1 Begriff
2 Rückstellungen nach Handelsrecht
3 Beachtung der Maßgeblichkeitsgrundsätze
4 Steuerliche Sondervorschriften
5 Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten
5.1 Grundsätze
5.2 Die Rückstellungen im Einzelnen
5.2.1 Einzelfälle aus der Rechtsprechung
5.2.2 Erläuterungen zu den Rückstellungen
5.2.2.1 Rückstellungen wegen des Risikos der drohenden Vertragsauflösung
5.2.2.2 Rückstellungen für Jahresabschluss- und Prüfungskosten
5.2.2.3 Rückstellungen wegen Arbeitsfreistellungen
5.2.2.4 Jubiläumsrückstellungen
5.2.2.5 Bilanzsteuerrechtliche Beurteilung von Pfandgeldern
5.2.2.6 Garantierückstellungen
5.2.2.7 Körperschaftsteuerrückstellungen
5.2.2.8 Rückstellungen wegen Patentverletzung
5.2.2.9 Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften
5.2.2.10 Passivierungsmöglichkeit »angeschaffter« Drohverlustrückstellungen
5.2.2.11 Rückstellungen wegen hinterzogener Lohnsteuer, nicht abgeführter Sozialabgaben und Mehrsteuern durch Außenprüfung
5.2.2.12 Provisionszusagen an Handelsvertreter
5.2.2.13 Urlaubsrückstellungen
5.2.2.14 Rückstellung für Sanierungsverpflichtung
5.2.2.15 Rückstellung wegen zukünftiger Betriebsprüfungen bei Großbetrieben
5.2.2.16 Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen
5.2.2.17 Rückstellung wegen künftiger Zinszahlungen aufgrund entstandener Steuernachforderungen
5.2.2.18 Rückstellung wegen zu Unrecht gewährter Corona-Soforthilfen
6 Aufwandsrückstellungen
7 Bewertungsgrundsätze
7.1 Steuerrechtliche Rückstellungsbewertung
7.2 Handelsrechtliche Rückstellungsbewertung
8 Abzinsung von Rückstellungen
8.1 Verzinsung von Ansammlungsrückstellungen
8.2 Ausnahmen von der Verzinsung
8.3 Abzinsung im Handelsrecht
9 Verhältnis zwischen Rückstellungsbildung und Teilwertabschreibung
10 Auflösung von Rückstellungen
11 Literaturhinweise
12 Verwandte Lexikonartikel
Bei Rückstellungen handelt es sich um einen Wertverzehr, der, wirtschaftlich betrachtet, dem abgelaufenen Wirtschaftsjahr zuzurechnen ist. Es handelt sich dabei um Verpflichtungen bzw. Verluste, die am Bilanzstichtag bestehen, aber noch keine konkrete Verbindlichkeit sind, weil
ihr Bestehen noch ungewiss ist,
die Höhe der Verpflichtung nicht genau feststeht,
der Zeitpunkt und die Fälligkeit noch nicht bekannt sind.
Nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung sind Rückstellungen zu bilden für (§ 249 Abs. 1 HGB; R 5.7 Abs. 1 EStR)
ungewisse Verbindlichkeiten (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB),
drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB),
im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten nachgeholt werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB),
im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Abraumbeseitigungen, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB),
Gewährleistungen, die ohne rechtlichen Grund erbracht werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB).
Der Referenzzeitraum für die Ermittlung des Diskontierungszinssatzes von Pensionsrückstellungen beträgt gem. § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB (in der Fassung vom 11.3.2016, BGBl I 2016, Nr. 12, 396, gültig ab 17.3.2016) zehn Jahre. Bei den sonstigen Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr bleibt der Ermittlungszeitraum bei sieben Jahren.
Nach dem → Maßgeblichkeitsgrundsatz folgt aus dem handelsrechtlichen Passivierungsgebot ein steuerliches Passivierungsgebot. Besteht handelsrechtlich ein Wahlrecht zur Bildung einer Rückstellung, darf die Rückstellung steuerrechtlich nicht gebildet werden (H 5.7 (1) [Handelsrechtliches Passivierungswahlrecht] EStH). So durften Aufwandsrückstellungen steuerrechtlich auch bisher nicht gebildet werden (H 5.7 (3) [Aufwandsrückstellungen] EStH). Eine Ausnahme dazu stellen die o.g.
im Geschäftsjahr unterlassenen Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten nachgeholt werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB), und die
im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Abraumbeseitigungen, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB) und die
Kulanzleistungen (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB)
dar, für die ein handelsrechtliches Passivierungsgebot besteht (R 5.7 Abs. 11 EStR).
Nach R 6.11 Abs. 3 EStR darf die Höhe der Rückstellung in der Steuerbilanz den zulässigen Ansatz in der Handelsbilanz nicht überschreiten (sog. Deckelung). Der Handelsbilanzwert für eine Rückstellung bildet auch nach Inkrafttreten des BilMoG gegenüber einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert die Obergrenze (vgl. BFH vom 20.11.2019, XI R 46/17, BStBl II 2020, 195; LEXinform 0951663; BFH vom 9.3.2023, IV R 24/19, BStBl II 2023, 698).
Eine Rückstellung ist in der Steuerbilanz auch dann zu bilden, wenn sie in der Handelsbilanz zu Unrecht nicht gebildet worden ist (BFH Urteil vom 13.6.2006, I R 58/05, BStBl II 2006, 928).
Steuerlich gelten für den Ausweis von Rückstellungen folgende Sondervorschriften:
Nach § 5 Abs. 1a EStG dürfen Posten der Aktivseite nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden (Verrechnungsverbot). Durch Ergänzung im Rahmen des BilMoG tritt keine Änderung der bisherigen Rechtslage ein, sondern vielmehr die Klarstellung, dass § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB n.F. steuerlich keine Anwendung findet. Danach sind handelsrechtlich Vermögensgegenstände, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen, mit diesen Schulden zu verrechnen.
Nach § 5 Abs. 2a EStG sind Rückstellungen für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, erst dann anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Dies widerspricht dem Prinzip der wirtschaftlichen Verursachung.
§ 5 Abs. 3 EStG schränkt die Möglichkeit, Rückstellungen wegen der Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte zu bilden, stark ein.
§ 5 Abs. 4 EStG schränkt die Möglichkeit, Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums zu bilden, stark ein.
Nach § 5 Abs. 4a EStG ist die Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften verboten.
Nach § 5 Abs. 4b EStG dürfen Rückstellungen für Aufwendungen, die in späteren Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren sind, nicht gebildet werden.
Zur Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten s. R 5.7 Abs. 2 und 3 EStR (Verbindlichkeitsrückstellungen). Ungewisse Verbindlichkeiten in diesem Sinne sind einerseits Verbindlichkeiten, die dem Grunde nach bestehen, deren Höhe aber noch ungewiss ist, und andererseits Verbindlichkeiten, deren künftiges Entstehen noch ungewiss ist, wobei die Ungewissheit der Höhe nach dazukommen kann (BFH Urteil vom 27.6.2001, I R 45/97, BStBl II 2003, 121 und BFH vom 30.1.2002, I R 71/00, BStBl II 2003, 279). Für dem Grunde nach ungewisse Verbindlichkeiten ist nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung eine Rückstellung zu bilden, wenn sie erstens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entstanden sind und der Stpfl. daraus in Anspruch genommen wird, und wenn sie zweitens ihre wirtschaftliche Verursachung im Zeitpunkt vor dem Bilanzstichtag finden (BFH Urteil vom 8.11.2000, I R 10/98, BStBl II 2001, 349). Die für die Rückstellungsbildung erforderliche Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme des Kaufmanns muss einzelfallbezogen im Wege einer Prognose anhand der erkennbaren tatsächlichen Verhältnisse beurteilt werden (Thüringer FG vom 23.11.2021, 3 K 308/18, EFG 2022, 329; Revision BFH: III R 7/22). Es müssen aus der Sicht des Bilanzstichtages mehr objektive Gründe für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme als dagegen sprechen. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der vermeintliche Gläubiger am Bilanzstichtag bereits im Klagewege gegen den Stpfl. vorgeht. Die Gefahr der Inanspruchnahme besteht dann so lange fort, wie der Anspruch nicht rechtskräftig abgewiesen ist.
Die Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung setzt eine Verpflichtung gegenüber einem anderen voraus. Auch öffentlich-rechtliche Verpflichtungen können Grundlage für eine Rückstellung sein (R 5.7 Abs. 3 EStR). Zur Abgrenzung von reinen Aufwandsrückstellungen, die noch bis zum Inkrafttreten des BilMoG handelsrechtlich gebildet werden dürfen, ist jedoch Voraussetzung, dass die Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist.
Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind erstmals im Jahresabschluss des Wirtschaftsjahres zu bilden, in dem sie wirtschaftlich verursacht sind (R 5.7 Abs. 5 EStR).
Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die lediglich darauf gerichtet ist, die objektive Nutzbarkeit eines Wirtschaftsguts in Zeiträumen nach Ablauf des Bilanzstichtags zu ermöglichen, ist in den bis dahin abgeschlossenen Rechnungsperioden wirtschaftlich noch nicht verursacht (BFH Urteil vom 17.10.2013, IV R 7/11, BStBl II 2014, 302). Ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung am Bilanzstichtag bereits rechtlich entstanden, bedarf es keiner Prüfung der wirtschaftlichen Verursachung mehr, weil eine Verpflichtung spätestens im Zeitpunkt ihrer rechtlichen Entstehung auch wirtschaftlich verursacht ist (H 5.7 (5) [Entstandene Verpflichtungen] EStH). Für Kammerbeiträge eines künftigen Beitragsjahres, die sich nach der Höhe des in einem vergangenen Steuerjahr erzielten Gewinns bemessen, kann keine Rückstellung gebildet werden (BFH Urteil vom 5.4.2017, X R 30/15, BStBl II 2017, 900).
Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung ist noch nicht rechtlich entstanden i.S.d. Rspr. zu Verbindlichkeitsrückstellungen, wenn die Rechtsnorm, in der sie enthalten ist, eine Frist für ihre Erfüllung enthält, die am maßgeblichen Bilanzstichtag noch nicht abgelaufen ist (BFH Urteil vom 13.12.2007, IV R 85/05, BStBl II 2008, 516; Abgrenzung gegenüber dem BFH-Urteil vom 27.6.2001, I R 45/97, BStBl II 2003, 121). Ungeachtet einer bestehenden Außenverpflichtung (hier: Räumung eines Baustellenlagers bei Vertragsende) ist ein Ansatz einer Verbindlichkeitsrückstellung (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB) dann ausgeschlossen, wenn die Verpflichtung in ihrer wirtschaftlichen Belastungswirkung von einem eigenbetrieblichen Interesse vollständig überlagert wird (BFH vom 22.1.2020, XI R 2/19, BStBl II 2020, 493; LEXinform 0952370).
