1 Begriff
2 Arten von juristischen Personen
2.1 Allgemeiner Überblick
2.2 Juristische Personen des Privatrechts
2.3 Juristische Personen des öffentlichen Rechts
3 Rechtsfähigkeit
4 Entstehung
5 Steuerliche Rechtsfähigkeit
6 Zusammenfassende Übersicht
7 Umsatzsteuerliche Aspekte
7.1 Juristische Personen als umsatzsteuerliche Unternehmer
7.1.1 Juristische Personen des Zivilrechts
7.1.2 Juristische Personen des öffentlichen Rechts
7.2 Umsatzsteuer-Identifikationsnummern
7.3 Ort der sonstigen Leistung
7.4 Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG
8 Literaturhinweis
9 Verwandte Lexikonartikel
Eine juristische Person ist eine rechtlich selbstständige und wie eine natürliche Person mit eigener Rechtsfähigkeit ausgestattete Personenmehrheit, die auf Dauer angelegt und vom Bestand und Wechsel der Mitglieder unabhängig ist. Juristische Personen sind zwar rechtsfähig, aber ohne ihre Organe, die für sie handeln, nicht selbst handlungsfähig.
Zu unterscheiden sind die juristischen Personen des Privatrechts (insbesondere → Kapitalgesellschaften) und die des öffentlichen Rechts.
Bei juristischen Personen des Privatrechts handelt es sich um Personenvereinigungen oder Zweckvermögen mit anerkannter rechtlicher Selbstständigkeit.
Zu den juristischen Personen des privaten Rechts gehören:
Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH); einschließlich der UG
Aktiengesellschaften (AG)
Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA)
Europäische Gesellschaften
Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG)
Eingetragene Genossenschaften (eG)
Eingetragene Vereine (e.V.)
Privatrechtliche Stiftungen
Juristische Personen des öffentlichen Rechts (→ Körperschaften des öffentlichen Rechts) sind insbesondere die Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden), die öffentlich- rechtlichen Religionsgemeinschaften, die Innungen, Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern. Dazu gehören auch Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (R 4.1 Abs. 1 Satz 2 KStR).
Betrieb gewerblicher Art |
Hoheitsbetrieb |
Betrieb gewerblicher Art: § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 KStG: unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Jeder einzelne Betrieb unterliegt der KSt (R 4.1 Abs. 3 KStR). Die Zusammenfassung mehrerer gleichartiger Betriebe ist zulässig (R 4.1 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. R 4.2 KStR). |
Hoheitsbereich (Hoheitsbetriebe): dienen überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt (§ 4 Abs. 5 Satz 1 KStG, R 4.4 KStR). |
Jeder Tätigkeitsbereich ist für sich zu beurteilen. Kann die Tätigkeit nicht genau zugeordnet werden, ist auf die überwiegende Zweckbestimmung der Tätigkeit abzustellen (R 4.1 Abs. 3 Satz 2 KStR). |
Abb.: Tätigkeitsbereiche einer juristischen Person des öffentlichen Rechts
Zur Abgrenzung der Betriebe gewerblicher Art zum Hoheitsbereich können folgende Merkmale herangezogen werden:
nachhaltige Tätigkeit,
wirtschaftliche Tätigkeit
zur Erzielung von Einnahmen
außerhalb der Land- und Forstwirtschaft
aus der Gesamtbetätigung der Körperschaft wirtschaftlich herausgehoben,
besondere Leitung,
geschlossener Geschäftskreis,
eigene Buchführung,
Tätigkeit von einigem Gewicht, d.h. Jahresumsatz über 45 000 € ist Anhaltspunkt dafür, dass Tätigkeit wirtschaftlich bedeutend ist (R 4.1 Abs. 5 KStR).
Ohne einen nachhaltigen Jahresumsatz von 45 000 € ist ein Betrieb gewerblicher Art nur anzunehmen, wenn die Körperschaft mit ihrer Tätigkeit zu anderen Unternehmen unmittelbar in Wettbewerb tritt (R 4.1 Abs. 5 Satz 5 KStR).
Die Einkünfte aus einem Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts sind stets als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln. Das gilt auch im Fall der Verpachtung eines Betriebs gewerblicher Art (s.a. H 8.2 »Einkunftsart« KStH).
Betriebe gewerblicher Art sind nach § 2 GewStG gewerbesteuerpflichtig, soweit sie auch die Merkmale eines Gewerbebetriebs (§ 15 Abs. 2 EStG) erfüllen (R 2.1 (6) GewStR).
Juristische Personen des öffentlichen Rechts gelten nach § 2b UStG nicht als Unternehmer i.S.d. § 2 UStG, soweit sie hoheitliche Tätigkeiten ausüben. Das gilt jedoch nicht, soweit die Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führt (§ 2b Abs. 1 Satz 2 UStG) bzw. für die in § 2b Abs. 4 UStG aufgeführten Tätigkeiten.
Das Unternehmen umfasst die Gesamtheit der Betriebe gewerblicher Art und alle land- und forstwirtschaftlichen Betriebe der juristischen Personen des öffentlichen Rechts (s.a. → Innergemeinschaftlicher Erwerb).
