftsrechtliche Beteiligung im Zusammenhang mit einem unternehmerischen Grundgeschäft erworben, gehalten und veräußert wird, es sich hierbei also um Hilfsgeschäfte handelt (Abschn. 2.3 Abs. 3 Satz 5 i.V.m. Abs. 4 UStAE). Dabei reicht nicht jeder beliebige Zusammenhang zwischen dem Erwerb und Halten der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und der unternehmerischen Haupttätigkeit aus. Vielmehr muss zwischen der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und der unternehmerischen Haupttätigkeit ein erkennbarer und objektiver wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen. Das ist der Fall, wenn die Aufwendungen für die gesellschaftsrechtliche Beteiligung zu den Kostenelementen der Umsätze aus der Haupttätigkeit gehören (BFH Urteil vom 10.4.1997, V R 26/96, BStBl II 1997, 552).

Eine unternehmerische Tätigkeit ist z.B. dann gegeben, wenn die Beteiligung nicht um ihrer selbst willen (bloßer Wille, Dividenden zu erhalten) gehalten wird, sondern der Förderung einer bestehenden oder beabsichtigten unternehmerischen Tätigkeit (z.B. Sicherung günstiger Einkaufskonditionen, Verschaffung von Einfluss bei potenziellen Konkurrenten, Sicherung günstiger Absatzkonditionen) dient (Abschn. 2.3 Abs. 3 Satz 5 Nr. 2 UStAE).

3.4. Unternehmereigenschaft bei Vereinen

Nichtunternehmerische Tätigkeiten sind von gewerblichen oder beruflichen Tätigkeiten abzugrenzen (Abschn. 2.3 Abs. 1a UStAE, → Unternehmensvermögen, → Vorsteuerabzug). Die nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten umfassen

  1. die nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im engeren Sinne und

  2. die unternehmensfremden Tätigkeiten (Entnahmen).

Zu den nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im engeren Sinne gehört u.a. die unentgeltliche Tätigkeit eines Vereins, die aus ideellen Vereinszwecken verfolgt werden (Abschn. 2.3 Abs. 1a Satz 4 1. Spiegelstrich UStAE). Ein Wirtschaftsgut, das ausschließlich für diese nichtunternehmerischen Tätigkeiten des Vereins bestimmt ist, stellt kein Unternehmensvermögen dar (Abschn. 2.10 Abs. 3 ff. und Abschn. 15.2b Abs. 2 UStAE). Ein Vorsteuerabzug ist nicht möglich.

Hilfsgeschäfte, die der Betrieb des nichtunternehmerischen Bereichs bei Vereinen mit sich bringt, sind auch dann als nicht steuerbar zu behandeln, wenn sie wiederholt oder mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeführt werden. Als Hilfsgeschäfte in diesem Sinne sind z.B. anzusehen (Abschn. 2.10 Abs. 1 Satz 11 und 12 UStAE):

  1. Veräußerungen von Gegenständen, die im nichtunternehmerischen Bereich eingesetzt waren, z.B. der Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen, Einrichtungsgegenständen und Altpapier;

  2. Überlassung des Telefons an im nichtunternehmerischen Bereich tätige ArbN zur privaten Nutzung;

  3. Überlassung von im nichtunternehmerischen Bereich eingesetzten Kraftfahrzeugen an ArbN zur privaten Nutzung.

Beispiel 1:

Ein Verein, der ausschließlich satzungsmäßige Gemeinschaftsaufgaben wahrnimmt, erzielt außer echten Mitgliederbeiträgen Einnahmen aus gelegentlichen Verkäufen von im Verein angefallenem Altmaterial und aus der Erstattung von Fernsprechkosten für private Ferngespräche seiner Angestellten.

Lösung 1:

S.a. Beispiel 4 zu Abschn. 2.10 Abs. 9 UStAE. Die Altmaterialverkäufe und die Überlassung des Telefons an die Angestellten unterliegen als Hilfsgeschäfte zur nichtunternehmerischen Tätigkeit nicht der USt. Der Verein ist nicht Unternehmer. Ein Vorsteuerabzug kommt nicht in Betracht.