Der Stpfl. muss spätestens bei Bilanzaufstellung ernsthaft damit rechnen, aus der Verbindlichkeit, die der Rückstellung zugrunde liegt, in Anspruch genommen zu werden (R 5.7 Abs. 6 EStR).
Die Verbindlichkeit, die der Rückstellung zugrunde liegt, muss eine Betriebsschuld sein und darf nicht zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten führen (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG; BFH Urteil vom 19.8.1998, XI R 8/96, BStBl II 1999, 18).
Zu den Rückstellungsvoraussetzungen
Wahrscheinlichkeit des Bestehens einer ungewissen Verbindlichkeit und der Inanspruchnahme sowie
Berücksichtigung wertaufhellender Umstände
hat der BFH mit Urteil vom 19.10.2005 (XI R 64/04, BStBl II 2006, 371) Stellung genommen.
Nachfolgend eine nicht abschließende Aufzählung über mögliche Rückstellungen:
Rückstellung für Jahresabschluss- und Prüfungskosten. Für die Verpflichtung zur Prüfung des Jahresabschlusses einer Personenhandelsgesellschaft darf eine Rückstellung nicht gebildet werden, wenn diese Verpflichtung ausschließlich durch den Gesellschaftsvertrag begründet worden ist (BFH Urteil vom 5.6.2014, IV R 26/11, BStBl II 2014, 886).
Rückstellung für die Verpflichtung zur Buchung laufender Geschäftsvorfälle (BFH Urteil vom 25.3.1992, I R 69/91, BStBl II 1992, 1010).
Rückstellung für die Aufbewahrung von Belegen (BFH Urteil vom 19.8.2002, VIII R 30/01, BStBl II 2003, 131 und BFH Urteil vom 18.1.2011, BStBl II 2011,496; H 6.11 [Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen] EStH). Diese Rückstellung ist nicht abzuzinsen (OFD Münster vom 21.1.2005, DB 2005, 308). Die Vfg. der OFD Magdeburg vom 21.9.2006 (S 2137 – 41 – St 211, DB 2006, 2491, LEXinform 5230354) erläutert ausführlich, wie die Höhe dieser Rückstellung zu berechnen ist (s.a. SenVerw Berlin vom 13.9.2006, III A – S 2175 – 1/06, DStR 2007, 156). Zur Berücksichtigung von Finanzierungskosten der zur Aufbewahrung genutzten Räume bei sog. Poolfinanzierung vgl. BFH Urteil vom 11.10.2012, I R 66/11, BStBl II 2013, 676.
Rückstellung für Steuererklärungskosten (zu Nr. 1 bis 4 s. H 5.7 (4) [Rückstellungen für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen sind u.a. zulässig für:] EStH).
Sind öffentlich-rechtliche Verpflichtungen bereits am Bilanzstichtag rechtlich entstanden, bedarf es keiner Prüfung der wirtschaftlichen Verursachung mehr, weil eine Verpflichtung spätestens im Zeitpunkt ihrer rechtlichen Entstehung auch wirtschaftlich verursacht ist (BFH Urteil vom 17.10.2013, IV R 7/11, BStBl II 2014, 302).
Schadenrückstellungen im Versicherungsgewerbe (BMF vom 5.5.2000, BStBl I 2000, 487, geändert und ergänzt durch BMF vom 16.8.2000, BStBl I 2000, 1218). Das BMF hat mit Schreiben vom 8.12.2015 (IV C 6 – S 2175/07/10001, BStBl I 2015, 1027) die zeitliche Anwendbarkeit der Pauschalregelung zur Abzinsung von Schadenrückstellungen bis 31.12.2016 verlängert. Für die Abzinsung von Schadenrückstellungen i.S.v. § 341g HGB ab 2017 ist die Neuregelung im BMF-Schreiben vom 20.10.2016, BStBl I 2016, 1145 zu beachten.
Rückstellung für Garantieleistungen (H 5.7 (5) [Garantierückstellungen] EStH).
Kulanzrückstellungen (R 5.7 Abs. 12 EStR; H 5.7 (12) [Geschäftliche Erwägungen] EStH).
Rückstellung für Gratifikationszusagen gegenüber ArbN (H 6.11 [Gratifikationen] EStH).
Rückstellung für künftige → Jubiläumszuwendungen (H 5.7 (1) [Jubiläumszuwendung] EStH).
Rückstellungen für Verpflichtungen zur Gewährung von Vergütungen für die Zeit der Arbeitsfreistellung vor Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis und Jahreszusatzleistungen im Jahr des Versorgungsfalls (H 5.7 (5) [Arbeitsfreistellung] EStH).
Rückstellungen für zugesagte Zuwendungen aus Anlass eines Geschäfts- oder Firmenjubiläums (H 5.7 (5) [Zuwendungen aus Anlass eines Geschäfts- oder Firmenjubiläums] EStH). Die Regelung für Zuwendungen des § 5 Abs. 4 EStG aus Anlass eines Dienstjubiläums gilt hierfür nicht.
Rückstellungen für Beihilfezusagen (H 5.7 (5) [Beihilfen an Pensionäre] EStH).
Rückstellungen für Leistungen aufgrund eines Sozialplans (R 5.7 Abs. 9 EStR).
Rückstellung für die ungewisse Pflicht zur Rückzahlung von Entgelten, die den Ertrag abgelaufener Wirtschaftsjahre erhöht haben.
Rückstellung wegen des Risikos der drohenden Vertragsauflösung (H 5.7 (1) [Rückabwicklung] EStH).
Rückstellung wegen Abrechnungsverpflichtung (H 5.7 (3) [Abrechnungsverpflichtung] EStH).
Rückstellung wegen faktischen Leistungszwangs (H 5.7 (3) [Faktischer Leistungszwang], [Werkkostenzuschuss] EStH).
Pfandrückstellungen (H 5.7 (3) [Pfandrückstellungen] EStH); das hier zitierte BMF-Schreiben vom 13.6.2005 (BStBl I 2005, 715) wurde mit BMF-Schreiben vom 19.2.2019 (BStBl I 2019, 210) aufgehoben. Der BFH hat mit Urteil vom 9.1.2013 (I R 33/11, BStBl II 2019, 150) umfassend zur bilanzsteuerrechtlichen Beurteilung vereinnahmter und verausgabter Pfandgelder Stellung genommen. Vgl. hierzu auch das Schreiben des BMF vom 8.12.2020 (IV C 6 – S 2133/19/10002 :013, BStBl I 2020, 1367; LEXinform 4225217) mit Anwendungsregelung zur Auflösung der nach der bisherigen Verwaltungsauffassung gebildeten Rückstellungen.
Rückstellung wegen hinterzogener Lohnsteuer (BFH Urteil vom 16.2.1996, BStBl II 1996, 592; H 5.7 (6) [Hinterzogene Steuern] EStH).
Rückstellungen wegen Patentverletzungen (R 5.7 Abs. 10 EStR).
Rückstellungen wegen Verpflichtungen aus schwebenden Geschäften (R 5.7 Abs. 7 und EStR; H 5.7 (8) [Erfüllungsrückstand] EStH).
Rückstellung des Pächters wegen der Verpflichtung der Substanzerhaltung im Rahmen einer eisernen Verpachtung (H 5.7 (1) und H 6.11 [Eiserne Verpachtung] EStH; BMF vom 21.2.2002, BStBl I 2002, 262, unter I. B. 1.; → Eiserne Verpachtung).
Körperschaftsteuerrückstellung (vgl. Tz. 5.2.2.7).
Rückstellungen wegen Vernichtung gelagerter Altreifen. Der Erlass des FinMin Bayern vom 11.2.1992 (31 a – S 2137 – 41/4 – 11 737, DB 1992, 554) äußert sich dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Vernichtung gelagerter Altreifen Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden können.
Rückstellung für Aufbereitungskosten eines Recyclingunternehmens (BFH Urteil vom 25.3.2004, IV R 35/02, BStBl II 2006, 644).
Rückstellung wegen Abrissverpflichtung (BFH Urteil vom 28.3.2000, VIII R 13/99, BStBl II 2000, 612). Wegen einer zivilrechtlich begründeten Verpflichtung des Pächters zur Entfernung oder zum Abbruch eines von ihm auf dem Grund und Boden des Verpächters errichteten Bauwerks ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten auch dann zu bilden, wenn ungewiss ist, zu welchem Zeitpunkt das Nutzungsverhältnis enden wird. Zu den Auswirkungen bei einer Verlängerung des Vertragsverhältnisses vgl. BFH Urteil vom 2.7.2014, I R 46/12, BStBl II 2014, 979).
Rückstellungen für zu zahlendes Weihnachtsgeld (H 6.11 [Weihnachtsgeld] EStH).
Rückstellung wegen Provisionsfortzahlungen an Handelsvertreter (BFH Urteil vom 24.1.2001, I R 39/00, BStBl II 2005, 465 und BMF vom 21.6.2005, BStBl I 2005, 802).
Rückstellung für rückständige Urlaubsverpflichtungen (BFH Urteil vom 8.7.1992, BStBl II 1992, 910).
Rückstellung für Sanierungsverpflichtung wegen Kontaminierung des Erdreichs (BFH Urteil vom 19.11.2003, I R 77/01, BStBl II 2010, 482 und BMF vom 11.5.2010, BStBl I 2010, 495).
Rückstellung für die Nachbetreuung von Versicherungsverträgen (BFH Urteil vom 19.7.2011, BStBl II 2012, 856). Das BMF-Schreiben vom 28.11.2006 (BStBl I 2006, 765), wonach die Nachbetreuung der laufenden Lebensversicherungsverträge für den Versicherungsvertreter keine wirtschaftlich wesentlich belastende Verpflichtung darstelle und eine Rückstellung daher nicht zulässig sei, wird durch das BMF-Schreiben vom 20.11.2012 (BStBl II 2012, 1100) aufgehoben. Zur Bildung einer Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands vgl. BFH Urteil vom 27.2.2014, III R 14/11, BStBl II 2014, 675.
Rückstellungen für Verrechnungsverpflichtungen (zu viel vereinnahmte Entgelte sollen mit künftigen Einnahmen verrechnet werden) sind nicht zulässig (BMF vom 28.11.2011, BStBl I 2011, 1111).
Rückstellung wegen zukünftiger Betriebsprüfungen bei Großbetrieben (BFH Urteil vom 6.6.2012, I R 99/10, BStBl II 2013, 196, BMF vom 7.3.2013, BStBl I 2013, 274).
Eine Rückstellung für hinterzogene Mehrsteuern kann erst zu dem Bilanzstichtag gebildet werden, zu dem der Stpfl. mit der Aufdeckung der Steuerhinterziehung rechnen musste (BFH Urteil vom 22.8.2012, X R 23/10, BStBl II 2013, 76). Eine Rückstellung für nicht hinterzogene Steuernachforderungen aufgrund einer Betriebsprüfung ist erst in dem Jahr zu bilden, in dem der Sachverhalt durch die Betriebsprüfung aufgegriffen wird (FG Münster vom 24.6.2021, 10 K 2084/18, EFG 2021, 1744; Revision eingelegt: BFH XI R 19/21).
