Rechnung

Stand: 16. Dezember 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen
2 Begriff der Rechnung
3 Bedeutung der Rechnung
3.1 Rechnungen als Beweisdokumente
3.2 Rechnungen als Kontrolldokumente
3.2.1 Grundsätzliches
3.2.2 Kontrolle über Entgeltsminderungen
3.2.3 Kontrolle bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
3.2.4 Kontrolle bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften
3.2.5 Kontrolle beim Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger
3.2.6 Kontrolle bei verbilligten Leistungen
3.3 Auswirkung der Rechnungserteilung auf die Entstehung und Fälligkeit der Umsatzsteuer
3.4 Vorsteuerabzug
3.5 Originalrechnung
3.6 Unternehmensinterne Buchungsbelege
4 Abrechnungsanspruch bzw. Abrechnungsverpflichtung
4.1 Zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen
4.2 Steuerrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen
4.2.1 Grundsätzliches
4.2.2 Die Abrechnungsverpflichtung des Leistungsgebers im Überblick
4.3 Abrechnungspflicht nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG
4.3.1 Werklieferungen und sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück
4.3.2 Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück
4.3.2.1 Rechnungserteilungspflicht
4.3.2.2 Keine Rechnungserteilungspflicht
4.3.3 Frist zur Rechnungserteilung
4.3.4 Ordnungswidrigkeit
4.3.5 Aufbewahrungspflichten
4.3.5.1 Aufbewahrungspflicht des nichtunternehmerischen Leistungsempfängers
4.3.5.2 Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des nichtunternehmerischen Leistungsempfängers
4.3.5.3 Aufbewahrungspflicht eines Unternehmers
4.3.5.4 Ordnungswidrigkeit
4.3.5.5 Keine Aufbewahrungspflicht
4.4 Abrechnungspflicht nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG
4.4.1 Allgemeines zur Rechnungslegungspflicht
4.4.2 Verweigerung einer Rechnungserteilung
4.4.3 Ausländischer Unternehmer
4.4.4 Ordnungswidrigkeit
4.5 Auswirkung auf den Vorsteuerabzug
4.6 Abrechnungsberechtigung
4.7 Keine Abrechnungsberechtigung
5 Rechnungsformen
5.1 Allgemeines
5.2 Rechnungen auf Papier
5.2.1 Rechnungsdokumente
5.2.2 Besonderheiten bei Mietverträgen
5.2.3 »Blankorechnungen«
6 Gutschriften
6.1 Definition der Gutschrift
6.2 Die Voraussetzungen für das Erteilen einer Gutschrift im Einzelnen
6.3 Elektronische Übermittlung von Gutschriften
6.4 Form und Inhalt der Gutschrift
6.5 Besonderheiten zum Vorsteuerabzug
6.6 Widerspruch bei Gutschriften
7 Allgemeiner Überblick zu den Inhaltsvoraussetzungen einer Rechnung
8 Die Pflichtangaben im Einzelnen
8.1 Name und Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers
8.1.1 Allgemeines
8.1.2 Verwendung eines Aliasnamens und einer Zustellanschrift nach dem ProstSchG
8.1.3 Leistender Unternehmer
8.1.4 Leistungsempfänger
8.1.4.1 Allgemeine Grundsätze
8.1.4.2 Gesellschaft oder Gemeinschaft als Leistungsempfänger
8.2 Steuernummer oder USt-IdNr. des leistenden Unternehmers
8.3 Ausstellungsdatum
8.4 Rechnungsnummer
8.5 Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder Umfang und Art der sonstigen Leistung
8.6 Zeitpunkt der Leistung und Vereinnahmung des Entgelts
8.6.1 Allgemeine Grundsätze
8.6.2 Angaben des Lieferzeitpunkts in einem Lieferschein
8.6.3 Angabe des Zeitpunkts der Lieferung in den Fällen, in denen der Ort der Lieferung nach § 3 Abs. 6 UStG bestimmt wird
8.6.4 Angabe des Zeitpunkts der Lieferung in anderen Fällen
8.6.5 Angabe des Zeitpunkts der sonstigen Leistung
8.6.6 Noch nicht ausgeführte Leistungen
8.6.7 Dauerleistungen
8.7 Das Entgelt sowie die im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts
8.7.1 Das Entgelt
8.7.2 Im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts
8.8 Steuersatz, Steuerbetrag und Hinweis auf Steuerbefreiung
8.9 Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht
8.9.1 Aufbewahrungspflicht des nichtunternehmerischen Leistungsempfängers
8.9.2 Aufbewahrungspflicht eines Unternehmers
8.9.3 Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des nichtunternehmerischen Leistungsempfängers
8.9.4 Auswirkung auf den Vorsteuerabzug
8.10 Besonderer Hinweis auf eine Gutschrift
8.11 Maßgebliche Rechtsvorschriften für die Rechnungserstellung im Reverse-Charge-Verfahren
9 Ausstellung von Rechnungen in besonderen Fällen
9.1 Allgemeines zu den zusätzlichen Pflichten i.S.d. § 14a UStG
9.2 Abrechnungen über Reverse-Charge-Leistungen nach § 14a Abs. 1 UStG
9.3 Abrechnungen nach § 14a Abs. 2 UStG
9.3.1 Lieferungen i.S.d. § 3c UStG vor dem 1.7.2021
9.3.2 Lieferungen i.S.d. § 3c Abs. 1 UStG nach dem 30.6.2021
9.4 Rechnungen über innergemeinschaftliche Lieferungen nach § 14a Abs. 3 UStG
9.5 Rechnungen über innergemeinschaftliche Lieferungen neuer Fahrzeuge nach § 14a Abs. 4 UStG
9.6 Abrechnung beim Übergang der Steuerschuldnerschaft i.S.d. § 13b UStG
9.7 Rechnungen über Reiseleistungen und in den Fällen der Differenzbesteuerung
9.8 Rechnungen über innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte nach § 14a Abs. 7 UStG
10 Rechnungsberichtigung
10.1 Allgemeine Voraussetzungen für Rechnungsberichtigungen
10.2 Abgrenzung zur Berichtigung der Bemessungsgrundlage
10.3 Berichtigung durch den Rechnungsaussteller
10.4 Anspruch des Rechnungsempfängers auf Rechnungsberichtigung
10.5 Form der Rechnungsberichtigung
10.6 Rückwirkende Rechnungsberichtigung
10.6.1 Zeitliche Rückwirkung
10.6.2 Rückwirkung i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO
10.7 Rechnungsberichtigung bei unrichtigem Steuerausweis
10.7.1 Allgemeines
10.7.2 Entsprechende Anwendung des § 17 UStG
10.7.2.1 Umsatzsteuerberichtigung
10.7.2.1.1 Rückerstattung an den Leistungsempfänger
10.7.2.1.2 Direktanspruch des Leistungsempfängers gegen den Fiskus
10.7.2.2 Vorsteuerberichtigung
10.7.2.3 Berichtigung im Rahmen einer Geschäftsveräußerung
10.7.2.4 Zu niedriger Steuerausweis
10.8 Rechnungsberichtigung bei unberechtigtem Steuerausweis
11 Rechnungserteilung bei verbilligten Leistungen
12 Keine Abrechnung über unentgeltliche Leistungen
13 Kleinbetragsrechnungen und Fahrausweise
13.1 Kleinbetragsrechnungen
13.1.1 Allgemeine Grundsätze
13.1.2 Checkliste einer Kleinbetragsrechnung
13.2 Fahrausweise
13.2.1 Fahrausweise ohne Zeitkarten
13.2.2 Zeitkarten
13.2.3 Fahrausweise im grenzüberschreitenden Personenverkehr
13.2.4 Online-Fahrausweise
13.2.5 Vorsteuerabzug
14 Rechnungen über Anzahlungen
15 Aufbewahrung von Rechnungen und Buchungsbelegen
15.1 Aufbewahrungspflicht eines Unternehmers
15.1.1 Art der aufzubewahrenden Belege
15.1.2 Aufbewahrungspflicht von Kleinbetragsrechnungen
15.1.2.1 Regelung bis 31.12.2021
15.1.2.2 Regelung ab 1.1.2022
15.1.3 Aufbewahrungsfrist
15.1.4 Elektronische Erfassung von Papierdokumenten
15.1.5 Aufbewahrungsgrundsätze
15.2 Aufbewahrungspflicht des nichtunternehmerischen Leistungsempfängers
15.3 Lesbarkeit während des Aufbewahrungszeitraums
15.4 Aufbewahrungsort
15.4.1 Inländische Unternehmer
15.4.2 Ausländische Unternehmer
15.4.3 Elektronisch aufbewahrte Rechnungen
15.4.4 Rechnungen im Bereich der Ertragsteuer
15.5 Verletzung der Aufbewahrungspflichten
16 Mehrere Rechnungen über dieselbe Leistung
16.1 Allgemeines
16.2 Abrechnungen über Fahrausweise
16.3 Erteilung von Gesamtabrechnungen
16.4 Abrechnung über Schrottlieferungen
17 Literaturhinweise
18 Verwandte Lexikonartikel

1. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen

§ 14 UStG beruht auf den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Art. 217 ff. MwStSystRL. Nach Art. 219a Abs. 1 MwStSystRL unterliegt die Rechnungsstellung grds. den Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem die Lieferung von Gegenständen oder die Dienstleistung als ausgeführt gilt (s. § 14 Abs. 7 Satz 1 und 3 UStG).

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2. Begriff der Rechnung

Gem. § 14 Abs. 1 UStG i.V.m. § 31 Abs. 1 UStDV ist eine Rechnung jedes Dokument oder eine Mehrzahl von Dokumenten, mit denen über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird. Rechnungen i.S.d. § 14 UStG brauchen nicht ausdrücklich als solche bezeichnet zu werden. Es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt des Dokuments ergibt, dass der Unternehmer über eine Leistung abrechnet. Keine Rechnungen sind Schriftstücke, die nicht der Abrechnung einer Leistung dienen, sondern sich ausschließlich auf den Zahlungsverkehr beziehen (z.B. Mahnungen, Kontoauszüge), auch wenn sie alle in § 14 Abs. 4 UStG geforderten Angaben enthalten. Rechnungen können auf Papier oder, vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers, auf elektronischem Weg (s.u.) übermittelt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 7 UStG; Abschn. 14.1. Abs. 1 Satz 6 UStAE).

Soweit ein Kreditinstitut mittels Kontoauszugs über eine von ihm erbrachte Leistung abrechnet (z.B. Kontoführung, Depotverwaltung, Wertpapierhandel), kommt diesem Kontoauszug Abrechnungscharakter zu mit der Folge, dass dieser Kontoauszug eine Rechnung i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG darstellt. Hiervon zu unterscheiden sind die Kontoauszüge, die lediglich Mitteilungen über den Zahlungsverkehr beinhalten. Diese Kontoauszüge stellen, da es ihnen am Abrechnungscharakter fehlt, keine Rechnung i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG dar. Ergänzend wird hinzugefügt, dass ein Kontoauszug alle inhaltlichen und formalen Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG erfüllen muss, um dem Bankkunden den Vorsteuerabzug zu ermöglichen. In den meisten Fällen enthält der Kontoauszug lediglich den Namen des Leistungsempfängers; die Anschrift des Leistungsempfängers ist nicht aufgeführt. Die genaue Anschrift ergibt sich jedoch in der Regel aus den übrigen vorhandenen Unterlagen (OFD Koblenz vom 11.12.2008, S 7280 A – St 44 5, SIS 09 15 19). Zur Angabe einer fortlaufenden Nummer in Kontoauszügen, die als Rechnung dienen (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UStG) s. Vfg. BayLfSt vom 19.11.2008 (S 7280.2.1-1/2 St 35, UR 2009, 107, LEXinform 5232099).

Als Rechnung ist auch ein Vertrag anzusehen, der die in § 14 Abs. 4 UStG geforderten Angaben enthält. Im Vertrag fehlende Angaben müssen in anderen Unterlagen enthalten sein, auf die im Vertrag hinzuweisen ist (§ 31 Abs. 1 UStDV). Ist in einem Vertrag – z.B. in einem Miet- oder Pachtvertrag, Wartungsvertrag oder Pauschalvertrag mit einem Steuerberater – der Zeitraum, über den sich die jeweilige Leistung oder Teilleistung erstreckt, nicht angegeben, so reicht es aus, wenn sich dieser aus den einzelnen Zahlungsbelegen, z.B. aus den Ausfertigungen der Überweisungsaufträge, ergibt (vgl. auch BFH Beschluss vom 7.7.1988, V B 72/86, BStBl II 1988, 913 und vom 10.1.2013, XI B 33/12, BFH/NV 2013, 783, LEXinform 0929095). Die in einem Vertrag enthaltene gesonderte Inrechnungstellung der Steuer muss jedoch wie bei jeder anderen Abrechnungsform eindeutig, klar und unbedingt sein. Das ist nicht der Fall, wenn z.B. die in einem Vertrag enthaltene Abrechnung offen lässt, ob der leistende Unternehmer den Umsatz versteuern oder als steuerfrei behandeln will, und demnach die Abrechnungsvereinbarung für jeden der beiden Fälle eine wahlweise Ausgestaltung enthält (BFH Urteil vom 4.3.1982, V R 55/80, BStBl II 1982, 317 und Abschn. 14.1. Abs. 2 UStAE).

Nach dem EuGH-Urteil vom 29.9.2022 (C-235/21, LEXinform 0953475) kann ein Finanzierungsleasingvertrag, nach dessen Abschluss die Parteien keine Rechnung ausgestellt haben, als Rechnung i.S.d. Art. 218 MwStSystRL angesehen werden, wenn dieser Vertrag alle Angaben enthält, die erforderlich sind, damit die Steuerverwaltung feststellen kann, ob die materiellen Voraussetzungen für das Recht auf Vorsteuerabzug im konkreten Fall erfüllt sind.

Bei Verträgen über Dauerleistungen (z.B. Mietverträgen) wird nach der Rspr. der abgerechnete Leistungsgegenstand, nämlich die Vermietung für einen bestimmten Zeitraum (z.B. Monat), als Teilleistung i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 2 und 3 UStG erst durch die monatlichen Zahlungsaufforderungen oder -belege konkretisiert. Erst damit erhält die im Vertrag vereinbarte Monatsmiete (einschließlich gesondert ausgewiesenem Umsatzsteuerbetrag) die erforderlichen tatsächlichen Ergänzungen, aufgrund derer eine für den Vorsteuerabzug ausreichende Leistungsbeschreibung angenommen werden kann (vgl. BFH Beschluss vom 10.1.2013, XI B 33/12, BFH/NV 2013, 783, LEXinform 0929095, Rz. 14 und 15). Ohne Konkretisierung stellt ein auf eine Dauerleistung gerichteter Vertrag allein keine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung über einen bestimmten Leistungsgegenstand dar. Erst ab dem Zeitpunkt, ab dem die gebotene Konkretisierung erfolgt ist, sei es durch eine monatliche Zahlungsaufforderung oder durch andere Zahlungsbelege, kann vom – erstmaligen – Vorliegen einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung gesprochen werden.

Voraussetzung für die Rückwirkung einer Berichtigung auf den Zeitpunkt, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde (BFH vom 20.10.2016, V R 26/15, BStBl II 2020, 593, Rz. 15), ist nach der Rspr. des BFH aber, dass es sich um eine berichtigungsfähige Rechnung nach § 31 Abs. 5 Satz 1 UStDV handelt.

Ein Dokument ist nach der Rspr. des BFH jedenfalls dann eine Rechnung und damit berichtigungsfähig im zuvor genannten Sinne, wenn es Angaben

  • zum Rechnungsaussteller,

  • zum Leistungsempfänger,

  • zur Leistungsbeschreibung,

  • zum Entgelt und

  • zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer

enthält (Abschn. 15.2a. Abs. 7 Satz 6 UStAE; BFH vom 20.10.2016, V R 26/15, BStBl II 2020, 593; s.u. den Gliederungspunkt »Rechnungsberichtigung«).

Nach dem Urteil des FG Münster vom 29.9.2020 (15 K 2680/18, EFG 2021, 73, LEXinform 5023424, rkr.) stellt ein Mietvertrag ohne offenen USt-Ausweis keine berichtigungsfähige Rechnung dar. Bei Dauerschuldverhältnissen erfüllt ein Vertrag nur dann die Funktion einer Rechnung, wenn in dem Vertrag die USt offen ausgewiesen ist und zudem ergänzende Zahlungsbelege vorgelegt werden, aus denen sich die Abrechnung für einen bestimmten Zeitraum ergibt. Der Passus »zuzüglich der jeweils gesetzlichen Umsatzsteuer« im Mietvertrag ohne eine entsprechende Regelung zur Option oder ohne einen Hinweis auf die Ausübung der Option seitens des Vermieters genügt in diesem Fall den Anforderungen an den Ausweis der USt nicht (s.u. den Gliederungspunkt »Rechnungsdokumente«).

Hinweis:

Das Vorliegen von Teilleistungen ist für die Entstehung der USt von Bedeutung. Die USt entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 und 3 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Teilleistungen ausgeführt worden sind (→ Sollversteuerung, → Leistung, Zeitpunkt). Nach diesem Ausführungszeitpunkt der jeweiligen Teilleistung bestimmt sich auch der maßgebliche Steuersatz.

Mit einem Zweiten Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) vom 29.6.2020 (BGBl I 2020, 1512) werden die Umsatzsteuersätze befristet vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 von 19 % auf 16 % und von 7 % auf 5 % gesenkt (→ Umsatzsteuersatzänderungen in der Corona-Krise). Für nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 ausgeführte Teilleistungen sind die befristeten Umsatzsteuersätze von 16 % bzw. 5 % anzuwenden.

Im Gegensatz zu Teilleistungen werden Dauerleistungen an dem Tag ausgeführt, an dem der vereinbarte Leistungszeitraum endet (z.B. Vermietungszeitraum 2 Jahre vom 1.2.2019 bis 31.1.2021). Für Dauerleistungen, die nach dem 31.12.2020 erbracht werden, sind die ursprünglichen Steuersätze von 19 % bzw. 7 % anzuwenden (s.a. BMF vom 30.6.2020, BStBl I 2020, 584, Rz. 23 ff. zur befristeten Absenkung des allgemeinen und ermäßigten Umsatzsteuersatzes zum 1.7.2020).

Von dem Begriff der Dauerleistung i.S.d. Rz. 23 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I 2020, 584) werden wiederkehrende Leistungen nicht erfasst, die zeitpunktbezogen in regelmäßigen Abständen einmal oder mehrfach jährlich erbracht werden. Diese Leistungen werden am Tag jeder einzelnen Leistungserbringung ausgeführt (s. BMF vom 4.11.2020, BStBl I 2020, 1129, Rz. 21 mit Beispiel).

3. Bedeutung der Rechnung

3.1. Rechnungen als Beweisdokumente

Gem. § 14 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 UStDV ist eine Rechnung jedes Dokument oder eine Mehrzahl von Dokumenten, mit denen über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird (Abschn. 14.1. Abs. 1 Satz 1 UStAE). Die Rechnung ist ein Beweisdokument dafür,

  • wer den Umsatz ausgeführt hat und

  • an wen der Umsatz ausgeführt wurde (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG).

Die Rechnung ist ein Beweisdokument für

  • die Höhe des Entgelts (§ 14 Abs. 4 Nr. 7 UStG) und

  • die Höhe des Steuerbetrages (§ 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG).

Der leistende Unternehmer (Rechnungsaussteller) hat den in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag zu einem in § 18 UStG genannten Fälligkeitstag vollständig zu entrichten. Dies gilt auch für einen unrichtigen (§ 14c Abs. 1 UStG und Abschn. 14c.1. Abs. 1 Satz 1 UStAE) oder unberechtigten Steuerausweis (§ 14c Abs. 2 UStG und Abschn. 14c.2. Abs. 1 Satz 1 UStAE). Wenn dies nicht erfolgt, liegt nach § 26b UStG eine Ordnungswidrigkeit in Form der Schädigung des Umsatzsteueraufkommens vor (→ Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis).

3.2. Rechnungen als Kontrolldokumente

3.2.1. Grundsätzliches

Die Angaben, die eine Rechnung enthalten muss, sollen es der Finanzverwaltung insbes. ermöglichen, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren (Kontrollfunktion der Rechnung, vgl. EuGH vom 15.9.2016, C-516/14, UR 2016, 795, LEXinform 5214370, Abschn. 14.5. Abs. 1 Satz 4 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.12.2021, BStBl I 2021, 2486).

3.2.2. Kontrolle über Entgeltsminderungen

In dem Abrechnungspapier erhält die Finanzbehörde u.a. auch Kenntnis über eine im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers kann auf diese Weise kontrolliert werden.

3.2.3. Kontrolle bei innergemeinschaftlichen Lieferungen

Bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung (→ Innergemeinschaftliche Lieferung) stellt die Rechnung eine Kontrollmöglichkeit dar, ob der Abnehmer den innergemeinschaftlichen Erwerb in einem anderen Mitgliedstaat angemeldet hat, da der Lieferer nach § 14a Abs. 3 UStG eine Rechnung erteilen muss, in der u.a. auch die USt-IdNr. des Leistungsempfängers anzugeben ist.

3.2.4. Kontrolle bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften

Auch beim innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft (→ Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft) hat die Rechnung Kontrollfunktion. Nach § 25b Abs. 2 Nr. 3 UStG ist materielle Voraussetzung für die Übertragung der Steuerschuld, dass der erste dem letzten jeweils am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmer eine Rechnung i.S.d. § 14a Abs. 7 UStG erteilt, in der die Steuer nicht gesondert ausgewiesen ist (Abschn. 25b.1. Abs. 8 UStAE). Neben den Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG sind in der Rechnung dieses ersten Abnehmers danach folgende zusätzliche Angaben erforderlich:

  1. ein Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts, z.B. »Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft nach § 25b UStG« oder »Vereinfachungsregelung nach Art. 141, 197 MwStSystRL«,

  2. ein Hinweis auf die Steuerschuld des letzten am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmers,

  3. die Angabe der USt-IdNr. des ersten am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmers und

  4. die Angabe der USt-IdNr. des letzten am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmers.

Der letzte am Dreiecksgeschäft beteiligte Abnehmer soll durch die Hinweise in der Rechnung eindeutig und leicht erkennen können, dass er letzter Abnehmer in einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft ist und die Steuerschuld auf ihn übertragen wird (Abschn. 25b.1. Abs. 8 UStAE).

Hinweis:

Zu den Folgen einer Rechnungskorrektur beim innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft hat der BFH mit Beschluss vom 20.10.2021 (XI R 38/19, LEXinform 0952782) das Revisionsverfahren gegen das Urteil des FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 28.11.2019, 6 K 1767/17, EFG 2020, 319, LEXinform 5022690) ausgesetzt. Das Verfahren XI R 38/19 ruhte bis zum EuGH-Urteil vom C-247/21.

Klärungsbedürftig ist, ob

  1. eine ordnungsgemäße Rechnung mit Hinweis auf das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft und auf die Umkehr der Steuerschuldnerschaft lediglich eine formelle Voraussetzung für das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts gem. § 25b Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 UStG darstellt und

  2. der nachträglichen Berichtigung einer unvollständigen Rechnung eine auf den Zeitpunkt der Lieferung rückwirkende Heilung zukommt.

Mit Urteil vom 8.12.2022 (C-247/21, LEXinform 4256897) hat der EuGH entschieden, dass von einer Berichtigung der Rechnung nicht die Rede sein kann, wenn eine Voraussetzung für die Anwendung der für Dreiecksgeschäfte geltenden Ausnahmeregelung wie die nach Art. 226 Nr. 11a MwStSystRL erforderliche Angabe fehlt. Das nachträgliche Erfüllen einer für die Steuerschuldverlagerung auf den Empfänger einer Lieferung notwendigen Tatbestandsvoraussetzung ist keine Korrektur. Es handelt sich um die erstmalige Ausstellung der erforderlichen Rechnung, die keine Rückwirkung entfalten kann (Rz. 61 der EuGH Entscheidung C-247/21; s.a. Hammerl u.a., NWB 11/2023, 756).

Nach Ergehen des EuGH-Urteils C-247/21 (LEXinform 4256897) wird das Verfahren XI R 38/19 unter dem neuen Az. XI R 34/22 (LEXinform 0954490) wieder aufgenommen.

S. die weitere Kommentierung der EuGH-Rspr. C-247/21 zu → Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft unter dem Gliederungspunkt »Besonderheiten der Rechnungserteilung«.

3.2.5. Kontrolle beim Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger

Führt der Unternehmer Umsätze i.S.d. § 13b Abs. 1 und 2 UStG aus, für die der Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 UStG die Steuer schuldet (→ Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers), ist er zur Ausstellung von Rechnungen verpflichtet (§ 14a Abs. 5 Satz 1 UStG), in denen die Steuer nicht gesondert ausgewiesen ist (§ 14a Abs. 5 Satz 3 UStG). Neben den übrigen Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG ist die Angabe »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers« verpflichtend (§ 14a Abs. 5 Satz 2 UStG). Fehlt dieser Hinweis in der Rechnung, wird der Leistungsempfänger von der Steuerschuldnerschaft nicht entbunden. Weist der leistende Unternehmer die Steuer in der Rechnung gesondert aus, wird diese Steuer von ihm nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldet (Abschn. 13b.14. Abs. 1 Satz 5 UStAE).

Nach dem EuGH-Urteil vom 6.2.2014 (C-424/12, LEXinform 0589442) ist dem Empfänger einer Dienstleistung, für die das Reverse-Charge-Verfahren gilt, das Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer zu versagen, die er aufgrund einer fehlerhaft ausgestellten Rechnung ohne Rechtsgrund an den Erbringer der Dienstleistung gezahlt hat, und zwar auch dann, wenn die Berichtigung dieses Fehlers wegen der Insolvenz des Leistungserbringers unmöglich ist. Weitere Erläuterungen s. → Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers unter Gliederungspunkt »Bemessungsgrundlage und Berechnung der Steuer«.

3.2.6. Kontrolle bei verbilligten Leistungen

Grundsätzlich können in einer Rechnung nur das Entgelt und der darauf entfallende Umsatzsteuerbetrag ausgewiesen werden. Hiervon abweichend sind Unternehmer berechtigt und bei Ausführung einer Leistung an einen unternehmerischen Leistungsempfänger oder an eine juristische Person verpflichtet, in diesen Fällen die → Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 i.V.m. § 10 Abs. 4 UStG sowie den darauf entfallenden Steuerbetrag in einer Rechnung auszuweisen (§ 14 Abs. 4 Satz 2 UStG; Abschn. 14.9. Abs. 1 UStAE). S.u. den Gliederungspunkt »Rechnungserteilung bei verbilligten Leistungen« mit Beispiel.

3.3. Auswirkung der Rechnungserteilung auf die Entstehung und Fälligkeit der Umsatzsteuer

Auf die Entstehung und die Fälligkeit der Steuer für eine Lieferung oder sonstige Leistung hat die Rechnungserteilung grundsätzlich keinen Einfluss. Die Steuer entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder b UStG jeweils mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt (→ Sollversteuerung) oder in dem die Entgelte vereinnahmt (→ Istversteuerung) worden sind. Die Fälligkeit bestimmt sich nach § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG.

Beim innergemeinschaftlichen Erwerb stellt § 13 Abs. 1 Nr. 6 UStG jedoch auf die Rechnungsausstellung ab. Die Steuer entsteht danach mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des dem Erwerb folgenden Kalendermonats.

Auch im Falle des Übergangs der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger entsteht die Steuer nach § 13b Abs. 2 UStG mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats (→ Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers).

3.4. Vorsteuerabzug

Die Berechtigung zum → Vorsteuerabzug aus Lieferungen und sonstigen Leistungen ist unter folgenden Voraussetzungen gegeben (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG; Abschn. 15.2. Abs. 2 UStAE):

  1. Die Steuer muss für eine Lieferung oder sonstige Leistung gesondert in Rechnung gestellt worden sein;

  2. die Lieferung oder sonstige Leistung muss von einem Unternehmer ausgeführt worden sein;

  3. der Leistungsempfänger muss Unternehmer sein, und die Lieferung oder sonstige Leistung muss für sein Unternehmen ausgeführt worden sein;

  4. der Leistungsempfänger ist im Besitz einer nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung, in der die Angaben vollständig und richtig sind (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG). Wegen der Ausnahmen s. Abschn. 15.2a. Abs. 1a UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 18.9.2020 (BStBl I 2020, 976) unter dem Gliederungspunkt »Allgemeiner Überblick zu den Inhaltsvoraussetzungen einer Rechnung«.

Diese Voraussetzungen müssen insgesamt erfüllt werden. Fallen Empfang der Leistung und Empfang der Rechnung zeitlich auseinander, so ist der Vorsteuerabzug für den Besteuerungszeitraum zulässig, in dem erstmalig beide Voraussetzungen erfüllt sind (Abschn. 15.2. Abs. 2 Satz 7 und 8 UStAE; s.a. Treiber, UR 21-22/2017, 858).

Der Beschluss des Insolvenzgerichts gem. § 64 InsO zur Festsetzung des Vergütungsanspruchs des Insolvenzverwalters ist keine Rechnung eines Dritten i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 4 UStG, die zum Vorsteuerabzug berechtigt (BFH Urteil vom 26.9.2012, V R 9/11, BStBl II 2013, 346; Abschn. 15.2a. Abs. 1 Satz 6 UStAE).

Ohne die Pflichtangaben (§ 14 Abs. 4 UStG) in der Rechnung ist grundsätzlich kein Vorsteuerabzug möglich. Der Leistungsempfänger hat die in der Rechnung enthaltenen Angaben auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Dabei ist allerdings der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (Abschn. 15.2a. Abs. 6 Satz 1 und 2 UStAE). Zu den Pflichtangaben in der Rechnung und der damit zusammenhängenden Vorsteuerabzugsberechtigung s.u. und → Vorsteuerabzug unter dem Gliederungspunkt »Vorsteuerabzug ohne Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung«.

Der BFH gelangt in seinem Urteil vom 20.10.2016 (V R 26/15, BStBl II 2020, 593) zu dem Ergebnis, dass ein »Dokument« nur dann als Rechnung angesehen werden kann, wenn zumindest die Merkmale des Rechnungsbegriffs des § 14c UStG und somit folgende Angaben enthalten sind (s.u.) (Mindestangaben):

  • Angaben zum Rechnungsaussteller,

  • Angaben zum Leistungsempfänger,

  • Angaben zur Leistungsbeschreibung,

  • Angaben zum Entgelt und

  • Angaben zur gesondert ausgewiesenen USt.

Die Mindestangaben sind erforderlich, damit eine »Rechnung« rückwirkend berichtigungsfähig ist (s.a. BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976; s.u. den Gliederungspunkt »Rechnungsberichtigung« und dort »Rückwirkende Rechnungsberichtigung«).

Beachte:

Rechnungen, die die in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 8 und 10 UStG bezeichneten Angaben nicht vollständig enthalten, berechtigen den Unternehmer nicht zum Vorsteuerabzug, es sei denn, die Rechnungen werden vom Rechnungsaussteller nachträglich vervollständigt (Abschn. 15.11. Abs. 3 Satz 2 UStAE).

3.5. Originalrechnung

Geht die Originalrechnung verloren, kann der Unternehmer den Nachweis darüber, dass ihm ein anderer Unternehmer Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen gesondert in Rechnung gestellt hat, nicht allein durch Vorlage der Originalrechnung, sondern mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Mitteln führen (BFH Urteile vom 5.8.1988, X R 55/81, BStBl II 1989, 120 und vom 16.4.1997, XI R 63/93, BStBl II 1997, 582). In Einzelfällen ist auch die Zweitschrift einer Rechnung oder eines Einfuhrbelegs ausreichend (vgl. BFH Urteile vom 20.8.1998, V R 55/96, BStBl II 1999, 324 und vom 19.11.1998, V R 102/96, BStBl II 1999, 255 sowie Abschn. 15.11. Abs. 1 Satz 3 und 4 UStAE). Das FG München hat mit rkr. Urteil vom 21.1.2009 (14 K 2093/08, LEXinform 5007946) entschieden, dass dann, wenn eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung nicht mehr vorgelegt werden kann, der Stpfl. die objektive Beweislast dafür trägt, dass er die Originalrechnung im Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs besessen hat. Zum objektiven Nachweis einzelner materieller Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug s. Rz. 9 ff. des BMF-Schreibens vom 18.9.2020 (BStBl I 2020, 976).

Zum Vorsteuerabzug bei Totalverlust der Rechnungen hat der BFH mit Urteil vom 23.10.2014 (V R 23/13, BStBl II 2015, 313; s.a. den Kurzbeitrag von Eggert vom 8.1.2015, LEXinform 0402523) seine bisherige Rechtsprechung bestätigt (s. Abschn. 15.11. Abs. 1 Satz 3 und 4 UStAE). Lagen im Zeitpunkt der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs Originalrechnungen anderer Unternehmer mit gesondertem Steuerausweis vor, die aber danach verlorengegangen sind und nicht mehr rekonstruiert werden können, sind die abziehbaren Vorsteuerbeträge zu schätzen (§ 162 AO). Denn die erfolgte Rechnungstellung wird durch den Verlust der Rechnungen nicht aufgehoben (BFH-Urteil vom 1.4.1982, V R 66/77, LEXinform 0041242). Der fehlende Nachweis des Rechnungsbesitzes kann dagegen nicht durch eine Schätzung ersetzt werden (BFH-Urteil vom 12.6.1986, V R 75/78, BStBl II 1986, 721).

3.6. Unternehmensinterne Buchungsbelege

Sog. Innenumsätze, z.B. zwischen Betriebsabteilungen desselben Unternehmens oder innerhalb eines Organkreises, sind innerbetriebliche Vorgänge. Werden für sie Belege mit gesondertem Steuerausweis ausgestellt, handelt es sich umsatzsteuerrechtlich nicht um Rechnungen, sondern um unternehmensinterne Buchungsbelege. Die darin ausgewiesene Steuer wird nicht nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldet (Abschn. 14.1. Abs. 4 UStAE).

Erteilt eine Organgesellschaft für Innenleistungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG) Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis an den Organträger, begründet dies für die Organgesellschaft weder nach § 14c Abs. 1 UStG noch nach § 14c Abs. 2 UStG eine Steuerschuld (BFH Urteil vom 28.10.2010, V R 7/10, BStBl II 2011, 391).

4. Abrechnungsanspruch bzw. Abrechnungsverpflichtung

4.1. Zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen

Der Anspruch nach § 14 Abs. 2 UStG auf Erteilung einer Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer steht dem umsatzsteuerlichen Leistungsempfänger zu. Hierbei handelt es sich um einen zivilrechtlichen Anspruch, der vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen ist. Die Verjährung tritt nach Ablauf von 3 Jahren ein (§ 195 BGB; Abschn. 14.1. Abs. 5 Satz 4 UStAE). Die zivilrechtliche Abrechnungspflicht besteht unabhängig von § 14 UStG.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Anspruch auf Ausstellung einer Rechnung nach § 14 Abs. 2 UStG vom Insolvenzverwalter auch dann zu erfüllen, wenn die Leistung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewirkt wurde (Abschn. 14.1. Abs. 5 Satz 7 UStAE).

4.2. Steuerrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen

4.2.1. Grundsätzliches

Zivilrechtliche und steuerrechtliche Abrechnungsverpflichtungen und -berechtigungen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG) stehen unabhängig nebeneinander. So ist z.B. nur steuerrechtlich eine Abrechnungsfrist von sechs Monaten gesetzlich bestimmt. Die Pflichtverletzung führt bei fehlendem Steuerausweis zur Steuerschuldnerschaft nach § 14c UStG sowie zur Versagung des Vorsteuerabzugs.

4.2.2. Die Abrechnungsverpflichtung des Leistungsgebers im Überblick

Abb.: Rechnungslegungspflicht des § 14 Abs. 2 UStG

4.3. Abrechnungspflicht nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG

4.3.1. Werklieferungen und sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück

Gem. § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ist der Unternehmer bei Ausführung einer steuerpflichtigen Werklieferung oder sonstigen Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück stets verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung zu erteilen (Abschn. 14.1. Abs. 3 Satz 1 UStAE).

Die Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung besteht auch dann, wenn es sich beim Leistungsempfänger nicht um einen Unternehmer, der die Leistung für sein Unternehmen bezieht, handelt.

Um eine Verpflichtung zur Rechnungserteilung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG zu bejahen, kommt es nicht darauf an, ob der Empfänger der steuerpflichtigen Werklieferung oder sonstigen Leistung der Eigentümer des Grundstücks ist. Auch der Mieter einer Mietwohnung kann als Auftraggeber einer Werklieferung oder sonstigen Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück in Betracht kommen (Abschn. 14.1. Abs. 3 Satz 3 UStAE).

Die Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung bei steuerpflichtigen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück gilt auch für Kleinunternehmer i.S.d. § 19 Abs. 1 UStG. Allerdings dürfen Kleinunternehmer die USt nicht gesondert ausweisen (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG). Die Rechnungserteilungspflicht bei steuerpflichtigen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück gilt auch für Land- und Forstwirte, die die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwenden (→ Land- und Forstwirtschaft; Abschn. 14.1. Abs. 3 Satz 4 UStAE).

Für stpfl. sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 Satz 1 und 2 UStG bezeichneten Art, die weder an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen noch an eine juristische Person erbracht werden, besteht keine Rechnungserteilungspflicht (Abschn. 14.1. Abs. 3 Satz 5 UStAE). Sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück umfasst die Bauleistungen nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG und sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück i.S.d. § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG (Abschn. 14.2. Abs. 1 Satz 1 UStAE).

4.3.2. Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück

4.3.2.1. Rechnungserteilungspflicht

Der Begriff der steuerpflichtigen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück umfasst die Bauleistungen des § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG (→ Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers) und darüber hinaus die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück i.S.d. § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG (Abschn. 14.2. UStAE). Demnach gehören zu den Leistungen, bei denen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG eine Verpflichtung zur Rechnungserteilung besteht, zunächst alle Bauleistungen, bei denen die Steuerschuld unter den weiteren Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG auf den Leistungsempfänger übergehen kann (siehe Abschn. 13b.2. UStAE).