3.5. Vorsteueraufteilung bei Vereinen

Wegen der Schwierigkeiten bei der sachgerechten Zuordnung der Vorsteuern und bei der Versteuerung der unentgeltlichen Wertabgaben kann das FA auf Antrag folgende Erleichterungen gewähren (Abschn. 2.10 Abs. 6 UStAE): Die Vorsteuern, die teilweise dem unternehmerischen und teilweise dem nichtunternehmerischen Bereich zuzurechnen sind, werden auf diese Bereiche nach dem Verhältnis aufgeteilt, das sich aus folgender Gegenüberstellung ergibt:

  1. Einnahmen aus dem unternehmerischen Bereich abzüglich der Einnahmen aus Hilfsgeschäften dieses Bereichs

    und

  2. Einnahmen aus dem nichtunternehmerischen Bereich abzüglich der Einnahmen aus Hilfsgeschäften dieses Bereichs.

3.6. Begünstigte Umsätze von Zweckbetrieben nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG

Von Zweckbetrieben ausgeführte Leistungen, mit deren Ausführung selbst nicht steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht werden, unterliegen nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn der Zweckbetrieb insgesamt nicht in erster Linie der Erzielung von zusätzlichen Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden. Einnahmen aus derartigen Umsätzen werden zusätzlich erzielt, wenn die Umsätze nicht lediglich Hilfsumsätze sind (zusätzliche Einnahmen). Ein Zweckbetrieb dient in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen, wenn er sich zu mehr als 50 % aus derartigen Einnahmen finanziert. Umsatzsteuerfreie Umsätze sowie umsatzsteuerrechtlich als nicht steuerbare Zuschüsse zu beurteilende Zuwendungen sind – unabhängig von einer ertragsteuerrechtlichen Beurteilung als Betriebseinnahmen – keine Einnahmen in diesem Sinne. Aus Vereinfachungsgründen kann davon ausgegangen werden, dass ein Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dient, wenn der Gesamtumsatz i.S.d. § 19 Abs. 3 UStG des Zweckbetriebs die Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO (45 000 €) insgesamt nicht übersteigt. Da sich bei Leistungen gegenüber in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmen kein Wettbewerbsvorteil ergibt, ist es nicht zu beanstanden, wenn diese Umsätze bei der betragsmäßigen Prüfung unberücksichtigt bleiben (Abschn. 12.9 Abs. 11 UStAE).

3.7. Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 11 UStG

Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 11 UStG enthält eine ausschließliche Aufzählung der begünstigten Berufsgruppen (Abschn. 4.11.1 Abs. 1 UStAE):

  • Bausparkassenvertreter,

  • Versicherungsvertreter und

  • Versicherungsmakler.

Die Befreiung erstreckt sich auf alle Leistungen, die in Ausübung der begünstigten Tätigkeiten erbracht werden (→ Steuerbefreiungen gem. § 4 UStG). Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind die Hilfsgeschäfte von der Steuerbefreiung ausgeschlossen (Abschn. 4.11.1 Abs. 2 Satz 10 UStAE). Es kann jedoch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG in Betracht kommen.

3.8. Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG

Heilberufliche Leistungen (→ Heilberufe) sind nur steuerfrei, wenn bei der Tätigkeit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht (Abschn. 4.14.1 Abs. 4 Satz 4 UStAE). Abschn. 4.14.1 Abs. 5 UStAE enthält in den Nr. 1 bis 12 eine Aufzählung von Tätigkeiten, u.a. auch von Nebengeschäften, die keine steuerfreien Heilbehandlungsleistungen darstellen, z.B.:

  1. die schriftstellerische oder wissenschaftliche Tätigkeit, auch soweit es sich dabei um Berichte in einer ärztlichen Fachzeitschrift handelt;

  2. die Vortragstätigkeit, auch wenn der Vortrag vor Ärzten im Rahmen einer Fortbildung gehalten wird;

  3. die Lehrtätigkeit;

  4. die Lieferungen von Hilfsmitteln, z.B. Kontaktlinsen, Schuheinlagen;

  5. die entgeltliche Nutzungsüberlassung von medizinischen Großgeräten.

