Renten

Stand: 16. Dezember 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeine Übersicht
2 Rentenarten
2.1 Überblick
2.2 Leibrenten
2.3 Abgekürzte Leibrenten
2.4 Verlängerte Leibrenten
2.5 Zeitrenten
3 Die nachgelagerte Besteuerung
3.1 Bundesverfassungsgerichtsentscheidung zur Rentenbesteuerung vor 2005
3.2 Überblick über die Leibrenten und andere Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG
3.3 Leibrenten und andere Leistungen aus den gesetzlichen Rentenversicherungen
3.4 Leibrenten und andere Leistungen aus der landwirtschaftlichen Alterskasse
3.5 Leibrenten und andere Leistungen aus den berufsständischen Versorgungseinrichtungen
3.6 Leibrenten und andere Leistungen aus Rentenversicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b EStG
3.7 Rechtsprechungsübersicht zur Rentenbesteuerung
3.8 Steuerfreie Leistungen i.S.d. § 3 EStG
4 Durchführung der Besteuerung
4.1 Jahresbetrag der Rente
4.1.1 Grundsätzliches zur Bemessungsgrundlage
4.1.2 Rückwirkende Zubilligung einer Rente
4.2 Bestimmung des Prozentsatzes
4.3 Ermittlung des steuerfreien Teils der Rente
4.4 Anpassung des Rentenfreibetrages
4.5 Prozentsatzermittlung bei Folgerenten aus demselben Rentenrecht
4.6 Zusammenfassende Übersicht zu den Folgen der Änderung des Jahresbetrags der Rente
4.7 Besteuerung von Auslandsrenten
4.8 Rentennachzahlungen
4.9 Problem der doppelten Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen
5 Ausnahme von der nachgelagerten Besteuerung bei privaten Rentenversicherungen
6 Rentenbezugsmitteilungen an die zentrale Stelle
7 Öffnungsklausel
7.1 Allgemeiner Überblick
7.2 Zehn-Jahres-Zeitraum
7.3 Ermittlung der geleisteten Beiträge
7.4 Öffnungsklausel bei einmaligen Leistungen
8 Fremdfinanzierte Rente
9 Leibrenten und andere Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG
10 Leibrenten für einen Pflichtteilsverzicht
11 Betriebliche Renten
12 Schadensersatzrenten
13 Literaturhinweise
14 Verwandte Lexikonartikel

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Eine mit dem Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022, verkündet BGBl I 2022, 2294) verkündete Gesetzesänderung betrifft den Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen. Bisher ist gesetzlich vorgesehen, dass diese Altersvorsorgeaufwendungen bis zu dem Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung (§ 10 Abs. 3 EStG) erstmals im Jahr 2025 zu 100 % als Sonderausgaben berücksichtigt werden können. Mit der Änderung wird der bisher ab dem Jahr 2025 vorgesehene vollständige Sonderausgabenabzug auf das Jahr 2023 vorgezogen.

Mit dem vollständigen Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG bereits ab dem Jahr 2023 wird auch die Übergangsregelung zum Ansatz der Rentenversicherungsbeiträge im Rahmen der Vorsorgepauschale gegenstandlos.

Beachte:

Mit dem Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz vom 27.3.2024, BGBl I 2024, 108, LEXinform 0464203) erfolgte eine Anpassung von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG: Ab dem VZ 2023 wird der Anstieg des prozentualen Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang auf einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert. Damit wird der volle (100%ige) Besteuerungsanteil erst bei Rentenbeginn im Jahr 2058 erreicht.

Eine weitere Änderung durch das JStG 2022 betrifft den Grundrentenzuschlag (zum 1.1.2021 eingeführter einkommensabhängiger Zuschlag zur Rente für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung, vgl. Grundrentengesetz vom 12.8.2020 (BGBl I 2020, 1879). Mit dem neu eingefügten § 3 Nr. 14a EStG wird nun der Betrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der aufgrund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach SGB VI geleistet wird (Grundrentenzuschlag), steuerfrei gestellt. Die Steuerfreistellung ist rückwirkend bereits für den Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden (§ 52 Abs. 4 Satz 5 EStG). Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung haben bis zum letzten Tag des Monats Februar 2024 für das jeweilige Leistungsjahr eine insoweit korrigierte Rentenbezugsmitteilung an die FinVerw zu übermitteln (§ 52 Abs. 4 Satz 6 EStG). Entsprechend musste eine eigene Änderungsvorschrift geschaffen werden. Danach ist ein Einkommensteuerbescheid in dem Umfang zu ändern, der sich aus der korrigierten Rentenbezugsmitteilung ergibt (§ 52 Abs. 4 Satz 7 EStG). Das gilt auch, wenn der Einkommensteuerbescheid bereits bestandskräftig ist (§ 52 Abs. 4 Satz 8 EStG).

Beachte:

Das BMF äußert sich in seinem Schreiben zur Steuerfreistellung des Grundrentenzuschlages durch das JStG 2022 sowie zur Korrektur von Rentenbezugsmitteilungen durch die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, BMF vom 12.7.2023, IV C 3 – S-2257 -c / 23 / 10001 :001 (LEXinform 7013719).

1. Allgemeine Übersicht

Renten gehören gem. § 22 Nr. 1 EStG zu den sonstigen Einkünften, soweit sie nicht einer anderen Einkunftsart zuzurechnen sind.

Zur Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen siehe auch BMF-Schreiben vom 24.5.2017, IV C 3 – S 2221/16/10001 :004, BStBl I 2017, 820, zuletzt geändert BMF vom 16.12.2021, BStBl 2022, 155 und Schreiben betr. einkommensteuerrechtliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen und Altersbezügen vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, zuletzt geändert BMF vom 10.1.2022, BStBl I, 36).

2. Rentenarten

2.1. Überblick

Bei der Besteuerung der Renten ist zu unterscheiden zwischen

  • Leibrenten,

  • abgekürzten Leibrenten,

  • Zeitrenten.

Steuerpflichtig sind u.a.

  • Renten nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG (s.u. zu Schadensersatzrenten);

  • Leibrenten i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG i.H.d. Besteuerungsanteils (ab dem Kj. 2040 erfolgt die Besteuerung zu 100 %);

  • Leibrenten i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG mit dem Ertragsanteil;

  • Leibrenten als Unterhaltsleistungen i.S.d. § 22 Nr. 1a EStG, soweit sie der Unterhaltszahlende als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG abziehen kann (→ Begrenztes Realsplitting);

  • Versorgungsleistungen als Versorgungsrenten i.S.d. § 22 Nr. 1a EStG, soweit beim Leistenden die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG erfüllt sind (→ Vorweggenommene Erbfolge, → Besteuerung von Versorgungsleistungen);

  • Renten nach § 22 Nr. 1a EStG, die der Empfänger aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs bezieht, soweit sie der Ausgleichsverpflichtete als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 3 und 4 EStG abziehen kann (→ Scheidung);

  • Abgeordnetenpension i.S.d. § 22 Nr. 4 Satz 4 Buchst. b EStG;

  • Renten aus einem zertifizierten Altersvorsorgevertrag i.S.d. § 82 EStG (→ Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge) und aus der betrieblichen Altersversorgung gem. § 22 Nr. 5 EStG (s.a. Gunsenheimer, NWB 2011, 1634);

  • Werksrenten nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 EStG (→ Versorgungsbezüge, → Versorgungsfreibetrag).

2.2. Leibrenten

Die Leibrente setzt gleich bleibende Bezüge voraus, die für die Dauer der Lebenszeit einer Bezugsperson gezahlt werden (R 22.3 EStR 2012; H 22.3 [Begriff der Leibrente] EStH 2022). Dazu zählen auch Renten, die anlässlich des unentgeltlichen Übergangs eines Betriebs zwischen Eltern und Kindern vereinbart werden (Versorgungsrenten, → Vorweggenommene Erbfolge). Leibrenten sind zu versteuern nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa oder bb EStG.

Als Leibrenten kommen insbesondere die Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Betracht. Die privaten Leibrenten sind nicht in vollem Umfang, sondern nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG nur insoweit steuerpflichtig, als sie Erträge des Rentenstammrechts enthalten. Dieser Ertragsanteil ist aus der Tabelle in § 22 Nr. 1 EStG zu entnehmen.

2.3. Abgekürzte Leibrenten

Abgekürzte Leibrenten sind Leibrenten, die auf eine bestimmte Zeit beschränkt sind (Höchstzeitrenten). Sie erlöschen, wenn eine Person, von deren Lebenszeit sie abhängen, vor Ablauf der zeitlichen Begrenzung stirbt. Überlebt die Person die zeitliche Begrenzung, so endet die abgekürzte Leibrente mit ihrem Zeitablauf. Der Ertragsanteil bemisst sich nach der in § 55 Abs. 2 EStDV aufgeführten Tabelle (H 22.4 [Leibrente, abgekürzt] EStH 2022).

2.4. Verlängerte Leibrenten

Verlängerte Leibrenten sind Leibrenten, die für eine Mindestzeit gewährt werden (Mindestzeitrenten). Stirbt der Berechtigte vor Ablauf der Mindestzeit, ist die Rente an die Erben zu zahlen. Über die Berechnung des Ertragsanteils für solche Mindestzeitrenten enthält das Gesetz keine ausdrückliche Regelung. Es ist darauf abzustellen, ob die vertraglich vereinbarten monatlichen Zahlungen mehr von den begrifflichen Merkmalen einer Leibrente (Tabelle § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG), nämlich der durchschnittlichen Lebenserwartung, oder mehr vom festgelegten Mindestzeitrahmen geprägt sind (Tabelle § 55 EStDV). Ist z.B. die Lebenserwartung (Tabelle § 22 EStG) geringer als die Mindestzeit (Tabelle § 55 EStDV), wird die Rente über den Tod hinaus weiter gezahlt. Es ist der Wert nach § 55 EStDV zu bestimmen.

Beispiel 1:

A gewährt dem B eine Leibrente, die aber auf jeden Fall 20 Jahre lang gezahlt werden soll. Bei Rentenbeginn ist B

  1. 55 Jahre, bzw.

  2. 63 Jahre alt.

Lösung 1:

Im Fall 1 beträgt der Ertragsanteil nach § 22 EStG 26 % und nach § 55 EStDV 21 %. Es ist der höhere Ertragsanteil anzusetzen, da die Merkmale einer Leibrente überwiegen. Durch den höheren Ertragsanteil nach § 22 EStG wird deutlich, dass der Berechtigte das Zeitmoment von 20 Jahren überleben wird.

Im Fall 2 beträgt der Ertragsanteil nach § 22 EStG 20 % und nach § 55 EStDV 21 %. Es ist der höhere Ertragsanteil nach § 55 EStDV anzusetzen, da die Merkmale einer Mindestzeit überwiegen.

2.5. Zeitrenten

Zeitrenten sind wiederkehrende Bezüge, die nicht von der Lebenszeit eines Menschen abhängen, sondern auf eine bestimmte Zeit befristet sind. Private Zeitrenten sind beim Empfänger grundsätzlich in voller Höhe als sonstige Einkünfte zu erfassen. Verstirbt der Rentenbezieher vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit, geht der Anspruch auf die Rentenleistung i.d.R. auf die Hinterbliebenen über.

3. Die nachgelagerte Besteuerung

3.1. Bundesverfassungsgerichtsentscheidung zur Rentenbesteuerung vor 2005

Das BVerfG hat mit Urteil vom 6.3.2002 (2 BvL 17/99, BStBl II 2002, 618) entschieden, dass § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 EStG ab dem VZ 1996 mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, soweit → Versorgungsbezüge bis auf einen → Versorgungsfreibetrag von höchstens insgesamt 3 072 € zu den steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören und andererseits Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur mit Ertragsanteilen besteuert werden, deren Höhe unabhängig davon festgesetzt ist, in welchem Umfang dem Rentenbezug Beitragsleistungen der Versicherten aus versteuertem Einkommen vorangegangen sind. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens mit Wirkung zum 1.1.2005 eine Neuregelung zu treffen.

Am Schluss der Entscheidung (unter D.II.) hat das BVerfG ausgeführt: »In jedem Fall sind die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird.« Anschließend heißt es, »im Übrigen« sei für die Abwägung zwischen den Erfordernissen folgerichtiger Ausrichtung der Einkommensbesteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen und den Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen ein weiter gesetzgeberischer Entscheidungsraum eröffnet.

3.2. Überblick über die Leibrenten und andere Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG

Korrespondierend mit dem Sonderausgabenabzug in § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) sieht § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG den schrittweisen Übergang zur nachgelagerten Besteuerung vor. Zur Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b EStG s. → Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen.

Hinweis:

Zur vorläufigen Steuerfestsetzung hinsichtlich der möglichen Zuvielbelastung von Alterseinkünften s. BMF vom 15.1.2018, BStBl I 2018, 2 (geändert durch BMF vom 31.1.2022, BStBl I 2022, 131)).

Das BVerfG hat mit verschiedenen Beschlüssen vom 14.6.2016 (2 BvR 290/10, BStBl II 2016, 801 und 2 BvR 323/10) sowie vom 13.7.2016 (2 BvR 288/10 und 2 BvR 289/10) die Verfassungsbeschwerden gegen die steuerliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen im Geltungsbereich des Alterseinkünftegesetzes vom 5.7.2004 nicht zur Entscheidung angenommen.

Die zuletzt durch BMF vom 11.4.2016 (BStBl I 2016, 450) unter Nr. 4 aufgeführte vorläufig durchzuführende Steuerfestsetzung wegen der Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG für Veranlagungszeiträume ab 2005 wird gestrichen.

Ab dem Jahr 2005 gehen folgende Leibrenten und andere Leistungen in die Bemessungsgrundlage der ESt ein (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG; (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 190 bis 269):

  • aus der gesetzlichen Rentenversicherung;

  • von der landwirtschaftlichen Alterskasse;

  • von den berufsständischen Versorgungseinrichtungen;

  • aus privaten kapitalgedeckten Leibrentenversicherungen, bei denen die erworbenen Anwartschaften nicht beleihbar, nicht vererblich, nicht veräußerbar, nicht übertragbar und nicht kapitalisierbar sind (Vertragsabschluss nach dem 31.12.2004; private Rentenversicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG; → Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen).

§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG erfasst alle Leistungen unabhängig davon, ob sie als Rente oder Teilrente (z.B. Altersrente, Erwerbsminderungsrente, Hinterbliebenenrente als Witwen- oder Witwerrente, Waisenrente oder Erziehungsrente) oder als einmalige Leistung (z.B. Sterbegeld oder Abfindung von Kleinbetragsrenten) ausgezahlt werden (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 195).

3.3. Leibrenten und andere Leistungen aus den gesetzlichen Rentenversicherungen

Leibrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen auch bei freiwilligem Eintritt in die Pflichtversicherung der Besteuerung gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG (BFH vom 24.8.2011, VIII R 23/08, BFH/NV 2012, 560, LEXinform 0179138). Allerdings ist die Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG zu prüfen (s.u.).

Zu den Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG gehören auch Zusatzleistungen und andere Leistungen (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 196). Dazu zählen nicht Zinsen auf Rentennachzahlungen. Diese gehören gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (BFH vom 9.6.2015, VIII R 18/12, BStBl II 2016, 523; BMF vom 4.7.2016, BStBl I 2016, 645, Rz. 196).

Beachte:

Der BFH hat sich in seiner Entscheidung 9.6.2015 (VIII R 18/12, BStBl II 2016, 523) mit der Verzinsung von Zahlungsansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung beschäftigt. Das Sozialrecht sieht vergleichbar mit dem Abgabenrecht eine Verzinsung von Erstattungsansprüchen vor. Geregelt ist die Verzinsung in § 44 SGB I. Nach § 44 Abs. 1 SGB I sind sozialversicherungsrechtliche Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 % zu verzinsen. In dem Verfahren war streitig, ob es sich um sonstige Einkünfte gem. § 22 EStG oder um Kapitaleinkünfte nach § 20 EStG handelt.

Zinsen nach § 44 Abs. 1 SGB I, die für eine verspätet gezahlte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gezahlt werden, führen zu steuerpflichtigen Einnahmen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Wirtschaftlich betrachtet sind die Zinsen auch Entgelt für die verspätete Zahlung, d.h. die Vorenthaltung von Kapital, und unterliegen deshalb der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

Aus der Systematik des § 22 Nr. 1 EStG folgt, dass Zinsen, die unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG fallen, nicht als »andere Leistungen« nach Satz 3 Buchst. a steuerpflichtig sein können, da § 22 Nr. 1 EStG subsidiär zu anderen Einkunftsarten ist (s.a. Anmerkung vom 8.10.2015, LEXinform 0947223).

Erziehungsrenten der gesetzlichen Rentenversicherung sind mit dem Besteuerungsanteil gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG der Besteuerung zu unterwerfen. Sie unterscheiden sich von den nicht steuerbaren Schadensersatz- oder Unterhaltsrenten gem. § 844 Abs. 2 BGB, weil sie auf steuerlich abziehbaren Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung beruhen. Die Einbeziehung der Erziehungsrenten in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG durch das AltEinkG ist verfassungsgemäß, BFH vom 19.8.2013, X R 35/11, BStBl II 2014, 557 (s.a. Anmerkung vom 3.10.2013, LEXinform 0944212). Zu den Leibrenten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen gehören alle in § 33 SGB VI aufgezählten Rentenarten, die durch die gesetzliche Rentenversicherung gewährt werden. Das sind neben den Renten wegen Alters (§ 33 Abs. 2, §§ 35 ff. SGB VI) oder wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 33 Abs. 3, §§ 43 ff. SGB VI) auch die Renten wegen Todes (§ 33 Abs. 4, §§ 46 ff. SGB VI). Zu diesen zählen gem. § 47 SGB VI auch die Erziehungsrenten.

Mit Urteil vom 13.4.2011 (X R 33/09, BFH/NV 2011, 1496, LEXinform 0179868; s.a. BFH vom 13.4.2011, X R 54/09, BStBl II 2011, 910) hat der BFH entschieden, dass Erwerbsminderungsrenten der gesetzlichen Rentenversicherungen nicht mit ihrem Ertragsanteil, sondern mit dem Besteuerungsanteil gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG zu besteuern sind. Erwerbsminderungsrenten der gesetzlichen Rentenversicherung gehören zu den Leibrenten und sonstigen Leistungen, die gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu besteuern sind. Daher bestimmt sich der Besteuerungsanteil der Rente nach der Tabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG; eine Ertragsanteilsbesteuerung gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG i.V.m. § 55 Abs. 2 EStDV ist nicht möglich.

Sozialversicherungsrenten sind Leibrenten i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG. Solche Renten sind, wenn sie auf eine bestimmte Zeit beschränkt sind oder zu einem früheren Zeitpunkt als mit dem Tod des Versicherten enden, abgekürzte Leibrenten (BFH vom 4.10.1990, X R 60/90, BStBl II 1991, 89, vom 10.7.2002, X R 46/01, BStBl II 2003, 391). Daran hat sich durch die Neuregelung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG aufgrund des AltEinkG nichts geändert. Zu den Leibrenten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen gehören alle in § 33 SGB VI aufgezählten Rentenarten, die durch die gesetzliche Rentenversicherung gewährt werden, nämlich die Renten wegen Alters (§ 33 Abs. 2, §§ 35 ff. SGB VI), wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 33 Abs. 3, §§ 43 ff. SGB VI) sowie wegen Todes (§ 33 Abs. 4, §§ 46 ff. SGB VI).

Während die Erwerbsminderungsrenten als abgekürzte Leibrenten bis zum Inkrafttreten des AltEinkG nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Satz 4 EStG a.F. i.V.m. § 55 Abs. 2 EStDV zu versteuern waren, fehlt der Neuregelung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ein Hinweis auf eine Ertragsanteilsbesteuerung aufgrund der Rechtsverordnung, sodass auch die Erwerbsminderungsrenten – ebenso wie die anderen in § 33 SGB VI genannten Renten – mit dem Besteuerungsanteil gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu besteuern sind. Demgegenüber werden nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG die Leibrenten, »die nicht solche i.S.d. Doppelbuchst. aa sind«, mit dem in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 4 EStG bestimmten Ertragsanteil besteuert. Sind diese Renten abgekürzte Leibrenten, wird der Ertragsanteil durch eine Rechtsverordnung bestimmt (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 5 EStG). Diese Vorschrift bildet i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 3 EStG die Ermächtigungsgrundlage für die Regelung des § 55 Abs. 2 EStDV, in der die Ertragsanteile für abgekürzte Leibrenten festgelegt worden sind.

