Kirchensteuer

Stand: 16. Dezember 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Kirchensteuer wird von berechtigen Religionsgemeinschaften erhoben, um ihre kirchlichen Belange zu decken.
  • Kirchensteuer müssen alle zahlen, die:
    • einen Wohnsitz in Deutschland haben
    • über ein Einkommen verfügen
    • einer Religionsgemeinschaft angehören, die Steuern erhebt
  • Der Arbeitnehmer zahlt die Kirchensteuer beim Arbeitgeber wie die Lohnsteuer, die an das Finanzamt weitergeleitet wird.
  • Der Kirchensteuersatz beläuft sich auf 8% der Einkommen- bzw. Lohnsteuer. Unter Sonderausgaben der Einkommensteuererklärung können Mitglieder der Religionsgemeinschaft ihre Steuer absetzen.  Eine Austrittserklärung aus der Religionsgemeinschaft führt zum Erlass der Kirchensteuer

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeines
1.1 Kirchensteuer
1.2 Mitgliederanzahl
2 Das Kirchensteuerschuldverhältnis
2.1 Der Steuergläubiger
2.2 Steuerschuldner
2.3 Berechnung der Kirchensteuer
2.3.1 Bemessungsgrundlage
2.3.2 Höhe
2.3.2.1 Allgemeines
2.3.2.2 Kirchensteuerkappung
2.3.3 Beginn und Ende der KiSt-Pflicht
2.3.3.1 Allgemeines
2.3.3.2 VG Berlin vom 12.12.2019
2.4 Kirchensteuer bei Pauschalierung der Lohn- und Einkommensteuer
2.4.1 Vereinfachtes Verfahren
2.4.2 Nachweisverfahren
2.5 Kirchensteuerabzug bei Kapitalerträgen
3 Das Verfahren bei der Kirchensteuer
3.1 Festsetzung und Erhebung
3.2 Die Rechte des Kirchensteuerzahlers
3.2.1 Rechtsbehelf
3.2.2 Billigkeitserwägungen
4 Glaubens- und konfessionsverschiedene Ehe
4.1 Allgemeines
4.2 Glaubensverschiedene Ehe
4.2.1 Ausgangslage
4.2.2 Das besondere Kirchgeld
4.2.2.1 Hintergrund
4.2.2.2 Höhe
4.2.2.3 Erhebungsberechtigte
4.2.2.4 Rechtsprechung
4.2.3 Verfahren bei der Lohnsteuer
4.3 Konfessionsverschiedene Ehe
4.3.1 Einzelveranlagung bzw. Alleinverdiener-Ehe
4.3.2 Zusammenveranlagung
4.3.3 Die Lohnkirchensteuer
5 KiSt als Sonderausgabe
6 Verspätungszuschlag auf die KiSt
7 Literaturhinweise
8 Verwandte Lexikonartikel

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  1. Am 26. und 27.8.2023 kam es durch extreme Unwetter mit Sturm, Hagel und Starkregen in Teilen Bayerns zu verheerenden Schäden. Die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen sowie der Landkreis Aichach-Friedberg waren hiervon besonders stark betroffen. Dort entstanden nach ersten Einschätzungen Schäden in zweistelliger Millionenhöhe.

    Daher hat die Bayerische Staatsregierung finanzielle Hilfen und steuerliche Erleichterungen für von dem Unwetter Betroffene beschlossen (Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat Pressemitteilung vom 29.8.2023). Im Rahmen der steuerlichen Erleichterungen können für Privatpersonen sowie Unternehmen im Einzelfall nach den maßgeblichen Vorschriften u.a. Steuern (damit auch Kirchensteuer) gestundet, Vollstreckungsmaßnahmen aufgeschoben und Steuervorauszahlungen gemindert werden.

  2. Durch das Unwetter am 20. und 21.10.2023 sind in Schleswig-Holstein insbes. in weiten Teilen der Ostseeküste sowie der Trave- und Schleiregion beträchtliche Schäden entstanden. Die Beseitigung dieser Schäden wird bei vielen Stpfl. zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. Es ist daher angezeigt, den Geschädigten durch steuerliche Maßnahmen zur Vermeidung unbilliger Härten entgegenzukommen.

    Durch den nun geltenden Katastrophenerlass ermöglicht die Steuerverwaltung steuerliche Erleichterungen für alle Betroffenen, also Privatpersonen und Unternehmen, wie beispielsweise Stundungen von Steuern (damit auch Kirchensteuer); FinMin Schleswig-Holstein Pressemitteilung vom 26.10.2023.

  3. Welche steuerlichen Maßnahmen (z.B. Anpassung Vorauszahlungen, Stundungen) bzgl. des Hochwassers im Sommer 2024 in Baden-Württemberg, Bayern und dem Saarland ergriffen worden sind, kann man auf der Homepage des jeweiligen zuständigen Ministeriums nachlesen.

1. Allgemeines

1.1. Kirchensteuer

Unter Kirchensteuern (KiSt) sind Geldleistungen zu verstehen, die von den als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften von ihren Mitgliedern aufgrund gesetzlicher Vorschriften erhoben werden. Trotz sinkender Mitgliederzahlen verzeichneten die beiden großen Kirchen in Deutschland im Jahr 2022 Rekordsteuereinnahmen.

Keine Kirchensteuern sind jedoch freiwillige Beiträge, die an öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften oder andere religiöse Gemeinschaften entrichtet werden (→ Spendenabzug).

