1 Realteilung einer Mitunternehmerschaft
1.1 Einführung
1.2 Grundsätze
2 Übertragung in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer
2.1 Voraussetzungen für die Buchwertfortführung
2.2 Sperrfrist bei Realteilung durch Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern
2.3 Ansatz des übernommenen Betriebsvermögens
3 Abgrenzung zwischen echter und unechter Realteilung
3.1 Die echte Realteilung
3.2 Die unechte Realteilung
4 Gegenstand der Realteilung
5 Begünstigte Realteilung
5.1 Wesentliche Betriebsgrundlage
5.2 Zahlung eines Spitzen- bzw. Wertausgleichs
6 Übertragung von Wirtschaftsgütern ins Privatvermögen
7 Keine begünstigte Übertragung von Wirtschaftsgütern in das Betriebsvermögen einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse
8 Folgen bei Veräußerung oder Entnahme während der Sperrfrist
9 Realteilung und Gewerbesteuer
10 Realteilung bei Einnahmen-Überschussrechnung
11 Literatur
12 Verwandte Lexikonartikel
Zur Realteilung einer → Mitunternehmerschaft und zur Anwendung von § 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 und Abs. 5 EStG s. das BMF-Schreiben vom 19.12.2018 (BStBl I 2019, 6). Es ist auf alle offenen Fälle anzuwenden. Die im BMF-Schreiben vom 20.12.2016 (BStBl I 2017, 36) enthaltenen Übergangsregelungen gelten fort. Auf einvernehmlichen Antrag aller Mitunternehmer sind die Grundsätze dieses Schreibens in den Fällen einer unechten Realteilung nicht anzuwenden, wenn die unechte Realteilung vor dem 1.1.2019 stattgefunden hat.
Das BMF reagiert mit dem Erlass vom 19.12.2018 auf die von der Verwaltungsmeinung abweichende BFH-Rechtsprechung.
S.a. → Wirtschaftsgüter, Überführung in ein anderes Betriebsvermögen.
Eine Realteilung i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG liegt dann vor, wenn Gesellschafter einer → Mitunternehmerschaft ihr gemeinschaftliches Engagement beenden und dabei die Mitunternehmerschaft gänzlich auflösen und alle WG in ein anderes Betriebsvermögen (BV) überführen (vgl. BFH Urteil vom 17.5.2018, VI R 66/15, BStBl II 2022, 301). Die Realteilung ist durch den auf der Ebene der Mitunternehmerschaft verwirklichten Tatbestand der Betriebsaufgabe gekennzeichnet. Durch die Einordnung der gesetzlichen Regelung in § 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 EStG wird deutlich, dass die Realteilung ein Sonderfall der ansonsten in § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG geregelten → Betriebsaufgabe ist.
Eine Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 3 EStG liegt auch dann vor, wenn eine gewerblich geprägte PersGes ihre gewerbliche Prägung verliert (BFH vom 22.2.2021, IX R 13/19, BFH/NV 2021, 1169). Im entschiedenen Fall hat eine GmbH & Co. KG durch den Wechsel eines Kommanditisten in die Stellung eines Komplementärs ihre gewerbliche Prägung verloren.
Folge ist, dass bei der echten Realteilung ein steuerneutraler Vorgang gegeben ist.
Eine Übertragung des übernommenen BV des Realteilers zu Buchwerten in ein anderes BV ist nur dann möglich, wenn die Besteuerung der stillen Reserven weiterhin sichergestellt ist (BMF Erlass vom 19.12.2018, BStBl I 2019, 6; unter Tz. V). Dies ist z.B. dann nicht der Fall, wenn die Wirtschaftsgüter in eine ausländische Betriebsstätte übertragen werden (§ 16 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG).
Voraussetzung für die Buchwertfortführung ist, dass das übernommene BV nach der Realteilung weiterhin BV bleibt (BMF Erlass vom 19.12.2018, BStBl I 2019, 6; unter Tz. IV). Hierfür ist es ausreichend, wenn erst im Rahmen der Realteilung bei den Realteilern durch die Übertragung einzelner WG ein neuer Betrieb (z.B. durch Begründung einer Betriebsaufspaltung) entsteht. Das übernommene BV muss in das jeweilige BV des einzelnen Realteilers übertragen werden. Hierzu zählt auch das Sonderbetriebsvermögen bei einer anderen Mitunternehmerschaft.