Der fehlende Hinweis in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG auf eine mögliche Ertragsanteilsbesteuerung beruht auf keinem Versehen des Gesetzgebers. Dieser hat vielmehr bewusst entschieden, abgekürzte und nicht abgekürzte Leibrenten der Basisversorgung gleich zu behandeln (s.a. BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 195).

Die Neuregelung des Alterseinkünftegesetzes gilt auch für nachgezahlte Erwerbsminderungsrenten, die zwar bis zum 31.12.2004 entstanden, jedoch erst nach der Systemumstellung dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (BFH vom 13.4.2011, X R 19/09, BFH/NV 2011, 1489, LEXinform 0179720, X R 1/10, BStBl II 2011, 915 und X R 17/10, BFH/NV 2011, 1501, LEXinform 0928002; s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 57/11 vom 27.7.2011, LEXinform 0436729, BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 191).

Zum Rentenbeginn bei Erwerbsminderungsrenten nach Bezug von Krankengeld hat der BFH entschieden, dass dann, wenn ein Stpfl. Krankengeld bezogen hat und infolge der späteren Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente der hierfür zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig wird, der Rentenanspruch des Berechtigten insoweit gem. § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt gilt, BFH vom 9.12.2015, X R 30/14, BStBl II 2016, 624. Die Erwerbsminderungsrenten unterliegen damit bereits im Zeitpunkt des Krankengeldes im Umfang der Erfüllungsfiktion mit ihrem Besteuerungsanteil der ESt (s.a. Anmerkung vom 23.2.2016, LEXinform 0947564).

Hinweis:

Beziehen Rentner seit 2006 oder früher eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und verfügen sie über keine anderen steuerpflichtigen Einkünfte, dann führt eine Rente oft nicht zu einer Steuerzahllast, d.h. die Rente ist in diesen Fällen somit faktisch steuerfrei. Bei Verheirateten verdoppeln sich die Beträge sogar. Bei Personen, die 2007 in Rente gegangen sind, liegt der steuerunbelastete Rentenbezug in den genannten Fällen bei 17 541 € pro Person und Jahr (Besteuerungsanteil hier: 54 %). Aus diesen Zahlen lässt sich ableiten, dass die große Mehrheit der Rentner keine Steuern auf ihre Rente zahlen müssen.

Rentenbezug 2008

17 541 €

steuerpflichtiger Anteil 54 % (2008 = Jahr der Festschreibung)

9 472 €

abzgl. Werbungskosten-Pauschbetrag gem. § 9a Nr. 3 EStG

./. 102 €

Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte

9 370 €

abzgl. Sonderausgaben-Pauschbetrag gem. § 10c Satz 1 EStG

./. 36 €

abzgl. Vorsorgeaufwendungen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 EStG (Krankenversicherungsbeiträge); Höchstbetrag

./. 1 500 €

Einkommen, zu versteuerndes Einkommen

7 834 €

Grundfreibetrag gem. § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG)

7 834 €

Zum Vergleich:

Rentenbeginn 2021:

Rentenbezug 2022

15 290 €

steuerpflichtiger Anteil 81 % (2022 = Jahr der Festschreibung)

12 385 €

abzgl. Werbungskosten-Pauschbetrag gem. § 9a Nr. 3 EStG

./. 102 €

Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte

12 283 €

abzgl. Sonderausgaben-Pauschbetrag gem. § 10c Satz 1 EStG

./. 36 €

abzgl. Vorsorgeaufwendungen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 EStG (Krankenversicherungsbeiträge); Höchstbetrag (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 101)

./. 1 900 €

Einkommen, zu versteuerndes Einkommen

10 347 €

Grundfreibetrag gem. § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG

10 347 €

Hinweis:

Fehlende Angaben über erhaltene Rentenbezüge können als Steuerhinterziehung gewertet werden.

Gibt ein Stpfl. Rentenbezüge in seiner Steuererklärung nicht an, so steht der Umstand, dass aufgrund seines Alters und des Vorhandenseins von Kindererziehungszeiten hinsichtlich einer Rente möglicherweise Anlass zu weiteren Ermittlungen bestanden hat, einer Änderung wegen neuer Tatsachen zuungunsten des Steuerpflichtigen nicht entgegen. Auch wenn dem Stpfl. bei Rentenbeginn die Auskunft erteilt wurde, die Rente sei wegen ihrer geringen Höhe nicht steuerpflichtig, ist von vorsätzlicher Steuerhinterziehung auszugehen, wenn der Steuerpflichtige bei Vorhandensein weiterer Einkünfte nicht erklärt (rechtskräftiges Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 23.3.2011, 2 K 1592/10, LEXinform 5012155, s.a. Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz vom 9.6.2011, LEXinform 0436556). S.a. den Fragen-Antwort-Katalog zur Rentenbesteuerung der OFD Frankfurt vom 24.2.2010, S 2255 A – 16 – St 218, LEXinform 5232638.

Mit Beschluss vom 24.7.2013 (4 V 1522/13, EFG 2013, 1464, LEXinform 5015366) hat das FG Rheinland-Pfalz rechtskräftig entschieden, dass Rentner nach Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes zum 1.1.2005 (Neuregelung zur Besteuerung der Renten und Pensionen) auch dann zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet sind, wenn ihnen das FA in dem vor Inkrafttreten der Neuregelung ergangenen (letzten) Einkommensteuerbescheid mitgeteilt hat, dass sie nicht mehr zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet seien (s.a. Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz vom 14.8.2013, LEXinform 0440582).

Beachte:

Nach § 22a Abs. 1 EStG haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Rentenbezugsmitteilungen an die zentrale Stelle zu übermitteln, in denen u.a. die Rentenhöhe mitgeteilt wird.

3.4. Leibrenten und andere Leistungen aus der landwirtschaftlichen Alterskasse

Die Renten wegen Alters, wegen Erwerbsminderung und wegen Todes nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte – ALG – gehören zu den Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG (BMF vom 19.8.20103, BStBl I 2013, 1087, Rz. 200).

3.5. Leibrenten und andere Leistungen aus den berufsständischen Versorgungseinrichtungen

Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen werden nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG besteuert, unabhängig davon, ob die Beiträge als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a EStG berücksichtigt wurden. Die Besteuerung erfolgt auch dann nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG, wenn die berufsständische Versorgungseinrichtung keine den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbaren Leistungen erbringt.

Kinderzuschüsse, die eine berufsständische Versorgungseinrichtung ihren Mitgliedern zahlt, gehören zu den anderen Leistungen, die gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu besteuern sind. Daher bestimmt sich der Besteuerungsanteil der Kinderzuschüsse nach der Tabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG (BFH vom 31.8.2011, X R 11/10, BStBl II 2012, 312). Einer steuerfreien Behandlung dieser Kinderzuschüsse steht der eindeutige Wortlaut des § 3 Nr. 1 Buchst. b EStG entgegen, nach dem lediglich die Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen steuerfrei sind.

Einmalige Leistungen (z.B. Kapitalauszahlungen, Sterbegeld, Abfindung von Kleinbetragsrenten) unterliegen ebenfalls der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 202–205). Das Sterbegeld aus dem berufsständischen Versorgungswerk unterliegt als »andere Leistung« gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit dem Besteuerungsanteil der Einkommensteuer (ebenso BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 204), BFH vom 23.11.2016, X R 13/14, BFH/NV 2017, 445 Nr. 4. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz (FG Baden-Württemberg vom 13.11.2013, 4 K 1203/11) dient diese Auslegung nicht lediglich der Missbrauchsvermeidung (Verhinderung der Umwandlung laufender Rentenleistungen in einmalige Kapitalzahlungen), sondern stellt allgemein die systemgerechte Umsetzung des Konzepts der nachgelagerten Besteuerung sicher, dass der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Vorsorgeaufwendungen und Altersbezügen seit 2005 zugrunde liegt. In Bezug auf das Sterbegeld ist der für »Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten« geltende ermäßigte Steuersatz nicht zu gewähren.

Die auf der Neuregelung beruhende Steuerpflicht entspricht dem Sinn und Zweck der neugeregelten Alterseinkünftebesteuerung mit dem Übergang zur nachgelagerten Besteuerung und verletzt weder den Gleichheitssatz noch verstößt gegen das Rückwirkungsverbot, BFH vom 23.10.2013, X R 3/12, BStBl II 2014, 58.

Kapitalabfindungen, die von berufsständischen Versorgungswerken ihren Versicherten gewährt werden, sind steuerpflichtig, wenn sie ab dem 1.1.2005, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Alterseinkünftegesetzes, dem Stpfl. zugeflossen sind. Seitdem werden die einmaligen Leistungen ebenso wie die laufenden Renten der berufsständischen Versorgungswerke mit dem sog. Besteuerungsanteil, der im Jahr 2005 50 % betrug und der jährlich ansteigt, der Besteuerung unterworfen. Vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes konnte die Kapitalleistung demgegenüber in den meisten Fällen steuerfrei vereinnahmt werden.

Mit Urteil vom 28.2.2014 (5 K 183/11, EFG 2014, 1191, LEXinform 5016379, rkr.; Revision unzulässig, BFH Beschluss vom 3.2.2015, III R 40/14; LEXinform 0950047) hat das FG Schleswig-Holstein entschieden, dass Einkünfte eines Kassenzahnarztes aus der sog. erweiterten Honorarverteilung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein zu den nachträglichen Einkünften aus selbstständiger Arbeit und nicht zu den – nur mit einem Besteuerungsanteil steuerbaren – sonstigen Einkünften i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG gehören (s.a. Mitteilung des FG Schleswig-Holstein vom 30.9.2014, LEXinform 0442380).

Das FG folgt der Rechtsprechung des BFH, nach der Zahlungen aus der sog. »erweiterten Honorarverteilung« nachträgliche Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach § 24 Nr. 2 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 und § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind (BFH vom 6.3.1959, VI 130/55 U, BStBl III 1959, 231 und vom 22.9.1976, IV R 112/71, BStBl II 1977, 29).

Das FG vertritt die Auffassung, dass auch das Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes zum 1.1.2005 zu keiner anderen Beurteilung der Rechtslage führt. Denn § 22 EStG enthalte weiterhin den Grundsatz der Subsidiarität, d.h. § 22 trete grundsätzlich hinter alle anderen Einkunftsarten zurück (so § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG).

Die für die erweiterte Honorarverteilung einbehaltenen Beträge sind beim Kassenarzt bzw. seinem Rechtsnachfolger erst in dem Zeitpunkt als zugeflossen anzusehen, in dem sie aufgrund einer Berufsunfähigkeit ausgeschüttet werden. Sie sind beim Kassenarzt oder dessen Hinterbliebenen bei Zahlung als nachträgliche Einkünfte i.S.d. § 24 Nr. 2i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG stpfl. (vgl. auch BFH vom 14.4.1966, BStBl III, 458). Dabei ist es gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Zahlungen besteht oder nicht, BFH vom 22.9.1976, BStBl II 1977, 29 (OFD Frankfurt vom 27.4.2016, S 2245 A – 5 – St 210, DStR, 2016, 1163).

3.6. Leibrenten und andere Leistungen aus Rentenversicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b EStG

Leistungen aus Rentenversicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b EStG unterliegen der nachgelagerten Besteuerung gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 206 → Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen). Zur Versteuerung von Leibrenten aus Lebensversicherungen s. → LebensversicherungEinkünfte aus Kapitalvermögen.

Für Leibrenten aus Rentenversicherungen, die nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b Doppelbuchst. aa EStG erfüllen, verbleibt es bei der Ertragsanteilsbesteuerung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG. Bei nach dem 31.12.2004 abgeschlossenen Rentenversicherungen, bei denen keine lebenslange Rentenzahlung vereinbart und erbracht wird, erfolgt die Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 206 ff.).

3.7. Rechtsprechungsübersicht zur Rentenbesteuerung

Mit Urteil vom 26.11.2008 (X R 15/07, BStBl II 2009, 710) hat der BFH entschieden, dass der Gesetzgeber durch die endgültige Ausgestaltung der Besteuerung des gesamten Komplexes der Alterseinkünfte nach dem Konzept der nachgelagerten Besteuerung eine folgerichtige und den Gleichheitssatz nicht verletzende Regelung geschaffen hat (Bestätigung durch BFH vom 19.1.2010, X R 53/08, BStBl II 2011, 567).

Die Frage, ob die Begrenzung der steuerlichen Abzugsmöglichkeiten bis zu einem Höchstbetrag von 20 000 €/40 000 € in § 10 Abs. 3 EStG im Rahmen der endgültigen Regelung verfassungsrechtlich zulässig ist, hat der BFH in den Urteilen vom 18.11.2009

  • X R 9/07 (BFH/NV 2010, 412 ), BVerfG Az. 2 BvR 290/10 (LEXinform 0927575). Mit Beschluss vom 14.6.2016 (2 BvR 290/10, BStBl II 2016, 801) hat der BVerfG entschieden, dass gegen die steuerliche Einordnung der Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben und deren begrenzte Abziehbarkeit keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Für das BVerfG sind die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass keine doppelte Besteuerung eintreten kann (s.a. Anmerkung vom 26.7.2016, LEXinform 0652963),

  • X R 34/07 (BStBl II 2010, 414), BVerfG Az. 2 BvR 288/10 (LEXinform 0927507; nicht zur Entscheidung angenommen),

  • X R 6/08 (BStBl II 2010, 282), BVerfG Az. 2 BvR 289/10 (LEXinform 0927574; nicht zur Entscheidung angenommen),

  • X R 45/07 (BFH/NV 2010, 421)

sowie im Urteil vom 9.12.2009 (X R 28/07, BStBl II 2010, 349, BVerfG Az. 2 BvR 323/10, LEXinform 0927508) dahingehend beantwortet, dass die Begrenzung der steuerlichen Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen sowohl unter Berücksichtigung des objektiven als auch des subjektiven Nettoprinzips verfassungskonform ist. Mit Beschluss vom 14.6.2016 (2 BvR 323/10, DStR 2016, 1731, LEXinform 0927508) wurde die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Mit Urteilen vom 4.2.2010 (X R 58/08, BStBl II 2011, 579 und X R 52/08, BFH/NV 2010, 1253, LEXinform 0179506) und vom 19.1.2010 (X R 53/08, BStBl II 2011, 567; Verfassungsbeschwerde unter dem Az. 2 BvR 844/10 wurde nicht zur Entscheidung angenommen, LEXinform 0927762) hat der BFH erneut entschieden, dass die Vorschriften zur Besteuerung der Alterseinkünfte in Gestalt des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) vom 5.7.2004 (BGBl I 2004, 1427) sowohl im Hinblick auf ihre endgültige Ausgestaltung als auch in Bezug auf die getroffene Übergangsregelung verfassungsmäßig sind. Mit Beschluss vom 30.9.2015 (2 BvR 1066/10, FR 2016, 78, LEXinform 0927836) wurde die Verfassungsbeschwerde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (ebenso auch die Verfassungsbeschwerde 2 BvR 1961/10, LEXinform 0928063 gegen das BFH Urteil vom 18.5.2010, X R 29/09, BStBl II 2011, 591).

Auch das FG Münster hat mit Urteil vom 18.11.2011 (14 K 1211/10 E, LEXinform 5013231) die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung der Renteneinkünfte bestätigt. Mit Beschluss vom 29.9.2015 (2 BvR 2683/11, DStR 2015, 2757, LEXinform 1650073) hat das BVerfG die Verfassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

Mit Urteil vom 6.4.2016 (X R 2/15, BStBl II 2016, 733) bestätigt der BFH die bisherige Rechtsprechung indem er feststellt, dass die Besteuerung der Altersrenten mit dem Besteuerungsanteil des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG verfassungsmäßig ist, sofern nicht gegen das Verbot der Doppelbesteuerung verstoßen wird. Zur doppelten Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen nimmt der BFH mit Urteil vom 21.6.2016 (X R 44/14, BFH/NV 2016, 1791, LEXinform 0950100) Stellung. Auch wenn die mit dem AltEinkG geschaffene Übergangsregelung für die Besteuerung von Leibrenten aus der Basisversorgung (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG) grundsätzlich verfassungsgemäß ist, darf es in keinem Fall zu einer verfassungswidrigen doppelten Besteuerung der Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezüge kommen. Die Feststellungslast hierfür liegt beim Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige kann eine verfassungswidrige doppelte Besteuerung bereits bei Beginn des Rentenbezugs rügen. Es kann nicht unterstellt werden, dass zu Beginn des Rentenbezugs zunächst nur solche Rentenzahlungen geleistet werden, die sich aus steuerentlasteten Beiträgen speisen. Weiterhin nimmt der BFH zu den Rechtsfragen, die sich im Rahmen der Berechnung stellen, ob im konkreten Einzelfall eine doppelte Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen gegeben ist, Stellung (s.a. Anmerkung vom 8.11.2016, LEXinform 0948235).

3.8. Steuerfreie Leistungen i.S.d. § 3 EStG

§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG gilt nicht für Einnahmen i.S.d. § 3 EStG wie z.B. (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 197):

  • Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wie z.B. Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsminderungsrenten der Berufsgenossenschaft (§ 3 Nr. 1 Buchst. a EStG),

  • Sachleistungen und Kinderzuschüsse (§ 3 Nr. 1 Buchst. b EStG). Kinderzuschüsse zu einer Rente, die von einem berufsständischen Versorgungswerk gezahlt werden, sind nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG steuerpflichtig und nicht wie die Kinderzuschüsse aus der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 3 Nr. 1 Buchst. b EStG steuerfrei. Die unterschiedliche Behandlung der Kinderzuschüsse verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG (BFH vom 31.8.2011, X R 11/10, BFH/NV 2012, 620, LEXinform 0927707),

  • Übergangsgelder nach SGB VI (§ 3 Nr. 1 Buchst. c EStG),

  • den Abfindungsbetrag einer Witwen- oder Witwerrente wegen Wiederheirat des Berechtigten nach § 107 SGB VI (§ 3 Nr. 3 Buchst. a EStG),

  • die Erstattung von Versichertenbeiträgen, in Fällen, in denen das mit der Einbeziehung in die Rentenversicherung verfolgte Ziel eines Rentenanspruchs nicht oder voraussichtlich nicht erreicht oder nicht vollständig erreicht werden kann (§§ 210 und 286d SGB VI), die Erstattung von freiwilligen Beiträgen im Zusammenhang mit Nachzahlungen von Beiträgen in besonderen Fällen (§§ 204, 205 und 207 SGB VI) sowie die Erstattung der vom Versicherten zu Unrecht geleisteten Beiträge nach § 26 SGB IV (§ 3 Nr. 3 Buchst. b EStG),

  • Ausgleichszahlungen nach § 86 Bundesversorgungsgesetz (§ 3 Nr. 6 EStG),

  • Renten, die als Entschädigungsleistungen aufgrund gesetzlicher Vorschriften – insbesondere des Bundesentschädigungsgesetzes – zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gewährt werden (§ 3 Nr. 8 EStG),

  • Renten wegen Alters und wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die an Verfolgte i.S.d. § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gezahlt werden (§ 3 Nr. 8a EStG),

  • Zuschüsse zur freiwilligen oder privaten Krankenversicherung (§ 3 Nr. 14 EStG),

  • Steuerfreie Einnahmen, die aufgrund eines Abkommens mit einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung zur Begründung von Anrechten auf Altersversorgung übertragenen Werte bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung (§ 3 Nr. 55e EStG),

  • Leistungen nach den §§ 294 bis 299 SGB VI für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 (§ 3 Nr. 67 EStG); aus Billigkeitsgründen gehören dazu auch Leistungen nach § 294a Satz 2 SGB VI für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1927, die am 18.5.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet und am 31.12.1991 keinen eigenen Anspruch auf Rente aus eigener Versicherung hatten.

Entsprechend den Regelungen zur gesetzlichen Rentenversicherung sind folgende Leistungen nach § 3 Nr. 3 Buchst. c EStG i.V.m. § 3 Nr. 3 Buchst. a und b EStG steuerfrei (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 205 neu gef. mit Wirkung ab 10.11.2021 (Zeitpunkt der Bekanntgabe im BStBl I 2021 Nr. 19) durch BMF vom 28.9.2021, BStBl I 2021, 1831):

Gem. § 3 Nr. 3 Buchst. c EStG sind die Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den Leistungen nach § 3 Nr. 3 Buchst. a und b EStG entsprechen, steuerfrei. Hierbei kommt es darauf an, dass die Leistungen als solche vergleichbar sind und sich ihrer Art nach entsprechen (»Wesensgleichheit«, vgl. BFH vom 10.10.2017, BStBl II 2021, 746). Es ist nicht erforderlich, dass sie auf der Grundlage identischer Voraussetzungen erbracht werden. Sind diese – entsprechend Rz. 202 bis 204 steuerbaren – Leistungen gem. § 3 Nr. 3 Buchst. c EStG steuerfrei, erfolgt keine Korrektur des Sonderausgabenabzugs der korrespondierenden Beiträge.

