1 Überblick
2 Unternehmenssanierung
2.1 Einführung
2.2 Sanierungserträge nach § 3a EStG
2.2.1 Tatbestände einer unternehmensbezogenen Sanierung
2.2.2 Betrieblich begründeter Schuldenerlass
2.2.3 Unternehmerbezogene Sanierung
2.2.4 Betriebsausgabenabzugsverbot (§ 3c Abs. 4 EStG)
2.2.5 Verrechnungsreihenfolge
2.3 Das Vorliegen einer Schenkung durch Forderungsverzicht im Sanierungsfall
2.4 Rangrücktrittsvereinbarungen
2.5 Sanierungen bis zum 8.2.2017
2.6 Die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG
2.6.1 Allgemeine Hinweise zu § 8c Abs. 1 KStG
2.6.2 Sanierungen nach § 8c Abs. 1a KStG
2.7 Erlass aus persönlichen oder sachlichen Billigkeitsgründen
3 Die Objektsanierung
3.1 Voraussetzungen des § 7h EStG
3.1.1 Rechtsfolgen
3.1.2 Die Prüfungspflichten der Finanzbehörden
3.2 Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen (§ 35a EStG)
3.3 Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen (§ 35c EStG)
3.4 Außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG
4 Literaturhinweise
5 Verwandte Lexikonartikel
Steuerlich wird der Begriff »Sanierung« in verschiedenen Zusammenhängen verwendet. Zum einen kommt er im Zusammenhang mit der Sanierung eines Betriebes (Unternehmenssanierung) vor und zum anderen wird er im Rahmen der Gebäude- oder Objektsanierung verwendet.
Steuerlich habe die beiden Formen der »Sanierung« keinerlei inhaltlichen Gemeinsamkeiten.
So führt eine Unternehmenssanierung – aufgrund der GoB zwangsläufig – zu einem Sanierungsgewinn, dessen steuerliche Auswirkungen häufig Probleme bereiten.
Bei privaten wie betrieblichen baulichen Maßnahmen im Bereich der Gebäude- oder Objektsanierung gewährt der Staat für bestimmte Sanierungen unmittelbare Steuervergünstigungen in Form erhöhter Abschreibungen und dgl. mehr.
Gleich ist beiden Maßnahmen, dass es sich nicht um fiskalische Steuerregelungen handelt, sondern um steuerpolitische Gestaltungsmaßnahmen, deren Berechtigung (immer schon) umstritten ist (war).
Die steuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen unterlag in den letzten Jahren einer Vielzahl von Veränderungen.
So gab es bis zum Jahr 1997 durch § 3 Nr. 66 EStG a.F. eine Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne. Nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. waren Erhöhungen des Betriebsvermögens (= Gewinne), die dadurch entstanden sind, dass Schulden zum Zweck der Sanierung eines Unternehmens ganz oder teilweise erlassen werden, steuerbefreit. Hierfür mussten drei Voraussetzungen (Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, geeignete Sanierungsmaßnahme und Sanierungsabsicht des Gläubigers, sog. »Sanierungstrias«) erfüllt sein. Die Freistellung von Sanierungsgewinnen nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. führte dazu, dass zwar der Sanierungsgewinn steuerfrei gestellt wurde, Verlustvorträge jedoch erhalten blieben. Eine Unternehmenssanierung war also doppelt begünstigt.
Mit Ablauf des Jahres 1997 wurde die gesetzliche Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufgehoben. Damit waren ab 1998 Sanierungsgewinne in vollem Umfang steuerpflichtig. Dies wurde jedoch u.a. deswegen in Kauf genommen, da der Gesetzgeber von der Annahme geleitet wurde, dass Sanierungsgewinne mit den – in Fällen der Sanierung regelmäßig – vorhandenen Verlustvorträgen verrechnet werden können. Der Sanierungsgewinn würde also zu keiner bzw. zu keiner nennenswerten Steuerbelastung führen.
Mit Einführung der Mindestbesteuerung (§ 10d Abs. 2 EStG) ab dem VZ 2004 sah sich jedoch die Finanzverwaltung genötigt, im Rahmen des sog. Sanierungserlasses (BMF vom 27.3.2003, BStBl I 2003, 240) eine Begünstigung von Sanierungsgewinnen zu regeln. So konnten Sanierungsgewinne unter Außerachtlassung der Regelungen zur Mindestbesteuerung mit vorhandenen Verlusten verrechnet werden. Auf einen danach verbleibenden Sanierungsgewinn wurde die darauf entfallende Steuer gestundet (§ 222 AO) und nach Abschluss der Sanierung und Prüfung der Sanierungsvoraussetzungen aus Billigkeitsgründen erlassen (§ 227 AO). In 2009 wurde der Sanierungserlass auf Gewinne natürlicher Personen aus einer Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) und aus einer Verbraucherinsolvenz (§§ 304 ff. InsO) ausgedehnt (BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 18).
Diese Verwaltungsregelungen lösten jedoch starke Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der getroffenen Regelungen aus (s.a. FG München vom 12.12.2007; 1 K 4487/06, EFG 2008, 615, rkr.). Es folgte eine Vielzahl von Urteilen mit unterschiedlichen Rechtsauffassungen, bis Ende 2016 der Große Senat des BFH (Urteil vom 28.11.2016, GrS 1/15, BStBl II, 2017, 393) entschied, dass der Sanierungserlass rechtswidrig sei, da die Finanzverwaltung damit gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen würde. Daraufhin reagierte der Gesetzgeber. Mit dem Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27.6.2017 (BGBl I 2017, 2074) wurden das EStG, GewStG und KStG ergänzt, um insbes. durch Einführung der §§ 3a EStG, 7b GewStG die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen sicherzustellen. Diese Regelungen finden in den Fällen Anwendung, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8.2.2017 erlassen wurden.
