1 Abgrenzung zwischen sonstigen Einkünften und Arbeitslohn
1.1 Überblick über die bisherige Rechtsprechung zur Büroraumvermietung
1.2 Rechtsprechung zur Pkw-Vermietung
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In diversen Urteilen hat der BFH zur Vermietung eines Büroraums an den ArbG Stellung genommen (BFH Urteile vom 16.9.2004, VI R 25/02, BStBl II 2006, 10; vom 11.1.2005, IX R 72/01, BFH/NV 2005, 882; vom 9.6.2005, IX R 4/05, BFH/NV 2005, 2180 und vom 19.12.2005, VI R 82/04, BFH/NV 2006, 1076; → Arbeitszimmerüberlassung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber). Der Tenor aller Urteile lautet wie folgt:
Leistet der ArbG Zahlungen für ein im Haus bzw. in der Wohnung des ArbN gelegenes Büro, das der ArbN für die Erbringung seiner Arbeitsleistung nutzt, so ist die Unterscheidung zwischen Arbeitslohn einerseits und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung andererseits danach vorzunehmen, in wessen vorrangigem Interesse die Nutzung des Büros erfolgt.
Zur Anwendung der BFH-Urteile vom 16.9.2004 (VI R 25/02, BStBl II 2006, 10) und vom 17.4.2018 (IX R 9/17, BStBl II 2019, 219, s. → Arbeitszimmerüberlassung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber) hat das BMF am 18.4.2019 (BStBl I 2019, 461) ein Anwendungsschreiben erlassen und dabei das BMF-Schreiben vom 13.12.2005 (BStBl I 2006, 4) aufgehoben (s.a. Anmerkung vom 21.5.2019, LEXinform 0653636).
Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Pkw-Vermietung an ArbG hat der BFH mit Urteil vom 11.10.2007 (V R 77/05, BStBl II 2008, 443) entschieden, dass ein ArbN mit der Vermietung seines Pkw an den ArbG selbstständig unternehmerisch tätig werden kann. Ob die Mietzahlungen des ArbG an den ArbN ertragsteuerrechtlich als Arbeitslohn qualifiziert werden können, spielt umsatzsteuerrechtlich keine Rolle. Die Frage der Selbstständigkeit natürlicher Personen ist zwar grundsätzlich für die USt, die ESt und die GewSt nach denselben Grundsätzen zu beurteilen. Eine Bindung an die ertragsteuerrechtliche Beurteilung besteht für das Umsatzsteuerrecht jedoch nicht (s.a. → Arbeitszimmerüberlassung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber).
Das FA stützte seine Revision darauf, dass nach der BFH-Rspr. zum Ertragsteuerrecht (BFH Urteil vom 16.9.2004, VI R 25/02, BStBl II 2006, 10) Zahlungen des ArbG für die Anmietung eines Arbeitszimmers vom ArbN (die also zu Mieteinnahmen des ArbN führen) dem Arbeitslohn zuzuordnen seien und »de facto eine einheitlich zu beurteilende Leistung des ArbN« zu bejahen sei, wenn nicht ein vorrangiges Interesse des ArbG an der Nutzung des Arbeitszimmers bestehe.
Dieses Vorbringen hat keinen Erfolg; denn die ertragsteuerrechtlichen Grundsätze spielen zur Qualifikation der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) einerseits und der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) andererseits jedenfalls für die Frage der Selbstständigkeit einer Tätigkeit (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG) keine Rolle.
Die Abgrenzung der unternehmerischen Vermietungstätigkeit zur nichtselbstständigen Tätigkeit des ArbN kann somit nicht nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 18.4.2019 (BStBl I 2019, 461) vorgenommen werden (s.a. BFH Urteil vom 11.10.2007, V R 77/05, BStBl II 2008, 443 unter II.1.a.bb). In dem zu entscheidenden Fall hatte der BFH über die Unternehmereigenschaft des Stpfl. und nicht über die ertragsteuerrechtliche Vermietungstätigkeit zu entscheiden.