Die juristische Person kann Träger von Rechten und Pflichten sein, die sie durch ihre Organe ausübt. Für Schulden der juristischen Person haftet nur ihr Vermögen. Die Mitglieder haften mit ihrem Vermögen grundsätzlich nicht für Verbindlichkeiten der juristischen Person. Näheres siehe unter → Haftung.
Die juristischen Personen können auf zweierlei Weise errichtet werden:
Durch staatliche Genehmigung, z.B. wirtschaftlicher Verein (§ 22 BGB) oder Anerkennung einer rechtsfähigen → Stiftung (§ 80 BGB).
Durch die Eintragung in ein öffentliches Register.
Die Steuerfähigkeit bestimmt sich nach dem einzelnen Steuergesetz; man spricht deshalb von der steuerlichen Teilrechtsfähigkeit. So unterliegen juristische Personen der → Körperschaftsteuer, natürliche Personen unterliegen mit ihrem zu versteuernden Einkommen der Einkommenstreuer. Mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit unterliegt die juristische Person der → Umsatzsteuer.
Abb.: Juristische Personen
Grundsätzlich gilt für juristische Personen des Zivilrechts, genau wie für natürliche Personen, dass diese dann Unternehmer sind, wenn sie selbstständig eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausüben. Diese muss mit Umsatzerzielungsabsicht, nachhaltig und mit Beteiligung an einem öffentlich zugänglichen Markt ausgeübt sein (§ 2 Abs. 1 UStG).
Erbringt eine juristische Person des Zivilrechts, die dem Gesamtbild nach finanziell, organisatorisch und wirtschaftlich in einen Organkreis eingegliedert ist, eine Lieferung oder sonstige Leistung an einen Empfänger, der zum selben Organkreis gehört, so wird die Selbstständigkeit bei der Ausübung der gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG verneint (umsatzsteuerliche Organschaft). Die Wirkung einer solchen Organschaft ist jedoch auf Innenleistungen beschränkt, die zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen geleistet werden (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 und 3 UStG).
Bis Ende 2016 wurde die Umsatzsteuerpflicht von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) an das Vorliegen eines Betriebs gewerblicher Art geknüpft (§ 2 Abs. 3 UStG a.F.). Diese Rechtslage war jedoch nicht mehr mit der EuGH-Rechtsprechung vereinbar, wonach eine jPöR immer dann unternehmerisch tätig wird, wenn sie »wie ein Privater« wirtschaftlich tätig wird.
Ab dem 1.1.2017 wird die Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach den allgemeinen Grundsätzen des § 2 UStG beurteilt. § 2b UStG regelt hierzu lediglich folgende Ausnahme:
So ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts nur noch dann nicht unternehmerisch tätig, wenn sie Tätigkeiten ausübt, die ihr im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, wenn es dabei nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen kommt.
Größere Wettbewerbsverzerrungen liegen dann nicht vor, wenn die Umsätze aus den dem Grunde nach wettbewerbsverzerrenden Tätigkeiten 17 500 € nicht übersteigen oder die Umsätze nach § 4 UStG steuerbefreit wären, wenn diese auf privatrechtlicher Grundlage erbracht worden wären (§ 2b Abs. 2 UStG).
Bis zum 31.12.2016 konnten JPöR im Rahmen einer Übergangsregelung die Anwendung des alten Rechts (d.h. des § 2 Abs. 3 UStG a.F.) beantragen. Das hat zur Folge, dass (zunächst) bis einschließlich zum 31.12.2020 auf die erbrachten Leistungen § 2 Abs. 3 UStG a.F. anzuwenden ist (§ 27 Abs. 22 UStG). Diese Übergangsregelung zwischenzeitlich zweimal verlängert. Zunächst erfolgte eine Verlängerung durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz vom 19.6.2020 (BGBl. I 2020, 2417) bis zum 31.12.2023 für alle jPöR, die einen zulässigen Antrag auf Anwendung der Übergangsregelung nach § 27 Abs. 22 UStG gestellt und diesen nicht bis zum 31.12.2020 widerrufen haben (§ 27 Abs. 22a Satz 1 UStG). Durch das JStG 2022 vom 16.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) wurde die Übergangsregelung nochmals bis zum 31.12.2024 verlängert. Die jPöR haben jedoch auch in der verlängerten Übergangsregelung die Möglichkeit, auf die Anwendung der Übergangsregelung, mit Wirkung ab Beginn des auf das Jahr der Abgabe des Widerrufs der Option folgenden Kj., zu verzichten (§ 27 Abs. 22a UStG).
Wegen weiterer Einzelheiten zur Anwendung des § 2b UStG wird auf das BMF-Schreiben vom 16.12.2016 (BStBl I 2016, 1451) verwiesen.
Auf Antrag erteilt das Bundeszentralamt für Steuern eine UStIdNr. Dies ist auch für juristische Personen möglich, die nicht unternehmerisch tätig sind, aber die Nummer für innergemeinschaftliche Erwerbe benötigen (§ 27a Abs. 1 Satz 2 UStG).