Damit sind z.B. auch die folgenden Leistungen von der Verpflichtung zur Rechnungserteilung umfasst (Abschn. 14.2. Abs. 2 UStAE):

  • planerische Leistungen (z.B. von Statikern, Architekten, Garten- und Innenarchitekten, Vermessungs-, Prüf- und Bauingenieuren).

    Die OFD Karlsruhe nimmt mit Vfg. vom 28.2.2012 (S 7280-Karte 1, LEXinform 5234020) zur Rechnungserteilung und zum Vorsteuerabzug bei Leistungen der Prüfungsingenieure für Baustatik Stellung.

    Gebührenrechnungen, die Prüfingenieure für Baustatik im Baugenehmigungsverfahren unmittelbar an Bauherren erteilen, müssen auf das Auftragsverhältnis zwischen Baurechtsbehörde und Prüfstatiker hinweisen und dürfen keinen gesonderten Ausweis von USt enthalten (§ 14c Abs. 2 UStG).

    Ist der Bauherr Auftraggeber (sog. Kenntnisgabeverfahren), muss sich dies aus dem Rechnungsinhalt ergeben. Der Bauherr ist unter den sonstigen Voraussetzungen des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn in der Gebührenrechnung die Nettogebühr und die darauf entfallende Umsatzsteuer betragsmäßig angegeben wird;

  • Labordienstleistungen (z.B. die chemische Analyse von Baustoffen oder Bodenproben);

  • reine Leistungen zur Bauüberwachung;

  • Leistungen zur Prüfung von Bauabrechnungen;

  • Leistungen zur Durchführung von Ausschreibungen und Vergaben;

  • Abbruch- oder Erdarbeiten.

Hinsichtlich des Begriffs der steuerpflichtigen sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück verweise ich auf Abschn. 3a.3. UStAE.

Die steuerpflichtige Werklieferung oder sonstige Leistung muss in engem Zusammenhang mit einem Grundstück stehen. Ein enger Zusammenhang ist gegeben, wenn sich die Werklieferung oder sonstige Leistung nach den tatsächlichen Umständen überwiegend auf die Bebauung, Verwertung, Nutzung oder Unterhaltung aber auch Veräußerung oder den Erwerb des Grundstücks selbst bezieht.

Daher besteht auch bei der Erbringung u.a. folgender Leistungen eine Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung (Abschn. 14.2. Abs. 3 UStAE):

  • Zur-Verfügung-Stellen von Betonpumpen oder von anderem Baugerät,

  • Aufstellen von Material- oder Bürocontainern,

  • Aufstellen von mobilen Toilettenhäusern,

  • Entsorgung von Baumaterial (z.B. Schuttabfuhr durch ein Abfuhrunternehmen),

  • Gerüstbau,

  • bloße Reinigung von Räumlichkeiten oder Flächen (z.B. Fensterreinigung),

  • Instandhaltungs- (z.B. Klempnerarbeiten), Reparatur- und Wartungsarbeiten an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken (z.B. Renovierungsarbeiten wie Malerarbeiten),

  • Anlegen von Grünanlagen und Bepflanzungen und deren Pflege (z.B. Bäume, Gehölze, Blumen, Rasen),

  • Beurkundung von Grundstückskaufverträgen durch Notare,

  • Vermittlungsleistungen der Makler bei Grundstücksveräußerungen oder Vermietungen.

4.3.2.2. Keine Rechnungserteilungspflicht

Sofern selbstständige Leistungen vorliegen, sind folgende Leistungen keine Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück, bei denen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG die Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung besteht (Abschn. 14.2. Abs. 4 UStAE):

  • die Veröffentlichung von Immobilienanzeigen, z.B. durch Zeitungen,

  • die Rechts- und Steuerberatung in Grundstückssachen.

Alltägliche Geschäfte, die mit einem Kaufvertrag abgeschlossen werden (z.B. der Erwerb von Gegenständen durch einen Nichtunternehmer in einem Baumarkt), unterliegen nicht der Verpflichtung zur Rechnungserteilung. Auch die Lieferung von Baumaterial auf eine Baustelle eines Nichtunternehmers oder eines Unternehmers, der das Baumaterial für seinen nichtunternehmerischen Bereich bezieht, wird nicht von der Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung umfasst.

4.3.3. Frist zur Rechnungserteilung

Die Rechnung ist innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Werklieferung oder sonstigen Leistung zu erteilen. Im Fall der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts für eine steuerpflichtige Werklieferung oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück vor Ausführung der Leistung ist die Rechnung innerhalb von sechs Monaten nach Vereinnahmung des Entgelts oder des Teilentgelts auszustellen. Dabei muss die Rechnung alle sich aus § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG ergebenden Pflichtangaben enthalten. Soweit es sich um eine Rechnung über einen Gesamtbetrag von bis zu 250 € handelt, müssen die sich aus § 33 UStDV ergebenden Pflichtangaben in der Rechnung enthalten sein.

Sofern der leistende Unternehmer mit dem Leistungsempfänger zulässigerweise vereinbart hat, dass die Rechnung vom Leistungsempfänger erstellt werden soll (Gutschrift i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG), hat der Leistungsempfänger die Rechnung innerhalb von sechs Monaten zu erteilen.

4.3.4. Ordnungswidrigkeit

Der vorsätzliche oder leichtfertige Verstoß gegen die Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung oder zur rechtzeitigen Erteilung einer Rechnung ist nach § 26a Abs. 2 Nr. 1 UStG eine Ordnungswidrigkeit, die nach § 26a Abs. 3 UStG mit einer Geldbuße bis zu 5 000 € geahndet werden kann.

Die Erteilung einer Rechnung, die nicht alle in § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG aufgeführten Pflichtangaben enthält, gilt nicht als Ordnungswidrigkeit. Dies gilt auch, wenn der nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG erforderliche Hinweis nicht in der Rechnung angebracht wird.

4.3.5. Aufbewahrungspflichten

4.3.5.1. Aufbewahrungspflicht des nichtunternehmerischen Leistungsempfängers

Zur Aufbewahrungspflicht s.u. den Gliederungspunkt »Aufbewahrung von Rechnungen und Buchungsbelegen«.

Gem. § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG ist der Empfänger einer steuerpflichtigen Werklieferung oder sonstigen Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück verpflichtet, die Rechnung, einen Zahlungsbeleg oder eine andere beweiskräftige Unterlage aufzubewahren, soweit er nicht Unternehmer oder ein Unternehmer ist, der die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich verwendet (Abschn. 14b.1. Abs. 4 UStAE).

Der entsprechende Beleg ist zwei Jahre aufzubewahren (Abschn. 14b.1. Abs. 4 UStAE). Dabei müssen die Belege für den gesamten Aufbewahrungszeitraum lesbar sein (§ 14b Abs. 1 Satz 2 UStG). Der Aufbewahrungszeitraum beginnt mit dem Schluss des Kj., in dem die Rechnung ausgestellt wurde (Abschn. 14b.1. Abs. 2 Satz 1 UStAE).

4.3.5.2. Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des nichtunternehmerischen Leistungsempfängers

Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG ist der leistende Unternehmer bei Ausführung einer steuerpflichtigen Werklieferung oder sonstigen Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück verpflichtet, in der Rechnung auf die einem nichtunternehmerischen Leistungsempfänger nach § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG obliegenden Aufbewahrungspflichten hinzuweisen (Abschn. 14.5. Abs. 23 UStAE). Hierbei ist es ausreichend, wenn in der Rechnung z.B. ein allgemeiner Hinweis enthalten ist, dass ein nichtunternehmerischer Leistungsempfänger diese Rechnung zwei Jahre aufzubewahren hat (Abschn. 14.5. Abs. 23 Satz 2 UStAE).

Ein Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers nach § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG ist nicht erforderlich, wenn es sich bei der steuerpflichtigen Werklieferung oder sonstigen Leistung um eine Bauleistung i.S.d. § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG an einen anderen Unternehmer handelt, für die dieser die USt schuldet. Der Leistungsempfänger ist in diesen Fällen gem. § 14b Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 UStG verpflichtet, die Rechnung zehn Jahre aufzubewahren, auch wenn er die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich bezieht.

Ein Hinweis auf die Aufbewahrungspflichten des Leistungsempfängers ist nicht erforderlich, wenn es sich um eine Kleinbetragsrechnung i.S.d. § 33 UStDV handelt.

Die Verpflichtung zur Aufbewahrung durch den nichtunternehmerischen Leistungsempfänger gilt auch dann, wenn der leistende Unternehmer entgegen § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG in der Rechnung nicht auf die Aufbewahrungsverpflichtung nach § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG hingewiesen hat bzw. wenn ein Hinweis auf die Aufbewahrungspflichten des Leistungsempfängers nicht erforderlich war, weil es sich um eine Kleinbetragsrechnung i.S.d. § 33 UStDV handelt (Abschn. 14b.1. Abs. 4 Satz 4 UStAE).

4.3.5.3. Aufbewahrungspflicht eines Unternehmers

Handelt es sich beim Leistungsempfänger um einen Unternehmer, der die Leistung für sein Unternehmen bezieht, gelten die Aufbewahrungspflichten nach § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG.

Ein Leistungsempfänger, der Unternehmer ist und die steuerpflichtige Werklieferung oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück bezieht, hat die Rechnung zehn Jahre aufzubewahren, wenn es sich bei der Leistung um eine Bauleistung i.S.d. § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG handelt (§ 14b Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 UStG), auch wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird. § 14b Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 UStG geht § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG vor (Abschn. 14b.1. Abs. 4 Satz 6 UStAE).

4.3.5.4. Ordnungswidrigkeit

Der vorsätzliche oder leichtfertige Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten nach § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG ist nach § 26a Abs. 2 Nr. 3 UStG eine Ordnungswidrigkeit, die nach § 26a Abs. 3 UStG mit einer Geldbuße bis zu 1 000 € geahndet werden kann.

4.3.5.5. Keine Aufbewahrungspflicht

Für steuerpflichtige sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 Satz 1 und 2 UStG bezeichneten Art, die weder an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen noch an eine juristische Person erbracht werden, besteht keine Verpflichtung des Leistungsempfängers zur Aufbewahrung von Rechnungen, Zahlungsbelegen oder anderen beweiskräftigen Unterlagen nach § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG (Abschn. 14b.1. Abs. 4 Satz 5 UStAE).

4.4. Abrechnungspflicht nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG

4.4.1. Allgemeines zur Rechnungslegungspflicht

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG ist der Unternehmer bei Ausführung einer Lieferung oder sonstigen Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung zu erteilen. Die Verpflichtung besteht auch, wenn der andere Unternehmer keine Rechnung verlangt. Die in § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG enthaltene Verpflichtung zur Rechnungsausstellung wird dahingehend eingeschränkt, dass die Rechnungserteilungspflicht nicht besteht, wenn der Umsatz nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfrei ist (Abschn. 14.1. Abs. 3 Satz 7 UStAE).

Sofern der leistende Unternehmer mit dem Leistungsempfänger zulässigerweise vereinbart hat, dass die Rechnung vom Leistungsempfänger erstellt werden soll (Gutschrift i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG), hat der Leistungsempfänger die Rechnung innerhalb von sechs Monaten zu erteilen.

4.4.2. Verweigerung einer Rechnungserteilung

Zu der Möglichkeit der Verweigerung einer Rechnungserteilung mit Umsatzsteuerausweis und den damit zusammenhängenden zivilrechtlichen Folgen hat sich der BGH mit Urteil vom 26.6.2014 (VII ZR 247/13, DStR 2014, 1887, LEXinform 1590739) auseinandergesetzt.

Besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Rechnung nach § 14 UStG, kann der Leistungsempfänger das von ihm geschuldete Entgelt grundsätzlich nach § 273 Abs. 1 BGB zurückhalten, bis der Leistende ihm die Rechnung erteilt.

Hinweis:

Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG), wenn der Umsatz steuerfrei ist (§ 4 Nr. 8 bis 29 UStG).

Ist ernstlich zweifelhaft, ob die Leistung der Umsatzsteuer unterliegt, kann der Leistungsempfänger die Erteilung einer Rechnung nach § 14 UStG mit gesondert ausgewiesener Steuer nur verlangen, wenn die zuständige Finanzbehörde den Vorgang bestandskräftig der Umsatzsteuer unterworfen hat. Einer bestandskräftigen Unterwerfung kommt es im Ergebnis gleich, wenn einer Klage des Leistungsempfängers gegen das für die Umsatzsteuerfestsetzung gegenüber dem Leistenden zuständige FA auf Feststellung, dass der betreffende Umsatz steuerbar und steuerpflichtig ist, durch rechtskräftige Entscheidung stattgegeben wird.

Nach Auffassung des BGH ist es dem Leistenden regelmäßig nicht zuzumuten, eine Rechnung nach § 14 UStG mit gesondertem Steuerausweis auszustellen, die unter Umständen nach der Beurteilung der zuständigen Finanzbehörde zu Unrecht einen Steuerausweis enthält. Der Leistende wäre damit dem Risiko ausgesetzt, dass allein durch einen solchen Steuerausweis eine – ansonsten nicht bestehende – Steuerschuld ausgelöst wird (vgl. § 14c UStG). Die für den Leistenden grundsätzlich eröffneten Korrekturmöglichkeiten gem. § 14c UStG kompensieren die mit diesem Risiko verbundene Belastung nicht hinreichend.

4.4.3. Ausländischer Unternehmer

Auch der im Ausland ansässige Unternehmer, der im Inland eine hier steuerpflichtige Leistung erbracht hat, für die die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (§ 13b Abs. 1 und Abs. 2 UStG), ist zur Abrechnung verpflichtet (§ 14a Abs. 5 UStG; Abschn. 13b.14. UStAE). Abweichend von § 14 Abs. 1 bis 6 UStG gelten für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, seine Betriebsstätte, seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 14 Abs. 7 Satz 1 UStG; Abschn. 14.1. Abs. 6 UStAE mit Beispiel 1 und 2).

Ist der Unternehmer im Ausland ansässig und macht er von dem besonderen Besteuerungsverfahren Gebrauch (→ Voranmeldung), dessen Inanspruchnahme er in einem anderen Mitgliedstaat angezeigt hat, gelten nach § 14 Abs. 7 Satz 3 UStG für die in diesen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von § 14 Abs. 1 bis 6 UStG für die Rechnungserteilung die Vorschriften des anderen Mitgliedstaates. Für im Drittlandsgebiet ansässige Unternehmer und für im Inland ansässige Unternehmer, die von dem besonderen Besteuerungsverfahren im Inland Gebrauch machen, dessen Inanspruchnahme sie beim BZSt angezeigt haben, gelten die Vorschriften zur Rechnungserteilung nach § 14 Abs. 1 bis 6 UStG (Abschn. 14.1. Abs. 6 Satz 5 ff. UStAE).

4.4.4. Ordnungswidrigkeit

Der vorsätzliche oder leichtfertige Verstoß gegen die Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung oder zur rechtzeitigen Erteilung einer Rechnung ist nach § 26a Abs. 2 Nr. 1 UStG eine Ordnungswidrigkeit, die nach § 26a Abs. 3 UStG mit einer Geldbuße bis zu 5 000 € geahndet werden kann.

4.5. Auswirkung auf den Vorsteuerabzug

Soweit der leistende Unternehmer entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UStG nicht dafür Sorge trägt, dass innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung bzw. im Fall der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts vor Ausführung der Leistung nach Vereinnahmung eine Rechnung erteilt wird, hat dies keine Auswirkung auf einen möglichen Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers, soweit die übrigen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG erfüllt sind. Der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist jedoch erst für den Zeitpunkt zulässig, in dem der Leistungsempfänger im Besitz einer nach § 14 UStG ausgestellten Rechnung ist. Ein fehlerhafter Hinweis in der Rechnung nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG hat keine Auswirkung auf den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers. Nach Abschn. 15.11. Abs. 3 Satz 2 UStAE ist lediglich bei fehlenden oder unvollständigen Angaben i.S.d. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 8 und 10 UStG der Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

4.6. Abrechnungsberechtigung

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 UStG ist der Unternehmer berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Eine Abrechnungsverpflichtung besteht nur gegenüber einem anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder gegenüber einer juristischen Person (Abschn. 14.1. Abs. 5 Satz 1 UStAE).

Nur ein Unternehmer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 UStG berechtigt, eine Rechnung mit steuerlichen Wirkungen auszustellen. Das Gleiche gilt auch für eine Gutschrift. Ein Nichtunternehmer, der mit gesondertem Steuerbetrag über eine Leistung abrechnet, schuldet den abgerechneten Steuerbetrag nach § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG. Das Abrechnungspapier eines Nichtunternehmers wird in Abschn. 14c.2. Abs. 2 Nr. 5 UStAE nicht als Rechnung, sondern als Dokument bezeichnet. Sobald ein Unternehmer in einem Abrechnungspapier abrechnet, wird dies in Abschn. 14c.2. Abs. 2 UStAE als Rechnung bezeichnet.

4.7. Keine Abrechnungsberechtigung

Zur Abrechnung mit gesondertem Steuerausweis sind nicht befugt:

  • Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG) und

  • Wiederverkäufer (§ 25a Abs. 3 und 4 i.V.m. § 14a Abs. 6 UStG).

Beispiel 1:

Privatmann P hat von einer Service- und Hausmeisteragentur H folgende Leistungen erhalten:

  • Gartenarbeiten,

  • Hausreinigung,

  • Wartung der Heizungsanlage und

  • Reparatur des Rasenmähers.

P und H wickeln das Geschäft ohne Rechnung ab.

Lösung 1:

H ist verpflichtet, über die Leistungen – außer der Reparatur des Rasenmähers – Rechnungen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG auszustellen. Die Rechnung ist innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistungen auszustellen. Dabei besteht eine Abrechnungspflicht über jede der selbstständigen sonstigen Leistungen.

Die Rechnung muss einen Hinweis auf die Aufbewahrungsverpflichtung des P enthalten (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG). P muss die Rechnung nach § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG zwei Jahre aufbewahren.

Die vorsätzliche oder leichtfertige Verletzung der Verpflichtung zur Ausstellung der Rechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG wird nach § 26a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 UStG als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 5 000 € geahndet.

Die vorsätzliche oder leichtfertige Verletzung der Aufbewahrungspflicht nach § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG wird nach § 26a Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 UStG als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 1 000 € geahndet.

5. Rechnungsformen

5.1. Allgemeines

Rechnungen können auf Papier oder, vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers, auf elektronischem Weg (→ E-Rechnung) übermittelt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 7 UStG; Abschn. 14.1. Abs. 1 Satz 6 UStAE).

5.2. Rechnungen auf Papier

5.2.1. Rechnungsdokumente

Die Rechnung auf Papier ist ein Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird. Dieses inhaltlich ordnungsgemäße Schriftstück ermöglicht dem Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug. Das Schriftstück muss aber nicht als Rechnung bezeichnet werden.

Als Rechnungen kommen insbesondere folgende Schriftstücke in Betracht:

  • Kaufverträge,

  • Mietverträge,

  • Pachtverträge,

  • Fahrausweise,

  • Quittungen, Kassenzettel oder Kassenbons als Kleinbetragsrechnungen.

Zur Identifizierung der abgerechneten Leistung können außer der Rechnung andere Geschäftsunterlagen grundsätzlich nur dann herangezogen werden, wenn in der Abrechnung selbst auf diese verwiesen wird und die in Bezug genommenen Unterlagen eindeutig bezeichnet sind (BFH Beschluss vom 26.3.2004 V B 170/03, BFH/NV 2004, 1121).

Als Rechnung ist auch ein Vertrag anzusehen, der die in § 14 Abs. 4 UStG geforderten Angaben enthält (Abschn. 14.1. Abs. 2 Satz 1 UStAE). Soweit in einem Vertrag der Zeitraum, über den sich die jeweilige Leistung oder Teilleistung erstreckt, nicht angegeben ist, reicht es aus, wenn sich dieser Zeitraum aus den einzelnen Zahlungsbelegen, z.B. aus den Überweisungsaufträgen oder den Kontoauszügen, ergibt (vgl. Abschn. 14.1. Abs. 2 Satz 3 und Abschn. 14.5. Abs. 17 Satz 1 UStAE).

5.2.2. Besonderheiten bei Mietverträgen

Wie sich aus Abschn. 14.1. Abs. 2 UStAE ergibt, sind unter bestimmten Voraussetzungen Mietverträge als Rechnungen anzuerkennen. Ein Mietvertrag gilt allerdings nur dann als Rechnung, wenn darin – oder in einem anderen Dokument – Pflichtangaben des § 14 Abs. 4, § 14a UStG enthalten sind (Abschn. 14.5. Abs. 1 UStAE).

5.2.3. »Blankorechnungen«

Eine Rechnungserstellung setzt voraus, dass die in einer Urkunde als Aussteller bezeichnete Person in irgendeiner Weise an der Erstellung der Urkunde mitgewirkt hat (BFH Urteil vom 16.3.1993 XI R 103/90, BStBl II 1993, 531). Die Folge davon ist, dass derjenige, der mit einer Rechnung (§ 14 Abs. 1 UStG) oder einer anderen Urkunde das Umsatzsteueraufkommen gefährdet oder schädigt, hierfür einstehen muss. Auf ein vorwerfbares Verhalten kommt es nicht an. Der gesetzliche Tatbestand verlangt weder, dass der Aussteller der Rechnung (bzw. der Urkunde) die missbräuchliche Verwendung der Rechnung durch den Rechnungsempfänger kennt, noch ist eine dahin gehende Absicht erforderlich.

§ 14c Abs. 2 UStG setzt voraus, dass jemand eine Urkunde erstellt (Ausstellung) und diese an den Adressaten aushändigt (Begebung). Damit betätigt der Aussteller seinen Willen, die Urkunde in den Verkehr zu bringen. Bei dieser Willensbetätigung genügt es, wenn der Aussteller in Kauf nimmt, dass der Adressat von dem Papier als Rechnung Gebrauch macht. Ist der Adressat bereits im Besitz des Papiers, steht es der Begebung gleich, wenn der Aussteller in die Verwendung des Papiers als Rechnung (ausdrücklich oder durch konkludentes Handeln) einwilligt. Hat der Aussteller eine Abrechnung mit den Merkmalen einer Rechnung im Entwurf angefertigt, ohne entschlossen zu sein, die Lieferung oder Leistung zu erbringen, und gerät das Papier ohne Begebung in die Hand des in ihm genannten Adressaten, so steht das Wissen um diesen Sachverhalt und die Inkaufnahme einer etwaigen Verwendung als Rechnung einer Begebung gleich (BFH Urteil vom 21.2.1980, V R 146/73, BStBl II 1980, 283 und BFH Beschluss vom 21.4.2005 V B 182/03, BFH/NV 2005, 1640).

Eine in den Regelungsbereich des § 14c Abs. 2 UStG fallende Gefährdung liegt z.B. auch dann vor, wenn dem Empfänger ein blanko unterschriebenes Papier ausgehändigt und dieser in die Lage versetzt wird, es für umsatzsteuerliche Zwecke zu verwenden oder wenn in eine nicht eigenhändig gefertigte Abrechnung Einsicht genommen und anschließend wieder dem Leistungsempfänger zur beliebigen Verwendung überlassen wird (s.a. BFH Beschluss vom 25.9.1998, V B 53/98, V B 65/98, BFH/NV 1999, 526 und vom 28.12.2004, V B 154-156/04, BFH/NV 2005, 727).

Wer einem Dritten einen leeren Briefbogen überlässt, stellt keine Rechnung aus, wenn der Dritte auf diesem Papier unabgesprochen eine unrichtige Rechnung erstellt und dieses Handeln dem Überlassenden auch sonst nicht zurechenbar ist (BFH Urteil vom 30.3.2006 V R 46/03, BFH/NV 2006, 1365). Es fehlt an der Mindestvoraussetzung, dass in dem Papier irgendeine Willenserklärung verkörpert ist, die auf den Rechnungsaussteller hinweist.

6. Gutschriften

6.1. Definition der Gutschrift

Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG ist die Gutschrift

  • eine Rechnung,

  • die von einem Leistungsempfänger, der

    • Unternehmer oder

    • eine juristischen Person (in § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG bezeichneter Leistungsempfänger) ist,

  • für eine Lieferung oder sonstige Leistung

  • des Unternehmers (Gutschriftempfängers)

  • ausgestellt wird,

  • sofern dies vorher vereinbart wurde (Abschn. 14.3. Abs. 2 Satz 1 UStAE).

Unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG steht eine Gutschrift einer Rechnung gleich. Mit Urteil vom 27.11.2019 (V R 23/19; V R 62/17, BStBl II 2021, 542) hat der BFH u.a. auch zur Wirkungsweise einer Gutschrift Stellung genommen. Der BFH hat in seinem Urteil V R 23/19 unter Aufgabe seiner bisherigen Rspr. entschieden, dass das Mitglied eines Aufsichtsrats nicht als Unternehmer tätig ist, wenn es aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko trägt (→ Ehrenamtliche Tätigkeit: Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 UStG; Abschn. 2.2. Abs. 3a UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 8.7.2021, BStBl I 2021, 919).

Im Urteilsfall V R 23/19 rechnete die AG gegenüber dem Aufsichtsratsmitglied mittels Gutschrift mit Steuerausweis ab. Das Aufsichtsratsmitglied widersprach der Gutschrift nach über einem Jahr und zahlte die gesondert ausgewiesene USt an die AG zurück. In den Folgejahren rechnete die AG die Aufsichtsratsvergütung per Gutschrift ohne Steuerausweis ab.

Nach der Entscheidung des BFH ist das Aufsichtsratsmitglied nicht als Unternehmer tätig, da das Aufsichtsratsmitglied aufgrund einer nicht variablen Festgeldvergütung kein Vergütungsrisiko trägt.

Nachdem die Finanzverwaltung bereits mit Schreiben vom 8.7.2021 (BStBl I 2021, 919) zu den Auswirkungen des BFH-Urteils V R 23/19 bezüglich der Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern Stellung genommen hat, nimmt die Finanzverwaltung mit Schreiben vom 19.8.2021 (BStBl I 2021, 1087) zu den Auswirkungen des BFH-Urteils V R 23/19 bezüglich der Gutschriftabrechnung und der damit im Zusammenhang stehen Steuerschuld einer gesondert ausgewiesenen USt Stellung (2. Leitsatz des BFH-Urteils vom 27.11.2019, V R 23/19; V R 62/17, BStBl II 2021, 542).

Nach dem BMF-Schreiben vom 19.8.2021 (BStBl I 2021, 1087) sind hinsichtlich der Abrechnung durch den Leistungsempfänger folgende Fälle zu unterscheiden:

  1. Abrechnung an Nichtunternehmer:

    Es handelt sich dabei um den Urteilsfall V R 23/19. Nach der Rz. 22 ff. steht ein als Gutschrift verwendetes Abrechnungsdokument an einen Nichtunternehmer einer Rechnung nicht gleich. Dieses Abrechnungsdokument begründet daher keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG.

    Ein Vorsteuerabzug aus diesem Abrechnungsdokument ist nicht möglich. Die Voraussetzungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG liegen nicht vor, da die abgerechnete Leistung nicht von einem Unternehmer ausgeführt worden ist.

  2. Abrechnung an Unternehmer über eine nicht erbrachte Leistung.

    Wird hingegen eine Gutschrift zwischen zwei Unternehmern über eine nicht erbrachte Leistung ausgestellt, steht dieses Abrechnungsdokument einer Rechnung gleich und kann eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG begründen.

    Damit eine Gutschrift nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG einer Rechnung gleichsteht und eine Steuerschuld des Gutschriftsempfängers nach § 14c Abs. 2 UStG begründen kann, muss sie über »eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden«. Dabei verweist § 14 Abs. 2 UStG auf den allgemeinen Unternehmerbegriff des § 2 UStG. Im Urteilsfall V R 23/19 fehlt es an der danach erforderlichen Unternehmerstellung (BFH V R 23/19, Rz. 23).

    Ein Vorsteuerabzug aus einem solchen Abrechnungsdokument ist nicht möglich (Abschn. 15.2. Abs. 1 Satz 2 UStAE).

Zum Widerspruch gegen eine Gutschrift s.u. den Gliederungspunkt »Widerspruch bei Gutschriften«.

6.2. Die Voraussetzungen für das Erteilen einer Gutschrift im Einzelnen

Eine Gutschrift ist eine Rechnung, die vom Leistungsempfänger ausgestellt wird (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG). Eine Gutschrift kann auch durch juristische Personen, die nicht Unternehmer sind, ausgestellt werden. Der Leistungsempfänger kann mit der Ausstellung einer Gutschrift auch einen Dritten beauftragen, der im Namen und für Rechnung des Leistungsempfängers abrechnet (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG). Die am Leistungsaustausch Beteiligten können frei vereinbaren, ob der leistende Unternehmer oder der in § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG bezeichnete Leistungsempfänger abrechnet. Die Vereinbarung hierüber muss vor der Abrechnung getroffen sein. Eine Gutschrift kann auch ausgestellt werden, wenn über steuerfreie Umsätze abgerechnet wird oder wenn beim leistenden Unternehmer nach § 19 Abs. 1 UStG die Steuer nicht erhoben wird. Dies kann dazu führen, dass der Empfänger der Gutschrift unrichtig oder unberechtigt ausgewiesene Steuer nach § 14c UStG schuldet. Keine Gutschrift ist die im allgemeinen Sprachgebrauch ebenso bezeichnete Korrektur einer zuvor ergangenen Rechnung (Abschn. 14.3. Abs. 1 Satz 6 UStAE).

Die Vereinbarung zur Abrechnung mit Gutschrift ist an keine besondere Form gebunden. Sie kann sich aus Verträgen oder sonstigen Geschäftsunterlagen ergeben. Sie kann auch mündlich getroffen werden (Abschn. 14.3. Abs. 2 Satz 3 UStAE).

Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Gutschrift ist, dass die Gutschrift dem leistenden Unternehmer (Gutschriftempfänger) übermittelt worden ist und dieser dem ihm zugeleiteten Dokument nicht widerspricht (§ 14 Abs. 2 Satz 3 UStG). Die Gutschrift ist übermittelt, wenn sie dem leistenden Unternehmer so zugänglich gemacht worden ist, dass er von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann (Abschn. 14.3. Abs. 3 UStAE).

6.3. Elektronische Übermittlung von Gutschriften

Eine Gutschrift auf elektronischem Weg ist zulässig (s.a. → E-Rechnung. Die Regelungen sind entsprechend anzuwenden; § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG und Abschn. 14.4. Abs. 10 UStAE).

6.4. Form und Inhalt der Gutschrift

Wie bereits oben dargestellt, kann die Gutschrift sowohl auf Papier als auch auf elektronischem Weg übermittelt werden. Die Gutschrift muss die in § 14 Abs. 4 UStG für Rechnungen geforderten Angaben enthalten (Abschn. 14.5. Abs. 1 UStAE). So muss die Gutschrift u.a. die Steuernummer oder USt-IdNr. des leistenden Unternehmers (Gutschriftempfängers) enthalten (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG). Zu diesem Zweck hat der leistende Unternehmer (Gutschriftempfänger) dem Aussteller der Gutschrift seine Steuernummer oder USt-IdNr. mitzuteilen (Abschn. 14.5. Abs. 5 Satz 6 und 7 UStAE). Die Rechnungsnummer vergibt der Gutschriftaussteller (Abschn. 14.5. Abs. 13 UStAE).

Gutschriften können auch über Kleinbeträge erteilt werden. Die Erleichterungen des § 33 UStDV gelten dann auch für Gutschriften.

Über Voraus- und Anzahlungen kann auch mit Gutschriften abgerechnet werden (Abschn. 14.8. Abs. 3 UStAE). Zum Vorsteuerabzug in diesen Fällen siehe Abschn. 15.3. UStAE.

6.5. Besonderheiten zum Vorsteuerabzug

Der Aussteller der Gutschrift ist als Leistungsempfänger unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt. Der Vorsteuerabzug kommt für den Leistungsempfänger nur in Betracht, wenn der leistende Unternehmer (Gutschriftempfänger) zum gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung berechtigt ist (Abschn. 15.2a. Abs. 9 UStAE). Falsche Angaben des Gutschriftempfängers gehen zu Lasten des Ausstellers der Gutschrift.

Verweist eine Gutschrift auf einen Vertrag, aus dem sich die Person des Leistenden ergibt, kann diese Bezugnahme der Annahme eines unberechtigten Steuerausweises nach § 14c Abs. 2 UStG aufgrund einer unzutreffenden Bezeichnung des Leistenden entgegenstehen (BFH Urteil vom 16.3.2017, V R 27/16, BFH/NV 2017, 1143, LEXinform 0950909; Anmerkung vom 27.6.2017, LEXinform 0653203).

Der Vorsteuerabzug aus einer Gutschrift entfällt auch, wenn die Lieferung oder sonstige Leistung nicht steuerpflichtig ist. Hat der Aussteller der Gutschrift die Steuer zu hoch ausgewiesen, kann er den zu hoch ausgewiesenen Steuerbetrag nicht als Vorsteuer abziehen (s.a. Abschn. 14c.1. Abs. 3 UStAE). Ein Vorsteuerabzug ist ebenfalls nicht zulässig, wenn eine Gutschrift ohne das Einverständnis des Gutschriftempfängers erteilt wird oder wenn der Leistungsempfänger eine unvollständige und daher zum Vorsteuerabzug nicht berechtigende Rechnung z.B. bei fehlendem gesonderten Steuerausweis ohne ausdrückliche Anerkennung des Lieferers oder Leistenden durch eine Gutschrift ersetzt (Abschn. 15.2a. Abs. 10 UStAE).

6.6. Widerspruch bei Gutschriften

Der leistende Unternehmer kann der Gutschrift widersprechen. Der Widerspruch wirkt – auch für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers – erst in dem Besteuerungszeitraum, in dem er erklärt wird (Abschn. 15.2a. Abs. 11 UStAE). Mit dem Widerspruch verliert die Gutschrift die Wirkung als Rechnung. Die Wirksamkeit des Widerspruchs setzt den Zugang beim Gutschriftaussteller voraus (Abschn. 14.3. Abs. 4 UStAE).

Nach dem BFH-Urteil vom 23.1.2013 (XI R 25/11, BStBl II 2013, 417) ist der Empfänger einer Gutschrift auch ohne Angaben von Gründen innerhalb der Verjährungsfrist jederzeit zum Widerspruch gegen die Gutschrift berechtigt (s.a. Stadie, UR 2013, 365). Ist über einen Umsatz durch Gutschrift des Leistungsempfängers abgerechnet worden, verliert die Gutschrift bei einem wirksamen Widerspruch (§ 14 Abs. 2 Satz 3 UStG) des Empfängers der Gutschrift ihre Wirkung als Rechnung nicht rückwirkend, sondern ex nunc. Eine Beschränkung des Rechts zum Widerspruch nach § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG ist ebenso wie eine zeitliche Befristung für die Ausübung dieses Rechts im Gesetz nicht vorgesehen. Der Gutschriftenempfänger kann daher jederzeit, zumindest bis zum Ablauf der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren gem. § 195 BGB, unabhängig von eventuell erfolgten Steuerfestsetzungen oder -erstattungen, ohne Angabe von Gründen den ihm übermittelten Gutschriftdokumenten widersprechen. Ob der Widerspruch berechtigt ist, muss zwischen den Beteiligten vor den Zivilgerichten geklärt werden (s.a. Anmerkung vom 28.3.2013, LEXinform 0943666; s.a. Abschn. 15.2a. Abs. 11 UStAE).

Mit Schreiben vom 19.8.2021 (BStBl I 2021, 1087) nimmt das BMF zur Abrechnung über nicht ausgeführte sonstige Leistungen mittels Gutschrift Stellung (s.a. oben den Gliederungspunkt »Definition der Gutschrift«).

Wird eine Gutschrift zwischen zwei Unternehmern über eine nicht erbrachte Leistung ausgestellt, steht dieses Abrechnungsdokument einer Rechnung gleich und kann eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG begründen.

Damit eine Gutschrift nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG einer Rechnung gleichsteht und eine Steuerschuld des Gutschriftsempfängers nach § 14c Abs. 2 UStG begründen kann, muss sie über »eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden«. Dabei verweist § 14 Abs. 2 UStG auf den allgemeinen Unternehmerbegriff des § 2 UStG.

Durch einen wirksamen Widerspruch des Gutschriftempfängers nach § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG gegen eine ihm erteilte Gutschrift liegt ab dem Besteuerungszeitraum des wirksamen Widerspruchs kein Rechnungsdokument mehr vor (s.a. Abschn. 14.3. Abs. 4 UStAE). Dem Gutschriftaussteller liegt somit ab diesem Zeitpunkt keine Rechnung i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG mehr vor, sodass kein Vorsteuerabzug mehr möglich ist.

Allerdings führt allein ein wirksamer Widerspruch gegen eine Gutschrift aufgrund der unterschiedlichen Rechnungsbegriffe nach § 14 und § 14c UStG (vgl. BFH vom 17.2.2011, V R 39/09, BStBl II 2011, 734) nicht zur Beseitigung der Steuergefährdung nach § 14c Abs. 2 UStG. Auch in diesem Fall schuldet der Gutschriftempfänger die ausgewiesene Steuer weiterhin nach § 14c Abs. 2 UStG, bis die Steuergefährdung beseitigt worden ist.

Hinweis:

Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung bzw. dem Aussteller der Gutschrift nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an das FA zurückgezahlt worden ist (§ 14c Abs. 2 Satz 4 UStG). Dies ist in dem Sinne zu verstehen, dass endgültig feststehen muss, dass jedwede Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen ist (BFH vom 8.11.2016, VII R 34/15, BStBl II 2017, 496; Abschn. 14c.2. Abs. 3 Sätze 5und 6 UStAE; s. → Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis unter dem Gliederungspunkt »Unberechtigter Steuerausweis nach § 14c Abs. 2 UStG«).

Grundsätzlich ist der leistende Unternehmer zur Abrechnung durch Rechnung verpflichtet. Diese Rechnungslegungsform hat so lange Vorrang, bis der leistende und der empfangende Unternehmer die Abrechnung mittels Gutschrift vereinbaren. Erst nach dieser Vereinbarung kann der empfangende Unternehmer abrechnen. Eine ohne vorherige Vereinbarung übermittelte Gutschrift ist nicht wirkungslos. Sie wirkt, wenn ihr nicht widersprochen wird (Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 161 Rz. 142).