Rückstellung für Deponie-Rekultivierung und Rückbauverpflichtung (BFH Urteil vom 5.5.2011, BStBl II 2012, 98). Zur Rückstellung für Nachsorgeverpflichtung des Betreibers einer Abfalldeponie vgl. BFH Urteil vom 8.11.2016, I R 35/15, BStBl II 2017, 768.
Rückstellung für Mietrückzahlungen aus der Vermietung von Kraftfahrzeugen (BFH Urteil vom 21.9.2011, BStBl II 2012, 197).
Rückstellung für Zulassungskosten eines Pflanzenschutzmittels (BFH Urteil vom 8.9.2011, IV R 5/09, BStBl II 2012, 122).
Rückstellung für Honorarrückforderungen der Krankenkassen gegenüber Ärzten (BFH Urteil vom 5.11.2014, VIII R 13/12, BStBl II 2015, 523).
Rückstellung bei gerichtlich geltend gemachten Schadensersatzforderungen (BFH Urteil vom 16.12.2014, VIII R 45/12, BStBl II 2015, 759).
Rückstellung für künftige Wartungsaufwendungen an Flugzeugen (BFH Urteil vom 9.11.2016, I R 43/15, BStBl II 2017, 379).
Rückstellung für die Verpflichtung, ab dem 13.8.2005 in Verkehr gebrachte Energiesparlampen zu entsorgen, kann erst gebildet werden, wenn sich die Pflicht durch Erlass einer Abholanordnung nach § 16 Abs. 5 ElektroG hinreichend konkretisiert hat (BFH Urteil vom 25.1.2017, I R 70/15, BStBl II 2017, 780).
Rückstellungen für ein Aktienoptionsprogramm zugunsten von leitenden Mitarbeitern (BFH Urteil vom 15.3.2017, I R 11/15, BStBl II 2017, 1043).
Rückstellungen bei Darlehensverbindlichkeiten mit steigendem Zinssatz (BFH Urteil vom 25.5.2016, I R 17/15, BStBl II 16, 930).
Keine Rückstellung für die Kosten der 10-jährigen Aufbewahrung von Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum bei einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, da keine öffentlich-rechtliche oder zivilrechtliche Verpflichtung zur Aufbewahrung dieser Daten besteht. Eine zivilrechtliche Verpflichtung für die Dauer der Mandatsbindung reicht nicht aus (vgl. BFH Urteil vom 13.2.2019, XI R 42/17, BStBl II 2020, 671; LEXinform 0951659).
Keine Rückstellung für die Kosten der Räumung eines Baustellenlagers bei Vertragsende und Rücktransport des Materials, wenn die Verpflichtung in ihrer wirtschaftlichen Belastungswirkung von einem eigenbetrieblichen Interesse vollständig überlagert wird (BFH vom 22.1.2020, XI R 2/19, BStBl II 2020, 493, 805; LEXinform 0952370).
Der Ansatz einer Pensionsrückstellung nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG setzt eine Entgeltumwandlung i.S.v. § 1 Abs. 2 BetrAVG voraus. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn eine GmbH ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer eine Versorgungszusage aus Entgeltumwandlungen gewährt, da der Alleingesellschafter-Geschäftsführer der GmbH kein ArbN i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 oder 2 BetrAVG ist (BFH vom 27.5.2020, XI R 9/19, BStBl II 2020, 802).
Stellt ein Zulieferbetrieb dem jeweiligen Auftraggeber zu übereignende Werkzeuge für die Produktion von Teilen her und wird seine Verpflichtung zur Wartung, Instandhaltung und Aufbewahrung der zur Verfügung stehenden Werkzeuge ausschließlich durch einen für die Lieferung der Werkzeuge abgeschlossenen Werkzeugvertrag abgegolten und nicht durch die späteren Aufträge zur Produktion der Teile, ist eine Rückstellung für die Aufwendungen zur Wartung, Instandhaltung und Aufbewahrung der Werkzeuge zu bilden (BFH vom 2.7.2021, XI R 21/19, BFH/NV 2022, 222, LEXinform 0952538).
Mit Schreiben vom 2.5.2022 hat das BMF (BStBl I 2022, 631) zum maßgebenden Finanzierungsendalter bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG und von Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums Stellung genommen. Der BFH hatte mit Urteil vom 20.11.2019 (XI R 42/18, BStBl II 2020, 271) entschieden, dass bei verschiedenen gegenüber einem ArbN im Rahmen von Entgeltumwandlungen erteilten Pensionszusagen mit jeweils unterschiedlichen Pensionsaltern nach Wahl des Berechtigten hinsichtlich des jeweiligen Finanzierungsendalters auf den in den einzelnen Zusagen festgelegten Leistungszeitpunkten abzustellen ist.
Zur Rückstellungsbildung für Verpflichtungen aus einem Kundenkartenprogramm (BFH vom 29.9.2022, IV R 20/19, BStBl II 2023, 435; LEXinform 0952423). Für die am Bilanzstichtag noch nicht eingelösten Bonuspunkte bzw. Gutscheine ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, wenn wahrscheinlich ist, dass die Verbindlichkeit entsteht und dass das Unternehmen in Anspruch genommen werden wird.
Rückstellung für Altersfreizeit (BFH vom 5.6.2024, IV R 22/22, n.v., DStR 2024, 1695, LEXinform 0954371).
Nachsorgerückstellung bei Deponieunternehmen (BFH vom 9.3.2023, IV R 24/19, BStBl II 2023, 698).
Rückstellung bei zu Unrecht gewährten Corona-Soforthilfen (Landesamt für Steuern Niedersachsen vom 8.3.2022, S 2137-206-St 221/St 224).
Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte im Rahmen von Leasing-Restwertmodellen (BFH vom 13.9.2023, XI R 20/20, BStBl II 2024, 252; OFD Frankfurt am Main vom 6.6.2024, S 2137 A-00007-0357-St 5c).
Mit Urteil vom 28.3.2000 (VIII R 77/96, BStBl II 2002, 227) hat der BFH entschieden, dass ein Verkäufer wegen seiner Verpflichtung zur Rückerstattung des Kaufpreises keine Rückstellung bilden darf, wenn er am Bilanzstichtag mit einer Wandlung des Kaufvertrags nicht rechnen muss. Das gilt nach Auffassung des BFH auch dann, wenn die Wandlung noch vor Aufstellung der Bilanz erklärt wird. Nach Auffassung des BFH ist die Ausübung des Wahlrechts zur Wandlung eine rechtsgestaltende Erklärung und damit keine ansatzaufhellende, sondern eine ansatzbeeinflussende Tatsache. Es reiche nicht aus, dass die zur Wandlung führenden Mängel objektiv bereits am Bilanzstichtag vorhanden gewesen seien. Eine ansatzaufhellende Tatsache für das Entstehen einer unbedingten Verpflichtung zur Rückerstattung des Kaufpreises und für eine Inanspruchnahme aus dieser Verpflichtung könnte die Wandlung allenfalls dann sein, wenn bereits am Bilanzstichtag Verhandlungen über eine mögliche Rückabwicklung des Kaufvertrages aufgenommen worden seien und die Rückabwicklung nach dem Stand der Verhandlungen in diesem Zeitpunkt wahrscheinlich sei. Diese Voraussetzungen hat der BFH im Streitfall verneint.
Nach der vorliegenden BFH-Entscheidung ist damit für die Frage der Bildung von Rückstellungen im Zusammenhang mit Rückgewährschuldverhältnissen wie folgt zu differenzieren (BMF vom 21.2.2002, BStBl I 2002, 335):
Ein Verkäufer darf wegen seiner Verpflichtung zur Rückerstattung dann keine Rückstellung bilden, wenn er am Bilanzstichtag mit einer Wandlung des Kaufvertrags nicht rechnen muss; das gilt auch dann, wenn die Wandlung noch vor der Aufstellung der Bilanz erklärt wird.
Ist jedoch bereits am Bilanzstichtag eine Vertragsauflösung durch Rücktritt oder Wandlung wahrscheinlich, so ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten wegen des Risikos der drohenden Vertragsauflösung zu bilden. Ist der Verkäufer aufgrund eines Rücktrittsrechts oder eines Wandlungsrechts verpflichtet, die bereits verkaufte und übergebene Sache wieder zurückzunehmen, steht die Vorschrift des § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG der Rückstellungsbildung nicht entgegen. Die Rückstellung ist in Höhe der Differenz zwischen dem zurückzugewährenden Kaufpreis und dem Buchwert des veräußerten WG zu bilden. Sie neutralisiert damit lediglich den Veräußerungsgewinn (BFH Urteil vom 25.1.1996, BStBl II 1997, 382).
Im Jahresabschluss müssen Rückstellungen für die gesetzliche Verpflichtung zur Aufstellung dieses Jahresabschlusses sowie die gesetzliche Verpflichtung zur Prüfung und Veröffentlichung dieses Jahresabschlusses und zur Erstellung des Geschäftsberichts gebildet werden (R 5.7 Abs. 4 EStR, H 5.7 (4) [Rückstellungen für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen u.a. zulässig für:] EStH). Eine Rückstellung für die Kosten einer Betriebsprüfung darf erst dann gebildet werden, wenn eine Prüfungsanordnung vorliegt (vgl. BFH vom 24.8.1972, BStBl II 1973, 55). In der Steuerbilanz einer als Großbetrieb i.S.v. § 3 BpO 2000 eingestuften Kapitalgesellschaft sind Rückstellungen für die im Zusammenhang mit einer Außenprüfung bestehenden Mitwirkungspflichten gem. § 200 AO, soweit diese die am jeweiligen Bilanzstichtag bereits abgelaufenen Wirtschaftsjahre (Prüfungsjahre) betreffen, grundsätzlich auch vor Erlass einer Prüfungsanordnung zu bilden (vgl. BFH Urteil vom 6.6.2012, I R 99/10, BStBl II 2013, 196). Die Grundsätze dieses BFH-Urteils sind über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden (BMF vom 7.3.2013, BStBl I 2013, 274).
Für die Höhe der Rückstellung ist das anfallende Honorar maßgebend. Werden die Arbeiten von eigenen ArbN durchgeführt, so ist die Rückstellung mit den dadurch veranlassten betrieblichen Aufwendungen zu bewerten.
Das BMF regelt mit Schreiben vom 11.11.1999 (BMF vom 11.11.1999, BStBl I 1999, 959) zwei Rückstellungsarten:
Rückstellungen für Verpflichtungen zur Gewährung von Vergütungen für die Zeit der Arbeitsfreistellung vor Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis sowie
Rückstellungen für Verpflichtungen zur Gewährung von Jahreszusatzleistungen im Jahr des Eintritts des Versorgungsfalls.