Hilfsgeschäfte sind nicht nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei; z.B. der Arzt veräußert den zum Unternehmensvermögen gehörenden Pkw oder ein Röntgengerät. Für die Hilfsgeschäfte kann jedoch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG in Betracht kommen (Abschn. 4.14.1 Abs. 6 UStAE).

3.9. Begünstigte Umsätze der Zahntechniker nach § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG

Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG ist auf alle Umsätze aus der Tätigkeit als Zahntechniker einschließlich der unentgeltlichen Wertabgaben anzuwenden (→ Steuersätze bei der Umsatzsteuer, Abschn. 12.4 Abs. 1 Satz 1 UStAE). Hilfsgeschäfte, wie z.B. der Verkauf von Anlagegegenständen, Bohrern, Gips und sonstigem Material, unterliegen nicht dem ermäßigten Steuersatz (BFH Urteil vom 28.10.1971, V R 101/71, BStBl II 1972, 102, Abschn. 12.4 Abs. 4 UStAE).

3.10. Begünstigte Filmvorführungen

Bei nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b UStG begünstigten Filmvorführungen ist der ermäßigte Steuersatz auf die Eintrittsgelder anzuwenden. Die Aufbewahrung der Garderobe und der Verkauf von Programmen sind als Nebenleistungen ebenfalls begünstigt. Andere Umsätze – z.B. die Abgabe von Speisen und Getränken oder Hilfsumsätze – fallen nicht unter diese Steuerermäßigung Nach dem BFH-Urteil vom 7.3.1995 (XI R 46/93, BStBl II 1995, 429) ist der Verkauf von Getränken an die Besucher eines sog. Verzehrkinos keine unselbstständige Nebenleistung zur Filmvorführung. Der Begriff der Nebenleistung ist nicht schon deshalb erfüllt, weil die Getränke in unmittelbarem zeitlichem und örtlichem Zusammenhang mit der Filmvorführung ausschließlich an Kinobesucher zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben werden. Gegen eine unselbstständige Nebenleistung spricht, dass durch die Einrichtung des Zuschauerraums mit beleuchtbaren Tischchen, die mit einer Rufanlage für Bedienung versehen sind, die Lieferung von Getränken gegenüber der Filmvorführung eigenständigen Charakter hat. Die beiden Leistungen sind auch der Sache nach nicht dergestalt miteinander verbunden, dass die Getränkelieferung die Filmvorführung als solche inhaltlich oder wirtschaftlich ergänzt. Hierfür reicht es nicht aus, dass die Abgabe von Getränken während der Filmvorführung dem Publikum den Aufenthalt im Kino angenehmer gestalten soll. Dies gilt unabhängig davon, ob Verzehrzwang besteht oder nicht (so auch BFH Urteil vom 1.6.1995, V R 90/93, BStBl II 1995, 914 bezüglich des Verkaufs von Getränken an die Besucher eines Lichtspieltheaters).

3.11. Begünstigte Umsätze nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG

Begünstigt nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG sind Zirkusvorführungen sowie die von den Zirkusunternehmen veranstalteten Tierschauen. Begünstigt sind auch die üblichen Nebenleistungen, z.B. der Verkauf von Programmen und die Aufbewahrung der Garderobe. Nicht begünstigt sind Hilfsgeschäfte, wie z.B. Veräußerungen von Anlagegegenständen (Abschn. 12.8 Abs. 1 UStAE).

Auch bei Schaustellern sind Hilfsgeschäfte nicht begünstigt (Abschn. 12.8 Abs. 2 Satz 8 UStAE).