Im Falle einer Organschaft wird auf Antrag für jede juristische Person eine eigene UStIdNr. erteilt (§ 27a Abs. 1 Satz 3 UStG).
Der juristischen Person kommt in Bezug auf den Ort der sonstigen Leistung im Umsatzsteuerrecht eine besondere Bedeutung zu, da für sie einige Ausnahmen gelten. Grundsätzlich befindet sich der Ort der sonstigen Leistung an dem Ort, an dem der leistende Unternehmer sein Unternehmen bzw. seine Betriebsstätte betreibt, sofern es sich beim Empfänger nicht um einen Unternehmer handelt (§ 3c Abs. 1 UStG). Dies gilt jedoch nicht zwangsläufig für juristische Personen ohne unternehmerische Tätigkeit. Besitzt eine solche nicht unternehmerisch tätige juristische Person eine UStIdNr., so befindet sich der Ort der sonstigen Leistung – trotz nicht vorhandener unternehmerischer Tätigkeit – grundsätzlich an dem Ort, von dem aus die juristische Person tätig ist, bzw. am Ort ihrer Betriebsstätte (§ 3a Abs. 2 Satz 3 UStG). Im Ergebnis werden also nicht unternehmerisch tätige juristische Personen für die Bestimmung des Ortes der sonstigen Leistung Unternehmern gleichgestellt. (vgl. Abschn. 3a.2 (7) UStAE).
Die identische Regelung gilt, wenn kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen oder Arbeiten an beweglichen, körperlichen Gegenständen erbracht oder solche begutachtet werden. Grundsätzlich ist der Ort der sonstigen Leistungen in solchen Fällen am Erbringungsort. Im Falle einer nicht unternehmerisch tätigen juristischen Person mit UStIdNr. gilt auch für solche Leistungen der Ort als Ort der sonstigen Leistung, von dem aus die juristische Person tätig ist, bzw. ihrer Betriebsstätte (§ 3a Abs. 3 Nr. 3a, c UStG i.V.m. § 3a Abs. 2 UStG).
Einzige Ausnahme bietet die Gewährung von Eintrittsrechten zu künstlerischen Darbietungen oder Messen etc. In diesen Fällen befindet sich der Ort der sonstigen Leistung am Ort der Veranstaltung (§ 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG).
Zu beachten ist dies ebenfalls bei immateriellen Dienstleistungen nach § 3a Abs. 4 Satz 2 UStG für nicht unternehmerisch tätige juristische Personen im Drittland.
Dieser Gleichstellung sind ebenfalls Leistungen nach § 3b Abs. 2 und 3 UStG unterworfen.
Es gibt jedoch auch Ausnahmen von dieser Gleichstellung. Sie findet beispielsweise keine Anwendungen bei Beförderungsleistungen nach § 3b Abs. 1 UStG, die keine innergemeinschaftliche Beförderung darstellen (§ 3b Abs. 1 Satz 3 UStG).
Ebenfalls wird bei der Bestimmung des Lieferungsortes in besonderen Fällen nach § 3c UStG unterschieden, ob es sich um eine unternehmerisch tätige juristische Person handelt oder nicht.
Unternehmer und juristische Personen schulden als Leistungsempfänger für bestimmte an sie im Inland ausgeführte steuerpflichtige Umsätze nach § 13b UStG (sog. Reverse Charge) die Steuer. Die Steuerschuldnerschaft erstreckt sich mit Ausnahme der in § 13b Abs. 5 Satz 10 UStG genannten Leistungen, die ausschließlich an den nichtunternehmerischen Bereich von jPöR erbracht werden, sowohl auf die Umsätze für den unternehmerischen als auch auf die Umsätze für den nichtunternehmerischen Bereich des Leistungsempfängers (Abschn. 13b.1 Abs. 1 UStAE).
Unter die Abzugsverpflichtung nach § 13b UStG fallen z.B.:
Nach § 3a Abs. 2 UStG im Inland steuerpflichtige sonstige Leistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers (§ 13b Abs. 1 UStG);
Werklieferungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers (§ 13b Abs. 2 Nr. 1 UstG);
Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens (§ 13b Abs. 2 Nr. 2 UStG);
Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen (§ 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG), wenn auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG verzichtet wurde;
Bauleistungen, einschließlich Werklieferungen und so. Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken, die Herstellung, Instandsetzung usw. von Bauwerken dienen (§ 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG).
Schönwald, Überblick über den Anwendungsbereich des Körperschaftsteuerrechts, Steuer & Studium 2004, 498; Maier u.a., Grundkurs des Steuerrechts Band 10 (Bürgerliches Recht und Steuerrecht), 11. A.; Weimar u.a., Grundfragen des Rechts der Aktiengesellschaft, NWB Fach 18, 4715; Weber, Rechtsformwahl – Steueroptimierung durch Änderung der Rechtsform, NWB Fach 2, 9847; Reform der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand, NWB DokID QAAAG-35940; Weber, Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand – Das Anwendungsschreiben des BMF zu § 2b, UVR 2017, 75.
→ Körperschaften des öffentlichen Rechts
→ Stiftung
→ Verein
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