Verpflichtet sich ein ArbG in einer Vereinbarung über Altersteilzeit, dem jeweiligen ArbN in der Freistellungsphase einen bestimmten Prozentsatz des bisherigen Arbeitsentgelts zu zahlen, so ist für diese Verpflichtung bereits während der vorangehenden Beschäftigungsphase eine ratierlich aufzubauende Rückstellung zu bilden. Denn Verbindlichkeiten, die nach Beendigung eines schwebenden Geschäfts zu erfüllen sind, sind bereits während dessen Laufzeit zu passivieren. Verpflichtungen zu Geldleistungen sind (auch vor Geltung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG) grundsätzlich abzuzinsen; dies gilt nicht, wenn sie tatsächlich keinen Zinsanteil enthalten (BFH Urteil vom 30.11.2005, I R 110/04, BStBl II 2007, 251). Im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 30.11.2005 (I R 110/04, BStBl II 2007, 251) zur Bildung von Rückstellungen für Lohnzahlungen bei Altersteilzeit hat das BMF die bilanzsteuerliche Berücksichtigung von Altersteilzeitvereinbarungen im Rahmen des sog. Blockmodells nach dem Altersteilzeitgesetz geregelt (BMF vom 28.3.2007, BStBl I 2007, 297). Arbeitgeber dürfen hinsichtlich laufender Altersteilzeitarbeitsverträge keine Rückstellungen für den sog. Nachteilsausgleich gem. § 5 Abs. 7 TV ATZ bilden (BFH Urteil vom 27.9.2017, I R 53/15, BStBl II 2018, 702). Die Entscheidung des BFH steht im Widerspruch zu Rz. 15 des BMF-Schreibens vom 28.3.2007 (BStBl I 2007, 297), wonach für den Nachteilsausgleich im Zusammenhang mit einer Minderung der Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine ratierlich anzusammelnde Rückstellung gebildet werden kann. Mit BMF-Schreiben vom 22.10.2018 (IV C 6-S 2175/07/10002, FMNR433000018, BStBl I 2018, 1112) hat die Finanzverwaltung die Rechtsprechung des BFH übernommen und die Rz. 15 überarbeitet.
Unternehmen (ArbG), die gegenüber ihren ArbN die Verpflichtung eingehen, diesen aus Anlass eines Dienstjubiläums eine Zuwendung zu erbringen (→ Jubiläumszuwendungen), haben für diese Verpflichtung grundsätzlich unter den allgemeinen Voraussetzungen der R 5.7 Abs. 2 EStR eine Rückstellung zu bilden. Eine Rückstellung darf nicht ausgewiesen werden, wenn die Verpflichtung von anderen Bedingungen als der Betriebszugehörigkeit des ArbN zum Jubiläumszeitpunkt, beispielsweise von der späteren Ertrags- und Liquiditätslage des Unternehmens abhängig gemacht wird. Daneben müssen die besonderen Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 EStG erfüllt sein. Insbes. kann die Rückstellung nur dann erteilt werden, wenn die Zusage gegenüber dem berechtigten ArbN schriftlich erteilt ist. Zur Bewertung der Verpflichtung s. BMF vom 29.10.1993, BStBl I 1993, 898; BMF vom 12.4.1999, BStBl I 1999, 434 und BMF vom 8.12.2008, BStBl I 2008, 1013; H 5.7 und H 6.11 [Jubiläumszuwendungen] EStH. Das BMF (BMF vom 13.11.1997, FR 1998, 78) klärt die Behandlung der Sozialabgaben wegen Jubiläumszuwendungen wie folgt:
Soweit der ArbG wegen einer Jubiläumszuwendung an den ArbN zur Abführung von Sozialabgaben verpflichtet ist, sind diese (ArbN- und ArbG-Anteil) als Teil der Jubiläumszuwendung anzusehen und bei der Bewertung der Rückstellung zu berücksichtigen.
Ein ArbG, der Jubiläumsrückstellungen in seiner Bilanz zum 31.12.2005 anhand der Pauschalwerttabelle des BMF-Schreibens vom 12.4.1999 (BStBl I 1999, 434) bemessen hatte, darf später im Rahmen einer noch »offenen« Veranlagung für das Jahr 2005 zur Anwendung der im BMF-Schreiben vom 8.12.2008 (BStBl I 2008, 1013) veröffentlichten Pauschalwerttabelle übergehen (BFH Urteil vom 27.9.2017, I R 53/15, BStBl II 2018, 702). Im Juli 2018 wurden die »Richttafeln 2005 G« durch die »Heubeck-Richttafeln 2018 G« ersetzt. Daher werden die bisherigen Tabellenwerte durch die auf den »Heubeck-Richttafeln 2018 G« beruhenden Werten ersetzt (vgl. BMF vom 27.2.2020, BStBl I 2020, 254; LEXinform 7012252). Die neuen Werte sind spätestens der pauschalen Bewertung von Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich Dienstjubiläen am Ende der Wj. zugrunde zu legen, die nach dem 29.6.2020 enden; sie kann frühestens für Wirtschaftsjahre angewendet werden, die nach dem 20.7.2018 (Tag der Veröffentlichung der »Heubeck-Richttafeln 2018 G«) enden. Sind neben Jubiläumsrückstellungen auch Pensionsverpflichtungen oder sonstige versicherungsmathematische Bilanzposten des Unternehmens zu bewerten, setzt die frühere Berücksichtigung voraus, dass auch bei diesen Bewertungen der Übergang auf die »Heubeck-Richttafeln 2018 G« erfolgt ist.
Vgl. hierzu das Schreiben des BMF vom 8.12.2020 (IV C 6 – S 2133/19/10002 :013, BStBl I 2020, 1367; LEXinform 4225217) mit Anwendungsregelung zur Auflösung der nach der bisherigen Verwaltungsauffassung gebildeten Rückstellungen. Die bilanzsteuerrechtliche Beurteilung von Individual-, Pooleinheits- und Einheitsleergut richtet sich grds. nach den vom BFH in seiner Entscheidung vom 9.1.2013 (I R 33/11 BStBl II 2019, 150) aufgestellten Grundsätzen und orientiert sich am zivilrechtlichen Eigentumsübergang. Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn der Steuerpflichtige Einheitsleergut weiterhin wie Individualleergut bilanziell abbildet und auf der Passivseite der Bilanz entsprechend verfährt. Hat der Stpfl. in einem Wirtschaftsjahr, das nach der Veröffentlichung dieses BMF-Schreibens endet, auf die Ausübung dieses Wahlrechtes unwiderruflich verzichtet, ist er daran auch für die Zukunft gebunden. Die Entscheidung ist einheitlich für den gesamten Betrieb zu treffen. Macht der Stpfl. von der Anwendung der Vereinfachungsregelung keinen Gebrauch, kann er den Gewinn aus der Auflösung der nach der bisherigen Verwaltungsauffassung gebildeten Rückstellungen (vgl. BMF vom 13.6.2005, BStBl I 2005, 715) und der Aktivierung des am Lager befindlichen Einheitsleergutes im Umlaufvermögen auf einen Zeitraum verteilen, der spätestens am 31.12.2029 endet. Die gebildete Rücklage ist dabei jährlich mit mindestens dem Teil gewinnerhöhend aufzulösen, der sich bei einer gleichmäßigen Verteilung des entstandenen Buchgewinns über den gesamten Auflösungszeitraum ergibt.
Rückstellungen müssen nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB gebildet werden für ungewisse vertragliche oder gesetzliche Gewährleistungsansprüche (§§ 434, 437, 633 BGB) des Vertragspartners auf
Minderungen,
kostenlose Nachbesserungen,
Ersatzlieferungen oder
Schadenersatzleistungen wegen Nichterfüllung,
wenn und soweit eine Inanspruchnahme wahrscheinlich ist. Sie geben das Risiko künftiger Erlösminderungen an, das einzeln, pauschal oder gemischt erfasst werden kann (H 5.7 (5) [Garantierückstellungen] EStH; BFH Urteil vom 17.2.1993, X R 60/89, BStBl II 1993, 437).
Mit Urteil vom 28.3.2000 (BFH Urteil vom 28.3.2000, VIII R 77/96, BStBl II 2002, 227) führt der BFH aus, dass am Bilanzstichtag bereits erhobene Mängelrügen bei der Bildung der Gewährleistungsrückstellung zu beachten sind; noch nicht gerügte Mängel sind zu berücksichtigen, wenn und soweit mit einer Inanspruchnahme des Verkäufers zu rechnen ist. Weiter hat der BFH entschieden, dass ein Verkäufer wegen seiner Verpflichtung zur Rückerstattung des Kaufpreises keine Rückstellung bilden darf, wenn er am Bilanzstichtag mit einer Wandlung des Kaufvertrages nicht rechnen muss. Das gilt auch dann, wenn die Wandlung noch vor Aufstellung der Bilanz erklärt wird. Nach Auffassung des BFH ist die Ausübung des Wahlrechts zur Wandlung eine rechtsgestaltende Erklärung und damit keine ansatzaufhellende, sondern eine ansatzbeeinflussende Tatsache. Zur Bildung von Rückstellungen im Zusammenhang mit Rückgewährschuldverhältnissen s. BMF vom 21.2.2002, BStBl I 2002, 335.
Die Pauschalberichtigung orientiert sich an der Wahrscheinlichkeit der künftigen Inanspruchnahme; das Wahrscheinlichkeitsurteil ist auf die betriebsindividuellen oder branchenüblichen Erfahrungen der Vergangenheit zu stützen; die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme genügt nicht (BFH Urteil vom 6.5.2003, VIII B 163/02, BFH/NV 2003, 1313). Da ein objektiver Maßstab für die Wahrscheinlichkeit künftiger Garantieleistungen nur aus der Erfahrung gewonnen werden kann, ist auf die Erfahrung, die der Stpfl. in seinem eigenen Betrieb in der Vergangenheit machte, entscheidendes Gewicht zu legen. Der Stpfl. ist deshalb verpflichtet, zur Rechtfertigung der von ihm begehrten Rückstellungen konkrete Tatsachen darzulegen, soweit das nach den betrieblichen Verhältnissen zumutbar ist. Ist dies nicht in ausreichendem Maße geschehen, geht das zu Lasten des Stpfl. Er trägt die Feststellungslast für steuerentlastende Tatsachen mit der Folge, dass ein Ansatz einer Rückstellung für Garantieverpflichtungen in der Bilanz nicht zulässig ist, wenn die von ihm behaupteten Umstände nicht feststellbar sind (BFH Urteil vom 30.4.1998, III R 40/95, BFH/NV 1998, 1217).
§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a EStG regelt die vergangenheitsbezogene Ermittlung der Rückstellungen auf der Grundlage der tatsächlichen Abwicklung der Gewährleistungsverpflichtungen. Die Regelung geht davon aus, dass der Unternehmer erfahrungsgemäß nur hinsichtlich eines Teils der Summe der Gewährleistungsverpflichtungen in Anspruch genommen wird. Für die Bildung der Rückstellung müssen mehr Gründe für als gegen die Inanspruchnahme sprechen; die pessimistischste Schätzungsalternative ist dabei allerdings nicht anzusetzen (BFH Urteil vom 6.5.2003, VIII B 163/02, BFH/NV 2003, 1313).