Zu den Umsätzen, die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbunden sind, gehören nur Leistungen, auf die der Betrieb eines zoologischen Gartens im eigentlichen Sinn gerichtet ist, in denen sich also dieser Betrieb verwirklicht (BFH Urteil vom 4.12.1980, V R 60/79, BStBl II 1981, 231). Hierunter fallen insbes. die Umsätze, bei denen die Entgelte in Eintrittsgeldern bestehen, einschließlich etwaiger Nebenleistungen (z.B. Abgabe von Wegweisern und Lageplänen). Nicht zu den begünstigten Umsätzen gehören z.B. Hilfsumsätze und die entgeltliche Überlassung von Parkplätzen an Zoobesucher (Abschn. 12.8 Abs. 4 UStAE).

3.12. Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG

Zur Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der Umsätze i.S.v. § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG und zur Anwendung des Gesamtumsatzschlüssels hat das BMF mit Schreiben vom 13.2.2024 (BStBl I 2024, 280) Stellung genommen und u.a. Abschn. 15.17 UStAE entsprechend geändert.

Die Ermittlung der abziehbaren Vorsteuer nach dem Gesamtumsatzschlüssel ist nur zulässig, wenn keine andere Methode der wirtschaftlichen Zuordnung möglich ist (§ 15 Abs. 4 Satz 3 UStG). Dies ist in dem Sinne zu verstehen, dass keine andere Methode eine präzisere Ermittlung der abziehbaren Vorsteuern gewährleisten darf (vgl. BFH vom 10.8.2016, XI R 31/09, BStBl II 2022, 736 und vom 11.11.2020, XI R 7/20, BStBl II 2022, 746), ein präziserer anderer (sachgerechter) Aufteilungsschlüssel geht dem Gesamtumsatzschlüssel daher immer vor (Abschn. 15.17 Abs. 3 Sätze 3 und 4 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 13.2.2024).

Die Anwendung des Gesamtumsatzschlüssels regelt das BMF in den Rz. 5 bis 15 seines Schreibens vom 13.2.2024 (BStBl I 2024, 280) und fügt in Abschn. 15.17 UStAE einen neuen Abs. 3a ein.

Der Gesamtumsatzschlüssel ergibt sich aus einem Bruch, der sich aus dem Verhältnis der Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, zum Gesamtumsatz des Unternehmers zusammensetzt, jeweils bezogen auf den Besteuerungszeitraum (Kj.; Abschn. 15.17 Abs. 3a Satz 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 13.2.2024).

Für die Berechnung des Gesamtumsatzschlüssels ist im Zähler der Nettobetrag aller zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätze des Unternehmens im betroffenen Kj. anzusetzen. Hierzu gehören auch unentgeltliche Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b oder 9a USt (BMF vom 13.2.2024, Rz. 8).

Im Nenner ist der Nettobetrag des Gesamtumsatzes (Summe nach Rz. 8 zzgl. der nach § 15 Abs. 2 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätze) des Unternehmens im betroffenen Kj. anzusetzen (BMF vom 13.2.2024, Rz. 9).

Der Umsatzschlüssel soll die reguläre wirtschaftliche Betätigung widerspiegeln. Um ihn nicht durch den Ansatz von Hilfs- und Zusatzgeschäften zu verfälschen, sind folgende Umsätze weder im Zähler noch im Nenner zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob sie stpfl. oder steuerfrei sind (Abschn. 15.17 Abs. 3a Satz 4 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 13.2.2024, Rz. 10):

  • Umsätze aus dem Verkauf von Berichtigungsobjekten i.S.v. § 15a Abs. 1 UStG (i.d.R. ertragsteuerliches Anlagevermögen, unionsrechtlich »Investitionsgüter«), aus sonstigen Leistungen i.S.v. § 15a Abs. 4 UStG (sonstige Leistungen, für die in einer Steuerbilanz ein Aktivierungsgebot bestünde) und ggf. – bei einem gesonderten Verkauf – auch aus Berichtigungsobjekten i.S.v. § 15a Abs. 3 und 6 UStG (vgl. hierzu auch Abschn. 15a.1 Abs. 2 UStAE),

  • Hilfsumsätze aus Grundstücks- und Finanzgeschäften,

  • Umsätze nach § 4 Nr. 8 Buchst. a bis h UStG, soweit es sich um Hilfsumsätze handelt, und

  • Einnahmen, die ihrer Art nach nicht dem Anwendungsbereich der USt unterliegen (z.B. aus Geschäftsveräußerungen (→ Geschäftsveräußerung) nach § 1 Abs. 1a UStG oder Kapitalerträgen).