Die KiSt gehört neben dem Solidaritätszuschlag zu den Zuschlagsteuern, für die die Einkommensteuer die Bemessungsgrundlage abgibt. Zuschlagsteuern werden auch Annexsteuern oder Ergänzungsabgaben genannt.

Ohne dass dem Gesetzgeber des Bundes dafür eine Kompetenz zusteht (vgl. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV), definieren die Kirchensteuergesetze der Länder die Rechtsgrundlagen für die Festsetzung und die Erhebung der KiSt. Die KiSt ist folglich im föderativen Aufbau Ländersache. Dazu gehört auch, dass die Länder die Aufsicht über sämtliche Normsetzungsakte der Landeskirchen ausüben. Die Kirchensteuergesetze als Rahmengesetz werden durch »kircheneigene« Vorschriften ausgefüllt.

In den jeweiligen Landes-Kirchensteuergesetzen wird sodann Bezug auf § 51a EStG genommen.

Kirchgeld ist demgegenüber der Betrag, den die Religionsgemeinschaften bei glaubensverschiedenen Ehepartnern erheben, ohne dass hierfür die Einkommensteuer die Bemessungsgrundlage darstellt.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass die Kirchensteuerpflicht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Wie das Gericht feststellte, verstößt sie nicht gegen die Glaubensfreiheit und das Grundrecht der ungestörten Religionsausübung gem. Art. 4 GG. Der Grund liege darin, dass sie durch Beendigung der Kirchenmitgliedschaft abgewendet werden könne (OVG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 1.2.2016, 6 A 10941/15).

1.2. Mitgliederanzahl

Aktuell verzeichnen die beiden »großen« deutschen Kirchen (katholisch und evangelisch) immer weniger Mitglieder. Erstmals seit Jahrhunderten sind mehr als 50 % der Menschen in Deutschland weder römisch-katholisch noch evangelisch. Zum 31.12.2023 hatte die römisch-katholische Kirche in Deutschland 20,36 Millionen Mitglieder.

Obwohl die Mitgliederzahlen sinken, steigen die KiSt-Einnahmen auf Rekordhöhen.

2. Das Kirchensteuerschuldverhältnis

2.1. Der Steuergläubiger

Steuerberechtigt sind – je nach Bundesland – die einzelnen Kirchen und Religionsgemeinschaften. Neben der römisch-katholischen und der evangelischen Kirche sind dies auch kleinere Religionsgemeinschaften. Ein besonderes Problem tritt immer dann auf, wenn sich kirchenrechtliche Änderungen bzw. Umgruppierungen ergeben. Die Länderparlamente verharren dabei häufig auf dem Status quo ante, ohne die kirchensteuerlichen Konsequenzen aus den kirchlichen Organisationsakten zu ziehen.

2.2. Steuerschuldner

KiSt-pflichtig sind die Mitglieder der jeweiligen Religionsgemeinschaft, wobei sich die Mitgliedschaft nach innerkirchlichem Recht bestimmt.

Die Zugehörigkeit zu den großen Kirchen (evangelisch und römisch-katholisch) richtet sich nach der Taufe. Des Weiteren wird an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt und eine entsprechende Willenserklärung angeknüpft.

2.3. Berechnung der Kirchensteuer

Die Kirchensteuer gibt es in verschiedenen Erscheinungsformen. Sie kann als Zuschlagsteuer z.B. zur Einkommen-, Lohn- und Kapitalertragsteuer oder auch zum Grundsteuermessbetrag erhoben werden oder als eigenständige Steuer mit eigenem Steuertarif in Form des Kirchgelds (vgl. 4.2.2).

2.3.1. Bemessungsgrundlage

Als Zuschlagsteuer knüpft die Kirchensteuer gem. § 51a Abs. 2 EStG an die Einkommensteuer als Bemessungsgrundlage an.

Dabei werden gem. § 51a Abs. 2 EStG die Anrechnung der Gewerbesteuer gem. § 35 EStG sowie das Teileinkünfteverfahren (in beiden Richtungen: § 3 Nr. 40 EStG sowie § 3c Abs. 2 EStG) nicht angewendet bzw. rückgängig gemacht. Dies hat zur Folge, dass die Kirchensteuer die festgesetzte Einkommensteuer übersteigen kann. Andererseits wird der Kindesbedarf (Kinderfreibeträge und Betreuungsfreibeträge) immer berücksichtigt, auch wenn im Einzelfall Kindergeld ausbezahlt wurde (§ 51a Abs. 2 bzw. 2a EStG).

2.3.2. Höhe

2.3.2.1. Allgemeines

Die einzelnen Kirchensteuer(hebe)sätze liegen zwischen 8 % (Baden-Württemberg und Bayern) und 9 % (übrige Bundesländer) der jeweiligen Einkommensteuer.

Hinsichtlich der von den Landesfinanzbehörden verwalteten Kirchensteuern werden für jedes Kj. die Hundertsätze und Beträge durch das jeweilige Finanzministerium im BStBl I neu bekannt gegeben (so z.B. für Rheinland-Pfalz für das Jahr 2022 [BStBl I 2022, 228] oder für Niedersachsen für das Jahr 2024 [BStBl I 2024, 706]).

2.3.2.2. Kirchensteuerkappung

Da durch die Anknüpfung an den progressiven Einkommensteuertarif bei Stpfl. mit sehr hohen Einkünften auch sehr hohe Kirchensteuerbelastungen entstehen können, sehen einzelne Kirchensteuergesetze eine sog. Kirchensteuerkappung vor. Hierdurch wird erreicht, dass die Kirchensteuer ab einer bestimmten Einkommenshöhe auf einen festen Prozentsatz (Ländersache) festgeschrieben wird.

