1 Gemeinschaftsrecht
2 Allgemeiner Überblick
3 Lieferung
3.1 Verschaffung der Verfügungsmacht
3.2 Werklieferungen
3.3 Lieferort im Inland
3.4 Unentgeltliche Lieferungen i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG
3.5 Innergemeinschaftliche Lieferung im Rahmen eines Reihengeschäfts
3.6 Kommissionsgeschäft
3.7 Konsignationslagerregelung
3.8 Ausschluss der Steuerbefreiung
4 Abnehmer
4.1 Grundsätzliches zum Empfänger einer innergemeinschaftlichen Lieferung
4.2 Abnehmer ist ein Unternehmer und der Gegenstand wird Unternehmensvermögen
4.2.1 Unternehmer
4.2.2 Nachweis der Identität des Abnehmers
4.2.3 Unternehmensvermögen
4.3 Abnehmer ist eine juristische Person
4.3.1 Allgemeiner Überblick
4.3.2 Juristische Person ist kein Unternehmer
4.3.3 Juristische Person ist Unternehmer
4.3.3.1 Erwerb für das Unternehmen
4.3.3.2 Erwerbe sind nicht für das Unternehmen bestimmt
5 Erwerbsbesteuerung beim Abnehmer
5.1 Allgemeine Grundsätze
5.2 Mitwirkung an der Vermeidung der Erwerbsbesteuerung
5.3 Versagung des Vorsteuerabzugs und der Steuerbefreiung bei Beteiligung an einer Steuerhinterziehung gem. § 25f UStG
6 Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Anschlusslieferung
7 Be- oder Verarbeitung des Liefergegenstandes
8 Nachweis der Voraussetzungen der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung
8.1 Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht sowie materielle und formelle Voraussetzungen der Nachweispflicht
8.2 Beleg- und Buchnachweispflichten
8.2.1 Anwendung der Verordnungsregelung
8.2.2 Grundsätzliches zum Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen
8.2.2.1 Beleg- und Buchnachweis
8.2.2.2 Belegnachweis
8.2.2.3 Verwendung einer USt-IdNr. durch den Abnehmer
8.2.2.4 Buchnachweis
8.3 Gelangensvermutung in Beförderungs- und Versendungsfällen
8.4 Gelangensbestätigung in Beförderungs- und Versendungsfällen
8.4.1 Grundsätzliches
8.4.2 Gelangensbestätigung
8.4.3 Andere Belege als die Gelangensbestätigung
8.4.3.1 Versendung durch den Unternehmer oder den Abnehmer
8.4.3.2 Versendung durch den Abnehmer
8.4.3.3 Lieferung im Unionsversandverfahren
8.4.3.4 Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren
8.4.3.4.1 EMCS-Eingangsmeldung
8.4.3.4.2 Steuerrechtlich freier Verkehr
8.4.3.5 Innergemeinschaftliche Lieferung von Fahrzeugen, die durch den Abnehmer befördert werden
8.5 Belegnachweis in Bearbeitungs- oder Verarbeitungsfällen
8.6 Buchnachweis
8.6.1 Allgemeines
8.6.2 Die Besonderheiten des § 17d UStDV
9 Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG
10 Rechnungserteilung
11 Zusammenfassende Meldung
11.1 Grundsätzliches zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung
11.2 Zusammenfassende Meldung als Voraussetzung der Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG
12 Vorsteuerabzug
13 Literaturhinweise
14 Verwandte Lexikonartikel
Art. 138 MwStSystRL befreit die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb ihres Gemeinschaftsgebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Stpfl. oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt.
Durch die RL 2018/1910 EU vom 4.12.2018 (ABl EU Nr. L 311, 3) wurde Art. 138 Abs. 1 neu gefasst und Abs. 1a MwStSystRL eingefügt (s.a. Fietz u.a., NWB 7/2019, 433 unter IV.). Nach Art. 2 der RL 2018/1910 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, bis zum 31.12.2019 entsprechende Rechtsvorschriften zu erlassen sowie diese ab dem 1.1.2020 anzuwenden (s.u.).
Mit der VO (EU) Nr. 2018/1912 vom 4.12.2018 (ABl EU Nr. L 311, 10) wurde mit Wirkung vom 1.1.2020 Art. 45a EU-VO 282/2011 neu eingefügt. Neu geregelt wird der Belegnachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen (s.u.).
Die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung gilt nicht für die Lieferung von Gegenständen (Art. 139 MwStSystRL)
durch Stpfl., für die die Steuerbefreiung der Art. 282 bis 292 MwStSystRL gelten (→ Kleinunternehmer), oder
an Stpfl. oder an nichtsteuerpflichtige juristische Personen, für die die Abweichung gem. Art. 3 Abs. 1 MwStSystRL gilt (Schwellenerwerber; → Innergemeinschaftlicher Erwerb).
Die Art. 14 und 15 MwStSystRL definieren die Gegenstände, die solche einer Lieferung – und somit auch einer innergemeinschaftlichen Lieferung – sein können. Nach Art. 14 MwStSystRL sind körperliche Gegenstände lieferfähig (s.a. Abschn. 3.1. Abs. 1 Satz 2 UStAE). Nach Art. 15 Abs. 1 MwStSystRL werden Elektrizität, Gas, Wärme, Kälte und ähnliche Sachen den körperlichen Gegenständen gleichgestellt (s. Abschn. 3.1. Abs. 1 Satz 2 UStAE). Nach Art. 15 Abs. 2 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten als körperlichen Gegenstand betrachten:
bestimmte Rechte an Grundstücken;
dingliche Rechte, die ihrem Inhaber ein Nutzungsrecht an Grundstücken geben;
Anteilsrechte und Aktien, deren Besitz rechtlich oder tatsächlich das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück oder Grundstücksteil begründet.
Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen ist als sonstige Leistung zu beurteilen (s. Abschn. 3.5. Abs. 8 UStAE.
Auswirkungen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU:
Mit Schreiben vom 10.12.2020 (BStBl I 2020, 1370) äußert sich das BMF zu den Auswirkungen des Brexit.
Am 31.1.2020 ist das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland (im Folgenden: »Vereinigtes Königreich«) aus der Europäischen Union ausgetreten. Nach den Regelungen des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl EU Nr. L 29 vom 31.1.2020, 7) schloss sich ein Übergangszeitraum an, in dem u.a. das Mehrwertsteuerrecht der Union für das Vereinigte Königreich weiterhin Anwendung findet. Dieser Übergangszeitraum hat mit Ablauf des 31.12.2020, UTC+1 (24.00 Uhr Brüsseler Zeit) geendet.
Grds. ist das Vereinigte Königreich, mithin Großbritannien und Nordirland, für umsatzsteuerrechtliche Zwecke nach dem 31.12.2020 als Drittlandsgebiet i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 3 UStG anzusehen (s. Abschn. 1.10. Abs. 2 Satz 1 und 2 UStAE).
Eine Ausnahme gilt für Nordirland, für das im »Protokoll zu Irland/Nordirland« zum Austrittsabkommen ein besonderer Status vereinbart wurde. Im Ergebnis ist bei der Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs mit dem Vereinigten Königreich zwischen Großbritannien und Nordirland zu unterscheiden. Während Großbritannien auch insoweit als Drittlandsgebiet zu behandeln ist, wird Nordirland für die Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs auch nach dem 31.12.2020 als zum Gemeinschaftsgebiet gehörig behandelt (Abschn. 1.10. Abs. 3 UStAE). Innerhalb des Vereinigten Königreichs sind dessen Behörden für die Anwendung und Durchführung der für Nordirland weiter geltenden Vorschriften des Mehrwertsteuerrechts der Union zuständig. Für nordirische Umsatzsteuer-Identifikationsnummern findet das Präfix »XI« Anwendung. Entsprechende Umsatzsteuer-Identifikationsnummern gelten als von einem anderen Mitgliedstaat erteilt (BMF vom 10.12.2020, Rz. 4).
Zusammengefasst unterliegen nach dem 31.12.2020 ausgeführte Umsätze vorbehaltlich etwaiger Übergangsregelungen
im Waren- und Dienstleistungsverkehr mit Großbritannien sowie im Dienstleistungsverkehr mit Nordirland den für das Drittlandsgebiet bzw.
im Warenverkehr mit Nordirland den für den innergemeinschaftlichen Handel
geltenden Vorschriften zur Umsatzsteuer.
Übergangsregelung:
Nach dem 31.12.2020 unterliegt der Warenverkehr mit Großbritannien zollrechtlichen Förmlichkeiten. Dies hat zur Folge, dass die Waren sowohl bei der Einfuhr als auch bei der Ausfuhr zu gestellen und zum betreffenden Zollverfahren anzumelden sind sowie der Erhebung von Einfuhrabgaben (u.a. Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) unterliegen.
Der Warenverkehr zwischen der Europäischen Union und Nordirland ist hiervon nicht betroffen.
Art. 51 Abs. 1 des Austrittsabkommens enthält eine Übergangsregelung für Warenbewegungen zwischen einem Mitgliedstaat und Großbritannien, die vor dem 1.1.2021 beginnen und nach dem 31.12.2020 enden. Auf entsprechende Umsätze sind die Regelungen für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs anzuwenden. Dementsprechend ist für Lieferungen, die vor dem 1.1.2021 beginnen, eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für im Vereinigten Königreich ansässige Unternehmer (Länderpräfix »GB«) zu verwenden.
Die Lieferung eines Gegenstands, bei der die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer vor dem 1.1.2021 im Inland beginnt, ist bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung zu behandeln. Dies schließt das Führen des Buch- und Belegnachweises nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 17a ff. UStDV sowie die Angabe der Lieferung in der Zusammenfassenden Meldung nach § 18a UStG ein. Weist der Unternehmer nach, dass der Gegenstand nach dem 31.12.2020 das Gebiet der Europäischen Union verlassen hat, ist die Lieferung bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen als steuerfreie Ausfuhr zu behandeln, sofern der Unternehmer die entsprechenden Nachweise vorlegt (§ 6 Abs. 4 Satz 1 UStG i.V.m. § 8 ff. UStDV; BMF vom 10.12.2020, Rz. 6 ff.).
Das BMF-Schreiben vom 10.12.2020 (BStBl I 2020, 1370) enthält Ausführungen zu den Konsequenzen des Austritts des Vereinigten Königreichs. Die dort in den Randziffern 26 bis 28 getroffenen Regelungen zur Bearbeitung von Amtshilfeersuchen werden durch das BMF-Schreiben vom 21.10.2021 (LEXinform 7012903) aufgehoben und durch die Regelungen in den Rz. 3 ff. des BMF-Schreibens vom 21.10.2021 ersetzt.
Da der nationale Gesetzgeber verpflichtet ist, die EU-Norm (s.o.) in nationales Recht umzusetzen, hat der Gesetzgeber in Art. 12 Nr. 7 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG neu gefasst und dabei eine neue Nr. 4 eingefügt.
Weiterhin wurde durch Art. 12 Nr. 5 Buchst. a des JStG 2019 § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG neu gefasst.
Die Neuregelungen treten ab 1.1.2020 in Kraft.
Nach Art. 15 Nr. 2 bis 4 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) werden
§ 17a UStDV neu eingefügt (Art. 45a EU-VO 282/2011, s.o.),
der bisherige § 17a wird § 17b,
der bisherige § 17b wird § 17c und
der bisherige § 17c wird § 17d UStDV.
Die Neuregelungen treten ab 1.1.2020 in Kraft (s.a. Frye, UR 2020, 325).
Durch Art. 16 Nr. 3 i.V.m. Art. 43 Abs. 6 des JStG 2022 vom 16.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) wird ab 1.1.2023 in § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG Satz 2 gestrichen (s.u. den Gliederungspunkt 11.2 »Zusammenfassende Meldung als Voraussetzung der Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG«).
Zur Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG für innergemeinschaftliche Lieferungen s. die Grundsätze in Abschn. 6a.1. bis 6a.8. UStAE.
Zu den geänderten Anforderungen bei innergemeinschaftlichen Lieferungen hat das BMF mit Schreiben vom 9.10.2020 (BStBl I 2020, 1038) ein umfangreiches Anwendungsschreiben zur Änderung des UStAE erlassen (s.a. Sterzinger, UStB 2020, 387). Im Nachgang zum BMF-Schreiben vom 9.10.2020 haben sich weitere Zweifelsfragen ergeben. Das BMF hat deshalb mit Schreiben vom 20.5.2022 (BStBl I 2022, 738) den UStAE erneut geändert. Die Grundsätze dieses Schreibens sind erstmals auf innergemeinschaftliche Lieferungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2019 bewirkt werden.
Innergemeinschaftliche Lieferungen sind im Ursprungsland steuerbar (Ort nach § 3 Abs. 6 UStG), aber nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG unter den folgenden Voraussetzungen steuerfrei:
der Unternehmer muss seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a UStG) nachgekommen sein und diese richtig und vollständig abgegeben haben (§ 4 Nr. 1 Buchst. b Halbsatz 2 UStG; Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL i.d.F. vom 4.12.2018; s.u. den Gliederungspunkt 11 »Zusammenfassende Meldung« sowie Abschn. 4.1.2. Abs. 2 und 3 UStAE).
der Unternehmer, der Abnehmer oder ein vom liefernden Unternehmer oder vom Abnehmer beauftragter Dritter hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet (→ Ausland) befördert oder versendet (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG; Abschn. 6a.1. Abs. 6 UStAE);
der Abnehmer ist entweder (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis c UStG; Abschn. 6a.1. Abs. 9 bis 15 UStAE)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber (→ Innergemeinschaftliche Fahrzeuglieferungen bzw. -erwerbe),
der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung (→ Innergemeinschaftlicher Erwerb; § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG; Abschn. 6a.1. Abs. 16 bis 18 UStAE)
und
der Abnehmer i.S.d. Nr. 2 Buchst. a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige USt-IdNr. verwendet (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG; Art. 138 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL; Abschn. 6a.1. Abs. 19 UStAE).
Beachte:
Zum Begriff »Verwenden« einer USt-IdNr. s. Abschn. 3a.2. Abs. 10 UStAE.
Der MwSt-Ausschuss bestätigt einstimmig (EU-Kommission vom 3.6.2019, taxud.c.1(2019)7900313 – 976, SIS 19 18 63), dass durch die mit der Richtlinie (EU) 2018/1910 des Rates vom 4.12.2018 vorgenommene Änderung von Art. 138 Abs. 1 der MwStSystRL eine wesentliche Bedingung für die Anwendung der Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen hinzufügt wird. Der MwSt-Ausschuss ist einstimmig der Auffassung, dass diese Hinzufügung bedeutet, dass die Bedingungen für die Anwendung der Befreiung nach Art. 138 als nicht erfüllt betrachtet werden müssen und der Lieferer die Mehrwertsteuer zwingend berechnen muss, wenn
die Person, die diese Gegenstände erwirbt, gegenüber dem Lieferer ihre Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer nicht angibt, oder
die angegebene Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer von dem Mitgliedstaat ausgestellt wurde, aus dem die Gegenstände versandt oder befördert werden (s.a. Abschn. 6a.1. Abs. 19 UStAE).
Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt gem. § 6a Abs. 2 UStG auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a UStG; Abschn. 6a.1. Abs. 21 UStAE). Zu den Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Verbringens vgl. Abschn. 1a.2. UStAE. Zu den Ausnahmen des innergemeinschaftlichen Verbringens s. Abschn. 1a.2. Abs. 9 ff. UStAE sowie EuGH Urteil vom 6.3.2014 (C-606/12, LEXinform 0589415) unter → Innergemeinschaftliches Verbringen.
Die Steuerbefreiung des § 6a UStG setzt eine → Lieferung im Inland voraus. Voraussetzung einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist u.a. (Abschn. 6a.1. Abs. 1 UStAE)
durch den Unternehmer oder in seinem Auftrag durch einen Dritten
an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten.
Der Gegenstand der Lieferung muss vom liefernden Unternehmer, vom Abnehmer oder von einem vom liefernden Unternehmer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet werden (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG; Abschn. 6a.1. Abs. 1 Satz 2 UStAE).
Weiterhin Voraussetzung ist, dass ein bestimmter Abnehmer zu Beginn der Warenbewegung bereits feststeht. Von einem feststehenden Abnehmer ist auszugehen, wenn er zwar dem mit der Versendung Beauftragten im Zeitpunkt der Übergabe des Gegenstands nicht bekannt ist, aber mit hinreichender Sicherheit leicht und einwandfrei aus den unstreitigen Umständen, insbes. aus Unterlagen abgeleitet werden kann (BFH Urteil vom 30.7.2008, XI R 67/07, BStBl II 2009, 552). Gleiches gilt, wenn der Abnehmer den Liefergegenstand bei Beginn der Versendung bereits verbindlich bestellt oder bezahlt hat (BFH Urteil vom 16.11.2016, V R 1/16, BStBl II 2017, 1079); eine nur wahrscheinliche Begründung einer Abnehmerstellung ohne tatsächliche Abnahmeverpflichtung reicht nicht aus (BFH Urteil vom 20.10.2016, V R 31/15, BStBl II 2017, 1076). Dem Tatbestand, dass der Abnehmer feststeht, steht nicht entgegen, dass der Gegenstand von dem mit der Versendung Beauftragten zunächst in ein inländisches Lager des Lieferanten gebracht und erst nach Eingang der Zahlung durch eine Freigabeerklärung des Lieferanten an den Abnehmer herausgegeben wird (BFH Urteil vom 30.7.2008, XI R 67/07, BStBl II 2009, 552). Entscheidend ist, dass der Lieferant im Zeitpunkt der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten die Verfügungsmacht dem zu diesem Zeitpunkt feststehenden Abnehmer verschaffen will. Unter der Bedingung, dass der Abnehmer bereits bei Beginn der Versendung feststeht, kann eine Versendungslieferung auch dann vorliegen, wenn der Liefergegenstand nach dem Beginn der Versendung für kurze Zeit in einem Auslieferungs- oder Konsignationslager gelagert wird (Abschn. 3.12. Abs. 3 Satz 4 bis 8 und Abschn. 1a.2. Abs. 6 Satz 4 bis 9 UStAE).
Keine innergemeinschaftliche Lieferung liegt deshalb vor bei
innerbetrieblichen Warenbewegungen;
Warenbewegungen ohne Vorhandensein eines bestimmten Abnehmers;
Kauf auf Probe. Da zunächst keine Verfügungsmacht verschafft wird, handelt es sich um einen Verbringungsfall (§ 3 Abs. 1a UStG), der unter den Voraussetzungen des § 6a Abs. 2 UStG steuerfrei ist (→ Innergemeinschaftliches Verbringen). Hat sich der Kunde zum Kauf entschlossen, handelt es sich bei der nun folgenden Verschaffung der Verfügungsmacht um eine »bewegungslose Lieferung«, deren Ort sich nach § 3 Abs. 7 UStG im anderen EU-Mitgliedstaat befindet (→ Ort der Lieferung) und daher dort steuerbar und ggf. stpfl. ist.
Nicht zu den Gegenständen einer innergemeinschaftlichen Lieferung gehören der Firmenwert (Geschäfts-, Praxiswert) und der Kundenstamm. Der Firmenwert und der Kundenstamm stellen keine Gegenstände i.S.d. Art. 14 und 15 MwStSystRL und somit auch keine Gegenstände einer innergemeinschaftlichen Lieferung i.S.d. Art. 138 ff. MwStSystRL dar (s. Abschn. 3.1. Abs. 4 Satz 2 UStAE). Ebenso kommt das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht in Betracht für Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz und von Elektrizität i.S.d. § 3g UStG (Abschn. 6a.1. Abs. 1 UStAE). Durch die spezielle Ortsregelung für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz oder Elektrizität (Art. 38 MwStSystRL) wird klargestellt, dass Lieferungen dieser Gegenstände keine bewegten Lieferungen sind. Als Konsequenz daraus kann weder eine Ausfuhrlieferung noch eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegen (→ Ort der Lieferung).
Werklieferungen (§ 3 Abs. 4 UStG) können unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG innergemeinschaftliche Lieferungen sein (Abschn. 6a.1. Abs. 1 Satz 4 UStAE).
Der Ort der Lieferung bestimmt sich nicht nach § 3 Abs. 6 UStG, wenn der Gegenstand der Lieferung nach dem Beginn der Beförderung oder nach der Übergabe des Gegenstandes an den Beauftragten vom Lieferer noch einer Behandlung unterzogen wird, die seine Marktgängigkeit ändert. In diesen Fällen wird nicht der Liefergegenstand, sondern ein Gegenstand anderer Wesensart befördert. Das ist insbes. dann der Fall, wenn Gegenstand der Lieferung eine vom Lieferer errichtete ortsgebundene Anlage oder eine einzelne Maschine ist, die am Bestimmungsort fundamentiert oder funktionsfähig gemacht wird, indem sie in einen Satz bereits vorhandener Maschinen eingefügt und hinsichtlich ihrer Arbeitsgänge auf diese Maschinen abgestimmt wird. Da die einzelnen Teile einer Maschine ein Gegenstand anderer Marktgängigkeit sind als die ganze Maschine, ist § 3 Abs. 6 UStG auch dann nicht anzuwenden, wenn die einzelnen Teile einer Maschine zum Abnehmer befördert werden und dort vom Lieferer zu der betriebsfertigen Maschine zusammengesetzt werden. Dagegen bestimmt sich der Ort der Lieferung nach § 3 Abs. 6 UStG, wenn eine betriebsfertig hergestellte Maschine lediglich zum Zwecke eines besseren und leichteren Transportes in einzelne Teile zerlegt und dann von einem Monteur des Lieferers am Bestimmungsort wieder zusammengesetzt wird. Zur betriebsfertigen Herstellung beim Lieferer gehört i.d.R. ein dort vorgenommener Probelauf. Ein nach der Wiederzusammensetzung beim Abnehmer vom Lieferer durchgeführter erneuter Probelauf ist unschädlich. § 3 Abs. 6 UStG ist auch dann anzuwenden, wenn die sich an die Beförderung oder Versendung des Liefergegenstandes anschließende Bearbeitung oder Verarbeitung vom Abnehmer selbst oder in seinem Auftrag von einem Dritten vorgenommen wird (Abschn. 3.12. Abs. 4 UStAE).