Eine Steuerfreiheit liegt z.B. in folgenden Fällen vor:

  • Witwen- und Witwerrentenabfindungen bei der ersten Wiederheirat (§ 3 Nr. 3 Buchst. c EStG i.V.m. § 3 Nr. 3 Buchst. a EStG).

  • Beitragserstattungen (§ 3 Nr. 3 Buchst. c EStG i.V.m. § 3 Nr. 3 Buchst. b EStG) im Falle der Beendigung der Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn höchstens die Beiträge abzüglich des steuerfreien Arbeitgeberanteils bzw. -zuschusses (§ 3 Nr. 62 EStG) nominal erstattet werden. Dies gilt auch für Beitragserstattungen, die nach Begründung einer erneuten Versicherungspflicht in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung aufgrund der Beendigung dieser Mitgliedschaft geleistet werden.

    Werden bis zu 60 % der für den Versicherten geleisteten Beiträge erstattet, kann die Erstattung aus Vereinfachungsgründen insgesamt als steuerfreie Beitragserstattung behandelt werden. Werden mehr als 60 % der für den Versicherten geleisteten Beiträge erstattet, ist die Beitragserstattung bei Vorlage eines Nachweises in dem Umfang steuerfrei, in dem sie auf eigenen Beiträgen des Versicherten beruht.

    Basiert die Beitragserstattung ganz oder teilweise auf freiwilligen Beiträgen des Versicherten, ist dies unschädlich.

    Nach § 3 Nr. 3 Buchst. b EStG sind auch Beitragserstattungen nach den §§ 204, 205, 207, 286d SGB VI, § 26 SGB IV steuerfrei. Liegen die in den Vorschriften genannten Voraussetzungen auch bei der von einer berufsständischen Versorgungseinrichtung durchgeführten Beitragserstattung vor, handelt es sich insoweit um eine steuerfreie Leistung. Die Beitragserstattungen der Deutschen Rentenversicherung Bund i.S.d. § 210 SGB VI sind als »andere Leistungen« steuerbare Einkünfte gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG. Sie können deshalb nicht zugleich »negative Sonderausgaben« sein. Die Erstattung der Rentenversicherungsbeiträge nach § 210 Abs. 1a SGB VI ist gem. § 3 Nr. 3 Buchst. b EStG steuerfrei (BFH vom 7.7.2020, X R 35/18, LEXinform 0952281). Eine Verrechnung der Beitragserstattungen mit den Altersvorsorgeaufwendungen des Klägers i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG kommt nicht in Betracht. Die Beitragserstattungen sind keine »negativen Sonderausgaben«. Zur Klarstellung weist der BFH daraufhin, dass in der Steuerbarkeit der Beitragserstattung an den Versicherten nach § 210 SGB VI, die als Leistung gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 1 EStG anzusehen ist, der grundlegende Unterschied zu den Beitragserstattungen anderer Sozialversicherungen liegt, etwa zu denen der gesetzlichen Krankenversicherungen. Deren Leistungen sind zwar gem. § 3 Nr. 1a EStG ebenfalls steuerfrei, können aber keiner Einkunftsart zugeordnet werden, sodass sich dort die Frage nach dem Vorliegen »negativer Sonderausgaben« durchaus stellen kann.

Mit dem durch das Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) neu eingefügten § 3 Nr. 14a EStG wird nun der Betrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der aufgrund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach SGB VI geleistet wird (Grundrentenzuschlag), steuerfrei gestellt. Die Steuerfreistellung ist rückwirkend bereits für den Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden (§ 52 Abs. 4 Satz 5 EStG). Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung haben bis zum letzten Tag des Monats Februar 2024 für das jeweilige Leistungsjahr eine insoweit korrigierte Rentenbezugsmitteilung an die Finanzverwaltung zu übermitteln (§ 52 Abs. 4 Satz 6 EStG). Entsprechend musste eine eigene Änderungsvorschrift geschaffen werden. Danach ist ein Einkommensteuerbescheid in dem Umfang zu ändern, der sich aus der korrigierten Rentenbezugsmitteilung ergibt (§ 52 Abs. 4 Satz 7 EStG). Das gilt auch, wenn der Einkommensteuerbescheid bereits bestandskräftig ist (§ 52 Abs. 4 Satz 8 EStG).

4. Durchführung der Besteuerung

4.1. Jahresbetrag der Rente

4.1.1. Grundsätzliches zur Bemessungsgrundlage

Bemessungsgrundlage für den der Besteuerung unterliegenden Anteil ist der Jahresbetrag der Rente. Jahresbetrag der Rente ist die Summe der im Kj. zugeflossenen Rentenbeträge einschließlich der bei Auszahlung einbehaltenen eigenen Beitragsanteile zur Kranken– und Pflegeversicherung. Steuerfreie Zuschüsse zu den Krankenversicherungsbeiträgen sind nicht Bestandteil des Jahresbetrags der Rente. Zum Jahresbetrag der Rente gehören auch die im Kj. zugeflossenen anderen Leistungen (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 218).

4.1.2. Rückwirkende Zubilligung einer Rente

Bei rückwirkender Zubilligung einer Rente ist es möglich, dass der Anspruch auf eine bisher gewährte Sozialleistung (z.B. auf Kranken-, Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe) rückwirkend ganz oder teilweise wegfällt. Steht dem Leistenden deswegen gegenüber dem Rentenversicherungsträger (z.B. nach § 103 SGB X) ein Erstattungsanspruch zu, sind die bisher gezahlten Sozialleistungen i.H. dieses Erstattungsanspruchs als Rentenzahlungen anzusehen. Die Rente gilt in dieser Höhe im Zeitpunkt der Zahlung der ursprünglichen Leistungen als dem Leistungsempfänger zugeflossen (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 157 und BMF vom 7.12.2011, BStBl I 2011, 1223, Rz. 48). Der maßgebliche Prozentsatz bestimmt sich nach dem Jahr der Rentenbewilligung.

Zur Datenübermittlung der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Leistungen nach § 32b Abs. 3 EStG und zur rückwirkenden Verrechnung zwischen Trägern der Sozialleistungen nimmt das BMF-Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 16.7.2013 (BStBl I 2013, 922) Stellung.

Hat ein Leistungsträger (LT 1) Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese wegen der rückwirkenden Zubilligung einer anderen Sozialleistung nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist der für die andere Leistung zuständige Leistungsträger (LT 2) grundsätzlich erstattungspflichtig (vgl. § 102 ff. SGB X). Es erfolgt insoweit regelmäßig kein Rückgriff beim Leistungsempfänger, sondern LT 2 erstattet LT 1 die an den Leistungsempfänger gezahlten Beträge. In diesen Fällen ist die ursprünglich von LT 1 gezahlte Sozialleistung in Höhe dieses Erstattungsanspruchs als Sozialleistung des LT 2 zu qualifizieren. Die von LT 2 gewährte Sozialleistung gilt in dieser Höhe im Zeitpunkt der Zahlung der ursprünglichen Leistung als dem Leistungsempfänger zugeflossen (vgl. BFH vom 10.7.2002, X R 46/01, BStBl II 2003, 391).

LT 2 hat den Leistungsbetrag und LT 1 hat den Minderungsbetrag (Stornierungsbetrag) jeweils in seiner Mitteilung nach § 32b Abs. 3 Satz 1 EStG für das Jahr zu berücksichtigen, in dem die ursprüngliche Leistung dem Leistungsempfänger zugeflossen ist. Eine zuvor bereits übersandte Mitteilung ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch amtlich bestimmte Datenfernübertragung zu korrigieren. Der Stpfl. ist nach § 32b Abs. 3 Satz 2 EStG zu informieren.

Diese Regelungen gelten für die zur Meldung nach § 32b Abs. 3 EStG verpflichteten Sozialleistungsträger unabhängig davon, ob die andere Sozialleistung auch dem Progressionsvorbehalt unterliegt, die andere Leistung als steuerfreie Sozialleistung nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegt oder die andere Sozialleistung als Rente zu besteuern ist (zur entsprechenden Rechtslage bei Renten: vgl. R 32b Abs. 4 EStR 2012; BMF vom 7.12.2011, BStBl I 2011, 1223, Rz. 48).

4.2. Bestimmung des Prozentsatzes

Maßgebend für den prozentualen Besteuerungsanteil der Rente sind das Jahr des Rentenbeginns und der für dieses Jahr in der Tabelle aufgeführte Prozentsatz. Unter Beginn der Rente ist der Zeitpunkt zu verstehen, ab dem die Rente (ggf. nach rückwirkender Zubilligung) tatsächlich bewilligt wird (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 220).

Das – für die Höhe des Besteuerungsanteils maßgebliche – »Jahr des Rentenbeginns« (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG) ist das Jahr, in dem der Rentenanspruch entstanden ist, also seine Voraussetzungen erfüllt sind, BFH vom 31.8.2022, X R 29/20, BFH/NV 2023, 180, LEXinform 0953240. Wird der Beginn des Renteneintritts auf Antrag des Rentenberechtigten zur Erlangung eines höheren Rentenanspruchs über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus aufgeschoben, ist der Zeitpunkt maßgeblich, den der Rentenberechtigte in Übereinstimmung mit den entsprechenden Rechtsgrundlagen des für ihn geltenden Versorgungssystems als Beginn seiner aufgeschobenen Altersrente bestimmt. Der erstmals für das Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt, zu ermittelnde steuerfreie Teilbetrag der Rente hat für Folgejahre keine Bindungswirkung.

Bis zum Jahr 2020 erhöht sich der steuerbare Anteil der Rente für jeden neu hinzukommenden Rentenjahrgang (Kohorte) jährlich um zwei Prozentpunkte, danach um einen Prozentpunkt.

Mit dem Wachstumschancengesetz vom 27.3.2024 (BGBl I 2024, 108) wird der Anstieg des prozentualen Besteuerungsanteils ab dem VZ 2023 für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang auf einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert. Damit wird der volle (100%ige) Besteuerungsanteil erst bei Rentenbeginn im Jahr 2058 (statt bisher 2040) erreicht.

Jahr des Rentenbeginns

Besteuerungsanteil in %

bis 2005

50

ab 2006

52

2007

54

2008

56

2020

80

2021

81

2022

82

2023

82,5

2024

83

2025

83,5

2057

99,5

2058

100

Abb.: Auszug aus der Tabelle zu § 22 EStG

4.3. Ermittlung des steuerfreien Teils der Rente

Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem der Besteuerung unterliegenden Anteil der Rente ist der steuerfreie Teil der Rente. Dieser gilt ab dem Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt, für die gesamte Laufzeit des Rentenbezugs (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 4 und 5 EStG; BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 230 ff.). Bei Renten, die vor dem 1.1.2005 begonnen haben, ist der steuerfreie Teil der Rente des Jahres 2005 maßgebend.

Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des steuerfreien Teils der Rente ist der Jahresbetrag der Rente in dem Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt. Bei Renten mit Rentenbeginn vor dem 1.1.2005 ist der Jahresbetrag der Rente des Jahres 2005 maßgebend (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 231).

Regelmäßige Rentenanpassungen führen nicht zu einer Neuberechnung des steuerfreien Anteils der Rente (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 217 und 232 ff.).

Beispiel 2:

Der Stpfl. X bezieht seit Jahren eine Altersrente aus der gesetzlichen Sozialversicherung. Im Jahr 2005 erhält er eine monatliche Altersrente i.H.v. 1 000 €.

Lösung 2:

Der Besteuerungsanteil der Tabelle in § 22 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG beträgt 50 %. Der Jahresbetrag der Rente beträgt 12 000 €.

Einkünfte im Jahr 2005:

Jahresbetrag der Rente

12 000 €

× 50 %

6 000 €

abzgl. Werbungskosten-Pauschbetrag

./. 102 €

Einkünfte

5 898 €

Es wird für die restliche Laufzeit der Rente ein Freibetrag von 6 000 € festgeschrieben.

Beispiel 3:

ArbN A geht im September 2005 in Rente. Er erhält monatlich 1 000 €. Zum 1.7.2006 erfolgt eine Rentenanpassung auf 1 100 € und zum 1.7.2007 auf 1 200 €.

Lösung 3:

2005:

Im Jahr 2005 gilt ein Besteuerungsanteil von 50 %. Der Rentner hat folgende Beträge zu versteuern:

4 × 1 000 €

4 000 €

× 50 %

2 000 €

abzgl. Werbungskosten-Pauschbetrag

./. 102 €

zu versteuern

1 898 €

Im Jahr 2005 erfolgt jedoch noch keine Festschreibung des Rentenfreibetrages (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 4 EStG).

2006:

6 × 1 000 €

6 000 €

6 × 1 100 €

6 600 €

Summe

12 600 €

× 50 % Freibetrag

6 300 €

anzusetzen

6 300 €

abzgl. Werbungskosten-Pauschbetrag

./. 102 €

zu versteuern

6 198 €

Für die restliche Laufzeit der Rente wird der Freibetrag von 6 300 € festgeschrieben.

2007:

6 × 1 100 €

6 600 €

6 × 1 200 €

7 200 €

Summe

13 800 €

13 800 €

abzgl. festgeschriebener steuerfreier Teil der Rente

./. 6 300 €

abzgl. Werbungskosten-Pauschbetrag

./. 102 €

zu versteuern

7 398 €

Rentenerhöhungen, die auf einer regelmäßigen Rentenanpassung beruhen, werden vollständig nachgelagert besteuert (s.a. BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 217).

Auch die reguläre Anpassung der Renten anhand des aktuellen Rentenwertes (Ost) gem. § 255a SGB VI stellt eine regelmäßige Anpassung i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 7 EStG dar und führt nicht zur Neuberechnung des steuerfreien Teils der Altersrente, BFH vom 3.12.2019, X R 12/18, BFH/NV 2020, 417 (LEXinform 0456120). Reguläre Rentenerhöhungen führen nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nicht zu einer Erhöhung des Rentenfreibetrags. Dies gilt nicht nur für die »normalen« jährlichen Rentenerhöhungen, sondern auch für die Anpassung der in den neuen Bundesländern gezahlten Renten an das Westniveau. In beiden Fällen kommt den regulären Rentenerhöhungen die soziale Funktion zu, die Stellung des Rentners im jeweiligen Lohngefüge zu erhalten und fortzuschreiben. Sie dynamisieren ähnlich einer Wertsicherungsklausel lediglich die Werthaltigkeit dieser Renten, im Fall der Anpassung des aktuellen Rentenwertes (Ost) bezogen auf das Lohngefüge des Beitrittsgebietes. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Sätze 6 und 7 EStG in Bezug auf die Behandlung der Angleichung des Rentenwertes (Ost) als regelmäßige Anpassung bestehen nicht. Insbesondere liegt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen den Altersrenten, die nach Maßgabe des § 255a SGB VI berechnet werden, und Altersrenten aus dem übrigen Bundesgebiet vor.

Mit Bezug auf BFH vom 3.12.2019, X R 12/18, BStBl II 2020, 386 (LEXinform 0456120) erging eine Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder vom 5.10.2020, BStBl I 2020, 951, zur Zurückweisung von Einsprüchen und Änderungsanträgen wegen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Behandlung der Angleichung der Renten im Beitrittsgebiet an das Westniveau als »regelmäßige« Rentenanpassung i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 7 EStG, s.a. (LEXinform 7012453).

4.4. Anpassung des Rentenfreibetrages

Bei unregelmäßigen Änderungen in der Rentenhöhe ist der steuerfreie Teil der Rente anzupassen (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 223, 232–234). Änderungen der Rentenhöhe können beispielsweise durch

  • Einkommensanrechnung oder

  • durch Wechsel von Teil- zu Vollrenten oder

  • Wegfall der Rente oder

  • Wegfall des Kinderzuschusses zur Rente aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder

  • Rentennachzahlungen oder -rückzahlungen,

  • Wechselkursschwankungen oder

  • die »Mütterrente«

entstehen.

Ab dem 1.7.2014 wird Müttern oder Vätern für die Erziehungszeiten ihrer vor 1992 geborenen Kinder die sog. »Mütterrente« gezahlt. Hierbei handelt es sich um einen Teil der Leibrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Bei dieser Rentenerhöhung handelt es sich nicht um eine regelmäßige Rentenanpassung, sondern um eine außerordentliche Neufestsetzung des Jahresbetrags der Rente. Der steuerfreie Teil der Rente ist daher neu zu berechnen. Deshalb ist der bisherige steuerfreie Teil der Rente um den steuerfreien Teil der »Mütterrente« zu erhöhen. Die »Mütterrente« wird mithin nicht in vollem Umfang in die Besteuerung mit einbezogen (Erlass des FinMin Schleswig-Holstein vom 9.6.2015, VI 303 – S 2255 – 152, DStR 2015, 1450, LEXinform 5235327 mit ausführlichem Beispiel; Myßen u.a., NWB 32/2015, 2383 mit ausführlichem Beispiel).

Das LfSt Rheinland-Pfalz befasst sich mit Vfg. vom 17.8.2015 S 2255A-St 32 3, StEK EStG § 22 Nr. 258) ebenfalls mit der Neuberechnung des Besteuerungsanteils bei der Mütterrente.

Die Erhöhung der Rente erfolgte zum 1.7.2014. Es handelt sich nicht um eine eigenständige Rente sondern um einen Teil der Leibrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (es wurde ein zusätzlicher Entgeltpunkt pro Kind gewährt). Der steuerfreie Teil der Rente ist neu zu berechnen.

Die Ermittlung des Rentenfreibetrags nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 6 EStG ist auch in den Rz. 68 ff. des BMF-Schreibens vom 7.12.2011 (BStBl I 2011, 1223) dargestellt. Die Erhöhung einer bereits laufenden gesetzlichen Altersrente durch einen Zuschlag an persönlichen Rentenentgeltpunkten für Kindererziehungszeiten (»Mütterrente«) führt zu einer Anpassung des bisherigen steuerfreien Teils der Rente (Rentenfreibetrag). Hierbei bleiben zwischenzeitliche regelmäßige Rentenanpassungen außer Betracht, BFH vom 14.12.2022, X R 24/20, LEXinform 0953348.

Wichtig ist:

  1. Der Besteuerungsanteil richtet sich nach wie vor nach dem Jahr des Rentenbeginns.

  2. Der Mütterrentenzuschlag enthält auch regelmäßige Anpassungen der Vorjahre.

Die aktuellen Rentenwerte (als Bestandteil der Rentenformel) haben sich in der Zeit von 2004 bis 2023 wie folgt entwickelt:

Rentenwerte

West

Ost

1.7.2024

39,32 €

39,32 €

1.7.2023

37,60 €

37,60 €

1.7.2022

35,52 €

36,02 €

1.7.2021

34,19 €

33,47 €

1.7.2020

34,19 €

33,23 €

1.7.2019

33,05 €

31,89 €

1.7.2018

32,03 €

30,69 €

1.7.2017

31,03 €

29,69 €

1.7.2016

30,45 €

28,66 €

1.7.2015

29,21 €

27,05 €

1.7.2014

28,61 €

26,39 €

1.7.2013

28,14 €

25,74 €

1.7.2012

28,07 €

24,92 €

1.7.2011

27,47 €

24,37 €

1.7.2010

27,20 €

24,13 €

1.7.2009

27,20 €

24,13 €

1.7.2008

26,56 €

23,34 €

1.7.2007

26,27 €

23,09 €

1.7.2006

26,13 €

22,97 €

1.7.2005

26,13 €

22,97 €

1.7.2004

26,13 €

22,97 €

Ab 1.7.2023 gilt künftig ein einheitlicher Rentenwert in ganz Deutschland. Der Bundesrat hat am 16.6.2023 einer entsprechenden Verordnung der Bundesregierung zugestimmt.

Beispiel 4:

Rentenbeginn 1.7.2009:

bisher 35 pers. Entgeltpunkte

monatliche Rente 952,00 €

Jahresbetrag der Rente 2010 = 11 424,00 €

Steuerfreie Teil der Rente bisher 4 798,08 €

Die monatliche Rente im ersten Halbjahr 2014 beträgt 984,90 € und wird wegen der regelmäßigen Rentenanpassung zum 1.7.2014 auf 1 001,35 € erhöht. Zusätzlich wird die

Mütterrente für 3 »West-Kinder« gewährt (= weitere Erhöhung der Rente um mtl. 85,83 €).