Zum Erlass von Kirchensteuer wegen Kappung der Progression bei Vorliegen von Einkünften aus Kapitalvermögen neben tariflichen Einkünften hat das FG Münster Stellung genommen (FG Münster, Gerichtsbescheid vom 15.6.2021, 4 K 1768/20 Ki, EFG 2021, 1498 Nr. 17, rkr.).

Sachverhalt

Die Kläger sind Mitglieder der römisch-katholischen Kirche und werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 2015 erzielten sie der tariflichen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte i.H.v. ca. 370 000 € und daneben Kapitaleinkünfte i.H.v. knapp 250 000 €, die nach § 32d EStG dem Einkommensteuersatz von 25 % unterworfen wurden. Hieraus resultierte eine Kirchensteuerfestsetzung von ca. 18 000 €, deren Berechnung zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Die Kläger beantragten eine Begrenzung der Kirchensteuer gem. der Bischöflichen Anordnung zu Kirchensteuerhöchstbeträgen auf 4 % des zu versteuernden Einkommens. Dies lehnte der Beklagte ab, da nach § 32d EStG besteuerte Kapitaleinkünfte nicht unter diese Begrenzung fielen.

Das FG Münster hat die auf Erlass eines Teilbetrags der Kirchensteuer gerichtete Klage abgewiesen, da die Kläger keinen Anspruch auf einen solchen Erlass haben.

Entscheidungsgründe:

Der begehrte Erlass kann zunächst nicht auf § 227 AO gestützt werden, da die Erhebung der vollständigen Kirchensteuer nicht unbillig erscheint. Die mit der Progression der Einkommensteuer verbundene Höhe der Kirchensteuer trifft alle Stpfl. ab einer gewissen Einkommenshöhe gleichermaßen und ist daher vom Gesetzgeber gewollt.

2.3.3. Beginn und Ende der KiSt-Pflicht

2.3.3.1. Allgemeines

Die KiSt-Pflicht beginnt mit dem ersten Tag des Monats, der auf die Kirchenangehörigkeit folgt.

Die KiSt-Pflicht endet (in allen Bundesländern einheitlich) mit Ablauf des Monats, in dem der Kirchenaustritt erfolgt. Gleiches gilt bei Tod oder Wegzug. Hieraus wird ersichtlich, dass die Kirchensteuer eine Monatssteuer (»Zwölftelung« der Jahressteuer) ist, wenn unterjährig die Kirchenmitgliedschaft endet. Wer also im Dezember aus der Kirche austritt, ist somit ab 1. Januar des nächsten Jahres von der Kirchensteuer befreit. Tritt man hingegen erst im Januar eines Jahres aus, muss auf alle Jahreseinkünfte anteilig Kirchensteuer gezahlt werden.

Beispiel:

A tritt zum 21.1.2020 aus der römisch-katholischen Kirche aus.

Lösung:

Die KiSt-Pflicht endet am 31.1.2020. Von den Einkünften, die im Jahr 2020 erzielt werden, wird die Jahres-KiSt 2020 berechnet und 1/12 davon als KiSt erhoben.

2.3.3.2. VG Berlin vom 12.12.2019

Mit der Kirchensteuerpflicht von im Kindesalter getauften und nicht aus der Kirche wieder ausgetretenen Erwachsenen befasste sich das VG Berlin mit Urteil vom 12.12.2019 (27 K 292.15).

Leitsatz

Die Heranziehung der als Säugling getauften Klägerin zur Entrichtung der Kirchensteuer im Erwachsenenalter war mangels ausdrücklichen Kirchenaustritts rechtens.

Sachverhalt

Die Klägerin gab in einem ihr von der Kirchensteuerstelle beim zuständigen FA zugesandten Fragebogen an, nicht getauft zu sein. Als die Kirchensteuerstelle von der Kirchengemeinde auf Anfrage jedoch erfuhr, dass die Klägerin 1953 getauft worden sei, zog sie die Klägerin mit zwei Bescheiden zur Kirchensteuerentrichtung mit der Begründung heran, dass sie infolge ihrer Taufe und mangels Kirchenaustritts Kirchenmitglied und damit kirchensteuerpflichtig sei.

Hiergegen setzt sich die Klägerin gerichtlich zur Wehr. Sie macht unter anderem geltend, ihre Eltern hätten seinerzeit (1956 und 1958) auch den Austritt der Klägerin miterklärt. Eine Kirchenmitgliedschaft sei ihr aufgrund ihrer atheistischen Erziehung auch nicht bewusst gewesen. Darüber hinaus sei die Anbindung der Kirchensteuerpflicht an die Kirchenmitgliedschaft und dieser wiederum an die Säuglingstaufe verfassungswidrig, weil das Freiwilligkeitsprinzip verletzt werde. Ferner rügt die Klägerin Verstöße der Kirchensteuerstelle gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen anlässlich deren Informationserhebung bei ihr und der genannten Kirchengemeinde.

Die Klage wurde jedoch vom VG Berlin abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Bescheide sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie ist in den betreffenden Veranlagungszeiträumen Mitglied der Beklagten gewesen. Sie wurde durch ihre Taufe im Juni 1953 Mitglied der evangelischen Kirche. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin vor dem Jahr 2014 aus dieser Kirche ausgetreten ist.