Voraussetzung hierfür war jedoch, dass diesen Regelungen die EU-Kommission zustimmt. Nachdem die EU-Kommission in einem comfort letter der Bundesregierung mitgeteilt hatte, dass die Regelungen des § 3a EstG als sog. Altbeihilfe keinerlei Zustimmung bedarf, wurde im Rahmen des »Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften« vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338) die §§ 3a EStG, 7b GewStG für Sanierungen ab dem 9.2.2017 in Kraft gesetzt (Art. 19 des »Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften« vom 11.12.2018).
Für bis zum 8.2.2017 entstandene Sanierungsgewinne wendet die Finanzverwaltung die Regelungen des Sanierungserlasses aus 2003 weiter an (BMF vom 24.7.2017, BStBl I 2017, 741; BMF vom 29.3.2018, BStBl I 2018, 588), obwohl der BFH in zwei Urteilen (BFH vom 23.8.2017, I R 52/14, BStBl II 2018, 232; vom 24.7.2017, X R 38/15, BStBl II 2018, 236) entschieden hat, dass das BMF-Schreiben vom 27.4.2017 (BStBl I 2017, 741) in gleicher Weise gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt wie der sog. Sanierungserlass selbst. Eine solche Vertrauensschutzregelung hätte nach Auffassung des BFH nur der Gesetzgeber treffen können. Ergänzend wird hierzu auf Tz. 2.5. hingewiesen.
Ergänzend wurde jedoch durch das »Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften« vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338) die Möglichkeit geschaffen, dass Stpfl. auf Antrag die Regelungen des § 3a EStG und § 7b GewStG auch auf Sanierungen vor dem 9.2.2018 anwenden können (§ 52 Abs. 4a EStG; § 36 Abs. 2c GewStG).
Bei der Steuerfreistellung von Sanierungsgewinnen werden die nach § 3a EStG begünstigten Sanierungsgewinne bereits im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung steuerfrei gestellt. Anders als früher (vor dem 9.2.2018) handelt es sich nicht mehr um eine Billigkeitsmaßnahme. Nach § 3a Abs. 1 EStG sind Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung steuerfrei. Für die Steuerfreistellung sind steuerliche Wahlrechte in dem Jahr, in dem ein Sanierungsertrag erzielt wird (Sanierungsjahr) und im Folgejahr im zu sanierenden Unternehmen gewinnmindernd auszuüben (§ 3a Abs. 1 Satz 2 EStG). Damit sollen die in dem Unternehmen ruhenden stillen Lasten gehoben werden, wie beispielsweise durch mögliche Teilwertabschreibungen, um mit den daraus resultierenden Verlusten Sanierungsgewinne verrechnen zu können. Ziel ist die Verhinderung des Transfers der stillen Lasten in die Zeiträume nach der Sanierung.
Ein Antrag auf Anwendung des § 3a EStG ist nicht erforderlich. Damit hat der Stpfl. jedoch auch keine Möglichkeit, auf die Anwendung des § 3a EStG zu verzichten.
Eine unternehmensbezogene Sanierung liegt vor, wenn der Steuerpflichtige für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger nachweist (§ 3a Abs. 2 EStG). Die Sanierungsfähigkeit/Sanierungseignung ist gegeben, wenn das Überleben des Unternehmens durch den Schuldenerlass und ggf. weitere Sanierungsmaßnahmen bei objektiver Beurteilung gesichert ist (BFH vom 28.11.2016, GrS 1/15, BStBl II 2017, 393).
Für die Frage, ob ein Unternehmen objektiv sanierungsbedürftig ist, sind folgende Aspekte entscheidungserheblich (vgl. z.B. BFH vom 27.1.1998, VIII R 64/96, BStBl II 1998, 537):
die Ertragslage,
die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung,
die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens,
die Möglichkeiten zur Bezahlung von Steuern und sonstigen Schulden,
die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens und – mit Einschränkungen – die Höhe des Privatvermögens.
Ein Unternehmen ist dann sanierungsbedürftig, wenn es ohne die Sanierung nicht fortgeführt werden kann. Dies erfordert eine Prüfung der Ertrags- und der Finanzlage, des Verhältnisses der liquiden Mittel zur Höhe der Schuldenlast und der Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens (BFH vom 14.3.1990, I R 64/85, BStBl II 1990, 810; vom 22.4.1998, XI R 48/95, BFH/NV 1998, 1214). Dabei ist die Sanierungsbedürftigkeit zu bejahen, wenn das Unternehmen infolge Zahlungsunfähigkeit von der Insolvenz bedroht ist (BFH vom 20.2.1986, BFH/NV 1987, 493 und vom 24.4.1986, BFH/NV 1987, 635).
Bei der Beurteilung der Sanierungsfähigkeit eines Unternehmens und der Sanierungseignung des Schulderlasses sind alle Umstände zu berücksichtigen, die die Ertragsaussichten des Unternehmens beeinflussen können, z.B.
die Höhe der Verschuldung,
die Höhe des Erlasses,
die Gründe, die die Notlage bewirkt haben, und
die allgemeinen Ertragsaussichten.