Zur Bildung von Garantierückstellungen in der Bauwirtschaft s. OFD Koblenz vom 2.8.2004, S 2137 A, BB 2004, 2071.
Der BFH (BFH Urteil vom 5.6.2002, I R 96/00, BStBl II 2005, 736) hat entschieden, dass für die beim Verkauf einer Hörhilfe eingegangene Verpflichtung eines Hörgeräte-Akustikers zur kostenlosen Nachbetreuung des Geräts eine Rückstellung zu bilden ist. Diese Entscheidung entspricht nicht der bisherigen Verwaltungsauffassung (BMF vom 7.2.1994, BStBl I 1994, 140). Nach Vfg. der OFD Magdeburg vom 13.8.2003, S 2137-19-St 211, BB 2003, 2174 ist von der Anwendung des Urteils bis auf weiteres abzusehen.
Die Eigenschaft der Körperschaftsteuer als Aufwand der Kapitalgesellschaft führt dazu, dass für die Steuer des laufenden Jahres – wie sonst nur bei der Gewerbesteuer (→ Gewerbesteuerrückstellung) üblich – Rückstellungen zu bilden sind. Bei der Berechnung der Rückstellung sind vorgesehene Gewinnausschüttungen zu berücksichtigen (§ 278 HGB).
Beispiel 1:
Der Gewinn vor Steuern beträgt 1 000 000 €. Die KSt-Vorauszahlungen betragen 100 000 €.
Lösung 1:
Es ergibt sich ein KSt-Aufwand von (1 000 000 € × 15 % =) 150 000 €. Der Jahresüberschuss beträgt mithin 1 000 000 € ./. 150 000 € = 850 000 €. In der Handels- bzw. Steuerbilanz ist eine KSt-Rückstellung von 150 000 € ./. Vorauszahlungen von 100 000 € = 50 000 € auszuweisen. Zusätzlich sind noch 5,5 % → Solidaritätszuschlag zur KSt zu berücksichtigen.
Die Körperschaftsteuer stellt gem. § 10 Nr. 2 KStG nichtabziehbare Aufwendungen dar. Die handelsrechtlich aufwandswirksam gebildete Körperschaftsteuerrückstellung wird durch die außerbilanzielle Hinzurechnung der nichtabziehbaren Aufwendungen bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns wieder neutralisiert.
§ 5 Abs. 3 EStG regelt, unter welchen Voraussetzungen Rückstellungen gebildet werden dürfen. Es handelt sich dabei um rechtswidrige Eingriffe in fremde Rechte. Alternativ müssen zwei Mindestvoraussetzungen vorliegen:
der Rechtsinhaber hat gegen den Stpfl. Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht oder
der Stpfl. muss mit einer Inanspruchnahme ernsthaft rechnen, obwohl der Rechtsinhaber keine Ansprüche geltend gemacht hat. Eine aus diesem Grund gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wj. gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind (R 5.7 Abs. 10 EStR).
Die Bildung einer Rückstellung wegen Verletzung fremder Patente nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG setzt nicht voraus, dass der Patentinhaber von der Rechtsverletzung Kenntnis erlangt hat.
Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 EStG besteht ein Auflösungsgebot der Rückstellung wegen Patentverletzung in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind. Bei Verletzung des Schutzrechts in mehreren Jahren beginnt die Auflösungsfrist nach der erstmaligen Rechtsverletzung (BFH vom 9.2.2006, IV R 33/05, BStBl II 2006, 517).
In Abweichung vom Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB dürfen Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nicht gebildet werden (§ 5 Abs. 6 i.V.m. Abs. 4a EStG; R 5.7 Abs. 8 EStR).
Ein schwebendes Geschäft ist ein gegenseitiger auf Leistungsaustausch gerichteter Vertrag, der von dem Sach- oder Dienstleistungsverpflichteten noch nicht voll erfüllt ist; sind nur noch unwesentliche Nebenpflichten offen, ist ein schwebendes Geschäft nicht mehr gegeben (BFH Urteil vom 6.4.1993, VIII R 86/91, BStBl II 1993, 709). Ein Verlust droht dabei, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Aufwendungen die Erträge übersteigen.
Die Bildung von Rückstellungen ist jedoch zulässig für betriebliche Verbindlichkeiten, welche beim Veräußerer aufgrund von Rückstellungsverboten (hier: für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften) in der Steuerbilanz nicht bilanziert worden sind. Sie sind bei demjenigen Erwerber, der die Verbindlichkeit im Zuge eines Betriebserwerbs gegen Schuldfreistellung übernommen hat, keinem Passivierungsverbot unterworfen, sondern als ungewisse Verbindlichkeit auszuweisen und von ihm auch an den nachfolgenden Bilanzstichtagen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit ihren Anschaffungskosten oder ihrem höheren Teilwert zu bewerten (BFH Urteil vom 16.12.2009, BStBl II 2011, 566).
Die Bildung von Rückstellungen ist auch zulässig, wenn das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung durch Erfüllungsrückstände gestört ist (R 5.7 Abs. 8 Satz 1 EStR; H 5.7 (9) [Erfüllungsrückstand] EStH; BFH Urteil vom 3.12.1991, VIII R 88/87, BStBl II 1993, 89).
Ein Erfüllungsrückstand liegt vor, wenn der Verpflichtete sich mit seinen Leistungen gegenüber seinem Vertragspartner im Rückstand befindet, also weniger geleistet hat, als er nach dem Vertrag für die bis dahin vom Vertragspartner erbrachte Leistung insgesamt zu leisten hatte. Der BFH knüpft den Begriff des Erfüllungsrückstandes herkömmlicherweise eng an den schuldrechtlich gebotenen Zeitpunkt der Erfüllung. Darüber hinaus hat er aber auch eine an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientierte Betrachtung genügen lassen, allerdings vorausgesetzt, mit der nach dem Vertrag geschuldeten zukünftigen Leistung wird nicht nur an Vergangenes angeknüpft, sondern Vergangenes abgegolten. Wann eine vertragliche Verpflichtung erfüllt ist, bestimmt sich seither auch bei Dauerschuldverhältnissen nicht mehr entscheidend nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, sondern nach dem wirtschaftlichen Gehalt der geschuldeten (Sach-)Leistung. Erfüllungsrückstand setzt nicht die Fälligkeit der vertraglich noch geschuldeten Leistung zum Bilanzstichtag voraus (BFH Urteil vom 28.7.2004, XI R 63/03, BStBl II 2006, 866). Erhält danach der Versicherungsvertreter vom Versicherungsunternehmen die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch für die weitere Betreuung des Versicherungsvertrags, so hat der Versicherungsvertreter für die Verpflichtung zu künftiger Vertragsbetreuung eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstandes zu bilden. Nach dem BMF-Schreiben vom 28.11.2006 (BStBl I 2006, 765) ist das BFH-Urteil vom 28.7.2004 (XI R 63/03, BStBl II 2006, 866) über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Danach stellt die Nachbetreuung der laufenden Lebensversicherungsverträge für den Versicherungsvertreter keine wirtschaftlich wesentlich belastende Verpflichtung dar.
Die beim Leasing-Restwertmodell von einem Kraftfahrzeughändler an einen Automobilproduzenten zur Übernahme des Restwertrisikos (Restwertabsicherung) zu leistenden »Beteiligungsbeträge« sind im Zeitpunkt der Zusage der Restwertabsicherung nicht als Verbindlichkeit zu passivieren (BFH vom 13.9.2023, XI R 20/20, BStBl II 2024, 252, LEXinform 0953288; OFD Frankfurt am Main vom 6.6.2024, S 2137 A-00007-0357-St 5c). Der Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung in Höhe der beim Fahrzeugrückerwerb zu leistenden »Beteiligungsbeträge« steht der Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte entgegen.
Betriebliche Verbindlichkeiten, welche beim Veräußerer aufgrund von Rückstellungsverboten, z.B. für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, in der Steuerbilanz nicht bilanziert worden sind, sind bei demjenigen Erwerber, der die Verbindlichkeit im Zuge eines Betriebserwerbs gegen Schuldfreistellung übernommen hat, keinem Passivierungsverbot unterworfen, sondern als ungewisse Verbindlichkeit auszuweisen und von ihm auch an den nachfolgenden Bilanzstichtagen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit ihren Anschaffungskosten oder ihrem höheren Teilwert zu bewerten (BFH Urteil vom 16.12.2009, I R 102/08, BStBl II 2011, 566).
Der Grundsatz der erfolgsneutralen Behandlung von Anschaffungsvorgängen findet auch auf übernommene Passivpositionen und hierbei unabhängig davon Anwendung, ob der Ausweis dieser Passivpositionen in der Steuerbilanz einem – von der Handelsbilanz abweichenden – Ausweisverbot ausgesetzt ist. Denn auch die Übernahme steuerrechtlich zu Recht nicht bilanzierter Verbindlichkeiten ist Teil des vom Erwerber zu entrichtenden Entgelts (vgl. Senatsurteil vom 17.12.2007, I R 61/06, BFHE 219, 529, BStBl II 2008, 555, m.w.N.) und erhöht mithin dessen Anschaffungskosten. Das gilt auch für das entsprechende Verbot in § 5 Abs. 4a EStG. Denn dieses Verbot will – lediglich – am Stichtag bereits vorhandene Verluste entgegen den Vorgaben des (handels-)bilanzrechtlichen Imparitätsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 HGB) auf künftige Veranlagungszeiträume verlagern: Steuerbilanziell wird der Verlust aus schwebenden Geschäften erst bei seiner Realisation effektuiert, nicht bereits bei seiner Entstehung. Wird der verlustbedrohte Vertrag aber entgeltlich gegen Schuldübernahme erworben, dann ist der Erwerber im Verhältnis zum Veräußerer verpflichtet, ihn von der gegenüber dem Gläubiger der Schuld weiter bestehenden Zahlungspflicht, z.B. eine Verpflichtung zur Mietzahlung, freizustellen. Bei dieser Freistellungsverpflichtung handelt es sich nicht um den Teil eines schwebenden Geschäfts; denn das Geschäft wurde infolge des Erwerbsvorgangs bereits erfüllt. Die Freistellungsverpflichtung ist mithin vom Erwerber sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz nach den für ungewisse Verbindlichkeiten geltenden Grundsätzen und nicht als Drohverlustrückstellung zu passivieren. Der Bildung eines besonderen Ausgleichspostens, um die Bewertungsdifferenz anderweitig »abzufangen«, bedarf es dazu nicht.