Eine steuerfreie innergemeinschaftliche Werklieferung ist nur dann gegeben, wenn eine nur aus Gründen des leichteren Transports zerlegte Maschine am Aufstellort nur wieder zusammengesetzt werden muss.
Werden Teile einer Maschine zur Ausführung einer Werklieferung vom Inland ins EU-Ausland befördert, liegt keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vor, weil nicht die bewegte Ware sondern erst das fertige Werk geliefert wird. Die Werklieferung wird erst nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG in dem anderen EU-Mitgliedstaat ausgeführt und ist dort steuerbar und i.d.R. auch stpfl. Das Verbringen der Ware in den EU-Mitgliedstaat stellt kein innergemeinschaftliches Verbringen dar, da die Gegenstände nur zu einer vorübergehenden Verwendung ins EU-Ausland verbracht werden (Abschn. 1a.2. Abs. 10 Nr. 1 UStAE).
Die Besteuerung der Werklieferung findet im anderen EU-Mitgliedstaat statt. Nach Art. 194 MwStSystRL (§ 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG) schuldet der Leistungsempfänger die Steuer (→ Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers).
Voraussetzung einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung ist die Steuerbarkeit dieser Lieferung im Inland (Abschn. 6a.1. Abs. 1 Satz 1 UStAE). Als Ortsvorschrift kommt nur § 3 Abs. 6 UStG in Betracht. Der Gegenstand der Lieferung muss vom Unternehmer oder dem Abnehmer in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet werden (s.u. den Gliederungspunkt 3.4 »Unentgeltliche Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG«).
Da die Lieferung des Gegenstandes an den Abnehmer im Bestimmungsland auch der Erwerbsbesteuerung unterliegen muss, kommt die Ortsvorschrift des § 3c UStG nicht zur Anwendung (Versandhandelsregelung; → Ort der Lieferung).
Hinweis:
Mit dem JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) werden die EU-Änderungsrichtlinien zum 1.7.2021 in nationales Recht umgesetzt (§ 27 Abs. 32 UStG i.d.F. des JStG 2020). Neu geregelt wurde dabei insbes. die Ortsvorschrift des § 3c UStG. Aus der bisherigen Ortsvorschrift bezüglich des innergemeinschaftlichen Versandhandels wird ab 1.7.2021 die Ortsvorschrift der Lieferungen beim Fernverkauf (s. Abschn. 3c.1. UStAE).
Beispiel 1:
Beispiel 2:
Beispiel 3:
Die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet erfordert, dass die Beförderung oder Versendung im Inland beginnt und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats endet. Der Liefergegenstand muss somit das Inland der Bundesrepublik Deutschland physisch verlassen haben und tatsächlich in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt, d.h. dort physisch angekommen sein. Hat der Empfänger einer innergemeinschaftlichen Lieferung (Abnehmer) im Bestimmungsmitgliedstaat in seiner Mehrwertsteuererklärung den Erwerb des Gegenstands als innergemeinschaftlichen Erwerb erklärt, kann dies nur ein zusätzliches Indiz dafür darstellen, dass der Liefergegenstand tatsächlich das Inland physisch verlassen hat. Ein maßgeblicher Anhaltspunkt für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist dies jedoch nicht (Abschn. 6a.1. Abs. 8 Sätze 5 und 6 UStAE).
Unentgeltliche Lieferungen i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG werden Lieferungen gegen Entgelt gleichgestellt (s.a. Art. 16 MwStSystRL). Das bedeutet, dass die von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 bis 3 UStG erfassten Entnahmen bzw. Zuwendungen steuerbare Umsätze i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG darstellen. Diese Gleichstellung gilt auch im Rahmen des § 4 UStG (s. Abschn. 3.2. Abs. 2 Satz 3 UStAE).
Bei Ausfuhrlieferungen ist die Steuerbefreiung für unentgeltliche Wertabgaben i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG in § 6 Abs. 5 UStG ausdrücklich ausgeschlossen. Nach dem BFH-Beschluss vom 5.10.1993 (V B 58/93, BFH/NV 1994, 590, LEXinform 0119160 unter II.2.b) beruhte dies auf der Erwägung, dass eine sich an den Eigenverbrauch durch Gegenstandsentnahme (jetzt gleichgestellte Lieferung) ggf. anschließende Lieferung nicht – wie von § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG vorausgesetzt – »im Rahmen des Unternehmens« i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, sondern im nichtunternehmerischen Bereich erfolgte (BT-Drs. 14/443, 38; s. BFH vom 19.2.2014, XI R 9/13, BStBl II 2014, 597, Rz. 26).
Im Gegensatz dazu nimmt § 6a UStG die unentgeltlichen Wertabgaben i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG nicht ausdrücklich von seinem Anwendungsbereich aus.
Voraussetzung für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist u.a., dass der Unternehmer (nach Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL der Verkäufer) oder der Abnehmer (nach Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL der Erwerber) den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (§ 6a Abs. 1Satz 1 Nr. 1 UStG; Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL).
Hinweis:
Mit Urteil vom 19.2.2014 (XI R 9/13, BStBl II 2014, 597) hat der BFH entschieden, dass die Entnahme eines Pkw aus dem Unternehmen in den nichtunternehmerischen (privaten) Bereich mit anschließender Beförderung (Ausfuhr) in ein Drittland keine steuerfreie Ausfuhrlieferung darstellt.
In Rz. 40 seiner Entscheidung XI R 9/13 begründet der BFH seine Entscheidung u.a. damit, dass bei einer Entnahme (hier: i.S.d. Art. 16 der MwStSystRL) kein Verkauf stattfindet und daher auch kein Verkäufer existiert, durch den oder auf dessen Rechnung der Gegenstand versandt oder befördert worden sein könnte. Eine Anwendung des Art. 146 Abs. 1 Buchst. a der MwStSystRL (Steuerbefreiung von Ausfuhrlieferungen) auf Entnahmen für den privaten Bedarf des Stpfl. scheidet deshalb aus.
Ein Stpfl., der beim Kauf eines seinem Unternehmen zugeordneten Gegenstands die Mehrwertsteuer abziehen konnte, soll der Zahlung der Mehrwertsteuer nicht entgehen, wenn er diesen Gegenstand dem Vermögen seines Unternehmens für seinen privaten Bedarf (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG) oder den seines Personals (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UStG) entnimmt, und daher gegenüber dem Endverbraucher, der den Gegenstand unter Zahlung von Mehrwertsteuer erwirbt, ungerechtfertigte Vorteile genießt.
Wenn somit – nach der Argumentation des BFH – bei einer Entnahme in den privaten Bereich oder für das Personal kein Verkauf stattfindet und somit kein Verkäufer existiert, kann auch kein Abnehmer existieren, der in diesen Fällen den Gegenstand befördern oder versenden kann.
M.E. können die Grundsätze der BFH-Entscheidung XI R 9/13 auch auf die Tatbestände des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG übertragen werden. Das bedeutet, dass in den Fällen des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und 2 UStG, in denen der Unternehmer Gegenstände für seinen privaten Bedarf bzw. für sein Personal aus seinem Unternehmen entnimmt, eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht vorliegen kann, da in diesen Fällen kein Verkauf stattfindet und der Gegenstand der Entnahme nicht »im Rahmen des Unternehmens«, sondern nur im nichtunternehmerischen Bereich befördert oder versendet werden kann.
Das FG München hat mit Urteil vom 1.12.2010 (3 K 1286/07, LEXinform 5011451) entschieden, dass die Entnahme eines Gegenstandes einer unbewegten Lieferung gleichzustellen ist. Da somit ein Befördern oder Versenden eines Gegenstandes ausgeschlossen ist, kann keine innergemeinschaftliche Lieferung bzw. auch keine Ausfuhrlieferung vorliegen.
Hinweis:
In seinem Urteil 3 K 1286/07 gelangt das FG München zu dem Ergebnis, dass die bisherige Ortsregelung des § 3f UStG a.F. keine Grundlage im Gemeinschaftsrecht hat, das von der Gleichstellung der Entnahme mit einer Lieferung gegen Entgelt ausgeht und deshalb für die Entnahme keine vom Ort der Lieferung abweichende Bestimmung vorsieht. Für bewegte Lieferungen bestimmt sich der Ort nach Art. 32 MwStSystRL, für unbewegte Lieferungen nach Art. 31 MwStSystRL. Nach Ansicht des FG München ist auf Entnahmen hinsichtlich ihres Ortes nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts die Regelung für unbewegte Lieferungen entsprechend anzuwenden.
Im Gegensatz zu § 3 Abs. 1 UStG ist für die Entnahme nicht kennzeichnend, dass an einem Gegenstand Verfügungsmacht verschafft wird, denn bei der Entnahme hat der Unternehmer bereits die Verfügungsmacht über den Gegenstand, und es geht im Ergebnis nur darum, den Vorsteuerabzug für diesen Gegenstand zumindest teilweise mit Ex-nunc-Wirkung rückgängig zu machen. Kennzeichnend für die Entnahme ist, dass der Unternehmer in Bezug auf den Gegenstand eine Zweckänderung (Umwidmung) vornimmt von unternehmerischen zu nichtunternehmerischen Zwecken. Diese Umwidmung kann sich bei der Verwendung des Gegenstands zeigen (der Gegenstand soll auf Dauer nur noch zu Zwecken einer unselbstständigen oder privaten Tätigkeit verwendet werden); sie kann aber auch in der »unentgeltlichen Zuwendung« des Gegenstands gem. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 und 3 UStG bestehen (der Gegenstand wird verschenkt, was ein Unternehmer i.d.R. nicht tut). Die Entnahme als solche erfolgt stets ohne Fortbewegung des Gegenstands. Eine »bewegte Entnahme« gibt es nach Ansicht des FG München nicht. Dieses Ergebnis gilt im Übrigen – nach Auffassung des FG München – auch für unentgeltliche Zuwendungen gem. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG, auf die eine Beförderung (bzw. Versendung) des Gegenstands folgt.
Auch »bewegte unentgeltliche Zuwendungen« gibt es nach Ansicht des FG München nicht. Bei den unentgeltlichen Zuwendungen i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG wird nämlich die Zweckänderung von unternehmerischen zu nichtunternehmerischen Zwecken im Hinblick auf den Gegenstand der Zuwendung ebenfalls nicht durch die Beförderung (bzw. Versendung) verwirklicht, sondern durch die Unentgeltlichkeit der Wertabgabe.
Wichtig:
In Rz. 33 und 34 seiner Entscheidung vom 19.2.2014 (XI R 9/13, BStBl II 2014, 597, s.o.) nimmt der BFH auch Stellung zu der Entscheidung des FG München 1.12.2010 (3 K 1286/07, EFG 2011, 1022). Er konstatiert, dass es in dem Urteilsfall XI R 9/13 keiner Entscheidung dahingehend bedarf, ob – wie es das FG München entschieden hat – eine Entnahme generell unionsrechtlich als unbewegte Lieferung i.S.d. Art. 31 MwStSystRL anzusehen ist.
Wie das FG München kommt der BFH aber zu dem Ergebnis, dass im Streitfall XI R 9/13 nach Art. 31 MwStSystRL der Ort der Lieferung im Inland liegt, weil der Kläger dort den Gegenstand (Pkw) aus seinem Unternehmen entnommen und damit die der Lieferung gleichgestellte – und von der späteren Beförderung (Ausfuhr) in die Schweiz zu trennende – Entnahme vorgenommen hat. Indirekt bestätigt der BFH somit die Rechtsauffassung des FG München.
Die Rechtsauffassung des FG München findet weiterhin Bestätigung dadurch, dass durch Art. 11 Nr. 5 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) § 3f UStG mit Wirkung vom 18.12.2019 aufgehoben wurde.
Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/13436, 138) ist im Unionsrecht eine entsprechende Spezialregelung nicht vorgesehen. Für unentgeltliche Leistungen gelten nach der Fiktion der Art. 16 bzw. Art. 26 MwStSystRL die allgemeinen Ortsbestimmungsregelungen der Art. 31 bzw. Art. 43 MwStSystRL. Diese Systematik soll auch im nationalen Recht nachvollzogen werden. Eine Änderung der Regelung zur Ortsbestimmung ist mit der Aufhebung des § 3f UStG i.d.R. nicht verbunden.
Praktische Änderungen können sich aber z.B. ergeben, wenn ein inländischer Unternehmer einen Gegenstand im Ausland entnimmt, ohne dass dort eine Betriebsstätte des Unternehmens liegt. Nach der bisherigen Ortsvorschrift des § 3f UStG wurden Lieferungen i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Die Entnahme im Ausland war danach steuerbar. Nach Wegfall des § 3f UStG bestimmt sich der Ort der Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG (Art. 31 MwStSystRL). Die Lieferung wird dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand im Zeitpunkt der Entnahme befindet. Wenn die Entnahme im Ausland getätigt wird, ist die fiktive Lieferung im Inland nicht steuerbar.
Im Rahmen eines Reihengeschäfts, bei dem die Warenbewegung im Inland beginnt und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates endet, kann mit der Beförderung oder Versendung des Liefergegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet nur eine innergemeinschaftliche Lieferung i.S.d. § 6a UStG bewirkt werden.
Siehe die ausführlichen Erläuterungen und Beispiele unter → Reihengeschäft zum Gliederungspunkt »Innergemeinschaftliches Reihengeschäft«.
Hinweis:
Mit Urteil vom 28.5.2013 (XI R 11/09, BStBl II 2023, 537 – Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 27.9.2012, C-587/10) hat der BFH entschieden, dass eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung – unter weiteren Voraussetzungen – auch vorliegen kann, wenn ein im Inland ansässiger Unternehmer Gegenstände an einen Unternehmer in einem Drittland ohne USt-IdNr. veräußert und wenn dieser die Gegenstände an einen Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat weiterveräußert, im Inland abholen und unmittelbar an den Letzterwerber versenden lässt (s.u. den Gliederungspunkt 8.6 »Buchnachweis« und dort unter »Allgemeines«).
Beispiel 4:
Der Unternehmer B1 in Belgien bestellt bei einem ebenfalls in Belgien ansässigen Großhändler B2 eine dort nicht vorrätige Ware. B2 gibt die Bestellung an den Großhändler F in Frankfurt weiter. F bestellt die Ware beim Hersteller K in Köln. Alle Beteiligten treten unter der USt-IdNr. ihres Landes auf. B2 und B1 rechnen mit belgischer Mehrwertsteuer ab.
K befördert die Ware von Köln mit eigenem Lkw unmittelbar nach Belgien und übergibt sie dort B1.
Lösung 4:
S.a. die Beispiele 1 bis 5 unter Abschn. 3.14. Abs. 13 UStAE.
Die erste Lieferung K an F ist die Beförderungslieferung. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist seiner Lieferung die Beförderung oder Versendung zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 2 UStG). Der Ort der bewegten Lieferung liegt nach § 3 Abs. 6 Satz 1 und 2 UStG in Köln (Beginn der Beförderung). Die Lieferung des K ist im Inland steuerbar und stpfl., da F ebenfalls mit deutscher USt-IdNr. auftritt. Eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung liegt nur vor, wenn der Abnehmer (F) ein von einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der USt erfasster Unternehmer ist. Da F mit seiner deutschen USt-IdNr. Auftritt, ist die Voraussetzung des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a UStG nicht erfüllt.
Der Erwerb der Ware unterliegt bei F der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Belgien, weil die Warenbewegung dort endet (§ 3d Satz 1 UStG). Solange F eine Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Belgien nicht nachweisen kann, hat er einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Deutschland zu besteuern (§ 3d Satz 2 UStG). Beginnt die Warenbewegung im Inland und endet sie in einem anderen Mitgliedstaat, ist von den beteiligten Unternehmern nur derjenige Erwerber i.S.d. § 1a UStG, an den die Beförderungs- oder Versendungslieferung ausgeführt wird (Abschn. 3.14. Abs. 13 Satz 3 UStAE).
Die zweite Lieferung F an B2 und die dritte Lieferung B2 an B1 sind ruhende Lieferungen. Für diese Lieferungen liegt der Lieferort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG jeweils in Belgien (Ende der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung folgen. Beide Lieferungen sind nach belgischem Recht zu beurteilen. F muss sich in Belgien umsatzsteuerlich registrieren lassen.
Würde F mit einer belgischen USt-IdNr. auftreten, wäre die Lieferung des K an F als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn K die Voraussetzungen hierfür nachweisen könnte (§ 6a Abs. 3 UStG).
Gem. § 3 Abs. 3 UStG liegt beim Kommissionsgeschäft zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär und gleichzeitig zwischen dem Kommissionär und dem Abnehmer (→ Kommissionsgeschäfte mit Gegenständen) eine Lieferung vor (Abschn. 3.1. Abs. 3 Satz 7 UStAE). Befördert im Falle eines Kommissionsgeschäftes der Kommittent das Kommissionsgut mit eigenem Fahrzeug an den im Ausland ansässigen Kommissionär, liegt eine Lieferung im Inland nach § 3 Abs. 6 UStG nicht vor, weil die – anschließende – Übergabe des Kommissionsgutes an den Verkaufskommissionär keine Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG ist (Abschn. 3.12. Abs. 2 Satz 4 UStAE). Zur Ausnahmeregelung bei innergemeinschaftlichen Kommissionsgeschäften vgl. Abschn. 1a.2. Abs. 7 UStAE (Abschn. 3.12. Abs. 2 Satz 5 UStAE → Innergemeinschaftlicher Erwerb).
Gelangt das Kommissionsgut bei der Zurverfügungstellung an den Kommissionär im Wege des innergemeinschaftlichen Verbringens vom Ausgangs- in den Bestimmungsmitgliedstaat, kann die Lieferung jedoch nach dem Sinn und Zweck der Regelung bereits zu diesem Zeitpunkt als erbracht angesehen werden (Abschn. 3.1. Abs. 3 Satz 8 UStAE, vgl. Abschn. 1a.2. Abs. 7 UStAE). Dementsprechend ist der innergemeinschaftliche Erwerb beim Kommissionär der Besteuerung zu unterwerfen (Abschn. 1a.2. Abs. 7 UStAE). Dies führt dazu, dass der Kommittent bereits zu diesem Zeitpunkt im Ausgangsmitgliedstaat eine innergemeinschaftliche Lieferung – und zwar gem. § 6a Abs. 1 UStG an den Kommissionär – bewirkt. Der Kommissionär bewirkt seinerseits zu diesem Zeitpunkt im Bestimmungsmitgliedstaat einen innergemeinschaftlichen Erwerb.
Beispiel 5:
Kommittent U1 mit Sitz in Lyon beauftragt den Kommissionär U2 in Frankfurt, für ihn Handelsware im eigenen Namen für seine Rechnung zu verkaufen. U1 lässt am 11.1.02 Ware von Lyon nach Frankfurt auf das Kommissionslager des U2 transportieren. U2 kann die Ware am 6.4.02 an den Abnehmer A in Esslingen verkaufen. Die Ware wird am 6.4.02 dem A in Frankfurt übergeben.
Lösung 5:
Mit dem Verbringen der Ware von U1 auf das Kommissionslager des U2 am 11.1.02 tätigt dieser – abweichend von den normalen Grundsätzen – bereits eine Lieferung an den Kommissionär. Lieferort dieser Lieferung ist gem. § 3 Abs. 6 UStG Frankreich. Da die Ware nach Deutschland gelangt, handelt es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung, die beim Kommittenten im Ursprungsland steuerfrei ist. Eine Erfassung des Kommittenten in Deutschland ist somit nicht erforderlich. Folgt man dieser Verwaltungsregelung (Abschn. 3.1. Abs. 3 Satz 8 i.V.m. Abschn. 1a.2. Abs. 7 UStAE), liegt beim Kommissionär U2 am 11.1.02 ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor, bei dem er Erwerbsumsatzsteuer anzumelden hat. Sofern die sonstigen Voraussetzungen des § 15 UStG vorliegen, kann er diese Erwerbsumsatzsteuer im gleichen Voranmeldungszeitraum wiederum als Vorsteuer geltend machen. Ein innergemeinschaftliches Verbringen von U1 an sich selbst und eine Erfassung des französischen Kommittenten in Deutschland ist nicht erforderlich. Der Kommissionär U2 tätigt seinerseits in Deutschland erst dann eine steuerbare und steuerpflichtige Lieferung, wenn er seinem Abnehmer die Verfügungsmacht verschafft. Dies ist am 6.4.02 der Fall.