Die Sanierungsabsicht ist anzunehmen, wenn die Gläubiger die geschäftliche und finanzielle Gesundung des Schuldners herbeiführen möchten. Dabei sind an das Vorliegen der Sanierungsabsicht keine strengen Anforderungen zu stellen. Eigennützige Erwägungen des Gläubigers sind unschädlich, sofern die Sanierungsabsicht mitentscheidend ist. Daran fehlt es jedoch, wenn es dem Gläubiger mangels Interesses am weiteren Schicksal des Schuldnerunternehmens primär darum geht, das bestmögliche Ergebnis für sich zu erzielen (BFH vom 26.2.1988, BFH/NV 1989, 436).
Verzichten mehrere Gläubiger auf ihre Forderungen, handeln sie also im Gleichklang miteinander, so ist in der Regel davon auszugehen, dass der Verzicht in Sanierungsabsicht erfolgt. Eine Sanierungseignung ergibt sich für gewöhnlich aus den Prognoserechnungen und Planungen, die bereits zum Nachweis der Sanierungsfähigkeit des Unternehmens vorzulegen sind. Es reicht aus, wenn der Schulderlass nur eine Maßnahme unter mehreren ist, diese aber insgesamt das Unternehmen wieder ertragsfähig machen.
Bei mehreren aufeinander folgenden Schulderlassen, von denen jeder für sich nicht geeignet war, eine nachhaltige Besserung der Ertragslage herbeizuführen, liegt eine Sanierung nur vor, wenn Absprache und Durchführung der Sanierung auf einem einheitlichen Plan beruhen (BFH vom 25.2.1972, BStBl II 1972, 531).
Die Anwendung des § 3a EStG setzt auch voraus, dass es sich um einen betrieblich begründeten Schuldenerlass handeln muss (§ 3a Abs. 2 EStG). Kein Fall eines betrieblich bedingten Schulderlasses liegt vor, wenn es dem Stpfl. gelingt, mit der Sanierungsmaßnahme einen schuldenfreien Übergang ins Privatleben zu bewerkstelligen oder wenn damit der schuldenfreie Aufbau einer anderen Existenzgrundlage ermöglicht wird (privat motivierter Schuldenerlass).
Diesem Fall hat bereits die Rspr. des RFH die Sachverhalte gleichgestellt, in denen ein für den Stpfl. nachteiliger Vertrag aufgehoben wurde (RStBl 31, 195) bzw. in denen der Zinssatz für die Zukunft ermäßigt wurde (RStBl 1938, 239), da insoweit keine Betriebseinnahme und damit kein Sanierungsgewinn vorliegt.
Nach § 3a Abs. 5 EStG ist in bestimmten Einzelfällen auch eine unternehmerbezogene Sanierung begünstigt.
So sind die Erträge
aus einer nach § 286 ff. InsO erteilen Restschuldbefreiung,
einem Schuldenerlass aufgrund eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplans zur Vermeidung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens (§§ 304 ff. InsO) oder
einem Schuldenerlass aufgrund eines Schuldenbereinigungsplans, dem in einem Verbraucherinsolvenzverfahren zugestimmt wurde, oder wenn diese Zustimmung durch das Gericht ersetzt wurde
begünstigt, soweit es sich um Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen handelt.
Die Befreiung nach § 3a EStG wird in diesen Fällen selbst dann gewährt, wenn die Voraussetzungen einer unternehmensbezogenen Sanierung nach § 3a Abs. 2 EStG nicht vorliegen (§ 3a Abs. 5 Satz 1 EStG).
Betriebsvermögensminderungen oder Betriebsausgaben in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem steuerfreien Sanierungsertrag nach § 3a EStG dürfen unabhängig davon, in welchem VZ der Sanierungsertrag entsteht, grundsätzlich nicht abgezogen werden.
In § 3a Abs. 3 EStG wird festgelegt, in welcher Reihenfolge ein der um die nicht abzugsfähigen Sanierungskosten (§ 3c Abs. 4 EStG) geminderte Sanierungsgewinn mit den unterschiedlichen Verlustverrechnungspotenzialen zu verrechnen ist. Hierbei ist die in § 3a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1–13 EStG geregelte Reihenfolge einzuhalten.
So werden zuerst die Verlustverrechnungsvolumina aufgezehrt, welche direkt dem Unternehmen zuzurechnen sind, anschließend gehen die übrigen Verlustverrechnungsvolumina des (Mit-)Unternehmers unter. Bei zusammenveranlagten Ehegatten werden auch die lfd. negativen Einkünfte und Verlustvorträge des Ehegatten mit einbezogen. Übersteigt der verbleibende Sanierungsertrag die nach § 3a Abs. 3 Satz 2 EStG zu mindernden Beträge, erfolgt auch bei den dem Stpfl. nahestehenden Personen eine Minderung der Verluste, wenn die erlassenen Schulden innerhalb von fünf Jahren vor dem Schuldenerlass von dem Nahestehenden auf das Unternehmen übertragen wurden und die Beträge bereits zum Ablauf des Wj. der Übertragung entstanden waren (§ 3a Abs. 3 Satz 3 EStG). Für den Begriff der nahestehenden Person gelten die zur nahestehenden Person im Fall der vGA (s.a. H 8.5 Abs. 3 KStH) entwickelten Grundsätze.
Der sanierungsbedingte Forderungsverzicht eines Gesellschafters einer KapGes kann – ab 2012 – zu einer steuerpflichtigen Schenkung führen (§ 7 Abs. 8 ErbStG).