Bei der Passivierung von Verbindlichkeiten ist zu unterscheiden, ob es sich um dem Grunde und der Höhe nach gewisse oder ungewisse Verbindlichkeiten handelt. Gewisse Verbindlichkeiten sind grundsätzlich immer als »Verbindlichkeit« zu passivieren (§§ 247, 266 HGB, § 5 Abs. 1 EStG). Eine Ausnahme besteht nur für Verbindlichkeiten, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erfüllt werden müssen (BFH Urteil vom 22.11.1988, VIII R 62/85, BStBl II 1989, 359). Ungewisse Verbindlichkeiten sind in Gestalt einer Rückstellung zu passivieren. Dies setzt im Allgemeinen voraus:
das Bestehen oder die Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit,
die wirtschaftliche Verursachung dieser Verbindlichkeit in der Zeit vor dem Bilanzstichtag
und dass der Schuldner mit seiner Inanspruchnahme ernsthaft rechnen muss,
d.h., es müssen mehr Gründe für als gegen die Inanspruchnahme sprechen. Der Grad der wahrscheinlichen Inanspruchnahme ist damit bei der Passivierung der Verbindlichkeit bzw. der Bildung einer Rückstellung ein anderer.
Die Verpflichtung des ArbG zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen ist eine dem Grunde und der Höhe nach gewisse Verbindlichkeit (BFH Urteil vom 16.2.1996, I R 73/95, BStBl II 1996, 592; H 5.7 (6) [Hinterzogene Steuern] EStH). Sie entsteht mit der Lohnzahlung und richtet sich nach der Höhe des gezahlten Lohns. Der ArbG ist Schuldner des Gesamtbeitrages, d.h. sowohl Schuldner des ArbG- als auch des ArbN-Anteils. Dem entspricht, dass § 266 Abs. 3 C Nr. 8 HGB hierfür ausdrücklich einen Ausweis als (sonstige) Verbindlichkeit vorsieht.
Bei der einzubehaltenden und abzuführenden LSt ist die Rechtslage zwar bezüglich des Entstehens und der Höhe vergleichbar (§ 38 Abs. 2 Satz 2 EStG). Sie ist aber insoweit eine andere, als der ArbG nicht Schuldner der genannten Steuern ist, sondern nur als Haftungsschuldner herangezogen werden kann (§ 42d Abs. 1 EStG) und das Betriebsstätten-FA die Steuer- oder Haftungsschuld nach pflichtgemäßem Ermessen gegenüber dem ArbN bzw. dem ArbG geltend machen kann (§ 42d Abs. 3 Satz 2 EStG). Die Frage, an welche der genannten Personen sich das FA bei einvernehmlich nicht einbehaltener und nicht abgeführter LSt hält, ist damit zum jeweiligen Bilanzstichtag ungewiss. Dementsprechend wird in der handelsrechtlichen Literatur als »Verbindlichkeit, davon aus Steuern« i.S.d. § 266 Abs. 3 C Nr. 8 HGB nur die Pflicht zur Zahlung einbehaltener und noch abzuführender Steuer verstanden.
Eine Rückstellung für hinterzogene Mehrsteuern im Rahmen einer Außenprüfung kann erst zu dem Bilanzstichtag gebildet werden, zu dem der Steuerpflichtige mit der Aufdeckung der Steuerhinterziehung rechnen musste (BFH Urteil vom 22.8.2012, X R 23/10, BStBl II 2013, 76). Eine Rückstellung für nicht hinterzogene Steuernachforderungen aufgrund einer Betriebsprüfung ist erst in dem Jahr zu bilden, in dem der Sachverhalt durch die Betriebsprüfung aufgegriffen wird (FG Münster vom 24.6.2021, 10 K 2084/18, EFG 2021, 1744; Revision eingelegt: BFH XI R 19/21).
Mit Urteil vom 24.1.2001 (I R 39/00, BStBl II 2005, 465) hat der BFH über die Passivierbarkeit einer Provisionsfortzahlung eines Handelsvertreters nach Beendigung des Vertretungsverhältnisses entschieden. Das BMF hat ein Anwendungsschreiben zu diesem Urteil herausgegeben (BMF vom 21.6.2005, BStBl I 2005, 802).
Nach Auffassung des BFH sei die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nicht möglich, sofern der vertraglich geregelte Provisionsanspruch für die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes gezahlt wird. Die Zahlungen seien insoweit rechtlich erst nach Vertragsbeendigung entstanden und wirtschaftlich erst in diesem Zeitraum verursacht.
Handele es sich allerdings bei den Zahlungen um ein nachträgliches Entgelt für die geleisteten Dienste, sei die Bildung einer Rückstellung geboten, weil diese Aufwendungen durch die bereits erbrachten Leistungen und damit der Anspruch wirtschaftlich vor dem Bilanzstichtag verursacht seien. Die im zugrunde liegenden Fall zu beurteilende Verbindlichkeit unterscheide sich von einem Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB, weil die Entstehung des Anspruches des Handelsvertreters aus der vertraglichen Regelung nicht von den gleichen Voraussetzungen wie bei § 89b HGB abhängen sollte. Sie war unabhängig von aus der ehemaligen Tätigkeit stammenden zukünftigen erheblichen Vorteilen des vertretenen Unternehmens. Daher fände die Rspr. zur Passivierung des Ausgleichsanspruches nach § 89b HGB keine Anwendung (Abgrenzung).
Der BFH ließ die Bildung der Rückstellung in dem entschiedenen Fall zu, obwohl er die rechtliche Entstehung des Provisionsanspruches verneint. Dies widerspricht der von Rspr. und Finanzverwaltung (R 5.7 Abs. 2 und 4 EStR) vertretenen Auffassung, wonach eine Rückstellung erst dann gebildet werden darf, wenn die zugrunde liegende Verpflichtung rechtlich entstanden ist oder mit einiger Wahrscheinlichkeit rechtlich entstehen wird und wirtschaftlich verursacht ist.
Zur Anwendung des BFH-Urteils vom 24.1.2001 (I R 39/00, BStBl II 2005, 465) gilt Folgendes:
Den Grundsätzen des BFH-Urteils wird gefolgt, soweit der BFH zur Abgrenzung der vertraglich vereinbarten Provisionszahlung von einem Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB entschieden hat. Danach ist eine Passivierung als Verbindlichkeit oder Rückstellung in Abgrenzung zu einem Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB grundsätzlich möglich, wenn die Zahlung unabhängig von aus der ehemaligen Tätigkeit stammenden zukünftigen erheblichen Vorteilen des vertretenen Unternehmens ist und sie nicht für ein Wettbewerbsverbot vorgenommen wird.
Soweit der BFH jedoch die Passivierung einer Rückstellung befürwortet, ohne dass die Verpflichtung rechtlich entstanden ist oder mit einiger Wahrscheinlichkeit rechtlich entstehen wird, sind die Ausführungen des BFH nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden. Vielmehr ist in Fällen, in denen die Provisionsverpflichtung unter einer aufschiebenden Bedingung steht, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Bedingung zu prüfen (H 5.7 (3) [Provisionsfortzahlungen an einen Handelsvertreter] EStH).
Der BFH hat entschieden, dass für rückständige Urlaubsverpflichtungen in der Handelsbilanz und in der Steuerbilanz eine Rückstellung zu bilden ist (BFH Urteil vom 8.7.1992, BStBl II 1992, 910). Danach sind rückständige Urlaubsverpflichtungen nach Maßgabe des Urlaubsentgelts zu bemessen. Einzubeziehen sind das Bruttoarbeitsentgelt, die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, das Urlaubsgeld sowie weitere lohnabhängige Nebenkosten. Im Falle einer Durchschnittsberechnung ist der maßgebliche Lohnaufwand durch die Zahl der regulären Arbeitstage zu dividieren und mit der Zahl der offenen Urlaubstage zu vervielfachen. In die Bemessung der Rückstellung sind jährlich vereinbarte Sondervergütungen – wie Weihnachtsgeld, Tantiemezahlungen, Zuführung zu Pensionsrückstellungen und Jubiläumsrückstellungen – oder Zahlungen, die – wie z.B. vermögenswirksame Leistungen – nicht Bestandteil von Lohn und Gehalt sind, nicht einzubeziehen. Ebenfalls nicht in die Berechnung einzubeziehen sind Verwaltungskosten. Für die Beurteilung, in welchem Umfang rückständige Urlaubsverpflichtungen bestehen, ist die Rspr. des EuGH (Urteil vom 20.1.2009, C-350/06 und C-520/06) zu beachten. Nach der Surrogationstheorie des BAG folgt der Abgeltungsanspruch dem Urlaubsanspruch. Angesichts der nunmehrigen Unbegrenztheit des Urlaubsanspruchs bleibt auch der Abgeltungsanspruch erhalten. Das gilt allerdings wiederum nur, soweit der Urlaubsanspruch nicht zu realisieren war.
Der BFH hat mit Urteil vom 19.11.2003 (I R 77/01, BStBl II 2010, 482) entschieden, dass in den Fällen, in denen die zuständige Behörde von der Schadstoffbelastung eines Grundstückes und der dadurch bedingten Sanierungsverpflichtung Kenntnis erlangt, ernsthaft mit der Inanspruchnahme aus dieser Verpflichtung gerechnet werden müsse. Eine mögliche Teilwertabschreibung sei unabhängig von der Bildung einer Rückstellung für die Sanierungsverpflichtung zu prüfen. Das BMF nimmt mit Schreiben vom 11.5.2010 (BStBl I 2010, 495) zur Bildung von Rückstellungen für Sanierungsverpflichtungen und zu Teilwertabschreibungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG im Zusammenhang mit schadstoffbelasteten Grundstücken wie folgt Stellung:
Nach § 4 Abs. 3 BBodSchG sind der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen.
Die allgemeinen Grundpflichten zur Beseitigung von Altlasten nach dem BBodSchG schreiben kein inhaltlich bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmbaren Zeitraums vor. Die Erfüllung der Grundpflicht ist auch nicht sanktionsbewehrt. Eine Ordnungswidrigkeit setzt vielmehr voraus, dass der Verpflichtete einer vollziehbaren Anordnung zuwiderhandelt (§ 26 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG). Da sich die öffentlich-rechtliche Verpflichtung nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, sondern den Erlass einer behördlichen Verfügung (Verwaltungsakt) voraussetzt, ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten erst zu bilden, wenn die zuständige Behörde einen vollziehbaren Verwaltungsakt erlassen hat, der ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmbaren Zeitraums vorschreibt (R 5.7 Abs. 4 Satz 2 EStR).
Die wirtschaftliche Verursachung einer Verpflichtung liegt zum Zeitpunkt des Erlasses der behördlichen Anordnung vor. Der Tatbestand, an den der Verwaltungsakt die Verpflichtung knüpft, ist bereits verwirklicht (vgl. R 5.7 Abs. 5 EStR). Die Erfüllung der Verpflichtung knüpft an Vergangenes an und gilt Vergangenes ab.
Mit Bekanntgabe der behördlichen Anordnung ist auch mit der Inanspruchnahme aus der Verpflichtung i.S.v. R 5.7 Abs. 6 EStR ernsthaft zu rechnen.