Zur innergemeinschaftlichen Verkaufskommission nimmt die Vfg. der OFD Frankfurt vom 4.4.2014 (S 7103 a A – 8 – St 110, UR 2014, 786, LEXinform 5235012) wie folgt Stellung:
Bei Anwendung der o.g. Regelung bestimmt sich die Bemessungsgrundlage sowohl für die innergemeinschaftliche Lieferung des Kommittenten als auch für den innergemeinschaftlichen Erwerb des Kommissionärs gem. § 10 Abs. 1 UStG nach dem Entgelt. Dies ist der vom Kommissionär beim Verkauf an den Abnehmer erzielte Preis abzgl. seiner Kommissionsvergütung sowie der USt. Die Abrechnungslast liegt grundsätzlich beim Kommissionär, da nur er über die Abrechnungsdaten (Verkaufspreis an den Abnehmer) verfügt. Die endgültige Rechnungslegung wird daher regelmäßig durch den Kommissionär nach dem Verkauf des Kommissionsgutes mittels Gutschrift erfolgen.
In diesem Zusammenhang hat sich die Frage ergeben, wie der innergemeinschaftliche Erwerb beim Kommissionär für Zwecke der Umsatzbesteuerung zu bemessen ist, wenn die Veräußerung des Kommissionsgutes nicht spätestens bis zum Ablauf des dem Erwerb folgenden Monats erfolgt. Denn gem. § 18 i.V.m. § 16 und § 13 Abs. 1 Nr. 6 UStG hat der Kommissionär den innergemeinschaftlichen Erwerb und die hierauf entfallende USt mit Ablauf des Kalendermonats anzumelden, in welchem die Rechnung für die dem innergemeinschaftlichen Erwerb zugrundeliegende Lieferung ausgestellt wurde, spätestens jedoch mit Ablauf des dem Erwerb folgenden Monats. Im Beispielsfall 4 hat U 2 den innergemeinschaftlichen Erwerb spätestens am 10.3.02 anzumelden.
Grundsätzlich muss der Kommissionär (hier U 2) für diesen Fall das Entgelt als maßgebliche Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb zunächst schätzungsweise entsprechend dem erwarteten Veräußerungserlös ermitteln und anmelden; soweit sich Abweichungen aufgrund der späteren tatsächlichen Abrechnungen ergeben, sind die betreffenden USt-Voranmeldungen zu berichtigen.
Aus Vereinfachungsgründen kann jedoch auf eine Korrektur der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlagen und die Abgabe berichtigter USt-Voranmeldungen durch den Kommissionär verzichtet werden, wenn er in Bezug auf die Kommissionsgeschäfte zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist.
§ 6b Abs. 1 UStG regelt, unter welchen Voraussetzungen von der Konsignationslagerregelung auszugehen ist und beruht auf Art. 17a Abs. 2 MwStSystRL. Ausgangspunkt der Konsignationslagerregelung ist, dass ein Gegenstand aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat transportiert wird (grenzüberschreitendes innergemeinschaftliches Verbringen) mit dem Zweck, dass der Gegenstand erst im Ankunftsmitgliedstaat (nach seinem Transport dorthin) verkauft wird. § 6b Abs. 1 UStG führt in seinen Nummern 1 bis 4 abschließend und kumulativ die Voraussetzungen auf, die zur Anwendbarkeit der Konsignationslagerregelung führen (→ Konsignationslager: Besonderheiten bei der Umsatzsteuer).
Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen kommt nicht in Betracht, wenn für die Lieferung eines Gegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet auch die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 17, 19 oder 28 oder nach § 25c Abs. 1 und 2 UStG vorliegen (Abschn. 6a.1. Abs. 2a sowie Abschn. 15.13. Abs. 5 UStAE; s.u. den Gliederungspunkt 12 »Vorsteuerabzug«).
Die Person/Einrichtung, die eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung bewirken kann, muss ein Unternehmer sein, der seine Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes besteuert (sog. Regelversteuerer). Auf Umsätze
von Kleinunternehmern, die nicht nach § 19 Abs. 2 UStG zur Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG optiert haben,
im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, auf die die Durchschnittssätze nach § 24 UStG angewendet werden und
die der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterliegen,
findet die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG keine Anwendung (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 4, § 24 Abs. 1 Satz 2, § 25a Abs. 5 Satz 2 und § 25a Abs. 7 Nr. 3 UStG; Abschn. 6a.1. Abs. 3 UStAE).
Empfänger einer innergemeinschaftlichen Lieferung können nur folgende Personen sein (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis c UStG; Abschn. 6a.1. Abs. 9 UStAE):
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber (→ Innergemeinschaftliche Fahrzeuglieferungen bzw. -erwerbe).
Der Abnehmer i.S.d. § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG muss der Empfänger der Lieferung bzw. der Abnehmer des Gegenstands der Lieferung sein. Das ist regelmäßig diejenige Person/Einrichtung, der der Anspruch auf die Lieferung zusteht und gegen die sich der zivilrechtliche Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises richtet (Abschn. 6a.1. Abs. 10 UStAE).
Der Person des Abnehmers und seiner Identität kommt für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung entscheidende Bedeutung zu, da innergemeinschaftliche Lieferung und innergemeinschaftlicher Erwerb »ein und derselbe wirtschaftliche Vorgang« und dabei Teil eines »innergemeinschaftlichen Umsatzes« sind (BFH Urteil vom 14.12.2011, XI R 18/10, BFH/NV 2012, 1006, LEXinform 0928012), der bezweckt, die Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt. Diese Verlagerung erfolgt auf denjenigen, der den innergemeinschaftlichen Erwerb bewirkt, und damit auf den Abnehmer der Lieferung als sog. Erwerber. Somit setzt die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung voraus, dass aufgrund der zutreffenden Angaben des leistenden Unternehmers die Person des Abnehmers (Erwerbers) dieser Lieferung bekannt ist, da sonst das Ziel, Steuereinnahmen dadurch auf den Bestimmungsmitgliedstaat zu verlagern, dass der Erwerber der innergemeinschaftlichen Lieferung in diesem Mitgliedstaat Steuerschuldner ist, nicht erreicht werden kann (BFH Urteil vom 17.2.2011 V R 28/10, BFH/NV 2011, 1448, LEXinform 0927857).
Abnehmer (Leistungsempfänger) bei Lieferungen i.S.v. § 3 Abs. 1 UStG und damit Erwerber bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ist derjenige, dem der liefernde Unternehmer die Verfügungsmacht über den Gegenstand verschafft. Maßgeblich ist, wer nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist (BFH Urteile vom 23.9.2009, XI R 14/08, BStBl II 2010, 243; vom 18.2.2009, V R 82/07, BStBl II 2009, 876 und vom 24.8.2006, V R 16/05, BStBl II 2007, 340). Abnehmer (Erwerber) ist somit derjenige, der nach dem der Lieferung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis die Verfügungsmacht erhalten soll. Ob diese Person auch auf eigene Rechnung tätig ist, spielt keine Rolle. Handelt z.B. ein Strohmann oder Treuhänder im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, ist daher er, nicht aber sein Auftraggeber Abnehmer.
Der Unternehmer (Stpfl.) hat die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV (BFH Urteil vom 12.5.2009, V R 65/06, BStBl II 2010, 511) nachzuweisen. Hierzu gehören auch (zutreffende) Angaben zur Person des Erwerbers (Abnehmers) wie Name, Anschrift und USt-IdNr. (§ 17d Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 oder § 17b Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a UStDV i.d.F. des JStG 2019, BGBl I 2019, 2451, s.o. unter dem Gliederungspunkt 2 »Allgemeiner Überblick« sowie unten den Gliederungspunkt 8 »Nachweis der Voraussetzungen der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung«).
Hinweis:
Mit Urteil vom 4.5.2021 (1 K 195/14, LEXinform 5024264) hat das Hessische FG zu den Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung bezüglich eines feststehenden Abnehmers entschieden, dass es bei einem zwischen den Vertragsparteien abgeschlossenen Dauerlieferungsvertrag, der Festlegungen über die Menge und die Qualität der Ware zu einem bestimmten Preis enthält und bei dem die Lieferbedingungen Vereinbarungen über die Gefahrtragung bzw. den Lieferort vorsehen, der Abnehmer regelmäßig bereits bei Beginn der jeweiligen Versendung feststeht.
Soweit darüber hinaus einzelne Lieferabrufe erfolgen, ändert dies grundsätzlich nichts an dem Vorliegen einer rechtlich bindenden Bestellung. Werden Einzelbestellungen über einen mit dem Vertrieb beauftragten Agenten abgewickelt, der keine Abschlussvollmacht hat, steht der Abnehmer regelmäßig erst nach Bestätigung durch den beauftragten Unternehmer fest.
Ein → Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erwirbt, ist ein Abnehmer i.S.d. § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG. Auch eine juristische Person, die einen Gegenstand als Unternehmer für ihr Unternehmen erwirbt, ist ein Abnehmer i.S.d. § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG. Zu dem Unternehmerkreis gehören auch Kleinunternehmer, pauschalierende Land- und Forstwirte und Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie Umsätze tätigen (Abschn. 6a.1. Abs. 11 UStAE).
Ein Gegenstand ist für das Unternehmen erworben, wenn er in die unternehmerische Sphäre des Unternehmers eingeht (s. Abschn. 15.2b. UStAE; → Unternehmensvermögen).
Der Unternehmer muss die Identität des Abnehmers einer angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung z.B. durch Kaufverträge und Vollmachten nachweisen (s.a. § 17d Abs. 1 und 2 UStDV zum buchmäßigen Nachweis; Abschn. 6a.7. Abs. 1 UStAE). Die Aufzeichnung der USt-IdNr. reicht für den Nachweis nicht aus, weil sich aus ihr nicht ergibt, wer der Leistungsempfänger ist. Die Beteiligten eines Leistungsaustausches – und somit auch der Abnehmer – ergeben sich regelmäßig aus den zivilrechtlichen Vereinbarungen. Der Unternehmer muss daher die Identität des Abnehmers z.B. durch Vorlage des Kaufvertrages nachweisen. Handelt jemand im fremden Namen, kommt es darauf an, ob er hierzu Vertretungsmacht hat. Handelt ein Dritter im Namen des Abnehmers, muss der Unternehmer auch die Vollmacht des Vertreters nachweisen, weil beim Handeln im fremden Namen die Wirksamkeit der Vertretung davon abhängt, ob der Vertreter Vertretungsmacht hat (BFH Urteil vom 8.11.2007, V R 26/05, BStBl II 2009, 49; Abschn. 6a.7. Abs. 1 UStAE).
Von der Unternehmereigenschaft des Abnehmers kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn dieser gegenüber dem liefernden Unternehmer mit einer ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilten, im Zeitpunkt der Lieferung gültigen USt-IdNr. auftritt. Nicht ausreichend ist es, wenn die USt-IdNr. im Zeitpunkt des Umsatzes vom Abnehmer lediglich beantragt wurde. Die USt-IdNr. muss vielmehr im Zeitpunkt des Umsatzes gültig sein (Abschn. 6a.1. Abs. 12 UStAE).
Zur Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit sog. steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen hat der BGH mit Urteil vom 20.11.2008 (1 StR 354/08, LEXinform 5211113) wie folgt entschieden: Die Lieferung von Gegenständen an einen Abnehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet stellt keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung i.S.d. § 6a UStG dar, wenn der inländische Unternehmer in kollusivem Zusammenwirken (geheimes, betrügerisches Einverständnis) mit dem tatsächlichen Abnehmer die Lieferung an einen Zwischenhändler vortäuscht, um dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen. Wird eine solche Lieferung durch den inländischen Unternehmer gleichwohl als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erklärt, macht der Unternehmer gegenüber den Finanzbehörden unrichtige Angaben i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO und verkürzt dadurch die auf die Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG anfallende und von ihm geschuldete USt. Die gegen den BGH-Beschluss vom 20.11.2008 eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG mit Beschluss vom 16.6.2011 (2 BvR 542/09, UR 2009, 898, LEXinform 0179925) nicht zur Entscheidung angenommen. Das Urteil des BGH ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Ein Unternehmer ist dann Abnehmer i.S.d. § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG, wenn er den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat. Ausschließlich unternehmerisch nutzbare Gegenstände sind dabei stets für das Unternehmen erworben. Ausschließlich nichtunternehmerisch nutzbare Gegenstände können nicht für das Unternehmen angeschafft werden. Gemischtgenutzte, einheitliche Gegenstände sind nach der Entscheidung des Unternehmers (Wahlrecht) entweder
insgesamt Unternehmensvermögen,
insgesamt nicht dem Unternehmen zuzuordnen oder
nur zum Teil dem Unternehmen zuzuordnen (Abschn. 15.2c. Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b UStAE; → Unternehmensvermögen).
Bei der Lieferung vertretbarer Sachen sind die Gegenstände entsprechend des Verwendungszwecks in einen unternehmerischen und einen nichtunternehmerischen Teil aufzuteilen (Abschn. 15.2c. Abs. 2 Nr. 1 UStAE).
Durch die Angabe seiner USt-IdNr. gibt der Erwerber zu erkennen, dass er den Liefergegenstand als Unternehmer für sein Unternehmen erwerben will (Abschn. 6a.1. Abs. 13 UStAE). Der Lieferer darf auch keine Zweifel an der Richtigkeit dieses Beweisanzeichens haben. Der Lieferer kann sich z.B. nach § 18e UStG die USt-IdNr. des Abnehmers vom BZSt auf Anfrage bestätigen lassen. Nicht ausreichend ist es, wenn die USt-IdNr. im Zeitpunkt des Umsatzes vom Abnehmer lediglich beantragt wurde. Die USt-IdNr. muss vielmehr im Zeitpunkt des Umsatzes von der zuständigen Behörde zugeteilt worden sein (Abschn. 6a.1. Abs. 12, 6a.7. Abs. 1 und 2 UStAE). Weiterhin muss der Gegenstand der Lieferung auch für das Unternehmen des Abnehmers objektiv nützlich sein können. Aus der Art und der Menge der vom Abnehmer erworbenen Gegenstände dürfen sich keine Zweifel an dem Erwerb für das Unternehmen ergeben. Der Lieferer darf sich nicht allein auf eine beim Kauf verwendete USt-IdNr. des Erwerbers verlassen, wenn die Umstände der Lieferung gegen eine Zuordnung des Gegenstandes für das Unternehmen des Erwerbers sprechen, z.B. Kauf eines Schlafzimmers durch einen Steuerberater.
Verzichtet der Abnehmer auf die Angabe seiner USt-IdNr., bringt er zum Ausdruck, dass er den Gegenstand nicht für sein Unternehmen erwerben will.
Lediglich hinsichtlich der Gegenstände, die für das Unternehmen des Abnehmers erworben worden sind, kann es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung handeln. Eine Ausnahme besteht beim Erwerb neuer Fahrzeuge nach § 1b UStG (→ Innergemeinschaftliche Fahrzeuglieferungen bzw. -erwerbe). Der Erwerber kann auch nur insoweit innergemeinschaftlich erwerben. Der innergemeinschaftliche Erwerber (Empfänger der Leistung) muss dem Lieferer neben seiner USt-IdNr. auch mitteilen, welche Gegenstände für das Unternehmen erworben werden, da der Lieferer nur hinsichtlich dieser Gegenstände eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ausführen kann. Soll ein einheitlicher Gegenstand nur zum Teil unternehmerisch genutzt werden, so ist dem Lieferer der unternehmerisch genutzte Anteil mitzuteilen. Der Lieferer muss somit mit zwei Rechnungen abrechnen. Nur für die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ist der Lieferer zur Ausstellung einer → Rechnung nach § 14a UStG verpflichtet, in der er auf die Steuerfreiheit der Lieferung hinweist. In dieser Rechnung hat der Lieferer nach § 14a Abs. 2 UStG u.a. die USt-IdNr. des Empfängers anzugeben.
Beachte:
Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG i.d.F. des JStG 2019 (BGBl I 2019, 2451) liegt eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung u.a. nur dann vor, wenn der Abnehmer i.S.d. Nr. 2 Buchst. a oder b gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige USt-IdNr. verwendet hat (Art. 138 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL). Zum Begriff der »Verwendung« s. Abschn. 3a.2. Abs. 10 Sätze 2 bis 10 UStAE. Die nachträgliche Verwendung einer im Zeitpunkt der Lieferung gültigen USt-IdNr. durch den Abnehmer entfaltet für Zwecke der Steuerbefreiung Rückwirkung (Abschn. 6a.1. Abs. 19 Satz 3 UStAE; EU-Kommission vom 12.6.2020, taxud.c.1(2020)6875829 – 995; SIS 20 16 81). Die (ausländische) USt-IdNr. muss nicht durch den Mitgliedstaat erteilt worden sein, in dem die Beförderung oder Versendung endet (Abschn. 6a.1. Abs. 19 UStAE).
Eine juristische Person erfüllt unter folgenden Voraussetzungen die Abnehmereigenschaft des § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG (Abschn. 6a.1. Abs. 14 UStAE):
Abb.: Juristische Personen als Abnehmer im Rahmen der innergemeinschaftlichen Lieferung
Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG nur dann steuerfrei, wenn der Abnehmer in dem anderen Mitgliedstaat bezüglich des Erwerbs des Gegenstands der Lieferung der Erwerbsbesteuerung unterliegt. Ist die juristische Person als Abnehmerin keine Unternehmerin, dann unterliegt der Erwerb nur dann der Erwerbsbesteuerung, wenn die innergemeinschaftlichen Erwerbe des Schwellenerwerbers i.S.d. § 1a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. d UStG entweder die Erwerbsschwelle seines Mitgliedstaates (→ Innergemeinschaftlicher Erwerb) übersteigen (§ 1a Abs. 3 Nr. 2 UStG) oder der Erwerber auf die Anwendung dieser Erwerbsschwelle verzichtet hat (§ 1a Abs. 4 UStG).
Für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung ist zu prüfen, ob der Abnehmer bezüglich des Erwerbs des Gegenstands der Lieferung in dem anderen Mitgliedstaat der Erwerbsbesteuerung unterliegt. Hat die juristische Person den Gegenstand der Lieferung für ihr Unternehmen erworben, so ist sie Abnehmerin nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG und Erwerberin nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG.
Ein → Verein als juristische Person des privaten Rechts ist mit seinem ideellen Bereich nicht unternehmerisch tätig. Mit seiner Vermögensverwaltung, dem Zweckbetrieb und dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist der Verein insgesamt Unternehmer. Erwirbt der Verein einen Gegenstand, so ist der Verein als Abnehmer ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung sowohl dem Unternehmen als auch dem nichtunternehmerischen (ideellen) Bereich zuordnen kann. Ist der Gegenstand der Lieferung z.B. für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bestimmt, ist der Verein ein Abnehmer nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG und Erwerber nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG. Tätigt der Verein nicht ausschließlich steuerfreie Umsätze und ist auch kein Kleinunternehmer, so ist er kein Schwellenerwerber nach § 1a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a oder b UStG.
Hinweis:
Werden einheitliche Gegenstände auch für die nichtunternehmerische Tätigkeit in einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit i.e.S. verwendet (vgl. Abschn. 2.3. Abs. 1a Satz 4 UStAE), hat der Verein kein Wahlrecht zur vollständigen Zuordnung; es besteht grundsätzlich ein Aufteilungsgebot (Abschn. 15.2c. Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a UStAE; → Unternehmensvermögen).
Juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) sind als Unternehmer anzusehen, wenn sie selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausüben. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, welcher Art die entsprechenden Einnahmen sind. Auch Leistungen, für die als Gegenleistung Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erhoben werden, können wirtschaftliche Tätigkeiten i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG sein.
Sind juristische Personen des öffentlichen Rechts wirtschaftlich i.S.v. § 2 Abs. 1 UStG tätig, gelten sie jedoch gleichwohl nicht als Unternehmer, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen (§ 2b Abs. 1 Satz 1 UStG). Dies gilt nicht, sofern eine Behandlung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Nichtunternehmer im Hinblick auf diese Tätigkeiten zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (§ 2b Abs. 1 Satz 2 UStG; BMF vom 16.12.2016, BStBl I 2016, 1451, Rz. 4 und 5).
Innergemeinschaftliche Lieferungen von Gegenständen, die für das Unternehmen bestimmt sind, sind i.d.R. auch der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen, da die Körperschaft des öffentlichen Rechts bezüglich dieser Erwerbe kein Schwellenerwerber ist.
Sind die Erwerbe nicht für den unternehmerischen Bereich der juristischen Person bestimmt, so ist der Abnehmer i.S.d. § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG auch ein Schwellenerwerber i.S.d. § 1a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. d UStG (s.a. Abschn. 1a.1. Abs. 2 Satz 2 Buchst. d UStAE).
Die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung hängt nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG davon ab, dass der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat der Umsatzbesteuerung unterliegt (→ Innergemeinschaftlicher Erwerb). Dafür reicht es aus, dass der Erwerb des Gegenstandes in dem anderen Mitgliedstaat steuerbar ist. Davon kann der liefernde Unternehmer ausgehen, wenn der Abnehmer unter Angabe seiner ausländischen USt-IdNr. Gegenstände erwirbt (Abschn. 6a.1. Abs. 18 UStAE).
Beachte:
Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG i.d.F. des JStG 2019 (BGBl I 2019, 2451, s.o.) liegt ab 1.1.2020 eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung u.a. nur dann vor, wenn der Abnehmer i.S.d. Nr. 2 Buchst. a oder b gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige USt-IdNr. verwendet (s.a. Abschn. 6a.1. Abs. 19 UStAE).
Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen kommt nicht in Betracht, wenn der Abnehmer Kleinunternehmer, Unternehmer, der ausschließlich steuerfreie den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze ausführt, Land- oder Forstwirt ist, der seine Umsätze nach einer Pauschalregelung versteuert, oder eine nicht unternehmerische juristische Personen ist und die innergemeinschaftlichen Erwerbe dieses Abnehmerkreises im Bestimmungsmitgliedstaat des gelieferten Gegenstands nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, weil im Bestimmungsmitgliedstaat die dortige Erwerbsschwelle vom Abnehmer nicht überschritten wird und er dort auch nicht zur Besteuerung seiner innergemeinschaftlichen Erwerbe optiert hat Abschn. 6a.1. Abs. 16 Satz 2 UStAE).