Rechnet der leistende Unternehmer nach Erhalt einer Gutschrift selbst durch Rechnung ab, ist darin ein Widerspruch gegen die Gutschrift zu sehen. Wirksam ist nur noch die vom leistenden Unternehmer ausgestellte Rechnung, so dass keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG entstanden ist (Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 161 Rz.102; s.a. Kraeusel, UR 2013, 609).

7. Allgemeiner Überblick zu den Inhaltsvoraussetzungen einer Rechnung

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) werden in Art. 10 die Pflichtangaben einer Rechnung i.S.d. §§ 14, 14a UStG ergänzt bzw. erweitert. Die Pflichtangaben in der Rechnung werden in § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG um eine neue Nr. 10 UStG erweitert. Weiterhin wird § 14 UStG um einen Abs. 7 ergänzt. Weitere Ergänzungen werden in § 14a UStG vorgenommen (s. die Erläuterungen zu den jeweiligen Vorschriften). Zu den Änderungen des §§ 14, 14a UStG durch das AmtshilfeRLUmsG s.a. das BMF-Schreiben vom 25.10.2013 (BStBl I 2013, 1305).

Durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlichen Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338) wird u.a. § 14 Abs. 7 UStG um einen Satz 3 ergänzt. Mit Schreiben vom 14.12.2018 (BStBl I 2018, 1429) nimmt das BMF zur Umsetzung des MwSt-Digitalpakets zum 1.1.2019 durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlichen Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338) Stellung. Dabei wird der UStAE an die Regelungen angepasst und u.a. in Abschn. 14.1. Abs. 6 UStAE die Sätze 5 und 6 angefügt.

Hinweis:

Mit der Umsetzung des Mehrwertsteuer-Digitalpakets durch das JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) wird das bestehende Mini-One-Stop-Shop-Verfahren zu einem One-Stop-Shop-Verfahren erweitert (§§ 18i und 18j UStG, bisher §§ 18 Abs. 4e und 18h UStG) und das Import-One-Stop-Shop-Verfahren (§ 18k UStG) eingeführt (s. → Voranmeldung unter dem Gliederungspunkt »Besondere Besteuerungsverfahren – One-stop-shop und Import-one-stop-shop – ab 1.7.2021«).

Die in § 14 Abs. 4 und § 14a UStG genannten Pflichtangaben gelten nur für Rechnungen an andere Unternehmer oder an juristische Personen, soweit sie nicht Unternehmer sind, sowie an andere Leistungsempfänger, die in § 14a UStG bezeichnet sind. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um steuerpflichtige oder steuerfreie Leistungen oder um Teilleistungen handelt oder ob die Sonderregelungen nach den §§ 23 bis 25c UStG angewendet werden. Die Pflichtangaben ergeben sich aus § 14 Abs. 4, § 14a UStG sowie aus den §§ 33 und 34 UStDV. Die Gesamtheit aller Dokumente, die die nach § 14 Abs. 4 und § 14a UStG geforderten Angaben insgesamt enthalten, bildet die Rechnung. In einem Dokument fehlende Angaben müssen in anderen Dokumenten enthalten sein. In einem dieser Dokumente müssen mindestens das Entgelt und der Steuerbetrag angegeben werden. Außerdem sind in diesem Dokument alle anderen Dokumente zu bezeichnen, aus denen sich die nach § 14 Abs. 4 und § 14a UStG erforderlichen Angaben insgesamt ergeben (§ 31 Abs. 1 UStDV). Alle Dokumente müssen vom Rechnungsaussteller erstellt werden. Im Fall der Gutschrift muss deshalb der Gutschriftaussteller alle Dokumente erstellen. Ist ein Dritter mit der Rechnungserstellung beauftragt (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG), ist auch derjenige, der den Dritten mit der Rechnungserstellung beauftragt hat, zur Erstellung der fehlenden Dokumente berechtigt. Hinsichtlich der Leistungsbeschreibung ist es zulässig, auf den vom leistenden Unternehmer erstellten Lieferschein Bezug zu nehmen (Abschn. 14.5. Abs. 1 UStAE).

Der Vorsteuerabzug ist nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG nur zulässig, wenn der Unternehmer eine nach §§ 14 und 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt (s.a. Abschn. 15.2. Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 UStAE). Der Leistungsempfänger hat die in der Rechnung enthaltenen Angaben auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen (Abschn. 15.2a. Abs. 6 Satz 1 UStAE). Rechnungen, die die in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 8 und 10 UStG bezeichneten Angaben nicht vollständig enthalten, berechtigen den Unternehmer nicht zum Vorsteuerabzug, es sei denn, die Rechnungen werden vom Rechnungsaussteller nachträglich vervollständigt (Abschn. 15.11. Abs. 3 Satz 2 UStAE).

Beachte:

Mit Urteil vom 21.11.2018 (C-664/16 »Vadan«, UR 2018, 962, LEXinform 0651531) hat der EuGH auf Vorlage eines rumänischen Gerichts entschieden, dass ein Vorsteuerabzug bei fehlender Rechnung nicht allein auf Grundlage einer Schätzung in einem Sachverständigengutachten möglich ist. In der weiteren Urteilbegründung macht der EuGH deutlich, dass die Vorlage einer Rechnung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG) keine zwingende Voraussetzung für den Vorsteuerabzug darstellt.

Maßgeblich für das Vorsteuerabzugsrecht sind das Vorliegen der

  • materiellen Voraussetzungen i.S.d. Art. 168 Buchst. a MwStSystRL und

  • formellen Voraussetzungen i.S.d. Art. 178 Buchst. a MwStSystRL.

Die materiellen Voraussetzungen verlangen, dass

  • der Betroffene Stpfl. i.S.d. MwStSystRL ist,

  • die zur Begründung des Abzugsrechts angeführten Gegenstände oder Dienstleistungen vom Stpfl. auf einer nachfolgenden Umsatzstufe für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden und

  • diese Gegenstände oder Dienstleistungen auf einer vorausgehenden Umsatzstufe von einem anderen Stpfl. geliefert oder erbracht werden (EuGH vom 21.11.2018, C-664/16, UR 2018, 962, Rz. 39).

Zu der formellen Voraussetzung des Abzugsrechts gehört, dass der Vorsteuerabzug nur ausgeübt werden kann, wenn der Stpfl. eine im Einklang mit Art. 226 MwStSystRL ausgestellte Rechnung besitzt (EuGH C-664/16, Rz. 40).

Der EuGH hat entschieden, dass das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Stpfl. bestimmten formellen Voraussetzungen nicht genügt hat (s.a. EuGH Urteil vom 11.11.2021, C-281/20, LEXinform 4242219, Rz. 33). Daraus folgt, dass die Steuerverwaltung das Recht auf Vorsteuerabzug nicht allein deshalb verweigern kann, weil eine Rechnung nicht die in Art. 226 Nr. 6 und 7 MwStSystRL aufgestellten Voraussetzungen erfüllt, wenn sie über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen, ob die für dieses Recht geltenden materiellen Voraussetzungen erfüllt sind (s.o. das EuGH vom 21.10.2021, C-80/20, LEXinform 0953157 unter dem Gliederungspunkt »Bedeutung der Rechnung« und dort »Vorsteuerabzug«).

Anders verhält es sich allerdings, wenn der Verstoß gegen die formalen Anforderungen den sicheren Nachweis verhindert hat, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden (EuGH vom 11.11.2021, C-281/20, LEXinform 4242219, Rz. 36). Dies kann dann der Fall sein, wenn in der Rechnung über die Gegenstände oder Dienstleistungen, für die das Recht auf Vorsteuerabzug ausgeübt wird, nicht angegeben wird, wer in Wahrheit der Lieferer ist, sofern damit die Namhaftmachung dieses Lieferers und folglich die Feststellung seiner Steuerpflichtigeneigenschaft verhindert wird, da diese Eigenschaft eine der materiellen Voraussetzungen des Rechts auf Vorsteuerabzug darstellt (EuGH vom 9.12.2021, C-154/20, LEXinform 0651711, Rz. 30).

Nur dann, wenn ein Dokument so fehlerhaft ist, dass der nationalen Steuerverwaltung die zur Begründung eines Vorsteuerabzugs erforderlichen Angaben fehlen, kann davon ausgegangen werden, dass ein solches Dokument keine »Rechnung« i.S.d. MwStSystRL ist, so dass der Vorsteuerabzug nicht geltend gemacht werden kann (EuGH C-80/20, Rz. 81). So stellt die Angabe des Lieferers in der Rechnung über die Gegenstände oder Dienstleistungen, für die das Recht auf Vorsteuerabzug ausgeübt wird, eine formale Voraussetzung für die Ausübung dieses Rechts dar (EuGH vom 9.12.2021, C-154/20, LEXinform 0651711, Rz. 25).

Gleichwohl muss ein Stpfl., der einen Vorsteuerabzug vornehmen möchte, nachweisen, dass er die Voraussetzungen hierfür erfüllt. Der Stpfl. muss also durch objektive Nachweise belegen, dass ihm andere Stpfl. auf einer vorausgehenden Umsatzstufe tatsächlich Gegenstände oder Dienstleistungen geliefert bzw. erbracht haben, die seinen der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsätzen dienten und für die er die Mehrwertsteuer tatsächlich entrichtet hat. Diese Nachweise können u.a. Unterlagen im Besitz der Lieferer oder Dienstleistungserbringer umfassen, von denen der Stpfl. die Gegenstände oder Dienstleistungen, für die er die Mehrwertsteuer entrichtet hat, bezogen hat. Eine Schätzung in einem von einem nationalen Gericht angeordneten Sachverständigengutachten kann diese Nachweise zwar gegebenenfalls ergänzen oder glaubwürdiger erscheinen lassen, nicht aber ersetzen (Rz. 44 und 45 des EuGH-Urteils C-664/16; s.a. Hartmann, Vorsteuerabzug ohne Rechnung? – Anmerkung zum EuGH-Urteil vom 21.11.2018, C-664/16 »Vadan«, NWB 6/2019, 316; Moldan, Quo vadis, Rechnung?, UStB 2/2019, 41). Nach dem EuGH-Urteil vom 9.12.2021, C-154/20, LEXinform 0651711, Rz. 25) gehört die Steuerpflichtigeneigenschaft (Unternehmereigenschaft) des Lieferers der Gegenstände bzw. des Erbringers der Dienstleistungen zu den materiellen Voraussetzungen dieses Rechts (s.a. EuGH vom 11.11.2021, C-281/20, LEXinform 4242219, Rz. 27).

Hinweis:

Zu Anwendung des EuGH-Urteils vom 21.11.2018 (C-664/16 »Vadan«, UR 2018, 962, LEXinform 0651531) s. das BMF-Schreiben vom 18.9.2020 (BStBl I 2020, 976, Rz. 9 bis 13). Mit BMF-Schreiben vom 18.9.2020 werden u.a. in Abschn. 15.2 Abs. 2 die Sätze 9 und 10 sowie in Abschn. 15.2a. der Abs. 1a des UStAE an die Rspr. angepasst.

Mit Gerichtsbescheid vom 23.3.2022 (5 K 2093/20, LEXinform 0462179) hat des FG Münster entschieden, dass ein Vorsteuerabzug aus von der Steuerfahndung festgestellten Schwarzeinkäufen nicht möglich ist, wenn keine entsprechenden Rechnungen vorliegen (s.a. Anmerkung vom 8.6.2022, LEXinform 0888231).

Die Klägerin betrieb einen Kiosk. Eine bei einer Lieferantin durchgeführte Steuerfahndungsprüfung stellte fest, dass diese ihren Kunden – auch der Klägerin – die Möglichkeit eingeräumt hatte, Waren gegen Barzahlung ohne ordnungsgemäße Rechnung zu beziehen. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse führte eine bei der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, dass die Klägerin Eingangsumsätze der Lieferantin und die entsprechenden Ausgangsumsätze nicht in ihrer Buchführung erfasst hatte. Das FA schätzte daraufhin Umsätze bei der Klägerin hinzu, gewährte aber mangels Rechnung keinen Vorsteuerabzug auf die Schwarzeinkäufe.

Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, dass ihr auch ohne Vorlage von Rechnungen ein Vorsteuerabzug zustehe, da der Kontrollfunktion der Rechnungen im Streitfall keine Bedeutung zukomme. Die Steuerfahndung habe das Konto der Klägerin bei der Lieferantin ausgewertet, sodass das FA über sämtliche Angaben für eine Prüfung der materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs verfüge.

Das FG Münster hat die Klage abgewiesen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setze voraus, dass der Unternehmer eine ordnungsgemäße Rechnung besitze. Zwar könne ausnahmsweise auf bestimmte formelle Voraussetzungen verzichtet werden, wenn die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs erfüllt seien. Dies führe aber nicht dazu, dass vollständig auf Rechnungen verzichtet werden könne. Der Unternehmer müsse jedenfalls darlegen und nachweisen, dass er eine ordnungsgemäße Rechnung besessen hatte. Der fehlende Nachweis eines solchen Rechnungsbesitzes könne nicht durch eine Schätzung ersetzt werden.

Die Klägerin sei im Streitfall niemals in Besitz von Rechnungen über die von ihrer Lieferantin bezogenen Schwarzeinkäufe gewesen, da diese hierüber keine Rechnungen ausgestellt habe. Auch das Debitorenkonto der Klägerin bei der Lieferantin stelle keine ordnungsgemäße Rechnung dar, denn die Buchführung diene lediglich eigenbetrieblichen Dokumentationszwecken des leistenden Unternehmers (FG Münster Mitteilung vom 16.5.2022, LEXinform 0462179).

Zum Vorsteuerabzug nach einer Rechnungsberichtigung s.u. die Erläuterungen u.a. auch zur Rechtsprechungsänderung des BFH in seinem Urteil vom 20.10.2016 (V R 26/15, BStBl II 2020, 593) unter dem Gliederungspunkt »Rechnungsberichtigung« (s.a. BFH Pressemitteilung Nr. 77/2016 vom 21.12.2016, LEXinform 0445613).

Die folgende Übersicht stellt die erforderlichen Rechnungsangaben nach der MwStSystRL und nach dem UStG gegenüber.

Rechnungsangaben nach Art. 226 Nr. 1 bis 15 MwStSystRL

Rechnungsangaben nach §§ 14 und 14a UStG

Nr. 1

Das Ausstellungsdatum;

§ 14 Abs. 4 Nr. 3

Nr. 2

eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung einmalig vergeben wird;

§ 14 Abs. 4 Nr. 4

Nr. 3

die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer i.S.d. Art. 214, unter der der Stpfl. die Gegenstände geliefert oder die Dienstleistung erbracht hat;

§ 14 Abs. 4 Nr. 2

Nr. 4

die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer i.S.d. Art. 214, unter der der Erwerber oder Dienstleistungsempfänger eine Lieferung von Gegenständen oder eine Dienstleistung, für die er Steuerschuldner ist, oder eine Lieferung von Gegenständen nach Art. 138 erhalten hat;

§ 14a Abs. 1 und 5

Nr. 5

den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Stpfl. und des Erwerbers oder Dienstleistungsempfängers;

§ 14 Abs. 4 Nr. 1

Nr. 6

Menge und Art der gelieferten Gegenstände beziehungsweise Umfang und Art der erbrachten Dienstleistungen;

§ 14 Abs. 4 Nr. 5

Nr. 7

das Datum, an dem die Gegenstände geliefert werden oder die Dienstleistung erbracht bzw. abgeschlossen wird, oder das Datum, an dem die Vorauszahlung i.S.d. Art. 220 Nr. 4 und 5 geleistet wird, sofern dieses Datum feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist;

§ 14 Abs. 4 Nr. 6

Nr. 7a

die Angabe »Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten« (Kassenbuchführung), sofern der Steueranspruch gem. Art. 66 Buchst. b zum Zeitpunkt des Eingangs der Zahlung entsteht und das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht;

keine entsprechende Regelung

Nr. 8

die Steuerbemessungsgrundlage für die einzelnen Steuersätze beziehungsweise die Befreiung, den Preis je Einheit ohne Mehrwertsteuer sowie jede Preisminderung oder Rückerstattung, sofern sie nicht im Preis je Einheit enthalten sind;

§ 14 Abs. 4 Nr. 7

Nr. 9

den anzuwendenden Mehrwertsteuersatz;

§ 14 Abs. 4 Nr. 8

Nr. 10

den zu entrichtenden Mehrwertsteuerbetrag, außer bei Anwendung einer Sonderregelung, bei der nach dieser Richtlinie eine solche Angabe ausgeschlossen wird;

§ 14 Abs. 4 Nr. 8

Nr. 10a

bei Ausstellung der Rechnung durch den Erwerber oder Dienstleistungsempfänger und nicht durch den Lieferer oder Dienstleistungserbringer: die Angabe »Gutschrift«;

§ 14 Abs. 4 Nr. 10

Nr. 11

Verweis auf die einschlägige Bestimmung dieser Richtlinie oder die entsprechende nationale Bestimmung oder Hinweis darauf, dass für die Lieferung von Gegenständen beziehungsweise die Dienstleistung eine Steuerbefreiung gilt;

§ 14 Abs. 4 Nr. 8

Nr. 11a

bei Steuerschuldnerschaft des Erwerbers oder Dienstleistungsempfängers: die Angabe »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers«;

§ 14a Abs. 5

Nr. 12

bei Lieferung neuer Fahrzeuge unter den Voraussetzungen des Art. 138 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a: die in Art. 2 Abs. 2 Buchst. b genannten Angaben;

§ 14a Abs. 3

Nr. 13

im Falle der Anwendung der Sonderregelung für Reisebüros: die Angabe »Sonderregelung für Reisebüros«;

§ 14a Abs. 6

Nr. 14

im Falle der Anwendung einer der auf Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten anwendbaren Sonderregelungen: die entsprechende Angabe »Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung«, »Kunstgegenstände/Sonderregelung« bzw. »Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung«;

§ 14a Abs. 6

Nr. 15

wenn der Steuerschuldner ein Steuervertreter i.S.d. Art. 204 ist: Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer i.S.d. Art. 214, vollständiger Name und Anschrift des Steuervertreters.

§ 22c

keine entsprechende Regelung

§ 14 Abs. 4 Nr. 9:

in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers.

Firma Hagen Putte

Steuernummer:

Sandstraße 25

11111/123/4567/8

83022 Rosenheim

DE 987654321

An

Firma Kai Maier

Herbststraße 33

83022 Rosenheim

Rosenheim, 2.6.2022

Rechnung Nr. 123 – K – 134

Die Lieferung erfolgte am 28.5.2022

Steuersatz 7 %

Steuersatz 19 %

50 Kisten Paul Laner

750,00 €

10 Ausgaben der Bierzeitung

20,00 €

Summe Waren 7 %

20,00 €

Summe Waren 19 %

750,00 €

Umsatzsteuer 7 %

4,00 €

Umsatzsteuer 19 %

142,50 €

Rechnungsbetrag insgesamt

916,50 €

Bei Zahlung bis zum 15.6.2022 gewähren wir 3 % Skonto.

Abb.: Muster einer Rechnung

Nach dem BFH-Urteil vom 20.10.2016 (V R 26/15, BStBl II 2020, 593, Rz. 19) ist ein Dokument jedenfalls dann eine rückwirkend berichtigungsfähige Rechnung, wenn es Angaben

  • zum Rechnungsaussteller,

  • zum Leistungsempfänger,

  • zur Leistungsbeschreibung,

  • zum Entgelt und

  • zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer

enthält (Abschn. 15.2a Abs. 7 Satz 6 ff. i.d.F. des BMF-Schreibens vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 16). Hierfür reicht es aus, dass die Rechnung diesbezügliche Angaben enthält und die Angaben nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen. Zum möglichen Vorsteuerabzug und zur Rechnungsberichtigung (Änderung des Rechtsprechung) s.u. den Gliederungspunkt »Rechnungsberichtigung« und dort »Allgemeine Voraussetzungen für Rechnungsberichtigungen« sowie »Rückwirkende Rechnungsberichtigung«.

Beachte:

Die berichtigungsfähige Rechnung berechtigt erst dann zum Vorsteuerabzug, wenn die fehlerhafte Rechnung die korrekten Angaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 8 und 10 UStG enthält (s.a. Abschn. 15.11. Abs. 3 UStAE; zur Rückwirkung des Vorsteuerabzugs s. Abschn. 15.11. Abs. 3 Satz 8 und 9 i.V.m. Abschn. 15.2a. Abs. 7 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976). Zur Berichtigung von Rechnungen s. § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG, § 31 Abs. 5 UStDV sowie Abschn. 14.11. UStAE.

Nach dem EuGH-Urteil vom 15.9.2016 (C-518/14, Senatex, DStR 2016, 2211, LEXinform 0589518) kommt der Berichtigung einer Rechnung in Bezug auf eine zwingende Angabe Rückwirkung zu. Im dem zugrunde liegenden Urteil fehlten Angaben in den Rechnungen vollständig, die der Aussteller später ergänzte. Die Korrektur einer Rechnung wirkt auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsausstellung zurück. Aufgrund der EuGH-Entscheidung Senatex hat der BFH mit Urteil vom 20.10.2016 (V R 26/15, BStBl II 2020, 593) seine bisherige Rechtsprechung (BFH vom 2.9.2010, V R 55/09, BStBl II 2011, 235) aufgegeben, wonach der Vorsteuerabzug erst zu dem Zeitpunkt in Anspruch genommen werden kann, in dem der Rechnungsaussteller die Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV berichtigt und die zu berichtigenden Angaben an den Rechnungsempfänger übermittelt hat. Zu den Voraussetzungen einer rückwirkend berichtigungsfähigen Rechnung s. Rz. 16 des BMF-Schreibens vom 18.9.2020 (BStBl I 2020, 976) sowie Abschn. 15.2a. Abs. 7 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 18.9.2020.

8. Die Pflichtangaben im Einzelnen

8.1. Name und Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers

8.1.1. Allgemeines

Nach § 31 Abs. 2 UStDV ist es ausreichend, wenn sich aufgrund der in der Rechnung aufgenommenen Bezeichnungen der Name und die Anschrift sowohl des leistenden Unternehmers als auch des Leistungsempfängers eindeutig feststellen lassen (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG; Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL; Abschn. 14.5. Abs. 2 UStAE). Nach dem BFH-Urteil vom 20.10.2016 (V R 26/15, BStBl II 2020, 593, Rz. 19) ist ein Dokument dann eine Rechnung und damit berichtigungsfähig, wenn es u.a. Angaben zum Rechnungsaussteller sowie zum Leistungsempfänger enthält (s.a. Anmerkung vom 3.1.2017, LEXinform 0653075).

Es ist ausreichend und die Rechnung deshalb nicht berichtigungsbedürftig, wenn der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger durch die Gesamtheit der vorliegenden Angaben in der Rechnung eindeutig identifizierbar sind und eine Verwechslungsgefahr mit anderen Unternehmern ausgeschlossen ist. Bei Fehlern und Unklarheiten, die über die Regelungen in Abschn. 15.2a. Abs. 2, 3 und Abs. 6 UStAE hinausgehen, sind die Voraussetzungen für eine rückwirkend berichtigungsfähige Mindestangabe nicht erfüllt. Die Angabe eines Unternehmers, der nicht der tatsächlich leistende Unternehmer bzw. nicht der tatsächliche Leistungsempfänger ist, ist eine offensichtlich unzutreffende Angabe, die nicht rückwirkend berichtigt werden kann (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 18 und 19).

8.1.2. Verwendung eines Aliasnamens und einer Zustellanschrift nach dem ProstSchG

Mit Schreiben vom 7.9.2021 (BStBl I 2021, 1591) hat das BMF zur Beurteilung des Verhältnisses der nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Rechnungsangaben und der Verwendung eines Aliasnamens nach § 5 Abs. 6 Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) Stellung genommen.

Das ProstSchG ist am 1.7.2017 in Kraft getreten. Nach § 3 ProstSchG hat sich eine Prostituierte/ein Prostituierter vor Aufnahme der Tätigkeit bei der zuständigen Behörde anzumelden und dabei Angaben nach § 4 Abs. 1 ProstSchG zu machen. Die anmeldende Person erhält hierfür nach § 5 Abs. 1 ProstSchG eine Anmeldebescheinigung, die vorbehaltlich landesrechtlicher Einschränkungen örtlich unbeschränkt gültig ist (§ 5 Abs. 3 ProstSchG). Zusätzlich zur namentlichen Anmeldebescheinigung ist nach § 5 Abs. 6 ProstSchG auf Wunsch eine weitere Anmeldebescheinigung in pseudonymisierter Form auszustellen (Aliasbescheinigung). Die Anmeldebescheinigung enthält u.a. auch die ausstellende Behörde und eine (individuelle) Verwaltungsnummer (vgl. § 2 Prostitutionsanmeldeverordnung – ProstAV – und entsprechende Anlage).

Die Angaben nach § 4 ProstSchG sind von der Verwaltungsbehörde unverzüglich an die Finanzbehörde zu übermitteln (§ 34 Abs. 8 ProstSchG). Der Aliasname nach § 5 Abs. 6 ProstSchG gehört nicht zu diesen Angaben. Die Verwaltungsbehörde ist nach § 34 Abs. 3 Satz 2 ProstSchG zur Löschung der Anmeldedaten grds. drei Monate nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Anmeldebescheinigung (je nach Alter der Person ein oder zwei Jahre, § 5 Abs. 3 ProstSchG) verpflichtet. Bei der Durchführung des Besteuerungsverfahrens stehen diese Informationen daher möglicherweise nicht mehr zur Verfügung.

Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes hat zu kontrollieren, ob die in dem Betrieb beschäftigten Personen über eine Anmelde- oder Aliasbescheinigung verfügen (§ 25 Abs. 1 Nr. 4 ProstSchG). Somit ist ihm möglicherweise nur der Name laut Aliasbescheinigung bekannt, nicht der Klarname. Dies ist auch ein vorgesehener Zweck der Aliasbescheinigung.

Ein Aliasname nach dem ProstSchG stellt keinen falschen, sondern einen behördlich genehmigten Zweitnamen ähnlich einem Künstlernamen dar. Allein die Verwendung eines Aliasnamens als Rechnungsaussteller oder Leistungsempfänger führt daher nicht zur Entstehung einer Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG (s.a. Abschn. 14.5. Abs. 2 Satz 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 7.9.2021, BStBl I 2021, 1591).

Hinweis:

In dem BMF-Schreiben vom 7.9.2021 (BStBl I 2021, 1591) werden im Einzelnen für die umsatzsteuerlichen Rechnungsangaben erläutert:

  1. Angabe Aliasname als Leistungsempfänger (unter 2.a),

  2. Angabe Aliasname als Leistungserbringer (unter 2.b),

  3. Angabe einer Zustellanschrift (unter 2.c).

Zu den Regelungen des Vorsteuerabzugs in Einzelfällen s.a. Abschn. 15.2d. Abs. 1 Nr. 15 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 7.9.2021.

8.1.3. Leistender Unternehmer

Die Rechnung muss grundsätzlich vom leistenden Unternehmer oder vom Leistungsempfänger (Gutschrift) ausgestellt sein. Ein Vorsteuerabzug ist deshalb nicht zulässig, wenn ein anderer im Namen des Leistenden oder des Leistungsempfängers eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis erteilt, ohne vom Leistenden oder vom Leistungsempfänger dazu beauftragt zu sein. Der Abzug der in der Rechnung ausgewiesenen Steuer ist nur möglich, wenn der in der Rechnung angegebene Sitz einer GmbH bei Ausführung der Leistung und bei Rechnungsstellung tatsächlich bestanden hat (vgl. BFH Urteil vom 27.6.1996, V R 51/93, BStBl II 1996, 620). Die Rechnung muss u.a. den Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten. Dabei muss die Rechnung grundsätzlich den richtigen Namen (Firma) und die richtige Adresse des leistenden Unternehmers angeben. Für den Vorsteuerabzug besteht eine Obliegenheit des Leistungsempfängers, sich über die Richtigkeit der Angaben in der Rechnung zu vergewissern. In Fortsetzung seiner Rspr. vom 27.6.1996 (V R 51/93, BStBl II 1996, 620) hat der BFH entschieden, dass diese Anforderungen an alle Unternehmer – unabhängig von der Rechtsform, in der sie ihr Unternehmen betreiben – zu stellen sind. (BFH Urteil vom 6.12.2007, V R 61/05, BStBl II 2008, 695). Diese Grundsätze werden auch durch das EuGH-Urteil vom 28.6.2007 (C-73/06, UR 2007, 654) bestätigt. S.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 38/08 vom 9.4.2008 zu den Anforderungen an zum Vorsteuerabzug berechtigte Rechnungen (LEXinform 0174109).

Beachte:

Zur Verwendung eines Aliasnamens nach dem ProstSchG s. das BMF-Schreiben vom 7.9.2021 (BStBl I 2021, 1591) und Abschn. 14.5. Abs. 2 Satz 3 UStAE).

Im Rahmen des Vorsteuerabzugs muss die Anschrift bzw. der Firmensitz zu der verantwortlichen Person führen und deshalb bestehen bzw. bei Rechnungserstellung bestanden haben. Das heißt nicht, dass zwingend an der Adresse eine büromäßige Einrichtung vorgehalten werden muss, wenn diese aufgrund der Umstände des Einzelfalles oder im Hinblick auf die Art des Unternehmens nicht erforderlich ist. Es reicht jede Art von Anschrift, sofern der leistende Unternehmer bzw. der Leistungsempfänger unter dieser Anschrift erreichbar sind.

Beachte:

Zur Angabe einer Zustellanschrift nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 ProstSchG s. das BMF-Schreiben vom 7.9.2021 (BStBl I 2021, 1591 unter 2.c).

Mit Beschlüssen vom 6.4.2016 haben der V. und der XI. Senat des BFH die jeweiligen Verfahren (V R 25/15, BFH/NV 2016, 1401 und XI R 20/14, BFH/NV 2016, 1405) ausgesetzt und dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob eine zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug erforderliche Rechnung die »vollständige Anschrift« i.S.v. Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL enthält, wenn der leistende Unternehmer in der von ihm über die Leistung ausgestellten Rechnung eine Anschrift angibt, unter der er zwar postalisch zu erreichen ist, wo er jedoch keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt (s.a. Anmerkung vom 12.7.2016, LEXinform 0652959).

Der EuGH hat mit Urteil vom 15.11.2017 (C-374/16, C-375/16, UR 2017, 970, LEXinform 0651521) entschieden, dass als Anschrift des leistenden Unternehmers in einer Rechnung eine »Briefkastenadresse« ausreichend ist. § 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG setzt für eine ordnungsgemäße Rechnung u.a. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers voraus. Der BFH ist bislang davon ausgegangen, dass der betreffende Unternehmer an dieser Rechnungsadresse auch eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben muss. Nach der aktuellen EuGH-Entscheidung ist dies nicht mehr erforderlich (s.a. Anmerkung vom 28.11.2017, LEXinform 0949209).

Der EuGH stellt fest, dass der Begriff »Anschrift« allgemein weit verstanden wird. Die gewöhnliche Bedeutung dieses Begriffs umfasst jede Art von Anschrift, einschließlich einer Briefkastenanschrift, sofern die Person unter dieser Anschrift erreichbar ist. Die Angabe der Anschrift, des Namens und der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers soll es ermöglichen, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und einem konkreten Wirtschaftsteilnehmer, dem Rechnungsaussteller, herzustellen. Die Identifizierung des Rechnungsausstellers erlaubt es der Steuerverwaltung, zu prüfen, ob der Mehrwertsteuerbetrag, der für einen Steuerabzug in Betracht kommt, Gegenstand einer Steuererklärung war und entrichtet wurde. Dem Stpfl. erlaubt diese Identifizierung außerdem, zu klären, ob der fragliche Rechnungsaussteller steuerpflichtig i.S.d. Mehrwertsteuervorschriften ist (EuGH Urteil vom 15.11.2017, C-374/16, C-375/16, Rz. 42).

Die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers, der die Gegenstände oder Dienstleistungen geliefert bzw. erbracht hat, stellt die wesentliche Informationsquelle für diese Identifikation dar. Die Nummer ist leicht zugänglich und von der Verwaltung überprüfbar. Daraus folgt, dass die Angabe der Anschrift des Rechnungsausstellers in Verbindung mit seinem Namen und seiner Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer den Rechnungsaussteller identifizieren und es der Steuerverwaltung damit ermöglichen soll, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und gegebenenfalls das Bestehen des Vorsteuerabzugs zu kontrollieren.

Nach Auffassung der Verwaltung ist nach Abschn. 14.5. Abs. 2 Satz 4 UStAE zulässig, wenn die Postfachadresse des Leistungsempfängers anstelle der Anschrift angegeben wird.

Beachte:

Mit Urteilen vom 21.6.2018 (V R 25/15, BStBl II 2018, 809 sowie V R 28/16, BStBl II 2018, 806) und vom 13.6.2018 (XI R 20/14, BStBl II 2018, 800) setzt der BFH die EuGH-Rechtsprechung vom 15.11.2017 (C-374/16, C-375/16, UR 2017, 970) um und hat entschieden, dass eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung nicht voraussetzt, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist (Änderung der Rechtsprechung). Es reicht jede Art von Anschrift und damit auch eine Briefkastenanschrift, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist (s.a. Anmerkungen vom 7.8.2018, LEXinform 0653487, vom 10.8.2018, LEXinform 0880380 sowie vom 25.9.2018, LEXinform 0653528).

Mit Urteil vom 5.12.2018 (XI R 22/14, BStBl II 2020, 418; Anmerkung vom 12.2.2019, LEXinform 0653607) konkretisiert der BFH seine Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug bzw. zum Vorliegen der Anschrift des leistenden Unternehmers weiter. Danach ist für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug erforderlich, dass der Leistungsempfänger eine Rechnung besitzt, in der eine Anschrift des Leistenden genannt ist, unter der jener postalisch erreichbar ist. Für die Prüfung des Rechnungsmerkmals »vollständige Anschrift« ist der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung maßgeblich (s.a. Abschn. 14.5. Abs. 2 Satz 6 UStAE). Lässt sich eine Erreichbarkeit zu diesem Zeitpunkt nicht ermitteln, trifft die Feststellungslast den Leistungsempfänger. Der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht, hat die Darlegungs- und Feststellungslast für alle Tatsachen, die den Vorsteuerabzug begründen (EuGH Urteil vom 27.6.2018, C-459/17 und C-460/17, UR 2018, 684, LEXinform 0651554, Rz. 39).

Nach dem Urteil des FG Münster vom 12.6.2019 (5 K 2404/16, LEXinform 5022306, rkr.) genügt ein bloßer Scheinsitz – in Abgrenzung zu einem Briefkastensitz – auch nach der Rspr. des EuGH (EuGH vom 15.11.2017, C-374/16 und C-375/16, UR 2017, 970, LEXinform 0651521) nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung.

Nach dem BFH-Urteil vom 4.9.2003 (V R 9, 10/02, BStBl II 2004, 627) müssen Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer grundsätzlich identisch sein (BFH Urteil vom 5.4.2001, V R 5/00, BFH/NV 2001, 1307; so auch BFH Urteil vom 10.9.2015, V R 17/14, BFH/NV 2016, 80, LEXinform 0934699). Die für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach ständiger Rspr. erforderliche Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer entspricht der Rechtsprechung des EuGH, der zufolge die Angabe der Anschrift, des Namens und der USt-IdNr. des Rechnungsausstellers es ermöglichen soll, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und dem Rechnungsaussteller herzustellen (BFH vom 14.2.2019 (V R 47/16, BStBl II 2020, 424; s.a. Anmerkung vom 29.5.2019, LEXinform 0653638).

Regelmäßig ergibt sich aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführungen entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (vgl. BFH Urteile vom 28.1.1999, VR 4/98, BStBl II 1999, 628; vom 30.9.1999, V R 8/99, BFH/NV 2000, 353; vom 28.6.2000, V R 70/99, BFH/NV 2001, 210). Auch wer in fremdem Namen auftritt, erbringt eine eigene Leistung, wenn nach den erkennbaren Umständen durch sein Handeln in fremdem Namen lediglich verdeckt wird, dass er und nicht der Vertretene der Leistende ist (vgl. z.B. BFH Urteile vom 16.3.2000, V R 44/99, BStBl II 2000, 361; vom 21.9.1989, V R 99/85, BFH/NV 1989, 810).

Ist der tatsächlich leistende Unternehmer in der Rechnung nicht benannt, sind die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht gegeben (s. Abschn. 15.11 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abschn. 15.2a. Abs. 2 Satz 8 Nr. 1 bis 4 UStAE sowie Rz. 17 des BMF-Schreibens vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976).

Aufgrund der BFH-Rspr. vom 5.12.2018 (XI R 22/14, BStBl II 2020, 418) und vom 14.2.2019 (V R 47/16, BStBl II 2020, 424) bezieht das BMF mit Schreiben vom 13.7.2020 (BStBl I 2020, 644) Stellung zur postalischen Erreichbarkeit des Rechnungsausstellers sowie zur Identität von Rechnungsaussteller und Leistungsempfänger.

Mit Beschluss vom 3.8.2007 (V B 73/07, BFH/NV 2007, 2368) nimmt der BFH zum Vorsteuerabzug bei Bargeschäften Stellung. Bei Zweifeln über die Identität des Rechnungsausstellers trägt der Unternehmer für das Vorliegen der den Rechtsanspruch auf Vorsteuerabzug begründenden Tatsachen die Feststellungslast für die tatsächlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs; denn es ist vor allem seine Sache und nicht das Risiko der Allgemeinheit, sich bereits vor Leistungserbringung (und nicht erst bei der Bezahlung) um die Identität seines Vertragspartners zu kümmern. An die Nachweispflichten sind strenge Anforderungen zu stellen, wenn umfangreiche Barzahlungen in einer Gaststätte abgewickelt worden sein sollen.