Eine Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft, an der der Realteiler ebenfalls beteiligt ist, ist jedoch zu Buchwerten nicht möglich. Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine personenidentische Schwesterpersonengesellschaft handelt.
Beim Übergang eines Mitunternehmeranteils oder eines Teils eines Mitunternehmeranteils ist eine Übertragung in ein weiteres BV des Realteilers nicht erforderlich.
Die Sperrfrist beginnt im Zeitpunkt der Realteilung und endet drei Jahre nach Abgabe der Feststellungserklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung (BMF Erlass vom 19.12.2018, BStBl I 2019, 6; unter Tz. VIII; s. auch → Steuerliche Sperrfristen).
Werden im Rahmen einer Realteilung einzelne Wirtschaftsgüter in ein BV des Realteilers übertragen, ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang nach § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude (ausgenommen UV) oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb der Sperrfrist entnommen oder veräußert (maßgeblicher Zeitpunkt: Übergang des wirtschaftlichen Eigentums) werden. Die Entnahme oder Veräußerung von Grund und Boden sowie Gebäuden des AV, die keine wesentlichen Betriebsgrundlagen darstellen, löst ebenfalls die Folgen des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG aus.
Ein Gewinn i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG, den ein Realteiler erzielt, weil er seinen Betrieb, in den er die im Rahmen der Realteilung übernommenen wesentlichen Betriebsgrundlagen zum Buchwert übertragen hat, innerhalb der Sperrfrist veräußert, ist gem. § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG allein diesem Realteiler zuzurechnen (BFH vom 23.11.2021, VIII R 14/19, BStBl II 2022, 371; LEXinform 0952521).
Bei einer Realteilung durch Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen ist die Sperrfrist jedoch unbeachtlich.
Im Fall der unechten Realteilung ist § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG bei der von den verbleibenden Mitunternehmern fortgeführten Mitunternehmerschaft nicht anzuwenden.
Weitere Erläuterungen s. auch → Steuerliche Sperrfristen.
Entspricht der Buchwert des erhaltenen Vermögens dem Buchwert des bisherigen Kapitalkontos des jeweiligen Realteilers und geht auf den betreffenden Realteiler betragsmäßig genau der Anteil an den stillen Reserven über, der ihm zuvor auf Ebene der Mitunternehmerschaft zuzurechnen war, erübrigen sich in den Eröffnungsbilanzen der Realteiler bilanzielle Anpassungsmaßnahmen (BMF Erlass vom 19.12.2018, BStBl I 2019, 6; unter Tz. VII). Entspricht jedoch die Summe der Buchwerte der übernommenen WG nicht dem Buchwert des Kapitalkontos, sind bilanzielle Anpassungsmaßnahmen erforderlich, damit sich Aktiva und Passiva in der Bilanz des Realteilers entsprechen. Hierzu ist die sog. Kapitalkontenanpassungsmethode anzuwenden. Bei der Kapitalkontenanpassungsmethode werden die Buchwerte der übernommenen WG von den Realteilern in ihren eigenen Betrieben fortgeführt. Die Kapitalkonten der Realteiler werden durch Auf- oder Abstocken gewinnneutral dahin angepasst, dass ihre Höhe der Summe der Buchwerte der übernommenen WG entspricht (BFH vom 10.12.1991, VIII R 69/86, BStBl II 1992, 385).
Das BMF unterscheidet in seinem Erlass vom 19.12.2018 (BStBl I 2019, 6) unter Tz. I zwischen der echten und der unechten Realteilung.
Die echte Realteilung i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG ist durch den auf der Ebene der Mitunternehmerschaft verwirklichten Tatbestand der Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG gekennzeichnet (BFH vom 16.3.2017, IV R 31/14, BStBl II 2019, 24). Eine Betriebsaufgabe auf Ebene der Mitunternehmerschaft und damit ein Fall der echten Realteilung liegt auch bei Ausscheiden eines Mitunternehmers unter Übertragung eines Teilbetriebs, eines Mitunternehmeranteils an einer Tochterpersonengesellschaft oder von Einzelwirtschaftsgütern aus einer zweigliedrigen Mitunternehmerschaft und Fortführung des Betriebs durch den verbleibenden Mitunternehmer in Form eines Einzelunternehmens vor.