Nach § 1a Abs. 4 Satz 2 UStG gilt die Verwendung der USt-IdNr. gegenüber dem Lieferanten als Verzichtserklärung auf die Anwendung der Erwerbsschwelle (→ Innergemeinschaftlicher Erwerb). Der Lieferer muss diese USt-IdNr. in seiner Rechnung nach § 14a Abs. 2 UStG und in seiner Zusammenfassenden Meldung (→ Zusammenfassende Meldung) nach § 18a Abs. 4 UStG angeben. Die Verbindung der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung mit der Steuerbarkeit des innergemeinschaftlichen Erwerbs wird auch dadurch deutlich, dass der Lieferer neben seiner eigenen USt-IdNr. auch auf die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung hinweisen muss (§ 14a Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG). Für den Abnehmer im anderen EU-Mitgliedstaat signalisiert der Hinweis auf die Steuerbefreiung, dass er den Erwerb der Erwerbsbesteuerung unterwerfen muss (Prinzip der spiegelbildlichen Tatbestände).
In seinem Urteil vom 21.1.2015 (XI R 5/13, BStBl II 2015, 724) macht der BFH deutlich, dass keine strenge Konnexität (Abhängigkeit) in der Weise besteht, dass die Steuerbefreiung nur zu gewähren ist, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert wird. Vielmehr genügt hierfür die bloße Steuerbarkeit in dem anderen Mitgliedstaat. Der Umsatzbesteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat unterliegt der innergemeinschaftliche Erwerb deshalb z.B. auch dann, wenn er dort steuerfrei ist (z.B. nach Art. 140 f. und Art. 162 der MwStSystRL, § 4b UStG) oder einem sog. Nullsatz unterliegt (Abschn. 6a.1. Abs. 18 Satz 4 UStAE). Deshalb hindert eine Steuerbefreiung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsmitgliedstaat die Steuerbefreiung im Ursprungsmitgliedstaat nicht.
Beispiel 6:
Der deutsche Unternehmer D liefert eine Maschine (Ware) an den französischen Unternehmer F. F tätigt ausschließlich Exportgeschäfte nach Südamerika. F hat die Maschine für den Export erworben. F veräußert die Maschine an den Unternehmer M nach Mexiko.
Lösung 6:
F erfüllt in Frankreich die Tatbestandsmerkmale eines steuerbaren, aber steuerfreien Erwerbs nach Art. 140 Buchst. a MwStSystRL (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 1a, § 3d und § 4b Nr. 4 UStG). D tätigt nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 6 UStG eine steuerbare Lieferung, die nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG steuerfrei ist (innergemeinschaftliche Lieferung). Der Export des F an M ist nach Art. 146 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL steuerfrei (§ 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 UStG).
Beispiel 7:
Unternehmer D aus Deutschland liefert einen Gegenstand an einen Abnehmer I in Italien. D hat die Umsatzgrenze des § 3c Abs. 4 UStG i.H.v. 10 000 € nicht überschritten und auch nicht auf deren Anwendung verzichtet.
Nach dem Spiegelbildprinzip ist die innergemeinschaftliche Lieferung nur mit einem korrespondierenden innergemeinschaftlichen Erwerb steuerfrei (Abschn. 6a.1. Abs. 16 UStAE). Dagegen ist aber der innergemeinschaftliche Erwerb auch ohne steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung steuerbar (§ 3d Satz 1 UStG).
Nach dem EuGH-Urteil vom 27.9.2007 (C-409/04, UR 2007, 774, LEXinform 5210657; BFH Urteil vom 8.11.2007, V R 26/05, BFH/NV 2008, 1067, LEXinform 0586619) sind die Art. 20 und 132 MwStSystRL dahin auszulegen, dass der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands erst dann bewirkt ist und die Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung erst dann anwendbar wird, wenn das Recht, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übertragen worden ist und der Lieferant nachweist, dass der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert worden ist und aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat.
Beispiel 8:
Das in Deutschland ansässige Saatgutunternehmen D liefert am 3.3.01 Saatgut an einen in Frankreich ansässigen Landwirt F, der dort mit seinen Umsätzen der Pauschalregelung für Land- und Forstwirte unterliegt. Das Saatgut wird durch einen Spediteur im Auftrag des D vom Sitz des D zum Sitz des F nach Amiens befördert. Das Entgelt für das Saatgut beträgt 2 000 €. F hat außer dem Saatgut im Jahr 01 keine weiteren innergemeinschaftlichen Erwerbe getätigt und in Frankreich auch nicht zur Besteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe optiert. F hat gegenüber D keine französische USt-IdNr. verwendet.
Lösung 8:
S. das Beispiel 1 zu Abschn. 6a.1. Abs. 16 UStAE.
Die Lieferung des D ist nicht als innergemeinschaftliche Lieferung zu behandeln, weil F mit seinem Erwerb in Frankreich nicht der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs unterliegt, da er unter die Pauschalregelung für Land- und Forstwirte fällt, die Erwerbsschwelle nicht überschreitet und er auf deren Anwendung nicht verzichtet hat sowie F keine USt-IdNr. gegenüber D verwendet hat. Die Lieferung des D ist als inländische Lieferung steuerbar und stpfl.
Beispiel 9:
Der in Deutschland ansässige Weinhändler D, dessen Umsätze nicht der Durchschnittssatzbesteuerung (§ 24 UStG) unterliegen, liefert am 1.4.01 fünf Kisten Wein an den in Limoges (Frankreich) ansässigen Versicherungsvertreter F (nicht zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer). D befördert die Ware mit eigenem Lkw nach Limoges. Das Entgelt für die Lieferung beträgt 1 500 €. F hat gegenüber D seine französische USt-IdNr. verwendet. F hat außer dem Wein im Jahr 01 keine weiteren innergemeinschaftlichen Erwerbe getätigt.
Lösung 9:
S. das Beispiel 2 zu Abschn. 6a.1. Abs. 16 UStAE.
Für D ist die Lieferung des Weins als verbrauchsteuerpflichtige Ware eine innergemeinschaftliche Lieferung, weil der Wein aus dem Inland nach Frankreich gelangt, der Abnehmer ein Unternehmer ist und mit der Verwendung seiner USt-IdNr. zum Ausdruck bringt, dass er die Ware für sein Unternehmen erwirbt und den Erwerb in Frankreich der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs zu unterwerfen hat. Da F seine französische USt-IdNr. verwendet, kann D davon ausgehen, dass der Wein für das Unternehmen des F erworben wird. Unbeachtlich ist, ob F in Frankreich die Erwerbsschwelle überschritten hat oder nicht (vgl. analog für Deutschland § 1a Abs. 5 i.V. mit Abs. 3 UStG). Unbeachtlich ist auch, ob F in Frankreich tatsächlich einen innergemeinschaftlichen Erwerb erklärt oder nicht. Indem F gegenüber D seine USt-IdNr. verwendet hat, sind zudem die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG erfüllt.
Die Ortsregelung des § 3c Abs. 1 UStG ist bei der Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren an eine in § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG genannte Person nicht anzuwenden.
Beispiel 10:
Der deutsche Computer-Händler H verkauft dem spanischen Abnehmer S einen Computer. S lässt den Computer von seinem Beauftragten, dem in Frankreich ansässigen F abholen. F tritt im Abholungszeitpunkt mit seiner ihm in Frankreich erteilten USt-IdNr. auf, die H als Abnehmer-USt-IdNr. aufzeichnet. S verwendet gegenüber H keine USt-IdNr.
Lösung 10:
S. das Beispiel zu Abschn. 6a.1. Abs. 18 Satz 3 UStAE.
Die Voraussetzung des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil der Abnehmer S gegenüber dem liefernden Unternehmer H nicht eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilten USt-IdNr. verwendet. Die USt-IdNr. des F als Beauftragter des S kann für Zwecke des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG keine Verwendung finden.
Zur Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit steuerfreien innergemeinschaftlichen Erwerben hat der BGH mit Urteil vom 20.11.2008 (1 StR 354/08, LEXinform 5211113) entschieden, dass die Lieferung von Gegenständen an einen Abnehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung i.S.d. § 6a UStG darstellt, wenn der inländische Unternehmer in kollusivem Zusammenwirken (geheimes, betrügerisches Einverständnis) mit dem tatsächlichen Abnehmer die Lieferung an einen Zwischenhändler vortäuscht, um dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen. Wird eine solche Lieferung durch den inländischen Unternehmer gleichwohl als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erklärt, macht der Unternehmer gegenüber den Finanzbehörden unrichtige Angaben i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO und verkürzt dadurch die auf die Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG anfallende und von ihm geschuldete USt.
Die erklärten und als innergemeinschaftliche Lieferung bezeichneten Lieferungen an die vorgeblichen Zwischenhändler haben nicht stattgefunden. Hierbei handelte es sich um bloße Scheingeschäfte. Bei diesen fehlt es daher bereits an einer Lieferung i.S.v. § 6a Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 UStG. Lieferungen sind dabei Leistungen eines Unternehmers, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, in eigenem Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht, § 3 Abs. 1 UStG). Eine solche tatsächliche Verfügungsmacht wurde den Scheinabnehmern indes weder verschafft noch sollte sie – wie die Angeklagten wussten – zu irgendeiner Zeit verschafft werden. Stattdessen liegen Lieferungen an die tatsächlichen Erwerber der Fahrzeuge vor. Hierbei handelt es sich um Lieferungen i.S.v. § 1 Abs. 1 UStG und somit um steuerbare Umsätze. Deren – allein in Betracht zu ziehende – Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG scheidet aus, da die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG nicht gegeben sind.
Für die Steuerbefreiung der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat der EU ist nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG neben den weiteren Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG erforderlich, dass der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer im anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Dabei ist allerdings grundsätzlich nicht Voraussetzung, dass der Gegenstand des Erwerbs tatsächlich besteuert wird. Den inländischen Unternehmer treffen insoweit auch keine Nachweispflichten i.S.v. § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG. § 6a Abs. 1 UStG setzt aber die diesbezüglichen Vorgaben der MwStSystRL in das nationale Recht um. Bei der Auslegung der Vorschrift sind daher die Vorgaben des einschlägigen Gemeinschaftsrechts zu beachten. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht indes nicht erlaubt. Die Anwendung des Gemeinschaftsrechts kann nicht so weit gehen, dass missbräuchliche Praktiken von Wirtschaftsteilnehmern gedeckt werden. Denjenigen Umsätzen, die nicht im Rahmen normaler Handelsgeschäfte, sondern nur zu dem Zweck getätigt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen, sind diese Vorteile zu versagen (EuGH Urteil vom 21.2.2006, C-255/02, Rdnr.69, LEXinform 0175994). Das demnach im Gemeinschaftsrecht verankerte grundsätzliche Verbot missbräuchlicher Praktiken gilt dabei auch auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer. Eine missbräuchliche Praxis ist dabei dann gegeben, wenn die Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der MwStSystRL und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe und wenn anhand objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird.
Danach ist § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG gemeinschaftsrechtlich dahingehend auszulegen, dass der Erwerb des Gegenstands einer Lieferung beim Abnehmer dann nicht den Vorschriften der Umsatzbesteuerung in einem anderen Mitgliedstaat i.S.d. Vorschrift unterliegt, wenn die im Bestimmungsland vorgesehene Erwerbsbesteuerung der konkreten Lieferung nach dem übereinstimmenden Willen von Unternehmer und Abnehmer durch Verschleierungsmaßnahmen und falsche Angaben gezielt umgangen werden soll, um dem Unternehmer oder dem Abnehmer einen ungerechtfertigten Steuervorteil zu verschaffen. Anderes gilt, wenn die Verschleierungsmaßnahme anderen Zwecken dient.
Mit Beschluss vom 11.3.2009 (1 V 4305/08, LEXinform 5008123) hat das FG Baden-Württemberg zur Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen bei unrichtiger Rechnungsausstellung in einem Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung entschieden, dass dann, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist, die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten des § 6a Abs. 3 UStG zu gewähren ist. Es ist zweifelhaft, ob die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung wegen missbräuchlicher Berufung auf das Gemeinschaftsrecht versagt werden kann, weil der Lieferant zur Steigerung seines Umsatzes vorsätzlich falsche Belege ausstellt, die allein der Hinterziehung von USt durch die Abnehmer im Empfängerstaat dienen.
Mit Beschluss vom 29.7.2009 (XI B 24/09, BFH/NV 2009, 1567, LEXinform 5008745) hat der BFH die beantragte Vollziehung ausgesetzt, da es ernstlich zweifelhaft ist, ob der Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung entgegensteht, dass der inländische Unternehmer bewusst und gewollt an der Vermeidung der Erwerbsbesteuerung seines Abnehmers mitwirkt. Da es allein auf die Gefährdung des Steueraufkommens des Lieferstaates ankommt, hat das FG wegen eines fehlenden Besteuerungsrechts Deutschlands eine Gefährdung des Steueraufkommens verneint. Nach den Feststellungen des BFH ist aber bisher noch nicht geklärt, ob die Voraussetzungen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung auch dann vorliegen, wenn der Lieferer an der Vermeidung der Erwerbsbesteuerung seines Abnehmers im Gemeinschaftsgebiet mitwirkt. Nach dem Beschluss des BFH vom 29.7.2009 (XI B 24/09, LEXinform 5008745) wird somit zu klären sein, ob die Mitwirkung eines inländischen Unternehmers an einer Steuerhinterziehung, die sein ausländischer Abnehmer gegenüber dessen Mitgliedstaat begeht, es rechtfertigen kann, dass der deutsche Fiskus eine Steuer festsetzen darf, die nicht entstanden wäre, wenn der deutsche Unternehmer seinen wahren Abnehmer in seinen Büchern benannt und nicht einen Scheinabnehmer vorgetäuscht hätte. Dadurch könnte die Versagung der Steuerfreiheit möglicherweise einen unzulässigen Sanktionscharakter erhalten.
Im parallel verlaufenden Strafverfahren hat der BGH mit Beschluss vom 7.7.2009 (1 Str 41/09, DStR 2009, 1689, LEXinform 1556226) das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt, da der BGH eine andere Rechtsauffassung als das FG Baden-Württemberg und der BFH vertritt. Der BGH hat dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Ist Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL in dem Sinne auszulegen, dass einer Lieferung von Gegenständen im Sinne dieser Vorschrift die Befreiung von der Mehrwertsteuer zu versagen ist, wenn die Lieferung zwar tatsächlich ausgeführt worden ist, aber aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der stpfl. Verkäufer
wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz beteiligt, der darauf angelegt ist, Mehrwertsteuer zu hinterziehen, oder
Handlungen vorgenommen hat, die darauf abzielten, die Person des wahren Erwerbers zu verschleiern, um diesem oder einem Dritten zu ermöglichen, Mehrwertsteuer zu hinterziehen?
Mit Urteil vom 7.12.2010 (C-285/09, BStBl II 2011, 846; Wulf u.a., DB 2011, 731) hat der EuGH die Vorlagefrage des BGH wie folgt entschieden: Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, wenn also eine innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen tatsächlich stattgefunden hat, der Lieferer jedoch bei der Lieferung die Identität des wahren Erwerbers verschleiert hat, um diesem zu ermöglichen, die Mehrwertsteuer zu hinterziehen, kann der Ausgangsmitgliedstaat der innergemeinschaftlichen Lieferung aufgrund der ihm nach dem ersten Satzteil von Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL zustehenden Befugnisse die Mehrwertsteuerbefreiung für diesen Umsatz versagen. Zur Anwendung des EuGH-Urteils vom 7.12.2010 (C-285/09, BStBl II 2011, 846) s. das BMF-Schreiben vom 26.9.2011 (BStBl I 2011, 980) sowie Abschn. 6a.2. Abs. 3 Satz 7 und 8 UStAE.
Hinweis:
Die Versagung der Steuerbefreiung i.S.d. § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG ist in diesen Fällen ab 1.1.2020 in § 25f Abs. 1 Nr. 1 UStG geregelt (s.u.).
Im Anschluss an das EuGH-Urteil vom 7.12.2010 (C-285/09, BStBl II 2011, 846) hat der BFH mit Urteilen vom 11.8.2011 (V R 50/09, BStBl II 2012, 151, V R 19/10, BStBl II 2012, 156) entschieden, dass die Lieferung dann nicht nach § 6a UStG steuerfrei ist, wenn sich ein Unternehmer vorsätzlich durch Täuschung über die Identität des Abnehmers an einer Umsatzsteuerhinterziehung beteiligt, um hierdurch die nach der MwStSystRL geschuldete Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsmitgliedstaat zu vermeiden (s.a. BFH Urteil vom 14.12.2011, XI R 33/10, BFH/NV 2012, 1009, LEXinform 0928235 und BFH Urteil vom 17.2.2011, V R 30/10, BStBl II 2011, 769 sowie Pressemitteilung des BFH Nr. 51/11 vom 13.7.2011, LEXinform 0436676; s.a. OFD Magdeburg vom 19.1.2012, S 7140 – 10 – St 242, UR 2012, 697, LEXinform 5234156).
Nach Ansicht des EuGH in seinem Urteil vom 9.2.2017 (C-21/16, UR 2017, 271, LEXinform 0589554) scheitert die Steuerbefreiung für die innergemeinschaftliche Lieferung nicht an der fehlenden Registrierung für die Erwerbsbesteuerung. Art. 131 und Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL sind dahin auszulegen, dass sie die Steuerverwaltung eines Mitgliedstaats daran hindern, die Mehrwertsteuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung nur aus dem Grund zu versagen, dass der im Bestimmungsmitgliedstaat ansässige Erwerber, der eine für die Umsätze in diesem Staat gültige Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer besitzt, zum Zeitpunkt der Lieferung weder im Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem (MIAS) registriert noch von einem Besteuerungssystem für den innergemeinschaftlichen Erwerb erfasst ist, obwohl keine ernsthaften Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung bestehen und feststeht, dass die materiellen Voraussetzungen der Befreiung erfüllt sind. In diesem Fall steht Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL bei einer Auslegung im Licht des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einer solchen Versagung ebenfalls entgegen, wenn der Verkäufer von der mehrwertsteuerlichen Situation des Erwerbers Kenntnis hatte und davon überzeugt war, dass dieser zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend als innergemeinschaftlicher Marktteilnehmer registriert werden würde (s.a. Anmerkung vom 4.4.2017, LEXinform 0948609).
Nach dem BFH-Beschluss vom 2.7.2021 (XI R 40/19, LEXinform 0952691) ist die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen ausgeschlossen, wenn zwar die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung objektiv vorliegen, der Unternehmer jedoch wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit dem betreffenden Umsatz an einem anderen Umsatz der Lieferkette beteiligt, der in eine Steuerhinterziehung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einbezogen ist. In solchen Fällen kommt auch kein Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG in Betracht.
S.a. die Erläuterungen unter → Karussellgeschäfte.
Durch Art. 12 Nr. 19 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) wird mit § 25f UStG eine neue Vorschrift zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges insbes. in Form von Ketten- oder Karussellgeschäften geschaffen (s.a. Wäger, UR 2/2020, 45 sowie Grommes, UR 4/2020, 135). Die Vorschrift ist erstmals auf Voranmeldungs- und Besteuerungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31.12.2019 enden (§ 27 Abs. 30 UStG).
In Anwendung der EuGH-Rspr. wird geregelt, dass einem Unternehmer, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Leistungsbezug oder dem erbrachten Umsatz an einem Umsatz beteiligt, bei dem ein Beteiligter auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe in eine begangene Umsatzsteuerhinterziehung oder Erlangung eines nicht gerechtfertigten Vorsteuerabzugs i.S.v. § 370 AO oder einer Schädigung des Umsatzsteueraufkommens i.S.d. §§ 26b und 26c UStG einbezogen war, der Vorsteuerabzug bzw. die Steuerbefreiung für den entsprechenden Umsatz verwehrt werden kann.
Nach § 25f Abs. 1 UStG ist Folgendes zu versagen:
die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG,
der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG,
der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG sowie
der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG.
Die Regelung sieht vor, dass der den Vorsteuerabzug beziehungsweise die Steuerbefreiung begehrende Unternehmer grundsätzlich zunächst in tatsächlicher Hinsicht die Feststellungslast für das Vorliegen der Begünstigung (Vorsteuerabzug/Steuerbefreiung) trägt. Im Weiteren sind die objektiven Umstände, die für eine wissentliche Einbindung des Unternehmers sprechen, seitens der Finanzverwaltung darzulegen.
Die Regelung ist wesentlich besser zu handhaben, als die bisher in § 25d UStG bestehende Haftungsregelung, weil ein möglicher Steuerausfall dadurch vermieden werden kann, dass der Vorsteuerabzug beziehungsweise die Steuerbefreiung erst gar nicht gewährt werden und damit der Zweck der Hinterziehung – nämlich eine Auszahlung durch das FA – nicht erreicht wird (BT-Drs. 19/13436, 160 f.).
Hinweis:
Mit BMF-Schreiben vom 15.6.2022 (BStBl I 2022, 1001) wird für nach dem 31.12.2019 endende Voranmeldungs- und Besteuerungszeiträume Abschn. 25f.1. und 25f.2. UStAE neu eingefügt.