Der Unternehmer, der die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt hat, muss in der Rechnung grundsätzlich mit seinem wirklichen Namen bzw. mit der wirklichen Firma angegeben sein (§ 31 Abs. 2 UStDV). Bei der Verwendung eines unzutreffenden und ungenauen Namens (z.B. Scheinname oder Scheinfirma) kann der Vorsteuerabzug ausnahmsweise zugelassen werden, wenn der tatsächlich leistende Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar aus dem Abrechnungspapier ersichtlich ist (vgl. BFH vom 7.10.1987, X R 60/82, BStBl II 1988, 34). Diese Ausnahmekriterien sind eng auszulegen. S. dazu Abschn. 15.2a Abs. 2 Satz 8 Nr. 1 bis 4 i.V.m. Abschn. 15.11. Abs. 3 Satz 3 UStAE.

Die Vfg. der OFD Frankfurt vom 5.6.2013 (S 7340 A – 94 – St 112, UR 2014, 74) nimmt zu der Frage Stellung, wann Unternehmen auf Antrag die steuerliche Erfassung und die Unternehmereigenschaft zu bescheinigen ist. Danach ist die Ausstellung von Unternehmerbescheinigungen grundsätzlich abzulehnen. Diese Bescheinigungen werden von Unternehmern als Nachweis darüber angefordert, dass der Vorsteuerabzug aus Rechnungen oder erteilten Gutschriften zulässig ist bzw. Unternehmer in den übrigen Mitgliedstaaten der EU unbedenklich umsatzsteuerfrei liefern können. Die Antragsteller sind auf die Möglichkeit der Bestätigungsabfrage von USt-IdNrn. zu verweisen.

In folgenden Ausnahmefällen werden Unternehmern auf Antrag die steuerliche Erfassung und die Unternehmereigenschaft bescheinigt:

  • Bei Neuaufnahmen zur Vorlage beim BZSt zur beschleunigten Zuteilung einer USt-IdNr.;

  • zur Vorlage bei zentralen Erstattungsbehörden im Vorsteuervergütungsverfahren in Drittstaaten.

Die Bescheinigung gilt nur im Original, ohne Streichungen, mit Dienstsiegel und Unterschrift oder als beglaubigte Fotokopie (s. BayLfSt vom 8.4.2019, S 0270 1.1 – 4/18, LEXinform 5236875).

8.1.4. Leistungsempfänger

8.1.4.1. Allgemeine Grundsätze

Eine Lieferung oder sonstige Leistung wird grundsätzlich an diejenige Person ausgeführt, die aus dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis, das dem Leistungsaustausch zu Grunde liegt, berechtigt oder verpflichtet ist (BFH Beschluss vom 13.9.1984, V B 10/84, BStBl II 1985, 21). Leistungsempfänger ist somit regelmäßig der Auftraggeber oder Besteller einer Leistung (s.a. Niedersächsisches FG vom 26.8.2009, 16 K 56/09, EFG 2009, 1881, LEXinform 5009016, rkr.). Bei fehlender Rechnungsadresse gelten die Ausführungen in Abschn. 15.2a. Abs. 3 Sätze 1 bis 9 UStAE (Abschn. 15.11. Abs. 3 Satz 4 UStAE).

Beispiel 2:

Unternehmer U liefert an die Tochter des Kunden K, der ebenfalls Unternehmer ist, einen Schreibtisch und gibt den Vater als Leistungsempfänger an.

Lösung 2:

Der Vorsteuerabzug aus der Rechnung ist unzulässig. Der Rechnungsaussteller schuldet den berechneten Steuerbetrag nach § 14c Abs. 2 UStG.

Ein Unternehmer kann aus Eingangsrechnungen die Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen, wenn als Leistungsempfänger zwar die Firma des Unternehmers angegeben wird, zusätzlich aber auch der vormalige Inhaber des Unternehmens namentlich genannt wird (Urteil FG Niedersachsen vom 23.10.2014, 5 K 140/14, LEXinform 5213152, rkr.; s.a. Anmerkung vom 29.1.2015, LEXinform 0946564).

Beachte:

Zur Verwendung eines Aliasnamens nach dem ProstSchG s. das BMF-Schreiben vom 7.9.2021 (BStBl I 2021, 1591 unter 2.a und 2.b) und Abschn. 14.5. Abs. 2 Satz 3 UStAE).

Nach der Verwaltungsauffassung in Abschn. 14.5. Abs. 2 Satz 4 UStAE reicht es aus, dass der Leistungsempfänger unter der angegeben Anschrift erreichbar ist. Maßgeblich für eine Erreichbarkeit ist der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung (vgl. BFH vom 5.12.2018, XI R 22/14, BStBl II 2020, 418; Abschn. 14.5. Abs. 2 Satz 6 UStAE). Verfügt der Leistungsempfänger über ein Postfach, über eine Großkundenadresse oder über eine c/o-Adresse, genügt die jeweilige Angabe in der Rechnung den Anforderungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG an eine vollständige Anschrift (Abschn. 14.5. Abs. 2 Satz 7 UStAE).

Beachte:

Zur Angabe einer Zustellanschrift nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 ProstSchG s. das BMF-Schreiben vom 7.9.2021 (BStBl I 2021, 1591 unter 2.c).

Mit rechtskräftigem Urteil vom 23.3.2017 (1 K 3704/15, EFG 2018, 328, LEXinform 5020805) hat das FG Baden-Württemberg entschieden, dass die Angabe des Leistungsempfängers in der Rechnung das Ziel verfolgt, sicherzustellen, dass der Vorsteuerabzug nur vom Anspruchsinhaber geltend gemacht wird und dieser von der Finanzverwaltung ohne Weiteres ermittelt werden kann. Hierfür ist eine Bezeichnung erforderlich und ausreichend, die eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des Namens und der Anschrift des Leistungsempfängers ermöglicht. Ohne diese Angabe kann ein Vorsteuerabzug nicht beansprucht werden.

Fehlen Angaben zum Leistungsempfänger gänzlich, wird dem Erfordernis des Besitzes einer Rechnung insoweit noch nicht einmal formal entsprochen. Eine – ggf. rückwirkende – Rechnungsberichtigung kommt bei einem solchen Dokument nicht in Betracht (s.a. FG Baden-Württemberg Pressemitteilung vom 16.1 2018, LEXinform 0447696).

8.1.4.2. Gesellschaft oder Gemeinschaft als Leistungsempfänger

Ist Leistungsempfänger eine Gesellschaft oder Gemeinschaft, so kann diese nur dann die Vorsteuer abziehen, wenn sie auch in der Rechnung als Leistungsempfänger bezeichnet ist (Abschn. 15.2a. Abs. 3 UStAE).

Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist die zweifelsfreie Benennung des Leistungsempfängers in einer Rechnung. Die unzutreffende Angabe der Rechtsform des Leistungsempfängers führt zum Verlust des Vorsteuerabzugs, wenn bei Angabe einer inländischen anstelle einer ausländischen Rechtsform eine erhöhte Verwechslungsgefahr in Bezug auf die Person des Leistungsempfängers besteht (Urteil FG Berlin-Brandenburg vom 9.10.2014, 5 K 5092/14, EFG 2015, 600, LEXinform 5017371, Revision eingelegt, Az. BFH: V R 54/14, LEXinform 0950006).

Der BFH hat das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH beschlossen. Nach dem EuGH-Urteil vom 15.9.2016 (C-518/14, Senatex, DStR 2016, 2211, LEXinform 0589518) kommt der Berichtigung einer Rechnung in Bezug auf eine zwingende Angabe Rückwirkung zu. Wird zunächst eine Rechnung ausgestellt, die den Anforderungen der §§ 14, 14a UStG nicht entspricht, und wird diese Rechnung später nach § 31 Abs. 5 UStDV berichtigt, kann das Recht auf Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG aufgrund der berichtigten Rechnung entsprechend den Vorgaben des Unionsrechts für den Besteuerungszeitraum ausgeübt werden, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde (s. BFH Urteil vom 20.10.2016, V R 26/15, BStBl II 2020, 593). In diesem Sinne hat auch der BFH mit Urteil vom 20.10.2016 (V R 54/14, BFH/NV 2017, 488, LEXinform 0950006) entschieden (s.a. BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 19).

Gem. § 14b Abs. 1 UStG ist der Leistungsempfänger unter den dort genannten Voraussetzungen verpflichtet, das Original der Rechnung aufzubewahren. Erfolgt die Auftragserteilung durch mehrere Personen gemeinsam und sind für Zwecke des Vorsteuerabzugs ein oder mehrere Gemeinschafter als Leistungsempfänger anzusehen, hat einer dieser Gemeinschafter das Original der Rechnung und jeder andere dieser Gemeinschafter mindestens eine Ablichtung der Rechnung aufzubewahren. S.a. Abschn. 15.2b. Abs. 1 UStAE.

Zum Rechnungsadressaten sowie zur Vorsteuerabzugsberechtigung bei Gesellschaften und Gemeinschaften s. die ausführliche Kommentierung zu → Vorsteuerabzug unter dem Gliederungspunkt »Vorsteuerabzug bei Gesellschaften sowie Gemeinschaften«.

8.2. Steuernummer oder USt-IdNr. des leistenden Unternehmers

Gem. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG (Art. 226 Nr. 3 MwStSystRL) muss der leistende Unternehmer in der Rechnung entweder die ihm vom inländischen FA erteilte Steuernummer oder die vom BZSt erteilte USt-IdNr. angeben. Wurde dem leistenden Unternehmer keine USt-IdNr. erteilt, ist zwingend die erteilte Steuernummer anzugeben. Erteilt das FA dem leistenden Unternehmer eine neue Steuernummer (z.B. bei Verlagerung des Unternehmenssitzes), ist nur noch diese zu verwenden. Im Fall der Gutschrift ist die Steuernummer bzw. die USt-IdNr. des leistenden Unternehmers und nicht die des die Gutschrift erteilenden Leistungsempfängers anzugeben. Zu diesem Zweck hat der leistende Unternehmer (Gutschriftempfänger) dem Aussteller der Gutschrift seine Steuernummer oder USt-IdNr. mitzuteilen. Dies gilt auch für einen ausländischen Unternehmer, dem von einem inländischen FA eine Steuernummer oder vom BZSt eine USt-IdNr. erteilt wurde (Abschn. 14.5. Abs. 5 UStAE).

Die Erteilung einer Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke an eine in das Handelsregister eingetragene GmbH, die die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben, darf nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die GmbH habe lediglich einen in einem anderen Mitgliedstaat der EU wohnenden Gesellschafter und Geschäftsführer, verfüge im Inland nicht über eigene Geschäftsräume und handle mit Altmetall (BFH Beschluss vom 26.2.2008, II B 6/08, BFH/NV 2008, 1004, LEXinform 5904316).

Nach dem BFH-Urteil vom 23.9.2009 (II R 66/07, BStBl II 2010, 712) haben natürliche Personen Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke ohne Bindungswirkung der Erteilung für die spätere Festsetzung von USt oder für USt-Vorauszahlungen. Ein öffentlich-rechtlicher Anspruch von Unternehmern i.S.d. § 2 UStG auf Erteilung einer Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke ist zwar weder im Gemeinschaftsrecht noch im inländischen Recht ausdrücklich vorgesehen; ein solcher Anspruch ergibt sich aber mittelbar aus § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG. Der Leistungsempfänger seinerseits kann das Recht auf Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG nur ausüben, wenn er eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Enthält die Rechnung weder eine dem leistenden Unternehmer erteilte Steuernummer noch dessen USt-IdNr., kann der Vorsteuerabzug nicht ausgeübt werden (Abschn. 15.11. Abs. 3 Satz 2 UStAE).

Der Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke besteht bereits dann, wenn der Antragsteller ernsthaft erklärt, ein selbstständiges gewerbliches oder berufliches Tätigwerden zu beabsichtigen. Da, wie dargelegt, die Erteilung der Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke regelmäßig Voraussetzung für ein solches Tätigwerden ist, kann sie nicht davon abhängig gemacht werden, dass eine entsprechende Tätigkeit bereits aufgenommen wurde. Lediglich in offensichtlichen Missbrauchsfällen kann die Erteilung der Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke abgelehnt werden. Der Missbrauch muss sich dabei auf die Umsatzsteuer beziehen und kann insbesondere in dem offenkundig verfolgten Ziel bestehen, den Vorsteuerabzug für zu privaten Zwecken bezogene Lieferungen oder Leistungen zu Unrecht in Anspruch nehmen zu können. Ausländerrechtliche oder arbeitsmarktpolitische Fragen können bereits wegen der insoweit fehlenden Zuständigkeit der Finanzämter nicht berücksichtigt werden.

Gegen die grundsätzliche Verpflichtung zur Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke allein aufgrund der vom Antragsteller abgegebenen ernsthaften Erklärung, ein selbstständiges gewerbliches oder berufliches Tätigwerden zu beabsichtigen, kann entgegen der Ansicht des FA nicht eingewandt werden, dass sich aus der Erteilung eine Bindungswirkung für die spätere Festsetzung von USt oder USt-Vorauszahlungen ergebe. Eine gesetzliche Grundlage für eine solche Bindungswirkung gibt es nicht. Beim Erlass von Umsatzsteuerbescheiden ist vielmehr die Unternehmereigenschaft eigenständig zu prüfen, ohne dass es auf die Erteilung einer Steuernummer ankommt.

Das BMF hat sich mit Schreiben vom 1.7.2010 (BStBl I 2010, 625) zur Anwendung des BFH-Urteils vom 23.9.2009 (II R 66/07, BStBl II 2010, 712) geäußert. Danach werden Anträge auf umsatzsteuerliche Erfassung auf Schlüssigkeit und Ernsthaftigkeit überprüft. Bestehen Zweifel an der Existenz des Unternehmens, sind weitere Maßnahmen, wie z.B. die Vorlage weiterer Unterlagen, die Durchführung einer unangekündigten Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b UStG erforderlich. Allein eine Erklärung des Antragstellers, ein selbstständiges, gewerbliches oder berufliches Tätigwerden zu beabsichtigen, ist nicht ausreichend. Das FA hat auch unter Beachtung des BFH-Urteils Anträge auf umsatzsteuerliche Erfassung zeitnah und umfassend zu prüfen. Zu den Missbrauchsfällen, in denen die Erteilung einer Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke abzulehnen ist, zählt der BFH insbesondere die Fälle mit dem offenkundig verfolgten Ziel, den Vorsteuerabzug für zu privaten Zwecken bezogene Leistungen zu Unrecht in Anspruch zu nehmen. Allerdings ist der Missbrauch nicht auf diese Fälle beschränkt.

Die Angabe der Steuernummer oder der USt-IdNr. ist vorbehaltlich der §§ 33 und 34 UStDV auch erforderlich, wenn:

  • beim leistenden Unternehmer die USt gem. § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird,

  • ausschließlich über steuerfreie Umsätze abgerechnet wird,

  • der Leistungsempfänger gem. § 13b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 UStG Steuerschuldner ist (vgl. auch § 14a Abs. 5 UStG).

Der Leistungsempfänger hat die in der Rechnung enthaltenen Angaben auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Dabei ist allerdings der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Die Überprüfung der Richtigkeit der Steuernummer oder der inländischen USt-IdNr. und der Rechnungsnummer ist dem Rechnungsempfänger regelmäßig nicht möglich. Ist eine dieser Angaben unrichtig und konnte der Unternehmer dies nicht erkennen, bleibt der Vorsteuerabzug erhalten, wenn im Übrigen die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gegeben sind (Abschn. 15.2a. Abs. 6 Satz 4 und 5 UStAE).

Enthält die Rechnung entgegen § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG nur eine Zahlen- und Buchstabenkombination, bei der es sich nicht um die dem leistenden Unternehmer erteilte Steuernummer handelt (z.B. 75/180 Wv), ist der Leistungsempfänger nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG – vorbehaltlich einer Rechnungsberichtigung – nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (BFH Urteil vom 2.9.2010, V R 55/09, BStBl II 2011, 235; Abschn. 15.2a. Abs. 6 Satz 3 UStAE). Steuernummer ist die dem Stpfl. zur verwaltungstechnischen Erfassung und der Durchführung des Besteuerungsverfahrens erteilte und mitgeteilte Nummer (vgl. § 8 der Buchungsordnung der Finanzämter, BStBl I 1993, 562). Bei der Rechnungsangabe »75/180 Wv« handelte es sich weder um eine erteilte Steuernummer noch um eine erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, sondern um ein aus einer Zahlen- und Buchstabenkombination bestehendes Aktenzeichen, welches das FA im Schriftverkehr über die Erteilung einer Steuernummer gegenüber dem Stpfl. verwendet hatte.

Die in den Rechnungen enthaltene Angabe »75/180 Wv« ist ungeeignet, einen Vertrauenstatbestand in die Erteilung einer dem leistenden Unternehmer erteilten Steuernummer zu begründen, da diese Zeichenfolge – durch Vergleich mit der eigenen Steuernummer ohne weiteres erkennbar – weder in ihrem Umfang noch nach ihrem Aufbau den in der Bundesrepublik Deutschland gebräuchlichen Steuernummern ähnelt.

Der Anspruch auf Vorsteuerabzug kann auch nicht darauf gestützt werden, dass eine Versagung des Vorsteuerabzugs durch das FA zu einem widersprüchlichen Verhalten der Finanzverwaltung führen würde. Zwar benötigte der Stpfl. zum Ausstellen von zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnungen eine Steuernummer. Für die Auffassung des Stpfl., die Nichterteilung einer Steuernummer für den leistenden Unternehmer begründe jedoch einen Anspruch auf Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers, fehlt ein rechtlicher Anknüpfungspunkt. Vielmehr kann und muss der leistende Unternehmer seinen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer gegenüber dem FA ggf. gerichtlich durchsetzen (vgl. BFH Urteil vom 23.9.2009, II R 66/07, BStBl II 2010, 712).

Beachte:

Nach dem BFH-Urteil vom 20.10.2016 (V R 26/15, BStBl II 2020, 593, Rz. 19) gehören die Steuernummer oder die USt-IdNr. nicht zu wesentlichen Merkmalen (Mindestinhalt) einer berichtigungsfähigen Rechnung. Ein Dokument ist jedenfalls dann eine Rechnung und damit berichtigungsfähig, wenn es Angaben

  • zum Rechnungsaussteller,

  • zum Leistungsempfänger,

  • zur Leistungsbeschreibung,

  • zum Entgelt und

  • zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer

enthält (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 16 und Abschn. 15.2a. Abs. 7 Satz 6 ff. UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 18.9.2020).

Die BFH-Entscheidung beruht im Wesentlichen auf dem EuGH-Urteil vom 15.9.2016 (C-518/14, Senatex, DStR 2016, 2211, LEXinform 0589518). In der vom EuGH entschiedenen Rechtssache enthielten weder die Rechnungen noch die dazugehörigen Anlagen die Steuernummer oder die USt-IdNr. des Unternehmers. Nach der EuGH-Entscheidung bleibt der in den Jahren 08 bis 11 in Anspruch genommene Vorsteuerabzug auch nach der Rechnungsberichtigung im Jahr 13 erhalten. Danach wirkt eine Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsausstellung zurück. Weitere Erläuterungen s.u. unter dem Gliederungspunkt »Rechnungsberichtigung«.

8.3. Ausstellungsdatum

Das Ausstellungsdatum (Art. 226 Nr. 1 MwStSystRL; § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG) ist der Tag, an dem die Rechnung ausgestellt wird und ist in vielen Fällen nicht identisch mit dem Leistungsdatum.

8.4. Rechnungsnummer

Die Rechnungsnummer ist eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Art. 226 Nr. 2 MwStSystRL; § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UStG). Näheres siehe in Abschn. 14.5. Abs. 10 ff. UStAE.

Bei Verträgen über Dauerleistungen (Mietverträge) reicht es aus, wenn die Verträge eine einmalige Nummer enthalten. Es ist nicht erforderlich, dass Zahlungsbelege eine gesonderte fortlaufende Nummer enthalten (Abschn. 14.5. Abs. 12 UStAE).

Die in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UStG enthaltene Pflichtangabe einer fortlaufenden Nummer in der Rechnung macht keine zahlenmäßige Abfolge der ausgestellten Rechnungsnummern zwingend, da es lediglich um die Einmaligkeit der erteilten Rechnungsnummer geht. Die Anforderungen an die Rechnung sind vor dem Hintergrund zu interpretieren, dass es um die Verhinderung eines ungerechtfertigten Vorsteuerabzugs geht. Diesbezüglich reicht die Einmaligkeit der Nummerierung aus (Abschn. 14.5. Abs. 11 UStAE; OFD Koblenz vom 11.12.2008, S 7280 A – St 44 5, ohne Fundstelle).

Das FG Hamburg versagte mit Urteil vom 25.11.2014 (3 K 85/14, LEXinform 5017424, rkr.) den Vorsteuerabzug, weil die Rechnung nicht den Vorgaben des § 14 Abs. 4 Nr. 4 UStG (Art. 226 Nr. 2 MwStSystRL) entsprach. Das ist dann der Fall, wenn sie durch die mehrfache Anfügung von Bindestrichen und weiteren Zahlen so unübersichtlich gestaltet wird, dass nur durch eine aufwendige Prüfung festgestellt werden kann, ob die Rechnungsnummer einmalig vergeben ist.

Nach dem BFH-Beschluss vom 7.2.2017 (X B 79/16, BFH/NV 2017, 774, LEXinform 5908542) können nicht fortlaufende Rechnungsnummern im Einzelfall zu einer Hinzuschätzung bei der Betriebseinnahmen führen (s.a. BFH Beschluss vom 31.5.2023, X B 111/22, NWB 2023, 1818, LEXinform 4261514).

Auch das FG Hamburg hat in seinem Urteil vom 28.8.2017 (2 K 184/15, LEXinform 5020414) die Einnahmen des Unternehmers geschätzt, weil wegen falscher oder fehlender Rechnungsnummern auf den Ausgangsrechnungen die Einnahmen nicht ordnungsgemäß nachgewiesen wurden. Hinsichtlich der manuell erstellten Rechnungen stellte der Betriebsprüfer fest, dass die Rechnungsnummern in unterschiedlichen Formaten abgefasst worden seien. Teilweise habe der Kläger Rechnungsnummern doppelt vergeben (Rechnungsnummer: 1/A, 2/A, 33/A). Teilweise seien Rechnungen nicht vorgelegt worden. Insgesamt sieben Rechnungen wiesen keinerlei Rechnungsnummer auf. Darüber hinaus seien zwei Rechnungen vorhanden, die eine in der Systematik abweichenden Rechnungsnummer aufwiesen (Nr. 3/T und 282). Die letzte vorgelegte Rechnung vom 17.10.2013 trage die Nr. 41. Insgesamt seien jedoch nur 28 Rechnungen überhaupt vorgelegt worden. Für einige der als storniert gekennzeichneten Ausgangsrechnungen seien teilweise keine weiteren Nachweise der Stornierung vorgelegt worden. Das FA war aus diesem Grunde zur Hinzuschätzung berechtigt (s.a. Anmerkung vom 4.10.2017, LEXinform 0653269).

Beachte:

Nach dem BFH-Urteil vom 20.10.2016 (V R 26/15, BStBl II 2020, 593, Rz. 19) gehört die Rechnungsnummer nicht zu wesentlichen Merkmalen (Mindestinhalt) einer berichtigungsfähigen Rechnung (s.a. Abschn. 15.2a. Abs. 7 Satz 6 ff. UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976).

Mit Urteil vom 15.9.2016 (C-516/14, Barlis, DStR 2016, 2216, LEXinform 5214370, Rz. 42 f.) hat der EuGH entschieden, dass das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Stpfl. bestimmten formellen Voraussetzungen nicht genügt hat (s.a. EuGH vom 21.10.2021, C-80/20, LEXinform 0953157, Rz. 76; s. den Gliederungspunkt »Allgemeiner Überblick zu den Inhaltsvoraussetzungen einer Rechnung«). Folglich darf die Steuerverwaltung, wenn sie über die Angaben verfügt, die für die Feststellung des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen erforderlich sind, hinsichtlich des Rechts des Stpfl. auf Abzug dieser Steuer keine zusätzlichen Voraussetzungen aufstellen, die die Ausübung dieses Rechts vereiteln können. Daraus folgt, dass die Steuerverwaltung das Recht auf Vorsteuerabzug nicht allein deshalb verweigern kann, weil eine Rechnung nicht die in Art. 226 Nrn. 6 und 7 MwStSystRL aufgestellten Voraussetzungen erfüllt, wenn sie über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen, ob die für dieses Recht geltenden materiellen Voraussetzungen erfüllt sind (Abschn. 15.2a. Abs. 1a UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976; s.a. Treiber, UR 21-22-/2017, 858).

8.5. Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder Umfang und Art der sonstigen Leistung

Bei einer Lieferung muss die Rechnung den Liefergegenstand (handelsübliche Bezeichnung) und bei einer sonstigen Leistung die Art und den Umfang bezeichnen. Handelsüblich ist jede im Geschäftsverkehr für einen Gegenstand allgemein verwendete Bezeichnung (Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL; § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG; Abschn. 14.5. Abs. 15 UStAE). Die Angabe von Sammelbegriffen ist zulässig, wenn unter diesen Sammelbegriff entweder nur Produkte mit dem allgemeinen Steuersatz oder mit dem ermäßigten Steuersatz fallen.

Mit Beschlüssen vom 16.5.2019 (XI B 13/19, BStBl II 2021, 950 und XI B 14/19, BFH/NV 2019, 931, LEXinform 5908862) sowie vom 14.3.2019 (V B 3/19, BStBl II 2021, 948) hat der BFH in einem ADV-Verfahren entschieden, dass ernstlich zweifelhaft ist, ob der Vorsteuerabzug aus Rechnungen im Niedrigpreissegment voraussetzt, dass hinsichtlich der Leistungsbeschreibung die Art der gelieferten Gegenstände mit ihrer handelsüblichen Bezeichnung angegeben werden muss oder ob auch die Angabe der Warengattung wie z.B. »Hosen, Tops, Shirts etc.« ausreichend ist, und hat dabei eine Reihe von Leitsätzen zum Vorsteuerabzug veröffentlicht (Anmerkungen vom 30.4.2019, LEXinform 0653629 und vom 9.7.2019, LEXinform 0653650).

Zur Angabe der »handelsüblichen Bezeichnung« in einer Rechnung hat der BFH mit Urteil vom 10.7.2019 (XI R 28/18, BStBl II 2021, 961; s.o. bereits BFH Beschluss vom 14.3.2019, V B 3/19, BStBl II 2021, 948) entschieden, dass nach Art. 178 Buchst. a MwStSystRL der Stpfl. Zur Ausübung des Vorsteuerabzugs aus einer Eingangsrechnung eine Rechnung besitzen muss, die den Vorgaben des Art. 226 MwStSystRL entspricht. Dort regelt Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL, dass die Rechnung die Angaben »Menge und Art der gelieferten Gegenstände« bzw. »Umfang und Art der erbrachten Dienstleistung« enthalten muss. Der Begriff der »Handelsüblichkeit«, wie er in § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG verwendet wird, taucht im Unionsrecht nicht auf. Nach der Rechtsprechung des EuGH sollen die formalen Rechnungsangaben es den Finanzverwaltungen ermöglichen, die Entrichtung der Steuer und die Vorsteuerabzugsberechtigung zu prüfen. Es soll hierbei ausgeschlossen werden, dass eine Leistung doppelt abgerechnet werden kann (EuGH vom 15.9.2016, C-516/14, UR 2016, 795, LEXinform 5214370; s.a. Abschn. 14.5. Abs. 1 Satz 4 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.12.2021, BStBl I 2021, 2486).

Nach der Rspr. des BFH muss die Leistungsbeschreibung Angaben tatsächlicher Art enthalten, durch die eine Identifizierung der abgerechneten Leistung möglich wird. Eine erschöpfende Beschreibung der konkret erbrachten Leistungen ist hierbei nicht erforderlich. Wann diese Voraussetzung erfüllt ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (s.a. Anmerkung vom 15.1.2020, LEXinform 0889093; s.a. Abschn. 14.5. Abs. 15 Satz 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.12.2021, BStBl I 2021, 2486).

Ob eine Bezeichnung handelsüblich ist, ist unter Berücksichtigung von Handelsstufe, Art und Inhalt der Lieferungen und dem Wert der einzelnen Gegenstände im Einzelfall zu bestimmen (zu den Anforderungen bei hochpreisigen Uhren und Armbändern vgl. BFH-Beschluss vom 29.11.2002 (V B 119/02, BFH/NV 2003, 518; s.u.); abgrenzend dazu im Niedrigpreissegment vgl. BFH vom 10.7.2019, XI R 28/18, BStBl II 2021 961; Abschn. 14.5. Abs. 15 Satz 5 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.12.2021, BStBl I 2021, 2486).

Hinweis:

Zu der Anforderung »handelsübliche Bezeichnung« nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG hat das BMF mit Schreiben vom 1.12.2021 (BStBl I 2021, 2486) Stellung genommen (s. BFH vom 10.7.2019, XI R 28/18, BStBl II 2021, 961).

Regelmäßig wird die nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG grundlegend erforderliche Angabe der Art der gelieferten Gegenstände mit deren handelsüblicher Bezeichnung übereinstimmen. Wenn eine Bezeichnung gewählt worden ist, die der Definition »Angabe der Art« nicht entspricht, kann diese trotzdem ausnahmsweise ausreichend für eine den Vorschriften entsprechende Leistungsbeschreibung sein, wenn sie eine handelsübliche Bezeichnung darstellt.

Nach dem Urteil XI R 28/18 sind keine allgemeingültigen Aussagen möglich, wann eine Bezeichnung als handelsüblich angesehen werden kann und wann nicht. Vielmehr muss dies unter den Umständen des Einzelfalles entschieden werden. »Handelsüblich« ist eine Bezeichnung dann, wenn sie unter Berücksichtigung von Handelsstufe, Art und Inhalt der Lieferungen den Erfordernissen von Kaufleuten i.S.d. HGB genügt und von Unternehmern in den entsprechenden Geschäftskreisen allgemein (d.h. nicht nur gelegentlich) verwendet wird (s.a. Abschn. 14.5. Abs. 15 Satz 4 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.12.2021, BStBl I 2021, 2486).

In Zweifelsfällen ist der Unternehmer nach den allgemeinen Regeln (vgl. Abschn. 15.2a. Abs. 5 und 6 UStAE) nachweispflichtig, dass eine in der Rechnung aufgeführte Bezeichnung (z.B. bloße Gattungsbezeichnung wie »T-Shirts«, »Bluse« o.Ä.) auf der betroffenen Handelsstufe handelsüblich ist (s. Abschn. 15.2a. Abs. 4 Satz 2 und 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.12.2021, BStBl I 2021, 2486).

Unter Zugrundelegung der o.g. BFH-Rspr. hat das BMF mit Schreiben vom 1.12.2021 (BStBl I 2021, 2486) Abschn. 14.5. Abs. 3, Abs. 15 sowie Abschn. 15.2a. Abs. 4 UStAE an die BFH-Entscheidungen angepasst.

Der BFH nimmt mit Beschluss vom 29.11.2002 (V B 119/02, BFH/NV 2003, 518) zu den Anforderungen an die Bezeichnung des Liefergegenstandes in einer Rechnung bei hochpreisiger Ware Stellung. Für den Vorsteuerabzug aus einer Rechnung reicht es zur Identifizierung der Leistung nicht aus, wenn über hochpreisige Uhren und Armbänder mit Kaufpreisen von jeweils 2 500 € und mehr mit bloßen Gattungsbezeichnungen »Uhren« und »Armbänder« abgerechnet wird.

Beachte:

Bei sonstigen Leistungen müssen die Angaben eine eindeutige Identifizierung der abgerechneten Leistungen ermöglichen. Der Umfang und die Art der erbrachten Dienstleistungen sind zu präzisieren; dies bedeutet jedoch nicht, dass die konkreten erbrachten Dienstleistungen erschöpfend beschrieben werden müssen (Abschn. 15.2a. Abs. 4 Satz 4 und 5 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.12.2021, BStBl I 2021, 2486).

Ein Vorsteuerabzug ist unberechtigt, wenn in einer Rechnung über »Bauleistungen« abgerechnet worden ist, obwohl Baumaterial geliefert worden ist (BFH Urteil vom 14.10.2002, V B 9/02, BFH/NV 2003, 213). Nach der Rspr. des BFH zu den Anforderungen an eine nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung i.S.d. § 14 UStG muss die Rechnung Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglicht (ständige Rspr. des BFH, z.B. Beschluss vom 18.5.2000, V B 178/99, BFH/NV 2000, 1504; Beschluss vom 3.5.2007, V B 87/05, BFH/NV 2007, 1550, LEXinform 5903617 sowie vom 1.3.2018, V R 18/17, BStBl II 2021, 644). Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung muss dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzungen erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (s.a. Abschn. 14.5. Abs. 15 UStAE; s.a. Anmerkung vom 12.6.2018, LEXinform 0653445). Formulierungen wie »Hotelreinigung« oder »Reinigungsarbeiten« reichen als zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistungsbeschreibung nur dann aus, wenn die Leistungen durch das Objekt (Hotel), den Zeitraum der Leistungserbringung sowie den Umfang der erbrachten Leistungen – sei es nach Stunden, sei es nach Anzahl der gereinigten Zimmer – konkretisiert werden. Soweit der Vorsteuerabzug an einer unzureichenden Leistungsbeschreibung in dem Abrechnungspapier scheitert, kann die notwendige Eindeutigkeit durch Verweis auf andere Geschäftsunterlagen ersetzt werden, wenn in der Rechnung auf diese Unterlagen Bezug genommen wird und die in Bezug genommenen Unterlagen eindeutig bezeichnet werden (FG Hessen Urteil vom 11.2.2008, 6 V 1860/07, LEXinform 5006424, rkr.; BFH Urteil vom 16.1.2014, V R 28/13, BStBl II 2014, 867). Die in Bezug genommenen Geschäftsunterlagen müssen der Rechnung nicht beigefügt sein (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 28/2014 vom 9.4.2014, LEXinform 0441628, Anmerkung vom 15.4.2014, LEXinform 0652362).

Allein nicht ausreichend sind allgemeine Angaben wie »Erbringung juristischer Dienstleistungen«, »Bauarbeiten« (vgl. BFH vom 10.11.1994, V R 45/93, BStBl II 1995, 395), »Beratungsleistung« (vgl. BFH Beschluss vom 16.12.2008, V B 228/07, BFH/NV 2009, 620), »Werbungskosten lt. Absprache«, »Akquisitions-Aufwand« oder »Reinigungskosten« (vgl. BFH vom 1.3.2018, V R 18/17, BStBl II 2021, 644), da sie nicht die erforderliche Kontrollfunktion (vgl. Abschn. 14.5. Abs. 1 UStAE) erfüllen (Abschn. 15.2a. Abs. 4 Satz 6 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.12.2021, BStBl I 2021, 2486).

Auch »Kleinstunternehmer« müssen – und können – in den von ihnen ausgestellten Rechnungen Angaben machen, die eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der von ihnen erbrachten Leistungen ermöglichen. Allgemeine Bezeichnungen, wie »Trockenbauarbeiten«, »Fliesenarbeiten« und »Außenputzarbeiten« reichen hierzu nicht aus (BFH Beschluss vom 5.2.2010, XI B 31/09, BFH/NV 2010, 962).

Beachte:

Nach dem BFH-Urteil vom 15.10.2019 (V R 29/19, V R 44/16, BStBl II 2021, 646) kann die Bezeichnung der erbrachten Leistungen als »Trockenbauarbeiten« den Anforderungen an die Leistungsbeschreibung genügen, wenn sie sich auf ein konkret bezeichnetes Bauvorhaben an einem bestimmten Ort bezieht (Anmerkung vom 14.1.2020, LEXinform 0653703).

Beim Fehlen der in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 und 6 UStG bezeichneten Angaben über die Menge der gelieferten Gegenstände oder den Zeitpunkt des Umsatzes bestehen keine Bedenken, wenn der Unternehmer diese Merkmale anhand der sonstigen Geschäftsunterlagen, z.B. des Lieferscheins, ergänzt oder nachweist (Abschn. 15.11. Abs. 3 Satz 6 i.V.m. Abschn. 14.5. Abs. 1 UStAE).

Der BFH hat mit Urteil vom 8.10.2008 (V R 59/07, BStBl II 2009, 218) entschieden, dass die Leistungsbeschreibung »für technische Beratung und Kontrolle im Jahr 1996« in einer Rechnung nicht ausreicht, die damit abgerechnete Leistung zu identifizieren, wenn diese sich weder aus den weiteren Angaben in der Rechnung noch aus ggf. in Bezug genommenen Geschäftsunterlagen weiter konkretisieren lässt. Daher berechtigte im Streitfall diese Rechnung nicht zum Vorsteuerabzug. Nach der ständigen Rspr. des BFH muss das Abrechnungspapier Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung muss dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Diesen Anforderungen genügt nach Auffassung des BFH nicht, dass eine Holding bzw. deren Niederlassung ohne Angabe ihres Geschäftsgegenstands mit der nichtssagenden Formulierung über »technische Beratung und technische Kontrolle im Jahr 1996« abgerechnet hat. Das Attribut »technisch« – so der BFH – bezeichne eine unbestimmte Vielzahl unterschiedlicher Leistungen. Ferner sei eine hinreichende Konkretisierung in zeitlicher Hinsicht nicht möglich, weil in der Rechnung für das gesamte Kj. 1996 abgerechnet worden sei. Im finanzgerichtlichen Verfahren eingereichte Unterlagen könnten zur Ergänzung der Leistungsbeschreibung nicht herangezogen werden, weil auf sie in der Rechnung nicht Bezug genommen worden sei. Schließlich habe die Klägerin vorgetragen, die mit der Rechnung abgerechneten Leistungen zunächst selbst verwechselt zu haben (Pressemitteilung des BFH Nr. 122/08 vom 17.12.2008, LEXinform 0174896).