S. hierzu auch Lüdenbach, Verhältnis von Wertminderung und Rückstellung bei Bodenkontamination, StuB 6/2022, 228.
In der Steuerbilanz einer als Großbetrieb i.S.v. § 3 BpO 2000 eingestuften Kapitalgesellschaft sind Rückstellungen für die im Zusammenhang mit einer Außenprüfung bestehenden Mitwirkungspflichten gem. § 200 AO, soweit diese die am jeweiligen Bilanzstichtag bereits abgelaufenen Wirtschaftsjahre (Prüfungsjahre) betreffen, grundsätzlich auch vor Erlass einer Prüfungsanordnung zu bilden (BFH Urteil vom 6.6.2012, I R 99/10, BStBl II 2013, 196). Die Grundsätze dieses BFH-Urteils sind über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden (BMF vom 7.3.2013, BStBl I 2013, 274).
Für Steuerpflichtige, bei denen eine Anschlussprüfung i.S.d. § 4 Abs. 2 BpO nicht in Betracht kommt, gelten die Grundsätze des BFH-Urteils nicht. Die Soll-Vorgabe des § 4 Abs. 2 BpO war ein tragender Grund für den BFH, um von einer hinreichend bestimmten, sanktionsbewehrten Verpflichtung auszugehen, bei der die Inanspruchnahme überwiegend wahrscheinlich ist. Somit kommt die Passivierung einer Rückstellung für Kosten, die in Zusammenhang mit einer zukünftigen möglichen Betriebsprüfung stehen, bei Steuerpflichtigen, die nicht vom Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 BpO umfasst sind, nicht in Betracht.
Die Rückstellung für die Mitwirkungsverpflichtung zur Durchführung einer Betriebsprüfung ist als Sachleistungsverpflichtung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten und nach Buchst. e abzuzinsen. In die Rückstellung dürfen nur die Aufwendungen einbezogen werden, die in direktem Zusammenhang mit der Durchführung einer zu erwartenden Betriebsprüfung stehen. Hierzu zählen beispielsweise die Kosten, die für die Inanspruchnahme rechtlicher oder steuerlicher Beratung zur Durchführung einer Betriebsprüfung entstehen. Nicht einzubeziehen sind insbes. die allgemeinen Verwaltungskosten, die bei der Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen gem. § 257 HGB und § 147 AO, der Verpflichtung zur Erstellung des Jahresabschlusses und der Verpflichtung zur Anpassung des betrieblichen EDV-Systems an die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) berücksichtigt worden sind.
Nach gefestigter Rspr. (grundlegend BFH Urteil vom 19.8.2002, VIII R 30/01, BStBl II 2003, 131) haben Buchführende in der Steuerbilanz Rückstellungen für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen zu bilden, in die auch künftige Aufwendungen für Archivräumlichkeiten einzubeziehen sind. Zu den rückstellungsfähigen Aufwendungen gehören auch die Finanzierungskosten für Kredite, die das Unternehmen zur Herstellung oder Anschaffung der Räume aufgenommen hat. Der BFH hat mit Urteil vom 11.10.2012 (I R 66/11, BStBl II 2013, 676) entschieden, dass die Poolfinanzierung und das damit verbundene Fehlen einer unmittelbaren Zuordnungsmöglichkeit der Fremdmittel zu einzelnen Wirtschaftsgütern kein grundsätzliches Hindernis dafür ist, die Zinsen als Teil der notwendigen Gemeinkosten im Rahmen einer Rückstellung für die Aufbewahrungsverpflichtung zu passivieren. Er leitet dies aus dem handelsrechtlichen Vollkostenprinzip für die Rückstellungsbewertung ab, nach dem nicht nur die Einzelkosten, sondern auch die durch Kostenschlüsselung zuzuordnenden variablen und fixen Gemeinkosten zu berücksichtigen seien. Auch nach Schaffung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG durch das SteuerEntlG 1999/2000/2002 ist der handelsrechtliche Vollkostenansatz maßgeblich.
Eine Rückstellung für die Kosten der 10-jährigen Aufbewahrung von Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum bei einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft setzt eine öffentlich-rechtliche oder eine zivilrechtliche Verpflichtung zur Aufbewahrung dieser Daten voraus. Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung folgt weder aus § 66 Abs. 1 StBerG noch aus einer eigenständigen öffentlich-rechtlichen Aufbewahrungsverpflichtung des Mandanten bei tatsächlicher Aufbewahrung durch den Berater. Eine zivilrechtliche Verpflichtung für die Dauer der Mandatsbindung reicht nicht aus (vgl. BFH Urteil vom 13.2.2019, XI R 42/17, BStBl II 2020, 671; LEXinform 0951659).
Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Steuernachforderung entsteht, ist auch die Verpflichtung zur Entrichtung der Zinsen als öffentlich-rechtliche Verpflichtung nach § 233a AO hinreichend konkretisiert. Eine Rückstellung kann hierfür frühestens 15 Monate nach Ablauf des Kj., in dem die Steuernachforderung entstanden ist, gebildet werden. Eine solche Rückstellung kann nur die bis zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich entstandenen Zinsen umfassen (OFD Frankfurt vom 18.7.2023, S 2133 A-21-St 516).
Wurden zu Unrecht gewährte Corona-Soforthilfen bis zu dem jeweiligen Bilanzstichtag noch nicht zurückgefordert, kommt grds. die Bildung einer Rückstellung nach R 5.7 EStR in Betracht (LfSt Niedersachsen vom 8.3.2022, S 2137-206-St 221/St 224). Voraussetzung für die Anerkennung einer entsprechenden Rückstellung ist, dass die stpfl. Person anhand geeigneter Unterlagen nachweisen kann, dass sie bereits zu dem betroffenen Bilanzstichtag bzw. zum 31.12.2020 von einer Überkompensation ausgehen musste und deren Höhe wenigstens im Wege einer plausiblen, nachvollziehbaren Schätzung ermitteln konnte.
Aufwandsrückstellungen liegt keine ungewisse Verpflichtung gegenüber einem anderen Vertragspartner zugrunde. Diese Rückstellungen haben den Zweck, künftige Ausgaben als Aufwand des abgelaufenen Wirtschaftsjahres zu berücksichtigen. Aufwandsrückstellungen sind nur in den in § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 HGB genannten Fällen handels- und steuerrechtlich zulässig. Danach müssen für im Geschäftsjahr unterlassene Instandhaltungsaufwendungen, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten nachgeholt werden und für Kulanzleistungen Rückstellungen gebildet werden (vgl. R 5.7 Abs. 12 EStR; H 5.7 (12) [Geschäftliche Erwägungen] EStH).
Für die Bewertung von Rückstellungen in der Steuerbilanz sind die Preisverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend. Preissteigerungen, die bis zum Erfüllungstag noch erwartet werden, dürfen nicht berücksichtigt werden. Mit dem BilMoG wurde § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG um den Buchst. f ergänzt. Danach sind bei der Bewertung die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend, wobei ausdrücklich festgeschrieben wird, dass künftige Preis- und Kostensteigerungen nicht berücksichtigt werden dürfen. Dies ändert nichts an der bisherigen Rspr. des BFH (BFH vom 7.10.1982, IV R 39/80, BStBl II 1983, 104), sodass nach wie vor an der Stichtagsbewertung festgehalten wird. Die steuerrechtliche Klarstellung erfolgte im Hinblick auf eine Änderung des § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB, wonach künftig Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen sind. Damit sind in der Handelsbilanz künftig zu erwartende Preis- und Kostensteigerungen in die Rückstellungsbewertung mit einzubeziehen.
Die unterschiedlichen Wertansätze der Rückstellungen führen zu weiteren Abweichungen der Steuerbilanz zur Handelsbilanz. Gem. R 6.11 Abs. 3 EStR darf entsprechend dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG die Höhe der Rückstellung in der Steuerbilanz den zulässigen Ansatz in der Handelsbilanz nicht überschreiten (Ausnahme bei Pensionsrückstellungen). Dadurch kann es zur Auflösung der steuerlichen Rückstellung kommen. Der Gewinn aus der Auflösung von Rückstellungen, die bereits in vor dem 1.1.2010 endenden Wirtschaftsjahren passiviert wurden, kann in eine Gewinnrücklage eingestellt werden, die jährlich um 1/15 aufzulösen ist. Der Handelsbilanzwert für eine Rückstellung bildet auch nach Inkrafttreten des BilMoG gegenüber einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert die Obergrenze (vgl. BFH vom 20.11.2019, XI R 46/17, BStBl II 2020, 195, LEXinform 0951663).
Unter Buchst. a des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG wird klargestellt, dass bei der Berechnung der Höhe von Rückstellungen für gleichartige Verpflichtungen die Erfahrungen der Vergangenheit berücksichtigt werden müssen (s. u.a. Garantierückstellungen).
Buchst. b regelt die Bewertung von Sachleistungsverpflichtungen. Darunter sind Sach-, Dienst- und Werkleistungsverpflichtungen zu verstehen. Diese Rückstellungen sind mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten (s. u.a. Rückstellungen für Instandhaltung und Jahresabschluss; H 6.11 [Verwendung von Wirtschaftsgütern] EStH).
Künftige Vorteile, die mit der Erfüllung der Verpflichtung voraussichtlich verbunden sein werden, sind bei der Bewertung wertmindernd zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG; s. z.B. BMF vom 11.11.1999, BStBl I 1999, 959, Rz. 9; Rückstellungen wegen Arbeitsfreistellungen; H 6.11 [Arbeitsfreistellung] EStH; FG Baden-Württemberg Urteil vom 12.9.2017, 6 K 1472/16, EFG 2018, 1343, rechtskräftig).
Verpflichtungen, für deren Entstehen im wirtschaftlichen Sinne der laufende Betrieb ursächlich ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 1 und 3 EStG) sind zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln. Unter diese Vorschrift fallen die sog. Ansammlungsrückstellungen. Diese Rückstellungen sind zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln (R 6.11 Abs. 2 EStR). So sind beispielsweise für die Verpflichtung, ein betrieblich genutztes Gebäude nach zehn Jahren abzureißen, wirtschaftlich gesehen diese Jahre in ihrer Gesamtheit ursächlich für das Entstehen der Verpflichtung. Wirtschaftlich entsteht die Abbruchverpflichtung für das Gesamtgebäude nicht sofort in vollem Umfang, sondern jährlich zu einem Zehntel. Es ist daher gerechtfertigt, die Verpflichtung auf die Zeitspanne von zehn Jahren verteilt in gleichen Raten anzusammeln. Hiervon zu unterscheiden sind Rückstellungen für Verpflichtungen, bei denen der Rückstellungsbetrag nicht nur im wirtschaftlichen Sinne, sondern tatsächlich in jedem Wj. steigt, weil in diesen Fällen die Verpflichtung selbst von Jahr zu Jahr nicht nur im wirtschaftlichen Sinne, sondern tatsächlich zunimmt. Dies ist z.B. bei der Verpflichtung zur Rekultivierung eines Grundstücks der Fall, auf dem über einen Zeitraum von zehn Jahren Kies abgebaut werden kann. Am jeweiligen Bilanzstichtag liegt die Verpflichtung zur Rekultivierung des bisher abgebauten Grundstücksteils in vollem Umfang vor. Die hierfür künftig aufzuwendenden Kosten sind in vollem Umfang zu passivieren.