Zur Versagung der Steuerbefreiung gem. § 25f Abs. 1 UStG s. die ausführlichen Erläuterungen unter → Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft unter dem Gliederungspunkt »Versagung der Steuerbefreiung bei Beteiligung an einer Steuerhinterziehung nach § 25f UStG«.
Zur Vermeidung von Überregulierung und unter Berücksichtigung der nur geringen Praxisrelevanz der bestehenden Vorschrift wird § 25d UStG zum 1.1.2020 aufgehoben (Art. 12 Nr. 18 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451; s.a. Reiß UR 2020, 408).
Steuerfrei ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG (Art. 143 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL) u.a. die Einfuhr bei anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung (→ Einfuhrumsatzsteuer unter dem Gliederungspunkt »Steuerbefreiungen bei der Einfuhr«).
Art. 143 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL beinhaltetet zwei Befreiungen, nämlich erstens eine Befreiung von der Mehrwertsteuer, die gem. Art. 201 MwStSystRL normalerweise bei der Einfuhr geschuldet wird, und zweitens eine Befreiung aufgrund der im Anschluss an diese Einfuhr erfolgenden innergemeinschaftlichen Lieferung oder Verbringung (s.a. EuGH vom 14.2.2019, C-531/17, UR 2019, 389, LEXinform 0651582 unter → Einfuhrumsatzsteuer unter dem Gliederungspunkt »Steuerbefreiung bei der Einfuhr«).
Hinweis:
Zur steuerbefreienden innergemeinschaftlichen Anschlusslieferung s. die Information der Zollverwaltung unter www.zoll.de unter Unternehmer/Fachthemen/Steuern/Einfuhrumsatzsteuer/Innergemeinschaftliche Lieferung/Allgemeines.
Werden Drittlandswaren im Anschluss an ihre Einfuhr nach Deutschland unmittelbar zur Ausführung einer innergemeinschaftlichen Lieferung (Verfahrenscode 42) in ein anderes EU-Land verbracht, kann von der Erhebung der EUSt in Deutschland unter folgenden Voraussetzungen abgesehen werden:
Die Waren müssen
von einem Schuldner der EUSt
im Anschluss an die Einfuhr
unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen nach § 6a UStG
verwendet werden.
Dazu hat der Schuldner der EUSt zum Zeitpunkt der Einfuhr
seine im Geltungsbereich des UStG erteilte USt-IdNr. oder die im Geltungsbereich dieses Gesetzes erteilte USt-IdNr. seines Fiskalvertreters und
die im anderen Mitgliedstaat erteilte USt-IdNr. des Abnehmers mitzuteilen sowie
nachzuweisen, dass die Gegenstände zur Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestimmt sind.
Die Abfertigung der für andere EU-Länder bestimmten Drittlandswaren zum zollrechtlich freien Verkehr erfolgt in der Zollanmeldung mit den Verfahrenscodes (VC) 42. Zusätzlich ist in der Zollanmeldung Name, Anschrift und USt-IdNr. des Empfängers bzw. Erwerbers in dem anderen Mitgliedstaat anzugeben.
Liegen diese Angaben nicht vor, so ist die EUSt zu erheben.
Schuldner der EUSt ist der Anmelder und daneben in den Fällen der indirekten Vertretung auch die Person, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird (s. Art. 77 UZK).
Zur Anwendung des UZK (Unionszollkodex) s. § 1 Abs. 2 Satz 4 UStG (→ Einfuhrumsatzsteuer unter den Gliederungspunkten »EU-Regelungen« sowie »Entstehung und Schuldner der EUSt«).
Die Gegenstände werden im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung einer innergemeinschaftlichen Lieferung verwendet, wenn die Beförderung oder Versendung in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Einfuhr endet und die Gegenstände direkt und in der Beschaffenheit, die sie im Zeitpunkt der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr haben, in den anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert werden.
Der Abnehmer der innergemeinschaftlichen Lieferung muss im Zeitpunkt der Einfuhr bereits feststehen, sich also aus den Beförderungsunterlagen ergeben. Auch muss dieser ein Unternehmer sein, der in einem anderen Mitgliedstaat für umsatzsteuerliche Zwecke erfasst ist, d.h. der über eine USt-IdNr. aus einem anderen Mitgliedstaat verfügt.
Zu den Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Anschlusslieferung hat der BFH mit Urteil vom 21.11.2023 (VII R 10/21, BFH/NV 2024, 647, LEXinform 0953411) Stellung genommen.
Entscheidungssachverhalt
Die Klägerin meldete als indirekte Vertreterin einer GmbH Waren zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung (Anschlusslieferung) an eine hier konkret bezeichnete Person an. Das zuständige HZA setzte die EUSt daher auf 0 € fest. Später teilte die Klägerin dem HZA mit, die eingeführten Waren würden nun doch nicht innergemeinschaftlich an die ursprüngliche, sondern an eine andere Person – ebenfalls Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat – geliefert.
Daraufhin setzte das HZA Einfuhrabgaben fest, da es an den Voraussetzungen des § 6a UStG fehle. Derjenige, der sich auf eine Steuerbefreiung – hier die des § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG – berufe, trage die entsprechende Nachweispflicht. Diese umfasse insbes. die genaue Bezeichnung des die innergemeinschaftliche Lieferung empfangenden Unternehmers im Bestimmungsmitgliedstaat sowie die Angabe seiner USt-IdNr. (s.a. Anmerkung vom 5.4.2024, LEXinform 0431769).
Entscheidungsgründe
Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG ist die Einfuhr der Gegenstände steuerfrei, die von einem Schuldner der EUSt im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG) verwendet werden (BFH VII R 10/21, Rz. 54). Die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung (s.o. den Gliederungspunkt 2) müssen vom Unternehmer nachgewiesen werden (§ 6a Abs. 3 Satz 1 UStG).
Die innergemeinschaftliche Anschlusslieferung wird in der Zollanmeldung durch Angabe des VC 42 beantragt. Infolge des Codes 42 und der beantragten innergemeinschaftlichen Anschlusslieferung werden die Waren unter Befreiung von der EUSt in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt (EuGH vom 14.2.2019, C-531/17, UR 2019, 389, LEXinform 0651582; BFH VII R 10/21, Rz. 56).
Die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung i.S.d. § 6a UStG sind aus folgenden Gründen nicht erfüllt (BFH VII R 10/21, Rz. 58 ff.):
Es ist unklar, dass der Abnehmer der Ware tatsächlich Unternehmer ist. Der Unternehmer, der zunächst als Abnehmer angegeben worden war, hat die Ware unstreitig nicht erhalten, weil nach der Überlassung der Waren zum zollrechtlich freien Verkehr in Deutschland die Ware an einen anderen Empfänger geliefert wurde.
Die Lieferung der Ware in das Gemeinschaftsgebiet wurde nicht von einem Schuldner der EUSt ausgeführt, wie es von § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG verlangt wird.
Schuldnerin der EUSt ist im Urteilsfall die Klägerin gem. § 13a Abs. 2, § 21 Abs. 2 UStG i.V.m. Art. 77 Abs. 3 Satz 1 UZK analog. Diese hat als indirekte Vertreterin (Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 2. Alt. UZK) des Unternehmers die Zollanmeldung abgegeben und ist somit Anmelderin (Art. 5 Nr. 15 UZK) geworden. Mangels Verfügungsmacht hat die Klägerin die innergemeinschaftliche Lieferung jedoch nicht ausführen können.
Der Unternehmer hatte der Klägerin keine Vollmacht erteilt, weshalb die Klägerin insofern als Vertreterin ohne Vertretungsmacht aufgetreten und gem. Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 2. Alt. UZK als im eigenen Namen handelnd anzusehen ist.
Unschädlich für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung ist, dass der Gegenstand der Lieferung durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet be- oder verarbeitet worden sind (§ 6a Abs. 1 Satz 2 UStG).
Es kann sich nur um Beauftragte des Abnehmers oder eines folgenden Abnehmers handeln. Erteilt der liefernde Unternehmer oder ein vorangegangener Lieferer den Bearbeitungs- oder Verarbeitungsauftrag, ist die Ausführung dieses Auftrages ein der Lieferung des Unternehmers vorgelagerter Umsatz. Gegenstand der Lieferung des Unternehmers ist in diesem Fall der bearbeitete oder verarbeitete Gegenstand und nicht der Gegenstand vor seiner Bearbeitung oder Verarbeitung (Abschn. 6a.1. Abs. 20 UStAE).
Beispiel 11:
Unternehmer I aus Italien erwirbt von Unternehmer D1 aus Deutschland eine Maschine für 80 000 €. Diese Maschine muss für die betriebliche Nutzung bei I noch an betriebsspezifische Gegebenheiten angepasst werden. Diese Bearbeitung übernimmt Unternehmer D2 aus Deutschland für 20 000 €. Nach der Bearbeitung befördert D2 die Maschine an I nach Italien.
D2 handelt im Auftrag des D1;
D2 handelt im Auftrag des I.
Lösung 11:
Ein → Reihengeschäft liegt nicht vor, da nicht Umsatzgeschäfte von mehreren Unternehmern über denselben Gegenstand abgeschlossen werden.
a) D2 handelt im Auftrag des D1
D2 erbringt an D1
eine Werklieferung, wenn er für das Werk einen fremden Gegenstand be- oder verarbeitet und dafür selbst beschaffte Hauptstoffe verwendet (§ 3 Abs. 4 Satz 1 UStG; Abschn. 3.8. Abs. 1 Satz 1 UStAE). Hinsichtlich der Maschine liegt eine echte Materialbeistellung von D1 an D2 vor (Abschn. 3.8 Abs. 2 UStAE). Die Werklieferung des D2 an D1 ist in Deutschland steuerbar und stpfl. D2 befördert den bearbeiteten Gegenstand im Auftrag von D1 zu I. Der Ort der Werklieferung D2 an D1 sowie der Ort der Lieferung der bearbeiteten Maschine von D1 an I befindet sich nach § 3 Abs. 6 UStG dort, wo D2 mit der Beförderung beginnt.
Die steuerbare Lieferung D1 an I ist unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG steuerfrei.
Gegenstand der Lieferung des D1 ist der bearbeitete oder verarbeitete Gegenstand und nicht der Gegenstand vor seiner Bearbeitung oder Verarbeitung (Abschn. 6a.1. Abs. 20 Satz 5 UStAE). Die Lieferung der bearbeiteten Maschine erfüllt in Italien die Voraussetzungen der Erwerbsbesteuerung.
eine Werkleistung, wenn er bei der Bearbeitung nur Zutaten oder Nebensachen verwendet. Hinsichtlich der Maschine liegt eine Materialgestellung von D1 an D2 vor (Abschn. 3.8. Abs. 2 Satz 4 UStAE). Die Werkleistung des D2 an D1 ist in Deutschland steuerbar und stpfl. Der Ort bestimmt sich nach § 3a Abs. 2 UStG und befindet sich dort, wo D1 als Empfänger sein Unternehmen betreibt.
D2 befördert den bearbeiteten Gegenstand im Auftrag von D1 zu I. Der Ort der Lieferung der bearbeiteten Maschine von D1 an I befindet sich nach § 3 Abs. 6 UStG dort, wo D2 mit der Beförderung beginnt. Die steuerbare Lieferung D1 an I ist unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG steuerfrei.
Die Lieferung der bearbeiteten Maschine erfüllt in Italien die Voraussetzungen der Erwerbsbesteuerung.
b) D2 handelt im Auftrag des I
D1 befördert die Maschine im Auftrag des I zu D2. Nach § 3 Abs. 1 UStG verschafft D1 dem I dadurch die Verfügungsmacht an der Maschine, dass er sie zu einem Dritten im Auftrag des I befördert. Nach § 3 Abs. 6 UStG ist der Ort der Lieferung des D1 an I dort, wo sich die Maschine zu Beginn der Beförderung von D1 an I befindet. Die Lieferung von D1 an I ist steuerbar.
D1 tätigt an I eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung:
Abnehmer I hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert (durch D2 im Auftrag des I);
die Bearbeitung der Maschine durch D2 als Beauftragter des I vor der Beförderung ins übrige Gemeinschaftsgebiet ist unschädlich für die Steuerbefreiung (§ 6a Abs. 1 Satz 2 UStG);
der Abnehmer hat den Gegenstand (Maschine) für sein Unternehmen erworben;
der Erwerb der Maschine unterliegt beim Abnehmer in Italien der Erwerbsbesteuerung, weil
die Maschine bei einer Lieferung an den Abnehmer (Erwerber) aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates (Deutschland) in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates (Italien) gelang ist (§ 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG);
der Erwerber ein Unternehmer ist, der die Maschine für sein Unternehmen erworben hat (§ 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG);
die Voraussetzungen des § 1a Abs. 3 und 4 UStG nicht vorliegen (I ist kein Schwellenerwerber);
die o.g. Voraussetzungen – so auch die Bearbeitung der Maschine durch D2 – müssen durch D1 nach § 6a Abs. 3 UStG wie folgt nachgewiesen werden:
durch Belege nach § 17b Abs. 2 UStDV;
bei Be- oder Verarbeitungsfällen durch Belege nach § 17c i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 UStDV;
durch einen buchmäßigen Nachweis nach § 17d UStDV;
durch eine Zusammenfassende Meldung nach § 18a UStG.
D2 erbringt an I
eine Werklieferung, wenn er bei der Bearbeitung selbstbeschaffte Hauptstoffe verwendet (§ 3 Abs. 4 Satz 1 UStG). Hinsichtlich der Maschine liegt eine echte Materialbeistellung von I an D2 vor (Abschn. 3.8. Abs. 2 UStAE). Die Werklieferung des D2 an I ist in Deutschland steuerbar. D2 befördert den bearbeiteten Gegenstand im Auftrag von I. Der Ort der Werklieferung D2 an I befindet sich nach § 3 Abs. 6 UStG dort, wo D2 mit der Beförderung beginnt.
Die steuerbare Werklieferung D2 an I ist unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG steuerfrei. Die Werklieferung i.H.v. 20 000 € erfüllt in Italien die Voraussetzungen der Erwerbsbesteuerung.
eine Werkleistung, wenn er bei der Bearbeitung nur Zutaten oder Nebensachen verwendet. Hinsichtlich der Maschine liegt eine Materialgestellung von I an D2 vor (Abschn. 3.8. Abs. 2 Satz 4 UStAE). Die Werkleistung des D2 an I ist in Deutschland steuerbar und stpfl. Der Ort bestimmt sich nach § 3a Abs. 2 UStG und befindet sich dort, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt (s.a. Abschn. 3a.7. Abs. 10 ff. UStAE). Die Werkleistung ist in Italien steuerbar und stpfl. Nach § 14a Abs. 1 UStG hat D2 eine Rechnung zu erteilen, in der seine USt-IdNr. und die des I anzugeben ist. D2 tätigt eine Leistung i.S.d. § 13b Abs. 1 UStG. Nach Art. 196 MwStSystRL (§ 13b Abs. 5 UStG) schuldet I die USt. D2 ist gem. § 14a Abs. 1 Satz 1 UStG zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers« verpflichtet. D2 darf in der Rechnung keine USt gesondert ausweisen (§ 14a Abs. 5 Satz 2 UStG).
Die Verpflichtung des Unternehmers nach § 6a Abs. 3 UStG, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nach Maßgabe der §§ 17a ff. UStDV nachzuweisen, ist mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar (BFH Urteile vom 8.11.2007, V R 71/05, BStBl II 2009, 52; V R 72/05, BStBl II 2009, 55; V R 26/ 05, BStBl II 2009, 49).
Die Nachweispflichten des Unternehmers sind keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche Lieferung. Die Regelungen des § 6a Abs. 3 UStG und §§ 17a ff. UStDV bestimmen vielmehr lediglich, dass und wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen hat (Änderung der Rechtsprechung). Kommt der Unternehmer seinen Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Leistung auszugehen; trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH Urteile vom 15.2.2012, XI R 42/10, BFH/NV 2012, 1188, LEXinform 0928292 und vom 22.7.2015, V R 23/14, BStBl II 2015, 914; Abschn. 6a.2. Abs. 3 UStAE; s.a. Anmerkung vom 8.9.2015, LEXinform 0652716 sowie Gries u.a., NWB 24/2016, 1794). Nach dem EuGH-Urteil vom 27.9.2007 (C-146/05, BStBl II 2009, 78) kann die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht allein mit der Begründung versagt werden, der Nachweis sei nicht rechtzeitig geführt worden. Wie der BFH in seinem Urteil vom 19.3.2015 (V R 14/14, BStBl II 2015, 912; Heidner, UR 20/2015, 773) entschieden hat, ist der Unternehmer allerdings nicht berechtigt, den ihm obliegenden sicheren Nachweis der materiellen Anforderungen in anderer Weise als durch Belege und Aufzeichnungen zu führen. Ein Beweis durch Zeugen kommt als Ersatz für den gesetzlich vorgesehenen Buch- und Belegnachweis grundsätzlich nicht in Betracht, und zwar weder von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 FGO) noch auf Antrag. Nur wenn der Formalbeweis ausnahmsweise nicht oder nicht zumutbar geführt werden kann, gebietet es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, den Nachweis auch in anderer Form zuzulassen (vgl. dazu z.B. EuGH Urteil vom 27.9.2007, C-409/04, Rz. 52 ff., UR 2014, 753).
Mit Urteil vom 26.9.2019 (V R 38/18, BStBl II 2020, 112) verweist der BFH in Rz. 19 auf sein Urteil vom 19.3.2015 (V R 14/14, BStBl II 2015, 912) und stellt erneut fest, dass das FG bei einem fehlenden Belegnachweis zur Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet nicht verpflichtet ist, eine Beweiserhebung durchzuführen. Hat das FG aber eine Beweiserhebung durchgeführt, bei der sich aus einer Zeugeneinvernahme eindeutig die Versendung zum angegebenen Bestimmungsort ergibt, muss es dieses Beweisergebnis seinem Urteil auch zugrunde legen. Anders ist es nur, wenn es die Zeugenaussage als nicht glaubhaft ansieht (s.a. Anmerkung vom 11.12.2019, LEXinform 0889026).
Mit der VO (EU) Nr. 2018/1912 vom 4.12.2018 (ABl EU Nr. L 311, 10) wurde mit Wirkung vom 1.1.2020 Art. 45a EU-VO 282/2011 neu eingefügt. Neu geregelt wird der Belegnachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen.
Nach Art. 15 Nr. 2 bis 4 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) werden
§ 17a UStDV neu eingefügt (Art. 45a EU-VO 282/2011),
der bisherige § 17a wird § 17b,
der bisherige § 17b wird § 17c und
der bisherige § 17c wird § 17d UStDV.
Die Neuregelungen treten ab 1.1.2020 in Kraft (s.a. Frye, UR 2020, 325).
Die Nachweise der Steuerbefreiung sind belegmäßig nach den §§ 17a bis 17c UStDV sowie buchmäßig nach § 17d UStG zu führen.
Die §§ 17a bis 17d UStDV regeln im Einzelnen, wie der Unternehmer die Nachweise der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung zu führen hat. Während gem. § 17a UStDV bei Vorliegen der Voraussetzungen widerlegbar vermutet wird, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, gilt bei Erfüllung der Voraussetzungen von § 17b UStDV der Belegnachweis als erbracht. Zwischen § 17a UStDV einerseits und §§ 17b bzw. 17c UStDV anderseits besteht kein Vorrangverhältnis. Der Unternehmer kann den Belegnachweis entweder nach § 17a UStDV oder nach § 17b UStDV führen. § 17b Abs. 1 UStDV bestimmt in Form einer Generalklausel (Mussvorschrift), dass der Unternehmer im Geltungsbereich des UStG durch Belege nachzuweisen hat, dass er oder der Abnehmer den Liefergegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Dies muss sich aus den Belegen leicht und eindeutig nachprüfbar ergeben. Der Unternehmer muss den Belegnachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht zwingend mit einer Gelangensbestätigung nach § 17b Abs. 2 Nr. 2 UStDV oder mit den in § 17b Abs. 3 UStDV aufgeführten weiteren Nachweismöglichkeiten führen. Die Gelangensbestätigung ist eine mögliche Form des Belegnachweises, mit dem die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung für die Finanzverwaltung eindeutig und leicht nachprüfbar sind. Gleiches gilt auch für die in § 17b Abs. 3 UStDV aufgeführten Belege, mit denen der Unternehmer anstelle der Gelangensbestätigung die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung nachweisen kann. Dem Unternehmer steht es frei, den Belegnachweis mit allen geeigneten Belegen und Beweismitteln zu führen, aus denen sich das Gelangen des Liefergegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet an den umsatzsteuerrechtlichen Abnehmer in der Gesamtschau nachvollziehbar und glaubhaft ergibt (Abschn. 6a.2. Abs. 6 UStAE).
Hinsichtlich der übrigen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG (z.B. Unternehmereigenschaft des Abnehmers, Verpflichtung des Abnehmers zur Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat), die auch nachgewiesen werden müssen, enthält die UStDV keine besonderen Regelungen für den Belegnachweis (Abschn. 6a.2. Abs. 2 UStAE). Zu den Belegnachweisen s.u. den Gliederungspunkt 8.3 und 8.4.
Der Gesetzgeber hat in Art. 12 Nr. 7 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG neu gefasst und dabei eine neue Nr. 4 eingefügt. Der Gesetzgeber hat dabei die in Nr. 2 Buchst. a und b genannten materiell-rechtlichen Abnehmervoraussetzungen ergänzt. Danach muss sowohl der Unternehmer i.S.v. Buchst. a als auch die juristische Person i.S.v. Buchst. b in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der USt erfasst sein. Die Registrierung in dem anderen Mitgliedstaat erfolgt durch Vergabe einer USt- bzw. Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer (s.a. Art. 138 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL).