2.4. Kirchensteuer bei Pauschalierung der Lohn- und Einkommensteuer

Durch die Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder vom 8.8.2016 (S 2447, BStBl I 2016, 773) wurde die Kirchensteuer bei Pauschalierung der Lohn- und Einkommensteuer neu geregelt. In folgenden Fällen der Pauschalierung

  • der Lohnsteuer gem. § 40, § 40a Abs. 1, 2a und 3 sowie § 40b EStG kann der ArbG;

  • der Einkommensteuer gem. § 37a EStG kann das Unternehmen (das die Sachprämie gewährt);

  • der Einkommensteuer gem. § 37b EStG kann der Stpfl. (der die Sachzuwendung gewährt)

zwischen einem vereinfachten Verfahren und einem Nachweisverfahren zur Erhebung der Kirchensteuer wählen. Die Wahl zwischen diesen Verfahren kann der Pauschalierende sowohl für jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum als auch für die jeweils angewandte Pauschalierungsvorschrift und darüber hinaus für die in den einzelnen Rechtsvorschriften aufgeführten Pauschalierungstatbestände unterschiedlich treffen.

Einzige Ausnahme hiervon ist die Pauschalierung wegen geringfügiger Beschäftigung gem. § 40a Abs. 2 EStG, da im dortigen 2 %-Pauschsatz die Kirchenlohnsteuer – ebenso wie der Solidaritätszuschlag – enthalten ist.

Die Regelungen sind erstmals für laufenden Arbeitslohn, sonstige Bezüge und Sachprämien oder -zuwendungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2016 gezahlt werden.

2.4.1. Vereinfachtes Verfahren

Wird das vereinfachte Verfahren gewählt, muss in allen Fällen der Pauschalierung für sämtliche ArbN, für sämtliche Empfänger von Sachprämien oder für sämtliche Empfänger von Sachzuwendungen Kirchensteuer entrichtet werden. Dabei ist ein ermäßigter Steuersatz anzuwenden, der in pauschaler Weise dem Umstand Rechnung trägt, dass nicht alle Empfänger Angehörige einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft sind. Die so ermittelten Kirchensteuern sind in der Lohnsteuer-Anmeldung unter der Kirchensteuer-Kennzahl 47 anzugeben. Die Aufteilung auf die steuererhebenden Religionsgemeinschaften übernimmt die FinVerw.

Bundesländer

Pauschaler Lohn-KiSt-Satz

Hamburg

4 %

Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen

5 %

Niedersachsen, Baden-Württemberg

6 %

Bayern, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland

7 %

Abb.: Pauschale Lohn-Kirchensteuersätze

2.4.2. Nachweisverfahren

Wenn kein Gebrauch vom vereinfachten Verfahren gemacht wird, muss grundsätzlich für alle Empfänger die Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft festgestellt werden. Es ist nur dann Kirchensteuer abzuführen, wenn eine Zugehörigkeit vorliegt. Für diese Empfänger gilt dann der allgemeine Kirchensteuersatz.

Als Beleg für die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft dienen in den Fällen der §§ 40 und 40b EStG grundsätzlich die vom ArbG beim Bundeszentralamt für Steuern abgerufenen elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) oder ein Vermerk des ArbG, dass der ArbN seine Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft mit der vom FA ersatzweise ausgestellten Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug nachgewiesen hat. Liegen dem ArbG diese amtlichen Nachweise nicht vor, bedarf es einer schriftlichen Erklärung des ArbN nach im o.g. Erlass beigefügtem Muster. Diese Erklärung muss als Beleg mit dem Lohnkonto aufbewahrt werden.

Als Beleg für die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft genügt in den Fällen der §§ 37a und 37b EStG ebenfalls eine Erklärung nach im o.g. Erlass beigefügtem Muster. Bei Zuwendung von Sachprämien oder Sachzuwendungen muss die Erklärung vom Pauschalierenden aufbewahrt werden.

Die auf die jeweiligen Empfänger entfallende pauschale Steuer hat der Pauschalierende entsprechend deren Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft zuzuordnen. Führt der ArbG ein Sammelkonto (§ 4 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 LStDV) oder in den Fällen des § 40a EStG entsprechende Aufzeichnungen, hat er dort die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft der jeweiligen ArbN anzugeben.

2.5. Kirchensteuerabzug bei Kapitalerträgen

Durch die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden vom 19.7.2021 (BStBl I 2021, 1014) nimmt die Finanzverwaltung zum elektronischen Verfahren zum Kirchensteuerabzug bei Kapitalerträgen (§ 51a Abs. 2b bis 2e und Abs. 6 EStG i.V.m. den KiStG der Länder) ausführlich Stellung. Dabei geht die Finanzverwaltung insbes. ein auf:

  • Allgemeines.

  • Bildung der KiStAM.

  • Durchführung des Kirchensteuerabzugs.

3. Das Verfahren bei der Kirchensteuer

3.1. Festsetzung und Erhebung

Die Kirchensteuer verwalten die FA im Rahmen der Auftragsverwaltung. Diese setzen die Kirchensteuer bei der Einkommensteuerveranlagung fest und erheben auch diese Steuer, was immer wieder zu verfassungsrechtlichen Fragen Anlass gab.

Eine Ausnahme hiervon bilden in Bayern die Kirchensteuerämter, die die Kircheneinkommensteuer selbstständig verwalten; die dazu erforderlichen Bemessungsgrundlagen werden von den FA geliefert. Dies gilt aber nicht für die bayerische Lohnkirchensteuer.

3.2. Die Rechte des Kirchensteuerzahlers

3.2.1. Rechtsbehelf

Gegen die Kircheneinkommensteuer ist der Einspruch der zulässige Rechtsbehelf. Er ist in Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen und Thüringen bei den Finanzämtern einzulegen, in allen anderen Bundesländern bei den Kirchenbehörden.