So wird nach § 7 Abs. 8 ErbStG eine Schenkung fingiert, wenn eine Werterhöhung von Anteilen an einer KapGes erfolgt, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt. Der Tatbestand der Norm ist beispielsweise dann gegeben, wenn ein Darlehen erlassen wird, soweit sich hierdurch der Wert der Anteile an der Gesellschaft erhöht und soweit derjenige, der auf das Darlehen verzichtet, nicht selbst an der Gesellschaft beteiligt ist.
Wenn Gesellschafter, z.B. zu Sanierungszwecken, auf Forderungen gegen die Gesellschaft verzichten wollen, das Verhältnis der Nennbeträge der Forderungen aber von den Beteiligungsquoten abweicht, bestehen keine Bedenken gegen einen vorgeschalteten Forderungsverkauf, bei dem der verzichtende Gläubiger (Gesellschafter oder Dritter) in einem ersten Schritt einen Teil seiner Forderung zum Verkehrswert an die (Mit-)Gesellschafter verkauft und die Gesellschafter dann in einem zweiten Schritt beteiligungsproportional auf ihre Forderungen verzichten. Auf den einheitlichen Ländererlass vom 14.3.2012 (BStBl I 2012, 331, Tz. 3.3.6) wird hingewiesen.
Ein Forderungsverzicht unter Besserungsvorbehalt bessert als auflösend bedingter Verzicht die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft zumindest vorübergehend (und seiner Zwecksetzung nach auch auf Dauer), bewirkt also eine Werterhöhung der Anteile sowohl des Verzichtenden als auch etwaiger Mitgesellschafter. Im Ergebnis verneint die Finanzverwaltung hier jedoch einen steuerbaren Vorgang und qualifiziert den Forderungsverzicht gegen Besserungsschein als Umschichtung uneinbringbarer Werte gegen Erwerbsaussichten. Vgl. hierzu auch Seltenreich in Preißer/Rödl/Seltenreich, Erbschaft- und Schenkungsteuer, Kompakt-Kommentar, § 7 ErbStG, Kap. 17.2.1.6 f. m.w.N.
Im Zusammenhang mit Unternehmenssanierungen werden häufig auch Rangrücktrittsvereinbarungen abgeschlossen, da diese zur Vermeidung einer Überschuldung erforderlich sein können. Hierbei wird unterschieden in den einfachen und dem qualifizierten Rangrücktritt.
Bei einem einfachen Rangrücktritt vereinbaren Schuldner und Gläubiger, dass eine Rückzahlung der Verbindlichkeit nur dann zu erfolgen habe, wenn der Schuldner dazu aus zukünftigen Gewinnen, aus einem Liquidationsüberschuss oder aus anderem – freien – Vermögen künftig in der Lage ist und der Gläubiger mit seiner Forderung im Rang hinter alle anderen Gläubiger zurücktritt.
Bei einem qualifizierten Rangrücktritt erklärt der Gläubiger sinngemäß, er wolle wegen der Forderung erst nach Befriedigung sämtlicher anderer Gläubiger der Gesellschaft und – bis zur Abwendung der Krise – auch nicht vor, sondern nur zugleich mit den Einlagenrückgewähransprüchen der Gesellschafter berücksichtigt, also so behandelt werden, als handele es sich bei seiner Forderung um statutarisches Kapital (BGH Urteil vom 8.1.2001, BGHZ 146, 264–280). Ziel der Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts ist, die Verbindlichkeit in der insolvenzrechtlichen Überschuldungsbilanz der Gesellschaft nicht auszuweisen.
Die Vereinbarung eines einfachen oder eines qualifizierten Rangrücktritts hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die Bilanzierung der Verbindlichkeit. Im Gegensatz zu einem Forderungsverzicht mindert sich oder erlischt die Verbindlichkeit nicht. Diese wird weiterhin geschuldet und stellt für den Steuerpflichtigen eine wirtschaftliche Belastung dar; lediglich die Rangfolge der Tilgung ändert sich. Die Verbindlichkeit ist daher weiterhin als Fremdkapital in der (Steuer-)Bilanz der Gesellschaft auszuweisen.
Jedoch darf nach § 5 Abs. 2a EStG weder eine Verbindlichkeit angesetzt noch eine Rückstellung gebildet werden, wenn die Verpflichtung nur zu erfüllen ist, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen. Eine solche Verbindlichkeit oder Rückstellung darf erst angesetzt werden, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.
Voraussetzung für die Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG ist, dass zwischen dem Ansatz der Verbindlichkeit und Gewinnen und Einnahmen eine Abhängigkeit im Zahlungsjahr besteht. Haben Schuldner und Gläubiger einen einfachen Rangrücktritt geschlossen, fehlt es an der geforderten Abhängigkeit zwischen Verbindlichkeit und Einnahmen oder Gewinnen, sodass § 5 Abs. 2a EStG nicht anzuwenden ist. Ist jedoch in dem Rangrücktritt keine Bezugnahme auf die Möglichkeit einer Tilgung auch aus sonstigem freien Vermögen geregelt, ist der Ansatz von Verbindlichkeiten oder Rückstellungen bei derartigen Vereinbarungen nach § 5 Abs. 2a EStG ausgeschlossen.
Bei einem qualifizierten Rangrücktritt kann § 5 Abs. 2a EStG nicht angewendet werden, weil keine Abhängigkeit zwischen Verbindlichkeit und Einnahmen oder Gewinnen besteht. Hier kann lediglich die Begleichung der Verbindlichkeit – bis zur Abwendung der Krise – verweigert werden (BMF Schreiben vom 8.9.2006, BStBl I 2006, 497).