Mit Urteil vom 15.5.2012 (XI R 32/10, BFH/NV 2012, 1836, LEXinform 0928384 hat der BFH entschieden, dass für die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung nach § 14 Abs. 4 UStG eine genaue Beschreibung des Umfangs der Leistung erforderlich ist. Der Kläger bezog als Rechtsanwalt diverse Eingangsleistungen von einer Steuerberatungsgesellschaft mbH, in der er auch selbst als Geschäftsführer tätig war. Zu den durch die GmbH erbrachten Leistungen gehörten u.a.: Personalüberlassung, Schreibarbeiten, Gestellung von Büromaterial, EDV und Fachliteratur. Hierfür zahlte er einen monatlichen Abschlag. Am Ende des Jahres wurde in einer Besprechung mit einer der Mitgeschäftsführerinnen der tatsächliche Aufwand bei der GmbH geschätzt, wobei sich eine Nachzahlung für den Kläger ergab. Die Abschlussrechnung der GmbH enthielt für die erbrachten Leistungen sinngemäß die pauschalen Bezeichnungen: Personalgestellung, Schreibarbeiten, Büromaterial, Porto, EDV, Fachliteratur – jeweils laut mündlicher Vereinbarung. Für einen Vorsteuerabzug reicht die Leistungsbeschreibung in diesem Fall nicht aus. Es fehlt insbesondere an einer Beschreibung des Leistungsumfangs. Allgemeine Bezeichnungen allein sind im Regelfall nicht ausreichend, um die Leistung hinreichend zu konkretisieren (Anmerkung vom 15.11.2012, LEXinform 0943297).

Beachte:

Mit Urteil vom 20.10.2016 (V R 26/15, BStBl II 2020, 593) hatte der BFH zum Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit einer Rechnungsberichtigung zu entscheiden. Im Urteilsfall ergingen die Rechnungen eines Rechtsanwalts unter dem Briefkopf der Rechtsanwaltskanzlei mit dem Betreff »Beratervertrag«. Sie enthielten als Kennzeichnung des Leistungsgegenstands den Satz: »ich erlaube mir, das vereinbarte Beraterhonorar wie folgt abzurechnen«. Die Rechnungen der Unternehmensberatung lauteten: »für allgemeine wirtschaftliche Beratung im (Zeitraum) berechnen wir Ihnen pauschal wie vereinbart« und »für zusätzliche betriebswirtschaftliche Beratung (Zeitraum) berechnen wir Ihnen pauschal wie vereinbart«. Die Rechnungen nahmen nicht auf weitere Unterlagen Bezug, aus denen sich Einzelheiten der Vereinbarung entnehmen ließen. Der Vorsteuerabzug wurde nicht gewährt bzw. rückgängig gemacht, da in den Rechnungen die Art der erbrachten Leistungen nicht hinreichend genau bezeichnet sei.

Nach der BFH-Entscheidung V R 26/15 (BStBl II 2020, 593, Rz. 19) reicht es für den Vorsteuerabzug aus, dass die Rechnung u.a. Angaben zur Leistungsbeschreibung enthält und die Angaben nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen. Dabei genügt es mit Blick auf die Leistungsbeschreibung, dass – wie im Streitfall – die Rechnung unter dem Briefkopf eines Rechtsanwalts erteilt wird und auf einen nicht näher bezeichneten Beratervertrag Bezug nimmt oder dass sie über »allgemeine wirtschaftliche Beratung« oder »betriebswirtschaftliche Beratung« ausgestellt ist (s.a. BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 20).

Ein Abrechnungsdokument ist keine Rechnung und kann deshalb auch nicht mit der Folge einer Ausübungsvoraussetzung für den Vorsteuerabzug rückwirkend berichtigt werden, wenn es wegen ganz allgemein gehaltener Angaben (hier »Produktverkäufe«) nicht möglich ist, die abgerechnete Leistung eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen (BFH vom 12.3.2020, V R 48/17, BStBl II 2020, 604; BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 20). Eine berichtigungsfähige Rechnung muss Angaben tatsächlicher Art enthalten, die es erlauben, die abgerechnete Leistung zu identifizieren. Das erfordert zwar keine erschöpfende Beschreibung der konkret erbrachten Leistung; die Rechnung muss es aber ermöglichen, die Leistung, über die abgerechnet worden ist, eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen. Was hierzu notwendig ist, richtet sich naturgemäß nach den Umständen des Einzelfalls. An einer Leistungsbeschreibung fehlt es jedoch, wenn die Angaben in hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind. So verhält es sich, wenn sich aus der Abrechnung keinerlei Anhaltspunkte für die Art des gelieferten Gegenstandes oder der sonstigen Leistung ergeben (vgl. BFH vom 10.7.2019, XI R 28/18, BStBl II 2021, 961, Rz. 16).

Zusammenfassung:

Die Leistungsbeschreibung muss, um rückwirkend berichtigungsfähig zu sein, jedenfalls so konkret sein, dass die erbrachte Leistung und ein Bezug zum Unternehmen des Leistungsempfängers erkennbar sind (vgl. Abschn. 15.2a. Abs. 4 UStAE). Eine unrichtige Leistungsbezeichnung, für die der leistende Unternehmer die gesondert ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG schuldet (vgl. Abschn. 14c.2 Abs. 2 Nr. 3 UStAE), ist nicht mit Rückwirkung berichtigungsfähig. Dagegen kann eine nur ungenaue Angabe der Leistungsbezeichnung (vgl. Abschn. 15.2a. Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 UStAE) die Voraussetzungen für eine rückwirkend berichtigungsfähige Mindestangabe erfüllen.

Eine bloße Angabe wie z.B. »Beratung« in der Rechnung eines Rechtsanwalts oder »Bauarbeiten« in der Rechnung eines Bauunternehmers, die nicht weiter individualisiert ist, erfüllt zwar nicht die Voraussetzungen nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG, eine entsprechende Rechnung ist unter den übrigen Voraussetzungen aber mit Rückwirkung berichtigungsfähig (BFH vom 20.10.2016, V R 26/15, BStBl II 2020, 593). Dagegen reicht eine allgemein gehaltene Angabe wie z.B. »Produktverkäufe«, die es nicht ermöglicht, die abgerechnete Leistung eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen, nicht aus (vgl. BFH vom 12.3.2020, V R 48/17, BStBl II 2020, 604, Rz. 24; s.a. BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 20).

Zur korrekten Leistungsbeschreibung in einer zum Vorsteuerabzug berechtigten Rechnung s. die Erläuterungen zum → Vorsteuerabzug unter dem Gliederungspunkt »Art und Umfang der Leistung«.

8.6. Zeitpunkt der Leistung und Vereinnahmung des Entgelts

8.6.1. Allgemeine Grundsätze

Gem. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG (Art. 226 Nr. 7 MwStSystRL) ist es im Regelfall erforderlich, in der Rechnung den Zeitpunkt der Lieferung oder der sonstigen Leistung anzugeben. Dies gilt auch dann, wenn das Ausstellungsdatum der Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG) mit dem Zeitpunkt der Lieferung oder der sonstigen Leistung übereinstimmt. Der BFH hat mit Urteil vom 17.12.2008 (XI R 62/07, BStBl II 2009, 432) entschieden, dass in einer Rechnung der Zeitpunkt der Lieferung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG) außer bei Rechnungen über An- oder Vorauszahlungen auch dann zwingend anzugeben ist, wenn er mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist. In diesen Fällen genügt eine Angabe, wie z.B. »Leistungsdatum entspricht Rechnungsdatum« (Abschn. 14.5. Abs. 16 Satz 2 UStAE).

Der BFH hat mit Urteil vom 1.3.2018 (V R 18/17, BStBl II 2021, 644) entschieden, dass sich die Angabe des Kalendermonats als Leistungszeitpunkt (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG i.V.m. § 31 Abs. 4 UStDV) unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben kann, wenn nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde (s.a. Anmerkung vom 12.6.2018, LEXinform 0653445; BFH Pressemitteilung Nr. 31/2018 vom 6.6.2018, LEXinform 0448292).

Die Verpflichtung zur Angabe des Zeitpunkts der Lieferung oder der sonstigen Leistung besteht in den Fällen, in denen die Ausführung der Leistung gegen Barzahlung erfolgt. Bei einer Rechnung über eine bereits ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung ist eine Angabe des Leistungszeitpunkts in jedem Fall erforderlich.

Zum Vorsteuerabzug trotz fehlender diesbezüglicher Angaben s. die Erläuterungen zum EuGH-Urteil vom 15.9.2016 (C-516/14, Barlis, DStR 2016, 2216, LEXinform 5214370) im vorhergehenden Gliederungspunkt.

In Fortführung der Rspr. im Urteil vom 1.3.2018 (V R 18/17, BStBl II 2021, 644) hat der BFH mit Urteil vom 15.10.2019 (V R 29/19, V R 44/16, BStBl II 2021, 646) entschieden, dass die Angabe des Leistungszeitpunkts sich aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben kann, wenn nach den Verhältnissen des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Werklieferung oder Werkleistung in dem Monat der Rechnungsausstellung erbracht (»bewirkt«) wurde.

Der Leistungszeitpunkt kann sich im Einzelfall aus dem Rechnungsdatum ergeben, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Leistung in dem Monat der Rechnungsstellung ausgeführt wurde. Solche Zweifel bestehen insbesondere, wenn das Zusammenfallen von Rechnungs- und Leistungsdatum nicht branchenüblich ist, der Rechnungsaussteller eine zeitnahe Abrechnung nicht regelmäßig durchführt oder bei der konkreten Leistung sonstige Zweifel am Zusammenfallen der Daten bestehen (s.a. Abschn. 15.2a. Abs. 1a Sätze 8 und 9 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 9.9.2021, BStBl I 2021, 1593).

Rechnungen, die nicht den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung nach § 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG enthalten (ggf. nach § 31 Abs. 4 UStDV in Form des Kalendermonats), sind nicht ordnungsmäßig ausgestellt. Ein Vorsteuerabzug aus solchen Rechnungen ist nur dann ausnahmsweise möglich, wenn die Finanzverwaltung über sämtliche Angaben verfügt, um die materiellen Voraussetzungen zu überprüfen (vgl. BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 9 bis 13; s.a. BMF vom 9.9.2021, BStBl I 2021, 1593).

Hinweis:

Das BMF hat mit Schreiben vom 9.9.2021 (BStBl I 2021, 1593) zur Anwendung der BFH-Urteile vom 1.3.2018 (V R 18/17, BStBl II 2021, 644) und vom 15.10.2019 (V R 29/19, V R 44/16, BStBl II 2021, 646) Stellung genommen und den UStAE geändert.

8.6.2. Angaben des Lieferzeitpunkts in einem Lieferschein

Gem. § 31 Abs. 1 UStDV kann eine Rechnung aus mehreren Dokumenten bestehen, aus denen sich die nach § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG erforderlichen Angaben insgesamt ergeben. Demzufolge können sich Rechnungsangaben auch aus einem in dem Dokument, in dem Entgelt und Steuerbetrag angegeben sind, zu bezeichnenden Lieferschein ergeben. Sofern sich der nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG erforderliche Leistungszeitpunkt aus dem Lieferschein ergeben soll, ist es erforderlich, dass der Lieferschein neben dem Lieferscheindatum eine gesonderte Angabe des Leistungsdatums enthält. Sofern das Leistungsdatum dem Lieferscheindatum entspricht, kann an Stelle der gesonderten Angabe des Leistungsdatums ein Hinweis in die Rechnung aufgenommen werden, dass das Lieferscheindatum dem Leistungsdatum entspricht (Abschn. 14.5. Abs. 16 Satz 5 Nr. 1 UStAE).

8.6.3. Angabe des Zeitpunkts der Lieferung in den Fällen, in denen der Ort der Lieferung nach § 3 Abs. 6 UStG bestimmt wird

In den Fällen, in denen der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet wird, gilt die Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Soweit es sich um eine Lieferung handelt, für die der Ort der Lieferung nach § 3 Abs. 6 UStG bestimmt wird, ist in der Rechnung als Tag der Lieferung der Tag des Beginns der Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung anzugeben.

Dieser Tag ist auch maßgeblich für die Entstehung der Steuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG (Abschn. 14.5. Abs. 16 Satz 5 Nr. 2 Satz 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 7.2.2023, BStBl I 2023, 322). Gem. § 31 Abs. 4 UStDV kann als Zeitpunkt der Lieferung der Kalendermonat angegeben werden, in dem die Lieferung ausgeführt wurde.

8.6.4. Angabe des Zeitpunkts der Lieferung in anderen Fällen

In allen Fällen, in denen sich der Ort der Lieferung nicht nach § 3 Abs. 6 UStG bestimmt, ist als Tag der Lieferung in der Rechnung der Tag der Verschaffung der Verfügungsmacht anzugeben. Zum Begriff der Verschaffung der Verfügungsmacht vgl. Abschn. 3.1. Abs. 2 UStAE (Abschn. 14.5. Abs. 16 Satz 5 Nr. 3 UStAE).

Gem. § 31 Abs. 4 UStDV kann als Zeitpunkt der Lieferung der Kalendermonat angegeben werden, in dem die Lieferung ausgeführt wurde.

8.6.5. Angabe des Zeitpunkts der sonstigen Leistung

Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG ist in der Rechnung der Zeitpunkt der sonstigen Leistung anzugeben. Dies ist bei sonstigen Leistungen der Zeitpunkt, zu dem die sonstige Leistung ausgeführt ist (s.a. Abschn. 14.5. Abs. 16 Satz 5 Nr. 4 UStAE).

Sonstige Leistungen sind grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt. Bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen ist die Leistung mit Beendigung des entsprechenden Rechtsverhältnisses ausgeführt, es sei denn, die Beteiligten hatten Teilleistungen vereinbart (vgl. Abschn. 13.1. Abs. 3 UStAE).

8.6.6. Noch nicht ausgeführte Leistungen

Wird über eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet, handelt es sich um eine Rechnung über eine Anzahlung, in der die Angabe des Zeitpunkts der Vereinnahmung des Entgelts oder des Teilentgelts entsprechend § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG nur dann erforderlich ist, wenn der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt. In diesem Fall reicht es aus, den Kalendermonat der Vereinnahmung anzugeben. Auf der Rechnung ist kenntlich zu machen, dass über eine noch nicht erbrachte Leistung abgerechnet wird (Abschn. 14.5. Abs. 16 Satz 5 Nr. 5 UStAE).

8.6.7. Dauerleistungen

Wird über Dauerleistungen (z.B. Miete) abgerechnet, reicht es aus, wenn sich der Leistungszeitraum, aus den einzelnen Zahlungsbelegen, z.B. aus den Überweisungsaufträgen oder den Kontoauszügen, ergibt. Soweit periodisch wiederkehrende Zahlungen im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses in der Höhe und zum Zeitpunkt der vertraglichen Fälligkeiten erfolgen und keine ausdrückliche Zahlungsbestimmung vorliegt, ergibt sich der Zeitpunkt der Leistung aus Vereinfachungsgründen durch die Zuordnung der Zahlung zu der Periode, in der sie geleistet wird. Dabei wird es nicht beanstandet, wenn der Zahlungsbeleg vom Leistungsempfänger ausgestellt wird (Abschn. 14.5. Abs. 17 UStAE).

8.7. Das Entgelt sowie die im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts

8.7.1. Das Entgelt

Gem. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 UStG (Art. 226 Nr. 8 MwStSystRL) ist in der Rechnung das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt anzugeben (Abschn. 14.5. Abs. 18 UStAE). Nach der Definition des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG ist das Entgelt ein Nettobetrag. Der bürgerlich-rechtliche Preis dagegen ist ein Bruttobetrag, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist. Das Entgelt muss also als Nettobetrag in der Rechnung angegeben werden. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG sind zusätzlich der Steuersatz und der auf das Entgelt entfallende Steuerbetrag anzugeben. Es reicht nicht aus, dass das Entgelt errechenbar ist.

Mit Urteil vom 7.11.2013 (C-249/12, C-250/12, LEXinform 0589448) hat sich der EuGH zur Bemessungsgrundlage geäußert, wenn die Parteien von einem vermeintlich nicht steuerbaren Umsatz ausgehen.

In dem Verfahren hatten die Kläger mehrere Kaufverträge abgeschlossen. Über eine eventuell anfallende USt hatten sie mit ihren Vertragspartnern keine Vereinbarungen getroffen. Die Finanzverwaltung ging bei den Klägern von einer unternehmerischen Tätigkeit aus. Sie erließ entsprechende Steuerbescheide, mit denen sie USt verlangte. Dabei wurde die Steuer den vereinbarten Kaufpreisen aufgeschlagen. Die Kläger hingegen sind der Auffassung, dass die Steuer aus den Preisen herauszurechnen ist.

Der EuGH stellt darauf ab, ob die USt nach nationalem Zivilrecht nachgefordert werden kann. Grundsätzlich ist die USt durch den Endverbraucher zu tragen. Wenn jedoch ein Kaufvertrag ohne Hinweis auf die Mehrwertsteuer abgeschlossen wurde und der Lieferer nach nationalem Recht die später von der Steuerbehörde verlangte Mehrwertsteuer vom Erwerber nicht wiedererlangen kann, ist die USt aus dem vereinbarten Preis herauszurechnen. Andernfalls läge ein Verstoß gegen den Grundsatz vor, dass die Steuer nur den Endverbraucher belasten soll (s.a. Anmerkung vom 12.12.2013, LEXinform 0944415).

Für den Vorsteuerabzug muss eine Rechnung das Entgelt und den Steuerbetrag getrennt ausweisen; die Angabe des Entgelts als Grundlage des gesondert ausgewiesenen Steuerbetrags ist damit zwingend erforderlich (Abschn. 15.2a. Abs. 1 Satz 3 UStAE). Eine Rechnung, in der zwar der Bruttopreis, der Steuersatz und der Umsatzsteuerbetrag, nicht aber das Entgelt ausgewiesen sind, berechtigt grundsätzlich nicht zum Vorsteuerabzug (BFH Urteil vom 27.7.2000, V R 55/99, BStBl II 2001, 426 sowie Abschn. 15.11. Abs. 4 Satz 1 UStAE). Die Voraussetzung für eine rückwirkend berichtigungsfähige Mindestangabe ist bereits erfüllt, wenn durch die Angabe des Bruttorechnungsbetrags und des gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrags das Entgelt als Bemessungsgrundlage ohne Weiteres errechnet werden kann (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 21).

Aus Rechnungen über Kleinbeträge (§ 33 UStDV) kann der Vorsteuerabzug vorgenommen werden, wenn der Rechnungsempfänger den Rechnungsbetrag unter Berücksichtigung des in der Rechnung angegebenen Steuersatzes selbst in Entgelt und Steuerbetrag aufteilt (§ 35 UStDV; Abschn. 15.11. Abs. 4 UStAE).

Das FG Münster hat mit Urteil vom 13.1.2009 (5 K 5721/04 U, LEXinform 5008074) entschieden, dass Entgeltsminderungen durch Jahresmengenrabatte gem. § 14 Abs. 4 Nr. 7 UStG in der Rechnung auszuweisen sind. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 UStG ist inhaltlich hinreichend bestimmt und verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Mit Urteil vom 10.2.2010 (XI R 3/09, BFH/NV 2010, 1450, LEXinform 0179601) hat der BFH die Rechtsausführungen des FG Münster im Ergebnis bestätigt.

Beachte:

Nach dem BFH-Urteil vom 20.10.2016 (V R 26/15, BStBl II 2020, 593, Rz. 19) gehören das Entgelt und die gesondert ausgewiesene USt zu wesentlichen Merkmalen (Mindestinhalt) einer berichtigungsfähigen Rechnung. Die Korrektur einer Rechnung wirkt auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsausstellung zurück.

8.7.2. Im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts

Zusätzlich zum Entgelt ist jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist, anzugeben (s.a. Art. 226 Nr. 8 MwStSystRL). Dies bedeutet im Fall der Vereinbarung von Boni, Skonti und Rabatten, bei denen im Zeitpunkt der Rechnungserstellung die Höhe der Entgeltsminderung nicht feststeht, dass in der Rechnung auf die entsprechende Vereinbarung hinzuweisen ist (§ 31 Abs. 1 UStDV). Dies gilt sowohl im Fall des Steuerausweises in einer Rechnung als auch im Fall des Hinweises auf eine Steuerbefreiung (Abschn. 14.5. Abs. 19 UStAE). Das BMF-Schreiben vom 3.8.2004 (BStBl I 2004, 739) nimmt zur Angabe der im Voraus vereinbarten Minderung des Entgelts in einer Rechnung ausführlich Stellung.

8.8. Steuersatz, Steuerbetrag und Hinweis auf Steuerbefreiung

Gem. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG (Art. 226 Nr. 9 MwStSystRL) ist in der Rechnung der Steuersatz sowie der auf das Entgelt entfallende Steuerbetrag oder im Fall der Steuerbefreiung ein Hinweis auf die Steuerbefreiung anzubringen. Bei dem Hinweis auf eine Steuerbefreiung ist es nicht erforderlich, dass der Unternehmer die entsprechende Vorschrift des UStG oder der MwStSystRL nennt. Allerdings soll in der Rechnung ein Hinweis auf den Grund der Steuerbefreiung enthalten sein. Dabei reicht eine Angabe in umgangssprachlicher Form aus (z.B. »Ausfuhr«, »innergemeinschaftliche Lieferung«, »steuerfreie Vermietung«, »Krankentransport«, usw.; Abschn. 14.5. Abs. 20 UStAE).

Zur Rechnungsstellung bei einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung hat der BFH mit Urteil vom 14.11.2012 (XI R 8/11, BFH/NV 2013, 596, LEXinform 0928671) entschieden, dass die benutzte Wendung »VAT@zero for export« für eine ordnungsgemäße Rechnung nicht ausreicht. Der Stpfl. hätte nach den §§ 14 und 14a UStG einen Hinweis auf die Steuerbefreiung der Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung anbringen müssen (s.a. Anmerkung vom 21.3.2013, LEXinform 0943647).

Nach dem BFH-Urteil vom 26.11.2014 (XI R 37/12, BFH/NV 2015, 358) setzt der Belegnachweis für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung eine Rechnung über diese Lieferung voraus, die einen Hinweis auf die Steuerbefreiung enthält. Hierfür reicht es aus, wenn sich dieser Hinweis eindeutig und zweifelsfrei aus der Zusammenschau der Rechnung mit der ihr beigefügten Anlage ergibt.

Hat der Stpfl. zu Unrecht eine Rechnung unter Hinweis auf die Steuerbefreiung ausgestellt, so kann ein Mitgliedstaat Mehrwertsteuer von einem Stpfl. nachfordern. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Mehrwertsteuer auf den späteren Verkauf der betreffenden Gegenstände an den Endverbraucher an den Fiskus entrichtet wurde (EuGH Beschluss vom 3.3.2004, C-395/02 – Transport Service NV, UR 2005, 107).Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, dass auf Gegenstände und Dienstleistungen bis zur Einzelhandelsstufe ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionierte Verbrauchsteuer anzuwenden ist.

Durch die Angabe des Steuersatzes wird die Kontrolle des ausgewiesenen Steuerbetrages erleichtert. Bei mehreren Umsätzen mit verschiedenen Steuersätzen sind die jeweiligen Steuersätze anzugeben.

Die Regelung des § 32 UStDV für Rechnungen über Umsätze, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen, gilt entsprechend, wenn in einer Rechnung neben steuerpflichtigen Umsätzen auch nicht steuerbare oder steuerfreie Umsätze aufgeführt werden. Soweit Kosten für Nebenleistungen, z.B. für Beförderung, Verpackung, Versicherung, besonders berechnet werden, sind sie den unterschiedlich besteuerten Hauptleistungen entsprechend zuzuordnen. Die Aufteilung ist nach geeigneten Merkmalen, z.B. nach dem Verhältnis der Werte oder Gewichte, vorzunehmen (Abschn. 14.5. Abs. 21 UStAE).

In Rechnungen für Umsätze, auf die die Durchschnittssätze des § 24 Abs. 1 UStG anzuwenden sind, ist außer dem Steuerbetrag der für den Umsatz maßgebliche Durchschnittssatz anzugeben (§ 24 Abs. 1 Satz 5 UStG; Abschn. 14.5. Abs. 22 UStAE).

Ein gesondert ausgewiesener Umsatzsteuerbetrag kann nicht dadurch ersetzt werden, dass neben dem Entgelt ein Bruttorechnungsbetrag angegeben wird (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 22).

Mit Urteil vom 10.7.2008 (C-484/06, UR 2008, 660, LEXinform 0589128) hat der EuGH bezüglich der Rundung von Mehrwertsteuerbeträgen entschieden, dass es – in Ermangelung einer spezifischen Gemeinschaftsregelung – Sache der Mitgliedstaaten ist, die Regeln und Methoden für die Rundung der Mehrwertsteuerbeträge zu bestimmen. Dabei müssen sie darauf achten, dass die Grundsätze, auf denen das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht, insbesondere die Grundsätze der steuerlichen Neutralität und der Proportionalität, eingehalten werden. Das Gemeinschaftsrecht enthält bei seinem derzeitigen Stand keine spezifische Verpflichtung, wonach die Mitgliedstaaten den Stpfl. die Abrundung des Mehrwertsteuerbetrages pro Artikel gestatten müssen.

Auch das deutsche Umsatzsteuerrecht sieht – insbesondere in § 16 UStG (Steuerberechnung) – keine Rundungsregelung vor. Deutschland hat das Rundungsproblem mit Hilfe der USt-Erklärungen so gelöst, dass die jeweiligen Umsätze nur in vollen Euro-Beträgen zu erklären sind, die USt selbst ist auf zwei Dezimalstellen genau zu berechnen. Durch den Ansatz voller Euro-Beträge bei den Umsätzen können sich bei der Berechnung der USt keine weiteren Dezimalstellen ergeben, so dass sich die Rundungsfrage – z.B. das kaufmännische Rundungsverfahren – hier nicht stellt.

Ein Dokument ist dann eine berichtigungsfähige Rechnung, wenn es Angaben

  • zum Rechnungsaussteller,

  • zum Leistungsempfänger,

  • zur Leistungsbeschreibung,

  • zum Entgelt und

  • zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer

enthält (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 16 und Abschn. 15.2a. Abs. 7 Satz 6 ff. UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 18.9.2020).

Ein bisher in einem Dokument fälschlicherweise nicht ausgewiesener Steuerbetrag (z.B. weil die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen oder einer Steuerbefreiung nicht vorliegen) kann nicht mit Rückwirkung berichtigt werden. Der erstmalige Steuerausweis in einer berichtigten Rechnung ist insoweit mit dem erstmaligen Erstellen einer Rechnung gleichzusetzen und entfaltet daher keine Rückwirkung (BFH vom 1.7.2004, V R 33/01, BStBl II 2004, 861; BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 25).

Die gleichen Grundsätze gelten, wenn sich nachträglich herausstellt, dass zwischen bestimmten Personen keine Organschaft i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG vorlag und über die vermeintlichen Innenumsätze Belege ausgetauscht worden sind. Diese Belege sind Rechnungen i.S.d. § 14 Abs. 1 UStG, wenn sie einen Steuerausweis enthalten, weil mit ihnen tatsächlich über Leistungen abgerechnet worden ist. Sind diese Rechnungen nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellt, berechtigen sie zum Vorsteuerabzug. Belege ohne gesonderten Steuerausweis hingegen sind keine Rechnungen und daher einer Berichtigung mit Rückwirkung nicht zugänglich (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 26).

Erteilt ein Unternehmer in der Annahme einer Leistungserbringung im Ausland eine Ausgangsrechnung ohne inländischen Steuerausweis, kann er diese nicht in der Weise berichtigen, dass dem späteren Ausweis inländischer USt Rückwirkung für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers zukommt (Abschn. 15.2a. Abs. 7 Satz 12 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 20.12.2022, BStBl I 2022, 1694; BFH vom 7.7.2022 (V R 33/20, BStBl II 2022, 821; s.a. Fietz u.a., NWB 52/2022, 3706).

Entscheidungsgründe des Urteils V R 33/20:

Für die Rechnungserteilung in den Fällen des § 13b UStG enthält § 14a Abs. 5 UStG eine Sonderregelung. Führt der Unternehmer eine Leistung aus, für die der Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 UStG die USt schuldet, ist er nach § 14a Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 UStG zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers« verpflichtet. Die Vorschrift über den gesonderten Ausweis der Steuer (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG) ist nach § 14a Abs. 5 Satz 2 UStG ausdrücklich nicht anzuwenden.

Ein Stpfl. kann nicht beanspruchen, einen Steuerbetrag abzuziehen, der ihm nicht in Rechnung gestellt wurde (BFH V R 33/20, Rz. 20). Da der Abzug des Steuerbetrags an dessen Inrechnungstellung gekoppelt ist, kann dieser Steuerausweis nicht in der Weise mit Rückwirkung erfolgen, dass er einen Vorsteuerabzug für einen Zeitraum vor dem Vorliegen dieses Steuerausweises begründet. So ist es jedenfalls dann, wenn es – wie im Urteilsfall – um einen erstmals in einer berichtigten Rechnung ausgewiesenen inländischen Steuerbetrag bei einer zunächst angenommenen Steuerschuldumkehr mit irrtümlich angenommenem Leistungsort im Ausland geht.

Nach dem übereinstimmenden Willen der an den entgeltlichen Leistungen Beteiligten sollten weder die Klägerin noch die leistenden Unternehmer eine inländische USt zahlen. Eine Belastung der Klägerin mit inländischer USt konnte daher nach dem Willen der Vertragsparteien erst aufgrund der Rechnungsberichtigungen eintreten (s.a. Brill, NWB 44/2022, 3079 sowie → Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers unter dem Gliederungspunkt »Fehlerhafte Anwendung bzw. Nichtanwendung des Reverse-Charge-Verfahrens«).

Ein unzutreffend in einer Rechnung zu niedrig ausgewiesener Steuerbetrag kann nicht mit Rückwirkung berichtigt werden. Der erstmalige zutreffende Steuerausweis in einer berichtigten Rechnung ist vielmehr insoweit mit dem erstmaligen Erstellen einer Rechnung gleichzusetzen. Das Recht zum Vorsteuerabzug i.H.d. Mehrbetrags kann somit erst in dem Besteuerungszeitraum ausgeübt werden, in dem der Leistungsempfänger im Besitz der Rechnung ist, die den Steuerbetrag in zutreffender Höhe ausweist. Der Vorsteuerabzug des ursprünglich zu niedrigen Steuerbetrags bleibt bestehen (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 27).

8.9. Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht

8.9.1. Aufbewahrungspflicht des nichtunternehmerischen Leistungsempfängers

Gem. § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG ist der Empfänger einer steuerpflichtigen Werklieferung oder sonstigen Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück verpflichtet, die Rechnung, einen Zahlungsbeleg oder eine andere beweiskräftige Unterlage zwei Jahre aufzubewahren, soweit er nicht Unternehmer oder ein Unternehmer ist, der die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich verwendet. Der entsprechende Beleg ist zwei Jahre aufzubewahren. Dabei müssen die Belege für den gesamten Aufbewahrungszeitraum lesbar sein (§ 14b Abs. 1 Satz 2 UStG). Der Aufbewahrungszeitraum beginnt mit dem Schluss des Kj., in dem die Rechnung ausgestellt wurde.

8.9.2. Aufbewahrungspflicht eines Unternehmers

Handelt es sich beim Leistungsempfänger um einen Unternehmer, der die Leistung für sein Unternehmen bezieht, gelten die Aufbewahrungspflichten nach § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG.

Ein Leistungsempfänger, der Unternehmer ist und die steuerpflichtige Werklieferung oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück bezieht, hat die Rechnung zehn Jahre aufzubewahren, wenn es sich bei der Leistung um eine Bauleistung i.S.d. § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG handelt (§ 14b Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 UStG), auch wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird. § 14b Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 UStG geht § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG vor.

8.9.3. Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des nichtunternehmerischen Leistungsempfängers

Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG ist der leistende Unternehmer bei Ausführung einer steuerpflichtigen Werklieferung oder sonstigen Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück verpflichtet, in der Rechnung auf die einem nichtunternehmerischen Leistungsempfänger nach § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG obliegenden Aufbewahrungspflichten hinzuweisen. Hierbei ist es ausreichend, wenn in der Rechnung z.B. ein allgemeiner Hinweis enthalten ist, dass ein nichtunternehmerischer Leistungsempfänger diese Rechnung zwei Jahre aufzubewahren hat (Abschn. 14.5. Abs. 23 UStAE; s.u. den Gliederungspunkt »Aufbewahrung von Rechnungen und Buchungsbelegen«).

8.9.4. Auswirkung auf den Vorsteuerabzug

Ein fehlerhafter Hinweis in der Rechnung nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG hat keine Auswirkung auf den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers. Nach Abschn. 15.11. Abs. 3 Satz 2 UStAE ist lediglich bei fehlenden oder unvollständigen Angaben i.S.d. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 8 und 10 UStG der Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Beachte:

Mit Urteil vom 15.9.2016 (C–516/14 – Barlis –, DStR 2016, 2216, LEXinform 5214370; s.a. Treiber, UR 21-22/2017, 858) hat der EuGH entschieden, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nicht allein deshalb verweigert werden darf, weil die Rechnung, die der Stpfl. besitzt, nicht alle formellen Voraussetzungen von Art. 226 MwStSystRL erfüllt, obwohl die Behörde über alle notwendigen Informationen verfügt, um zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung dieses Rechts vorliegen.

8.10. Besonderer Hinweis auf eine Gutschrift

Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 10 UStG ist in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten die Angabe »Gutschrift« in die Abrechnung aufzunehmen. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) in das Gesetz aufgenommen und tritt am Tag nach der Verkündung des AmtshilfeRLUmsG im BGBl in Kraft (Tag der Verkündung: 29.6.2013).

Die Erweiterung des Katalogs der Rechnungsangaben nach § 14 Abs. 4 UStG beruht auf Art. 226 Nr. 10a MwStSystRL.

Vereinbaren die am Leistungsaustausch Beteiligten, dass der Leistungsempfänger über den Umsatz abrechnet (Gutschrift, § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG), muss die Rechnung die Angabe »Gutschrift« enthalten. Darüber hinaus kommt die Anerkennung von Formulierungen in Betracht, die in anderen Amtssprachen für den Begriff »Gutschrift« in Art. 226 Nr. 10a MwStSystRL der jeweiligen Sprachfassung verwendet werden (z.B. »Selfbilling«, vgl. die Tabelle zu den in anderen Amtssprachen verwendeten Begriffen der Rechnungsangaben unter Abschn. II. des BMF-Schreibens vom 25.10.2013, BStBl I 2013, 1305). Die Verwendung anderer Begriffe entspricht nicht § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 10 UStG. Gleichwohl ist der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers nicht allein wegen begrifflicher Unschärfe zu versagen, wenn die gewählte Bezeichnung hinreichend eindeutig ist (z. B. Eigenfaktura), die Gutschrift im Übrigen ordnungsgemäß erteilt wurde und keine Zweifel an ihrer inhaltlichen Richtigkeit bestehen (Abschn. 14.5. Abs. 24 UStAE).

Die im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnete Stornierung oder Korrektur der ursprünglichen Rechnung als Gutschrift (sog. kaufmännische Gutschrift) ist keine Gutschrift im umsatzsteuerrechtlichen Sinne. Wird in einem solchen Dokument der Begriff »Gutschrift« verwendet, obwohl keine Gutschrift im umsatzsteuerrechtlichen Sinne nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG vorliegt, ist dies weiterhin umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich. Die Bezeichnung als »Gutschrift« führt allein nicht zur Anwendung des § 14c UStG (s.a. Rathke u.a., NWB 2013, 2534).

Wird in einem Dokument sowohl über empfangene Leistungen (Gutschrift) als auch über ausgeführte Leistungen (Rechnung) zusammen abgerechnet, muss das Dokument die Rechnungsangabe »Gutschrift« enthalten. Zudem muss aus dem Dokument zweifelsfrei hervorgehen, über welche Leistung als Leistungsempfänger bzw. leistender Unternehmer abgerechnet wird. In dem Dokument sind Saldierung und Verrechnung der gegenseitigen Leistungen unzulässig (Abschn. 14.3. Abs. 2 Satz 5 ff. UStAE).

8.11. Maßgebliche Rechtsvorschriften für die Rechnungserstellung im Reverse-Charge-Verfahren

In § 14 Abs. 7 UStG wird geregelt, dass für die Rechnungserteilung von Reverse-Charge-Leistungen die Vorschriften des EU-Mitgliedstaates anzuwenden sind, in dem der Leistungserbringer seinen Sitz hat. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) in das Gesetz aufgenommen und tritt am Tag nach der Verkündung des AmtshilfeRLUmsG im BGBl in Kraft (Tag der Verkündung: 29.6.2013).

Art. 219a Nr. 1 MwStSystRL regelt, dass sich das maßgeblich anzuwendende Recht für die Rechnungsstellung nach den Vorschriften des Mitgliedstaates richtet, in dem der Umsatz nach den Vorschriften der MwStSystRL ausgeführt wird. Diese Regelung entspricht bereits § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG. Von diesem Grundsatz wird folgender Fall nach Art. 219a Nr. 2 Buchst. a MwStSystRL ausgenommen: Der Unternehmer ist nicht im Mitgliedstaat ansässig, in dem der Umsatz ausgeführt wird, aber in einem anderen Mitgliedstaat und die Mehrwertsteuer wird von dem Leistungsempfänger geschuldet. In diesem Fall unterliegt die Rechnungsstellung den Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer ansässig ist. Sofern kein Sitz oder feste Niederlassung vorhanden ist, gilt das Recht des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Vereinbaren die am Leistungsaustausch Beteiligten, dass der Leistungsempfänger über den Umsatz abrechnet (Gutschrift, § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG), kommt § 14 Abs. 7 Satz 1 UStG nicht zur Anwendung; es verbleibt bei den allgemeinen Grundsätzen der Rechnungserteilung nach den §§ 14, 14a UStG (§ 14 Abs. 7 Satz 2 und § 14a Abs. 1 Satz 4 UStG, vgl. Abschn. 14.1. Abs. 6 UStAE und dort die Beispiele 1 und 2).

Führt ein im Inland ansässiger Unternehmer einen Umsatz in einem anderen Mitgliedstaat aus, an dem keine Betriebsstätte in diesem Mitgliedstaat beteiligt ist, und wird die Steuer in diesem Mitgliedstaat von dem Leistungsempfänger geschuldet, ist der Unternehmer zur Ausstellung einer Rechnung nach den §§ 14, 14a UStG verpflichtet (§ 14a Abs. 1 Satz 1 UStG). Vereinbaren die am Leistungsaustausch Beteiligten, dass der Leistungsempfänger über den Umsatz abrechnet (Gutschrift, § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG), kommt § 14a Abs. 1 Satz 1 UStG nicht zur Anwendung (Abschn. 14a.1. Abs. 2 UStAE).