Die in § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG neu angefügte Nr. 4 verlangt, dass der Abnehmer i.S.d. Nr. 2 Buchst. a oder b gegenüber dem liefernden Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte USt-IdNr. verwendet (s.o.). Die Verwendung einer USt-IdNr. durch den Abnehmer ist ab 1.1.2020 ein materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal. Bisher war der Unternehmer lediglich im Rahmen des Buchnachweises dazu verpflichtet, die USt-IdNr. seines Abnehmers aufzuzeichnen (§ 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV a.F.; jetzt § 17d Abs. 1 Satz 1 UStDV). S.a. Abschn. 6a.1. Abs. 19 UStAE.
Zum Begriff der Verwendung vgl. Abschn. 3a.2. Abs. 10 Sätze 2 bis 10 UStAE). Unschädlich ist es im Einzelfall, wenn der Leistungsempfänger eine USt-IdNr. erst nachträglich verwendet oder durch eine andere ersetzt. In diesem Fall muss die Besteuerung in dem einen EU-Mitgliedstaat rückgängig gemacht und in dem anderen EU-Mitgliedstaat nachgeholt und ggf. die übermittelte ZM berichtigt werden. Die nachträgliche Verwendung einer im Zeitpunkt der Lieferung gültigen USt-IdNr. durch den Abnehmer entfaltet für Zwecke der Steuerbefreiung Rückwirkung (Abschn. 6a.1. Abs. 19 Satz 3 UStAE). In einer bereits erteilten Rechnung sind die USt-IdNr. des Leistungsempfängers (vgl. § 14a Abs. 1 UStG) und ggf. ein gesonderter Steuerausweis (vgl. § 14 Abs. 4 Nr. 8 und § 14c Abs. 1 UStG) zu berichtigen. Die nachträgliche Angabe oder Änderung einer USt-IdNr. als Nachweis der Unternehmereigenschaft und des unternehmerischen Bezugs ist der Umsatzsteuerfestsetzung nur zugrunde zu legen, wenn die Steuerfestsetzung in der Bundesrepublik Deutschland noch änderbar ist (Abschn. 3a.2. Abs. 10 Satz 7 ff. UStAE).
Hat der Leistungsempfänger noch keine USt-IdNr. erhalten, eine solche Nummer aber bei der zuständigen Behörde des EU-Mitgliedstaats, von dem aus er sein Unternehmen betreibt oder eine Betriebsstätte unterhält, beantragt, liegt keine innergemeinschaftliche Lieferung vor.
Wichtig:
Die dem Abnehmer von einem anderen Mitgliedstaat erteilte USt-IdNr. muss im Zeitpunkt der Lieferung gültig gewesen sein.
Beginn für die Gültigkeit der USt-IdNr. ist das Datum der Bekanntgabebescheids (s. Homepage des BZSt unter www.bzst.de und dort unter Unternehmen / Identifikationsnummern / Umsatzsteuer-Identifikationsnummer / FAQ / Vergabeverfahren).
Beispiel 12
Unternehmer D aus Deutschland liefert am 15.5.2020 einen Computer an den Unternehmer F nach Frankreich im Wert von 1 000 €. F gibt an, noch keine US-IdNr. erhalten, dies aber bereits beantragt zu haben.
Lösung 12:
Da F im Zeitpunkt der Lieferung gegenüber D keine USt-IdNr. mitgeteilt hat, sind die Voraussetzungen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt. D muss diesen Umsatz als stpfl. Umsatz mit einer USt von 19 % = 190 € in Rechnung stellen.
F muss sich in Frankreich registrieren. Er tätigt dort einen innergemeinschaftlichen Erwerb. Nach dem Spiegelbildprinzip ist die innergemeinschaftliche Lieferung nur mit einem korrespondierenden innergemeinschaftlichen Erwerb steuerfrei (Abschn. 6a.1. Abs. 16 UStAE). Dagegen ist aber der innergemeinschaftliche Erwerb auch ohne steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung steuerbar. Bemessungsgrundlage des innergemeinschaftlichen Erwerbs (Art. 73 i.V.m. Art 83 MwStSystRL; § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG) ist alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer D für diesen Umsatz vom Erwerber F erhält oder erhalten soll abzüglich der für diese Leistung gesetzlich geschuldeten USt. Die Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb in Frankreich beträgt somit 1 000 €.
Wenn F nicht in Deutschland registriert ist, kann er die in Rechnung gestellte Vorsteuer i.H.v. 190 € grds. im Vorsteuervergütungsverfahren nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. § 61 UStDV geltend machen.
Zweifelhaft ist, ob es sich bei der von D in Rechnung gestellten USt i.H.v. 190 € um eine unrichtig ausgewiesen USt i.S.d. § 14c Abs. 1 UStG handelt. Da die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht erfüllt sind, ist die Lieferung nach Frankreich stpfl., sodass eine gesetzlich geschuldete Steuer i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegt.
F könne aber nachträglich eine im Zeitpunkt der Lieferung gültige USt-IdNr. verwenden. Dies wäre dann der Fall, wenn ihm in Frankreich eine USt-IdNr. mit Rückwirkung erteilt würde. Die dann verwendete USt-IdNr. würde für Zwecke der Steuerbefreiung Rückwirkung entfalten (Abschn. 6a.1. Abs. 19 Satz 3 UStAE). Nach Abschn. 18.11. Abs. 1a Satz 1 UStAE werden Vorsteuerbeträge nicht vergütet, die in Rechnungen über innergemeinschaftliche Lieferungen gesondert ausgewiesen werden, wenn feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 und 2 UStG vorliegen können (s.a. Abschn. 6a.1. Abs. 19 UStAE; s.a. Sterzinger, UStB 2020, 387 unter 2. Rückwirkend erteilte USt-IdNr. sowie 5. Vorsteuerabzug im Vergütungsverfahren).
Hinweis:
Wäger (Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 6a UStG, Rz. 75 ff.) sieht die Regelung des Abschn. 6a.1. Abs. 19 Satz 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 9.10.2020 kritisch. Danach verlangt die Finanzverwaltung für die Steuerfreiheit eine im Zeitpunkt der Lieferung gültige USt-IdNr. Diese Regelung widerspräche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Dies wird in Neugründungsfällen deutlich.
Ein neu gegründetes Unternehmen erwirbt sofort Waren aus anderen Mitgliedstaaten. Die steuerliche Registrierung verzögert sich. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordert es, eine der innergemeinschaftlichen Lieferung zeitlich erst nachfolgende steuerliche Erfassung in der Weise ausreichen zu lassen, dass dieser Rückwirkung zukommt. Dies sollte auch dann gelten, wenn sich die Finanzverwaltung im Bestimmungsmitgliedstaat der rückwirkenden Erteilung einer USt-IdNr. verweigert (Wäger, USt-Handbuch, § 6a UStG, Rz. 86).
Der Auffassung von Wäger ist beizupflichten, weil die restriktive nationale Regelung m.E. dem Wortlaut des Art. 138 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL widerspricht. Danach liegt eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung u.a. vor, wenn der Erwerber in dem anderen Mitgliedstaat registriert ist, und er dem Lieferer dafür die MwSt-IdNr. mitgeteilt hat.
Nach § 17d Abs. 1 Satz 1 UStDV hat der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung einschließlich der USt-IdNr. des Abnehmers buchmäßig nachzuweisen; die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (sog. Buchnachweis; § 17d Abs. 1 Satz 2 UStDV; Abschn. 6a.2. Abs. 7 UStAE). Darüber hinaus muss er den Namen und die Anschrift des Abnehmers aufzeichnen (§ 17d Abs. 2 Nr. 1 UStDV). Zu den erforderlichen Voraussetzungen der Steuerbefreiung gehört auch die Unternehmereigenschaft des Abnehmers. Diese muss der liefernde Unternehmer nachweisen (§ 17d Abs. 1 UStDV i.V.m. § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a UStG). Die Aufzeichnung der ausländischen USt-IdNr. allein reicht hierfür nicht aus, weil sich aus ihr nicht ergibt, wer der tatsächliche Leistungsempfänger ist. Die Beteiligten eines Leistungsaustausches – und somit auch der Abnehmer – ergeben sich regelmäßig aus den zivilrechtlichen Vereinbarungen. Handelt jemand im fremden Namen, kommt es darauf an, ob er hierzu Vertretungsmacht hat. Der Unternehmer muss daher die Identität des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten), z.B. durch Vorlage des Kaufvertrags, nachweisen. Handelt ein Dritter im Namen des Abnehmers, muss der Unternehmer auch die Vollmacht des Vertretungsberechtigten nachweisen, weil beim Handeln im fremden Namen die Wirksamkeit der Vertretung davon abhängt, ob der Vertretungsberechtigte Vertretungsmacht hat (vgl. zu den Anforderungen an die Vollmacht zum Nachweis der Abholberechtigung Abschn. 3.14. Abs. 10a UStAE; Abschn. 6a.7. Abs. 1 UStAE). S.u. den Gliederungspunkt 8.6 »Buchnachweis«.
Nach § 17a Abs. 1 UStDV wird bei Vorliegen der Voraussetzungen vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde. § 17a Abs. 1 UStDV beinhaltet zwei Sachverhaltsvarianten, die zu unterschiedlichen Anforderungen beim Belegnachweis führen. Während § 17a Abs. 1 Nr. 1 UStDV den Fall der Beförderung oder Versendung durch den Unternehmer oder durch einen von ihm beauftragten Dritten regelt, gilt § 17a Abs. 1 Nr. 2 UStDV für alle übrigen Fälle (z.B. Abholfall durch den Abnehmer). Der Unternehmer kann anstatt der Voraussetzungen des § 17a UStDV den Belegnachweis auch nach den in § 17b bzw. § 17c UStDV statuierten Regelungen erbringen (Abschn. 6a.3a. Abs. 1 UStAE; s.u. den Gliederungspunkt 8.4 »Gelangensbestätigung in Beförderungs- und Versendungsfällen).
Für die Gelangensvermutung müssen nach § 17a Abs. 1 UStDV eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, die jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
mindestens zweier Belege nach Abs. 2 Nr. 1 (s.u.) oder
einem Beleg nach Abs. 2 Nr. 1 und einem Beleg nach Abs. 2 Nr. 2, mit dem die Beförderung oder der Versand in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege (im Gegensatz zu Nr. 1 kann der Gegenstand der Lieferung auch vom Abnehmer befördert oder versendet werden):
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStDV, s.u.), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
folgender einander nicht widersprechenden Belege, die jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
mindestens zwei Belege nach Abs. 2 Nr. 1 oder
einem Beleg nach Abs. 2 Nr. 1 und einem Beleg nach Abs. 2 Nr. 2, mit dem die Beförderung oder der Versand in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
Nach § 17a Abs. 2 UStDV sind Belege i.S.d. Abs. 1 Nr. 1 und 2:
Beförderungsbelege (§ 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 UStDV, s.u.) oder Versendungsbelege (§ 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UStDV, s.u.);
Hinweis:
Durch Art. 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 der Sechsten Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen vom 19.12.2022 BGBl I 2022, 2432) wird ab dem 23.12.2022 für den Belegnachweis bei der Gelangensvermutung in Beförderungsfällen der bisherige Klammerzusatz »(§ 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3)« durch den Klammerzusatz »(§ 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 bis 5)« ersetzt. Durch die Neufassung des Klammerzusatzes wird klargestellt, dass neben den bisher ausdrücklich benannten Beförderungsbelegen im Unionsversandverfahren auch weitere Belege zur Nachweisführung in Betracht kommen (s.a. BR-Drs. 563/22, 10).
Zu § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 UStDV s.u. den Gliederungspunkt 8.4.3.3 Lieferung im Unionsversandverfahren«.
Zu § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UStDV s.u. den Gliederungspunkt 8.4.3.4 Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren«.
Zu § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UStDV s.u. den Gliederungspunkt 8.4.3.5 Innergemeinschaftliche Lieferungen von Fahrzeugen, die durch den Abnehmer befördert werden«.
Darüber hinaus wird für Versendungsfälle ab 23.12.2022 redaktionell durch die Neufassung des Klammerzusatzes klargestellt, dass neben den Belegen nach § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UStDV auch Belege nach § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 UStDV zur Nachweisführung in Betracht kommen (s.u. den Gliederungspunkt 8.4.3 »Andere Belege als die Gelangensbestätigung«).
folgende sonstige Belege:
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder den Versand des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder des Versands des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
ein von einer öffentlichen Stelle (z.B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt (s.a. Abschn. 6a.3a. Abs. 2 UStAE).
Werden die Voraussetzungen von § 17a UStDV erfüllt, wird widerlegbar vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde (Abschn. 6a.2. Abs. 2 Satz 2 UStAE).
Gem. § 17a Abs. 3 UStDV kann das FA eine nach Abs. 1 bestehende Vermutung widerlegen. Die Vermutung ist widerlegt, wenn das FA (z.B. anhand vorliegender Unterlagen oder Belege) feststellt, dass die Gegenstände beispielsweise nicht in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt sind, sodass keine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt. Kann das FA nachweisen, dass Belege unzutreffende Angaben enthalten oder gefälscht sind, steht es dem Unternehmer frei, durch andere Belege i.S.v. § 17a Abs. 2 UStDV das Gelangen in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu belegen (Abschn. 6a.3a. Abs. 3 UStAE).
Besteht keine Vermutung nach § 17a Abs. 1 UStDV, bestimmt § 17b Abs. 1 UStDV in Form einer Generalklausel (Mussvorschrift), dass der Unternehmer im Geltungsbereich der UStDV durch Belege nachzuweisen hat, dass er oder der Abnehmer den Liefergegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Dies muss sich aus den Belegen leicht und eindeutig nachprüfbar ergeben (Abschn. 6a.2. Abs. 6 UStAE). Dem Unternehmer steht es frei, den Belegnachweis mit allen geeigneten Belegen und Beweismitteln zu führen, aus denen sich das Gelangen des Liefergegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet an den umsatzsteuerrechtlichen Abnehmer in der Gesamtschau nachvollziehbar und glaubhaft ergibt (Abschn. 6a.2. Abs. 6 Satz 7 UStAE). Dabei muss der Unternehmer den Belegnachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht zwingend mit einer Gelangensbestätigung nach § 17b Abs. 2 Nr. 2 UStDV oder mit den in § 17b Abs. 3 UStDV aufgeführten weiteren Nachweismöglichkeiten führen. Zu den allgemeinen Anforderungen an die Belegnachweise s. die Verwaltungsregelungen in Abschn. 6a.3. Abs. 1 UStAE.
Die Gelangensbestätigung ist eine mögliche Form des Belegnachweises, mit dem die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung für die Finanzverwaltung eindeutig und leicht nachprüfbar sind (Abschn. 6a.2. Abs. 6 Satz 5 UStAE).
Nach § 17b Abs. 2 Satz 1 UStDV gilt in den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat, insbes. ein Nachweis, den der Unternehmer hierüber wie folgt führt, als eindeutig und leicht nachprüfbar (s.a. Abschn. 6a.4. Abs. 1 UStAE):
durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a UStG) und
durch eine Bestätigung des Abnehmers, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist (Gelangensbestätigung). Diese Bestätigung hat folgende Angaben zu enthalten:
den Namen und die Anschrift des Abnehmers,
die Menge des Gegenstands der Lieferung und die handelsübliche Bezeichnung einschließlich der Fahrzeug-Identifikationsnummer bei Fahrzeugen i.S.d. § 1b Abs. 2 UStG,
im Fall der Beförderung oder Versendung durch den Unternehmer oder im Fall der Versendung durch den Abnehmer den Ort und den Monat des Erhalts des Gegenstands im übrigen Gemeinschaftsgebiet und im Fall der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer den Ort und den Monat des Endes der Beförderung des Gegenstands im übrigen Gemeinschaftsgebiet,
das Ausstellungsdatum der Bestätigung sowie
die Unterschrift des Abnehmers oder eines von ihm zur Abnahme Beauftragten (s.a. Abschn. 6a.4. Abs. 2 UStAE). Bei einer elektronischen Übermittlung der Gelangensbestätigung ist eine Unterschrift nicht erforderlich, sofern erkennbar ist, dass die elektronische Übermittlung im Verfügungsbereich des Abnehmers oder des Beauftragten begonnen hat (s.a. Abschn. 6a.4. Abs. 3 UStAE).
Zum Muster einer Gelangensbestätigung i.S.d. § 17b Abs. 2 Nr. 2 UStDV s. BMF vom 16.9.2013 (BStBl I 2013, 1192) sowie unter LEXinform 5234644.
Die Gelangensbestätigung kann als Sammelbestätigung ausgestellt werden. In dieser können Umsätze aus bis zu einem Quartal zusammengefasst werden (§ 17b Abs. 2 Nr. 2 Sätze 2 und 3 UStDV). Es ist somit nicht erforderlich, die Gelangensbestätigung für jeden einzelnen Liefergegenstand auszustellen. Bei Lieferungen, die mehrere Gegenstände umfassen, oder bei Rechnungen, in denen einem Abnehmer gegenüber über mehrere Lieferungen abgerechnet wird, ist es regelmäßig ausreichend, wenn sich die Gelangensbestätigung auf die jeweilige Gesamtlieferung bzw. auf die Sammelrechnung bezieht. Die Sammelbestätigung nach einem Quartal ist auch bei der Pflicht zur monatlichen Abgabe von USt-Voranmeldungen zulässig (Abschn. 6a.4. Abs. 4 UStAE und dort die Beispiele 1 und 2).
Die Gelangensbestätigung kann in jeder die erforderlichen Angaben enthaltenen Form erbracht werden; sie kann auch aus mehreren Dokumenten bestehen, aus denen sich die geforderten Angaben insgesamt ergeben (§ 17b Abs. 2 Satz 4 UStDV); eine gegenseitige Bezugnahme in den entsprechenden Dokumenten ist dabei nicht erforderlich. Zu den Formen der Gelangensbestätigung s. die Verwaltungsregelungen in Abschn. 6a.4. Abs. 5 UStAE und dort die Beispiele 1 und 2.
Die Gelangensbestätigung kann auf elektronischem Weg, z.B. per E-Mail, ggf. mit PDF- oder Textdateianhang, per Computer-Telefax oder Fax-Server, per Web-Download oder im Wege des elektronischen Datenaustauschs (EDI) übermittelt werden; eine wirksame elektronische Übermittlung ist auch dann möglich, wenn der Ort der elektronischen Übermittlung nicht mit dem Ort des Gelangens des Liefergegenstands im übrigen Gemeinschaftsgebiet übereinstimmt (Abschn. 6a.4. Abs. 6 UStAE).
Nach § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a bis d UStDV kann der Unternehmer in den Fällen, in denen er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet versendet hat, den Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung wie folgt führen (Abschn. 6a.5. Abs. 1 UStAE):
Durch einen Versendungsbeleg (§ 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UStDV), insbes. durch
einen handelsrechtlichen Frachtbrief, der vom Auftraggeber des Frachtführers unterzeichnet ist und die Unterschrift des Empfängers als Bestätigung des Erhalts des Gegenstands der Lieferung enthält (s.a. Abschn. 6a.5. Abs. 2 UStAE). Zum CMR-Frachtbrief s. das BFH-Urteil vom 22.7.2015 (V R 38/14, BStBl II 2018, 498) sowie Anmerkung vom 15.9.2015, (LEXinform 0947176). Sind die CMR-Frachtbriefe unrichtig, weil sie nicht den zutreffenden Absender auswiesen, ist die Lieferung stpfl.
durch ein Konnossement oder
durch Doppelstücke des Frachtbriefs oder des Konnossements.
Zum Versendungsbeleg als Voraussetzung für den Nachweis der Gelangensvermutung s. § 17a Abs. 2 Nr. 1 UStDV.
Hinweis:
Die CMR, auch CMR-Frachtbrief genannt, regelt die Beförderung von Gütern aller Art per Lastkraftwagen. Sie kommt zum Einsatz, wenn der Standort, an dem ein Gut übernommen wird, und der Standort, an dem ein Gut abgeliefert wird, in zwei verschiedenen Staaten liegen (Transportlexikon unter www.timocom.de sowie Abschn. 6a.5. Abs. 2 UStAE).
Nach dem BFH-Urteil vom 22.7.2015 (V R 38/14, BStBl II 2018, 498) ist ein CMR-Frachtbrief ein Frachtbrief i.S.v. § 17a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStDV, wenn er die Vertragsparteien des Beförderungsvertrages angibt, d.h. den Frachtführer sowie denjenigen, der den Vertrag mit dem Frachtführer geschlossen hat.
Durch einen anderen handelsüblichen Beleg als einen Versendungsbeleg (§ 17b Abs. 3 Satz 1 Buchst. b UStDV und Abschn. 6a.5. Abs. 3 und 4 UStAE), insbes. mit einer Bescheinigung des beauftragten Spediteurs (Spediteurbescheinigung).
Diese Bescheinigung hat folgende Angaben zu enthalten (Abschn. 6a.5. Abs. 4 UStAE):
den Namen und die Anschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers sowie das Ausstellungsdatum,
den Namen und die Anschrift des liefernden Unternehmers sowie des Auftraggebers der Versendung,
die Menge des Gegenstands der Lieferung und dessen handelsübliche Bezeichnung,
den Empfänger des Gegenstands der Lieferung und den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet,
den Monat, in dem die Beförderung des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet geendet hat,
eine Versicherung des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers, dass die Angaben in dem Beleg aufgrund von Geschäftsunterlagen gemacht wurden, die im Gemeinschaftsgebiet nachprüfbar sind, sowie
die Unterschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers.