Entsprechend zweigleisig ist auch der Klageweg zu beschreiten:

  • Einspruch beim jeweiligen FA, also Finanzrechtsweg;

  • Einspruch bei der Kirchenbehörde, also Verwaltungsrechtsweg.

Für Einwendungen gegen die Festsetzung von Lohnkirchensteuer ist im Bundesland Rheinland-Pfalz nicht der Finanzrechtsweg, sondern der Verwaltungsrechtsweg gegeben (BFH Urteil vom 18.6.2012, VI B 108/11, BFH/NV 2012, 1612).

3.2.2. Billigkeitserwägungen

Mit Urteil vom 1.7.2009 (I R 81/08, BStBl II 2011, 379) nahm der BFH Stellung zum Billigkeitserlass Erlass von auf Veräußerungsgewinnen beruhender Kirchensteuer.

Leitsätze

  1. Es ist nicht sachlich unbillig, wenn eine Kirchensteuer auch insoweit erhoben wird, als sie auf der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen und Übergangsgewinnen beruht.

  2. Ist die Bestimmung der Besteuerungsgrundlagen für die Kirchensteuer den Kirchengemeinden übertragen, so ist die einzelne Kirchengemeinde insoweit nicht an die von anderen Kirchengemeinden getroffenen Regelungen gebunden.

Sachverhalt

Die klagenden Eheleute wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist römisch-katholisch, die Klägerin gehört der evangelischen Kirche an. Im Streitjahr veräußerte der Kläger seinen Anteil an einer GbR, deren Einkünfte gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt worden waren. Er erzielte dabei einen Übergangsgewinn und einen Veräußerungsgewinn.

4. Glaubens- und konfessionsverschiedene Ehe

4.1. Allgemeines

Bei identischer Konfession beider Ehegatten bereitet die Kirchensteuer keine Probleme. Je nach Veranlagungsart wird hier die Kirchensteuer erfasst. Im Falle der Zusammenveranlagung wird der Kirchensteuersatz auf der Basis der gemeinsamen Einkommensteuerschuld berechnet.

Bei der getrennten bzw. besonderen → Veranlagung bildet die jeweilige individuelle Einkommensteuer die Bemessungsgrundlage für diese Zuschlagsteuer.

Probleme treten auf, wenn nur einer der Ehepartner KiSt-pflichtig ist (sog. glaubensverschiedene Ehe) oder wenn die Ehepartner unterschiedlicher Konfession angehören (sog. konfessionsverschiedene Ehe). Konfessionslose können über ihren Ehepartner an der Kirchensteuer beteiligt werden.

4.2. Glaubensverschiedene Ehe

4.2.1. Ausgangslage

Glaubensverschieden ist eine Ehe z.B. dann, wenn ein Ehegatte Mitglied einer Religionsgemeinschaft ist (z.B. katholisch) und der andere Ehegatte keiner Religionsgemeinschaft angehört. Nur der Ehegatte, der Mitglied einer Religionsgemeinschaft ist, muss Kirchensteuer zahlen. Für den anderen Ehegatten entfällt die KiSt-Pflicht.

  1. Dies bedeutet im Falle der Zusammenveranlagung, dass sich die Steuerbemessungsgrundlage für die Kirchensteuer wie folgt ergibt:

    • gemeinsame Einkommensteuer (abzüglich der Kinderermäßigungen), die entsprechend der Einzeleinkünfte eines jeden Ehegatten aufgeteilt wird;

    • auf den Anteil, der auf das Konfessionsmitglied entfällt, wird sodann die Kirchensteuer festgesetzt.

  2. Bei der Einzelveranlagung von Ehegatten entfällt dieser Rechenschritt.

4.2.2. Das besondere Kirchgeld

Das Kirchgeld existiert in Form des allgemeinen und des besonderen Kirchgelds.

Das allgemeine Kirchgeld, das Kirchengemeinden für ihre ortskirchlichen Zwecke erheben, soll der Finanzierung von Aufgaben der Kirchengemeinden dienen und ist von denjenigen Mitgliedern zu zahlen, die keiner Hauptsteuer unterfallen, zu der eine Kirchensteuer als Zuschlagsteuer erhoben wird und wird als Ortskirchensteuer erhoben.

4.2.2.1. Hintergrund

Das besondere Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe ist eine spezielle Form der Kirchensteuer in Deutschland. Es ist nicht zu verwechseln mit dem allgemeinen Kirchgeld, das die Funktion einer Mindestkirchensteuer hat und in einigen Ländern nach kircheneigenen, gewöhnlich sehr niedrigen Sätzen erhoben wird und eine Form der ergänzenden Finanzierung kirchlicher Arbeit darstellt. Das besondere Kirchgeld wird grds. in allen Bundesländern erhoben.

Zur Erhebung des besonderen Kirchgelds kommt es nur bei zusammenveranlagten glaubensverschiedenen Ehegatten, bei denen der konfessionsangehörige Ehegatte kein oder nur ein geringes Einkommen erzielt und dadurch keinen oder einen entsprechend der Leistungsfähigkeit der zusammenveranlagten Ehegatten nur geringen Beitrag an die Religionsgemeinschaft leistet. Glaubensverschieden ist eine Ehe z.B. dann, wenn ein Ehegatte Mitglied einer Religionsgemeinschaft ist (z.B. katholisch) und der andere Ehegatte keiner Religionsgemeinschaft angehört.