Lösung 4:

Bezogen auf den einzelnen Entgeltpunkt sind in der Anpassung zum 1.7.2014 1,41 € regelmäßige Anpassungen der Vorjahre enthalten (28,61 – 27,20). Dies entspricht ab dem 1.7.2014 einem Prozentsatz i.H.v. 4,9283.

Der Anpassungsbetrag 2014 setzt sich in diesem Fall wie folgt zusammen:

984,90 € – 952,00 € = 32,90 €

6 × 32,90 €

197,40 €

1 001,35 € – 952,00 € = 49,35 €

6 × 49,35 €

296,10 €

3 × 28,61 € × 4,9283 % = 4,23 €

6 × 4,23 €

25,38 €

Summe

518,88 €

Neuberechnung des Rentenfreibetrags VZ 2014

Jahresbetrag der Rente (incl. Mütterrente)

12 432,48 €

abzgl. Regelmäßige Anpassungen

518,88 €

verbleiben

11 913,60 €

Besteuerungsanteil 58 % – neuer Rentenfreibetrag somit

5 003,71 €

Ergibt sich aufgrund von Änderungen eines Wechselkurses ein höherer oder niedrigerer Rentenbruttobetrag in Euro, obgleich sich die Höhe der Rente in der ursprünglichen Währung nicht geändert hat, hat dies bei der Besteuerung der Rente zur Folge, dass der steuerfreie Teil der Rente unter Berücksichtigung des maßgebenden Besteuerungsanteils neu berechnet wird (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 6 EStG). Eine Rentenanpassung i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 7 EStG, die nicht zu einer Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente führt und somit zu 100 % der Besteuerung unterliegt, wird darin nicht gesehen (BayLfSt vom 4.5.2009, S 2255 1.1 – 3/2 – St 32/St 33, LEXinform 5232063 und BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 232).

Hinweis:

Regelmäßige Anpassungen führen nicht zu einer Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 7 EStG; BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 217 und 232).

Der steuerfreie Teil der Rente wird bei einer Veränderung des Jahresbetrages der Rente in dem Verhältnis angepasst, in dem der veränderte Jahresbetrag der Rente zum Jahresbetrag der Rente steht, der der Ermittlung des steuerfreien Teils der Rente zugrunde liegt. Regelmäßige Anpassungen des Jahresbetrags der Rente bleiben dabei außer Betracht (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 7 EStG; BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 233). Die für die Berechnung erforderlichen Angaben ergeben sich aus der Rentenbezugsmitteilung (BMF vom 7.12.2011, BStBl I 2011, 1223).

Veränderter Jahresbetrag der Rente ohne regelmäßige Rentenerhöhung seit Festschreibung des Freibetrags

× bisheriger Rentenfreibetrag = neuer Rentenfreibetrag

Jahresbetrag der Rente, der der Ermittlung des Rentenfreibetrages zugrunde gelegen hat

Abb.: Formel zur Anpassung des neuen Rentenfreibetrages

Beispiel 5:

Die Rente des ArbN A im Beispiel 3 wird ab August 2008 auf die Hälfte herabgesetzt.

Lösung 5:

2008:

7 × 1 200 €

8 400 €

5 × 600 €

3 000 €

Summe

11 400 €

11 400 €

Veränderter Jahresbetrag der Rente ohne regelmäßige Rentenerhöhung seit Festschreibung des Freibetrags (11 400 € ./. 1 425 €)

9 975 €

× 6 300 € = 4 988 €

Jahresbetrag der Rente, der der Ermittlung des Rentenfreibetrages zugrunde gelegen hat

12 600 €

Rentenzeitraum

Monatsbetrag

Betrag im Zahlungszeitraum

Anpassungsbetrag

1.9.05–31.12.05

1 000 €

4 000 €

Jahresrente 05

4 000 €

0 €

1.1.06–30.6.06

1 000 €

6 000 €

1.7.06–31.12.06

1 100 €

6 600 €

Jahresbetrag 06

12 600 €

0 €

1.1.07–30.6.07

1 100 €

6 600 €

1.7.07–31.12.07

1 200 €

7 200 €

Jahresbetrag 07

13 800 €

1 200 €

1.1.08–31.7.08

1 200 €

8 400 €

1.8.08–31.12.08

600 €

3 000 €

Jahresbetrag 08

11 400 €

1 425 €

Die oben stehenden Angaben ergeben sich aus der Rentenbezugsmitteilung (BMF vom 13.9.2010, BStBl I 2010, 681 Rz. 172 und 223 ff. und BMF vom 7.12.2011, BStBl I 2011, 1223, Rz. 65 ff.).

In der ab August 08 gekürzten Rente ist derselbe prozentuale Erhöhungsbetrag enthalten, der auf regelmäßige Anpassungen der Jahresrente beruht, wie in der ungekürzten Rente für Juli 08. Der in der Rente enthaltene auf regelmäßigen Anpassungen beruhende Teil der Rente errechnet sich wie folgt:

Januar bis Juli 08: jeweils 1 200 € ./. (12 600 € : 12) = 150 €, insgesamt

1 050 €

August bis Dezember 08: jeweils (600 € : 1 200 €) × 150 € = 75 €, insgesamt

375 €

Anpassungsbetrag insgesamt

1 425 €

Einnahmen 08

11 400 €

abzgl. angepasster steuerfreier Teil

./. 4 988 €

abzgl. Werbungskosten-Pauschbetrag

./. 102 €

zu versteuern

6 310 €

2009:

Unter sonst gleich bleibenden Verhältnissen ist auch der Freibetrag für das Kj. 2009 nochmals neu zu ermitteln, da die Höhe des Freibetrags 2008 zu Gunsten des Stpfl. teilweise noch von den höheren Beträgen der 1. Rente beeinflusst ist. Nach einer Neuberechnung der Rente sind Rentenanpassungen im Vergleich zu dem Jahr mitzuteilen, das dem Jahr einer Neuberechnung der Rente folgt (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 233 und BMF vom 7.12.2011, BStBl I 2011, 1223, Rz. 65; s.a. Lüsch in Littmann/Bitz/Pust, EStG § 22 Rn. 103 Beispiel 4, Stand: Februar 2013).

veränderter Jahresbetrag der Rente

7 200 €

× 6 300 € = 3 600 €

Jahresbetrag der Rente bei der Ermittlung des steuerfreien Teils

12 600 €

12 × 600 € = Bemessungsgrundlage für die Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente

7 200 €

Jahresbetrag der Rente

7 200 €

abzgl. angepasster steuerfreier Teil

./. 3 600 €

abzgl. Werbungskosten-Pauschbetrag

./. 102 €

zu versteuern

3 498 €

Für die restliche Laufzeit der Rente wird der Freibetrag von 3 600 € festgeschrieben.

Dem FA liegt folgende Rentenbezugsmitteilung vor:

Jahr

Leistungsbetrag

Anpassungsbetrag

2005

4 000 €

0 €

2006

12 600 €

0 €

2007

13 800 €

1 200 €

2008

11 400 €

1 425 €

Ermittlung des der Besteuerung unterliegenden Teils der Rente nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG:

Jahr

Besteuerungsanteil der Rente

2005

50 % von 4 000 € = 2 000 €

2006

50 % von 12 600 € ./. 6 300 € = 6 300 €

2007

13 800 € ./. 6 300 € = 7 500 €

2008

11 400 € ./. 4 988 € = 6 412 €

Ermittlung des der Besteuerung unterliegenden Teils der Rente in Anlehnung an die ESt-Erklärung/die Rentenbezugsmitteilung:

2005

2006

2007

2008

Jahresrente lt. Rentenbezugsmitteilung

4 000,00 €

12 600,00 €

13 800,00 €

11 400,00 €

abzgl. Anpassungsbetrag lt. Rentenbezugsmitteilung

./. 0,00 €

./. 0,00 €

./. 1 200,00 €

./. 1 425,00 €

Zwischensumme

4 000,00 €

12 600,00 €

12 600,00 €

9 975,00 €

darauf fester Prozentsatz (hier: 50 %)

2 000,00 €

6 300,00 €

6 300,00 €

4 987,50 €

zzgl. Anpassungsbetrag lt. Rentenbezugsmitteilung

+ 0,00 €

+ 0,00 €

+ 1 200,00 €

+ 1 425,00 €

= der Besteuerung unterliegender Anteil der Rente

2 000,00 €

6 300,00 €

7 500,00 €

6 412,50 €

S.a. BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Beispiel in Rz. 234 sowie BMF vom 7.12.2011, BStBl I 2011, 1223, Beispiel 2 in Rz. 70.

4.5. Prozentsatzermittlung bei Folgerenten aus demselben Rentenrecht

Renten wegen Berufs– oder Erwerbsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind stets abgekürzte Leibrenten, weil ihre Laufzeit beschränkt ist; sie enden in dem Zeitpunkt, in dem die Rente in die Altersrente umgewandelt wird (H 22.4 [Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit] EStH 2022). Die Bemessung der Laufzeit ist ab dem VZ 2005 nicht mehr erforderlich, da die Besteuerung nicht mehr nach § 55 EStDV, sondern nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG erfolgt. Mit Vollendung des 65. Lebensjahres erfolgt die Umwandlung in die Altersrente (Leibrente; R 22.4 Abs. 5 EStR 2012). Durch die Umwandlung wird eine neue Rente begründet.

Folgerenten aus demselben Rentenrecht liegen z.B. vor, wenn

  • eine Rente wegen voller Erwerbsminderung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung oder umgekehrt,

  • einer Erwerbsminderungsrente eine Altersrente,

  • einer Großen Witwen- oder Witwerrente eine Kleine Witwen- oder Witwenrente oder umgekehrt,

  • einer Erziehungsrente eine Altersrente oder

  • einer Altersrente eine Witwen- oder Witwerrente oder Waisenrente

folgt.

Witwen- bzw. Witwerrenten sind zu unterscheiden in

  • Kleine Witwen- bzw. Witwerrente und

  • Große Witwen- bzw. Witwerrenten.

Die Kleine Witwen- bzw. Witwerrente wird nach dem Tod des versicherten Ehegatten der Witwe (dem Witwer) gewährt. Sie ist stets als abgekürzte Leibrente zu behandeln, da davon auszugehen ist, dass die Rente mit Vollendung des 45. Lebensjahres in eine lebenslängliche Große Witwen- bzw. Witwerrente umgewandelt wird (R 22.4 Abs. 6 EStR 2012).

Die Große Witwenrente, die aufgrund sozialversicherungsrechtlichen Übergangsrechts nur für eine bestimmte Anzahl von Jahren gezahlt und danach infolge der Anrechnung eigenen Einkommens der Rentenberechtigten aller Voraussicht nach auf Dauer entfallen wird, ist eine abgekürzte Leibrente (BFH vom 14.6.2000, X R 33/97, BStBl II 2000, 672).

Ab 1.1.2005 ist die Unterscheidung in Kleine und Große Witwenrente nicht mehr erforderlich, da sowohl für bestehende als auch für neu beginnende Renten die Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG durchzuführen ist.

Folgerenten aus derselben Versicherung liegen auch dann vor, wenn die Rentenempfänger nicht identisch sind wie z.B. bei einer Altersrente mit nachfolgender Witwen- oder Witwerrente oder Waisenrente (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 224 ff.).

Folgen nach dem 31.12.2004 Renten aus derselben Versicherung einander nach, wird bei der Ermittlung des Prozentsatzes nicht der tatsächliche Beginn der Folgerente herangezogen. Vielmehr wird ein fiktives Jahr des Rentenbeginns ermittelt, indem vom tatsächlichen Rentenbeginn der Folgerente die Laufzeiten vorhergehender Renten abgezogen werden. Dabei darf der Prozentsatz von 50 % nicht unterschritten werden (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 8 EStG). BMF vom 1.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 225–229).

Beispiel 6:

Die seit fünf Jahren gezahlte Erwerbsminderungsrente wird bei Vollendung des 65. Lebensjahres im Jahr 2014 in eine Regelaltersrente umgewandelt.

Lösung 6:

Für die Regelaltersrente ab dem Jahr 2014 wäre ein Besteuerungsanteil von 68 % zugrunde zu legen. Für die Ermittlung dieses Besteuerungsanteils ist jedoch der niedrigere Besteuerungsanteil der vorausgegangenen Rente wie folgt zu berücksichtigen:

Jahr des Beginns der Altersrente

2014

abzüglich Laufzeit der vorhergehenden Rente

./. 5

für die Bestimmung des Besteuerungsanteils maßgebendes Jahr

2009

Der Besteuerungsanteil für die Regelaltersrente beträgt

58 %

Beispiel 7:

A bezieht von Oktober 03 bis Dezember 06 (= 3 Jahre und 3 Monate) eine Erwerbsminderungsrente i.H.v. 1 000 €. Anschließend ist er wieder erwerbstätig. Ab Februar 13 erhält er seine Altersrente i.H.v. 2 000 €.

Lösung 7:

S.a. BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Beispiel in Rz. 226.

In 03 und 04 ist die Erwerbsminderungsrente gem. § 55 Abs. 2 EStDV mit einem Ertragsanteil von 4 % zu versteuern, in 05 und 06 gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit einem Besteuerungsanteil von 50 %. Der der Besteuerung unterliegende Teil für die ab Februar 13 gewährte Altersrente ermittelt sich wie folgt:

Rentenbeginn der Altersrente

Februar 13

abzgl. der Laufzeit der Erwerbsminderungsrente (3 Jahre und 3 Monate) = fiktiver Rentenbeginn

November 09

Besteuerungsanteil lt. Tabelle

58 %

Jahresbetrag der Rente in 13: 11 × 2 000 €

22 000 €

Besteuerungsanteil 58 %

12 760 €

Renten, die vor dem 1.1.2005 geendet haben, werden nicht als vorhergehende Renten berücksichtigt und wirken sich daher auf die Höhe des Prozentsatzes für die Besteuerung der nachfolgenden Rente nicht aus (BMF vom 1.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 227).

Abwandlung Beispiel 7:

Die Erwerbsminderungsrente wurde von Oktober 00 bis Dezember 04 bezogen.

Lösung Abwandlung Beispiel 7:

In diesem Fall folgen nicht nach dem 31.12.04 mehrere Renten aus derselben Versicherung einander nach mit der Folge, dass für die Ermittlung des Besteuerungsanteils für die Altersrente das Jahr 13 maßgebend ist und folglich ein Besteuerungsanteil von 66 %

4.6. Zusammenfassende Übersicht zu den Folgen der Änderung des Jahresbetrags der Rente

Der Jahresbetrag der Rente ändert sich in den Folgejahren durch

regelmäßige Anpassungen.

unregelmäßige Anpassungen durch

Folgerenten nach dem 31.12.2004 aus demselben Rentenrecht.

Renten aus einem anderen Rentenrecht.

  • Einkommensanrechnung oder

  • durch Wechsel von Teil- zu Vollrenten oder

  • Wegfall der Rente oder

  • Rentennachzahlungen oder -rückzahlungen

(BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 223 und 232 ff.).

Folgerenten aus demselben Rentenrecht liegen z.B. vor, wenn

  • eine Rente wegen voller Erwerbsminderung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung oder umgekehrt,

  • einer Erwerbsminderungsrente eine Altersrente,

  • einer großen Witwen- oder Witwerrente eine kleine Witwen- oder Witwenrente oder umgekehrt,

  • einer Erziehungsrente eine Altersrente oder

  • einer Altersrente eine Witwen- oder Witwerrente oder Waisenrente

folgt.

Renten aus einem anderen Rentnerecht liegen z.B. vor, wenn neben einer eigenen Altersrente zusätzlich eine Rente im Rahmen des Versorgungsausgleichs durch interne oder externe Teilung geleistet wird. Es handelt sich dabei um einen eigenen (zusätzlichen) Rentenanspruch der ausgleichsberechtigten Person (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 224).

Zur internen und externen Teilung s. BMF vom 24.7.2013, BStBl I 2013, 1022, Rz. 401 und 402.

Es erfolgt keine neue Ermittlung des steuerfreien Anteils und des jeweiligen Prozentsatzes (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 6 EStG; BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 217 und 232).

Der steuerfreie Teil der Rente ist auf der Basis des bisher maßgebenden Prozentsatzes mit der veränderten Bemessungsgrundlage neu zu ermitteln (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 232; § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 6 und 7 EStG).

Regelmäßige Anpassungen bleiben bei der Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente außer Betracht.

Bei der Ermittlung des Prozentsatzes der Folgerente wird nicht der tatsächliche Beginn der Folgerente herangezogen, sondern es wird ein fiktives Jahr des Rentenbeginns der Folgerente ermittelt (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 8 EStG; BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 224 bis 229 und 235).

Zur Besteuerung bei der internen Teilung s. BMF vom 24.7.2013, BStBl I 2013, 1022, Rz. 412 bis 414. Es ist auf den Rentenbeginn der ausgleichsberechtigten Person abzustellen. Zur Besteuerung bei der externen Teilung s. BMF vom 24.7.2013, BStBl I 2013, 1022, Rz. 415 ff. und BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 270 ff. Die Besteuerung erfolgt nach § 22 Nr. 5, nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb oder nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 283).

Abb.: Übersicht zu den Folgen der Änderung des Jahresbetrags der Rente

Beispiel 8:

Der Steuerpflichtige A erhält eine Witwerrente, deren Höhe variabel ist, weil die Rente jährlich unter Berücksichtigung des aktuellen anderen Erwerbs- und/oder Erwerbsersatzeinkommens neu berechnet wird. A bezieht die Witwerrente seit 1.1.2007. Die verstorbene Ehefrau des A hatte eine der Witwerrente vorhergehende Altersrente vom 1.3.1997 bis 31.12.2006 bezogen.

Im Kj. 2007 erklärte A eine Witwerrente i.H.v. 8 589 €, wovon 50 % d.h. 4 295 € als steuerpflichtiger Teil der Besteuerung zugrunde gelegt wurden.

Für das Jahr 2008 erklärte A eine Witwerrente i.H.v. 6 406 €. Das FA ermittelte den steuerpflichtigen Teil mit 50 %, d.h. i.H.v. 3 203 € und legte diesen Betrag der Besteuerung zugrunde. Nach Ansicht des A sei aber ein steuerfreier Teil i.H.v. 4 295 € zu berücksichtigen.

Lösung 8:

Der Sachverhalt und die Lösung ergeben sind dem Urteil des FG Köln vom 23.10.2013 (4 K 2322/10, LEXinform 5015734) nachgebildet.

Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei der Witwerrente des A um eine Folgerente nach dem 31.12.2004 aus demselben Rentenrecht handelt.

Folgerenten aus demselben Rentenrecht liegen z.B. vor, wenn einer Altersrente eine Witwen- oder Witwerrente folgt. Bei der Ermittlung des Prozentsatzes der Folgerente wird nicht der tatsächliche Beginn der Folgerente herangezogen, sondern es wird ein fiktives Jahr des Rentenbeginns der Folgerente ermittelt (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 8 EStG; BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 224–229 und 235).

Rentenbeginn der Witwerrente

1.1.2007

abzgl. der Laufzeit der Altersrente vom 1.3.1997 bis 31.12.2006 (9 Jahre und 9 Monate) = fiktiver Rentenbeginn somit von 2005

vor 2005

Besteuerungsanteil lt. Tabelle (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 8 EStG)

50 %

Grundsätzlich wird der steuerfreie Teil der Rente gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Sätze 4 und 5 EStG in einem lebenslang geltenden und grundsätzlich gleichbleibenden Freibetrag festgeschrieben. Allerdings ist hiervon abweichend der steuerfreie Teil der Rente gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchs. a Doppelbuchst. aa Satz 6 EStG bei einer Veränderung des Jahresbetrags der Rente in dem Verhältnis anzupassen, in dem der veränderte Jahresbetrag der Rente zum Jahresbetrag der Rente steht, der der Ermittlung des steuerfreien Teils der Rente zugrunde liegt.

Ob eine Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente bei Anpassungen des Jahresbetrages einer Witwenrente aufgrund von Einkommensanrechnungen zu erfolgen oder zu unterbleiben hat, ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden. Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass Veränderungen des Jahresbetrages einer Witwenrente aufgrund von Einkommensanrechnungen stets zu einer Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente führen (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 232 ff. mit Berechnungsbeispiel).