Bei der Ansammlungsrückstellung i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 2 EStG handelt es sich z.B. um die gesetzliche Verpflichtung zur unentgeltlichen Rücknahme für vor dem 1.7.2002 in Verkehr gebrachte Fahrzeuge. Die gesetzliche Verpflichtung zur unentgeltlichen Rücknahme für vor dem 1.7.2002 in Verkehr gebrachte Fahrzeuge tritt am 1.1.2007 in Kraft. Bis zur Verpflichtung sind die Rückstellungen in gleichen Raten anzusammeln.
Bei der Bewertung einer Pensionsrückstellung dürfen nach dem BFH (BFH Beschluss vom 3.3.2010, I R 31/09, BStBl II 2013, 781) Gewinntantiemen (→ Tantiemen) nicht berücksichtigt werden, die nach der Erteilung der Pensionszusage entstehen. Nach Auffassung des BFH steht dann die Pensionsrückstellung in Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen gem. § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG. Die Frage, ob es sich um künftige gewinnabhängige Bezüge i.S.v. § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG handelt, ist damit aus der Sicht des Zeitpunkts der Zusage zu beurteilen. Die Vorschrift erfasst also bereits Gewinntantiemen, die nach Erteilung der Pensionszusage entstehen; nicht nur Gewinntantiemen, die nach dem jeweiligen Bilanzstichtag entstehen. Für die Bewertung der Rückstellung dürfen hingegen gewinnabhängige Bezüge berücksichtigt werden, die bei Erteilung der Pensionszusage bereits entstanden waren. Zu den Grundsätzen der Überversorgungsprüfung für Pensionsrückstellungen vgl. BFH Urteil vom 10.8.2016, I R 4/15, BStBl II 2017, 678.
Bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen sind u.a. die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik anzuwenden (§ 6a Abs. 3 Satz 3 EStG). Sofern in diesem Zusammenhang bislang die »Richttafeln 2005 G« von Professor Klaus Heubeck verwendet wurden, ist zu beachten, dass diese durch die »Heubeck-Richttafeln 2018 G« ersetzt wurden (BMF vom 19.10.2018, IV C 6-S 2176/07/10004:001, FMNR42f000018, BStBl I 2018, 1107). Wird im Jahr der Erteilung einer Pensionszusage eine Pensionsrückstellung gebildet und erfolgt dies im Jahr der Veröffentlichung neuer »Heubeck-Richttafeln«, existiert kein Unterschiedsbetrag i.S.d. § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG, der auf drei Jahre verteilt werden müsste (BFH Beschluss vom 13.2.2019, XI R 34/16, BStBl II 2020, 2; entgegen BMF vom 19.10.2018, BStBl I 2018, 1107).
Mit Schreiben vom 2.5.2022 hat das BMF (BStBl I 2022, 631) zum maßgebenden Finanzierungsendalter bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG und von Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums Stellung genommen. Der BFH hatte mit Urteil vom 20.11.2019 (XI R 42/18, BStBl II 2020, 271) entschieden, dass bei verschiedenen gegenüber einem ArbN im Rahmen von Entgeltumwandlungen erteilten Pensionszusagen mit jeweils unterschiedlichen Pensionsaltern nach Wahl des Berechtigten hinsichtlich des jeweiligen Finanzierungsendalters auf den in den einzelnen Zusagen festgelegten Leistungszeitpunkten abzustellen ist. Das BMF übernimmt mit Schreiben vom 2.5.2022 die Rechtsauffassung des BFH zum Finanzierungsendalter von Pensionszusagen.
Nach § 253 Abs. 1 HGB ist die Rückstellung mit dem Erfüllungsbetrag zu bewerten. Handelsrechtlich sind daher, in Abgrenzung zum Steuerrecht, künftige Preis- und Kostensteigerungen in der Rückstellungsbewertung zu berücksichtigen.
Ansammlungsrückstellungen i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d EStG sind nach Buchst. e abzuzinsen (BMF vom 26.5.2005, BStBl I 2005, 699, Rz. 24 bis 34). Beibehalten wird das Abzinsungsgebot für Rückstellungen für Verpflichtungen, deren Laufzeit am Bilanzstichtag mindestens 12 Monate beträgt. Aufgrund der Neufassung von § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz vom 19.6.2022, BGBl I 2022, 911) ist das Abzinsungsgebot nunmehr ausdrücklich in § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 1 EStG aufgenommen worden (s. auch die Vfg des LfSt Niedersachsen vom 5.4.2023, S 2175-St 221/St 222; DB 2023, 1192; LEXinform 7013573). Zur Abzinsung s.a. → Verbindlichkeit im Betriebsvermögen.
Beispiel 2:
Unternehmer U pachtet ab 1.1.01 für 20 Jahre ein unbebautes Grundstück und errichtet eine betrieblich genutzte Lagerhalle. U hat sich verpflichtet, die Lagerhalle nach Ablauf des Pachtvertrages abzureißen. Die voraussichtlichen Kosten betragen nach den Verhältnissen des Bilanzstichtages 31.12.01 insgesamt 20 000 €, am 31.12.02 21 000 €. Bei der Abzinsung soll die Vereinfachungsregelung (Anwendung des BewG; Rz. 2 des BMF vom 26.5.2005, BStBl I 2005, 699) angewendet werden.
Lösung 2:
Für die Abrissverpflichtung hat U eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Da für das Entstehen der Verpflichtung im wirtschaftlichen Sinne der laufende Betrieb ursächlich ist (Nutzung der Lagerhalle), ist die Rückstellung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 1 EStG zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln.
Zum 31.12.01 ist unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse am Bilanzstichtag eine Rückstellung von 1/20 × 20 000 € = 1 000 € anzusetzen, die zusätzlich nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 1 EStG abzuzinsen ist. Der Beginn der Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung (Abbruch) ist voraussichtlich der 31.12.20 (Ablauf des Pachtvertrages). Am 31.12.01 ist somit eine Restlaufzeit von 19 Jahren maßgebend. Nach Tabelle 2 des BMF vom 26.5.2005 (BStBl I 2005, 699) ergibt sich ein Vervielfältiger von 0,362. Der Ansatz in der steuerlichen Gewinnermittlung zum 31.12.01 beträgt somit 1 000 € × 0,362 = 362 €.
Am 31.12.02 sind unter Berücksichtigung der erhöhten voraussichtlichen Kosten nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag 31.12.02 und einer Restlaufzeit von 18 Jahren 2/20 × 21 000 € × 0,381 = 800 € anzusetzen.
Die Ausnahmen hinsichtlich der Abzinsung von Verbindlichkeiten (→ Verbindlichkeit im Betriebsvermögen) gelten entsprechend. Somit unterbleibt eine Abzinsung, wenn
die Laufzeit der Rückstellung am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt,
die auf der Rückstellung basierende ungewisse Verbindlichkeit verzinslich ist oder
die Rückstellung auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruht.
Rückstellungen für Steuerschulden, die nach § 233a AO verzinst werden, sind nicht abzuzinsen (BMF vom 26.5.2005, BStBl I 2005, 699, Rz. 33).
Nach § 253 Abs. 2 HGB werden künftig Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre abgezinst. Die Deutsche Bundesbank ermittelt und veröffentlicht dazu monatlich für ganzjährige Restlaufzeiten zwischen einem und 50 Jahren durchschnittliche Marktzinssätze.
In Folgejahren sind bei Laufzeitänderungen bzw. Zinssatzänderungen die Barwerte der abgezinsten Rückstellungen anzupassen.
Der BFH hat mit Urteil vom 19.11.2003 (I R 77/01, BStBl II 2010, 482) entschieden, dass eine mögliche Teilwertabschreibung unabhängig von der Bildung einer Rückstellung für die Sanierungsverpflichtung zu prüfen sei. Das BMF nimmt mit Schreiben vom 11.5.2010 (BStBl I 2010, 495) zur Bildung von Rückstellungen für Sanierungsverpflichtungen und zu Teilwertabschreibungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG im Zusammenhang mit schadstoffbelasteten Grundstücken wie folgt Stellung:
Liegen die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für eine Sanierungsverpflichtung vor, scheidet eine mit der bestehenden Schadstoffbelastung begründete Teilwertabschreibung oder die Beibehaltung eines niedrigeren Teilwertes gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 EStG aus, soweit die Sanierung voraussichtlich zu einer Wertaufholung führen wird. In diesen Fällen kommt eine Teilwertabschreibung nur insoweit in Betracht, als der Stpfl. anhand geeigneter Nachweise (z.B. Gutachten) darlegen kann, dass trotz der voraussichtlichen Sanierung eine dauernde Wertminderung anzunehmen ist.
Ist eine Rückstellungsbildung nicht zulässig, kommt eine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG in Betracht (vgl. BMF vom 2.9.2016 BStBl I 2016, 995, Rn. 11 und 12).
S. hierzu auch Lüdenbach, Verhältnis von Wertminderung und Rückstellung bei Bodenkontamination, StuB 6/2022, 228.
Nach § 249 Abs. 2 Satz 3 HGB dürfen Rückstellungen nur aufgelöst werden, soweit der Grund hierfür entfallen ist (R 5.7 Abs. 13 EStR; H 5.7 (13) [Auflösung]; [Rechtsmittel], [Verhandlungen] EStH).
Zeidler und Schmatz, Rückstellungen für Jahresabschluss-, Prüfungs- und Beratungskosten, BBK Nr. 6 vom 20.3.2015, 281; Mourabit, Steuermindernde Rückstellungen für Abbruchverpflichtungen, NWB 10/2015, 652; Hänsch, Bilanzierung von Mehr-/Mindersteuern aufgrund geänderter Rechtsauffassung, NWB 10/2016, 725; Rätke, Darlehensverbindlichkeit mit steigendem Zinssatz, BBK 1/2018, 12; Berger und Tetzlaff, Restrukturierungsrückstellungen in der Steuerbilanz – Berücksichtigung ersparter Aufwendungen als künftige Vorteile nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG, NWB 44/2018, 3227; Sohrab und Tetzlaff, Divergierende BFH-Rechtsprechung zum Zeitpunkt der Berücksichtigung von Mehrsteuern infolge einer Außenprüfung?, StuB 22/2021, 890; Lüdenbach, Verhältnis von Wertminderung und Rückstellung bei Bodenkontamination, StuB 6/2022, 228; Eggert, Gebäude auf fremdem Grund und Boden mit Abbruchverpflichtung, BBK 16/2022, 753; Zimmermann, Wrede, Schormann, Abweichende Bilanzierung von Rückstellungen nach Handels- und Steuerrecht, NWB 51/2022, 3634; Seifert, Abzinsung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen, StuB 13/2023, 547; Korn/Strahl, Aus der Steuerrechtsprechung und Verwaltungspraxis im Jahr 2023, NWB 50/2023, 3412.
→ Beherrschender Gesellschafter
→ Bilanz
→ Gesellschafter-Geschäftsführer
→ Verbindlichkeit im Betriebsvermögen
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