9. Ausstellung von Rechnungen in besonderen Fällen

9.1. Allgemeines zu den zusätzlichen Pflichten i.S.d. § 14a UStG

§ 14a UStG regelt die zusätzlichen Pflichten bei der Ausstellung von Rechnungen in besonderen Fällen. § 14a UStG ergänzt § 14 UStG. Soweit nichts anderes bestimmt ist, bleiben die Regelungen des § 14 UStG unberührt. Dies schließt die nach § 14 Abs. 4 UStG geforderten Angaben ein. Entsprechend § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG kann auch mit Gutschrift abgerechnet werden (Abschn. 14a.1. Abs. 1 UStAE).

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) werden in § 14a Abs. 1, 3 5 und 6 UStG Änderungen zur Angleichung an die MwStSystRL vorgenommen. Die Änderungen treten am Tag nach der Verkündung des AmtshilfeRLUmsG im BGBl in Kraft (Tag der Verkündung: 29.6.2013; s. Kurzbeitrag vom 11.6.2013, LEXinform 0652131).

Mit Art. 14 Nr. 9 des JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) wird zum 1.7.2021 § 14a Abs. 2 UStG neu gefasst und an die geänderte Fassung des Art. 220 Abs. 1 Nr. 2 MwStSystRL angepasst.

9.2. Abrechnungen über Reverse-Charge-Leistungen nach § 14a Abs. 1 UStG

Die Rechnungslegungspflicht i.S.d. § 14a Abs. 1 Satz 1 UStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG ergibt sich dann, wenn

  • ein inländischer Unternehmer

  • einen Umsatz in einem anderen Mitgliedstaat ausführt

  • und die Steuer in dem anderen Mitgliedstaat von dem Leistungsempfänger geschuldet wird

  • und keine Gutschrift gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 vereinbart worden ist.

Der inländische Unternehmer ist zur Rechnungsausstellung verpflichtet. In der Rechnung ist er zur Angabe »Steuerschuldnerschaft Leistungsempfängers« verpflichtet (Abschn. 14a.1. Abs. 2 Satz 1 UStAE).

Führt der inländische Unternehmer eine sonstige Leistung i.S.d. § 3a Abs. 2 UStG in einem anderen Mitgliedstaat aus, so ist die Rechnung nach § 14a Abs. 1 Satz 2 UStG bis zum 15. Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, auszustellen. In dieser Rechnung sind die USt-IdNr. des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben (§ 14a Abs. 1 Satz 3 UStG). Die Angabe der USt-IdNr. des Leistungsempfängers ist auch deshalb erforderlich, weil der leistende Unternehmer diese Nummer für die Angabe in seiner Zusammenfassenden Meldung benötigt.

Wird eine Abrechnung durch Gutschrift gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG über eine sonstige Leistung i.S.d. § 3a Abs. 2 UStG vereinbart, die im Inland ausgeführt wird und für die der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Abs. 1 und 5 UStG schuldet, ist die Gutschrift mit der Angabe »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers« auszustellen. Die Gutschrift ist bis zum 15. Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, zu erteilen (s.a. Abschn. 14a.1. Abs. 2 UStAE; Duyfjes u.a., UStB 2013, 233).

9.3. Abrechnungen nach § 14a Abs. 2 UStG

9.3.1. Lieferungen i.S.d. § 3c UStG vor dem 1.7.2021

Führt der Unternehmer eine Lieferung i.S.d. § 3c UStG im Inland aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet (§ 14a Abs. 2 UStG).

§ 3c UStG regelt den Lieferort für die Fälle, in denen der Lieferer Gegenstände – ausgenommen neue Fahrzeuge i.S.v. § 1b Abs. 2 und 3 UStG – in einen anderen EU-Mitgliedstaat befördert oder versendet und der Abnehmer einen innergemeinschaftlichen Erwerb nicht zu versteuern hat. Abweichend von § 3 Abs. 6 bis 8 UStG ist die Lieferung danach in dem EU-Mitgliedstaat als ausgeführt zu behandeln, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes endet, wenn der Lieferer die maßgebende Lieferschwelle überschreitet oder auf deren Anwendung verzichtet. Maßgeblich ist, dass der liefernde Unternehmer die Beförderung oder Versendung veranlasst haben muss. Zu dem in § 3c Abs. 2 Nr. 1 UStG genannten Abnehmerkreis gehören insbesondere Privatpersonen (Abschn. 3c.1. Abs. 1 und 2 UStAE).

§ 14a Abs. 2 UStG setzt somit eine im Inland steuerbare und steuerpflichtige Versandhandelslieferung voraus. Sie liegt vor, wenn aus dem anderen EU-Mitgliedstaat nach Deutschland geliefert wird, nicht aber wenn aus Deutschland in einen anderen EU-Mitgliedstaat geliefert wird.

Über im Inland steuerbare und steuerpflichtige innergemeinschaftliche Versandhandelslieferungen nach § 3c UStG an Privatkunden muss der von einem anderen Mitgliedstaat aus liefernde Unternehmer mit gesondertem USt-Ausweis der deutschen USt abrechnen. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 UStG wäre er dazu nicht verpflichtet. § 14a Abs. 2 UStG geht daher vor. In dieser Rechnung ist u.a. auch die USt gesondert auszuweisen (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG; Abschn. 14a.1. Abs. 7 UStAE).

9.3.2. Lieferungen i.S.d. § 3c Abs. 1 UStG nach dem 30.6.2021

Führt der Unternehmer eine Lieferung i.S.d. § 3c Abs. 1 UStG im Inland aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j UStG teilnimmt (§ 14a Abs. 2 UStG).

§ 3c Abs. 1 UStG bestimmt den → Ort der Lieferung eines innergemeinschaftlichen Fernverkaufs. Als Ort der Lieferung gilt der Ort, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Beförderung oder Versendung an den Erwerber befindet. Erwerber ist ein in § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend.

Wie bisher setzt § 14a Abs. 2 UStG einen im Inland steuerbaren und stpfl. innergemeinschaftlichen Fernverkauf voraus. Dieser liegt vor, wenn aus dem anderen EU-Mitgliedstaat nach Deutschland geliefert wird, nicht aber, wenn aus Deutschland in einen anderen EU-Mitgliedstaat geliefert wird.

Über im Inland steuerbare und stpfl. innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Abs. 1 UStG an Privatkunden muss der von einem anderen Mitgliedstaat aus liefernde Unternehmer mit gesondertem Ausweis der deutschen USt abrechnen. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 UStG wäre er dazu nicht verpflichtet. § 14a Abs. 2 UStG geht daher vor. In dieser Rechnung ist u.a. auch die USt gesondert auszuweisen (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG; Abschn. 14a.1. Abs. 7 UStAE). Der ausländische Unternehmer muss sich in Deutschland für Umsatzsteuerzwecke registrieren.

Nimmt der in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Unternehmer an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j UStG teil (→ Voranmeldung), muss der Unternehmer die Teilnahme an dem besonderen Besteuerungsverfahren in dem Mitgliedstaat der EU, in dem er ansässig ist, anzeigen (§ 18j Abs. 2 Satz 1 UStG bzw. Art. 369d MwStSystRL). Eine Rechnungsstellung unterliegt in diesen Fällen den Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Lieferer die Sonderregelung in Anspruch nimmt (Art. 219a Abs. 2 Buchst. b MwStSystRL).

9.4. Rechnungen über innergemeinschaftliche Lieferungen nach § 14a Abs. 3 UStG

Zur Rechnungsstellung bei einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung hat der BFH mit Urteil vom 14.11.2012 (XI R 8/11, BFH/NV 2013, 596, LEXinform 0928671) entschieden, dass die benutzte Wendung »VAT@zero for export« für eine ordnungsgemäße Rechnung nicht ausreicht. Der Stpfl. hätte nach den §§ 14 und 14a UStG einen Hinweis auf die Steuerbefreiung der Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung anbringen müssen (s.a. Anmerkung vom 21.3.2013, LEXinform 0943647).

Führt der Unternehmer eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 6a UStG) aus, ist er nach § 14a Abs. 3 UStG verpflichtet, spätestens am 15. Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Lieferung ausgeführt worden ist, eine Rechnung auszustellen. Die gleiche Frist gilt, wenn der Unternehmer eine sonstige Leistung i.S.d. § 3a Abs. 2 UStG in einem anderen Mitgliedstaat ausführt, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (§ 14a Abs. 1 Satz 2 UStG). In beiden Fällen ist in der Rechnung sowohl die USt-IdNr. des Unternehmers als auch die des Leistungsempfängers anzugeben. Eine Nichteinhaltung der vorgenannten Frist stellt keine Ordnungswidrigkeit nach § 26a UStG dar. Zum zivilrechtlichen Anspruch auf Erteilung einer ordnungsgemäßen Rechnung vgl. Abschn. 14.1. Abs. 5 UStAE (Abschn. 14a.1. Abs. 3 UStAE).

Der Unternehmer, der steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a UStG) ausführt, muss in den Rechnungen auf die Steuerfreiheit hinweisen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht in diesen Fällen nicht nur, wenn der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für unternehmerische Zwecke erworben hat. Sie besteht auch dann, wenn die innergemeinschaftliche Lieferung an eine juristische Person (z.B. eingetragener Verein oder Körperschaft des öffentlichen Rechts) erfolgt, die entweder kein Unternehmer ist oder den Gegenstand der Lieferung für ihren nichtunternehmerischen Bereich erworben hat (Abschn. 14a.1. Abs. 4 UStAE).

Die Verpflichtung zur Ausstellung von Rechnungen über steuerfreie Lieferungen i.S.d. § 6a UStG greift beim innergemeinschaftlichen Verbringen von Gegenständen nicht, weil Belege in Verbringensfällen weder als Abrechnungen anzusehen sind noch eine Außenwirkung entfalten (vgl. auch Abschn. 14.1. Abs. 4 UStAE; → Innergemeinschaftliches Verbringen) und deshalb keine Rechnungen i.S.d. § 14 Abs. 1 UStG sind (Abschn. 14a.1. Abs. 5 UStAE).

Die Vorschrift des § 14a Abs. 3 UStG gilt für Unternehmer und für Fahrzeuglieferer (§ 2a UStG), die derartige Lieferungen an nicht in § 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG genannte Erwerber (z.B. Privatpersonen und nicht unternehmerisch tätige Personenzusammenschlüsse) ausführen (§ 14a Abs. 3 UStG, Abschn. 14a.1. Abs. 8 UStAE).

Ein Unternehmer, der aus einem anderen Mitgliedstaat steuerfrei in das Inland liefert, ist nicht nach § 14a Abs. 3 UStG, sondern nach dem Recht des Mitgliedstaates, in dem die Lieferung steuerbar ist, aber steuerfrei ausgeführt wird, zur Abrechnung verpflichtet (s.a. § 14 Abs. 7 UStG).

9.5. Rechnungen über innergemeinschaftliche Lieferungen neuer Fahrzeuge nach § 14a Abs. 4 UStG

Bei innergemeinschaftlichen Fahrzeuglieferungen (→ Innergemeinschaftliche Fahrzeuglieferungen bzw. -erwerbe) müssen in einer Abrechnung

  • die allgemeinen Angaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG,

  • die allgemeinen Angaben für innergemeinschaftliche Lieferungen des § 14a Abs. 3 UStG und

  • die besonderen Angaben, die in § 14a Abs. 4 UStG aufgezählt sind,

enthalten sein.

Die Rechnung muss somit die in § 1b Abs. 2 und 3 UStG bezeichneten Merkmale enthalten (Abschn. 14a.1. Abs. 8 UStAE). Die Angaben der Merkmale des § 1b Abs. 2 UStG dienen der Kontrolle darüber, ob ein Fahrzeug i.S.d. § 1b UStG vorliegt. Die Angaben der Merkmale des § 1b Abs. 3 UStG dienen der Kontrolle darüber, ob ein neues Fahrzeug i.S.d. § 1b UStG vorliegt.

Die Abrechnung über die Lieferung neuer Fahrzeuge betrifft Lieferungen von Unternehmern und von Nichtunternehmern (§ 2a UStG). Die Abrechnungspflicht bezüglich der innergemeinschaftlichen Fahrzeuglieferung betrifft auch Nichtunternehmer (§ 14a Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 Satz 2 UStG).

Die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs ist steuerfrei (§ 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 UStG). Die Rechnung muss diesen Hinweis enthalten (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG). Die USt-IdNr. des Unternehmers und die des Leistungsempfängers sind nicht anzugeben (§ 14a Abs. 3 Satz 4 UStG).

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) wird in § 14a Abs. 3 UStG der Unternehmer zur Ausstellung einer Rechnung bis zum 15. Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt wurde, verpflichtet.

9.6. Abrechnung beim Übergang der Steuerschuldnerschaft i.S.d. § 13b UStG

Führt der Unternehmer eine Leistung i.S.d. § 13b Abs. 2 UStG aus, für die der Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 UStG die Steuer schuldet (→ Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers), ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers« verpflichtet (vgl. Abschn. 13b.14. Abs. 1 UStAE und § 14a Abs. 5 UStG). Alternativ kommen Formulierungen in Betracht, die in anderen Amtssprachen für den Begriff »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers« in Artikel 226 Nr. 11a MwStSystRL der jeweiligen Sprachfassung verwendet werden (z.B. »Reverse charge«). S.a. die Tabelle zu den in anderen Amtssprachen verwendeten Begriffen für Rechnungsangaben in Abschn. II. des BMF-Schreibens vom 25.10.2013 (BStBl I 2013, 1305). Zur Rechnungslegung bei in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmer vgl. Abschnitt 14.1. Abs. 6 UStAE (s. Abschn. 14a.1. Abs. 6 UStAE).

9.7. Rechnungen über Reiseleistungen und in den Fällen der Differenzbesteuerung

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) wird in § 14a Abs. 6 UStG der Unternehmer zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe

  • »Sonderregelung für Reisebüros«,

  • »Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung,

  • »Kunstgegenstände/Sonderregelung oder

  • »Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung«

verpflichtet.

Der Rechnungsaussteller kann anstelle der deutschen Begriffe auch Formulierungen verwenden, die in anderen Amtssprachen für die Rechnungsangaben nach Artikel 226 Nr. 13 und 14 MwStSystRL der jeweiligen Sprachfassung verwendet werden (z.B. »Margin scheme – Travel agents« für »Sonderregelung für Reisebüros«, »Margin scheme – Second-hand goods« für »Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung«, »Margin scheme – Works of art« für »Kunstgegenstände/Sonderregelung« oder »Margin scheme – Collectors’s items and antiques« für »Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung«). S.a. die Tabelle zu den in anderen Amtssprachen verwendeten Begriffen für Rechnungsangaben in Abschn. II. des BMF-Schreibens vom 25.10.2013 (BStBl I 2013, 1305). Ein gesonderter Steuerausweis ist in den Fällen des § 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4 UStG unzulässig (§ 14a Abs. 6 Satz 2 UStG) und ein Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen ausgeschlossen (s.a. Abschn. 14a.1. Abs. 10 UStAE).

9.8. Rechnungen über innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte nach § 14a Abs. 7 UStG

Nach § 25b Abs. 2 Nr. 3 UStG ist materielle Voraussetzung für die Übertragung der Steuerschuld, dass der erste dem letzten jeweils am Dreiecksgeschäft beteiligte Abnehmer eine Rechnung i.S.d. § 14a Abs. 7 UStG erteilt, in der die Steuer nicht gesondert ausgewiesen ist. Neben den Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG sind in der Rechnung dieses ersten Abnehmers danach folgende zusätzliche Angaben erforderlich:

  • ein Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts, z.B. »Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft nach § 25b UStG« oder »Vereinfachungsregelung nach Art. 141 MwStSystRL«,

  • ein Hinweis auf die Steuerschuld des letzten am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmers,

  • die Angabe der USt-IdNr. des ersten am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmers und

  • die Angabe der USt-IdNr. des letzten am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmers.

Der letzte am Dreiecksgeschäft beteiligte Abnehmer soll durch die Hinweise in der Rechnung eindeutig und leicht erkennen können, dass er letzter Abnehmer in einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft ist und die Steuerschuld auf ihn übertragen wird (Abschn. 25b.1. Abs. 8 UStAE).

Im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts wird die Steuer für die Lieferung des ersten Abnehmers an den letzten Abnehmer von diesem geschuldet (§ 25b Abs. 2 UStG, vgl. Abschn. 25b.1. Abs. 6 UStAE). Der letzte Abnehmer kann diese Steuer als Vorsteuer abziehen, wenn er den Gegenstand für sein Unternehmen bezieht und soweit er ihn zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (§ 25b Abs. 5 UStG). Der Vorsteuerabzug ist somit ohne den gesonderten Ausweis in einer Rechnung zulässig, wie dies beim Übergang der Steuerschuld auch üblich ist (siehe auch § 13b UStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG).

10. Rechnungsberichtigung

10.1. Allgemeine Voraussetzungen für Rechnungsberichtigungen

Mit Schreiben vom 18.9.2020 (BStBl I 2020, 976) nimmt das BMF ausführlich Stellung zur Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Ausstellung sowie zum Vorsteuerabzug ohne Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung. Unter Berücksichtigung der EuGH- und BFH-Rspr. (s. nachfolgende Erläuterungen) wird in Abschn. 15.2a. UStAE ein neuer Abs. 1a eingefügt und Abs. 7 neu gefasst.

Der Fall einer fehlenden Rechnung (dann kein Vorsteuerabzug möglich) ist von dem Fall einer fehlerhaft erteilten Rechnung abzugrenzen (BFH vom 15.10.2019, V R 14/18 BStBl II 2020, 601, Rz. 33). Auf eine Rechnungsberichtigung kann für Zwecke des Vorsteuerabzugs jedenfalls allein aus Vereinfachungsgesichtspunkten nicht verzichtet werden. Die Rechnung kann bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG berichtigt und vorgelegt werden (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 14; Abschn. 15.2a. Abs. 7 Satz 9 UStAE).

Gem. § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG i.V.m. § 31 Abs. 5 UStDV kann eine Rechnung berichtigt werden, wenn

  1. sie nicht alle Angaben nach § 14 Abs. 4 und § 14a UStG enthält oder

  2. Angaben in der Rechnung unzutreffend sind.

Dabei müssen nur die fehlenden oder unzutreffenden Angaben ergänzt oder berichtigt werden. Die Berichtigung muss durch ein Dokument erfolgen, das spezifisch und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn in diesem Dokument die fortlaufende Nummer der ursprünglichen Rechnung angegeben ist. Das Dokument, mit dem die Berichtigung durchgeführt werden soll, muss die formalen Anforderungen der §§ 14 und 14a UStG erfüllen. Dies bedeutet insbesondere bei elektronischer Übermittlung, dass die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 UStG gegeben sein müssen (Abschn. 14.11. Abs. 1 UStAE).

Ein Vorsteuerabzug gänzlich ohne Rechnung ist nicht möglich (BFH vom 15.10.2019, V R 14/18, BStBl II 2020, 596; Abschn. 15.2a. Abs. 1a Satz 4 UStAE). Das Recht auf Vorsteuerabzug kann jedoch ausnahmsweise auch geltend gemacht werden, wenn der Unternehmer eine Rechnung besitzt, die nicht alle formellen Voraussetzungen erfüllt und die auch nicht berichtigt wurde. Der Vorsteuerabzug ist unter Anwendung eines strengen Maßstabes auch zu gewähren, wenn die Finanzverwaltung über sämtliche Angaben verfügt, um die materiellen Voraussetzungen zu überprüfen (EuGH vom 15.9.2016, C-516/14, DStR 2016, 2216, LEXinform 5214370, vom 21.10.2021, C-80/20, LEXinform 0953157; Abschn. 15.2a. Abs. 1a Satz 1 UStAE).

Der Unternehmer kann durch objektive Nachweise belegen, dass ihm andere Unternehmer auf einer vorausgehenden Umsatzstufe tatsächlich Gegenstände oder Dienstleistungen geliefert bzw. erbracht haben, die seinen der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsätzen dienten und für die er die USt tatsächlich entrichtet hat (vgl. EuGH vom 21.11.2018, C-664/16, UR 2018, 962, LEXinform 0651531, Rz. 44).

Der Nachweis der Steuerbelastung des Unternehmers auf der vorausgegangenen Umsatzstufe (tatsächliche Entrichtung der Steuer) kann nur über eine Rechnung oder deren Kopie (vgl. Abschn. 15.11. Abs. 1 UStAE) mit offen ausgewiesener USt erfolgen. Ohne diesen Ausweis verbleiben Zweifel, ob und in welcher Höhe die Steuer in dem Zahlbetrag enthalten ist und damit, ob die materiellen Voraussetzungen für der Vorsteuerabzug vorliegen (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 12).

Ist eine Rechnung nicht ordnungsmäßig und kann auch kein Nachweis i.S.v. Abschn. 15.2a. Abs. 1a Satz 3 UStAE geführt werden (s.a. BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 9 bis 14), ist sie für das Recht auf einen Vorsteuerabzug zu berichtigen (vgl. Abschn. 14.11. UStAE). Eine Berichtigung kann auch dadurch erfolgen, dass der Rechnungsaussteller die ursprüngliche Rechnung storniert und eine Neuausstellung der Rechnung vornimmt (BFH vom 22.1.2020, XI R 10/17, BStBl II 2020, 601, Rz. 18 und EuGH vom 15.7.2010, C-368/09, UR 2010, 693).

Maßgeblich für den Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs ist, ob die Rechnungsberichtung ab dem Zeitpunkt der Rechnungsberichtung »Ex nunc« oder rückwirkend »Ex tunc« wirkt.

Der BFH gelangt in seinen Beschlüssen vom 20.7.2012 (V B 82/11, BStBl II 2012, 809) und vom 10.1.2013 (XI B 33/12, BFH/NV 2013, 783) zu dem Ergebnis, dass eine Rechnungsberichtigung eine erstmalige Rechnung voraussetzt.

Eine Rechnungsberichtigung erfordert eine spezifische und eindeutige Bezugnahme auf die ursprüngliche Rechnung (§ 31 Abs. 5 Satz 2 UStDV und Abschn. 14.11. UStAE, so auch BFH vom 22.1.2020, XI R 10/17, BStBl II 2020, 601). Diese kann durch den Hinweis auf eine Berichtigung, Änderung oder Ergänzung der bisherigen Rechnung erfolgen. Eine Rechnung ist auch dann »unzutreffend« i.S.d. § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV, wenn sie im Einvernehmen aller Beteiligten vollständig rückabgewickelt und die gezahlte USt zurückgezahlt wurde (vgl. BFH vom 22.1.2020, XI R 10/17, BStBl II 2020, 601; BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 15 sowie Abschn. 15.2a. Abs. 7 Satz 5 UStAE).

10.2. Abgrenzung zur Berichtigung der Bemessungsgrundlage

Von der Berichtigung der Rechnung zu unterscheiden ist die Berichtigung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG. In diesen Fällen ist nur in den in § 17 Abs. 4 UStG aufgeführten Fällen ein Belegaustausch vorgeschrieben (Abschn. 17.1. Abs. 3 Satz 4 UStAE). Verweigert ein Leistungsempfänger die Begleichung einer Rechnung, weil der Vorsteuerabzug nur aus einer berichtigten Rechnung möglich wäre, ist das nicht korrekt. Bei Rechnungskürzungen wegen Streitigkeiten handelt es sich um einen Fall, in dem nicht die Rechnung als solche berichtigt werden muss, sondern allenfalls die Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG. Der Vorsteuerabzug bleibt selbst bei Unstimmigkeiten unberührt. Wird später jedoch ein geringerer Rechnungsbetrag überwiesen, ist der vorgenommene Vorsteuerabzug nach § 17 UStG zu berichtigen.

10.3. Berichtigung durch den Rechnungsaussteller

Die Berichtigung einer Rechnung kann nur durch den Rechnungsaussteller selbst vorgenommen werden. Lediglich in dem Fall, in dem ein Dritter mit der Ausstellung der Rechnung beauftragt wurde (§ 14 Abs. 2 Satz 5 UStG), kann die Berichtigung durch den leistenden Unternehmer selbst oder im Fall der Gutschrift durch den Gutschriftaussteller vorgenommen werden. Im Einzelnen wird zur Ergänzung und Berichtigung von Rechnungsangaben auf Abschn. 14.11. UStAE verwiesen.

10.4. Anspruch des Rechnungsempfängers auf Rechnungsberichtigung

Da der Leistungsempfänger nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG im Besitz einer nach §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung sein muss, kann er vom Rechnungsaussteller eine Berichtigung verlangen, wenn die Rechnung nicht diesen Anforderungen genügt und dadurch der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger gefährdet würde.

10.5. Form der Rechnungsberichtigung

Zu den Formanforderungen einer Rechnungsberichtigung nach § 14 UStG hat der BFH mit Urteil vom 11.10.2007 (V R 27/05, BStBl II 2008, 438) Folgendes entschieden:

  1. Die Berichtigung des Steuerbetrags muss gegenüber dem Leistungsempfänger erfolgen. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass dem Leistungsempfänger eine hinreichend bestimmte, schriftliche Berichtigung der Rechnung zugeht.

  2. Die Rückgabe der ursprünglichen Rechnung durch den Leistungsempfänger ist nicht erforderlich.

  3. Aus der Berichtigung muss hervorgehen, dass der leistende Unternehmer über eine Leistung – statt, wie bisher, unter Ansatz des ursprünglich ausgewiesenen Steuerbetrags – nunmehr z.B. nur noch ohne USt abrechnen will.

  4. Eine bestimmte Form ist nicht erforderlich. Für die Berichtigung genügt die einfache Schriftform auch dann, wenn in einem notariell beurkundeten Kaufvertrag mit USt-Ausweis abgerechnet worden ist.

10.6. Rückwirkende Rechnungsberichtigung

10.6.1. Zeitliche Rückwirkung

In seinem Urteil vom 15.7.2010 (C-368/09, BFH/NV 2010, 1024, LEXinform 5211669) führt der EuGH aus, dass der aufgrund fehlerhafter Angaben in einer Rechnung ursprünglich zu Unrecht geltend gemachte Vorsteuerabzug erhalten bleibt, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind und der Stpfl. der Finanzbehörde vor Erlass ihrer Entscheidung eine berichtigte (ordnungsgemäße) Rechnung zugeleitet hat.

Ein »Dokument« kann dann als rückwirkend berichtigungsfähige Rechnung angesehen werden, wenn zumindest die Merkmale des Rechnungsbegriffs des § 14c UStG (s.u.) und somit folgende Angaben enthalten sind (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 16; Abschn. 15.2a. Abs. 7 Satz 6 UStAE):

  • Angaben zum Rechnungsaussteller bzw. zum leistenden Unternehmer.

    Die Angabe eines Unternehmers, der nicht der tatsächlich leistende Unternehmer ist, ist eine offensichtlich unzutreffende Angabe, die nicht rückwirkend berichtigt werden kann (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 18 letzter Satz);

  • Angaben zum Leistungsempfänger (s. FG Baden-Württemberg vom 23.3.2017, 1 K 3704/15, EFG 2018, 328, LEXinform 5020805, rkr.).

    Wurden Name und Anschrift des Leistungsempfängers nur ungenau bezeichnet, kann z.B. eine unzutreffende Bezeichnung der Rechtsform mit Rückwirkung für die Vergangenheit berichtigt werden. Es ist ausreichend, wenn der Leistungsempfänger durch die Gesamtheit der vorliegenden Angaben in der Rechnung identifizierbar ist. Bei Fehlern und Unklarheiten, die über die Regelungen in Abschn. 15.2a. Abs. 3 und Abs. 6 UStAE hinausgehen, sind die Voraussetzungen für eine rückwirkend berichtigungsfähige Mindestangabe nicht erfüllt. Die Angabe eines Unternehmers, der nicht der tatsächliche Leistungsempfänger ist, ist eine offensichtlich unzutreffende Angabe, die nicht rückwirkend berichtigt werden kann (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 19).

    Sind mehrere Unternehmen einer Firmengruppe unter derselben Anschrift ansässig und sind in Eingangsrechnungen nicht das Unternehmen, das die jeweilige Leistung tatsächlich bezogen hat, sondern andere Unternehmen der Firmengruppe als Leistungsempfänger bezeichnet, so können diese Rechnungen nicht rückwirkend berichtigt werden. Werden von den Rechnungsausstellern nachträglich »berichtigte« Rechnungen unter Angabe des zutreffenden Leistungsempfängers erstellt, dann handelt es sich um die erstmalige Erstellung »richtiger« Rechnungen, die den Leistungsempfänger erst zum Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung zum Vorsteuerabzug berechtigen. Die Nennung des vollständigen Namens und der Adresse des Leistungsempfängers stellt eine fundamentale Angabe jeder Rechnung dar, eine rückwirkende Berichtigung einer in dieser Hinsicht fehlerhaften Rechnung kommt unter Berücksichtigung der EuGH- und BFH-Rspr. nicht in Betracht (FG München vom 1.9.2021, 3 K 1850/19, EFG 2021, 2092, LEXinform 5024182, rkr.),

  • Angaben zur Leistungsbeschreibung (BFH vom 1.3.2018, V R 18/17, BStBl II 2021, 644, Rz. 14 ff.).

    Eine unrichtige Leistungsbezeichnung, für die der leistende Unternehmer die gesondert ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG schuldet (vgl. Abschn. 14c.2. Abs. 2 Nr. 3 UStAE), ist nicht mit Rückwirkung berichtigungsfähig. Dagegen kann eine nur ungenaue Angabe der Leistungsbezeichnung (vgl. Abschn. 15.2a. Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 UStAE) die Voraussetzungen für eine rückwirkend berichtigungsfähige Mindestangabe erfüllen.

    Eine bloße Angabe wie z.B. »Beratung« in der Rechnung eines Rechtsanwalts oder »Bauarbeiten« in der Rechnung eines Bauunternehmer, die nicht weiter individualisiert ist, erfüllt zwar nicht die Voraussetzungen nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG (s.a. Abschn. 15.2a. Abs. 4 Satz 6 UStAE), eine entsprechende Rechnung ist unter den übrigen Voraussetzungen aber mit Rückwirkung berichtigungsfähig (vgl. BFH vom 20.10.2016, V R 26/15, BStBl II 2020, 593). Dagegen reicht eine allgemein gehaltene Angabe wie z.B. »Produktverkäufe«, die es nicht ermöglicht, die abgerechnete Leistung eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen, nicht aus (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 20),

  • Angaben zum Entgelt (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 21) und

  • Angaben zur gesondert ausgewiesenen USt (s. BFH vom 1.3.2018, V R 18/17, BStBl II 2021, 644, Rz. 13; s.u. den Gliederungspunkt »Rechnungsberichtigung bei unrichtigem Steuerausweis«).

    Erteilt ein Unternehmer in der Annahme einer Leistungserbringung im Ausland eine Ausgangsrechnung ohne inländischen Steuerausweis, entfaltet eine Berichtigung dieser Rechnung keine Rückwirkung (vgl. BFH vom 7.7.2022, V R 33/20, BStBl II 2022, 821; s. Abschn. 15.2a. Abs. 7 Satz 12 i.d.F. des BMF-Schreibens vom 20.12.2022, BStBl I 2022, 1694).

Im Umkehrschluss dazu sind keine wesentlichen Merkmale einer Rechnung

  • die Steuernummer bzw. die USt-IdNr. des leistenden Unternehmers,

  • das Ausstellungsdatum,

  • die fortlaufende Rechnungsnummer,

  • der Leistungszeitpunkt und

  • der Steuersatz.

Zu den materiellen und formellen Voraussetzungen für das Vorsteuerabzugsrecht s.o. den Gliederungspunkt »Allgemeiner Überblick zu den Inhaltsvoraussetzungen einer Rechnung« und dort unter »Beachte« (s. EuGH vom 21.11.2018, C-664/16, UR 2018, 962, LEXinform 0651531 sowie vom 21.10.2021, C-80/20, LEXinform 0953157).

Nach dem BFH-Urteil vom 12.3.2020 (V R 48/17, BStBl II 2020, 604) ist ein Abrechnungsdokument keine Rechnung und kann deshalb auch nicht mit der Folge einer Ausübungsvoraussetzung für den Vorsteuerabzug rückwirkend berichtigt werden, wenn es wegen ganz allgemein gehaltener Angaben (hier »Produktverkäufe«) nicht möglich ist, die abgerechnete Leistung eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen (s.a. BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 1 Abs. 7).

Nach dem BFH-Urteil vom 5.9.2019 (V R 38/17, BFH/NV 2020, 168, LEXinform 0951545, Rz. 18) setzt eine berichtigte Rechnung ein Dokument voraus, das spezifisch und eindeutig auf die berichtigte Rechnung bezogen ist. Dem entspricht die Regelung in § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG i.V.m. § 31 Abs. 5 Satz 2 UStDV (s.a. Anmerkung vom 13.12.2019, LEXinform 0882015).

Zur Durchführung einer Rechnungsberichtigung sowie zu den Voraussetzungen für eine Berichtigung nimmt der BFH mit Urteil vom 22.1.2020 (XI R 10/17, BStBl II 2020, 601) in Rz. 18 Stellung. Danach kann z.B. eine Berichtigung dadurch erfolgen, dass der Rechnungsaussteller die ursprüngliche Rechnung storniert und eine Neuausstellung der Rechnung vornimmt (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 14; Abschn. 15.2a. Abs. 7 Satz 3 UStAE). Voraussetzung für eine Berichtigung von Rechnungen ist des Weiteren, dass sich aus dem Berichtigungsdokument ein Bezug auf die zu berichtigende Rechnung ergibt. Dies geschieht regelmäßig durch die Angabe der fortlaufenden Nummer dieser ursprünglichen Rechnung (s.a. Abschn. 14.11. Abs. 1 Satz 4 UStAE). Zumindest muss sich aus dem Berichtigungsdokument ein konkreter und eindeutiger Bezug zu der berichtigten Rechnung ergeben (s. Art. 219 MwStSystRL). Dieser kann auch aus einem Begleitdokument zur berichtigenden Rechnung folgen, so dass dieses Begleitdokument mit der anliegenden neuen Rechnung als Berichtigungsdokument angesehen werden kann (s.a. Anmerkung vom 3.6.2020, LEXinform 0653743; BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 15).

Die Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung beim Vorsteuerabzug gilt unabhängig davon, ob die Berichtigung zum Vorteil oder zum Nachteil des Leistungsempfängers wirkt (BFH vom 22.1.2020, XI R 10/17, BStBl II 2020, 601, Leitsatz 1; BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 1 Abs. 6 sowie Abschn. 15.2a. Abs. 7 Satz 4 UStAE).

Die zeitliche Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsstellung ist für den Unternehmer zwingend. Dem Unternehmer steht insoweit kein zeitliches Wahlrecht in Bezug auf den Zeitpunkt der Rechnungskorrektur zu (Niedersächsisches FG vom 23.1.2020, 11 K 153/19, EFG 2020, 626, LEXinform 5022859, rkr.; BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 29; Abschn. 15.2a. Abs. 7 Satz 12 UStAE).

Hinweis:

Nach den BFH-Urteilen vom 1.3.2018 (V R 18/17, BStBl II 2021, 644, Rz. 22; Verweis auf BFH vom 20.10.2016, V R 26/15, BStBl II 2020, 593) und vom 5.9.2019 (V R 12/17, BFH/NV 2010, 248, LEXinform 0951379 unter Verweis auf das EuGH-Urteil vom 15.9.2016, C-518/14, UR 2016, 800, LEXinform 0589518) kann eine Rechnung noch bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG berichtigt werden (s.a. Anmerkung vom 12.6.2018, LEXinform 0653445; Abschn. 15.2a. Abs. 7 Satz 9 UStAE).

10.6.2. Rückwirkung i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO

Bei der Korrektur eines Steuerbescheids zur nachträglichen Berücksichtigung einer nach den vorgenannten Grundsätzen rückwirkend berichtigten Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV ist die Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht anwendbar. Denn die Berichtigung einer Rechnung mit Rückwirkung ist kein Ereignis, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit entfaltet (rückwirkendes Ereignis). Die Änderung eines Steuerbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist nur zulässig, wenn das rückwirkende Ereignis nachträglich, d.h. nach Entstehen des Steueranspruchs eingetreten ist. Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht jedoch gleichzeitig mit dem Steueranspruch nach Art. 167 MwStSystRL. Lediglich dessen Ausübung setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG voraus (vgl. Art. 178 MwStSystRL), dass der Leistungsempfänger eine Rechnung besitzt. Da der materielle Anspruch auf Vorsteuerabzug unabhängig vom Vorliegen einer Rechnung entsteht, hat die Erteilung einer berichtigten Rechnung keine Auswirkung auf die Entstehung des Steueranspruchs (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 32).

Mit Art. 11 Nr. 2 des JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) wird in § 14 Abs. 4 Satz 4 UStG die Verwaltungsregelung der Rz. 32 des BMF-Schreibens vom 18.9.2020 (BStBl I 2020, 976) gesetzlich geregelt. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung war bisher nicht notwendig, da eine Rechnungsberichtigung nach ständiger Rspr. immer nur in die Zukunft wirkte. Nach Änderung der Rspr. ist eine Rechnungsberichtigung innerhalb der Grenzen der allgemeinen verfahrensrechtlichen Änderungsvorschriften der Abgabenordnung auch mit Rückwirkung möglich. Entsprechend ist für die Zinsfestsetzung nach § 233a AO in Fällen von geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen aufgrund einer Rechnungsberichtigung kein abweichender Zinslauf nach § 233a Abs. 2a AO, sondern der reguläre Zinslauf maßgebend (BR-Drs. 503/20, 125 f.).

Weitere Erläuterungen s. → Vorsteuerabzug unter den Gliederungspunkten »Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung beim Vorsteuerabzug« und »Berichtigungsfähige Rechnungen«.

10.7. Rechnungsberichtigung bei unrichtigem Steuerausweis

10.7.1. Allgemeines

Weist der leistende Unternehmer oder der von ihm beauftragte Dritte in einer ausgestellten Rechnung einen höheren Steuerbetrag aus, als der leistende Unternehmer nach dem Gesetz schuldet (→ Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis), schuldet der leistende Unternehmer auch den Mehrbetrag (§ 14c Abs. 1 UStG). Die Rechtsfolgen treten unabhängig davon ein, ob die Rechnung alle in § 14 Abs. 4 und § 14a UStG aufgeführten Angaben enthält. Die Angabe des Entgelts als Grundlage des gesondert ausgewiesenen Steuerbetrages ist jedoch unverzichtbar.