Das Kirchgeld erhebt also indirekt »KiSt« von Nicht-Kirchenmitgliedern. Daher ist es immer wieder auch Gegenstand von rechtlichen Auseinandersetzungen. Für die Kirchen ist die Erhebung des besonderen Kirchgelds begründet. Jedes Kirchenmitglied soll – bemessen nach seiner Leistungsfähigkeit bzw. seinem Lebensführungsstandard – einen Beitrag an die Kirche leisten; es dient somit auch der Steuergerechtigkeit. Denn durch das höhere Einkommen des konfessionslosen Ehegatten partizipiert auch das Kirchenmitglied.

Die Erhebung des besonderen Kirchgelds stört jedoch das Rechtsempfinden der Betroffenen. Der Zahlungsverpflichtete hat kein eigenes Einkommen, aus dem er den Kirchenbeitrag entrichten könnte und der Ehe- bzw. Lebenspartner verfügt über Einkommen, jedoch ist er nicht Mitglied der Kirche und fühlt sich durch die Erhebung in der Ausübung seiner Religionsfreiheit verletzt, da er zu einer finanziellen Unterstützung einer Religionsgemeinschaft herangezogen wird, der er nicht angehören möchte.

Die Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern hatte im Herbst 2018 beschlossen, das besondere Kirchgeld abzuschaffen, von dem ca. 30 000 Menschen in Bayern betroffen sind. Es durchbreche den Grundsatz der Individualbesteuerung, der auch in Bayern gelten würde, da es nicht nur bei den Einkünften des geringer verdienenden Ehepartners ansetzt, sondern auch das Einkommen des besser verdienenden Partners einbezieht. Dies erwecke den Eindruck von Ungerechtigkeit.

4.2.2.2. Höhe

Das Kirchgeld ist keine Maßstabsteuer. Die Bemessungsgrundlage ist also nicht die Einkommensteuer, sondern das zu versteuernde Einkommen beider (!) Ehegatten nach Maßgabe des § 51a Abs. 2 EStG.

Stufe

Nach Maßgabe des § 51a Abs. 2 EStG

ermitteltes gemeinsames zu versteuerndes Einkommen von … bis … (€)

Jährliches Kirchgeld (€)

1

40 000

bis

47 499

96

2

47 500

bis

59 999

156

3

60 000

bis

72 499

276

4

72 500

bis

84 999

396

5

85 000

bis

97 499

540

6

97 500

bis

109 999

696

7

110 000

bis

134 999

840

8

135 000

bis

159 999

1 200

9

160 000

bis

184 999

1 560

10

185 000

bis

209 999

1 860

11

210 000

bis

259 999

2 220

12

260 000

bis

309 999

2 940

13

310 000

und mehr

3 600

Abb.: Übersicht zum Kirchgeld

4.2.2.3. Erhebungsberechtigte

Die Kirchensteuerbeschlüsse der einzelnen Länder regeln, wer in dem jeweiligen Bundesland zur Erhebung des besonderen Kirchgeldes berechtigt ist.

4.2.2.4. Rechtsprechung

Die Recht- und Verfassungsmäßigkeit der Erhebung eines besonderen Kirchgelds war bereits Gegenstand einiger Verfahren. Dessen Erhebung wurde bisher von der Rspr. bestätigt.

BVerfG vom 14.12.1965

Ausgangspunkt für die Erhebung des besonderen Kirchgelds war das BVerfG in seiner Entscheidung vom 14.12.1965 (1 BvR 606/60, BStBl I 1966, 196).

In seinem Urteil stellte das BVerfG zunächst fest, dass nur derjenige zur Zahlung von Kirchensteuer herangezogen werden kann, der auch Mitglied dieser Kirche ist.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte vom 6.4.2017

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sieht jedoch in dem in Deutschland erhobenen »Besonderen Kirchgeld« keinen Verstoß gegen die Religionsfreiheit (Art. 9 EMRK = Europäische Menschenrechtskonvention) oder andere Menschenrechte (EGMR Urteile vom 6.4.2017, 10138/11, 16687/11, 25359/11 und 28919/11; abrufbar unter http://go.nwb.de/aggig – auf Englisch). Das Urteil beseitigt die rechtlichen Bedenken gegen die Erhebung des besonderen Kirchgelds.

Sächsisches FG vom 25.3.2019

Das Sächsische FG hält die Sächsische Regelung zum besonderen Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe für unvereinbar mit dem Grundgesetz, weil Ehegatten in den Jahren 2014 und 2015 ohne sachlichen Grund schlechter gestellt werden als eingetragene Lebenspartnerschaften. (Sächsisches FG Beschluss vom 25.3.2019, 5 K 1549/18).

Aus diesem Grund wird eine Entscheidung des BVerfG zu der Frage eingeholt, ob § 4 Abs. 1 Nr. 5 des Sächsischen Kirchensteuergesetzes in der bis zum 1.9.2015 geltenden Fassung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit darin Ehegatten/Ehe nicht mit Lebenspartnern/Lebenspartnerschaften gleichgestellt werden. Nach Überzeugung des FG ist die Erhebung des besonderen Kirchgeldes nur von glaubensverschiedenen Ehegatten, nicht aber von glaubensverschiedenen Lebenspartnern nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 des SächsKiStG in der bis zum 1.9.2015 geltenden Fassung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.

VG Neustadt vom 28.3.2022

Mit dem besonderen Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe befasste sich das VG Neustadt mit Urteil vom 28.3.2022 (3 K 952/21.NW). Es kam zum Ergebnis, dass die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes auch dann rechtmäßig ist, wenn der kirchenangehörige Ehegatte über ein eigenes Einkommen verfügt, das der Kircheneinkommensbesteuerung unterliegt.