Scheidet ein Mitunternehmer aus einer mehrgliedrigen Mitunternehmerschaft gegen Übertragung von WG des BV, die beim ausscheidenden Mitunternehmer zumindest teilweise weiterhin BV darstellen, aus und wird diese im Übrigen von den verbleibenden Mitunternehmern als Mitunternehmerschaft fortgeführt, liegt ein Fall der »unechten« Realteilung vor (BFH vom 16.3.2017, IV R 31/14, BStBl II 2019, 24). Dies gilt unabhängig davon, ob der ausscheidende Mitunternehmer einen Teilbetrieb (BFH vom 17.9.2015, III R 49/13, BStBl II 2017, 37), einen Mitunternehmeranteil oder nur Einzelwirtschaftsgüter (BFH vom 30.3.2017, IV R 11/15, BStBl II 2019, 29) erhält.
Kein Fall der unechten Realteilung liegt vor, wenn der ausscheidende Mitunternehmer die ihm im Rahmen seines Ausscheidens übertragenen Einzelwirtschaftsgüter vollständig ins PV überführt. In diesem Fall erzielt der ausscheidende Mitunternehmer einen Veräußerungsgewinn.
Scheidet ein Mitunternehmer aus einer Mitunternehmerschaft in der Weise aus, dass sein Mitunternehmeranteil den verbleibenden Mitunternehmern oder dem letzten verbleibenden Mitunternehmer anwächst und er eine Abfindung in Geld erhält, liegt ebenfalls kein Fall der Realteilung vor.
Gegenstand einer Realteilung ist das Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft (BMF Erlass vom 19.12.2018, BStBl I 2019, 6; unter Tz. II). Das Sonderbetriebsvermögen ist nur insoweit Gegenstand der Realteilung, als es im Rahmen der Realteilung auf einen anderen Mitunternehmer übertragen wird. Die Überführung von WG des Sonderbetriebsvermögens eines Mitunternehmers in ein anderes (Sonder-)Betriebsvermögen desselben Mitunternehmers ist nicht Bestandteil einer Realteilung und richtet sich nach den Grundsätzen des § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG.
Die Realteilung kann auch durch Übertragung von Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen oder Einzelwirtschaftsgütern erfolgen. Die Übertragung einer 100 %igen Beteiligung an einer KapGes ist als Übertragung eines Teilbetriebs zu behandeln.
Die vorherige Einbringung der Anteile an einer Mitunternehmerschaft in andere PersGes steht einer Realteilung der Mitunternehmerschaft mit Buchwertfortführung nicht entgegen, wenn an den anderen PersGes vermögensmäßig nur die Personen beteiligt sind, die zuvor auch an der Mitunternehmerschaft vermögensmäßig beteiligt waren (BFH vom 16.12.2015, IV R 8/12, BStBl II 2017, 766).
Wesentliche Betriebsgrundlage i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG sind WG, in denen erhebliche stille Reserven ruhen (quantitative Betrachtungsweise) oder WG, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und denen ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung zukommt (funktionale Betrachtungsweise; BMF Erlass vom 19.12.2018, BStBl I 2019, 6; unter Tz. III).
Es ist nicht erforderlich, dass jeder Realteiler wesentliche Betriebsgrundlagen des Gesamthandsvermögens erhält.
Die tarifbegünstigte Besteuerung eines durch eine echte Realteilung einer Sozietät ausgelösten Aufgabegewinns gem. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG setzt voraus, dass der Stpfl. die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner bisherigen freiberuflichen Tätigkeit aufgibt. Hieran fehlt es, wenn er den ihm im Rahmen der Realteilung zugewiesenen Mandantenstamm dergestalt verwertet, dass dieser geplant auf eine GbR, an der der Stpfl. beteiligt ist, übergeht und er in einem zweiten Schritt gegen Abfindung aus dieser GbR ausscheidet. Dass der Realteiler im Ergebnis die freiberufliche Tätigkeit im bisherigen örtlichen Wirkungskreis zeitnah einstellt, genügt in diesem Fall nicht für die Gewährung der Tarifbegünstigung (vgl. BFH Urteil vom 15.1.2019, VIII R 24/15, BStBl II 2020, 251; LEXinform 0950413).