Ergänzend wird auf das Urteil des BFH vom 15.4.2015 (BStBl II 2015, 769) hingewiesen, in dem dieser entschieden hat, dass eine Rangrücktrittsvereinbarung grundsätzlich zu einer erfolgswirksamen Auflösung der Verbindlichkeit nach § 5 Abs. 2a EStG führt, wenn es dieser an einer Regelung über die Tilgung aus sonstigen freien Vermögen fehlt. Also ist danach auch bei einem qualifizierten Rangrücktritt immer eine Tilgung auch aus dem sonstigen freien Vermögen zu vereinbaren, um die Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG zu vermeiden. Für die Frage der Passivierung bzw. der Auflösung der Verbindlichkeit kommt es nicht darauf an, ob der Schuldner über ausreichendes Vermögen verfügt.
Aus Billigkeitsgründen wendet die Finanzverwaltung die Regelungen des Sanierungserlasses vom 27.3.2003 und vom 22.12.2009 in den Fällen weiterhin an, in denen der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis (einschließlich) zum 8.2.2017 endgültig vollzogen wurde.
Verbindliche Auskünfte bzw. verbindliche Zusagen bleiben bestehen, wenn der Forderungsverzicht bis zur Entscheidung über die Aufhebung oder Rücknahme der verbindlichen Auskunft ganz oder im Wesentlichen vollzogen wurde. Ist eine verbindliche Auskunft erst nach dem 8.2.2017 erteilt worden, ist diese nur dann nicht nach § 130 Abs. 2 Nr. 4 AO zurückzunehmen, wenn der Forderungsverzicht bis zur Entscheidung über die Rücknahme vollzogen wurde (BMF vom 27.4.2017, BStBl I 2017, 741).
Die gegen diese Verwaltungsauffassung stehenden BFH-Urteile vom 23.8.2017 (I R 52/14, BStBl II 2018, 232 und X R 38/15, BStBl II 2018, 236) wendet die Finanzverwaltung nicht an (BMF vom 29.3.2018, BStBl I 2018, 588). So besteht lt. Auffassung der Finanzverwaltung – trotz der gegenteiligen Auffassung des BFH – ein Vertrauensschutz in die bisherige Regelung (Sanierungserlass), da der Gesetzgeber die gesetzliche Neuregelung mit Blick auf die Anwendung der Altfallregelung gebilligt habe.
Daher gibt es in den Fällen, bei denen die Finanzverwaltung die Voraussetzungen für die Anwendung des Sanierungserlasses als nicht gegeben ansieht, derzeit wohl kaum eine Chance, in einem finanzgerichtlichen Verfahren einen Erfolg zu erzielen, da sich die Finanzgerichte wohl der Auffassung des BFH anschließen werden, dass die Berufung auf eine Anwendung des Sanierungserlasses auf Sanierungsgewinne vor dem 8.2.2017 unzulässig ist, da dieser verfassungswidrig sei.
Hinweis
Die gegen das Urteil des BFH vom 23.8.2017 (I R 52/14, BStBl II 2018, 232) eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom BVerG abgewiesen (BVerfG vom 17.7.2019, 2 BvR 2637/17, juris).
Die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer obliegt allein der hebeberechtigten Gemeinde (H 1.5 (1) Sanierungsgewinn GewStH 2016). Auch ergibt sich aus dem Sanierungserlass keine Zuständigkeit des Finanzamts zur abweichenden Festsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen (BFH vom 25.4.2012, I R 24/11, BFH/NV 2012, 1516). Nach dem Sanierungserlass können einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern mindern, zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden. So sind nach Rz. 8 des Sanierungserlasses Verluste/negative Einkünfte jeder Art unbeschadet von Ausgleichs- und Verrechnungsbeschränkungen – wie z.B. derjenigen des § 10d EStG (sog. Mindestbesteuerung) – im Steuerfestsetzungsverfahren bis zur Höhe des Sanierungsgewinns vorrangig mit dem Sanierungsgewinn zu verrechnen.
Bezüglich der übergesetzlichen Verlustverrechnung bei der Gewerbesteuer ist jedoch nach wie vor § 184 Abs. 2 Satz 2 AO zu beachten. Danach wirkt eine Maßnahme nach § 163 Satz 2 AO nur insoweit auch für den Gewerbeertrag, wie sie die gewerblichen Einkünfte als Grundlage für die Festsetzung der Steuer vom Einkommen beeinflusst. Dies ist bei der Verlustverrechnung nach § 10a GewStG nicht der Fall (vgl. Kurzinformationen OFD Rheinland 2/2015 vom 6.2.2015, FR 2015, 296). Daher hat jede Gemeinde in eigener Zuständigkeit darüber zu entscheiden, ob – aus gewerbesteuerlicher Sicht – ein Sanierungsgewinn vorliegt und ob aufgrund persönlicher oder sachlicher Gründe eine abweichende Festsetzung der Gewerbesteuer gegeben ist.
Für Sanierungen ab dem 9.2.2017 ist die Finanzverwaltung auch für die Gewerbesteuer berechtigt, Sanierungsgewinne steuermindernd zu berücksichtigen.
Durch das »Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften« vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338) wurde jedoch den Stpfl. die Möglichkeit geschaffen, dass auf Antrag die Regelungen der §§ 3a EStG, 7b GewStG auch auf Sanierungen vor dem 9.2.2017 abgewendet werden können. Das bietet sich insbes. in den Fällen an, in denen die Finanzverwaltung die Voraussetzungen des Sanierungserlasses als nicht gegeben ansieht, da in diesen Fällen ein Klageverfahren wegen der ablehnenden Haltung des BFH zur Anwendung des Sanierungserlasses wohl aussichtslos sein wird.