Zum Vorsteuerabzug sowie zur Vorsteueraufteilung s. die Kommentierung unter → Vorsteuerabzug und dort zum Gliederungspunkt »Vorsteuerausschluss und Vorsteueraufteilung«.

4. Hilfsgeschäfte im hoheitlichen Bereich

4.1. Unternehmereigenschaft der juristischen Personen des öffentlichen Rechts

Für die Beurteilung der Unternehmereigenschaft von jPöR sind die allgemeinen Regelungen des § 2 Abs. 1 UStG maßgeblich. Danach sind jPöR grundsätzlich als Unternehmer anzusehen, wenn sie selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausüben. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, welcher Art die entsprechenden Einnahmen sind. Auch Leistungen, für die als Gegenleistung Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erhoben werden, können wirtschaftliche Tätigkeiten i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG sein.

Sind jPöR wirtschaftlich i.S.v. § 2 Abs. 1 UStG tätig, gelten sie jedoch gleichwohl nicht als Unternehmer, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen (§ 2b Abs. 1 Satz 1 UStG). Dies gilt nicht, sofern eine Behandlung der jPöR als Nichtunternehmer im Hinblick auf diese Tätigkeiten zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (§ 2b Abs. 1 Satz 2 UStG; BMF vom 16.12.2016, BStBl I 2016, 1451, Rz. 5 und 6).

4.2. Hoheitliche Hilfsgeschäfte

Hoheitliche Hilfsgeschäfte, die der nichtunternehmerische Bereich einer jPöR mit sich bringt, sind grundsätzlich nicht steuerbar. Da große Hoheitsbereiche oftmals entsprechend viele Hilfsgeschäfte tätigen, führt auch deren große Anzahl grundsätzlich nicht zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Betätigung und damit zur Steuerbarkeit. Dies kann jedoch ausnahmsweise der Fall sein, wenn das Auftreten der jPöR am Markt wegen der Vielzahl ihrer Umsätze und des daraus resultierenden Handelns dem eines professionellen Händlers derart gleicht, dass eine Nichtsteuerbarkeit zu einer Wettbewerbsverzerrung führen würde (Abschn. 2b.1 Abs. 9 UStAE). Wegen weiterer Einzelheiten s. Rz. 19 und 20 des BMF-Schreibens vom 16.12.2016 (BStBl I 2016, 1451).

Hilfsgeschäfte und vergleichbare Geschäfte, die der Betrieb des nichtunternehmerischen Bereichs bei jPöR mit sich bringt, sind auch dann nicht nachhaltig und somit nicht steuerbar, wenn sie wiederholt oder mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeführt werden. Insbesondere kann die von Zeit zu Zeit erforderliche Auswechslung von Gegenständen, die zur Aufrechthaltung des Betriebs in der nichtunternehmerischen Sphäre erforderlich sind, die Unternehmereigenschaft nicht begründen. Als Hilfsgeschäfte in diesem Sinne sind z.B. anzusehen:

  • Veräußerungen von Gegenständen, die im nichtunternehmerischen Bereich eingesetzt waren, z.B. der Verkauf von gebrauchten Kfz, Einrichtungsgegenständen und Altpapier;

  • Überlassung des Telefons an im nichtunternehmerischen Bereich tätige ArbN zur privaten Nutzung;

  • Überlassung von im nichtunternehmerischen Bereich eingesetzten Kfz an ArbN zur privaten Nutzung (BMF vom 16.12.2016, BStBl I 2016, 1451, Rz. 20).