Sachverhalt

Die Klägerin gehörte im streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum der römisch-katholischen Kirche an. Ihr Ehemann trat während des laufenden Veranlagungszeitraums aus der Kirche aus und ist seitdem konfessionslos. Die Klägerin und ihr Ehemann beantragten für den vorgenannten Zeitraum eine gemeinsame Einkommensteuerveranlagung. Durch Einkommensteuerbescheid setzte das zuständige FA gegenüber der Klägerin Kircheneinkommensteuer und anhand der stpfl. Einkünfte beider Ehegatten ein besonderes Kirchgeld fest, mit dem die Kircheneinkommensteuer verrechnet wurde. Nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens erhob die Klägerin Klage und machte unter anderem geltend, dass die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes verfassungswidrig sei, wenn der kirchenangehörige Ehegatte über ein eigenes Einkommen verfüge, das der Kircheneinkommensbesteuerung unterliege.

Das VG Neustadt wies die Klage ab.

Entscheidungsgründe

Die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes verstößt nach gefestigter Rspr. des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs nicht gegen höherrangiges Recht.

Zwar kann den Gegenstand der Besteuerung nicht das einkommensteuerrechtlich ermittelte Einkommen des nicht einer Kirche angehörigen Ehegatten, wohl aber der nach dem gemeinsamen Einkommen beider Ehegatten bemessene Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten bilden.

4.2.3. Verfahren bei der Lohnsteuer

Beim Lohnsteuerabzug verheirateter glaubensverschiedener ArbN ist zu differenzieren:

  • beim KiSt-pflichtigen ArbN werden – je nach Bundesland – 8 % oder 9 % aus dessen Lohnsteuer herausgerechnet;

  • beim anderen Ehegatten ist keine Kirchensteuer einzubehalten;

  • u.U. wird nach einer Vergleichsberechnung im Veranlagungsweg ein Kirchgeld erhoben.

4.3. Konfessionsverschiedene Ehe

4.3.1. Einzelveranlagung bzw. Alleinverdiener-Ehe

Gehören die Ehegatten verschiedenen Konfessionen an (jeder Ehepartner ist gegenüber einer anderen Kirche/Religionsgemeinschaft KiSt-pflichtig), wird die Kirchensteuer des allein verdienenden Ehegatten nach der Einkommensteuerschuld dieses KiSt-pflichtigen Ehegatten berechnet.

Bei der Einzelveranlagung von Ehegatten bemisst sich die Kirchensteuer nach der Steuerschuld eines jeden einzelnen Ehegatten.

4.3.2. Zusammenveranlagung

Werden Ehegatten verschiedener Konfessionen zusammen veranlagt, so bemisst sich die Kirchensteuer bei Anwendung des gültigen Kirchensteuersatzes (9 % oder 8 %) bei jedem Ehegatten nach der Hälfte der gemeinsamen Steuerschuld (Halbteilungsgrundsatz).

4.3.3. Die Lohnkirchensteuer

Beim Abzug der Lohnkirchensteuer gelten bei konfessionsverschiedenen Ehepartnern folgende Regelungen:

Es wird wieder der jeweils gültige volle Hebesatz angewandt; Bemessungsgrundlage ist die jeweilige Lohnsteuer und die Kirchensteuer wird je zur Hälfte auf die beiden Religionskörperschaften aufgeteilt.

Die Halbteilung der Lohnkirchensteuer gilt nicht in Bayern, Bremen und Niedersachsen (vgl. zuletzt BMF vom 30.7.2015, BStBl I 2015, 614).

5. KiSt als Sonderausgabe

Die bezahlte und geschuldete KiSt ist – ebenso wie das Kirchgeld – bei Verrechnung mit etwaigen Erstattungen dieses VZ als → Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG unbegrenzt abziehbar. Dies gilt jedoch nicht hinsichtlich der nach § 51a Abs. 2b bis 2d EStG auf Kapitalertragsteuer erhobenen KiSt, da sich die Kapitalertragsteuer bei KiSt-Pflicht um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden KiSt mindert (§ 43a Abs. 1 Satz 2, § 32d Abs. 1 Satz 3 ff. EStG), sodass die entlastende Wirkung an anderer Stelle eintritt.

Abzugsberechtigt ist derjenige, der seine eigene Kirchensteuerschuld tatsächlich gezahlt hat.

BFH vom 12.3.2019

Mit Urteil vom 12.3.2019 (IX R 34/17, BStBl II 2019, 658) hatte sich der BFH mit der Hinzurechnung eines Kirchensteuer-Erstattungsüberhangs beschäftigt.

Leitsätze

  1. Der Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG erhöht nicht den Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG).

  2. Die Hinzurechnung nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG findet auch statt, wenn sich die erstattete Zahlung im Zahlungsjahr nicht steuermindernd ausgewirkt hat.

Sachverhalt

Im Streitfall wurde den Klägern für das Streitjahr in den Vorjahren gezahlte Kirchensteuer erstattet, da sich aufgrund einer für diese Jahre durchgeführten Außenprüfung das zu versteuernde Einkommen gemindert hatte. Die Kläger gingen davon aus, dass der sich hieraus ergebende Erstattungsüberhang aus Kirchensteuer mit einem Verlustvortrag aus den Vorjahren zu verrechnen sei. FA, FG und schließlich auch der BFH lehnten dies ab.