Im Rahmen der USt ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 UStG, dass natürliche Personen nur unselbstständig handeln, »soweit« sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses tätig werden. Demnach kann nach der Rspr. des EuGH und des BFH ein nicht selbstständiger Geschäftsführer außerhalb seines Arbeitsverhältnisses einen Gegenstand an seinen ArbG als Unternehmer vermieten (EuGH Urteil vom 27.1.2000, C-23/98, LEXinform 0163303; BFH Urteil vom 21.7.1994, V R 102/92, BFH/NV 1995, 741). Dies gilt für alle ArbN. Auch wenn zwischen den Tätigkeiten sachliche und wirtschaftliche Bezugspunkte bestehen, sind sie getrennt zu behandeln, sofern die Verflechtung nicht so eng ist, dass sich die Tätigkeiten gegenseitig unlösbar bedingen (BFH Beschluss vom 24.2.2003, V B 176/02, BFH/NV 2003, 951).
Die Würdigung durch das FG, dass der Stpfl. die Vermietungsleistung nicht im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses erbrachte, beruht auf den vorbezeichneten Grundsätzen. Der Stpfl. vermietete den Pkw an seinen ArbG auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung und nicht auf Rechnung und Verantwortung seines ArbG. Die Vermietung des Pkw gehörte nicht zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des Stpfl. Der Mietvertrag war nicht an den Bestand des Arbeitsverhältnisses gebunden.
In dem zu entscheidenden Fall hatte der BFH über die Unternehmereigenschaft des Stpfl. und nicht über die ertragsteuerrechtliche Vermietungstätigkeit zu entscheiden. Falls das Interesse des ArbG an der Anmietung des Pkw überwiegen sollte – diese Rechtsfrage war aber nicht Gegenstand des Verfahrens –, hätte der ArbN mit den Vermietungseinnahmen Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG (→ Einkünfte aus Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG).
Umsatzsteuerrechtlich stellt das vermietete Fahrzeug zu 100 % Unternehmensvermögen dar, da der ArbN als Vermieter das Fahrzeug im Rahmen seines Unternehmens nicht privat nutzt. Der ArbN als Vermieter stellt das Fahrzeug dem ArbG vollständig zur Verfügung. Lediglich im Rahmen des Arbeitsvertrages ist es dem ArbN möglich, das Fahrzeug auch privat zu nutzen. Der ArbG hat für die private Pkw-Nutzung des ArbN (Vermieters) LSt zu entrichten.
Die Vorsteuer aus der Anschaffung des Pkw ist zu 100 % abziehbar und auch abzugsfähig.
Bei entgeltlichen sonstigen Leistungen wird der Umsatz nach dem Entgelt bemessen (§ 10 Abs. 1 UStG). Sofern allerdings Einzelunternehmer an ihnen nahe stehende Personen sonstige Leistungen erbringen, bemisst sich der Umsatz nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten, wenn diese das Entgelt nach § 10 Abs. 1 UStG übersteigen (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG) und das Entgelt nicht marktüblich ist. Aufgrund der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden engen rechtlichen Beziehung kann der ArbG eine dem ArbN und Vermieter nahe stehende Person sein.
Für die Anwendung der → Mindestbemessungsgrundlage sind jedoch auch die Grundsätze des BFH-Urteils vom 5.6.2014 (XI R 44/12, BStBl II 2016, 187) sowie Abschn. 10.7 Abs. 6 UStAE zu beachten. Danach ist die Mindestbemessungsgrundlage bei Leistungen an einen zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer (ArbG) dann nicht anwendbar, wenn der vom Leistungsempfänger in Anspruch genommene Vorsteuerabzug keiner Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG unterliegt. Dies ist der Fall, wenn die bezogene Leistung der Art nach keinem Berichtigungstatbestand des § 15a UStG unterfällt.
Wird für die Überlassung des Pkw vom ArbG ein fortlaufend gezahltes Leistungsentgelt entrichtet, kann nicht als Anschaffungskosten eines immateriellen Wirtschaftsguts »Nutzungsrecht« aktiviert werden. Zwar ist das aus einem Mietverhältnis folgende Nutzungsrecht durch einen laufend zu entrichtenden Mietzins entgeltlich erworben; gleichwohl ist das Nutzungsrecht nicht zu bilanzieren, weil ihm ein schwebendes Geschäft zugrunde liegt, das nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht in die Bilanz aufzunehmen ist, solange das bestehende Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten nicht durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände gestört ist. Die vom ArbG (Mieter) aus der vom ArbN (Vermieter) mit gesondertem Steuerausweis in Rechnung gestellten Miete in Anspruch genommenen Vorsteuerbeträge unterliegen somit keiner Vorsteuerberichtigung i.S.d. § 15a Abs. 4 UStG. Die Mindestbemessungsgrundlage ist nicht anzuwenden.