Mit Vfg. vom 10.11.2020 (S 7107.1.1-14/8 St 33, DStR 2020, 2792, SIS 20 17 43) nimmt das BayLfSt zu Zweifelsfragen zum hoheitlichen Hilfsgeschäft bzw. vergleichbaren Geschäften Stellung:

  • Veräußerung von eingezogenen Gegenständen.

    Die Veräußerung von eingezogenen Gegenständen stellt aufgrund der Gesamtumstände keine unternehmerische Tätigkeit i.S.d. § 2 UStG dar.

  • Veräußerung beschlagnahmter Gegenstände (sog. Notveräußerung).

    Bei der Notveräußerung von beschlagnahmten Gegenständen erfolgt – wie bei der Zwangsvollstreckung – keine Lieferung durch das Bundesland. Vielmehr liegt eine unmittelbare Leistungsbeziehung zwischen dem bisherigen Eigentümer und dem Erwerber vor.

  • Verkauf von Altpapier aus privaten Haushaltungen.

    Der Verkauf von Altpapier unterliegt bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG der Umsatzsteuer.

  • -Veräußerung von Strom, der im Rahmen der Entsorgungswirtschaft erzeugt wird.

    Die Veräußerung unterliegt, v.a. im Hinblick auf § 2b Abs. 4 Nr. 5 UStG i.V.m. Anhang I Nr. 2 der MwStSystRL der Umsatzsteuer (s.a. LfSt Niedersachsen vom 19.1.2023, S 7107 – St 172 – 261/2023, UR 2023, 534, SIS 23 04 74).

  • Verkauf der in Arbeitsbetrieben einer Justizvollzugsanstalt angefertigten Produkte.

    Lieferungen/sonstige Leistungen der Arbeitsbetriebe an Dritte sind unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG als unternehmerisch zu beurteilen und unterliegen der Umsatzsteuer.

Beispiel 2:

Das beim Schnitt von Straßenbegleitflächen angefallene Holz wird von der Gemeinde einmal im Frühjahr und einmal im Herbst an das örtliche Sägewerk verkauft. Aktive Vermarktungsschritte unternimmt die Gemeinde nur auf der eigenen Internetseite, durch einen Aushang im Amtsgebäude oder in ihrem Gemeindeblatt.

Variante:

Die beim Schnitt von Straßenbegleitflächen anfallenden Äste werden von der Gemeinde gehäckselt und als »Brennmaterial« weiterverkauft.

Lösung 2:

S. Beispiel 2 der Vfg. des BayLfSt vom 10.11.2020 (S 7107.1.1-14/8 St 33, DStR 2020, 2792, SIS 20 17 43).

Straßenbegleitflächen unterliegen im Gegensatz zu land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen keiner produktionsorientierten Nutzung. Sie sind daher dem hoheitlichen Bereich der Gemeinde zuzurechnen.

Die Verkäufe des auf Straßenbegleitflächen gewachsenen bzw. gefällten Holzes stellen ein hoheitliches Hilfsgeschäft dar und unterliegen grundsätzlich nicht der Umsatzsteuer.

Dasselbe gilt auch für den Verkauf der gehäckselten Äste.

Beispiel 3:

Eine Stadt veräußert/versteigert Fundsachen über die Plattform www.zoll-auktion.de bzw. im Rahmen einer Präsenzversteigerung, die durch einen Beamten/Angestellten der Stadt vorgenommen wird. Die Bevölkerung wird über die Präsenzversteigerung nur durch einen Aushang im Amtsgebäude, einen Hinweis auf der eigenen Internetseite oder in der »Stadt-Zeitung« informiert.

Lösung 3:

S. Beispiel 4 der Vfg. des BayLfSt vom 10.11.2020 (S 7107.1.1-14/8 St 33, DStR 2020, 2792, SIS 20 17 43).

Die Veräußerung erfolgt im Rahmen eines nicht steuerbaren hoheitlichen Hilfsgeschäfts und unterliegt nicht der Umsatzsteuer.

5. Verwandte Lexikonartikel

Allgemeine Durchschnittssätze

Kleinunternehmer

Unternehmer

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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