Durch das »Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften« vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338) wurde § 8c Abs. 1 KStG neu gefasst. Die bisherige Regelung, dass ein Verlust einer KapGes nach § 8c KStG anteilig untergeht, wenn innerhalb von fünf Jahren zwischen 25 % und bis zu 50 % der Anteile an einen Erwerber oder eine Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen übertragen wird, wurde rückwirkend ab 2008 aufgehoben. Ursache für die Aufhebung war die Entscheidung des BVerfG vom 29.3.2017 (BvL 6/11, BStBl I 2017, 1082), welches § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG a.F. bis einschließlich VZ 2015 für verfassungswidrig erklärt hat und dem Gesetzgeber bis Ende 2018 eine Frist zur Nachbesserung gegeben hat.
Durch Aufhebung des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG a.F. rückten die nachfolgenden Sätze nun eins nach vorne. D.h. des bisherige Satz 2 wurde nun der neue Satz 1 usw.
Unverändert bleibt jedoch die Regelung, dass bei einer Übertragung von mehr als 50 % der Anteile innerhalb von fünf Jahren ein Verlustabzug der KapGes sowohl bei der KSt als auch bei der GewSt in voller Höhe verloren geht (§ 8c Abs. 1 Satz 1 KStG n.F. = § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG a.F.).
Hinweis:
Die Rechtmäßigkeit des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG a.F. (= § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG n.F.) wird zurzeit durch das BVerfG (2 BvL 19/17) aufgrund eines Vorlagebeschlusses des FG Hamburg vom 29.8.2017 (2 K 245/17, DStR 2017, 2377) geprüft. Es bleibt abzuwarten, ob diese Regelung verfassungsgemäß ist.
Im Rahmen des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung (BGBl I 2009, 1959) wurde in § 8c KStG durch Aufnahme des § 8c Abs. 1a KStG geregelt, dass im Fall einer Sanierung kein Verlustuntergang nach § 8c Abs. 1 KStG mehr eintreten soll. Da die Europäische Kommission mit Beschluss vom 24.2.2010 und 26.1.2011 jedoch festgestellt hatte, dass die Sanierungsklausel unvereinbar mit dem europäischen Beihilferecht sei (C-7/2010), wurde die Anwendung des § 8c Abs. 1a KStG zunächst einmal bis zu einer Entscheidung durch den EuGH ausgesetzt. Mit den Urteilen des EuGH vom 28.6.2018 (C-209/16 P; C-219/16 P, DStR 2018, 1434) wurde der Beschluss der Europäischen Kommission für nichtig erklärt. Daher wurde mit dem »Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften« vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338), die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG wieder in Kraft gesetzt.
So findet § 8c Abs. 1a KStG i.d.F. des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes erstmals für den VZ 2008 und auf Anteilsübertragungen nach dem 31.12.2007 Anwendung. Erfüllt also ein nach dem 31.12.2007 erfolgter – dem Grunde nach schädlicher – Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c Abs. 1 KStG die Voraussetzungen des § 8c Abs. 1a KStG, bleibt er bei der Anwendung des § 8c KStG unberücksichtigt.
Nach § 8c Abs. 1a KStG ist eine Sanierung eine Maßnahme, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen und zugleich die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten.
Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit der Sanierungsklausel ist, dass der Anteilserwerb zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Körperschaft zumindest droht oder bereits eingetreten ist. Entsprechend der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 567/09) sind zur Bestimmung dieses Zeitkorridors die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechts vor MoMiG (§ 32a und § 32b GmbHG a.F.) heranzuziehen. Daher können Anteilserwerbe, die bereits vor der Krise erfolgt sind, die Anwendung des § 8c Abs. 1a KStG nicht auslösen.
Zur Bestimmung des Krisenbeginns siehe BMF vom 8.6.1999 (IV C 2-S 2244 – 12/99, BStBl I 1999, 545). Im Zweifelsfall hat die Körperschaft nachzuweisen, dass es bereits vor dem Beteiligungserwerb zu Zahlungsstockungen oder Finanzierungsschwierigkeiten gekommen ist. Kann die KapGes ihren zur Abwendung der Zahlungsunfähigkeit erforderlichen Kreditbedarf am Kapitalmarkt ohne Sicherheiten von dritter Seite nicht mehr finanzieren, so ist von einer Krise auszugehen. Die Stellung eines Insolvenzantrags ist nicht erforderlich.
Die Körperschaft trägt die objektive Beweislast für das Vorliegen der Sanierungsvoraussetzungen. Sie muss Unterlagen vorlegen, mit denen sowohl
die Ursache für die eingetretene Krise in objektiv nachvollziehbarer Weise und
die konkreten zur Bewältigung dieser Krise ergriffenen Maßnahmen
belegt werden.
Die Sanierungsklausel nach § 8c Abs. 1a KStG wurde jedoch an viele einschränkende Voraussetzungen gebunden.
So müssen mit einer begünstigten Sanierungsmaßnahme auch die wesentlichen Betriebsstrukturen erhalten bleiben.
Dass setzt voraus, dass
eine getroffene Betriebsvereinbarung bzgl. der Arbeitsplatzregelung befolgt wird (d.h. praktisch durchgeführt) oder
in analoger Anwendung des § 13a ErbStG die maßgebende Lohnsumme von mind. 400 % innerhalb von fünf Jahren nach dem Beteiligungserwerb nicht unterschritten wird oder
der Körperschaft durch Einlagen wesentliches Betriebsvermögen zugeführt wird.