Unschädlich für die Annahme einer im Übrigen steuerneutralen Realteilung ist die Zahlung eines Spitzen- oder Wertausgleichs. Eine Realteilung mit Spitzenausgleich liegt vor, wenn ein Mitunternehmer aus eigenen Mitteln einen Ausgleich an den anderen Mitunternehmer leistet, weil er etwa im Rahmen der Realteilung WG übernommen hat, deren Verkehrswerte den Wert seines Anteils am Gesamthandsvermögen übersteigen (BFH vom 11.4.2013, III R 32/12, BStBl II 2014, 242; BMF Erlass vom 19.12.2018, BStBl I 2019, 6; unter Tz. VI). Wird ein Spitzen- oder Wertausgleich gezahlt, liegt im Verhältnis des Spitzenausgleichs zum Wert des übernommenen BV ein entgeltliches Geschäft vor. In Höhe des um den anteiligen Buchwert verminderten Spitzenausgleichs entsteht ein Veräußerungsgewinn für den veräußernden Realteiler oder die veräußernde Mitunternehmerschaft. Dieser Gewinn ist nicht nach §§ 16 und 34 EStG begünstigt, sondern als laufender Gewinn zu versteuern.
Beispiel:
A und B sind Mitunternehmer eines aus zwei Teilbetrieben bestehenden Gewerbebetriebs. Teilbetriebsvermögen 1 hat einen Wert von 2 Mio. € und einen Buchwert von 200 000 €. Teilbetriebsvermögen 2 hat einen Wert von 1,6 Mio. € und einen Buchwert von 160 000 €. Im Wege der Realteilung erhält A das Teilbetriebsvermögen 1 und B das Teilbetriebsvermögen 2. Außerdem zahlt A an B eine Abfindung von 200 000 €.
Lösung:
A stehen bei der Realteilung wertmäßig 1,8 Mio. € (50 % von 3,6 Mio. €) zu. Da er aber 2 Mio. € erhält, also 200 000 € mehr, zahlt er diesen Betrag für 1/10 (10 % von 2 Mio. € = 200 000 €) des Teilbetriebsvermögens 1, das er mehr erhält. A erwirbt also 9/10 des Teilbetriebsvermögens 1 unentgeltlich und 1/10 entgeltlich. Auf diese 1/10 entfällt ein Buchwert von 20 000 €, sodass A die Aktivwerte um 180 000 € (200 000 € Abfindung abzgl. anteiligem Buchwert von 20 000 €) aufstocken muss und B einen als laufenden Gewinn zu versteuernden Veräußerungsgewinn von 180 000 € (200 000 € Abfindung ./. 20 000 € anteiliger Buchwert) zu versteuern hat.
Hinsichtlich der im Rahmen einer Realteilung übertragenen WG findet § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG keine Anwendung (BFH vom 30.3.2017, IV R 11/15, BStBl II 2019, 29).
Die Rechtsfolgen bei der Übertragung von WG in das PV sind bei der echten bzw. unechten Realteilung unterschiedlich.
Im Fall einer echten Realteilung stellen die in das PV übertragenen WG Entnahmen der Realteilungsgemeinschaft in Höhe des gemeinen Werts dar. Diese stellen laufenden Gewinn der Realteilungsgemeinschaft dar. Im Übrigen sind zwingend die Buchwerte fortzuführen.
Werden im Fall der unechten Realteilung einzelne WG in das PV des ausscheidenden Mitunternehmers übertragen, realisiert nur er einen Veräußerungsgewinn i.S.v. § 16 Abs. 2 EStG, der nicht nach § 16 Abs. 4 EStG (Freibetrag) oder nach § 34 EStG (Tarifbegünstigung) begünstigt ist.
Die verbleibenden Mitunternehmer realisieren auf Ebene der Mitunternehmerschaft einen laufenden Gewinn aus der Veräußerung der in das PV des ausgeschiedenen Mitunternehmers übertragenen WG. Insoweit sind die Buchwerte der in der Mitunternehmerschaft verbleibenden WG anteilig aufzustocken.
Wegen der evtl. auftretenden steuerlichen Mehrbelastung sollte bei der unechten Realteilung darauf geachtet werden, wie die übertragenen WG vom ausscheidenden Mitunternehmer genutzt werden.
Die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern der real zu teilenden Mitunternehmerschaft in das BV einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse (§ 16 Abs. 3 Satz 4 EStG) ist insoweit keine begünstigte Realteilung i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG.