Formel zur Neuberechnung:

veränderter Jahresbetrag der Rente

6 406 €

× 4 295 € = 3 203 €

Jahresbetrag der Rente bei der Ermittlung des steuerfreien Teils

8 589 €

4.7. Besteuerung von Auslandsrenten

Nach § 49 Abs. 1 Nr. 7 EStG werden nachgelagert zu besteuernde Renten (insbes. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung) als inländische Einkünfte in die beschränkte Steuerpflicht einbezogen. Dies führt dazu, dass im Ausland lebende Rentner, deren Rente nachgelagert besteuert wird, eine ESt-Erklärung zur beschränkten Einkommensteuerpflicht abzugeben haben. Allerdings setzt dies voraus, dass Deutschland in den entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht zugewiesen bekommen hat.

So hat z.B. der BFH mit Urteil vom 20.12.2017 entschieden, dass die beschränkte Einkommensteuerpflicht der von der Deutschen Rentenversicherung Bund in das Ausland (hier: Kanada) gezahlten Renten nicht durch das DBA-Kanada 2001 ausgeschlossen wird. Die in Art. 18 Abs. 3 Buchst. c DBA-Kanada 2001 vorgenommene Zuordnung des Besteuerungsrechts für Sozialversicherungsrenten an Kanada lässt das in Art. 18 Abs. 1 Satz 2 DBA-Kanada 2001 vorbehaltene Quellenbesteuerungsrecht Deutschlands unberührt; das zu Art. 18 DBA-Kanada 2001 ergangene Protokoll steht dem nicht entgegen (BFH vom 20.12.2017, I R 9/16, LEXinform 0950836).

In dem entschiedenen Fall bezog die Klägerin in den Jahren 2009 bis 2011 (Streitjahre) eine Leibrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Sie lebt seit 2001 in Kanada und hielt sich 2009 rund fünf Monate und 2010 rund vier Monate in Deutschland auf; dabei nutzte sie eine von Bekannten auf Anfrage zur Verfügung gestellte Wohnung. Das FA setzte unter Hinweis auf § 49 Abs. 1 Nr. 7 und § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung Einkommensteuern gegen die Klägerin fest. Dabei berücksichtigte es die Rente jeweils nur mit ihrem steuerpflichtigen Teil. Nach Ansicht des BFH sind die angefochtenen Steuerfestsetzungen rechtmäßig, da die Besteuerung der der Klägerin zugeflossenen Sozialversicherungsrenten nicht durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern, zur Verhinderung der Steuerverkürzung und zur Amtshilfe in Steuersachen vom 19.4.2001 (DBA-Kanada) beschränkt wird. Keinesfalls verdrängt die Regelung zugleich das in Art. 18 Abs. 1 Satz 2 DBA-Kanada 2001 eingeräumte konkurrierende Zugriffsrecht des Quellenstaats. Dieses Recht bleibt vielmehr unberührt. Es wird in Deutschland innerstaatlich durch § 49 Abs. 1 Nr. 7 EStG auch wahrgenommen. Das Ziel des Abkommens, Doppelbesteuerungen zu vermeiden, wird dadurch nicht unterlaufen; vielmehr stellt Art. 23 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Buchst. d DBA-Kanada 2001 sicher, dass Kanada als Ansässigkeitsstaat entsprechende Maßnahmen im Einklang mit seinen innerstaatlichen Gesetzen vorsieht.

4.8. Rentennachzahlungen

Die Besteuerung gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG gilt auch für Rentennachzahlungen. Die Neufassung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG durch das AltEinkG ist gem. § 52 Abs. 1 EStG auch auf Nachzahlungen früherer Jahre anwendbar. Hinsichtlich der Rentennachzahlungen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Nachzahlungen nicht von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG umfasst sein sollen. So sind auch die Konsequenzen von Nachzahlungen auf die Berechnung des der Besteuerung zugrunde zu legenden Besteuerungsanteils gesetzlich geregelt: Führen Rentennachzahlungen für vergangene Jahre zu einer Erhöhung des Jahresbetrages der Rente, ist nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 6 EStG eine Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente notwendig (s.a. BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 232 ff.).

Nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG ist der der Besteuerung unterliegende Anteil der Rente nach dem Jahr des Rentenbeginns und dem in diesem Jahr maßgebenden Prozentsatz aus der dort stehenden Tabelle zu entnehmen. Der Besteuerungsanteil für alle Renten, bei denen das Jahr des Rentenbeginns vor 2006 liegt, beträgt danach 50 %. Dieser Prozentsatz gilt auch z.B. für die im Jahr 2006 nachgezahlte Erwerbsminderungsrente für das Jahr 2004, da deren Beginn im Jahr 2004 und damit vor 2006 liegt.

Gem. § 40 Abs. 1 SGB I entstehen Ansprüche auf Sozialleistungen, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Eine Rente wird grundsätzlich nach § 99 SGB VI von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, sofern die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wurde, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren. Bei einer Erwerbsminderungsrente ist gem. § 43 SGB VI Voraussetzung, dass eine teilweise oder volle Erwerbsminderung sowie besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen vorliegen. Aufgrund der Sonderregelung des § 101 Abs. 1 SGB VI werden befristete Renten, wie z.B. eine Erwerbsminderungsrente, nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach Eintritt der Erwerbsminderung geleistet. Der Zeitpunkt des erstmaligen Zuflusses einer Rentenzahlung ist für den »Rentenbeginn« i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG irrelevant.

Die Neufassung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG ist trotz des rechtlich z.B. im Jahr 2004 liegenden Rentenbeginns auf die z.B. im Jahr 2006 nachgezahlte Erwerbsminderungsrente anwendbar. § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des AltEinkG bestimmt, dass »diese Fassung des Gesetzes erstmals für den Veranlagungszeitraum 2005 anzuwenden« ist, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG sind Einnahmen und Ausgaben nach dem kalenderjahrbezogenen Zu- und Abflussprinzip zu erfassen, sofern nicht eine abweichende gesetzliche Ausnahmeregelung anzuwenden ist. Da Rentennachzahlungen keine regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen sind, die einem Stpfl. kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kj. zugeflossen sind, kann die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht greifen, wonach diese Zahlungen als in dem Kj. bezogen gelten, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Damit sind die Rentennachzahlungen für das Jahr 2004 der Neuregelung des AltEinkG zu unterwerfen.

§ 52 Abs. 1 EStG in der ab dem Veranlagungszeitraum 2005 geltenden Fassung ist nicht im Wege einer teleologischen Auslegung so zu reduzieren, dass Nachzahlungen von Renten, die bis zum 31.12.2004 entstanden und erst ab dem Veranlagungszeitraum 2005 ausgezahlt worden sind, nach der Systematik der alten Rechtslage zu besteuern sind.

Dass Rentennachzahlungen möglicherweise unter Umständen, die vom Stpfl. nicht zu beeinflussen sind, erst verspätet gezahlt werden und deswegen in den Anwendungsbereich des AltEinkG gelangen, erfordert nicht, ein Grundprinzip der Einkommensbesteuerung, nämlich die Besteuerung des tatsächlich verwirklichten Sachverhalts, gesetzlich einzuschränken.

Die Neuregelung der Rentenbesteuerung durch das AltEinkG ist – auch in Bezug auf die Rentennachzahlungen früherer Jahre – verfassungsgemäß. Die Besteuerung der Rentennachzahlungen des Jahres 2004 gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG verstößt insbesondere nicht gegen das Rückwirkungsverbot.

Rechtfertigungsgrund für die Einbeziehung auch von Nachzahlungen in die Neuregelungen des AltEinkG ist das dem EStG für Überschusseinkünfte zugrunde liegende Zuflussprinzip. § 11 EStG ermöglicht die Abschnittsbesteuerung, indem er die Entscheidung darüber trifft, wann eine Einnahme anzusetzen ist. Es ist offensichtlich, dass der Gesetzgeber gewisse Härten, die sich notwendigerweise aus der Abschnittsbesteuerung und dem Zuflussprinzip im Einzelfalle ergeben können, bewusst in Kauf genommen hat. Mit dieser Grundentscheidung für die Anwendung des Zuflussprinzips bei den Überschusseinkünften, zu denen auch die Renteneinkünfte gehören, geht eine Verwaltungsvereinfachung einher, die ebenfalls als Rechtfertigungsgrund heranzuziehen ist.

Die Vfg. der OFD Frankfurt vom 21.9.2011 (S 2255 A – 23 – St 218, LEXinform 5233588) behandelt ausführlich, mit Berechnungsbeispielen, die Besteuerung von Rentennachzahlungen, die bis einschließlich 2004 bzw. ab 2005 gezahlt werden. Weiterhin nimmt die OFD zur Verrechnung der Nachzahlung mit Sozialleistungen Stellung. S.a. BFH vom 13.4.2011 (X R 33/09, BFH/NV 2011, 1496, LEXinform 0179868).

Die im Zusammenhang mit Rentennachzahlungen gezahlten Zinsen unterlagen bis zum VZ 2004 der Steuerpflicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (BFH vom 13.11.2007, VIII R 36/05, BStBl II 2008, 292) und unterliegen ab 2005 der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 196).

Beachte:

Mit Urteil vom 9.6.2015 (VIII R 18/12, BStBl II 2016, 523) hat der BFH entschieden, dass die Zinsen Entgelt für die verspätete Zahlung, d.h. die Vorenthaltung von Kapital sind und deshalb der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG unterliegen. Daran hält der BFH auch nach Änderung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG durch das AltEinkG fest. Zinsen nach § 44 SGB I stellen keine »anderen Leistungen« im Sinne dieser Norm dar (entgegen BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 196).

Beispiel 9:

Der Steuerpflichtige B bezieht ab Mai 2004 (65 Jahre alt) eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 1 000 € (brutto). Nach einem längeren Rechtsstreit wird im Jahr 2006 die Rente rückwirkend neu berechnet. A erhält eine Nachzahlung i.H.v. 5 400 € (einschließlich der einbehaltenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) sowie Nachzahlungszinsen i.H.v. 234 €. Ab August 2006 betragen die monatlichen Rentenzahlungen 1 200 €.

Lösung 9:

Zu Sachverhalt und Lösung s. OFD Frankfurt vom 21.9.2011 (S 2255 A – 23 – St 218, LEXinform 5233588).

Sowohl die laufenden Rentenzahlungen als auch die Nachzahlung sind mit dem Besteuerungsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu versteuern. Dass ein Teil der Nachzahlung (8 Monate × 200 € = 1 600 €) für 2004 gezahlt wird, d.h. für einen Zeitraum, in dem Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Ertragsanteil besteuert wurden, ist unerheblich. Der Prozentsatz beträgt 50 %, da der Rentenbeginn vor 2005 liegt.

Auch die Nachzahlungszinsen sind mit dem Besteuerungsanteil zu versteuern, da § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG neben Leibrenten auch andere Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung erfasst (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 196). Der Prozentsatz bestimmt sich unabhängig vom Jahr der Zahlung der Zinsen nach dem Jahr des Beginns der Leibrente und beträgt somit ebenfalls 50 % (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 222).

Mit Urteil vom 9.6.2015 (VIII R 18/12, BStBl II 2016, 523) hat der BFH entschieden, dass die Zinsen Entgelt für die verspätete Zahlung, d.h. die Vorenthaltung von Kapital sind und deshalb der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG unterliegen. Daran hält der BFH auch nach Änderung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG durch das AltEinkG fest. Zinsen nach § 44 SGB I stellen keine »anderen Leistungen« im Sinne dieser Norm dar (entgegen BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 196). In der weiteren Berechnung werden die Grundsätze der BFH-Rechtsprechung berücksichtigt.

Die Nachzahlung führt zu einer Erhöhung des Jahresbetrags der Rente und somit zu einer Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente. Da keine regelmäßigen Rentenanpassungen erfolgt sind, kann im Ergebnis der bisherige Prozentsatz auf den tatsächlichen Jahresbetrag der Rente angewandt werden (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Sätze 6 und 7 EStG).

Rentenzeitraum

Monatsbetrag

Betrag im Zahlungszeitraum

Jahresrente 2005

1 000 €

12 000 €

1.1.–31.7.2006

1 000 €

7 000 €

1.8.–31.12.2006

1 200 €

6 000 €

Nachzahlung

5 400 €

Zinsen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG)

0 €

Jahresrente 2006

18 400 €

2005

2006

2007

Jahresrente

12 000 €

18 400 €

14 400 €

darauf fester Prozentsatz (hier: 50 %)

6 000 €

9 200 €

7 200 €

./.

Werbungskosten-Pauschbetrag

102 €

102 €

102 €

=

zu versteuern

5 898 €

9 098 €

7 098 €

Der auf die Nachzahlung entfallende Besteuerungsanteil i.H.v. 5 400 € × 50 % = 2 700 € ist nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. Abs. 1 EStG begünstigt (R 34.4 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStR).

Die Besteuerung der Nachzahlung mit dem Besteuerungsanteil wurde – auch soweit sie auf Zeiträume vor 2005 entfällt – durch Urteile: BFH vom 13.4.2011 (X R 1/10, BStBl II 2011, 915, X R 19/09, BFH/NV 2011, 1489, LEXinform 0179720 und X R 17/10, BFH/NV 2011, 1501, LEXinform 0928002) bestätigt.

Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind im Jahr der Nachzahlung als sonstige Vorsorgeaufwendungen im Rahmen des Höchstbetrags des § 10 Abs. 4 und Abs. 4a EStG abzugsfähig.

Die Zinsen, die von der Rentenversicherung mit der Rentennachzahlung geleistet werden, gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Die Kapitalerträge unterliegen nach § 32d Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 EStG dem gesonderten Steuertarif von 25 %.

4.9. Problem der doppelten Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen

Auch wenn die mit dem AltEinkG geschaffene Übergangsregelung für die Besteuerung von Leibrenten aus der Basisversorgung (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG) grds. verfassungsgemäß ist, darf es in keinem Fall zu einer verfassungswidrigen doppelten Besteuerung der Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezüge kommen, BFH vom 21.6.2016 – X R 44/14, BFH/NV 2016, 1791. Die Feststellungslast hierfür liegt beim Stpfl.

Mit Urteilen vom 19.5.2021, X R 33/19 (LEXinform 0952631) und X R 20/19 (LEXinform 0952483) hatte sich der X. Senat erneut mit der Frage der doppelten Besteuerung der Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Basisvorsorge) beschäftigt und folgende Grundsätze aufgestellt:

Einem Stpfl., der nachweisen kann, dass es in seinem konkreten Einzelfall zu einer doppelten Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen kommt, kann allerdings aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Anspruch auf eine Milderung des Steuerzugriffs in der Rentenbezugsphase zustehen. Eine solche doppelte Besteuerung ist nicht gegeben, wenn die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen. Die erforderliche Vergleichs- und Prognoserechnung ist auf der Grundlage des Nominalwertprinzips vorzunehmen.

Als steuerfrei bleibende Rentenzuflüsse sind in der Vergleichs- und Prognoserechnung die infolge der gesetzlichen Übergangsregelung zu beanspruchenden Rentenfreibeträge (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 4 EStG) für die Rente des Stpfl. sowie für eine etwaige Hinterbliebenenrente seines statistisch voraussichtlich länger lebenden Ehegatten anzusetzen. Weitere Beträge, die im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Rentners abziehbar sind oder steuerfrei gestellt werden, sind nicht einzubeziehen (z.B. Grundfreibetrag, Sonderausgabenabzug für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Beitragsanteile des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung der Rentner, Werbungskosten-Pauschbetrag, Sonderausgaben-Pauschbetrag).

Für die Ermittlung der in Veranlagungszeiträumen bis 2004 aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Altersvorsorgeaufwendungen sind die Beiträge zu den verschiedenen Sparten der gesetzlichen Sozialversicherung (einschließlich der ihnen gleichgestellten Teile der Vorsorgeaufwendungen nicht gesetzlich Versicherter) gleichrangig zu berücksichtigen. Alle anderen nach damaliger Rechtslage dem Grunde nach abziehbaren Vorsorgeaufwendungen werden im Rahmen der retrospektiv vorzunehmenden Prüfung, in welchem Umfang Altersvorsorgeaufwendungen in früheren Veranlagungszeiträumen als aus versteuertem Einkommen geleistet gelten, lediglich nachrangig berücksichtigt. In Fällen der Zusammenveranlagung von Eheleuten, die jeweils eigene Vorsorgeaufwendungen getragen haben, werden die gemeinsamen Sonderausgaben-Höchstbeträge im Verhältnis der vorrangig zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen beider Eheleute aufgeteilt. Eine Kürzung um Beitragsanteile, die nach der Finanzierungs- und Ausgabenstruktur der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung kalkulatorisch nicht auf die Leistung von Alters- oder Hinterbliebenenrenten entfallen, ist nicht vorzunehmen.

Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (AdV-Verfahren) bestätigt der BFH seine o.g. Senatsurteile vom 19.5.2021, X R 33/19 und X R 20/19 und damit die Notwendigkeit einer Vergleichs- und Prognoserechnung auf Grundlage des Nominalwertprinzips BFH Beschluss X B 53/21 (AdV) vom 24.8.2021 (LEXinform 4237871). Eine verfassungsrechtlich unzulässige doppelte Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Alterseinkünften gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ist nach inzwischen ständiger höchstrichterlicher Rspr. jedenfalls dann nicht gegeben, wenn die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Rentenbeiträge. Alternativen Berechnungsmethoden wie einem Vergleich des relativen Anteils von aus versteuerten Beiträgen erdienten Rente-Entgeltpunkten (§ 63 Abs. 2 SGB VI) mit dem gesetzlich angeordneten Steuerfreistellungsanteil der Rente erteilt er eine Abfuhr. Aus dem Leitsatz:

Eine verfassungsrechtlich unzulässige doppelte Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Alterseinkünften gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ist nach inzwischen ständiger höchstrichterlicher Rspr. jedenfalls dann nicht gegeben, wenn die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Rentenbeiträge.

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022, verkündet BGBl I 2022, 2294) wurde der bisher ab dem Jahr 2025 vorgesehene vollständige Sonderausgabenabzug auf das Jahr 2023 vorgezogen. Bisher ist gesetzlich vorgesehen, dass diese Altersvorsorgeaufwendungen bis zu dem Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung (§ 10 Abs. 3 EStG) erstmals im Jahr 2025 zu 100 % als Sonderausgaben berücksichtigt werden können. Mit der Änderung soll nun einer möglichen doppelten Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen entgegengewirkt werden.

5. Ausnahme von der nachgelagerten Besteuerung bei privaten Rentenversicherungen

Private Leibrentenversicherungen werden in die Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG nur einbezogen, wenn es sich um Neuverträge handelt, die die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erfüllen (→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen). Andere private Rentenversicherungen unterliegen weiterhin der Ertragsanteilsbesteuerung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG. Die Regelungen in § 22 Nr. 5 EStG müssen beachtet werden (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 207 und 212; → Besteuerung von Versorgungsleistungen).

Zur Versorgungsrente s. → Vorweggenommene Erbfolge.

Die Tabelle in § 55 Abs. 2 EStDV wird an die Absenkung der Ertragsanteile in § 22 EStG angepasst. § 55 EStDV ist für folgende Renten anzuwenden:

  • Altrenten: mit Beginn vor dem 1.1.1955;

  • Fremdrenten: Leibrente, deren Dauer von der Lebenszeit einer anderen Person als dem Bezugsberechtigten abhängig ist;

  • Mehrpersonenrenten: Leibrenten, deren Dauer von der Lebenszeit mehrerer Personen abhängt sowie

  • abgekürzte private Leibrenten (private Berufsunfähigkeitsrente).

Hinweis:

Die auf der Grundlage des § 93 Abs. 3 EStG förderunschädlich ausgezahlte Kapitalabfindung einer Kleinbetragsrente ist nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in vollem Umfang einkommensteuerpflichtig, BFH vom 6.11.2019, X R 39/17, BStBl II 2020, 217 (LEXinform 0951713). Bei der Kapitalabfindung handelt es sich um die Auszahlung aus einem zweckgebundenen Altersvorsorgevermögen der Klägerin, das sie durch Beiträge aufgebaut hat, für die sie die steuerliche Förderung – Altersvorsorgezulage oder Sonderausgabenabzug – in Anspruch genommen hatte. Da ihre Aufwendungen mithin einkommensteuerlich entlastet waren und es aufgrund der Regelung des § 93 Abs. 3 EStG trotz der vorzeitigen Kapitalisierung der laufenden Rentenansprüche endgültig bei dieser Entlastung blieb, entspricht es der gesetzlichen Systematik, die Auszahlung des mit den Beiträgen und den gutgeschriebenen Zinsen aufgebauten Kapitals »nachgelagert« zu besteuern.