Die Zuführung wesentlichen Betriebsvermögens ist dann gegeben, wenn innerhalb von zwölf Monaten nach Beteiligungserwerb der Körperschaft mindestens so viel neues Betriebsvermögen zugeführt wird, dass es mindestens 25 % des in der Steuerbilanz zum Schluss des vorangehenden Wirtschaftsjahrs enthaltenen Aktivvermögens entspricht. Bei nur quotalem Beteiligungserwerb ist die maßgebende Größe anteilig zuzuführen, um die Voraussetzungen zu erfüllen.
Wegen weiterer Einzelheiten zur Anwendung des § 8c Abs. 1a KStG wird auf die Vfg. der OFD NRW vom 20.12.2018 (DB 2019, 26) ergänzend hingewiesen.
Ein durch § 8c Abs. 1a KStG begünstigte Sanierung liegt nicht vor, wenn der Geschäftsbetrieb der Körperschaft im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs im Wesentlichen eingestellt war oder innerhalb von fünf Jahren nach dem Beteiligungserwerb ein Branchenwechsel stattfindet (§ 8c Abs. 1a Satz 4 KStG).
Unabhängig von der Anwendung des Sanierungserlasses oder der §§ 3a EStG, 7b GewStG steht den Stpfl. immer noch die Möglichkeit offen, einen Erlass aus persönlichen oder sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 AO (abweichende Steuerfestsetzung) oder § 227 AO (Erlass der Steuerschuld) zu stellen. Hierbei müssen persönliche bzw. sachliche Gründe vorgetragen werden, die eine Unbilligkeit der Besteuerung eines Sanierungsgewinns darlegen. Hierbei ist allein die Tatsache, dass sich aufgrund einer Unternehmenssanierung ein entsprechender Sanierungsgewinn ergibt, kein Fall einer Unbilligkeit, sondern das Ergebnis der Gewinnermittlungsvorschriften.
Sowohl im Bereich der Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) als auch im gewerblichen Bereich können für bestimmte Baumaßnahmen an Gebäuden in Sanierungs- und städtebaulichen Entwicklungsgebieten nach § 7h EStG erhöhte Abschreibungen geltend gemacht werden. Begünstigt sind nur die Herstellungskosten an einem im Sanierungsgebiet liegenden, bestehenden Gebäude, nicht hingegen der Neubau oder Wiederaufbau von Gebäuden (BFH vom 2.9.2008, BStBl II 2009, 596).
Auch scheidet eine Förderung durch erhöhte Absetzungen bzw. Sonderausgaben für anteilig auf eine angeschaffte Eigentumswohnung entfallende Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nach den §§ 7h EStG aus, wenn die Wohnung nach Abschluss des Kaufvertrags erst im unausgebauten Teil eines Sanierungsgebäudes hergestellt wird.
Wird ein Gebäude, welches in einem Sanierungs- oder städtebaulichem Entwicklungsgebiet liegt, zu eigenen Wohnzwecken genutzt, kann der Steuerpflichtige die Aufwendungen i.S.d. § 7h EStG nach § 10f EStG im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung wie Sonderausgaben, verteilt auf 10 Jahre, abziehen.
Unter drei Voraussetzungen können erhöhte Abschreibungen geltend gemacht werden:
Das inländische Gebäude muss in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder einem städtebaulichen Entwicklungsgebiet liegen.
Die Sanierungsmaßnahmen stellen Instandhaltungen oder Modernisierungen dar, die die gesetzliche oder vertragliche (BFH vom 6.12.2002, BFH/NV 2003, 469) Beseitigung eines Missstandes oder die Behebung eines Mangels am Gebäude zum Gegenstand haben.
Die Maßnahmen müssen durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde nachgewiesen sein. Bei den Bescheinigungen sind die länderspezifischen Bescheinigungsrichtlinien zu beachten (vgl. § 7h Abs. 2 EStG, H 7h EStH mit den geänderten Bescheinigungsrichtlinien vom 8.11.2004, BStBl I 2004, 1048). Danach haben die Bescheinigungsbehörden zwar zu prüfen und zu bescheinigen, ob die Tatbestandsmerkmale des § 7h EStG vorliegen, allerdings fällt die Entscheidung über das Vorliegen der übrigen steuerrechtlich bedeutsamen Tatbestandmerkmale, entgegen dem BFH-Urteil vom 22.9.2005, in die Zuständigkeit der Finanzbehörden. Von Bedeutung ist allerdings, dass die Bindungs- oder Konzentrationswirkung der Bescheinigung nicht die Frage der persönlichen Abzugsberechtigung umfasst (BFH Urteil vom 21.8.2001, BStBl II 2003, 910).
Seit 2003 betragen die Abschreibungssätze
im Jahr der Fertigstellung bis zu 9 % der Baumaßnahmen,
in den folgenden sieben Kalenderjahren jeweils bis zu 9 % und
in den folgenden vier Jahren jeweils bis zu 7 % der Baumaßnahmen.
Die Restwert-AfA (für nicht beanspruchte Afa-Beträge) kann nach § 7h Abs. 1 Satz 5 EStG erst nach Ablauf des Begünstigungszeitraumes geltend gemacht werden; sie sind dann zusammen mit den ursprünglichen Anschaffungskosten einheitlich abzuschreiben.