Bei Ausweis eines überhöhten Steuerbetrags steht dem Leistungsempfänger der darin enthaltene – gesetzlich geschuldete – Betrag als Vorsteuer zu (BFH Urteil vom 19.11.2009 V R 41/08, LEXinform 5009542). Diese Grundsätze führen zwar zur gänzlichen Versagung des Vorsteuerabzugs, wenn der Umsatz wegen Vorliegens einer Geschäftsveräußerung im Ganzen (§ 1 Abs. 1a UStG) nicht steuerbar ist oder über einen steuerfreien Umsatz abgerechnet wurde. Wird dagegen eine Steuer für den Umsatz geschuldet, statt der geschuldeten aber eine höhere Steuer ausgewiesen, steht dem Leistungsempfänger der darin enthaltene gesetzlich geschuldete Betrag für den Vorsteuerabzug zu. Die Höhe des Vorsteuerabzugs ergibt sich in diesem Fall aber nicht durch Herausrechnen des ermäßigten Steuersatzes aus den jeweiligen Bruttobeträgen, sondern auf der Grundlage der in den Rechnungen ausgewiesenen und damit die Bemessungsgrundlage bildenden Nettobeträge. Der sich danach ergebende Steuerbetrag darf den in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag nicht übersteigen.

10.7.2. Entsprechende Anwendung des § 17 UStG

10.7.2.1. Umsatzsteuerberichtigung
10.7.2.1.1. Rückerstattung an den Leistungsempfänger

Der leistende Unternehmer oder der von ihm beauftragte Dritte kann den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigen. In diesem Fall ist § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden. Die Berichtigung des geschuldeten Mehrbetrages ist folglich für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in welchem dem Leistungsempfänger die berichtigte Rechnung erteilt wurde (Abschn. 14c.1. Abs. 5 UStAE).

Beachte:

Nach dem BMF-Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 7.10.2015 (BStBl I 2015, 782) entsteht der Berichtigungsanspruch nach § 17 UStG erst mit der Rückgewähr des Entgelts (s.a. BFH Urteil vom 2.9.2010, V R 34/09, BStBl II 2011, 991). Eine Berichtigung des unrichtigen Steuerausweises ist erst möglich, soweit die bisher gesondert ausgewiesene Steuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt wurde. Ansonsten wäre der leistende Unternehmer ungerechtfertigt bereichert (s.a. Anmerkung vom 13.10.2015, LEXinform 0652738).

Mit Urteil vom 18.9.2008 (V R 56/06, BStBl II 2009, 250) hat der BFH unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass sich in Fällen, in denen der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts vereinbaren, die Bemessungsgrundlage i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nur insoweit mindert, als das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und die Berichtigung für den Besteuerungszeitraum der Rückgewähr vorzunehmen ist. Diese Rechtsprechung beruht maßgeblich darauf, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH bei einer Besteuerung nach vereinbarten Entgelten die Solleinnahme zwar zunächst die Bemessungsgrundlage bildet, für eine Sollbesteuerung aber kein Raum bleibt, soweit der leistende Unternehmer das Entgelt vereinnahmt hat. Hat der Unternehmer das »Soll«-Entgelt bereits vereinnahmt, ändert sich die Bemessungsgrundlage nicht schon durch (bloße) Vereinbarung einer »Entgeltsminderung«, sondern nur durch tatsächliche Rückzahlung des vereinnahmten Entgelts. Diese Grundsätze sind auch im Zusammenhang mit der Berichtigung von unrichtig ausgewiesener Umsatzsteuer i.S.v. § 14c Abs. 1 UStG zu beachten (s.a. Abschn. 14c.1. Abs. 5 Satz 4 UStAE mit Beispiel).

Mit Urteil vom 16.5.2018 (XI R 28/16, BFH/NV 2018, 1048, LEXinform 0951250) hat der BFH entschieden, dass die Berichtigung eines Steuerbetrags nach § 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 UStG zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Bereicherung grds. voraussetzt, dass der Rechnungsaussteller die vereinnahmte und abgeführte Steuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat. Ist dies nicht geschehen, ist das FA berechtigt, die Erstattung der zu Unrecht erhobenen Umsatzsteuer zu verweigern.

10.7.2.1.2. Direktanspruch des Leistungsempfängers gegen den Fiskus

Ein Leistungsempfänger, der einen überhöhten Umsatzsteuerbetrag an einen Rechnungsaussteller geleistet, die insoweit zu viel erstattete Vorsteuer an das FA zurückgezahlt hat und der gegen den Rechnungsaussteller einen zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch hat, hat keinen Direktanspruch gegen den Fiskus auf Erstattung des überhöhten Umsatzsteuerbetrags, wenn der Rechnungsaussteller zwischenzeitlich insolvent ist und es dem Leistungsempfänger daher unmöglich ist, die zu viel gezahlte USt vom Rechnungsaussteller zurückzuerhalten (BFH vom 30.6.2015, VII R 30/14, BStBl II 2022, 246; → Insolvenzen und Steuern unter dem Gliederungspunkt »Umsatzsteuer nach § 14c UStG«).

Ein Unternehmer (Leistungsempfänger) rief den BFH an, nachdem er festgestellt hatte, dass sein Vertragspartner (Leistungserbringer) ihm zu Unrecht USt in Rechnung gestellt hatte. Nach entsprechender Rechnungsberichtigung verlangte er die Erstattung der von ihm an sein FA zurückgezahlten Vorsteuerbeträge. Hinzu kam noch, dass der Vertragspartner insolvent wurde und der Insolvenzverwalter zwar vom zuständigen FA die zu Unrecht in Rechnung gestellte USt nach Rechnungsberichtigung in voller Höhe erhielt, diese aber nur entsprechend der Insolvenzquote an den Unternehmer (Leistungsempfänger) auszahlte. Das für den Leistungsempfänger zuständige FA lehnte durch Abrechnungsbescheid die Erstattung der USt an diesen ab.

Der EuGH hat allerdings mit Urteil vom 15.3.2007 (»Reemtsma« C-35/05, UR 2007, 343, 430, LEXinform 5210446) entschieden, dass die an das FA gezahlte USt grundsätzlich nicht erstattungsfähig ist. Kann der Dienstleistungsempfänger den Dienstleistungserbringer zivilrechtlich nicht in Regress nehmen, also insbesondere im Falle von dessen Zahlungsunfähigkeit, können die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze es gebieten, dass der Dienstleistungsempfänger seinen Antrag auf Erstattung unmittelbar an die Steuerbehörden richten kann. Damit der Grundsatz der Effektivität gewahrt wird, müssen deshalb die Mitgliedstaaten die erforderlichen Mittel und Verfahrensmodalitäten vorsehen, die es dem Dienstleistungsempfänger ermöglichen, die zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer erstattet zu bekommen (s.a. Meyer-Burow u.a., UStB 12/2015, 353 sowie Anmerkung vom 15.3.2007, LEXinform 0401655).

Zum Direktanspruch des Leistungsempfängers bei unrechtmäßigem USt-Ausweis in einer Rechnung hat der BFH mit Urteil vom 22.8.2019 (V R 50/16, BStBl II 2022, 290) entschieden, dass ein sich aus dem Unionsrecht entsprechend dem EuGH-Urteil Reemtsma vom 15.3.2007 (C-35/05, UR 2007, 343, 430, LEXinform 5210446) ergebender Direktanspruch voraussetzt, dass der Rechnungsaussteller eine Leistung an den Rechnungsempfänger erbracht hat, für die er USt in der Rechnung zu Unrecht ausgewiesen hat (s.a. Anmerkung vom 4.12.2019, LEXinform 0889014).

Hat ein nach seiner Unternehmenstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigter Rechnungsempfänger eine gesetzlich nicht geschuldete, aber gleichwohl in einer ansonsten ordnungsgemäßen Rechnung ausgewiesene USt gezahlt, kann er im Rahmen eines sog. Direktanspruchs entsprechend dem EuGH-Urteil Reemtsma (C-35/05) eine »Rückzahlung« von der Finanzverwaltung verlangen, wenn eine Rückforderung vom Rechnungsaussteller insbes. im Hinblick auf dessen Zahlungsunfähigkeit übermäßig erschwert ist. Hierüber ist im Billigkeitsverfahren nach § 163 AO zu entscheiden (BFH vom 30.6.2015, VII R 30/14, BStBl II 2022, 246 unter II.2.b bb).

Hinweis:

Die Verpflichtung zur Rückzahlung des Mehrbetrages an den Leistungsempfänger besteht auch in den Fällen, in denen über das Vermögen des Rechnungsausstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (FG Münster vom 8.10.2020, 5 K 20/17, LEXinform 5023370). Denn würde in den Fällen der Insolvenz des Rechnungsausstellers das Rückzahlungserfordernis nicht gelten, dann wären der Rechnungsaussteller bzw. dessen Gläubiger auf Kosten des Leistungsempfängers dadurch (doppelt) begünstigt, dass zum einen der Mehrbetrag an ihn erstattet würde und zum anderen er den Mehrbetrag aber nicht an den Leistungsempfänger zurückzahlen müsste, weil der Anspruch des Leistungsempfängers gegen den Insolvenzschuldner nur eine quotal zu erfüllende Insolvenzforderung darstellen würde (s. FG Münster vom 8.10.2020, 5 K 20/17 unter 2.c). Ein Umsatzsteuererstattungsanspruch des Rechnungsausstellers besteht daher nur bzw. insoweit, wie der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat.

Das zuständige FA hätte den Mehrbetrag an den Rechnungsaussteller (Insolvenzschuldner) nicht auszahlen dürfen. Erst nachdem dieser den Mehrbetrag an den Leistungsempfänger ausgezahlt hat, darf der Mehrbetrag an den Rechnungsaussteller zurückgezahlt werden.

Mit Beschluss vom 5.1.2021 (XI S 20/20 (PKH), LEXinform 4228016) hat der BFH den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine noch einzulegende Revision gegen das Urteil des FG Münster vom 8.10.2020 (5 K 20/17) abgelehnt. Denn die beabsichtigte Revision bietet bei der gebotenen summarischen Prüfung jedenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das FG hat zu Recht entschieden, dass nach § 14c Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG die Verpflichtung zur Rückzahlung des Mehrbetrags an den Leistungsempfänger auch in den Fällen besteht, in denen über das Vermögen des Rechnungsausstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (s.a. Anmerkung vom 13.4.2021, LEXinform 0653829).

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG berechtigt nur die in einer Rechnung ausgewiesene Steuer zum Vorsteuerabzug, die für die in Rechnung gestellte Leistung auch gesetzlich geschuldet wird. Folge dieser Rechtslage ist, dass der Leistungsempfänger eine gezahlte und nur in Rechnung gestellte, nicht aber gesetzlich für die in Rechnung gestellte Leistung geschuldete USt vom Rechnungsaussteller zurückzufordern hat.

Für den Fall, dass die Erstattung der Mehrwertsteuer unmöglich oder übermäßig erschwert wird, müssen die Mitgliedstaaten allerdings nach dem EuGH-Urteil Reemtsma (C-35/05) Mittel vorsehen, die es dem Dienstleistungsempfänger ermöglichen, die zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer erstattet zu bekommen. Dabei wird die Erstattung der Mehrwertsteuer insbes. im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Dienstleistungserbringers unmöglich oder übermäßig erschwert. Es kann dann geboten sein, dass der Dienstleistungsempfänger seinen Antrag auf Erstattung unmittelbar an die Steuerbehörden richtet (s.a. EuGH vom 13.10.2022, C 397/21, LEXinform 0953541; s.a. Anmerkung vom 1.3.2023, LEXinform 0888851).

Dieser Direktanspruch setzt aber voraus, dass der Rechnungsaussteller die in der Rechnung als stpfl. abgerechnete Leistung auch erbracht hat (BFH vom 22.8.2019, V R 50/16, BStBl II 2022, 290, Rz. 20 ff.). Damit genügt der bloße Steuerausweis in einer Rechnung für die Entstehung des Direktanspruchs nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass der Rechnungsaussteller auch eine Leistung erbracht hat, für die mangels Steuerbarkeit oder aufgrund einer Steuerfreiheit oder Steuersatzermäßigung die in der Rechnung ausgewiesene Steuer nicht gesetzlich entstanden ist (s.a. BFH Beschluss vom 25.6.2020, V B 88/19, BFH/NV 2020, 1293, LEXinform 5909044; → Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis und dort den Gliederungspunkt »Rechnungsberichtigung« und dort das Beispiel 5).

Hinweis:

Unter Berücksichtigung der BFH-Urteile vom 30.6.2015 (VII R 30/14, BStBl II 2022, 246) und vom 22.8.2019 (V R 50/16, BStBl II 2022, 290) nimmt das BMF mit Schreiben vom 12.4.2022 (BStBl I 2022, 652) zum Direktanspruch in der USt Stellung. Dabei wird in Abschn. 15.11. UStAE ein neuer Abs. 8 eingefügt: »In der Rechtsprechung wurde das sich aus dem Unionsrecht ergebende Rechtsinstrument des Direktanspruchs in der Umsatzsteuer entwickelt (vgl. EuGH vom 15.3.2007, C-35/05, Reemtsma Cigarettenfabriken). Danach kann ein Leistungsempfänger unter bestimmten Voraussetzungen über eine Billigkeitsmaßnahme die Erstattung einer rechtsgrundlos an den Leistenden gezahlten Umsatzsteuer direkt vom Fiskus (statt vom Leistenden) verlangen, vgl. BMF-Schreiben vom 12.4.2022, BStBl I 2022, 652).«

Zu beachten ist insbes., dass der Leistungsempfänger seinen Anspruch auf Erstattung einer unzutreffend in Rechnung gestellten und rechtsgrundlos gezahlten USt regelmäßig zunächst zivilrechtlich gegenüber dem Leistenden geltend zu machen hat. Der Direktanspruch kann daher nur nachrangig gegenüber dem Verfahren zur Steuerberichtigung nach § 14c Abs. 1 UStG zum Tragen kommen. Von einer von vornherein unmöglichen oder übermäßig erschwerten Erstattung durch den Leistenden ist regelmäßig nur im Fall eines bereits mangels Masse abgelehnten Insolvenzantrages über dessen Vermögen auszugehen. Die bloße Zahlungsunfähigkeit des Leistenden i.S.d. InsO genügt dafür nicht. Im Fall eines vorliegenden Insolvenzantrages bzw. eines laufenden Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Leistenden besteht für den Leistungsempfänger noch Aussicht, den geltend gemachten Anspruch in Höhe der Quote teilweise zu erhalten. Ein Direktanspruch kann dann ggf. nur in Höhe der Differenz zwischen dem Erstattungsanspruch gegenüber dem Leistenden und der erhaltenen Quote entstehen. Über den Direktanspruch kann daher nach Anmeldung der Forderungen zur Tabelle erst entschieden werden, wenn das Insolvenzverfahren abgeschlossen und ggf. die Quote zugeteilt ist. Sofern in einem laufenden Insolvenzverfahren keine Anmeldung der Forderung zur Tabelle mehr möglich ist, sind die Gründe hierfür bei der Billigkeitsentscheidung über den Direktanspruch zu berücksichtigen (BMF vom 12.4.2022, Rz. 11).

Es obliegt dem den Direktanspruch begehrenden Leistungsempfänger nachzuweisen, dass der zivilrechtliche Anspruch gegenüber dem Leistenden (weiterhin) besteht und es unmöglich oder übermäßig erschwert ist, die Erstattung der irrtümlich in Rechnung gestellten und rechtsgrundlos gezahlten USt vom Leistenden zu erlangen.

Zur Weigerung der Steuerverwaltung, dem Leistungsempfänger die rechtsgrundlos gezahlte Mehrwertsteuer wegen nicht mehrwertsteuerpflichtiger Umsätze zu erstatten, hat der EuGH mit Urteil vom 13.10.2022 (C-397/21, LEXinform 0953541) zu einem ungarischen Vorabentscheidungsersuchen Stellung genommen.

Entscheidungssachverhalt:

Die Firma H beauftragte die Firma B mit der Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen des Projekts zur Errichtung des ungarischen Pavillons bei der Weltausstellung von 2015 in Mailand. Für diese Dienstleistungen stellte die B Rechnungen mit Mehrwertsteuerausweis aus. Die Firma H bezahlte die Rechnungen und die Firma B führte die erhaltene Mehrwertsteuer an die ungarische Steuerverwaltung ab. Die Firma H hat ihr – zunächst bestehendes – Recht auf Vorsteuerabzug nicht ausgeübt.

Später stellte die Steuerverwaltung fest, dass in Ungarn keine Steuerschuld bestanden hatte, weil sich die Erbringung von Dienstleistungen auf ein in Italien belegenes Grundstück bezogen hatte. Der Antrag von H auf Erstattung der Mehrwertsteuer zzgl. Zinsen gegenüber der Steuerverwaltung blieb erfolglos. Die Wiedererlangung der rechtsgrundlos entrichteten Mehrwertsteuer auf dem Zivilrechtsweg war unmöglich oder übermäßig schwierig, weil über die Firma B zwischenzeitlich ein Liquidationsverfahren eröffnet worden war.

Entscheidungsgründe:

In Rz. 23 seiner Entscheidung C-397/21 stellt der EuGH die Übertragbarkeit dieses Verfahrens auf die Reemtsma-Rspr. vom 15.3.2007 (C-35/05, UR 2007, 343, 430, LEXinform 5210446) fest. In beiden Verfahren waren Dienstleistungen im betreffenden Mitgliedstaat nicht mehrwertsteuerpflichtig, weil sie in einem anderen Mitgliedstaat erbracht worden waren.

Aus dem Vorabentscheidungsersuchen C-397/21 geht hervor, dass im vorliegenden Fall weder Missbrauch noch Betrug vorlag, da der Dienstleistungsempfänger H und der Dienstleistungserbringer B beide gutgläubig waren. Folglich gilt für das Ausgangsverfahren wie für die Reemtsma-Rechtssache, dass keine Gefahr eines Steuerausfalls besteht und es für den Dienstleistungsempfänger H unmöglich oder übermäßig schwierig ist, vom Dienstleistungserbringer B die rechtsgrundlos gezahlte Mehrwertsteuer erstattet zu bekommen, da über diesen zwischenzeitlich ein Liquidationsverfahren eröffnet wurde (EuGH C-397/21, Rz. 24).

Der EuGH weist in Rz. 26 seiner Entscheidung C-397/21 darauf hin, dass die Mitgliedstaaten das Recht haben, Strafen vorzusehen, um die Stpfl. zur Einhaltung der von ihnen zu beachtenden formellen Anforderungen anzuhalten, und damit das ordnungsgemäße Funktionieren des Mehrwertsteuersystems zu gewährleisten. So könnte einem Stpfl., dessen Antrag auf Erstattung der rechtsgrundlos entrichteten Mehrwertsteuer auf seine eigene Nachlässigkeit zurückzuführen ist, eine Geldbuße auferlegt werden.

Aufgrund des Stellenwerts dieses Grundsatzes im gemeinsamen Mehrwertsteuersystem erscheint eine Strafe, die einer absoluten Verwehrung des Rechts auf Erstattung der fälschlich in Rechnung gestellten und entrichteten Mehrwertsteuer entspricht, unangemessen.

Zur Reichweite des sog. Reemtsma-Anspruchs hat das FG Münster mit Beschluss vom 27.6.2022 (15 K 2327/20, EFG 2022, 1577, LEXinform 5024759) dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob das Unionsrecht es gebietet, dass ein Unternehmer an seine Vorlieferanten zu viel gezahlte Mehrwertsteuer einschließlich Zinsen direkt vom FA erstattet verlangen kann, wenn die entsprechenden zivilrechtlichen Forderungen verjährt sind, aber es andererseits sein könnte, dass die Vorlieferanten aufgrund einer jeweiligen Rechnungsberichtigung das FA in Anspruch nehmen. Dann wäre die Folge, dass die Finanzverwaltung dieselbe Mehrwertsteuer zweimal erstatten müsste (Az. EuGH: C-453/22, LEXinform 0954228).

Grds. sei es unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass bei zu Unrecht in Rechnung gestellter Mehrwertsteuer der leistende Unternehmer einen Erstattungsanspruch gegen die Finanzbehörde hat und der Leistungsempfänger auf den Zivilrechtsweg gegen den Leistenden verwiesen wird. Nach dem »Reemtsma-Urteil« (und weiteren Folgeentscheidungen des EuGH) bestehe aber wegen des Grundsatzes der Effektivität ausnahmsweise ein unmittelbarer Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers gegen die Finanzbehörde, wenn die Erstattung »unmöglich oder übermäßig erschwert wird«. Im deutschen Recht könne dieser Anspruch im Billigkeitsverfahren (§§ 163, 227 AO) geltend gemacht werden.

Das FG Münster hat Zweifel, ob die EuGH-Rspr., die stets Fälle der Zahlungsunfähigkeit der jeweils leistenden Unternehmer betroffen habe, auf den vorliegenden Fall Anwendung findet. Zwar sei es dem Kläger aufgrund der Einrede der Verjährung zivilrechtlich nicht mehr möglich, seine Ansprüche gegen seine Vorlieferanten durchzusetzen. Diese hätten allerdings zeitlich unbegrenzt die Möglichkeit, ihre Rechnungen nach § 14c Abs. 1 UStG zu berichtigen und von der Finanzbehörde die zu viel gezahlten Umsatzsteuerbeträge erstattet zu bekommen. Gestehe man dem Kläger einen Direktanspruch zu, müsse das FA in diesem Fall von ihm eine Rückzahlung verlangen, was z. B. bei zwischenzeitlich eingetretener Zahlungsunfähigkeit zu einer doppelten Erstattung führen könne. Nach Auffassung des FG habe der Kläger vielmehr Vorkehrungen zur Sicherung seiner zivilrechtlichen Ansprüche, z.B. durch rechtzeitige Einholung des Verzichts auf die Einrede der Verjährung, treffen müssen (s. FG Münster Mitteilung vom 15.7.2022, LEXinform 0462455; s.a. → Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis unter dem Gliederungspunkt »Unrichtiger Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG« und dort »Rechnungsberichtigung«; s.a. von Streit, UStB 2022, 291).

Im Revisionsverfahren gegen das Urteil des FG Düsseldorf vom 4.12.2020 (1 K 1510/18, EFG 2021, 1969, LEXinform 5024137; Rev. eingelegt, Az. BFH XI R 6/21) hat der BFH mit Beschluss vom 3.11.2022 (XI R 6/21, BStBl II 2023, 469) das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zum Bestehen eines Direktanspruchs vorgelegt (Az. EuGH: C-83/23, LEXinform 0954626; s.a. Anmerkung vom 22.2.2023, LEXinform 0888836; Nieskens, UR 2023, 269).

Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung zur Auslegung der MwStSystRL vorgelegt:

  1. Steht einem Leistungsempfänger mit Ansässigkeit im Inland ein sog. Direktanspruch gegen die inländische Finanzverwaltung entsprechend dem EuGH-Urteil Reemtsma vom 15.3.2007 (C-35/05) zu, wenn

    1. dem Leistungsempfänger von einem Leistenden, der gleichfalls im Inland ansässig ist, eine Rechnung mit inländischem Steuerausweis erteilt wird, die der Leistungsempfänger bezahlt, wobei der Leistende die in der Rechnung ausgewiesene Steuer ordnungsgemäß versteuert,

    2. es sich bei der in Rechnung gestellten Leistung aber um eine in einem anderen Mitgliedstaat erbrachte Leistung handelt,

    3. dem Leistungsempfänger daher der Vorsteuerabzug im Inland versagt wird, da es an einer im Inland gesetzlich geschuldeten Steuer fehlt,

    4. der Leistende die Rechnung daraufhin dahingehend berichtigt, dass der inländische Steuerausweis entfällt und sich der Rechnungsbetrag daher in Höhe des Steuerausweises mindert,

    5. der Leistungsempfänger aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Leistenden Zahlungsansprüche gegen den Leistenden nicht durchsetzen kann und

    6. für den im anderen Mitgliedstaat bislang nicht registrierten Leistenden die Möglichkeit besteht, sich in diesem Mitgliedstaat mehrwertsteuerrechtlich registrieren zu lassen, sodass er danach unter Angabe einer Steuernummer dieses Mitgliedstaats dem Leistungsempfänger eine Rechnung unter Ausweis der Steuer dieses Mitgliedstaats erteilen könnte, die den Leistungsempfänger in diesem Mitgliedstaat zum Vorsteuerabzug im besonderen Verfahren nach der Richtlinie 2008/9/EG zum Vorsteuerabzug berechtigen würde?

  2. Kommt es für die Beantwortung dieser Frage darauf an, dass die inländische Finanzverwaltung dem Leistenden aufgrund der bloßen Rechnungsberichtigung die Steuerzahlung erstattet hat, obwohl der Leistende aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen nichts an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat?

Zu den weiteren Voraussetzungen zur Entstehung und zur Geltendmachung des Direktanspruchs s. das BMF-Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 12.4.2022 (BStBl I 2022, 652).

10.7.2.2. Vorsteuerberichtigung

Hat der Leistungsempfänger entgegen § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG einen höheren Betrag als die für die Lieferung oder sonstige Leistung gesetzlich geschuldete Steuer als Vorsteuer geltend gemacht, hat er den Mehrbetrag an das FA zurückzuzahlen. Die Rückzahlung ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, für den der Mehrbetrag als Vorsteuer abgezogen wurde (Abschn. 14c.1. Abs. 10 UStAE).

10.7.2.3. Berichtigung im Rahmen einer Geschäftsveräußerung

In den Fällen eines unrichtigen Steuerausweises bei Umsätzen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen (§ 1 Abs. 1a UStG) und bei Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG ist die Berichtigung des geschuldeten Betrages jedoch nur zulässig, wenn die Rechnung berichtigt wird und soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt ist (§ 14c Abs. 1 Satz 3 UStG). Zur Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens und zum besonderen Berichtigungsverfahren vgl. Abschn. 14c.2. UStAE (Abschn. 14c.1. Abs. 11 UStAE).

Ein bisher in einem Dokument fälschlicherweise nicht ausgewiesener Steuerbetrag (z.B. weil die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen oder einer Steuerbefreiung nicht vorliegen) kann nicht mit Rückwirkung berichtigt werden. Der erstmalige Steuerausweis in einer berichtigten Rechnung ist insoweit mit dem erstmaligen Erstellen einer Rechnung gleichzusetzen und entfaltet daher keine Rückwirkung (BFH vom 1.7.2004, V R 33/01, BStBl II 2004, 861; BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 25).

10.7.2.4. Zu niedriger Steuerausweis

Bei zu niedrigem Steuerausweis schuldet der Unternehmer die gesetzlich vorgeschriebene Steuer. Der Unternehmer hat in diesem Fall die Steuer unter Zugrundelegung des maßgeblichen Steuersatzes aus dem Gesamtrechnungsbetrag herauszurechnen (Abschn. 14c.1. Abs. 9 UStAE).

Beispiel 3:

Ein Unternehmer berechnet für eine Lieferung die Steuer mit 7 %, obwohl hierfür nach § 12 Abs. 1 UStG eine Steuer von 19 % geschuldet wird.

Berechnetes Entgelt

400,00 €

+ 7 % Umsatzsteuer

28,00 €

Gesamtrechnungsbetrag

428,00 €

Herausrechnung der Steuer mit 19/119

./. 68,34 €

Entgelt

359,66 €

Vom Unternehmer gesetzlich geschuldete Steuer:

19 % von 359,66 € =

68,34 €

Der Leistungsempfänger darf als Vorsteuer nur den in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag abziehen. Es bleibt aber dem leistenden Unternehmer unbenommen, den zu niedrig ausgewiesenen Steuerbetrag zu berichtigen.

Ein unzutreffend in einer Rechnung zu niedrig ausgewiesener Steuerbetrag kann nicht mit Rückwirkung berichtigt werden. Der erstmalige zutreffende Steuerausweis in einer berichtigten Rechnung ist vielmehr insoweit mit dem erstmaligen Erstellen einer Rechnung gleichzusetzen. Das Recht zum Vorsteuerabzug i.H.d. Mehrbetrags kann somit erst in dem Besteuerungszeitraum ausgeübt werden, in dem der Leistungsempfänger im Besitz der Rechnung ist, die den Steuerbetrag in zutreffender Höhe ausweist. Der Vorsteuerabzug des ursprünglich zu niedrigen Steuerbetrags bleibt bestehen (BMF vom 18.9.2020, BStBl I 2020, 976, Rz. 27).

10.8. Rechnungsberichtigung bei unberechtigtem Steuerausweis

Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er dazu nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag (§ 14c Abs. 2 Sätze 1 und 2 UStG). Dies betrifft vor allem Kleinunternehmer, bei denen die USt nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird, gilt aber auch, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Die Rechtsfolgen treten unabhängig davon ein, ob die Rechnung alle in § 14 Abs. 4 und § 14a UStG aufgeführten Angaben enthält. Die Anforderungen an einen unberechtigten Steuerausweis erfüllt eine Rechnung vielmehr schon dann, wenn sie

  • den Rechnungsaussteller,

  • den (vermeintlichen) Leistungsempfänger,

  • eine Leistungsbeschreibung (s. »Beachte«) sowie

  • das Entgelt und

  • die gesondert ausgewiesene USt

enthält (s. Abschn. 14c.2. Abs. 1 Satz 4 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 11.1.2021, BStBl I 2021, 120; → Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis unter dem Gliederungspunkt »Unberechtigter Steuerausweis nach § 14c Abs. 2 UStG«).

Hinweis:

Mit Urteil vom 21.9.2016 (XI R 4/15, BStBl II 2021, 106) bestätigt der BFH seine bisherige Rspr., dass § 14c Abs. 2 UStG nicht voraussetzt, dass die erteilte Rechnung (ggf. auch unzutreffend) alle in § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG aufgezählten Merkmale aufweist. Die Anforderungen an einen unberechtigten Steuerausweis i.S.d. § 14c Abs. 2 UStG erfüllt eine Rechnung schon dann, wenn sie den Rechnungsaussteller, den (vermeintlichen) Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene USt ausweist. Denn Gegenstand der Regelung des § 14c Abs. 2 UStG ist die Gefährdung des Steueraufkommens durch Abrechnungsdokumente, die die elementaren Merkmale einer Rechnung aufweisen oder den Schein einer solchen erwecken und den Empfänger zum Vorsteuerabzug verleiten (s. EuGH vom 11.4.2013, C-138/12, UR 2013, 432, LEXinform 5212312, Rz. 23 ff.; s.a. BMF vom 11.1.2021, BStBl I 2021, 120 unter I.).

Beachte:

Ob die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung für Rechnungen i.S.v. § 14c UStG von denjenigen des § 15 i.V.m. § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG abweichen, hat der BFH noch nicht entschieden (offengelassen in BFH vom 19.11.2014, V R 29/14, BFH/NV 2015, 706).

Mit Urteil vom 19.10.2021 (8 K 1057/20, EFG 2022, 628, LEXinform 5024437, Revision eingelegt, Az. BFH: XI R 4/22, LEXinform 0954222) gelangt das FG Köln zu der Rechtsauffassung, dass die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung vom Sinn und Zweck der Regelung her insoweit nicht allzu hoch angesetzt werden dürfen. Insbes. in Fällen, in denen den Abrechnungspapieren – wie im vorliegenden Fall – keine tatsächlich vom Aussteller an den Adressaten erbrachte Leistung zugrunde liegt, würde eine strengere Auslegung dem Sinn und Zweck der Norm des § 14c UStG widersprechen.

Im Revisionsverfahren XI R 4/22 wird der BFH die Frage klären, ob die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung für Rechnungen i.S.v. § 14c UStG von denjenigen des § 15 i.V.m. § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG abweichen.

11. Rechnungserteilung bei verbilligten Leistungen

In den Fällen der → Mindestbemessungsgrundlage i.S.d. § 10 Abs. 5 UStG sind die oben genannten Grundsätze anzuwenden (§ 14 Abs. 4 Satz 2 UStG).

Grundsätzlich können in einer Rechnung nur das Entgelt und der darauf entfallende Umsatzsteuerbetrag ausgewiesen werden. Hiervon abweichend sind Unternehmer berechtigt und bei Ausführung einer Leistung an einen unternehmerischen Leistungsempfänger oder an eine juristische Person verpflichtet, in den folgenden Fällen die Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 i.V.m. § 10 Abs. 4 UStG sowie den darauf entfallenden Steuerbetrag in einer Rechnung auszuweisen (Abschn. 14.9. Abs. 1 UStAE):

  1. Körperschaften und Personenvereinigungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 KStG, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften führen im Inland verbilligte Lieferungen oder sonstige Leistungen an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder, Teilhaber oder diesen nahe stehende Personen aus (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG).

  2. Einzelunternehmer führen verbilligte Leistungen an ihnen nahe stehende Personen aus (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG).

  3. Unternehmer führen verbilligte Leistungen an ihr Personal oder dessen Angehörige aufgrund des Dienstverhältnisses aus (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG).

Beispiel 4:

Eine Gesellschaft liefert an ihren unternehmerisch tätigen Gesellschafter eine gebrauchte Maschine, deren Wiederbeschaffungskosten netto 50 000 € betragen, zu einem Kaufpreis von 30 000 €.

Lösung 4:

In diesem Fall muss die Rechnung neben den übrigen erforderlichen Angaben enthalten:

Mindestbemessungsgrundlage

50 000 €

19 % USt

9 500 €

Der die Maschine erwerbende Gesellschafter kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG 9 500 € als Vorsteuer abziehen.

Bei der verbilligten Überlassung könnte eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S.d. R 36 KStR gegeben sein.

Der die Maschine erwerbende Gesellschafter kann 9 500 € als Vorsteuer unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG abziehen (Abschn. 14.9. Abs. 1 UStAE).

Für Land- und Forstwirte, die nach den Durchschnittssätzen des § 24 Abs. 1 bis 3 UStG besteuert werden, gilt die Regelung nicht (§ 14 Abs. 4 Satz 3 UStG; Abschn. 14.9. Abs. 2 UStAE).

12. Keine Abrechnung über unentgeltliche Leistungen

Der Unternehmer ist nicht berechtigt, über unentgeltliche steuerbare Wertabgaben mit der geschuldeten USt abzurechnen. Diese sind zwar einer Lieferung bzw. sonstigen Leistung gleichgestellt, allerdings ist die Bemessungsgrundlage nicht entsprechend diesen Leistungen zu ermitteln. Auszuweisen in einer Rechnung ist nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG u.a. das Entgelt. Es ist somit das auszuweisen, was der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger für die Leistung erhält (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Da bei unentgeltlichen Leistungen ein Entgelt in diesem Sinne nicht anfällt, dürfen keine Rechnungen erteilt werden.

13. Kleinbetragsrechnungen und Fahrausweise

13.1. Kleinbetragsrechnungen

13.1.1. Allgemeine Grundsätze

Durch das Zweite Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Zweites Bürokratieentlastungsgesetz vom 30.6.2017 (BGBl I 2017, 2143 wird die Grenze für Kleinbetragsrechnungen von bisher 150 € ab dem 1.1.2017 auf 250 € angehoben (s. LEXinform 0444833; s.a. BMF vom 15.11.2017, BStBl I 2017, 1518).

Eine Kleinbetragsrechnung (Bruttobetrag bis zu 250 € berechtigt zum Vorsteuerabzug (Abschn. 15.4. UStAE), wenn sie folgende Angaben enthält (§ 33 UStDV; Abschn. 14.6. Abs. 1 UStAE):

  1. Namen und Anschrift des leistenden Unternehmers,

  2. das Ausstellungsdatum,

  3. die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung und

  4. das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag in einer Summe sowie

  5. den anzuwendenden Steuersatz oder

  6. im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt.

Entbehrlich sind also in diesen Fällen Name und Anschrift des Leistungsempfängers, Zeitpunkt der Leistung, die Angabe der Steuernummer sowie der auf das Entgelt entfallende Steuerbetrag.

13.1.2. Checkliste einer Kleinbetragsrechnung

Die folgende Übersicht zeigt eine Gegenüberstellung der jeweils notwendigen Bestandteile einer Rechnung und einer Kleinbetragsrechnung.

Rechnung i.S.d. § 14 UStG

Kleinbetragsrechnung i.S.d. § 33 UStDV

(1) Firma

Hagen Putte

Sandstraße 25

83022 Rosenheim

(3) Steuernummer:

11111/123/4567/8

DE 987654321

(1) Firma

Hagen Putte

Sandstraße 25

83022 Rosenheim

(2) An

Firma Kai Maier

Herbststraße 33

83022 Rosenheim

(4) Rosenheim, 2.6.2022

(4) Rosenheim, 2.6.2022

(5) Rechnung Nr. 12 – K – 13

Steuersatz

7 %

Steuersatz

19 %

(12) Steuersatz 7 %

(12) Steuersatz 19 %

(6) 50 Kisten Paul Laner

750,00 €

(6) 5 Kisten Paul Laner

89,25 €

(6) 10 Ausgaben der Bierzeitung

20,00 €

(6) 10 Ausgaben der Bierzeitung

24,00 €

(7) Summe Waren 7 %

20,00 €

(7) Summe Waren 19 %

750,00

(8) Umsatzsteuer 7 %

(9) 4,00 €

(8) Umsatzsteuer 19 %

(9) 142,50 €

Rechnungsbetrag insgesamt

916,50 €

(11) Rechnungsbetrag insgesamt

113,25 €

Bei Zahlung bis zum 15.6.2022 gewähren wir 3 % Skonto.

(10) Die Lieferung erfolgte am 28.5.2022

Erläuterungen

Erläuterungen

zu (1)

Eine Rechnung muss den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten

(§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG).

Eine Kleinbetragsrechnung muss den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten

(§ 33 Satz 1 Nr. 1 UStDV);

zu (2)

Eine Rechnung muss den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Leistungsempfängers enthalten

(§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG).

In einer Kleinbetragsrechnung nicht erforderlich.

zu (3)

Eine Rechnung muss die dem leistenden Unternehmer vom FA erteilte Steuernummer oder die ihm vom BZSt erteilte USt-IdNr. enthalten

(§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG).