Abgrenzung zwischen Leibrente und dauernder Last:

Für die Änderbarkeit von Versorgungsleistungen als Voraussetzung für die Annahme einer dauernden Last nach der für bis zum 31.12.2007 abgeschlossene Verträge geltenden Rechtslage genügt es nicht, wenn substanziell nur eine Änderbarkeit zugunsten des Übernehmers, nicht aber auch zugunsten des Übergebers vereinbart ist, BFH vom 15.11.2023, X R 3/21, LEXinform 0953602. Eine dauernde Last setzt voraus, dass die wiederkehrenden Leistungen sowohl zugunsten des Übergebers als auch zugunsten des Übernehmers des übertragenen Vermögens abänderbar sind.

6. Rentenbezugsmitteilungen an die zentrale Stelle

Siehe BMF vom 7.12.2011, BStBl I 2011, 1223. anzuwenden mit Wirkung ab 1.1.2012. Es ist auch anzuwenden, sofern Rentenbezugsmitteilungen für Veranlagungszeiträume vor 2012 ab dem 1.1.2012 ausgestellt, berichtigt oder storniert werden.

Nach § 22a Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG müssen Rentenbezugsmitteilungen von den Mitteilungspflichtigen durch Datenfernübertragung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz an die zentrale Stelle übermittelt werden. Hierbei hat der Mitteilungspflichtige für Rentenbezugsmitteilungen, die für den Veranlagungszeitraum 2010 ff. zu übermitteln sind, die im BStBl veröffentlichten Auslegungsvorschriften der Finanzverwaltung zu beachten (§ 22a Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Finanzverwaltung ist nicht an die Angaben aus der Rentenbezugsmitteilung gebunden, da diese kein Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO ist. Der für die Übersendung der Rentenbezugsmitteilung erforderliche amtlich vorgeschriebene Datensatz ist auf der Internetseite des BZSt (www.bzst.bund.de) veröffentlicht (vgl. BMF vom 13.8.2008, BStBl I 2008, 846). Die für die Datenübermittlung erforderliche Schnittstelle und die dazugehörige Dokumentation werden von der zentralen Stelle in einem geschützten Bereich des Internets unter http://www.zfa.deutsche-rentenversicherung-bund.de zur Verfügung gestellt.

Für jeden Vertrag und für jede Leibrente oder andere Leistung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG oder § 22 Nr. 5 EStG, bei denen die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine gesonderte Rentenbezugsmitteilung erforderlich; ob diese Leistung beim Leistungsempfänger gegebenenfalls einer anderen Einkunftsart (z.B. Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG oder Einkünften aus selbstständiger Arbeit nach § 18 EStG) zuzuordnen ist, ist von der Finanzverwaltung zu prüfen. Eine gesonderte Rentenbezugsmitteilung ist auch erforderlich, wenn es sich um verschiedene Renten bzw. Leistungen aus derselben Versicherung oder demselben Vertragsverhältnis handelt (vgl. BMF vom 7.12.2011, BStBl I 2011, 1223, Rz. 17 ff. und BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 224).

Soweit Renten, Teile von Renten oder andere (Teil-)Leistungen steuerfrei sind oder nicht der Besteuerung unterliegen (z.B. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung; s.a. BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 197), ist keine Rentenbezugsmitteilung zu übermitteln (vgl. BMF vom 7.12.2011, BStBl I 2011, 1223, Rz. 103 f.). Aufzunehmen sind hingegen Renten oder andere (Teil-)Leistungen, für die Deutschland infolge eines DBA kein oder nur ein eingeschränktes Besteuerungsrecht hat.

Die Rentenbezugsmitteilung ist bis zum 1. März des Jahres zu übermitteln, das auf das Jahr folgt, in dem die Leistung zugeflossen ist (§ 22a Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Rentenbezugsmitteilung darf nicht vor Ablauf des Jahres übermittelt werden, in dem die Leistung zugeflossen ist. Dies gilt auch dann, wenn die Leistung im Laufe des Jahres beendet wurde. Für die Veranlagungszeiträume 2005 bis 2008 waren die Rentenbezugsmitteilungen in dem Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2009 zu übermitteln (§ 52 Abs. 38a EStG; Schreiben des BZSt vom 28.10.2008, BStBl I 2008, 955).

Mitteilungspflichtig nach § 22a Abs. 1 Satz 1 EStG sind

  • die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung,

  • der Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung für die Träger der Alterssicherung der Landwirte,

  • die berufsständischen Versorgungseinrichtungen,

  • die Pensionskassen inklusive der Versorgungsausgleichskasse,

  • die Pensionsfonds,

  • die Versicherungsunternehmen,

  • die Unternehmen, die Verträge i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b EStG anbieten und

  • die Anbieter i.S.d. § 80 EStG. Dies gilt auch, wenn es sich bei diesen Einrichtungen um Einrichtungen mit Sitz im Ausland handelt und sie zur Ausübung des Geschäftsbetriebs im Inland befugt sind.

Zu den Mitteilungspflichtigen i.S.d. § 22a EStG zählen auch die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, die Zusatzversorgungskassen des kommunalen und kirchlichen Dienstes, die Versorgungsanstalt der deutschen Kulturorchester, die Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen, die Versorgungsanstalt der deutschen Bezirksschornsteinfegermeister, die Hilfskasse des Landtages Nordrhein-Westfalen und die Gemeinsame Ausgleichskasse im Seelotswesen der Seelotsreviere, da sie die Versicherung biometrischer Risiken betreiben (Rz. 5 und 6 des BMF-Schreibens vom 7.12.2011, BStBl I 2011, 1223).

7. Öffnungsklausel

7.1. Allgemeiner Überblick

Das Gesetz sieht eine Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen mit dem Ertragsanteil vor, soweit diese auf bis zum 31.12.2004 geleisteten Beiträgen beruhen, welche oberhalb des Betrags des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden. Der Stpfl. muss nachweisen, dass der Betrag des Höchstbeitrags mindestens zehn Jahre überschritten wurde und er muss beim FA einen entsprechenden Antrag auf Besteuerung der Rente mit dem Ertragsanteil stellen. Sind die Voraussetzungen erfüllt, wird die bezogene Rente in einen nachgelagert zu besteuernden Anteil und in einen mit dem Ertragsanteil zu besteuernden Teil aufgeteilt (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG; Öffnungsklausel, BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 238–269). Zur Anwendung der Öffnungsklausel s.a. OFD Frankfurt vom 27.1.2016 (S 2255 A – 37 – St 220, StEd 2016, 190).

Durch die Öffnungsklausel in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG werden auf Antrag des Stpfl. Teile der Leibrenten oder anderer Leistungen, die anderenfalls der nachgelagerten Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG unterliegen würden, nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG besteuert (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 238).

Die Öffnungsklausel für eine zumindest teilweise Ertragsanteilsbesteuerung von Basisversorgungsrenten ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 Halbsatz 1 EStG nur auf Antrag des Stpfl. und nicht von Amts wegen anzuwenden, BFH vom 19.5.2021 – X R 20/19 (LEXinform 0952483). Zwar sind an einen Antrag keine hohen Anforderungen zu stellen. Finanzverwaltung und Schrifttum gehen deshalb zu Recht davon aus, dass die Öffnungsklausel auch formlos beantragt werden kann. Weder muss der Antrag bereits mit Abgabe der Einkommensteuererklärung gestellt werden noch muss er ausdrücklich auf Anwendung der Öffnungsklausel lauten; ein konkludenter Antrag genügt.

Bezieht ein Stpfl. Altersrenten sowohl aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung als auch aus der gesetzlichen Rentenversicherung und kann er wegen Beitragszahlungen oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung hinsichtlich der Rente aus der berufsständischen Versorgungseinrichtung zum Teil die Ertragsanteilsbesteuerung beanspruchen (sog. Öffnungsklausel), erstreckt sich dieses Recht nicht auch auf die Besteuerung der gesetzlichen Rente, BFH vom 14.12.2022, X R 24/20 (LEXinform 0953348). Der steuerfreie Teil der Rente nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 4 EStG ist ohne Berücksichtigung desjenigen Teils der Rentenleistungen zu berechnen, der auf Antrag des Stpfl. der Ertragsanteilsbesteuerung unterliegt (Anschluss an Senatsurteil vom 3.5.2017, X R 12/14, BFHE 258, 317, Rz 24 ff.).

7.2. Zehn-Jahres-Zeitraum

Die Anwendung der Öffnungsklausel setzt voraus, dass bis zum 31.12.2004 in mindestens zehn Jahren Beiträge oberhalb des Betrags des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden. Der gesetzlich geforderte Zehnjahreszeitraum der Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BFH Urteil vom 4.2.2011, X R 58/08, BStBl II 2011, 579). Dabei ist jedes Kj. getrennt zu betrachten. Die Jahre müssen nicht unmittelbar aufeinander folgen. Der jährliche Höchstbeitrag ist auch dann maßgebend, wenn nur für einen Teil des Jahres Versicherungspflicht bestand oder nicht während des ganzen Jahres Beiträge geleistet wurden. Für die Prüfung, ob die Zehn-Jahres-Grenze erfüllt ist, sind nur die vor dem 1.1.2005 liegenden Beitragsjahre zu berücksichtigen. Beiträge, die nach dem 31.12.2004 gezahlt wurden, sind nicht einzubeziehen (BFH Urteil vom 19.1.2010, X R 53/08, BStBl II 2011, 567; BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 240).

Für die Prüfung, ob Beiträge oberhalb des Betrags des Höchstbeitrags gezahlt wurden, ist grundsätzlich der Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten und Arbeiter (West) im Jahr der Zahlung heranzuziehen. Für die Prüfung der Öffnungsklausel kommt es nicht allein darauf an, in welchem Jahr die Beiträge gezahlt wurden, sondern auch darauf, für welche Jahre die Beiträge geleistet wurden (BFH vom 4.2.2010, X R 58/08, BStBl II 2011, 579 und vom 18.5.2010, X R 1/09, BFH/NV 2010, 1803). Aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG folgt zunächst nur, dass Rentenzahlungen betroffen sind, die darauf beruhen, dass Rentenbeitragszahlungen oberhalb des jeweiligen Höchstbeitrags geleistet wurden. Der Vorschrift ist aber keine Aussage darüber zu entnehmen, wann die Zahlungen oberhalb des Höchstbeitrags erfolgt sein müssen; die einzige zeitliche Begrenzung ist der 31.12.2004, bis zu dem sich Zahlungen für die Öffnungsklausel qualifizieren konnten (s.a. BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 241).

In den Jahren, in denen im gesamten Kj. eine Versicherung in der knappschaftlichen Rentenversicherung bestand, ist deren Höchstbeitrag maßgebend. Bis 1949 galten in den gesetzlichen Rentenversicherungen unterschiedliche Höchstbeiträge für Arbeiter und Angestellte. Sofern keine Versicherungspflicht in den gesetzlichen Rentenversicherungen bestand, ist stets der Höchstbeitrag für Angestellte in der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten zugrunde zu legen. Höchstbeitrag ist die Summe des ArbG- und des ArbN-Anteils zur jeweiligen gesetzlichen Rentenversicherung. Die maßgeblichen Höchstbeiträge ergeben sich für die Jahre 1927 bis 2004 aus der dem BMF-Schreiben vom 19.8.2013 (BStBl I 2013, 1087) als Anlage beigefügten Tabelle.

Jahr

Gesetzliche Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten

Knappschaftliche Rentenversicherung

1950

720,00 DM

1 890,00 DM

1951

720,00 DM

1 890,00 DM

1952

780,00 DM

2 160,00 DM

1953

900,00 DM

2 700,00 DM

1954

900,00 DM

2 700,00 DM

1955

967,50 DM

2 700,00 DM

1959

1 344,00 DM

2 820,00 DM

1960

1 428,00 DM

2 820,00 DM

1961

1 512,00 DM

3 102,00 DM

1962

1 596,00 DM

3 102,00 DM

1963

1 680,00 DM

3 384,00 DM

1969

3 264,00 DM

5 640,00 DM

1970

3 672,00 DM

5 922,00 DM

1971

3 876,00 DM

6 486,00 DM

1979

8 640,00 DM

13 536,00 DM

1980

9 072,00 DM

14 382,00 DM

1981

9 768,00 DM

15 876,00 DM

1989

13 688,40 DM

22 005,00 DM

1990

14 137,20 DM

22 885,20 DM

1991

14 001,00 DM

22 752,00 DM

1999

20 094,00 DM

32 635,20 DM

2000

19 917,60 DM

32 563,20 DM

2001

19 940,40 DM

32 613,60 DM

2002

10 314,00 €

16 916,40 €

2003

11 934,00 €

19 425,00 €

2004

12 051,00 €

19 735,80 €

Abb.: Höchstbeträge der gesetzlichen Rentenversicherung

7.3. Ermittlung der geleisteten Beiträge

Für die Frage, ob in einem Jahr Beiträge oberhalb des Betrags des Höchstbeitrags gezahlt wurden, sind sämtliche Beiträge zusammenzurechnen, die in dem einzelnen Jahr an gesetzliche Rentenversicherungen, an landwirtschaftliche Alterskassen und an berufsständische Versorgungseinrichtungen gezahlt wurden. Dabei kommt es darauf an, für welches Jahr die Beiträge gezahlt wurden (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 242 i.V.m. 240).

Konnte der Stpfl. in rentenrechtlich zulässiger Weise Nachzahlungen von Vorsorgebeiträgen für ein vorangegangenes Kalenderjahr leisten, die jedoch erst im Zahlungsjahr rentenrechtlich wirksam werden, sind diese Beiträge im Rahmen der Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG als Beiträge für das Jahr zu berücksichtigen, für das sie zulässigerweise geleistet wurden (BFH vom 4.9.2019, X R 43/17, LEXinform 0951795). Die vom Kläger im Jahr 2003 für das Jahr 2002 geleisteten freiwilligen Mehrzahlungen, die den im Jahr 2002 geltenden Höchstbeitrag überschreiten, sind im Rahmen der Prüfung der Öffnungsklausel als eigener Jahresbeitrag für 2002 zu berücksichtigen. Nach Sinn und Zweck der Öffnungsklausel sind diese Nachzahlungen bei der Ermittlung des Zehnjahreszeitraums ebenfalls als Beiträge des Jahres zu berücksichtigen, für das sie zulässigerweise geleistet wurden.

Im Rahmen der sog. Öffnungsklausel können in die Prüfung, welche Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden, nur die tatsächlich geleisteten Beiträge einbezogen werden. Versorgungsanwartschaften eines Beamten bleiben unberücksichtigt (BFH vom 18.5.2010, X R 29/09, BStBl II 2011, 591; Anmerkung vom 13.8.2010, LEXinform 0879061).

Im Urteilsfall (X R 29/09, BStBl II 2011, 591) hatte sich der BFH mit einem Beamten beschäftigt, der als Zusatzversorgung freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hatte, aber nicht mindestens zehn Jahre über den Höchstbeiträgen. Der Kläger hatte geltend gemacht, dass die Öffnungsklausel in verfassungskonformer Auslegung so zu interpretieren sei, dass fiktive Beiträge zu seiner Beamtenversorgung in die Höchstbetragsberechnung einzubeziehen seien. Dem ist der BFH nicht gefolgt und hat ausgeführt, dass – wortlautentsprechend – nur tatsächlich gezahlte Rentenversicherungsbeiträge einzubeziehen seien. Versorgungsanwartschaften eines Beamten bleiben danach unberücksichtigt. Verfassungsrechtlich sei dies unbedenklich.

Beispiel 10:

Herr Dr. Karl Lauer erhält seit Mai 1987 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (2005 = 14 512 €) und seit Oktober 1988 eine Rente aus einem berufsständischen Versorgungswerk (2005 = 42 474 €). Im Hinblick auf die Besteuerung von Alterseinkünften nach dem Alterseinkünftegesetz beantragt Herr Lauer ab dem Veranlagungszeitraum 2005 die Anwendung der Öffnungsklausel, da er 27 Jahre Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt hat. Laut der der Steuererklärung beigefügten Bescheinigung des berufsständischen Versorgungswerks hat der Stpfl. 27 Jahre lang Beiträge an das berufsständische Versorgungswerk geleistet, die den Höchstbetrag zur gesetzlichen Rentenversicherung überschritten haben. Der Prozentsatz für die Anwendung der Öffnungsklausel, der durch das Versorgungswerk ermittelt wurde, beträgt 41,93 %. Außerdem hat er vier Jahre lang allein durch die Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung den Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung überschritten (hier: Jahre 1968, 1972, 1977, 1979). Die Bescheinigung der gesetzlichen Rentenversicherung über den Prozentsatz der Öffnungsklausel für die gesetzliche Rente fehlt.

Lösung 10:

Sachverhalt und Lösung s. Beispiel 1 der Vfg. der OFD Rheinland vom 19.3.2007 (S 2255 – 1020 – St 221, LEXinform 5230702, inhaltsgleich OFD Münster vom 19.3.2007, S 2255 – 52 – St 22 – 31, S 2255 – 52 – St 22 – 31).

Herr Lauer hat vor dem 1.1.2005 in mindestens zehn Jahren Beiträge oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt. Hierbei sind sämtliche Beiträge zusammenzurechnen, die an die gesetzliche Rentenversicherung und an die Ärzteversorgung geleistet wurden. Die Voraussetzungen zur Anwendung der Öffnungsklausel sind damit erfüllt.

Anwendung der Öffnungsklausel auf die Rente aus dem berufsständischen Versorgungswerk:

Der Stpfl. hat seiner Steuererklärung 2005 den Beitragsnachweis über die Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung und an das berufsständische Versorgungswerk beigefügt. In der Bescheinigung des Versorgungswerkes ist der Prozentsatz der Versorgungsleistungen ausgewiesen, mit dem diese Rente der Ertragsanteilsbesteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG unterliegt (hier: 41,93 %). Der vom Versorgungswerk bescheinigte Prozentsatz von 41,93 % ist auf die Leistungen aus dem berufsständischen Versorgungswerk (2005 = 42 474 €) anzuwenden.

Anwendung der Öffnungsklausel auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung:

Der Stpfl. hat in den Jahren 1968, 1972, 1977, 1979 allein durch Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung die Beitragsbemessungsgrenze überschritten. Die gesetzliche Rentenversicherung hat auf der Grundlage der Entgeltspunkte dieser Jahre den Anteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu ermitteln, der der Ertragsanteilsbesteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG unterliegt. Herr Lauer sollte darauf hingewiesen und aufgefordert werden, bei der gesetzlichen Rentenversicherung auf der Grundlage der Bescheinigung des berufsständischen Versorgungswerks eine entsprechende Bescheinigung anzufordern und nachzureichen.

S.a. BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Beispiel in Rz. 250.

7.4. Öffnungsklausel bei einmaligen Leistungen

Einmalige Leistungen unterliegen nicht der Besteuerung, soweit auf sie die Öffnungsklausel Anwendung findet.

S.a. BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Beispiel in Rz. 257.

8. Fremdfinanzierte Rente

Finanzierungskosten, die durch den Abschluss eines Vertrages über eine sofort beginnende Leibrentenversicherungsleistung gegen Zahlung eines Einmalbetrages veranlasst sind, können als Werbungskosten bei den Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen abziehbar sein, wenn der Rentenberechtigte nach den gegebenen Umständen, vor allem im Hinblick auf seine (statistische) Lebenserwartung bei Vertragsabschluss damit rechnen kann, dass die Einnahmen (i.H.d. Ertragsanteile) den Finanzierungsaufwand übersteigen (BFH vom 15.12.1999, BStBl II 2000, 267). Die Vfg. der OFD Kiel vom 4.10.2000 (FR 2001, 323) nimmt zur steuerrechtlichen Behandlung von Rentenversicherungen und Lebensversicherungen gegen finanzierten Einmalbetrag Stellung (s.a. OFD Hannover vom 16.4.2002, S 2212 – 3 – StO 223, FR 2002, 851). Zur Gesamtüberschussprognose bei fremdfinanzierter Rente gegen Einmalbetrag s.a. FG Düsseldorf vom 7.9.2001 (18 K 5112/94 E, EFG 2002, 137, rkr.) sowie BFH vom 16.9.2004 (X R 25/01, BStBl II 2006, 228). In dem BFH-Urteil vom 16.9.2004 wird die Überschussprognose anschaulich dargestellt.