Entscheidungsgründe

Der BFH begründet die Ablehnung einer dahin gehenden Verlustverrechnung damit, dass der Kirchensteuer-Erstattungsüberhang wie die ursprüngliche gezahlte Kirchensteuer als – negative – Sonderausgabe zu berücksichtigen ist. Durch die Hinzurechnung kann es daher – wie im Streitfall – dazu kommen, dass Einkommensteuer gezahlt werden muss, obwohl der Gesamtbetrag der Einkünfte nach Verlustausgleich 0 € beträgt.

BFH vom 16.3.2021

Mit Urteil vom 16.3.2021 (X R 23/19, BStBl II 2022, 510) nahm der BFH Stellung zum Sonderausgabenabzug für Kirchensteuer bei nachträglicher Besteuerung von Kapitaleinkünften zum Abgeltungsteuertarif.

Leitsatz

Werden Zinseinnahmen zunächst nach dem regulären Einkommensteuertarif besteuert, löst eine spätere Anwendung des gesonderten Tarifs gem. § 32d Abs. 1 EStG eine Herabsetzung der als Zuschlag zur tariflichen Einkommensteuer festgesetzten Kirchensteuer aus. Die hiermit verbundene Minderung des Sonderausgabenabzugs für gezahlte Kirchensteuer nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG ist in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem die insoweit geänderte Einkommen- und Kirchensteuerfestsetzung wirksam wird.

Sachverhalt

Streitig ist, ob bei einer nachträglichen Erstattung die im Streitjahr tatsächlich gezahlte Kirchensteuer um diejenigen Kirchensteuerbeträge zu mindern ist, die rechnerisch auf die dem Abgeltungsteuertarif unterliegenden Kapitalerträge entfallen.

Entscheidungsgründe

Werden Zinseinnahmen zunächst nach dem regulären Einkommensteuertarif besteuert, löst eine spätere Anwendung des gesonderten Tarifs gem. § 32d Abs. 1 EStG eine Herabsetzung der als Zuschlag zur tariflichen Einkommensteuer festgesetzten Kirchensteuer aus.

BFH vom 29.6.2022

Mit Urteil vom 29.6.2022 (X R 1/20) beschäftige sich der BFH mit der Hinzurechnung eines Kirchensteuer-Erstattungsüberhangs, wenn im Erstattungsjahr keine Kirchensteuerzahlung geleistet wurde.

Leitsätze

  1. Ein Erstattungsüberhang i.S.d. § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG erfordert lediglich ein »Übersteigen« der erstatteten Aufwendungen über die im Erstattungsjahr geleisteten Aufwendungen, die auch 0 € betragen können. Ein Kirchensteuer-Erstattungsüberhang liegt damit auch dann vor, wenn der Stpfl. im Veranlagungszeitraum der Kirchensteuererstattung keine Kirchensteuer gezahlt hat.

  2. Die Hinzurechnung nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG findet auch statt, wenn sich die erstattete Zahlung im Zahlungsjahr nicht steuermindernd ausgewirkt hat (Anschluss an BFH vom 12.3.2019, IX R 34/17, BStBl II 2019, 658, Rz. 17).

BFH vom 23.8.2023

Wie eine Erstattung von Lohnkirchensteuer an den ArbG im Rahmen des Sonderausgabenabzugs zu behandeln ist, entschied der BFH mit Urteil vom 23.8.2023 (X R 16/21).

Leitsätze

  1. Erstattet der ArbN seinem ArbG im Rahmen eines Gesamtschuldnerausgleichs die für ihn an das FA im Rahmen der Haftung nach § 42d EStG gezahlten Lohnkirchensteuern, handelt es sich nicht um WK bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, da der hierfür erforderliche objektive Zusammenhang mit dem Beruf fehlt.

  2. Die an den ArbG geleistete Erstattung ist jedoch als Sonderausgabe (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG) abziehbar, weil sie als Zahlung auf die eigene Kirchensteuerschuld des ArbN anzusehen ist.

Sachverhalt

Der Kläger erzielte als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Im Jahr 2014 floss ihm aus dieser Tätigkeit eine Sachzuwendung zu. Aufgrund einer Lohnsteueraußenprüfung kam es zu einer Nacherhebung von Lohn- und Kirchensteuer sowie von Solidaritätszuschlag für die Sachzuwendung. Das FA nahm die GmbH als Arbeitgeberin des Klägers gem. § 42d EStG in Haftung. Die GmbH nahm den Kläger in Regress. Der Kläger zahlte im Streitjahr 2017 u.a. einen Betrag für die Kirchensteuer an die GmbH und machte diese Zahlung in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG) geltend.

6. Verspätungszuschlag auf die KiSt

Für Steuererklärungen, die nach dem 31.12.2018 einzureichen sind, ist der Verspätungszuschlag (§ 152 AO) bei verspäteter Abgabe der Einkommensteuererklärung nicht mehr ermessensabhängig, sondern obligatorisch festzusetzen. Das hat in Bezug auf die Kirchensteuerfestsetzung die Folge, dass auch hier der Verspätungszuschlag obligatorisch festzusetzen wäre.

7. Literaturhinweise

Stier, Lohn und Gehalt, direkt digital 6/2017, 2; Kobus, Besonderes Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe/Lebenspartnerschaft, NWB 2017, 2835.

8. Verwandte Lexikonartikel

Abgabenordnung

Arbeitgeber

Arbeitnehmer

Lohnsteuer

Lohnsteuerkarte

Pauschalierung der Lohnsteuer

Sonderausgaben

Spendenabzug

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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