In einer Kleinbetragsrechnung nicht erforderlich.

zu (4)

Eine Rechnung muss das Ausstellungsdatum enthalten

(§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG).

Eine Kleinbetragsrechnung muss das Ausstellungsdatum enthalten

(§ 33 Satz 1 Nr. 2 UStDV).

zu (5)

Eine Rechnung muss eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird, enthalten

(§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UStG).

In einer Kleinbetragsrechnung nicht erforderlich.

zu (6)

Eine Rechnung muss die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung enthalten

(§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG).

Eine Kleinbetragsrechnung muss die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung enthalten

(§ 33 Satz 1 Nr. 3 UStDV).

zu (7)

Eine Rechnung muss das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung enthalten

(§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 UStG).

In einer Kleinbetragsrechnung ist die Angabe des Entgelts i.S.d. § 10 UStG nicht erforderlich

(siehe zu 11 und 12).

zu (8)

Eine Rechnung muss den anzuwendenden Steuersatz und…

Eine Kleinbetragsrechnung muss den anzuwendenden Steuersatz enthalten

(§ 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV).

zu (9)

…den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag enthalten

(§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG).

In einer Kleinbetragsrechnung ist die gesonderte Angabe des Steuerbetrages nicht erforderlich

(siehe zu 11 und 12).

zu (10)

Eine Rechnung muss den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung, in den Fällen des § 14 Abs. 5 Satz 1 UStG den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts enthalten, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt

(§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG).

In einer Kleinbetragsrechnung nicht erforderlich.

zu (11)

zu (12)

Eine Kleinbetragsrechnung muss das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag für die Lieferung oder die sonstige Leistung in einer Summe (Bruttobetrag) sowie den anzuwendenden Steuersatz oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt, enthalten

(§ 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV).

Abb.: Gegenüberstellung der Bestandteile einer Rechnung und einer Kleinbetragsrechnung

Beachte:

Weist ein zum gesonderten Steuerausweis nicht berechtigter Kleinunternehmer in einer sog. Kleinbetragsrechnung das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag für eine Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe sowie den anzuwendenden Steuersatz aus, schuldet er den sich aus einer Aufteilung des in einer Summe angegebenen Rechnungsbetrags in Entgelt und Steuerbetrag ergebenden Steuerbetrag jedenfalls dann gem. § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG, wenn die Kleinbetragsrechnung alle in § 33 Satz 1 UStDV genannten Angaben enthält und deshalb vom Leistungsempfänger gem. § 35 Abs. 1 UStDV für Zwecke des Vorsteuerabzugs verwendet werden kann (BFH Urteil vom 25.9.2013, XI R 41/12, BStBl II 2014, 135).

Hier hatte der Inhaber eines kleinen Handwerksbetriebs sich offensichtlich handelsüblicher Quittungsblocks bedient, weil seine Kunden auch auf formelle Rechnungen keinen Wert legten. Die vorgedruckte Zeile »… MwSt« hatte er dann mit dem seinerzeit zutreffenden Steuersatz für die Umsatzsteuer mit »16 %« ausgefüllt. Diese Zahl hatte nach Kenntniserlangung durch das FA für 2 Jahre eine Steuernachforderung von rund 5 000 € (zzgl. Zinsen) zur Folge. Aus Sicht des BFH waren die Voraussetzungen des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG erfüllt und die »Steuerfalle« schnappte für den Handwerker zu. Aus dieser »Steuerfalle« kann der Kleinunternehmer nur wieder herauskommen, wenn er die falschen Rechnungen berichtigt und das Steueraufkommen nicht mehr gefährdet ist (§ 14c Abs. 2 Satz 3 UStG). Dies wird sich i.d.R. als schwierig bis unmöglich erweisen, wenn der Unternehmer seine Kunden nicht namentlich und mit Anschrift kennt (s.a. Anmerkungen vom 6.12.2013, LEXinform 0879394 und vom 5.12.2013, LEXinform 0944395).

Zur Anwendbarkeit des § 14c Abs. 2 UStG bei Kleinbetragsrechnungen eines Kleinunternehmers hat das Hessische FG mit rkr. Urteil vom 25.6.2009 (6 K 565/09, LEXinform 5008920) entschieden, dass die Angabe des Steuersatzes neben dem Bruttoleistungsentgelt in einer Kleinbetragsrechnung keinen gesonderten USt-Ausweis i.S.d. § 14c Abs. 2 UStG darstellt. Der Steuerbetrag nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG muss als Geldbetrag genannt und – beispielsweise durch die Bezeichnung »Steuer« – als Steuerbetrag gekennzeichnet sein. Die Angabe des Steuersatzes in Kleinbetragsrechnungen erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Die Korrelation zwischen einem eventuellen Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger und der USt führen nicht zu einer Ausweitung des Tatbestandes des § 14c Abs. 2 UStG auf Kleinbetragsrechnungen von Kleinunternehmern (→ Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis).

Beachte:

Wird über Leistungen i.S.d. §§ 3c, 6a oder 13b UStG abgerechnet, gilt § 33 UStDV nicht (Abschn. 14.6. Abs. 3 UStAE).

13.2. Fahrausweise

13.2.1. Fahrausweise ohne Zeitkarten

Fahrausweise sind Urkunden, die einen Anspruch auf Beförderung von Personen beinhalten. Davon zu unterscheiden sind Quittungen, die lediglich über die Zahlung des Fahrpreises ausgestellt werden. Dies ist im Taxi-, Mietwagenverkehr und im Gelegenheitsverkehr mit Omnibussen der Fall. Die Quittungen können nur unter den allgemeinen Voraussetzungen (§ 14 Abs. 1 UStG, § 33 UStDV) als Rechnungen anerkannt werden. Bei der Anerkennung von Fahrausweisen als Rechnungen reichen dagegen die in § 34 UStDV genannten Voraussetzungen aus, die den Voraussetzungen für die Kleinbetragsrechnung gem. § 33 UStDV sehr ähnlich sind.

Fahrausweise müssen folgende Angaben enthalten (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–5 UStDV; Abschn. 14.7. Abs. 3 UStAE):

  1. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Unternehmers, der die Beförderungsleistung ausführt (§ 31 Abs. 2 UStDV ist entsprechend anzuwenden),

  2. das Ausstellungsdatum,

  3. das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag in einer Summe,

  4. den anzuwendenden Steuersatz, wenn die Beförderungsleistung nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegt,

  5. im Fall der Anwendung des § 26 Abs. 3 UStG einen Hinweis auf die grenzüberschreitende Beförderung im Luftverkehr.

Hinweis:

Mit dem Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht vom 21.12.2019 (BGBl I 2019, 2886) wurde § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG geändert. Danach unterliegt der Schienenbahnverkehr – unabhängig von der Beförderungsstrecke – dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. a UStG). Bis zum 31.12.2019 galt der ermäßigte Steuersatz nur dann, wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km betrug.

Zur Absenkung des Steuersatzes für die Beförderung von Personen im Schienenbahnverkehr s. das BMF-Schreiben vom 21.1.2020 (BStBl I 2020, 197).

In Fahrausweisen anderer Beförderungsunternehmer (Bahn, Bus etc., nicht im grenzüberschreitenden Personenbeförderungsverkehr und im Luftverkehr) kann ebenfalls die Angabe des Steuersatzes fehlen, wenn die Beförderungsleistung gem. § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG ermäßigt besteuert wird. Greift der volle Steuersatz ein, weil die Beförderungsstrecke mehr als 50 km beträgt, muss gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStDV der Regelsteuersatz angegeben werden. In Fahrausweisen der Deutschen Bundesbahn und der nicht bundesbahneigenen Eisenbahnen muss kein Steuersatz angegeben werden, weil der Schienenbahnverkehr insgesamt dem ermäßigten Steuersatz unterliegt (§ 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. a UStG; s.o.). Fahrausweise im Luftverkehr müssen gem. § 35 Abs. 2 Satz 4 UStDV stets die Angabe des Regelsteuersatzes enthalten.

13.2.2. Zeitkarten

Zeitfahrausweise (Zeitkarten) werden von den Verkehrsunternehmen in folgenden Formen ausgegeben (Abschn. 14.7. Abs. 2 UStAE):

  1. Die Zeitkarte wird für jeden Gültigkeitszeitraum insgesamt neu ausgestellt;

  2. die Zeitkarte ist zweigeteilt in eine Stammkarte und eine Wertkarte oder Wertmarke. Hierbei gilt die Stammkarte, die lediglich der Identitätskontrolle dient, für einen längeren Zeitraum als die jeweilige Wertkarte oder Wertmarke.

Beide Formen der Zeitkarten sind als Fahrausweise anzuerkennen, wenn sie die in § 34 Abs. 1 UStDV bezeichneten Angaben enthalten. Sind diese Angaben bei den unter Nummer 2 aufgeführten Zeitkarten insgesamt auf der Wertkarte oder der Wertmarke vermerkt, so sind diese Belege für sich allein als Fahrausweise anzusehen.

13.2.3. Fahrausweise im grenzüberschreitenden Personenverkehr

Die Fahrausweise im grenzüberschreitenden Personenverkehr müssen gem. § 34 Abs. 2 UStDV neben einer Bescheinigung des Beförderungsunternehmers über den Anteil des Beförderungspreises für die Strecke im Inland die Angabe des (ermäßigten oder vollen) Steuersatzes für den innerhalb des Erhebungsgebietes befindlichen Streckenanteil enthalten.

13.2.4. Online-Fahrausweise

Bei Fahrausweisen (§ 34 UStDV) ist es für Zwecke des Vorsteuerabzugs nicht zu beanstanden, wenn der Fahrausweis im Online-Verfahren abgerufen wird und durch das Verfahren sichergestellt ist, dass eine Belastung auf einem Kunden- oder Kreditkartenkonto erfolgt. (Abschn. 14.4. Abs. 11 UStAE).

13.2.5. Vorsteuerabzug

Nach § 35 Abs. 1 und 2 Sätze 1–3 UStDV kann der die Beförderungsleistung empfangende Unternehmer den Vorsteuerabzug vornehmen, wenn er den Fahrpreis unter Anwendung des richtigen Umrechnungsfaktors (vgl. Abschn. 15.4. Abs. 3 UStAE) selbst in Entgelt und Steuerbetrag aufteilt (Abschn. 15.5. UStAE).

Zur Rechnungserteilung durch Reisebüros bei Personenbeförderungen nimmt die Vfg. der OFD Karlsruhe vom 19.9.2005 (S 7280, UR 2005, 703, LEXinform 0579527) Stellung. Reisebüros vermitteln u.a. Fahrausweise über Personenbeförderungen im Inland (z.B. Bahnfahrscheine, Flugtickets), die den Erwerber unter den sonstigen Voraussetzungen des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigen (§§ 34, 35 UStDV; Abschn. 15.5. UStAE). Zum dabei auftretenden Problem der Mehrfachrechnungen s. Abschn. 14c.1. Abs. 4 UStAE; s. Prätzler u.a., UR 18/2017, 710).

14. Rechnungen über Anzahlungen

Die Vorschriften über die Rechnungserteilung für Leistungen finden entsprechende Anwendung auf Rechnungen über → Anzahlungen und Vorausrechnungen (§ 14 Abs. 5 UStG, Abschn. 14.8. UStAE). S.a. → Vorsteuerabzug unter dem Gliederungspunkt »Anzahlungen«.

15. Aufbewahrung von Rechnungen und Buchungsbelegen

15.1. Aufbewahrungspflicht eines Unternehmers

15.1.1. Art der aufzubewahrenden Belege

Gem. § 14b Abs. 1 UStG hat der Unternehmer aufzubewahren (Abschn. 14b.1. Abs. 1 bis 3 UStAE):

  • ein Doppel der Rechnung, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und für seine Rechnung ausgestellt hat,

  • alle Rechnungen, die er erhalten oder die ein Leistungsempfänger oder in dessen Namen und für dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat.

Die Aufbewahrungspflichten gelten auch:

  • für Fahrzeuglieferer (§ 2a UStG),

  • in den Fällen, in denen der letzte Abnehmer die Steuer nach § 13a Abs. 1 Nr. 5 UStG schuldet, für den letzten Abnehmer und

  • in den Fällen, in denen der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Abs. 2 UStG schuldet, für den Leistungsempfänger (unabhängig davon, ob die Leistung für den unternehmerischen oder nichtunternehmerischen Bereich bezogen wurde).

Das BayLfSt hat sich in einer Vfg. vom 20.1.2017 (S 0317.1.1 – 4/3 St 42, DStR 2017, 1391) mit der Archivierung von Rechnungen und Lieferscheinen auf CD befasst. Anfragen, insbesondere von Apotheken, ob (Apotheken-)Lieferanten anhand ihrer eigenen Unterlagen Archivierungs-CDs für ihre Kunden (Apotheken) erstellen können, so dass die Kunden auf die Aufbewahrung der Tagesrechnungen und ggf. auch Lieferscheine, die ihnen vom Lieferanten zugesandt worden sind, verzichten können, sind zu verneinen. Rechnungen sind als empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 AO bzw. bei Verwendung als Buchungsbeleg nach § 147 Abs. 1 Nr. 4 AO aufzubewahren. Gem. § 147 Abs. 2 Nr. 1 AO können in Papier empfangene Rechnungen dabei auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder anderen Datenträger aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht. Dies setzt u.a. voraus, dass die Wiedergabe bildlich mit dem Original-Eingangsdokument übereinstimmt. Dabei müssen alle auf dem Original angebrachten Vermerke (Eingangsstempel, Sicht- und Kontrollvermerke, Korrekturen, Kontierungen etc.) erhalten bleiben (vgl. auch Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff – GoBD – vom 28.11.2019, BStBl I 2019, 1269, Rz. 136 bis 141). Aufzubewahrende Unterlage i.S.d. § 147 Abs. 2 AO kann folglich nur die Rechnung oder der Lieferschein sein, der dem Kunden zeitnah mit der jeweiligen Lieferung im Original zugegangen ist, und zwar unabhängig davon, ob der Kunde auf dieser empfangenen Unterlage tatsächlich Vermerke angebracht hat. Allein mit Aufbewahrung der Archivierungs-CD, die anhand der Daten des Lieferanten erstellt worden ist, erfüllt der belieferte Kunde seine gesetzlichen Aufbewahrungspflichten folglich nicht. Die Archivierungs-CD gibt nämlich nicht die Originale des aufbewahrungspflichtigen Kunden wieder, sondern Unterlagen eines Dritten.

15.1.2. Aufbewahrungspflicht von Kleinbetragsrechnungen

15.1.2.1. Regelung bis 31.12.2021

Zur Aufbewahrung von Kleinbetragsrechnungen s. Abschn. 14b.1. Abs. 1 Satz 2 UStAE. Soweit der Unternehmer Rechnungen mithilfe elektronischer Registrierkassen erteilt, ist es hinsichtlich der erteilten Rechnungen i.S.d. § 33 UStDV ausreichend, wenn Tagesendsummenbons aufbewahrt werden, die die Gewähr der Vollständigkeit bieten und den Namen des Geschäfts, das Ausstellungsdatum und die Tagesendsumme enthalten; im Übrigen sind die Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 26.11.2010 (BStBl I 2010, 1342) zu erfüllen. Diese umsatzsteuerrechtliche Regelung bezieht sich nur auf Rechnungen i.S.d. § 33 UStDV. Soweit die Grenze des § 33 UStDV überschritten ist, bleibt der leistende Unternehmer zur Aufbewahrung des Doppels der erteilten Rechnung verpflichtet (§ 14b Abs. 1 Satz 1 UStG).

15.1.2.2. Regelung ab 1.1.2022

Mit Schreiben vom 16.11.2021 (BStBl I 2021, 2329) hat die Finanzverwaltung im Hinblick auf die Aufbewahrung von Rechnungen, die durch elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen ausgestellt werden, Abschn. 14b.1. Abs. 1 Satz 2 UStAE geändert und einen neuen Satz 3 eingefügt.

»Soweit der Unternehmer Rechnungen mithilfe elektronischer oder computergestützter Kassensysteme oder Registrierkassen erteilt, ist es hinsichtlich der erteilten Rechnungen i.S.d. § 33 UStDV ausreichend, wenn ein Doppel der Ausgangsrechnung (Kassenbeleg) aus den unveränderbaren digitalen Aufzeichnungen reproduziert werden kann, die auch die übrigen Anforderungen der GoBD (vgl. BMF vom 28.11.2019, BStBl I 2019, 1269) erfüllen, insbes. die Vollständigkeit, Richtigkeit und Zeitgerechtigkeit der Erfassung (s.a. § 146 Abs. 1 und 4 AO). Aufbewahrungspflichten nach anderen Vorschriften bleiben davon unberührt.«

Hinweis:

Die OFD Karlsruhe hat mit Vfg. vom 30.4.2021 (S 0315 – St 42, SIS 21 07 44) ein Merkblatt zur Frage, was beim Einsatz von elektronischen Kassen aufgezeichnet und aufbewahrt werden muss, herausgegeben.

15.1.3. Aufbewahrungsfrist

Die Aufbewahrungsfrist beträgt zehn Jahre und beginnt mit dem Ablauf des Kj., in dem die Rechnung ausgestellt wird. Die Aufbewahrungsfrist läuft jedoch nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (§ 147 Abs. 3 Satz 3 AO und Abschn. 14b.1. Abs. 2 UStAE).

15.1.4. Elektronische Erfassung von Papierdokumenten

Papierdokumente werden durch den Scanvorgang in elektronische Dokumente umgewandelt. Das Verfahren muss dokumentiert werden. Der Stpfl. sollte daher eine Organisationsanweisung erstellen, die unter anderem regelt:

  • wer scannen darf,

  • zu welchem Zeitpunkt gescannt wird (z.B. beim Posteingang, während oder nach Abschluss der Vorgangsbearbeitung),

  • welches Schriftgut gescannt wird,

  • ob eine bildliche oder inhaltliche Übereinstimmung mit dem Original erforderlich ist,

  • wie die Qualitätskontrolle auf Lesbarkeit und Vollständigkeit und

  • wie die Protokollierung von Fehlern zu erfolgen hat.

Die konkrete Ausgestaltung dieser Verfahrensdokumentation ist abhängig von der Komplexität und Diversifikation der Geschäftstätigkeit und der Organisationsstruktur sowie des eingesetzten DV-Systems.

Eine vollständige Farbwiedergabe ist erforderlich, wenn der Farbe Beweisfunktion zukommt (z.B. Minusbeträge in roter Schrift, Sicht-, Bearbeitungs- und Zeichnungsvermerke in unterschiedlichen Farben).

Für Besteuerungszwecke ist eine elektronische Signatur oder ein Zeitstempel nicht erforderlich.

Im Anschluss an den Scanvorgang darf die weitere Bearbeitung nur mit dem elektronischen Dokument erfolgen. Die Papierbelege sind dem weiteren Bearbeitungsgang zu entziehen, damit auf diesen keine Bemerkungen, Ergänzungen usw. vermerkt werden können, die auf dem elektronischen Dokument nicht enthalten sind. Sofern aus organisatorischen Gründen nach dem Scanvorgang eine weitere Vorgangsbearbeitung des Papierbeleges erfolgt, muss nach Abschluss der Bearbeitung der bearbeitete Papierbeleg erneut eingescannt und ein Bezug zum ersten Scanobjekt hergestellt werden (gemeinsamer Index).

Nach dem Einscannen dürfen Papierdokumente vernichtet werden, soweit sie nicht nach außersteuerlichen oder steuerlichen Vorschriften im Original aufzubewahren sind. Der Stpfl. muss entscheiden, ob Dokumente, deren Beweiskraft bei der Aufbewahrung in elektronischer Form nicht erhalten bleibt, zusätzlich in der Originalform aufbewahrt werden sollen.

Der Verzicht auf einen Papierbeleg darf die Möglichkeit der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit nicht beeinträchtigen (s.a. Rz. 136 bis 141 der GoBD, BMF vom 28.11.2019, BStBl I 2019, 1269).

15.1.5. Aufbewahrungsgrundsätze

Zu der Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen s. die Grundsätze zu ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD, BMF vom 28.11.2019, BStBl I 2019, 1269). Die Aufbewahrungsgrundsätze ergeben sich insbesondere aus Tz. 9 der GoBD.

Die aufbewahrungspflichtigen Unterlagen müssen geordnet aufbewahrt werden. Ein bestimmtes Ordnungssystem ist nicht vorgeschrieben. Die Ablage kann z.B. nach Zeitfolge, Sachgruppen, Kontenklassen, Belegnummern oder alphabetisch erfolgen. Bei elektronischen Unterlagen ist ihr Eingang, ihre Archivierung und ggf. Konvertierung sowie die weitere Verarbeitung zu protokollieren. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass ein sachverständiger Dritter innerhalb angemessener Zeit prüfen kann (GoBD, Rz. 117).

Die nach außersteuerlichen und steuerlichen Vorschriften aufzeichnungspflichtigen und nach § 147 Abs. 1 AO aufbewahrungspflichtigen Unterlagen können nach § 147 Abs. 2 AO bis auf wenige Ausnahmen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den GoB entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten

  1. mit den empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,

  2. während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar sind, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können.

Sind aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Daten, Datensätze, elektronische Dokumente und elektronische Unterlagen im Unternehmen entstanden oder dort eingegangen, sind sie auch in dieser Form aufzubewahren und dürfen vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist nicht gelöscht werden. Sie dürfen daher nicht mehr ausschließlich in ausgedruckter Form aufbewahrt werden und müssen für die Dauer der Aufbewahrungsfrist unveränderbar erhalten bleiben (z.B. per E-Mail eingegangene Rechnung im PDF-Format oder eingescannte Papierbelege). Dies gilt unabhängig davon, ob die Aufbewahrung im Produktivsystem oder durch Auslagerung in ein anderes DV-System erfolgt. Unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten ist es nicht zu beanstanden, wenn der Stpfl. elektronisch erstellte und in Papierform abgesandte Handels- und Geschäftsbriefe nur in Papierform aufbewahrt (GoBD, Rz. 119).

Der Stpfl. hat sein DV-System gegen Verlust (z.B. Unauffindbarkeit, Vernichtung, Untergang und Diebstahl) zu sichern und gegen unberechtigte Eingaben und Veränderungen (z.B. durch Zugangs- und Zugriffskontrollen) zu schützen (GoBD, Rz. 103 und 104).

Werden die Daten, Datensätze, elektronischen Dokumente und elektronischen Unterlagen nicht ausreichend geschützt und können deswegen nicht mehr vorgelegt werden, so ist die Buchführung formell nicht mehr ordnungsmäßig

Wer aufzubewahrende Unterlagen in der Form einer Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern vorlegt, ist nach § 147 Abs. 5 AO verpflichtet, auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die Unterlagen lesbar zu machen. Auf Verlangen der Finanzbehörde hat der Stpfl. auf seine Kosten die Unterlagen unverzüglich ganz oder teilweise auszudrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beizubringen.

Der Stpfl. muss durch Scannen digitalisierte Unterlagen über sein DV-System per Bildschirm lesbar machen. Ein Ausdruck auf Papier ist nicht ausreichend. Die elektronischen Dokumente müssen für die Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit lesbar sein (BFH-Beschluss vom 26.9.2007, BStBl II 2008, 415; GoBD, Rz. 156 und 157).

Nach § 147 Abs. 6 AO hat die Finanzbehörde das Recht, die mit Hilfe eines DV-Systems erstellten und nach § 147 Abs. 1 AO aufbewahrungspflichtigen Unterlagen durch Datenzugriff zu prüfen. Das Recht auf Datenzugriff steht der Finanzbehörde nur im Rahmen steuerlicher Außenprüfungen zu. Durch die Regelungen zum Datenzugriff wird der sachliche Umfang der Außenprüfung (§ 194 AO) nicht erweitert; er wird durch die Prüfungsanordnung (§ 196 AO, § 5 BpO) bestimmt (GoBD, Rz. 158).

Nach Abschn. 14b.1. Abs. 6 Satz 1 UStAE sind die Anforderungen des UStG an die Aufbewahrung elektronischer Rechnungen (Abschn. 14.4. Abs. 2 UStAE) erfüllt, wenn durch innerbetriebliche Kontrollverfahren (vgl. Abschn. 14.4. Abs. 4 bis 6 UStAE) die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts sichergestellt sowie die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet sind.

Hinweis:

Durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22.12.2016 (BGBl I 2016, 3152) ist § 146a AO eingeführt worden (Ordnungsvorschrift für die Buchführung und Aufzeichnung mittels elektronischer Aufzeichnungssysteme). Mit BMF-Schreiben vom 17.6.2019 (BStBl I 2019, 518) wird in den AEAO ein neuer Abschnitt zu § 146a aufgenommen. In AEAO zu § 146a, Tz. 8 ist die elektronische Aufbewahrung der Aufzeichnungen geregelt.

15.2. Aufbewahrungspflicht des nichtunternehmerischen Leistungsempfängers

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist der Unternehmer verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung einer steuerpflichtigen Werklieferung oder sonstigen Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück, eine Rechnung auszustellen. Die Verpflichtung auf Rechnungserteilung besteht auch, wenn der Leistungsempfänger kein Unternehmer ist oder Unternehmer ist, aber die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich verwendet (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 14b Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 und 2 UStG). Erhält der Leistungsempfänger Leistungen i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 1 UStG, nämlich

  • steuerpflichtige Werklieferungen oder

  • sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück,

und ist der Leistungsempfänger kein Unternehmer oder Unternehmer, der aber die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich erhält, so ist er verpflichtet, einen Zahlungsbeleg oder eine andere beweiskräftige Urkunde zwei Jahre aufzubewahren. Die Rechnung muss in diesen Fällen nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG einen Hinweis auf diese Aufbewahrungspflicht enthalten.

Die Verpflichtung zur Aufbewahrung durch den nichtunternehmerischen Leistungsempfänger gilt auch dann, wenn der leistende Unternehmer entgegen § 14 Abs. 4 Nr. 9 UStG in der Rechnung nicht auf die Aufbewahrungspflicht nach § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG hingewiesen hat bzw. wenn ein Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers nicht erforderlich war, weil es sich um eine Kleinbetragsrechnung i.S.d. § 33 UStDV handelt.

15.3. Lesbarkeit während des Aufbewahrungszeitraums

Die Rechnungen müssen über den gesamten Aufbewahrungszeitraum lesbar sein. Nachträgliche Änderungen sind nicht zulässig. § 147 Abs. 2 AO bleibt unberührt.

15.4. Aufbewahrungsort

15.4.1. Inländische Unternehmer

Im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete ansässige Unternehmer sind verpflichtet, die Rechnungen im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete aufzubewahren (§ 14b Abs. 2 Satz 1 UStG). Ein im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der in einem dieser Gebiete einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat (§ 14b Abs. 3 UStG).

Bei elektronisch aufbewahrten Rechnungen (dabei muss es sich nicht um elektronisch übermittelte Rechnungen handeln) kann der im Inland oder der in einem der in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete ansässige Unternehmer die Rechnungen im Gemeinschaftsgebiet, in einem der in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete, im Gebiet von Büsingen oder auf der Insel Helgoland aufbewahren, soweit eine vollständige Fernabfrage (Online-Zugriff) der betreffenden Daten und deren Herunterladen und Verwendung durch das FA gewährleistet ist. Bewahrt der Unternehmer in diesem Fall die Rechnungen nicht im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete auf, hat er dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen FA den Aufbewahrungsort unaufgefordert und schriftlich mitzuteilen (Abschn. 14b.1. Abs. 7 und 8 UStAE).

Soweit ein Unternehmer Rechnungen elektronisch außerhalb des Gemeinschaftsgebietes aufbewahren will, gilt § 146 Abs. 2a AO (§ 14b Abs. 5 UStG). Das BayLfSt hat eine Vfg. zur Verlagerung der elektronischen Buchführung und von elektronischen Aufzeichnungen ins Ausland erlassen (Vfg. vom 29.1.2021, S 0316.1.1 – 3/7 St 43, DB 2021, 371).

15.4.2. Ausländische Unternehmer

Ein nicht im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete ansässiger Unternehmer hat den Aufbewahrungsort der nach § 14b Abs. 1 UStG aufzubewahrenden Rechnungen im Gemeinschaftsgebiet, in einem der in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete, im Gebiet von Büsingen oder auf der Insel Helgoland zu bestimmen. In diesem Fall ist der Unternehmer verpflichtet, dem FA auf dessen Verlangen alle aufzubewahrenden Rechnungen und Daten oder die an deren Stelle tretenden Bild- und Datenträger unverzüglich zur Verfügung zu stellen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig nach, kann das FA verlangen, dass er die Rechnungen im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete aufbewahrt. Ist ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer nach den Bestimmungen des Staates, in dem er ansässig ist, verpflichtet, die Rechnungen im Staat der Ansässigkeit aufzubewahren, ist es ausreichend, wenn dieser Unternehmer im Gemeinschaftsgebiet Ablichtungen der aufzubewahrenden Rechnungen aufbewahrt.

15.4.3. Elektronisch aufbewahrte Rechnungen

Bei elektronisch aufbewahrten Rechnungen (dabei muss es sich nicht um elektronische Rechnungen handeln) regelt § 14b Abs. 2 Satz 2 UStG einen abweichenden Aufbewahrungsort, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Soweit eine vollständige Fernabfrage (Online-Zugriff) der betreffenden Daten und deren Herunterladen und Verwendung gewährleistet ist, darf der Unternehmer die Rechnungen im Gemeinschaftsgebiet, in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete, im Gebiet von Büsingen oder auf der Insel Helgoland aufbewahren. Die Aufbewahrung im Gebiet von Büsingen und auf der Insel Helgoland wird zugelassen, da es sich hierbei um deutsche Hoheitsgebiete handelt. Der Unternehmer hat dem FA den Aufbewahrungsort mitzuteilen, wenn er die Rechnungen nicht im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete aufbewahrt (Abschn. 14b.1. Abs. 8 UStAE).

Zur Sicherstellung der Umsatzsteuerkontrolle bei der Aufbewahrung von elektronischen Rechnungen (→ E-Rechnung) im übrigen Gemeinschaftsgebiet wird den zuständigen Finanzbehörden ein staatenübergreifender Online-Zugriff auf die relevanten Unterlagen ermöglicht (§ 14b Abs. 4 UStG)

15.4.4. Rechnungen im Bereich der Ertragsteuer

Für den Bereich der Ertragsteuern bestimmt sich der Aufbewahrungsort weiterhin nach § 146 Abs. 2 AO.

15.5. Verletzung der Aufbewahrungspflichten

Ordnungswidrig handelt u.a., wer vorsätzlich oder leichtfertig (§ 26a Abs. 2 UStG)

  • entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder 2 Satz 2 UStG eine Rechnung nicht oder nicht rechtzeitig ausstellt,

  • entgegen § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG, auch i.V.m. Satz 4, ein dort bezeichnetes Doppel oder eine dort bezeichnete Rechnung nicht oder nicht mindestens zehn Jahre aufbewahrt,

  • entgegen § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG eine dort bezeichnete Rechnung, einen Zahlungsbeleg oder eine andere beweiskräftige Unterlage nicht oder nicht mindestens zwei Jahre aufbewahrt.

Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des § 26a Abs. 2 Nr. 3 UStG (§ 14b Abs. 1 Satz 5 UStG) mit einer Geldbuße von bis zu 1 000 €, in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße von bis zu 5 000 € geahndet werden.

16. Mehrere Rechnungen über dieselbe Leistung

16.1. Allgemeines

Mit Vfg. vom 15.8.2018 (S 7282 – Karte 1, UR 2019, 38) stellt die OFD Karlsruhe fest, dass Unternehmer, die für ein und dieselbe Leistung mehrere Rechnungen mit gesondertem Ausweis der USt erteilen, die in den zusätzlichen Abrechnungen ausgewiesene Steuer schulden.

Teilweise erstellen Unternehmer Rechnungen mit gesondertem Ausweis der USt und daneben über denselben Umsatz eine weitere Rechnung oder eine – später ausgestellte – Gesamtabrechnung mit erneutem gesondertem Umsatzsteuerausweis. Zu den Rechnungen gehören auch Kleinbetragsrechnungen (§ 33 UStDV) oder Fahrausweise (§ 34 UStDV).

Unternehmer, die für ein und dieselbe Leistung mehrere Rechnungen mit gesondertem Ausweis der USt erteilen, schulden die in den zusätzlichen Abrechnungen ausgewiesene Steuer – neben der USt für den ausgeführten Umsatz – nach § 14c Abs. 1 UStG. Dies gilt nicht, wenn inhaltlich identische (s. § 14 Abs. 4 UStG) Mehrstücke derselben Rechnung übersandt werden (Abschn. 14c.1. Abs. 4 Satz 5 UStAE). Besteht eine Rechnung aus mehreren Dokumenten, sind diese Regelungen für die Dokumente in ihrer Gesamtheit anzuwenden (Abschn. 14c.1. Abs. 4 Satz 6 UStAE).

16.2. Abrechnungen über Fahrausweise

Fahrausweise (z.B. Bahnfahrkarten, Flugscheine usw.) werden vielfach so gestaltet, dass sie einem unternehmerischen Leistungsempfänger unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG den Vorsteuerabzug ermöglichen (vgl. §§ 34 und 35 UStDV, Abschn. 14.7. und 15.5. UStAE). Wenn über diese Leistung ein Reisebüro zusätzlich eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis im Einvernehmen mit den Verkehrs- oder Leistungsträgern unter Hinweis auf die Vermittlertätigkeit (Ausweis der USt »im Namen und für Rechnung des Verkehrs- oder Leistungsträgers«) erteilt, schuldet der betreffende Verkehrs- oder Leistungsträger die in der Reisebürorechnung ausgewiesene USt zusätzlich nach § 14c Abs. 1 UStG. Erteilt das Reisebüro die Rechnung ohne Hinweis auf die Vermittlertätigkeit und wird die Leistung nicht vom Reisebüro, sondern vom Verkehrs- oder Leistungsträger erbracht, schuldet das Reisebüro die gesondert ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG.

Um eine zusätzliche Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 oder 2 UStG zu vermeiden, kann das Abrechnungsverfahren so gestaltet werden, dass nur ein Beleg (entweder die Fahrkarte bzw. der Flugschein oder die Abrechnung des Reisebüros) den Rechnungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt. Beispielsweise kann in den Rechnungen des Reisebüros über Fahrausweise die USt nicht gesondert ausgewiesen werden (Erteilung sog. Bruttorechnungen) oder die entsprechenden Fahrausweise werden so gestaltet, dass sie nicht für den Vorsteuerabzug verwendet werden können (z.B. durch einen Hinweis oder Aufdruck auf dem Fahrausweis, dass dieser nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt).

16.3. Erteilung von Gesamtabrechnungen

Unternehmer, die über bereits ausgeführte Umsätze oder über Voraus- oder Abschlagszahlungen zum Vorsteuerabzug berechtigende Einzelrechnungen erteilen und später in einer Gesamtabrechnung die USt hierfür nochmals gesondert ausweisen, schulden die zusätzlich ausgewiesene USt nach § 14c Abs. 1 UStG. Das betrifft z.B. Einzel- und Monatsabrechnungen von Kurierdiensten, von Tankstellen, von zahntechnischen Labors, Abschlags- und Schlussrechnungen von Bauunternehmen, vorläufige und endgültige Rechnungen der Autovermieter, Monats und Jahresrechnungen über Leasingraten. In diesen oder vergleichbaren Fällen ist das Abrechnungsverfahren so zu gestalten, dass nur eine Rechnung (entweder die Einzelrechnung oder die spätere Gesamtabrechnung) den Rechnungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt oder die gesondert ausgewiesene USt für eine Voraus- oder Anzahlung in der Gesamtrechnung abgesetzt wird (vgl. Abschn. 14.8. Abs. 7 UStAE).

16.4. Abrechnung über Schrottlieferungen

Mit Erlass vom 5.3.2008 (S 7283 A – 6 – 202.2, LEXinform 5231327) nimmt das Thüringer Finanzministerium zum doppelten Steuerausweis bei Abrechnungen über Schrottlieferungen Stellung. Anlass war eine Anfrage des Verbandes Deutscher Metallhändler e.V. (VDM) an das BMF.

17. Literaturhinweise

Elektronisches Wissen Buchungs-ABC, Rechnungen, DATEV-Themenlexikon, LEXinform 5301698; Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer (Loseblatt); Hummel, Voraussetzungen und Rechtsfolgen eines Widerspruchs zu einer Gutschrift, UR 2012, 497; Stadie, Widerspruch gegen eine ordnungsgemäße umsatzsteuerrechtliche Gutschrift nach vollständigem Empfang der Gegenleistung, UR 2013, 365; Kraeusel, Auswirkungen des Widerspruchs der Gutschrift auf den Vorsteuerabzug, UR 2013, 609; Meyer-Burow u.a., »Gutschrift«, Rechnungsstorno und Haftung nach § 14c UStG, UStB 2014, 59; Kaya u.a., Die umsatzsteuerliche Gutschrift – eine Falle?, NWB 2014, 1944; Prätzler u.a., Praxisfragen in Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug aus Online-Tickets, UR 18/2017, 710; Fietz u.a., Rückwirkende Rechnungsberichtigung und Vorsteuerabzug ohne ordnungsgemäße Rechnung, NWB 46/2020, 3388; Heinrichshofen, Bloße Aufhebung einer Rechnung begründet keinen späteren Vorsteuerabzug bei Neuausstellung, UR 2021, 845; von Streit, Mal wieder: EuGH zur Rechnung beim Vorsteuerabzug – Anmerkungen zum Urteil des Gerichtshofs in der Rs. C-80/20, UStB 2021, 390; von Streit u.a., »Reemtsma-Ansprüche« – Vorlage beim EuGH – Anmerkungen zum Vorlagebeschluss des FG Münster vom 27.6.2022, UStB 2022, 291; Fietz u.a., Wann ist eine Rechnung berichtigungsfähig?, NWB 52/2022, 3706.

18. Verwandte Lexikonartikel

Anzahlungen

Bauleistungen in der Umsatzsteuer

E-Rechnung

Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis

Unternehmer

Vorsteuerabzug

 

Redaktioneller Hinweis:

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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