Durch ein Versendungsprotokoll (§ 17b Abs. 3 Satz 1 Buchst. c UStDV und Abschn. 6a.5. Abs. 5 und 6 UStAE).
Es handelt sich dabei um eine schriftliche oder elektronische Auftragserteilung und ein von dem mit der Beförderung Beauftragten (z.B. Kurierdienstleister) erstelltes Protokoll, das den Transport lückenlos bis zur Ablieferung beim Empfänger nachweist.
Für eine schriftliche oder elektronische Auftragserteilung sind inhaltlich die folgenden Angaben ausreichend (Abschn. 6a.5. Abs. 6 UStAE):
Name und Anschrift des Ausstellers des Belegs;
Name und Anschrift des Absenders;
Name und Anschrift des Empfängers;
handelsübliche Bezeichnung und Menge der beförderten Gegenstände;
Tag der Abholung bzw. Übernahme der beförderten Gegenstände durch den mit der Beförderung beauftragten Unternehmer.
Durch eine Empfangsbescheinigung eines Postdienstleisters (§ 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d UStDV und Abschn. 6a.5. Abs. 7 und 8 UStAE). In den Fällen, in denen eine Belegnachweisführung nach § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c UStDV nicht möglich ist, kann der Nachweis durch eine Empfangsbescheinigung eines Postdienstleisters über die Entgegennahme der an den Abnehmer adressierten Postsendung und den Nachweis über die Bezahlung der Lieferung geführt werden.
Für eine Empfangsbescheinigung des Postdienstleisters über die Entgegennahme der Postsendung an den Abnehmer sind die folgenden Angaben ausreichend (Abschn. 6a.5. Abs. 8 UStAE):
Name und Anschrift des Ausstellers des Belegs;
Name und Anschrift des Absenders;
Name und Anschrift des Empfängers;
handelsübliche Bezeichnung und Menge der beförderten Gegenstände;
Tag der Abholung bzw. Übernahme der beförderten Gegenstände durch den mit der Beförderung beauftragten Postdienstleister.
Nach § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 UStDV kann der Unternehmer bei der Versendung des Gegenstands der Lieferung durch den Abnehmer den Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung durch einen Nachweis über die Entrichtung der Gegenleistung für die Lieferung des Gegenstands von einem Bankkonto des Abnehmers sowie durch eine Bescheinigung des beauftragten Spediteurs (Spediteurversicherung) führen (Abschn. 6a.5. Abs. 9 UStAE).
Die Spediteurversicherung muss folgende Angaben enthalten (Abschn. 6a.5. Abs. 10 UStAE):
den Namen und die Anschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers sowie das Ausstellungsdatum,
den Namen und die Anschrift des liefernden Unternehmers sowie des Auftraggebers der Versendung,
die Menge des Gegenstands der Lieferung und die handelsübliche Bezeichnung,
den Empfänger des Gegenstands der Lieferung und den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet,
eine Versicherung des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers, den Gegenstand der Lieferung an den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet zu befördern, sowie
die Unterschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers.
Nach § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 UStDV (s.a. § 17a Abs. 2 Nr. 1 UStDV zur Gelangensvermutung) kann der Unternehmer bei der Beförderung des Gegenstands der Lieferung im gemeinschaftlichen Versandverfahren in das übrige Gemeinschaftsgebiet den Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung durch eine Bestätigung der Abgangsstelle über die innergemeinschaftliche Lieferung, die nach Eingang des Beendigungsnachweises für das Versandverfahren erteilt wird, führen, sofern sich daraus die Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet ergibt. Diese Nachweismöglichkeit ist auch in den Fällen der Versendung des Gegenstands der Lieferung zulässig (Abschn. 6a.5. Abs. 11 UStAE).
Nach § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a UStDV kann der Unternehmer bei der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung und Verwendung des IT-Verfahrens EMCS (Excise Movement and Control System – EDV-gestütztes Beförderungs- und Kontrollsystem für verbrauchsteuerpflichtige Waren) den Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung durch die von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaats (Bestimmungsmitgliedstaates) validierte (die Zuverlässigkeit festgestellt) EMCS-Eingangsmeldung führen. Diese Nachweismöglichkeit ist auch in den Fällen der Versendung verbrauchsteuerpflichtiger Waren zulässig (Abschn. 6a.5. Abs. 12 UStAE).
Zu den Eingangsmeldungen als Nachweis der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen – validierte EMCS – nimmt das BMF mit Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 11.7.2023, BStBl I 2023, 1499) Stellung. Gleichzeitig wird Abschn. 6a.5. Abs. 13 UStAE sowie nach Abschn. 29.2. UStAE die Anlage 6 zum UStAE (zu Abschn. 6a.5.) neu gefasst.
Die Pflichtfelder der EMCS-Eingangsmeldung sind in Anhang I Tabelle 6 der Delegierten Verordnung (EU) 2022/1636 der Kommission vom 5.7.2022 zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2020/262 des Rates durch Festlegung von Struktur und Inhalt der im Zusammenhang mit der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren ausgetauschten Dokumente und durch Festlegung von Schwellenwerten für Verluste aufgrund der Beschaffenheit der Waren (delV EMCS; ABl EU 2022 Nr. L 247, S. 2) abgebildet (vormals Tabelle 6 in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 684 /2009 der Kommission vom 24.7.2009 zur Durchführung der Richtlinie 2008/118/EG des Rates in Bezug auf die EDV-gestützten Verfahren für die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung (ABl EU 2009 Nr. L 197, S. 24)).
Nach § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b UStDV (Abschn. 6a.5. Abs. 14 und 15 UStAE) kann der Unternehmer bei der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren des steuerrechtlich freien Verkehrs den Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung durch die dritte Ausfertigung des vereinfachten Begleitdokuments, das dem zuständigen Hauptzollamt für Zwecke der Verbrauchsteuerentlastung vorzulegen ist, führen. Diese Nachweismöglichkeit ist auch in den Fällen der Versendung verbrauchsteuerpflichtiger Waren zulässig (Abschn. 6a.5. Abs. 14 UStAE).
Nach § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UStDV kann der Unternehmer bei der innergemeinschaftlichen Lieferung von Fahrzeugen (→ Innergemeinschaftliche Fahrzeuglieferungen bzw. -erwerbe), die durch den Abnehmer befördert werden und für die eine Zulassung für den Straßenverkehr erforderlich ist, den Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung durch einen Nachweis über die Zulassung des Fahrzeugs auf den Erwerber im Bestimmungsmitgliedstaat der Lieferung führen; dabei ist eine einfache Kopie der Zulassung ausreichend Abschn. 6a.5. Abs. 16 UStAE).
Der Nachweis der Zulassung muss die Fahrzeug-Identifikationsnummer enthalten. Ein Nachweis der Zulassung des Fahrzeugs im übrigen Gemeinschaftsgebiet auf eine andere Person als den Erwerber, d.h. den Abnehmer der Lieferung, ist kein ausreichender Nachweis (Abschn. 6a.5. Abs. 17 UStAE).
Mit Urteil vom 14.6.2017 (C-26/16, UR 14/2017, 539, LEXinform 0589549) nimmt der EuGH zu den Voraussetzungen für die Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung eines neuen Fahrzeugs in einem portugiesischen Vorlageersuchen Stellung. S. dazu die Erläuterungen unter → Innergemeinschaftliche Fahrzeuglieferungen bzw. -erwerbe (Streit u.a., NWB 48/2017, 3632).
In Bearbeitungs- oder Verarbeitungsfällen im Zusammenhang mit innergemeinschaftlichen Lieferungen hat der liefernde Unternehmer den Belegnachweis durch Belege nach § 17b UStDV zu führen, die zusätzlich die in § 11 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 UStDV bezeichneten Angaben enthalten (§ 17c Satz 2 UStDV und Abschn. 6a.6. i.V.m. Abschn. 6.8. Abs. 1 Satz 3 UStAE). Hinsichtlich der Musterbescheinigung für Bearbeitungs- und Verarbeitungsfälle für Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen wird auf das BMF-Schreiben vom 13.12.2022 (BStBl I 2022, 1685) verwiesen. Das bisherige, durch das BMF-Schreiben vom 17.1.2000 (BStBl I 2000, 179) herausgegebene Vordruckmuster wird durch das angepasste Vordruckmuster »Bescheinigung für Umsatzsteuerzwecke in Bearbeitungs- und Verarbeitungsfällen« ersetzt.
Hinweis:
Zum Nachweis der Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen sowie zur Widerlegbarkeit des Buch- und Belegnachweises hat das Hessische FG mit Urteil vom 12.4.2022 (6 K 805/21, LEXinform 5025051, rkr) entschieden, dass dann, wenn der Beweis der Voraussetzungen des § 6a UStG ausnahmsweise anders als durch die formellen Anforderungen der §§ 17a bis 17d UStDV geführt werden soll, als Beweismittel nur Belege und Aufzeichnungen zulässig sind. Mangels Nachweises über die Umstände der Verschaffung der Verfügungsmacht genügt der Nachweis der Zahlung mittels Banküberweisung regelmäßig nicht.
Unter einem Buchnachweis ist ein Nachweis durch Bücher oder Aufzeichnungen in Verbindung mit Belegen zu verstehen. Der Buchnachweis verlangt deshalb stets mehr als den bloßen Nachweis entweder nur durch Aufzeichnungen oder nur durch Belege. Belege werden durch die entsprechenden und erforderlichen Hinweise bzw. Bezugnahmen in den stets notwendigen Aufzeichnungen Bestandteil der Buchführung und damit des Buchnachweises, sodass beide eine Einheit bilden.
Nach § 17d Abs. 1 Satz 1 UStDV hat der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung einschließlich der USt-IdNr. des Abnehmers buchmäßig nachzuweisen; die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (sog. Buchnachweis; § 17d Abs. 1 Satz 2 UStDV).
Der BFH hat durch Beschluss vom 10.11.2010 (XI R 11/09, BStBl II 2011, 237) dem EuGH u.a. die Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nur dann anzunehmen ist, wenn der Stpfl. die USt-IdNr. des Erwerbers buchmäßig nachweist und ob es eine Rolle spielt, dass es sich bei dem Erwerber um einen in einem Drittland ansässigen Unternehmer handelt, der in keinem Mitgliedstaat umsatzsteuerrechtlich registriert ist. Wenn ein Gegenstand durch einen Unternehmer oder durch seinen Abnehmer in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats der EU (sog. Bestimmungsland) befördert oder versendet wird, ist diese innergemeinschaftliche Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG nur dann steuerfrei, wenn der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in dem anderen Mitgliedstaat »den Vorschriften der Umsatzbesteuerung« unterliegt. Durch diese Regelung wird bezweckt, dass im innergemeinschaftlichen Handel zwischen Unternehmern die Mehrwertsteuereinnahmen dem Mitgliedstaat zustehen, in dem der Endverbrauch erfolgt (Bestimmungsland). Die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung setzt nach nationalem Recht allerdings u.a. voraus, dass der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung »einschließlich USt-IdNr. des Abnehmers« buchmäßig nachweist (§ 17d Abs. 1 Satz 1 UStDV).
In dem vom BFH zu entscheidenden Fall hatte eine in Deutschland ansässige GmbH zwei Maschinen an das Unternehmen A mit Sitz in den USA verkauft. A hatte die Maschinen sogleich an ein Unternehmen (Ltd.) in Finnland weiterveräußert. Die Maschinen wurden durch eine von A beauftragte Spedition unmittelbar von der GmbH nach Finnland befördert. Da A in keinem Mitgliedstaat der Union für umsatzsteuerrechtliche Zwecke registriert war, zeichnete die GmbH (lediglich) die USt-IdNr. der finnischen Ltd. auf. Deshalb versagte das FA die von der GmbH beantragte Steuerfreiheit der Lieferung.
Da die MwStSystRL für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Aufzeichnung der USt-IdNr. – jedenfalls nicht ausdrücklich – verlangt, hat der BFH durch den Beschluss vom 10.11.2010 dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Richtlinie es den Mitgliedstaaten erlaubt, eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nur dann anzunehmen, wenn der Stpfl. die USt-IdNr. des Erwerbers buchmäßig nachweist (s.a. Pressemitteilung des BFH vom 22.12.2010, LEXinform 0436030).
Mit Urteil vom 27.9.2012 (C-587/10, UR 2012, 832, LEXinform 0589310) hat der EuGH die Vorlagefrage des BFH wie folgt beantwortet: Das Europäische Recht ist dahin auszulegen, dass es der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats nicht verwehrt ist, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung davon abhängig zu machen, dass der Lieferer die USt-IdNr. des Erwerbers mitteilt; dies gilt allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Steuerbefreiung nicht allein aus dem Grund verweigert wird, dass diese Verpflichtung nicht erfüllt worden ist, wenn der Lieferer redlicher weise und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese IdNr. nicht mitteilen kann und er außerdem Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Stpfl. ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat (s.a. Anmerkung vom 25.10.2012, LEXinform 0943232 und Verein für Internationale Steuern und Finanzen, München, Anmerkung vom 27.9.2012, LEXinform 0401831; s.a. Langer u.a., NWB 50/2012, 4046 und auch BFH Urteil vom 21.1.2015, XI R 5/13, BStBl II 2015, 724).
Mit Urteil vom 28.5.2013 (XI R 11/09, BStBl II 2023, 537 – Nachfolgeentscheidung zum EuGH vom 27.9.2012, C-587/10) hat der BFH entschieden, dass eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung – unter weiteren Voraussetzungen – auch vorliegen kann, wenn ein im Inland ansässiger Unternehmer Gegenstände an einen Unternehmer in einem Drittland ohne USt-IdNr. veräußert und wenn dieser die Gegenstände an einen Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat weiterveräußert, im Inland abholen und unmittelbar an den Letzterwerber versenden lässt.
Eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung setzt u.a. voraus, dass der verkaufte Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet wird. Der Abnehmer muss außerdem Unternehmer sein und mit dem Erwerb in seinem Land der Umsatzsteuer unterliegen. Der Streitfall ist dadurch gekennzeichnet, dass zwei Verkäufe, aber nur eine Versendung stattgefunden hat. Da die Versendung Tatbestandsmerkmal der innergemeinschaftlichen Lieferung ist, kommt es zunächst darauf an, ob die Versendung dem ersten Verkauf zugerechnet werden kann. Nur dann hätte die GmbH eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei erbracht. Dafür besteht im nationalen Recht eine Vermutung (→ Reihengeschäft). Das Gegenteil wäre allerdings der Fall, wenn der US-amerikanische Zwischenhändler der finnischen Endabnehmerin die Verfügungsmacht an den verkauften Gegenständen schon vor deren Versendung verschafft hätte. Das muss das FG noch aufklären (s. BFH Pressemitteilung Nr. 44/13 vom 31.7.2013, LEXinform 0440541).
Beachte:
Die durch das JStG 2019 vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) in § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG neu angefügte Nr. 4 verlangt, dass der Abnehmer i.S.d. Nr. 2 Buchst. a oder b gegenüber dem liefernden Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte USt-IdNr. verwendet (s.o.). Die Verwendung einer USt-IdNr. durch den Abnehmer ist ab 1.1.2020 ein materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal. Bisher war der Unternehmer lediglich im Rahmen des Buchnachweises dazu verpflichtet, die USt-IdNr. seines Abnehmers aufzuzeichnen (§ 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV a.F.; jetzt § 17d Abs. 1 Satz 1 UStDV).
Mit Urteil vom 26.9.2019 (V R 38/18, BStBl II 2020, 112, Rz. 26) hat der BFH entschieden, dass der sich aus der USt-IdNr. der Firma ergebende Nachweis der Unternehmereigenschaft des Abnehmers nicht durch bloße Annahme einer Briefkastenanschrift widerlegt werden kann.
Der BFH hat bereits nach Vorabentscheidung durch den EuGH (Urteil Geissel und Butin vom 15.11.2017, C-374/16 und C-375/16, UR 2017, 970, LEXinform 0651521) entschieden, dass eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung nicht voraussetzt, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist und dass jede Art von Anschrift und damit auch eine Briefkastenanschrift ausreicht, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist (BFH vom 21.6.2018, V R 25/15, BStBl II 2018, 809; s.a. Anmerkung vom 11.12.2019, LEXinform 0889026).
Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a Abs. 1 und 2 UStG) muss der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich USt-IdNr. des Abnehmers buchmäßig nachweisen. Die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein.
Der Unternehmer soll regelmäßig Folgendes aufzeichnen:
den Namen und die Anschrift des Abnehmers;
den Namen und die Anschrift des Beauftragten des Abnehmers bei einer Lieferung, die im Einzelhandel oder in einer für den Einzelhandel gebräuchlichen Art und Weise erfolgt;
den Gewerbezweig oder Beruf des Abnehmers;
die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des Gegenstands der Lieferung oder die Art und den Umfang der einer Lieferung gleichgestellten sonstigen Leistung aufgrund eines Werkvertrags;
den Tag der Lieferung oder der einer Lieferung gleichgestellten sonstigen Leistung aufgrund eines Werkvertrags;
das vereinbarte Entgelt oder bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten das vereinnahmte Entgelt und den Tag der Vereinnahmung;
die Art und den Umfang einer Bearbeitung oder Verarbeitung vor der Beförderung oder der Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet (§ 6a Abs. 1 Satz 2 UStG);
die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet;
den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet.
Abschn. 6a.7. Abs. 1 bis 9 UStAE erläutert ausführlich die Aufzeichnungspflichten, die die Identität des Abnehmers nachweisen. So hat der leistende Unternehmer nachzuweisen, dass die aufgezeichnete USt-IdNr. auch tatsächlich zur Person des Leistungsempfängers gehört. Die Aufzeichnung der USt-IdNr. allein reicht nicht aus, weil sich aus ihr nicht ergibt, wer der tatsächliche Leistungsempfänger ist. Die Beteiligten eines Leistungsaustausches – und somit auch der Abnehmer – ergeben sich regelmäßig aus den zivilrechtlichen Vereinbarungen. Handelt jemand im fremden Namen, kommt es darauf an, ob er hierzu Vertretungsmacht hat. Der Unternehmer muss daher die Identität des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten), z.B. durch Vorlage des Kaufvertrags, nachweisen. Handelt ein Dritter im Namen des Abnehmers, muss der Unternehmer auch die Vollmacht des Vertretungsberechtigten nachweisen, weil beim Handeln im fremden Namen die Wirksamkeit der Vertretung davon abhängt, ob der Vertretungsberechtigte Vertretungsmacht hat.
Dem Verkäufer kann die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung i.S.v. Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL nicht allein deshalb versagt werden, weil die Steuerverwaltung eines anderen Mitgliedstaats eine Löschung der USt-IdNr. des Erwerbers vorgenommen hat, die zwar nach der Lieferung des Gegenstands erfolgt ist, aber auf einen Zeitpunkt vor der Lieferung zurückwirkt (EuGH Urteil vom 6.9.2012, C-273/11, UR 2012, 796, LEXinform 5212186; s.a. Pressemitteilung des EuGH Nr. 111/12 vom 6.9.2012, LEXinform 0438377).
Abschn. 6a.8. UStAE beschäftigt sich mit der Gewährung von Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG (s.a. Weber, NWB 41/2014, 3076).
Nach § 6a Abs. 4 UStG ist eine Lieferung, die der Unternehmer als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt hat, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer. Die Frage, ob der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, stellt sich erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV vollständig nachgekommen ist. Entscheidend dabei ist, dass die vom Unternehmer vorgelegten Nachweise (buch- und belegmäßig) eindeutig und schlüssig auf die Ausführung einer innergemeinschaftlichen Lieferung hindeuten und dass der Unternehmer bei der Nachweisführung – insbes. mit Blick auf die Unrichtigkeit der Angaben – der Sorgfaltspflicht des ordentlichen Kaufmanns genügte und in gutem Glauben war (Abschn. 6a.8. Abs. 1 UStAE).
Nach dem BFH-Urteil vom 11.3.2020 (XI R 38/18, BFH/NV 2020, 1217, LEXinform 0952283) schließt die sorgfaltswidrige Nichtabfrage der USt-IdNr. den Vertrauensschutz aus. Die Nichtabfrage der USt-IdNr. des Empfängers zeitnah zur ersten innergemeinschaftlichen Lieferung und darauffolgend in regelmäßigen Abständen während der laufenden Lieferbeziehung kann nach den Umständen des Einzelfalls eine Sorgfaltspflichtverletzung darstellen, die Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG ausschließt. Wird die Abfragemöglichkeit nach § 18e UStG sorgfaltspflichtwidrig nicht wahrgenommen, ergibt sich aus sachlichen Billigkeitsgründen kein über § 6a Abs. 4 UStG hinausgehender Vertrauensschutz.
Eine Steuerfreiheit aufgrund des Schutzes des guten Glaubens des Ausfuhrlieferers (§ 6a Abs. 4 Satz 1 UStG) kommt nicht in Betracht, wenn trotz erheblicher Geschäfte mit einem neuen, unbekannten Kunden das Bestätigungsverfahren für die Richtigkeit der USt-IdNr. nicht beansprucht wird (BFH Beschluss vom 2.4.1997, V B 159/96, BFH/NV 1997, 629; Abschn. 6a.8. Abs. 6 UStAE).