Makler- und Vermittlungsgebühren stellen keine Werbungskosten dar (BFH vom 30.10.2001, VIII 29/00, BStBl II 2006, 223). Eine vom Anleger anlässlich der Vermittlung eines komplexen und beratungsintensiven Kombinationsprodukts (hier: »Kombi-Rente«, bestehend aus einer sofort beginnenden Leibrente gegen Einmalbeitrag, einem langfristigen Darlehen, einer Kapitalanlage in Investmentfondsanteilen und einer Risiko-Lebensversicherung) an den Vermittler zu zahlende Provision kann von den Vertragsparteien im Regelfall nicht mit steuerlicher Wirkung ausschließlich der Vermittlung des Darlehens zugeordnet werden, BFH vom 16.9.2004, X R 19/03.

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Stpfl. beim Abschluss einer privaten Rentenversicherung mit Einkunftserzielungsabsicht gehandelt hat, sind in die hiernach gebotene Prognose der insgesamt anfallenden steuerpflichtigen Einnahmen auch solche künftigen Rentenzahlungen einzubeziehen, die nach dem wahrscheinlichen Verlauf der Dinge nach dem Tod des Versicherungsnehmers an dessen Ehegatten als Hinterbliebenenrente ausgezahlt werden (BFH vom 16.9.2004, X R 29/02, BStBl II 2006, 234).

Bezieht der Stpfl. aufgrund eines Rentenversicherungsvertrages gegen Einmalbeitrag auf Lebenszeit sowohl eine garantierte »Grundrente« als auch eine nicht garantierte »Bonusrente aus der Überschussbeteiligung«, so sind beide Bestandteile der wiederkehrenden Bezüge einheitlich zu beurteilen und trotz der durch die fehlende Gleichmäßigkeit der Leistungen bedingten Nichterfüllung des Leibrentenbegriffs lediglich mit ihrem Ertrags- bzw. Zinsanteil der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen (BFH vom 20.6.2006, X R 3/06, BStBl II 2006, 870).

Nach § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG ist § 15b EStG für Investitionen entsprechend anzuwenden, die nach dem 10.11.2005 getätigt werden. Näheres s. unter → Steuerstundungsmodelle.

Die OFD Münster erläutert den Aufbau der gängigen Renten- bzw. Kapitallebensversicherung, die durch Zahlung eines Einmalbetrages finanziert werden, und regelt bezogen auf die verschiedenen Einkunftsarten deren steuerliche Folgen (OFD Nordrhein-Westfalen vom 2.1.2014, S 2212-1002-St 222, StEK EStG § 20 Nr. 404). Seit den 1990er Jahren werden Versicherungsmodelle angeboten, bei denen dem Anleger eine zusätzliche private Altersversorgung in Aussicht gestellt wird, die er durch Bankkredit und Steuerersparnisse finanziert. Der Anleger schließt hierfür eine Renten- oder Kapitallebensversicherung gegen Einmalbetrag ab, aus der er eine lebenslange Altersversorgung bezieht, oftmals ergänzt um eine umfangreiche Hinterbliebenenversorgung. Der Einmalbetrag (die Versicherungsprämie) wird durch ein Bankdarlehen finanziert. Während der Finanzierungsdauer von ca. 10 bis 15 Jahren entstehen dem Anleger zumeist erhebliche Verluste aus § 20 EStG und/oder § 22 EStG. (Beachte: Mit Einführung der Abgeltungsteuer ab dem Jahr 2009 besteht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ein Werbungskostenabzugsverbot; s. Abschn. III Tz. 2b der Vfg. der OFD Münster.)

Der BFH hat mit Urteil vom 15.12.1999 (X R 23/95, BStBl II 2000, 267) grundlegend zu einem derartigen Modell Stellung genommen. Die Ausführungen sind für die Beurteilung von Vertragsabschlüssen vergleichbarer Sachverhalte zu beachten (vgl. hierzu Abschn. III Tz. 1 und 2 der Vfg). Werden Verluste geltend gemacht, ist zu prüfen, ob die Vertragsabschlüsse mit Totalüberschusserzielungsabsicht erfolgt sind. Die Vfg. stellt die Versicherungsmodelle und die Zahlungsströme durch Übersichten deutlich dar:

Die Modelle umfassen in der Regel mehrere Kapitalanlagen (Rentenversicherung, Lebensversicherung und/oder Investmentplan), die jeweils getrennt steuerlich zu würdigen sind (BFH vom 24.3.1992, VIII R 12/89, BStBl II 1993, 18).

Der Stpfl. erzielt:

  • aus den Rentenversicherungen Einkünfte aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG,

  • aus den Lebensversicherungen, die zur lebenslangen Altersvorsorge und/oder zur Kredittilgung abgeschlossen wurden, Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 6 oder 7 EStG und

  • aus den zur Tilgung eingesetzten Wertpapierdepots (Anteile an Investmentfonds) Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Die Finanzierungskosten für die Einmalbeträge dieser Einkunftsquellen, also den Erwerb der Kapitalanlagen, stellen grundsätzlich Werbungskosten im Rahmen der betreffenden Einkunftsarten dar. Während der (i.d.R.) 15-jährigen Finanzierungsphase erzielt der Stpfl. hohe Verluste aus den Einkunftsarten. Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) ist der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ab dem 1.1.2009 ausgeschlossen (§ 20 Abs. 9 Satz 1 EStG).

Aus Rentenversicherungen und ähnlichen Produkten, die eine lebenslange Versorgung sicherstellen sollen, bezieht der Stpfl. von Anfang an lebenslänglich Einnahmen. Vielfach erfolgen Rentenzahlungen über seinen Tod hinaus an seine Erben oder sonstige als Bezugsberechtigte eingesetzte Personen. Aus der zur Tilgung eingesetzten Lebensversicherung bezieht der Stpfl. hingegen nur einmalig – bei Vertragsende – Kapitalerträge. Die gleichfalls zur Tilgung eingesetzten Investmentanteile (regelmäßig Anteile an thesaurierenden Investmentfonds) werfen jährlich Kapitalerträge ab (jährliche Zuflussfiktion nach § 2 Abs. 1 InvStG).

Für die Anerkennung von Verlusten ist Voraussetzung, dass zwischen den Finanzierungskosten und den späteren Renteneinkünften ein eindeutiger wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Für die Anerkennung der Verluste ist des Weiteren Voraussetzung, dass jede Kapitalanlage (für sich gerechnet) voraussichtlich einen steuerlichen Totalüberschuss abwerfen wird (BFH vom 16.9.2004, X R 25/01, BStBl II 2006, 228 und vom 17.8.2005, IX R 23/03, BStBl II 2006, 248).

Mit Einführung der → Abgeltungsteuer durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurden die Regelungen zur Besteuerung von Kapitaleinkünften grundlegend geändert. Hauptmerkmale sind zum einen die grds. abgeltende Besteuerung der Einkünfte mit 25 % (zzgl. SolZ und KiSt, § 32d Abs. 1 EStG) und zum anderen das grundsätzliche Abzugsverbot von Werbungskosten (§ 20 Abs. 9 Satz 1 EStG). Bei Erträgen aus Lebensversicherungsverträgen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG sowie bei Dividenden- und Zinszahlungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 und 7 EStG) findet die Abgeltungsteuer erstmalig Anwendung auf Erträge, die dem Gläubiger nach dem 31.12.2008 zufließen (§ 52a Abs. 1 EStG).

Folge des Abzugsverbotes für Werbungskosten (insbesondere Zinsaufwendungen im Zusammenhang mit Finanzierungen von Einmalzahlungen bei Lebensversicherungen) ist, dass insbesondere bei Erträgen aus Lebensversicherungsverträgen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG die Einkunftserzielungsabsicht grds. erfüllt ist. Eine Überschussprognose ist daher ab 2009 i.d.R. nur noch für Rentenversicherungsverträge i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG zu erstellen.

Das AltEinkG führt bei der Erstellung der Überschussprognose im Gegensatz zur tatsächlichen Besteuerung zu einigen Abweichungen.

Nur wenn der Rentenversicherungsvertrag nach dem 9.12.2003 (Zeitpunkt der Einbringung des Entwurfs des AltEinkG in den Bundestag) abgeschlossen wurde, sind die neuen (niedrigeren) Ertragsanteile nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG in die Überschussprognose mit einzubeziehen (BFH vom 17.4.2013, X R 18/11, BStBl II 2014, 15; s.a. Anmerkung vom 4.7.2013, LEXinform 0943944). Für alle anderen Verträge hat die Einführung des AltEinkG keine Auswirkungen auf die Überschussprognose, d.h. die alten (höheren) Ertragsanteile werden für die gesamte Laufzeit des Vertrages im Rahmen der Überschussprognose zugrunde gelegt.

Die nachfolgende Übersicht zeigt ein Prüfungsschema zur Überschussprognose.

Voraussichtliche Einnahmen

a)

Rentenversicherung

Voraussichtliche jährliche Rentenzahlung lt. Prognose des Versicherungsunternehmens

×

Ertragsanteil nach § 22 EStG

×

Anzahl der Jahre lt. aktueller Sterbetafel

=

Voraussichtliche Einnahmen (§ 22 EStG)

b)

Lebensversicherung

Prognostizierte Ablaufleistung

./.

Einmalbetrag

./.

Getätigte Teilkapitalauszahlungen

=

Voraussichtliche Kapitalerträge (§ 20 EStG)

c)

Investmentfonds

Voraussichtliche steuerpflichtige Erträge des Fonds nach den Erfahrungen der Vergangenheit

=

Voraussichtliche Kapitalerträge (§ 20 EStG)

Voraussichtliche Werbungskosten

Disagio

+

Zinsen lt. Darlehensvertrag für Zeitraum der Zinsfestschreibung

+

Zinsen für Zeitraum nach Zinsfestschreibung (= Kreditbetrag × effektiver Zinssatz der Zinsfestschreibung)

+

Gebühren (soweit abziehbar)

+

Ggf. (wenn vertraglich vorgesehen) Bankgebühren für sonstige Auslagen und Auslandsüberweisungen

+

Pauschbetrag nach § 9a Nr. 3 EStG (nur bei Rentenversicherung für Kj. nach Ablauf der Finanzierung, sofern keine anderweitigen Renteneinnahmen vorliegen)

=

Summe der Werbungskosten

Abb.: Prüfungsschema zur Überschussprognose

Bei Verträgen, die nach dem 10.11.2005 aber vor dem 1.1.2006 abgeschlossen wurden, ist § 15b EStG nur auf die Verluste nach § 22 EStG anwendbar (§§ 52 Abs. 33a, Abs. 38 Satz 2 EStG). Für nach dem 31.12.2005 abgeschlossene Verträge, d.h. ab dem Veranlagungszeitraum 2006, ist – neben den nach § 22 EStG erzielten Einkünften – für alle Einkünfte aus Kapitalvermögen eine mögliche Verlustbeschränkung nach § 15b EStG zu beachten (§ 20 Abs. 2b EStG – ab dem 1.1.2009: § 20 Abs. 7 EStG –, § 52 Abs. 25 EStG). Grundsätzlich handelt es sich bei den mit Darlehen gekoppelten Lebens- und Rentenversicherungsverträgen gegen Einmalbetrag um sog. Steuerstundungsmodelle (BMF vom 17.7.2007, BStBl I 2007, 542, Tz. 7). Die erzielten Verluste dürfen jedoch nur dann nicht mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen werden, wenn die prognostizierten Verluste in der Anfangsphase 10 % des eingesetzten Eigenkapitals übersteigen (§ 15b Abs. 3 EStG). Die Anfangsphase ist der Zeitraum, in dem nach dem zugrunde gelegten Konzept nicht nachhaltig positive Einkünfte erzielt werden und ist damit im Regelfall identisch mit der Verlustphase (BMF vom 17.7.2007, BStBl I 2007, 542, Tz. 15).

In allen Fällen, in denen der Verlust nicht ausgleichsfähig ist, ist dieser durch das Wohnsitzfinanzamt jährlich für jedes Modell gesondert festzustellen (§ 15b Abs. 4 EStG).

Beispiel 11:

A hat am 20.2.2006 einen Rentenversicherungsvertrag gegen fremdfinanzierten Einmalbetrag abgeschlossen. Diesem Modell liegen mehrere Verträge zugrunde, welche zu folgenden Zahlungsströmen führten:

Einmalbetrag Rentenversicherung: 200 000 €;

Einzahlung Investmentfonds: 100 000 €;

Bankkredit (einschl. Damnum): 300 000 €;

Eigenkapital (Provision und Damnum): 50 000 €.

Die nach dem Konzept vorgelegten Werbungskostenüberschüsse in der 15-jährigen Anfangsphase (Verlustphase) belaufen sich nach der Totalüberschussprognose auf 170 000 €.

Lösung 11:

Aus dem eingesetzten Eigenkapital von 50 000 € ergibt sich eine »unschädliche» Verlustquote von 5 000 € (10 % von 50 000 €).

Da die Summe der prognostizierten Verluste in der Anfangsphase die »unschädliche« Verlustquote bei weitem übersteigt, können die Verluste der Anfangsphase nicht mit anderen positiven Einkünften des Anlegers ausgeglichen werden und sind daher gesondert festzustellen.

9. Leibrenten und andere Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG

Der Anwendungsbereich des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG umfasst diejenigen Leibrenten und anderen Leistungen, die nicht bereits unter Doppelbuchst. aa der Vorschrift oder § 22 Nr. 5 EStG einzuordnen sind, wie Renten aus (BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 212–215)

  • Rentenversicherungen, die nicht den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG entsprechen, weil sie z.B. eine Teilkapitalisierung oder Einmalkapitalauszahlung (Kapitalwahlrecht) oder einen Rentenbeginn vor Vollendung des 60. Lebensjahres vorsehen (bei nach dem 31.12.2011 abgeschlossenen Verträgen ist regelmäßig die Vollendung des 62. Lebensjahres maßgebend) oder die Laufzeit der Versicherung vor dem 1.1.2005 begonnen hat, oder

  • Verträgen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG sowie

  • privaten Veräußerungsgeschäften. Für die Abgrenzung der Veräußerungs-/Erwerbsrente von einer unentgeltlichen Vermögensübertragung (Versorgungsleibrente) kommt es maßgeblich auf die subjektive Ausgewogenheit der beiderseitigen Leistungen an (BFH vom 20.6.2007, X R 2/06, BStBl II 2008, 99; s.a. FG Baden-Württemberg vom 28.4.2010, 3 K 5794/08, rkr, LEXinform 5010770).

Dem § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG zuzuordnen sind auch abgekürzte Leibrenten, die nicht unter § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG fallen (z.B. private selbstständige Erwerbsminderungsrente, Waisenrente aus einer privaten Versicherung, die die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht erfüllt).

Bei den gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG nur mit dem Ertragsanteil zu besteuernden Renten aus privaten Versicherungsverträgen außerhalb der Basisversorgung kann gegen das Verbot der doppelten Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und späteren Alterseinkünften bereits aus systematischen Erwägungen nicht verstoßen werden, BFH vom 19.5.2021, X R 20/19, BFH/NV 2021, 980 (LEXinform 0952483). Grund hierfür ist, dass die Besteuerung mit dem Ertragsanteil gerade auf dem Leitbild beruht, der Rentenanspruch sei durch aus versteuertem Einkommen gezahlten Beiträgen erworben worden (vgl. BFH vom 5.6.2002, X R 1/00, BFH/NV 2002, 1438, unter II.1.c). Besteuert wird damit lediglich der erst in der Auszahlungsphase entstehende Zinsertrag, der gesetzlich typisiert wird. Entgegen der – allerdings nicht belegten – Ansicht der Kläger bestehen für den Senat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Höhe der gesetzlich festgelegten Ertragsanteile, die an den Beginn einer Rente anknüpfen, im Streitjahr 2009 nicht realitätsgerecht ausgestaltet gewesen sein sollten (BFH vom 19.5.2021, X R 20/19, LEXinform 0952483).

Beachte:

Das FG Baden-Württemberg entschied mit Urteil vom 15.1.2016 (13 K 1813/14, LEXinform 5018766), dass die Kläger die Zahlungen einer privaten Rentenversicherung, die versehentlich über die vertraglich vereinbarte Laufzeit hinaus erfolgten, in voller Höhe zu versteuern haben. Mit dem Ertragsanteil seien lediglich die vertragsgemäßen Leistungen zu versteuern. Einer Besteuerung stehe nicht entgegen, dass die Zahlungen ohne Rechtsgrund erfolgen und von den Klägern an die Versicherung zurückzuzahlen seien.

Das FG entschied, die ohne Rechtsgrund an den Kläger gezahlten monatlichen Beträge seien als »wiederkehrende Leistungen« steuerpflichtige sonstige Einkünfte. Sie seien aufgrund eines von vornherein gefassten, einheitlichen Entschlusses der Versicherung mit gewisser Regelmäßigkeit erbracht worden. Die ursprüngliche Entscheidung der Versicherung, regelmäßig, gleichbleibende Geldbeträge an den Kläger zu überweisen, sei kausal für die Zahlungen. Diese seien willentlich erfolgt und durch den Versicherungsvertrag veranlasst gewesen. Für die Besteuerung komme es nicht darauf an, ob ein Rechtsanspruch auf die Leistung bestehe. Nur freiwillige Leistungen seien von der Besteuerung ausgenommen. Die Versicherung habe jedoch versehentlich geleistet und nicht den Kläger über das vertraglich geschuldete Maß hinaus bereichern wollen. Die Zahlungseingänge seien in voller Höhe zu versteuern. Mit dem geringeren Ertragsanteil seien nur Renten zu versteuern. Das Rentenrecht sei jedoch bereits erloschen gewesen (s.a. Pressemitteilung des FG Baden-Württemberg vom 3.3.2016, LEXinform 0444173).

Auf Antrag des Stpfl. sind unter bestimmten Voraussetzungen auch Leibrenten und andere Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG zu versteuern (sog. Öffnungsklausel, s.o.). Wegen der Einzelheiten hierzu vgl. BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 238 ff.

Eine Mindestzeitrente mit weit unter der durchschnittlichen Lebenserwartung des Berechtigten liegender Mindestlaufzeit ist als Leibrente i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG zu erfassen. Der Zahlungsverpflichtete kann auch nur den Ertragsanteil als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung absetzen (BFH vom 19.8.2008, IX R 56/07, BFH/NV 2009, 254, LEXinform 0588557).

Leibrenten nach § 22 EStG (private Renten)

§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG

§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG

Auswirkung des Alterseinkünftegesetzes:

Grundsatz: Freistellung der Altersvorsorgeaufwendungen in der Ansparphase (aktive Zeit),

keine vergleichbare Freistellung dafür

volle Versteuerung der Auszahlung (Übergangszeit bis 2040)

Begünstigung in der Auszahlungsphase

Freistellung z.B. § 10 oder § 3 Nr. 62 ff. EStG

Versteuerung lediglich mit Ertragsanteil

Erfasst werden Leibrenten und andere Leistungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG.

S. BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 212 bis 215 und 236 f.

S.a. BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 195 ff.

Betroffen sind:

• private Leibrentenversicherungen, die die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht erfüllen,

• private Veräußerungsleibrenten.

• Privilegiert sind nur Leibrenten und keine Zeitrenten.

Konkurrenzregelung

§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG

§ 55 EStDV

S.a. Lüsch in Littmann, ESt, § 22, Rz. 120 ff.

Abb.: Übersicht über die Versteuerung von Leibrenten

Der Zinsanteil einer privaten Veräußerungsleibrente, der von seiner Funktion her einem privaten Darlehen vergleichbar ist, unterliegt der Besteuerung nach § 22 EStG. Im Fall einer Veräußerungsleibrente ist der »Kaufpreis« in einen Tilgungs- und einen Zinsanteil zu zerlegen (BFH vom 18.5.2010, X R 32-33/01, BStBl II 2011, 675). Entsprechendes gilt für die steuerrechtliche Behandlung der wiederkehrenden Leistungen beim Bezieher (s.a. BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 75 f.).