In einem weiteren Urteil vom 29.9.2022 (V R 29/20, BStBl II 2023, 986) hat der BFH zur unternehmerischen Tätigkeit im Rahmen eines Ehegatten-Vorschaltmodells entschieden, dass der Erwerb eines Pkw zur langfristigen Überlassung an den freiberuflich tätigen Ehegatten eine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit begründen kann. Der Vorsteuerabzug des Vermieters eines Pkw ist nicht systemwidrig und daher auch nicht missbräuchlich. Dies gilt bei einer Vermietung unter Ehegatten jedenfalls für die Vermietung von Pkw, die nicht dem unmittelbaren Familienbedarf dienen. Einer Besteuerung der privaten Verwendung des vermieteten Pkw durch den Vermieter-Ehegatten steht eine vertraglich geregelte Vollvermietung an den anderen Ehegatten nicht entgegen.
In Rz. 25 seiner Entscheidung V R 29/20 konstatiert der BFH, dass bei der Überprüfung der Unternehmertätigkeit festzustellen ist, ob die Vermietung eines körperlichen Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen vorgenommen wird. Durch eine langfristige Nutzungsüberlassung eines Pkw (im Urteilsfall V R 29/20 auf Grundlage eines Leasingvertrags) erbringt der Vermieter des Pkw dauerhaft sonstige Leistungen i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG.
Die unternehmerische Betätigung darf auch nicht von zu geringer Intensität sein. Entscheidend für die unternehmerische Betätigung des Pkw-Vermieters ist, dass dieser die Anschaffung des Pkw aus eigenen Mitteln vorgenommen und damit das für die Selbstständigkeit charakteristische Unternehmerrisiko getragen hat (BFH V R 29/20, Rz. 27).
Unschädlich ist, dass der Pkw-Vermieter – im Urteilsfall der Ehegatte (z.B. aber auch der ArbN) – nicht am allgemeinen Markt tätig wird, sondern die Vermietungsleistungen lediglich – im Urteilsfall – an den Ehegatten oder auch z.B. an den ArbG als (einzigen) Kunden erbringt (BFH V R 29/20, Rz. 28). Dies entspricht der BFH-Rspr., nach der ein Gesellschafter einen Pkw an seine Gesellschaft als Unternehmer vermieten kann, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob er diese Leistung am Markt auch gegenüber Dritten erbringen würde (vgl. Abschn. 2.3 Abs. 6, 3. Spiegelstrich UStAE).
Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem Fehlen eines Geschäftslokals. Das Unterhalten eines Geschäftslokals oder Büros gehört zwar zu den für eine unternehmerische Tätigkeit sprechenden Indizien, allein das Fehlen eines Geschäftslokals oder Büros führt aber im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht zur Verneinung der wirtschaftlichen Tätigkeit.
Nach Auffassung der Vorinstanz und des BFH liegt auch dann kein Scheingeschäft vor (Rz. 34), wenn der Mietvertrag hinsichtlich seiner Hauptpflichten und damit im Wesentlichen so wie vereinbart auch tatsächlich durchgeführt wird. Hierzu hatte die Ehefrau (oder z.B. der ArbN) ihrem Ehemann (oder z.B. dem ArbG) den Pkw zur Nutzung überlassen und dieser die (Leasing-)Raten monatlich gezahlt.
In Rz. 40 seiner Entscheidung V R 29/20 bejaht der BFH folgerichtig auch den Vorsteuerabzug des Vermieters, da der Pkw für die unternehmerisch veranlasste Weitervermietung an den freiberuflich tätigen Ehemann (oder an den ArbG) erworben wurde. Das Abzugsverbot des § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 12 Nr. 1 EStG ist nicht einschlägig (s.a. die Begründung des BFH in Rz. 47).
In Rz. 50 ff. macht der BFH deutlich, dass eine Besteuerung der Nutzung des Fahrzeugs durch den Vermieter (im Urteilsfall die Ehefrau, oder aber auch der ArbN) als unentgeltliche Wertabgabe (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) in Betracht kommen kann (s.a. Anmerkung vom 18.1.2023, LEXinform 0888752).
→ Arbeitszimmerüberlassung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber
→ Firmenwagenüberlassung an Arbeitnehmer
→ Pkw-Entnahme bzw. -Veräußerung
→ Pkw-Überlassung an Gesellschafter-Geschäftsführer
→ Pkw-Überlassung durch eine Personengesellschaft
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