Eine schädliche Entnahme oder Veräußerung i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG führt zu einer rückwirkenden Aufdeckung der in den veräußerten oder entnommenen WG enthaltenen stillen Reserven. Dieser Vorgang stellt ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung dar (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO). Eine Aufdeckung der übrigen stillen Reserven erfolgt nicht. Der aus der nachträglichen Aufdeckung entstehende Gewinn stellt einen laufenden Gewinn dar, der nicht nach §§ 16 und 34 EStG begünstigt ist. Ein nach §§ 16 und 34 EStG begünstigter Veräußerungsgewinn liegt jedoch vor, wenn sämtliche stillen Reserven aus den wesentlichen Betriebsgrundlagen rückwirkend aufzudecken sind.
Dieser Gewinn ist im Fall der echten Realteilung bei WG, die zum Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft gehörten, allen Realteilern nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen, es sei denn, dass der Gewinn nach dem Gesellschaftsvertrag oder den von den Mitunternehmern schriftlich getroffenen Vereinbarungen über die Realteilung allein dem entnehmenden oder veräußernden Realteiler zuzurechnen ist. Soweit Sonderbetriebsvermögen eines Realteilers von einem anderen Realteiler im Rahmen der Realteilung übernommen wurde, ist der Gewinn nur dann dem übernehmenden Realteiler zuzurechnen, wenn dies in den schriftlichen Vereinbarungen über die Realteilung so vereinbart wurde.
Ein Gewinn i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG, den ein Realteiler erzielt, weil er seinen Betrieb, in den er die im Rahmen der Realteilung übernommenen wesentlichen Betriebsgrundlagen zum Buchwert übertragen hat, innerhalb der Sperrfrist veräußert, ist gem. § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG allein diesem Realteiler zuzurechnen (BFH vom 23.11.2021, VIII R 14/19, BStBl II 2022, 371; LEXinform 0952521).
Im Fall der unechten Realteilung ist bei dem ausgeschiedenen Mitunternehmer bei der Ermittlung des Gewinnes i.S.v. § 16 Abs. 2 EStG rückwirkend der gemeine Wert des WG anzusetzen. Zudem entsteht auf Ebene der Mitunternehmerschaft ein laufender Gewinn mit der Folge, dass insoweit die Buchwerte der WG der verbleibenden Mitunternehmerschaft aufzustocken sind.
Die echte Realteilung ist auch nach Gewerbesteuerrecht eine Betriebsaufgabe (BFH vom 17.2.1994, VIII R 13/94, BStBl II 1994, 809); die nachträgliche Aufdeckung vorgenannter stiller Reserven ist diesem Vorgang zuzuordnen.
Der Gewinn rechnet grundsätzlich nicht zum Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 GewStG. Der Gewinn aus der Aufdeckung der stillen Reserven ist aber nach § 7 Satz 2 GewStG als Gewerbeertrag zu erfassen, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.
Im Falle der Realteilung einer – ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelnden – (freiberuflichen) Mitunternehmerschaft ohne Spitzenausgleich besteht keine Verpflichtung zur Erstellung einer Realteilungsbilanz nebst Übergangsgewinnermittlung, wenn die Buchwerte fortgeführt werden und die Mitunternehmer unter Aufrechterhaltung der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung ihre berufliche Tätigkeit in Einzelpraxen weiterbetreiben (vgl. BFH Urteil vom 11.4.2013, BStBl II 2014, 242). Eine Verpflichtung zur Erstellung einer Realteilungsbilanz nebst Übergangsgewinnermittlung ist im Fall der Realteilung einer – ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelnden – (freiberuflichen) Mitunternehmerschaft ohne Spitzenausgleich allein dann gerechtfertigt, wenn dies zur Ermittlung eines Aufgabegewinns (bzw. Aufgabegewinnanteils) oder zur zutreffenden Erfassung des laufenden Gewinns nach dem Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit erforderlich ist.
Paus, Erweiterter Anwendungsbereich der Realteilung, NWB 8/2018, 504; Gragert, Echte und unechte Realteilung – Unterschiede in der steuerlichen Behandlung, NWB 8/2019, 476.
→ Übertragung von Privat- oder Betriebsvermögen
→ Unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern
→ Wirtschaftsgüter, Überführung in ein anderes Betriebsvermögen
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