Nach der Rspr. des BFH enthält jede Kapitalforderung, die über eine längere Zeit als ein Jahr gestundet ist, einen Zinsanteil. Insbesondere Kaufpreisraten, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig werden, werden auch ohne diesbezügliche Vereinbarung in einen Zins- und einen Kapitalanteil zerlegt (ständige Rspr.; BFH vom 26.11.1996, X R 187/87, BStBl II 1993, 298). Den Zinsertrag einer Rente erfasst das Gesetz nicht als Kapitaleinkünfte, sondern ordnet ihn – spezialgesetzlich – den wiederkehrenden Bezügen zu. Nach Beschluss des BVerfG vom 22.9.2009 (2 BvL 3/02, LEXinform 1560044) ist die gesetzliche Regelung verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber hat die Besteuerung der Leibrenten im Rahmen des § 22 EStG und nicht im Rahmen des § 20 EStG, dem Besteuerungstatbestand für die Einkünfte aus Kapitalvermögen, geregelt, da der Rentenertrag nicht nur aus Zinsen besteht. Nach Auffassung des BVerfG (2 BvL 3/02, LEXinform 1560044) hat die Leibrente eine Vermögensumschichtung zum Gegenstand, wobei bei dem aus der Leibrente Berechtigten die Phase der Vermögensbildung bereits abgeschlossen ist.

Werden Rentenleistungen aufgrund einer Überschussbeteiligung erhöht (Renten aus einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung), sind die der Überschussbeteiligung dienenden Erhöhungsbeträge keine eigenständigen Renten. Das gilt auch dann, wenn darüber eine Mitgliederversammlung entscheiden muss und satzungsgemäß eine andere Verwendung des Überschusses z.B. in Form einer Beitragsminderung möglich wäre, sofern der Überschuss nur zugunsten der Versicherten zu verwenden ist. Die Rentenleistungen unterliegen insgesamt mit dem Ertragsanteil der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG, der dem Alter des Stpfl. bei Beginn der Rentenzahlung entspricht (BFH vom 22.8.2012, X R 47/09, BStBl II 2013, 158; Anmerkung vom 21.12.2012, LEXinform 0879293).

10. Leibrenten für einen Pflichtteilsverzicht

Verzichtet ein Kind gegenüber seinen Eltern auf künftige Pflichtteilsansprüche und erhält es dafür im Gegenzug von den Eltern wiederkehrende Zahlungen, so liegt darin kein entgeltlicher Leistungsaustausch und keine Kapitalüberlassung des Kindes an die Eltern, sodass in den wiederkehrenden Zahlungen auch kein einkommensteuerbarer Zinsanteil enthalten ist (BFH vom 9.2.2010, VIII R 43/06, BStBl II 2010, 818). Mit Urteil vom 20.11.2012 (VIII R 57/10, BStBl II 2014, 56) bestätigt der BFH seine Rspr. und stellt fest, dass der vor Eintritt des Erbfalls erklärte Erb- und/oder Pflichtteilsverzicht ein erbrechtlicher – bürgerlich-rechtlich wie steuerrechtlich unentgeltlicher – Vertrag ist, welcher der Regulierung der Vermögensnachfolge dienen soll und nicht der ESt unterliegt

Wird die Höhe der aus einem derartigen Vertrag zu zahlenden monatlichen Rente so ermittelt, dass die Beteiligten einen vom Erblasser vorgegebenen Basisbetrag zugrunde legen, der zunächst durch die statistische Lebenserwartung des Rentenberechtigten zum Zeitpunkt des Zahlungsbeginns und anschließend nochmals durch zwölf dividiert wird, so enthält die monatliche Zahlung keinen Zinsanteil.

Sachverhalt und Entscheidungsgründe des BFH-Urteils vom 20.11.2012 (VIII R 57/10, BStBl II 2014, 56):

Die Klägerin bezog im Kj. 15 monatliche Rentenzahlungen von ihrem Bruder (B). Diese Zahlungen beruhten auf einem notariell beurkundeten Übergabevertrag zwischen dem Vater (V) einerseits und dessen beiden Kindern (der Klägerin und dem Bruder) andererseits. Darin übertrug V dem B in vorweggenommener Erbfolge ein Grundstück sowie einen Betrieb. Er behielt sich ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht auf dem Grundstück vor; ferner hatte B an V lebenslang eine dauernde Last i.H.v. 3 000 € jährlich zu zahlen. Dieser Betrag war wertgesichert; zusätzlich wurde auf § 323 ZPO Bezug genommen. Sowohl die Klägerin als auch B verzichteten auf ihr Pflichtteilsrecht am Nachlass des V. Außerdem war Folgendes vereinbart: »Der Übernehmer verpflichtet sich, an seine Schwester zur zusätzlichen Sicherung ihrer Altersversorgung und zum persönlichen Unterhalt eine lebenslange Rente zu bezahlen, die durch eine Rentenreallast gesichert wird. Die Rente ist monatlich im Voraus jeweils am Ersten eines jeden Kalendermonats zur Zahlung fällig, erstmals am auf den Tod des Übergebers folgenden Monatsersten, und durch Dauerauftrag dem Berechtigten zu überweisen. Die Höhe der Rente berechnet sich aus der statistisch zu erwartenden Lebensdauer der Berechtigten nach der allgemeinen Sterbetafel und aus einem Basisbetrag von 400 000 €, wobei sich dieser Basisbetrag um eine etwa bestehende Restschuld aus einem evtl. vom Übernehmer zu übernehmenden Grundpfandrecht, welches vom Übergeber bestellt wurde, vermindert. Eine Verzinsung ist nicht einzurechnen.« Für diesen Rentenbetrag wurde weder eine Wertsicherung vereinbart noch auf § 323 ZPO Bezug genommen.

Die Klägerin war der Auffassung, dass in vollem Umfang von einer Besteuerung abzusehen sei. Es handele sich um nicht steuerbare Unterhaltsleistungen in Form von Gleichstellungsgeldern.

Der BFH schloss sich im Ergebnis dieser Auffassung an. Zunächst geht der BFH davon aus, dass die von der Klägerin vereinnahmten Bezüge keine wiederkehrenden Leistungen aus einer Vermögensübergabe im Wege vorweggenommener Erbfolge gegen Versorgungsleistungen darstellen. Nach Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls sei das FG zutreffend zu der Auffassung gelangt, die Zahlungen des Bruders dienten im Ergebnis der vermögensrechtlichen Gleichstellung der Klägerin mit ihrem Bruder, nicht aber der Versorgung der Klägerin (s.a. BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 50).

Ferner hat nach Ansicht des BFH auch keine entgeltliche Kapitalüberlassung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Klägerin an ihren Bruder stattgefunden. Bereits mit Urteil vom 9.2.2010 (VIII R 43/06, BStBl II 2010, 818) hat der BFH entschieden, dass der vor Eintritt des Erbfalls erklärte Erb- und/oder Pflichtteilsverzicht ein erbrechtlicher – bürgerlich-rechtlich wie steuerrechtlich unentgeltlicher – Vertrag ist, welcher der Regulierung der Vermögensnachfolge dienen soll und der ESt nicht unterliegt (s.a. Anmerkung vom 28.2.2013, LEXinform 0943580).

Gegen eine entgeltliche Kapitalüberlassung zur Nutzung spricht ferner, dass sich die Klägerin im Überlassungsvertrag zwar damit einverstanden erklärt hat, zur Gleichstellung mit ihrem Bruder keine Sofortzahlung, sondern eine monatlich im Voraus zu zahlende lebenslange Rente zu akzeptieren. Die Höhe dieser Rente orientierte sich indes an dem im Vertrag genannten Basisbetrag von 400 000 €, der den Wert des auf die Klägerin entfallenden Erbteils widerspiegeln sollte, sowie an der statistischen Lebenserwartung der Klägerin, die im Zeitpunkt des Todes ihres Vaters entsprechend der damals gültigen Sterbetafel 29,71 Jahre betrug. Wenn die Klägerin und der Bruder die an die Klägerin zu entrichtende Rente so ermittelt haben, dass der Basisbetrag von 400 000 € durch die statistische Lebenserwartung der Klägerin dividiert und der sich daraus ergebende Jahresbetrag durch zwölf geteilt wird, kann diese Rente keinen Zinsanteil enthalten. Hätte die Klägerin nämlich den Basisbetrag von 400 000 € nach dem Tode ihres Vaters sofort als Einmalbetrag erhalten und diesen zinsbringend angelegt, hätte sich diese Summe durch Zins und Zinseszins – gerechnet auf die statistische Lebenserwartung der Klägerin von 29,71 Jahren – gegenüber dem Ausgangswert erheblich erhöht. Monatliche Zahlungen, die dem Rechnung tragen, hätten daher deutlich höher ausfallen müssen als die von der Klägerin vereinnahmten Beträge. Gleichermaßen hätte sich bei der Verzinsung eines Basiswertes als Ausgangswert für die an die Klägerin zu entrichtende Rente von monatlich 1 121,95 € ein deutlich geringerer Rentenbarwert als der Basiswert von 400 000 € ergeben. Mit der von ihnen gewählten Vorgehensweise, die Höhe der monatlich an die Klägerin zu entrichtenden Rente allein an den Basisbetrag von 400 000 € und die mittlere Lebenserwartung der Klägerin zu knüpfen, kommt es bei der Klägerin daher zu keinem Zinszufluss. Verglichen mit der sofortigen Auszahlung des Basisbetrages von 400 000 € erleidet die Klägerin einen Zinsnachteil; einen Zinsvorteil erhält demgegenüber der Bruder, der den Basisbetrag nicht sofort, sondern in monatlichen Raten und unverzinslich entrichten darf. Eine entgeltliche Kapitalüberlassung zur Nutzung seitens der Klägerin ist damit nicht gegeben.

11. Betriebliche Renten

Betriebliche Renten, insbesondere betriebliche Veräußerungsrenten, fallen nicht unter § 22 EStG. Bei der betrieblichen Veräußerungsrente entspricht die Höhe der Rente nach den subjektiven Vorstellungen der Vertragsparteien dem Wert des übertragenen Vermögens.

Nach der Rspr. des BFH enthält jede Kapitalforderung, die über eine längere Zeit als ein Jahr gestundet ist, einen Zinsanteil. Insbesondere Kaufpreisraten, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig werden, werden auch ohne diesbezügliche Vereinbarung in einen Zins- und einen Kapitalanteil zerlegt (ständige Rspr.; BFH vom 26.11.1996, X R 187/87, BStBl II 1993, 298 und vom 18.5.2010, X R 32-33/01, BStBl II 2011, 675). Der Zinsanteil der betrieblichen Renten ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen den Rentenzahlungen einerseits und dem jährlichen Rückgang des Barwerts der Leibrentenverpflichtung anderseits (→ Vorweggenommene Erbfolge).

Veräußert ein Stpfl. seinen Betrieb gegen eine Leibrente, so hat er bezüglich der Behandlung der Veräußerungsrente ein Wahlrecht (R 16 Abs. 11 EStR 2012 und H 16 (11) EStH 2022). Das Wahlrecht besteht nur bei einer betrieblichen Veräußerungsleibrente. Die Zahlung von Versorgungs- oder Unterhaltsleistungen bewirken eine unentgeltliche Betriebsübertragung, sodass sich das Problem einer Versteuerung naturgemäß nicht stellt.

Betriebliche Veräußerungsrente. Veräußerer hat Wahlrecht

Sofortversteuerung des Veräußerungsgewinns. Veräußerungsgewinn ist:

Barwert der Rente (Ermittlung nach BewG)

./. Veräußerungskosten

./. Buchwert des steuerlichen Kapitalkontos im

Zeitpunkt der Veräußerung

= Veräußerungsgewinn

§ 16 EStG ist anzuwenden (→ Betriebsveräußerung). Ertragsanteile der Rentenzahlungen sind sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG.

Rentenzahlungen als nachträgliche Betriebseinnahmen i.S.d. § 15 i.V.m. § 24 Nr. 2 EStG (R 16 Abs. 11 Satz 6 EStR 2012).

Ein Gewinn entsteht, wenn der Kapitalanteil der Rente das steuerliche Kapitalkonto des Veräußerers zzgl. Veräußerungskosten übersteigt. Der in den wiederkehrenden Leistungen enthaltene Zinsanteil stellt bereits im Zeitpunkt des Zuflusses nachträgliche Betriebseinnahmen dar.

Abb.: Betriebliche Veräußerungsrente

Veräußert ein Stpfl., der den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG (→ Einnahmen-Überschussrechnung) ermittelt, den Betrieb, so ist der Stpfl. so zu behandeln, als wäre er im Augenblick der Veräußerung zunächst zur Gewinnermittlung durch BV-Vergleich nach § 4 Abs. 1 EStG übergegangen (R 4.5 Abs. 6 EStR 2012.

Das BMF-Schreiben vom 3.8.2004 (BStBl I 2004, 1187) nimmt zur Veräußerung von Betrieben, Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen und Beteiligungen an Kapitalgesellschaften gegen wiederkehrende Leistungen, bei denen der Stpfl. die Zuflussbesteuerung gewählt hat, ausführlich Stellung.

Beispiel 12:

Gewerbetreibender W (59. Lebensjahr vollendet am 15.4.11) veräußert zum 1.5.11 seinen Betrieb mit allen Aktiva und Passiva gegen eine ab 1.5.11 vorschüssig zu zahlende Veräußerungsleibrente i.H.v. 32 000 € jährlich. Der Rentenbarwert zum 1.5.11 beträgt:

Jahreswert 32 000 € × Vervielfältiger 12,880 lt. Anlage zu § 14 Abs. 1 BewG (BMF vom 8.11.2010, BStBl I 2010, 1288) = 412 160 €

Das Kapitalkonto beträgt zum 1.5.11 insgesamt 29 000 €.

Lösung 12:

W hat nach R 16 Abs. 11 EStR ein Wahlrecht zwischen Sofortversteuerung des Veräußerungsgewinns und Besteuerung der laufenden Rentenzahlungen als nachträgliche Betriebseinnahmen.

Sofortversteuerung

Berechnung des Veräußerungsgewinns:

Barwert der Rente

412 160 €

Kapitalkonto zum 1.5.11

./. 29 000 €

Veräußerungsgewinn

383 160 €

Freibetrag gem. § 16 Abs. 4 EStG (auf Antrag und falls noch nicht »verbraucht«)

45 000 €

Veräußerungsgewinn

383 160 €

Grenzbetrag

./. 136 000 €

Freibetragskürzung

247 160 €

./. 247 160 €

Freibetrag

0 €

./. 0 €

stpfl. Veräußerungsgewinn

383 160 €

Dieser Veräußerungsgewinn gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 16 EStG) und ist nach § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 1 EStG ermäßigt zu besteuern. Die nach der Betriebsveräußerung eingehenden Rentenzahlungen sind nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG mit einem Ertragsanteil i.H.v. 23 % von 32 000 € (Einnahmen) und unter Abzug der Werbungskosten (ggf. Pauschbetrag i.H.v. 102 €, § 9a Nr. 3 EStG) als sonstige Einkünfte zu versteuern.

Zuflussbesteuerung

Sobald das Kapitalkonto des veräußerten Vermögens zzgl. der Veräußerungskosten durch den Kapitalwert der Rentenzahlungen überschritten wird, liegen in voller Höhe steuerpflichtige nachträgliche Einkünfte aus selbstständiger Arbeit vor.

Kapitalwert am 1.5.11

Jahreswert 32 000 € × Vervielfältiger 12,880 (s.o.)

412 160 €

Kapitalwert am 31.12.11 (es ist derselbe Vervielfältiger anzusetzen, da der Stpfl. bis zum 31.12.11 keinen Geburtstag hat)

412 160 €

Tilgungsanteil

0 €

Zinsanteil

32 000 €

Der Zinsanteil stellt im Zeitpunkt des Zuflusses Betriebseinnahmen nach § 24 Nr. 2 i.V.m. § 15 EStG dar. Der Kapitalanteil bzw. Tilgungsanteil i.H.v. 0 € wird mit dem Kapitalkonto i.H.v. 29 000 € verrechnet, sodass danach noch ein Betrag von 29 000 € verbleibt.

Kapitalwert am 31.12.11 (s.o.)

412 160 €

Kapitalwert am 31.12.12 (Anlage zu § 14 Abs. 1 BewG, BMF vom 26.9.2011, BStBl I 2011, 834) 32 000 € × 12,665

405 280 €

Tilgungsanteil

6 880 €

Zinsanteil (32 000 € ./. 6 880 €)

25 120 €

Der Zinsanteil stellt im Zeitpunkt des Zuflusses Betriebseinnahmen nach § 24 Nr. 2 i.V.m. § 15 EStG dar. Der Kapitalanteil bzw. Tilgungsanteil i.H.v. 6 880 € wird mit dem Kapitalkonto i.H.v. 29 000 € verrechnet, sodass danach noch ein Betrag von 22 120 € verbleibt.

Der bilanzierende Erwerber des Betriebs hat die erworbenen WG gem. § 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG mit dem Teilwert, höchstens jedoch mit den Anschaffungskosten in der Eröffnungsbilanz zu aktivieren. Anschaffungskosten sind gem. R 6.2 EStR 2012 der Barwert der Rente. Die Anschaffungskosten sind nach dem Verhältnis der Teilwerte der angeschafften WG auf diese aufzuteilen. Der übersteigende Betrag des Rentenbarwerts ist als Geschäftswert (→ Firmenwert) zu aktivieren. In der Eröffnungsbilanz ist der Barwert der Rentenverpflichtung in gleicher Höhe zu passivieren. Der jeweilige Barwert der Rentenverpflichtung ist zu den einzelnen Bilanzstichtagen neu zu ermitteln und jeweils mit dem geänderten, geringeren Wert als Schuldposten in der Bilanz auszuweisen. Insoweit liegt buchmäßig ein Ertrag vor. Die laufenden Rentenzahlungen sind Betriebsausgaben.

Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG können Rentenzahlungen, die als Tilgungsleistungen für den Erwerb eines aus abnutzbaren WG bestehenden Betriebs erbracht werden, unmittelbar nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Eine Berücksichtigung der in der Rentenzahlung liegenden Anschaffungskosten, die sich aus dem Barwert der Leibrentenverpflichtung errechnen, ist vielmehr nur im Rahmen der AfA für die WG des erworbenen Betriebs möglich. Zusätzlich als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig bleibt hier der in der Rentenzahlung enthaltene Zinsanteil.

12. Schadensersatzrenten

Zur Steuerbarkeit von Schadensersatzrenten nimmt das BMF-Schreiben vom 15.7.2009 (BStBl I, 2009, 836) Stellung. Nach den §§ 843 ff. BGB ergeben sich folgende Schadensersatzleistungen:

§ 843 Abs. 1 1. Alt. BGB

§ 843 Abs. 1 2. Alt. BGB

§ 253 BGB

§ 844 Abs. 2 BGB

§ 845 BGB

Erwerbsunfähigkeitsrente

Mehrbedarfsrente (→ Unfallversicherung)

Schmerzensgeld oder Schmerzensgeldrente (→ Unfallversicherung)

Rente für den Verlust von Unterhaltsansprüchen

Rente für den Verlust von gesetzlich geschuldeten Diensten

Renten sind weder als Leibrenten noch als sonstige Bezüge steuerbar.

Diese Renten unterliegen nicht der ESt (BFH Urteil vom 26.11.2008, X R 31/07, BStBl II 2009, 651 und BMF vom 15.7.2009, BStBl I 2009, 836).

Abb.: Schadensersatzrenten

13. Literaturhinweise

Merker, Überblick über das Alterseinkünftegesetz, Steuer & Studium 2004, 420; Weber-Grellet, Das Alterseinkünftegesetz, DStR 2004, 121; Schoor, Besteuerung von Renten (Übungen) ab 2005, Steuer & Studium 2005, 165; Gunsenheimer, Die Besteuerung der Altersbezüge nach dem Alterseinkünftegesetz, Steuer & Studium 2007, 108; Gunsenheimer, Besteuerung der Renten, NWB 2011, 1634; Myßen u.a., Regelmäßige Rentenanpassung, Teilrente, Witwenrente, Mütterrente, NWB 32/2015, 2383; Schönhöft/Röpke, Ausgleichszahlung durch den Arbeitgeber in die gesetzliche Rentenversicherung statt der Auszahlung einer Abfindung, NZA 2021, 1610; Weber-Grellet, Rentenbesteuerung – Neue Rechtsprechung und das Problem der sog. Doppelbesteuerung, FR 2022, 869; Ermel, (Nichts) Neues zur Rentenbesteuerung, NWB 2020, 35; Ruland, Ab 1. Juli 2024: Ein einheitliches Rentenrecht in ganz Deutschland, NZS 2024, 1.

14. Verwandte Lexikonartikel

Ablaufleistung aus Versicherungen

Besteuerung von Versorgungsleistungen

Beteiligungsveräußerung

Dauernde Last

Einkommensteuer

Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge

Übertragung von Privat- oder Betriebsvermögen

Versorgungsbezüge

Versorgungsfreibetrag

Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen

Vorweggenommene Erbfolge

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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