1 Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung einer Lerngemeinschaft
2 Berücksichtigung der Aufwendungen
Fahrtaufwendungen wegen privater Lerngemeinschaften, die eine Fortbildungsmaßnahme begleiten, sind nur dann Werbungskosten (→ Fortbildungskosten) oder Sonderausgaben (→ Ausbildungskosten), wenn die fast ausschließliche berufliche Veranlassung der einzelnen Termine der Lerngemeinschaften erwiesen ist (rechtskräftiges Urteil FG Düsseldorf vom 4.6.2002, 3 K 2300/99 E, EFG 2002, 1221 und Urteil FG Rheinland-Pfalz vom 21.2.2013, 4 K 1810/11, EFG 2013, 1100). Der Stpfl. trägt die Feststellungslast für die fast ausschließlich berufliche Veranlassung der Lerngemeinschaften. Bei einer in einer Privatwohnung stattfindenden Lerngemeinschaft kann nicht ohne weiteres von einer fast ausschließlich beruflichen Veranlassung ausgegangen werden (s.a. Urteil FG Münster vom 19.6.2002, 5 K 5798/98, juris, mit Verweis auf BFH-Urteil vom 5.3.1993, VI R 82/91, BFH/NV 1993, 533). Um die Aufwendungen einer Lerngemeinschaft von Kosten der privaten Lebensführung i.S.d. § 12 Satz 1 Nr. 1 EStG abzugrenzen, obliegt es dem Steuerpflichtigen nachzuweisen, dass die Teilnahme an den Lerngemeinschaften nach deren Gestaltung und Ablauf abzugsfähig ist, wenn die Teilnahme an dieser Lerngemeinschaft nach deren Gestaltung und Ablauf nahezu ausschließlich berufsbezogen ist und eine private (Mit-)Veranlassung allenfalls eine absolut untergeordnete Rolle spielt (FG Köln Urteil vom 21.1.2008, 12 K 5376/04, juris (das NZB-Verfahren wurde nach Rücknahme der Beschwerde eingestellt, BFH-Beschluss vom 27.5.2008, VI B 22/08, juris). Um einen solchen Nachweis führen zu können, sollte bspw. eine Aufstellung des Beginns und des Endes des jeweiligen Termins, der bearbeiteten Themen, Notizen zu den wiederholten Themen, gemeinsam erarbeitete Skizzen, Übungsblätter sowie ein von sämtlichen Teilnehmern unterschriebenes Protokoll sowie deren Immatrikulationsbescheinigungen als Nachweis vorgebracht werden. Eine eidesstattliche Versicherung ist kein ausreichendes Beweismittel. Zu den Anforderungen an den Nachweis der beruflichen Veranlassung der Lerngemeinschaft siehe auch FG Saarland, Gerichtsbescheid vom 28.2.2013, 2 K 1305/12, EFG 2013, 1213 m.w.N.
Zu den berücksichtigungsfähigen Aufwendungen zählen insbes. Fahrtkosten von der Wohnung des Stpfl. zum Ort der Lerngemeinschaft. Analog zu § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG zu beruflich veranlassten Auswärtstätigkeiten kann im Rahmen der Reisekosten pauschal für jeden zurückgelegten Kilometer die Pauschale von 0,30 €/km für Hin- und Rückfahrten angesetzt werden, sofern die Lerngruppe nicht am Ort der ersten Tätigkeitsstätte stattfindet. Als erste Tätigkeitsstätte gilt nach § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb des Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird. Der Ort der Lerngemeinschaft ist dabei aber nicht die v.g. Bildungseinrichtung. Zur Abgrenzung der ersten Tätigkeitsstätte bei einem Auszubildenden, dessen Lerngemeinschaft in einer Wohnung eines anderen Auszubildenden stattfindet, die sich auf dem Werksgelände des gemeinsamen Arbeitgebers befindet, s. BFH-Urteil vom 10.4.2014, III R 35/13, BStBl II 2014, 1011. Bezüglich der Fahrtkosten vom Ort der ersten Tätigkeitsstätte aus zur Lerngruppe ist das BFH-Urteil vom 12.2.2020, VI R 42/17, BStBl II 2020, 473 zu beachten: Hiernach gilt die Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte für zwei Wege (Hin- und Rückfahrt). Sofern nur ein Weg zurückgelegt wird, ist lediglich die Hälfte der Entfernungspauschale als WK zu berücksichtigen.