Zum Gutglaubenschutz bei innergemeinschaftlichen Lieferungen hat das FG Rheinland-Pfalz mit rkr. Urteil vom 26.8.2010 (6 K 1130/09, EFG 2011, 275, LEXinform 5010781) entschieden, dass nach der Rechtsprechung des BFH folgt, dass sofern der Unternehmer seinen Nachweispflichten nicht nachkommt, grundsätzlich davon auszugehen ist, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung gem. § 6a Abs. 1 UStG nicht erfüllt sind. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn trotz der Nichterfüllung der – formellen – Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen. Dann ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die nach § 6a Abs. 3 UStG erforderlichen Nachweise nicht erbrachte (BFH Urteile vom 6.12.2007, V R 59/03, BStBl II 2009, 57; vom 8.11.2007, V R 71/05, BStBl II 2009, 52 und V R 72/05, BStBl II 2009, 55).
Kommt der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach, ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung gem. § 6a Abs. 1 UStG erfüllt sind. Erweisen sich die Nachweisangaben aber als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht nach allgemeinen Beweisregeln und -grundsätzen ausräumt, ist die Lieferung stpfl. Der Unternehmer trägt dabei das Risiko einer nicht geglückten Aufklärung einer als zweifelhaft erscheinenden Beförderung zum Bestimmungsort oder einer zweifelhaften Bevollmächtigung eines Abnahmebeauftragten. Ausnahmsweise kann die Lieferung aber unter den Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelung nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei sein, wenn die Unrichtigkeit auf Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. Ebenso ist es, wenn die Unrichtigkeit von Belegangaben noch nicht feststeht, an ihrer Richtigkeit aber begründete Zweifel bestehen (vgl. BFH Urteil vom 12.5.2009, V R 65/06, BStBl II 2010, 511).
Die Frage, ob sich der Unternehmer auf den Vertrauensschutz des § 6a Abs. 4 UStG berufen kann, weil er die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, stellt sich aber erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV vollständig nachgekommen ist (s. dazu auch das BFH Urteil vom 15.2.2012, XI R 42/10, BFH/NV 2012, 1188, LEXinform 0928292). Die Versicherung des Abnehmers i.S.v. § 17b Abs. 3 Nr. 2 Buchst. e UStDV, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern, muss im Zeitpunkt der Übergabe erstellt werden. Denn ab dem Zeitpunkt der Übergabe der Waren hat der veräußernde Unternehmer keinerlei Möglichkeiten mehr, darauf Einfluss zu nehmen, dass die Waren tatsächlich ins Ausland verbracht werden (FG Hamburg Urteil vom 2.3.2010, 2 K 191/09, LEXinform 5010087).
Unternehmer müssen die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nachweisen und dabei die kaufmännische Sorgfalt walten lassen. Auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift des Abholers unter der Empfangsbestätigung und der Unterschrift auf dessen Personalausweis können Umstände darstellen, die den Unternehmer zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen müssen – so der Tenor des BFH-Urteils vom 14.11.2012 (XI R 17/12, BStBl II 2013, 407). Die Richter weisen darauf hin, dass an die Nachweispflichten besonders hohe Anforderungen gestellt werden müssen, wenn der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen Pkw (im Urteilsfall: ein Porsche 911 Carrera) ein Barkauf mit einem Beauftragten zugrunde liegt (s.a. Anmerkung vom 23.4.2013, LEXinform 0652103).
Für die Inanspruchnahme des Vertrauensschutzes nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG muss der Lieferer in gutem Glauben handeln und alle Maßnahmen ergreifen, die vernünftigerweise verlangt werden können, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt. Dabei sind alle Gesichtspunkte und tatsächlichen Umstände um-fassend zu berücksichtigen. Danach kann sich die zur Steuerpflicht führende Bösgläubigkeit auch aus Umständen ergeben, die nicht mit den Beleg- und Buchangaben zusammenhängen (vgl. BFH Urteil vom 25.4.2013, V R 28/11, BStBl II 2013, 656; s.a. Anmerkung vom 27.6.2013, LEXinform 0943930).
Bei unrichtigen Angaben eines vermeintlichen Bevollmächtigten des Abnehmers und fehlenden Nachforschungen des liefernden Unternehmers zum tatsächlichen Vorliegen einer Vollmacht ist eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nicht gegeben (Urteil FG Sachsen-Anhalt vom 22.1.2014, 2 K 1122/11, LEXinform 5016967, rkr.). Die Vertrauensregelung des § 6a Abs. 4 UStG ist nicht anwendbar, wenn die unrichtigen Angaben von einer Person stammen, deren Bevollmächtigung durch den Abnehmer nicht nachgewiesen wurde. Die Lieferung von Pkw ist – auch nicht aufgrund § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG – als innergemeinschaftliche Lieferung nicht steuerfrei, wenn das liefernde Unternehmen es unterlassen hat, zum vermeintlichen Abnehmer Kontakt aufzunehmen, und sich stattdessen auf die – tatsächlich unrichtigen – Angaben des dem Geschäftsführer persönlich bekannten angeblichen Bevollmächtigten des Abnehmers über die angeblich geplante Beförderung in einen anderen Mitgliedstaat der Union verlassen und sich die Bevollmächtigung nicht nachweisen lassen hat; insoweit reicht es nicht aus, dass der (vermeintliche) Abnehmer über eine gültige USt-IdNr. verfügt und das liefernde Unternehmen sich diese und die Gewerbeanmeldung hat bestätigen lassen (s.a. Urteil FG Hamburg vom 5.2.2015, 3 K 46/14, EFG 2015, 1872, rkr. sowie FG München vom 28.10.2014, 2 K 1412/11, LEXinform 5017290, rkr.).
Führt der Unternehmer steuerfreie Lieferungen i.S.d. § 6a UStG aus, so ist er zur Ausstellung von Rechnungen verpflichtet, in denen er auf die Steuerfreiheit hinweist (§ 14a Abs. 3 Satz 1 UStG). Der Rechnungsbegriff des § 14a UStG richtet sich nach § 14 Abs. 1 UStG (Abschn. 14a.1. Abs. 1 UStAE; → Rechnung). Entsprechend § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG kann auch mit Gutschrift abgerechnet werden.
Abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG ist der Unternehmer, der steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen i.S.d. § 4 Nr. 1 Buchst. b und des § 6a UStG ausführt, zur Ausstellung von Rechnungen verpflichtet, in denen er auf die Steuerfreiheit hinweist und seine USt-IdNr. und die des Abnehmers angibt (Abschn. 14a.1. Abs. 3 UStAE). Die Rechnung ist spätestens am 15. Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Lieferung ausgeführt worden ist, auszustellen.
In den Fällen des § 6a UStG besteht die Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung nicht nur, wenn der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für unternehmerische Zwecke erworben hat. Sie besteht auch dann, wenn die innergemeinschaftliche Lieferung an eine juristische Person (z.B. eingetragener Verein oder Körperschaft des öffentlichen Rechts) erfolgt, die entweder kein Unternehmer ist oder den Gegenstand der Lieferung für ihren nichtunternehmerischen Bereich erworben hat (Abschn. 14a.1. Abs. 4 UStAE).
Die Vorschrift des § 14a Abs. 3 UStG gilt für Unternehmer und für Fahrzeuglieferer (§ 2a UStG), die derartige Lieferungen an nicht in § 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG genannte Erwerber (z.B. Privatpersonen und nicht unternehmerisch tätige Personenzusammenschlüsse) ausführen (§ 14a Abs. 3 und 4 UStG, Abschn. 14a.1. Abs. 8 UStAE).
Der Unternehmer hat ein Doppel der Rechnung zehn Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kj., in dem die Rechnung ausgestellt worden ist (§ 14b Abs. 1 UStG).
Jeder Unternehmer i.S.d. § 2 UStG, der innergemeinschaftliche Warenlieferungen (§ 18a Abs. 6 UStG) ausgeführt hat, ist verpflichtet, dem BZSt bis zum 25. Tag nach Ablauf des Meldezeitraums eine Zusammenfassende Meldung (ZM) zu übermitteln. Kleinunternehmer i.S.v. § 19 Abs. 1 UStG müssen keine ZM abgeben (§ 18a Abs. 4 UStG). In Abhängigkeit von den jeweiligen Voraussetzungen ist Meldezeitraum für die ZM der Kalendermonat (§ 18a Abs. 1 Satz 1 UStG), das Kalendervierteljahr (§ 18a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 UStG) oder das Kj. (§ 18a Abs. 9 UStG), vgl. Abschn. 18a.2. Abs. 4 UStAE. Für einen Meldezeitraum, in dem keine der vorstehenden Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausgeführt wurden, ist eine ZM nicht zu übermitteln (Abschn. 18a.1. Abs. 1 UStAE).
Die ZM ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln (Abschn. 18a.1. Abs. 4 UStAE).
Zu den Angaben in der ZM für den jeweiligen Meldezeitraum s. Abschn. 18a.3. UStAE.
Nach § 18b Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UStG hat der Unternehmer für jeden Voranmeldungs- und Besteuerungszeitraum in den amtlich vorgeschrieben Vordrucken (→ Voranmeldung) die Bemessungsgrundlagen der innergemeinschaftlichen Lieferungen zu erklären (s. Zeile 18 des Vordrucks USt 1 A 2024). Die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1 UStG) sind in dem Voranmeldungszeitraum zu erklären, in dem die Rechnung ausgestellt wird, spätestens jedoch in dem Voranmeldungszeitraum, in dem der Monat endet, der auf die Lieferung folgt. Über die in Zeile 18 einzutragenden Umsätze sind ZM an das BZSt auf elektronischem Weg zu übermitteln. Innergemeinschaftliche Lieferungen, die der Unternehmer nicht richtig, vollständig oder fristgerecht in der ZM angibt, sind stpfl. (vgl. Abschn. 4.1.2. Abs. 2 und 3 UStAE) und ausschließlich in den Zeilen 12 bis 15 bzw. 45 einzutragen.
Über die in den Zeilen 19 und 20 einzutragenden Umsätze ist für jede innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs eine Meldung nach der Fahrzeuglieferungs-MeldepflichtVO an das BZSt zu übermitteln (§ 18c UStG; → Innergemeinschaftliche Fahrzeuglieferungen bzw. -erwerbe sowie Vordruck USt 1 E – Anleitung zur Umsatzsteuer-Voranmeldung 2024).
Durch Art. 12 Nr. 5 Buchst. a des JStG 2019 wird § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG neu gefasst. Die Neuregelungen treten ab 1.1.2020 in Kraft.
Durch die Änderung wird die Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung versagt, wenn der liefernde Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der ZM (§ 18a UStG) für den betreffenden Meldezeitraum nicht, unrichtig oder unvollständig im Hinblick auf die jeweilige Lieferung nachgekommen ist. Eine etwaige Versagung der Steuerbefreiung tritt zeitlich regelmäßig nach Bewirken des Umsatzes ein, weil die Abgabe einer ZM zu einer innergemeinschaftlichen Lieferung immer erst später (bis zum 25. Tag nach Ablauf jedes Kalendermonats – Meldezeitraum –, in dem die innergemeinschaftliche Lieferung ausgeführt wurde, § 18a Abs. 1 Satz 1 UStG) erfolgt und somit frühestens erst in diesem Zeitpunkt feststehen kann, ob die Abgabe der ZM ordnungsgemäß war (Abschn. 4.1.2. Abs. 2 UStAE).
Der Unternehmer, der nachträglich erkennt, dass eine von ihm abgegebene ZM unrichtig oder unvollständig ist, ist verpflichtet, die ursprüngliche Meldung innerhalb eines Monats zu berichtigen (§ 18a Abs. 10 UStG). Die in § 18a Abs. 10 UStG normierte Monatsfrist dient ausschließlich den Zwecken der Durchführung eines ordnungsgemäßen innergemeinschaftlichen Kontrollverfahrens sowie eines etwaigen Bußgeldverfahrens (§ 26a Abs. 2 Nr. 5 UStG). Die Verpflichtung zur Abgabe einer richtigen und vollständigen ZM für Zwecke der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG besteht auch über die in § 18a Abs. 10 UStG genannte Frist hinaus (Abschn. 4.1.2. Abs. 3 Satz 4 und 5 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 20.5.2022, BStBl I 2022, 738; s.a. Hammerl u.a., NWB 34/2022, 2408).
Beachte:
Durch Art. 16 Nr. 3 i.V.m. Art. 43 Abs. 6 des JStG 2022 vom 16.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) wird ab 1.1.2023 in § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG Satz 2 gestrichen.
Durch die Streichung von § 4 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 UStG wird klargestellt, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung unabhängig von der in § 18a Abs. 10 UStG enthaltenen Frist gelten. Diese ist allein für Zwecke der Durchführung eines ordnungsgemäßen innergemeinschaftlichen Kontrollverfahrens sowie eines etwaigen Bußgeldverfahrens (§ 26a Abs. 1 Nr. 5 UStG) maßgebend. Die Verpflichtung zur Abgabe einer richtigen und vollständigen ZM als Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung für die ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferungen besteht hingegen auch über die in § 18a Abs. 10 UStG genannte Frist hinaus (s. dazu bereits die Verwaltungsregelung im BMF-Schreiben vom 20.5.2022, BStBl I 2022, 738).
Gibt der Unternehmer innerhalb der Festsetzungsfrist eine korrigierte ZM oder eine erstmalige ZM für den betreffenden Meldezeitraum vollständig und richtig ab, lebt die Steuerbefreiung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen wieder auf bzw. die Voraussetzungen liegen bei einer erstmaligen Abgabe der ZM für die Steuerbefreiung in diesem Zeitpunkt erstmals vor.
Durch die Abgabe einer zutreffenden ZM für den betreffenden Meldezeitraum gelten die vorangegangenen Versäumnisse des Unternehmers als hinreichend entschuldigt. Dies steht im Einklang mit Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL (BT-Drs. 20/3879, 112).
Die Richtigkeit und Vollständigkeit einer ZM stehen insbes. auch im Hinblick auf diese Berichtigungsmöglichkeit regelmäßig erst in einem bestimmten zeitlichen Abstand zu der innergemeinschaftlichen Lieferung fest. Somit konnte das in § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG aufgenommene Tatbestandsmerkmal der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung systematisch nicht in die Definition einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 6a UStG) aufgenommen werden.
Berichtigt der Unternehmer eine ursprünglich unrichtig oder unvollständig abgegebene Zusammenfassende Meldung (§ 18a Abs. 10 UStG), wirkt dies für Zwecke der Steuerbefreiung auf den Zeitpunkt des Umsatzes zurück. Entsprechendes gilt für die verspätete Abgabe einer richtigen und vollständigen Meldung.
Berichtigt der Unternehmer die fehlerhafte ursprüngliche ZM für den Meldezeitraum nicht, ist die Steuerbefreiung für die betreffende Lieferung nachträglich zu versagen. Eine Berichtigung von Fehlern in einer anderen ZM als der ursprünglichen, führt zu keinem Aufleben der Steuerfreiheit für die betreffende Lieferung (Abschn. 4.1.2. Abs. 3 Satz 6 UStAE).
Wird eine nicht fristgerecht abgegebene ZM erstmalig für den betreffenden Meldezeitraum richtig und vollständig abgegeben, liegen in diesem Zeitpunkt erstmals die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vor und diese ist bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen zu gewähren. Die erstmalige Abgabe einer ZM und die Berichtigung einer fehlerhaften ZM durch den Unternehmer innerhalb der Festsetzungsfrist entfalten für Zwecke der Steuerbefreiung Rückwirkung. Die rückwirkende Gewährung der Steuerbefreiung im Veranlagungsverfahren schließt ein Bußgeldverfahren des BZSt nach § 26a Abs. 2 Nr. 5 UStG nicht aus (Abschn. 4.1.2. Abs. 3 Satz 8 ff. UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 20.5.2022, BStBl I 2022, 738).
Beispiel 13:
Der in Deutschland ansässige Unternehmer U liefert an einen französischen Kraftwerksbetreiber A am 10.2.01 eine Maschine im Wert von 50 000 €. Die Rechnungsstellung erfolgt ebenfalls am 10.2.01. A hat gegenüber U seine französische USt-IdNr. bei Auftragserteilung verwendet.
Alternative 1:
In der ZM für Februar 01 gibt U versehentlich durch einen fehlerhaften Abgleich im Buchhaltungssystem an, Gegenstände im Wert von 5 000 € an A geliefert zu haben. U entdeckt den Fehler zufällig am 10.6.01 und meldet in der ZM Juni 01, die er am 5.7.01 an das BZSt übermittelt, dass er an A Waren im Wert von 45 000 € geliefert hat.
Alternative 2:
U gibt nach Ablauf des Meldezeitraums für Februar 01 keine ZM ab.
Lösung 13:
Alternative 1:
S. das Beispiel 1 zu Abschn. 4.1.2. Abs. 3 UStAE.
Zwar liegen die übrigen Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vor, allerdings hat U für Februar 01 eine unrichtige ZM in Bezug auf die Lieferung an A abgegeben. Da er den Fehler nicht in der ursprünglichen ZM für Februar 01 berichtigt hat, sondern in der ZM für Juni 01, ist die Steuerfreiheit insgesamt zu versagen. Würde U die ZM sowohl für Februar 01 als auch für Juni 01 berichtigen, wäre die Steuerbefreiung für die Lieferung an A rückwirkend zu gewähren, sofern die entsprechenden Steuerfestsetzungen noch änderbar sind.
Alternative 2:
S. das Beispiel 2 zu Abschn. 4.1.2. Abs. 3 UStAE.
Es liegen nicht alle materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung vor. Die Steuerbefreiung ist für diese Lieferung zu versagen. Gibt U die ZM für Februar 01 nach Ablauf der Abgabefrist noch richtig und vollständig ab, liegen die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung im Zeitpunkt der verspäteten Abgabe erstmals vor und die Steuerbefreiung für die Lieferung an A ist rückwirkend zu gewähren, sofern die entsprechende Steuerfestsetzung noch änderbar ist.
Vorsteuerbeträge für steuerfreie Umsätze sind nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen. Der Ausschluss erstreckt sich nicht auf die Vorsteuerbeträge, die den in § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a und b UStG bezeichneten steuerfreien Umsätzen zuzurechnen sind (Abschn. 15.13. Abs. 1 Satz 1 und 2 UStAE). Unter Buchst. a des § 15 Abs. 3 Nr. 1 UStG fallen u.a. die Ausfuhrlieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. a, § 6 UStG) sowie die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG; Abschn. 15.13. Abs. 2 Satz 1 UStAE).
Fällt ein Umsatz sowohl unter eine der in § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. a UStG bezeichneten Befreiungsvorschriften als auch unter eine Befreiungsvorschrift, die den Vorsteuerabzug ausschließt, z.B. die innergemeinschaftliche Lieferung von Blutkonserven zu therapeutischen Zwecken, geht die Steuerbefreiung, die den Vorsteuerabzug ausschließt – im Beispiel § 4 Nr. 17 Buchst. a UStG – der in § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. a UStG aufgeführten Befreiungsvorschrift vor. Daher kann für diese Umsätze kein Vorsteuerabzug beansprucht werden (Abschn. 15.13. Abs. 5 UStAE). Mit Urteil vom 22.8.2013 (V R 30/12, BStBl II 2014, 133) hat der BFH die Verwaltungsregelung in Abschn. 15.13. Abs. 5 UStAE bestätigt.
Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer Stichwort: Innergemeinschaftliche Lieferung (Loseblatt); Huschens, Neuregelung der Nachweispflichten bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ab 1.10.2013, NWB 2013, 1394; Huschens, Nachweispflichten bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ab 1.10.2013 bzw. 1.1.2014, NWB 2013, 3135; Sterzinger, Beleg- und Buchnachweispflichten bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, UStB 2013, 326; Weber, Vertrauensschutz in der Umsatzsteuer, NWB 41/2014, 3076; Heidner, Buch- und Belegnachweis als Voraussetzung der Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen, UR 20/2015, 773; Wäger, Der Kampf gegen die Steuerhinterziehung, UR 3/2015, 81; Frye, Nachweis der Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung, UR 19/2014, 753; Gries u.a., Formale Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug und die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung, NWB 24/2016, 1794; Streit u.a., EuGH zu steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen, NWB 48/2017, 3632; Fietz u.a., Die sog. Quick Fixes der neuen Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie – Neuregelungen bei Konsignationslagern, Reihengeschäften und innergemeinschaftlichen Lieferungen ab 1.1.2020, NWB 7/2019, 433; Meyer-Burow u.a., Einführung von »Quick Fixes« für bestimmte innergemeinschaftliche Lieferungen zwischen Unternehmern zum 1.1.2020, UStB 4/2019, 111; Liebgott, Quick-Fixes: Der »EU-Gelangensnachweis«, UR 6/2019, 216; Frye, Zusätzliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen ab 1.1.2020, UR 2020, 325; Wäger, Abzugs- und Befreiungsversagung nach Unionsrecht und § 25f Abs. 1 UStG, UR 2/2020, 45; Grommes, Die Einführung des § 25f UStG aus steuerstrafrechtlicher Sicht, UR 4/2020, 135; Reiß, Die gesetzliche Neuregelung des § 25f UStG als umsatzsteuerrechtlich und strafrechtlich verfehlte Regelung, UR 2020, 408; Sterzinger, Einführungsschreiben des BMF v. 9.10.2020 zu den geänderten Anforderungen bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, UStB 2020, 387.
→ Innergemeinschaftliche Fahrzeuglieferungen bzw. -erwerbe
→ Innergemeinschaftlicher Erwerb
→ Innergemeinschaftliches Verbringen
→ Rechnung
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