Anstelle des Pauschalansatzes mit 0,30 EUR/km können die tatsächlichen Kosten für die Fahrt angesetzt werden. Fahrtkosten sind nach R 9.5 Abs. 1 Satz 1 LStR die tatsächlichen Aufwendungen, die dem Stpfl. durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels entstehen. Benutzt der Stpfl. sein Fahrzeug, ist nach R 9.5 Abs. 1 Satz 3 LStR der Teilbetrag der jährlichen Gesamtkosten dieses Fahrzeugs anzusetzen, der dem Anteil der zu berücksichtigenden Fahrten an der Jahresfahrleistung entspricht. Der Stpfl. kann nach R 9.5 Abs. 1 Satz 4 LStR aufgrund der für einen Zeitraum von zwölf Monaten ermittelten Gesamtkosten für das von ihm gestellte Fahrzeug einen Kilometersatz errechnen, der so lange angesetzt werden darf, bis sich die Verhältnisse wesentlich ändern, z. B. bis zum Ablauf des Abschreibungszeitraums oder bis zum Eintritt veränderter Leasingbelastungen. Zu den Gesamtkosten eines Fahrzeugs gehören die Betriebsstoffkosten, die Wartungs- und Reparaturkosten, die Kosten einer Garage am Wohnort, die Kraftfahrzeugsteuer, die Aufwendungen für die Halterhaftpflicht- und Fahrzeugversicherungen, die Absetzungen für Abnutzung, wobei Zuschüsse nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung für die Beschaffung eines Kfz oder den Erwerb einer behinderungsbedingten Zusatzausstattung die AK mindern (vgl. BFH vom 14.6.2012, VI R 89/10, BStBl II 2012, 835), sowie die Zinsen für ein Anschaffungsdarlehen (vgl. BFH vom 1.10.1982, VI R 192/79, BStBl II 1983, 17). Dagegen gehören nicht zu den Gesamtkosten z.B. Aufwendungen infolge von Verkehrsunfällen, Park und Straßenbenutzungsgebühren, Aufwendungen für Insassen- und Unfallversicherungen sowie Verwarnungs-, Ordnungs- und Bußgelder; diese Aufwendungen sind mit Ausnahme der Verwarnungs- , Ordnungs- und Bußgelder ggf. als Reisenebenkosten abziehbar. Bei einem geleasten Fahrzeug gehört eine Leasingsonderzahlung zu den Gesamtkosten (vgl. BFH vom 5.5.1994, VI R 100/93, BStBl II 1994, 643; und vom 15.4.2010, VI R 20/08, BStBl II 2010, 805). Der AfA ist bei Kfz nach der amtlichen AfA-Tabelle (BMF vom 15.12.2000, IV D 2 – S 1551 – 188/00, BStBl I 2000, 1532) i.d.R. eine Nutzungsdauer von 6 Jahren zugrunde zu legen. Bei einer hohen Fahrleistung kann auch eine kürzere Nutzungsdauer anerkannt werden. Bei Kfz, die im Zeitpunkt der Anschaffung nicht neu gewesen sind, ist die entsprechende Restnutzungsdauer unter Berücksichtigung des Alters, der Beschaffenheit und des voraussichtlichen Einsatzes des Fahrzeugs zu schätzen. Der Nachweis der tatsächlichen Kosten ist aufgrund der als Reisekosten zu betrachtenden Fahrten möglich und obliegt dem Stpfl. (vgl. BMF-Schreiben vom 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228, Rz. 37). Ein Teilnachweis der tatsächlichen Gesamtkosten ist nach Auffassung der FinVerw möglich (H 9.5 [Einzelnachweis] LStH 2024). Der nicht nachgewiesene Teil der Kosten kann geschätzt werden. Dabei ist von den für den Stpfl. ungünstigsten Umständen auszugehen (vgl. BFH vom 7.4.1992, VI R 113/88, BStBl II 1992, 854).
Ein Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen für Lerngruppen richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen: Sollte die Lerngruppe außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte stattfinden und mindestens 8 Stunden, aber weniger als 24 Stunden Abwesenheit erfordern, können Verpflegungsmehraufwendungen i.H.v. 14,00 € geltend gemacht werden. Bei einer mehr als 24-stündigen Abwesenheit können 28,00 € als Verpflegungsmehraufwand angesetzt werden. Zur allgemeinen Behandlung von Verpflegungsmehraufwendungen siehe § 9 Abs. 4a EStG. Zu beachten ist, dass bei den Aufwendungen für Lerngemeinschaften und ihrer steuerlichen Abzugsfähigkeit zwischen Erst- und Zweitausbildung wie folgt differenziert wird: Handelt es sich um Kosten für Lerngemeinschaften im Rahmen einer Erstausbildung (Ausbildung oder Studium), sind die Kosten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG lediglich als Sonderausgaben beschränkt im Jahr des Zahlungsmittelabflusses i.H.v. 6 000 € abzugsfähig. Soweit es sich um ein Studium nach einer abgeschlossenen Erstausbildung handelt, sind die entstandenen Kosten betragsmäßig unbegrenzt als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abzugsfähig.
Findet das Treffen beim Stpfl. zu Hause statt, können je Tag 6 € als sog. Tagespauschale nach § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG als Werbungskosten oder Sonderausgaben berücksichtigt werden (vgl. BMF-Schreiben vom 15.8.2023, IV C 6 – S 2145/19/10006 :027, BStBl I, 1551, Rn. 41). Der Abzug ist im Jahr auf 1.260 € begrenzt und kann bei Nutzung der Wohnung zur Erzielung mehrerer Einkunftsarten nur einmal abgezogen werden (vgl. o.a. BMF-Schreiben vom 15.8.2023, a.a.O., Rn. 28). Die Tagespauschale muss in diesem Fall auf die verschiedenen Nutzungen aufgeteilt oder direkt zugeordnet werden (vgl. o.a. BMF-Schreiben vom 15.8.2023, a.a.O., Rn. 29).
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