Für den Fall, dass der Stpfl. Zuschüsse für die Sanierungsmaßnahmen erhält, mindern diese die Bemessungsgrundlage. Im Jahr der Fertigstellung kann die volle Jahres-AfA geltend gemacht werden.
Für die Inanspruchnahme des § 7h EStG hat die Finanzverwaltung zu prüfen:
ob die Bescheinigung durch die zuständige Gemeindebehörde ausgestellt wurde,
ob die bescheinigten Aufwendungen dem Gebäude nach § 7h Abs. 1 EStG zuzuordnen sind,
ob die bescheinigten Aufwendungen zu den
Herstellungskosten oder
den begünstigten Anschaffungskosten nach § 7h Abs. 1 Satz 3 EStG oder
den sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben oder
den Werbungskosten (insbes. zum Erhaltungsaufwand) oder
den nicht abziehbaren Ausgaben
gehören,
ob weitere Zuschüsse für die bescheinigten Aufwendungen gezahlt wurden,
ob die Aufwendungen bei einer Einkunftsart oder bei einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude wie Sonderausgaben (§ 10f EStG) berücksichtigt werden können,
in welchem VZ die erhöhten Absetzungen, die Verteilung von Erhaltungsaufwand (§ 11a EStG) oder der Sonderausgabenabzug nach § 10f EStG erstmals beansprucht werden können, (vgl. R 7h Abs. 5 EStR).
Ist in der Bescheinigung der Gemeindebehörde (§ 7h Abs. 2 EStG) darauf hingewiesen worden, dass die Bescheinigung nicht alleinige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung sei und die Finanzbehörde weitere steuerliche Voraussetzungen, insbes. die Zugehörigkeit der Aufwendungen zu den AK, zu den WK oder zum Erhaltungsaufwand prüfe, ist davon auszugehen, dass die Gemeinde keine abschließende Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen in § 7h EStG getroffen hat und damit die Prüfung der Finanzbehörde vorbehalten ist (vgl. BFH vom 2.9.2008, BFH/NV 2009, 14).
Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer gem. § 35a Abs. 3 EStG auf Antrag um 20 %, höchstens 1 200 €, der Aufwendungen des Stpfl., wenn es sich nicht um öffentlich geförderte Maßnahmen handelt, für die zinsverbilligte Darlehen oder Zuschüsse in Anspruch genommen werden. Für die Gewährung der Steuerermäßigung müssen zudem die Voraussetzungen des § 35a Abs. 4 und 5 EStG erfüllt sind.
Ab dem VZ 2020 wurde für energetische Maßnahmen für ein in der EU oder dem EWR befindlichen und zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude eine Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen eingeführt.
So ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer im Kj. des Abschlusses der energetischen Maßnahme und im nächsten Kj. um je 7 % der Aufwendungen, max. 14 000 €/Jahr und im übernächsten Kalenderjahr um 6 % der Aufwendungen, max. 12 000 €.
Dabei muss das Gebäude bei Durchführung der energetischen Maßnahme älter als zehn Jahre sein.
Zu den begünstigten energetischen Maßnahmen zählen:
Erneuerung der Fenster oder Außentüren;
Erneuerung oder Einbau einer Lüftungsanlage;
Erneuerung der Heizungsanlage;
Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchoptimierung;
Optimierung bestehender Heizungsanlagen, sofern diese älter als zwei Jahre sind (§ 35c Abs. 1 Satz 3 EStG).
Die Begünstigung kann für mehrere Maßnahmen an einem Objekt in Anspruch genommen werden, der Höchstbetrag der Steuermäßigung beträgt jedoch 40 000 € (§ 35c Abs. 1 Satz 5 EStG).
Die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung ist nur möglich, wenn die Ausgaben nicht als Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben oder als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt worden sind, bzw. diese Aufwendungen im Rahmen des § 10f EStG oder § 35a EStG angesetzt wurden (§ 35c Abs. 3 EStG).
Die Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden kann nur in Anspruch genommen werden, wenn durch eine nach amtlichem Muster erstellte Bescheinigung des ausführenden Fachunternehmens nachgewiesen wird, dass die Voraussetzungen des § 35c Abs. 1 Satz 1 bis 3 EStG sowie die Anforderungen nach der Verordnung zur Bestimmung von Mindestanforderungen für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden nach § 35c EStG erfüllt sind (§ 35c Abs. 1 Satz 7 EStG).
Die entsprechenden Musterbescheinigungen und Erläuterungen können dem dazu ergangenem BMF-Schreiben vom 31.3.2020 (BStBl I 2020, 484) entnommen werden.
Die Ausstellung der Bescheinigung erfolgt für den bzw. die Eigentümer des Wohngebäudes/der Wohnung. In Fällen des Miteigentums an einem Wohngebäude/einer Wohnung bedarf es der Angabe der Miteigentumsanteile.
Werden energetische Maßnahmen an einem aus mehreren selbstgenutzten Eigentumswohnungen bestehenden Gebäude durchgeführt, ist grundsätzlich für jede einzelne Eigentumswohnung eine Bescheinigung auszustellen. Aus Vereinfachungsgründen darf das ausführende Fachunternehmen eine Gesamtbescheinigung ausstellen, wenn es sich entweder um das Gesamtgebäude betreffende Sanierungsaufwendungen handelt oder die auf das Sondereigentum einzelner Wohnungen entfallenden Aufwendungen den einzelnen Wohnungen klar und eindeutig zugeordnet werden können.
Hat eine Wohnungseigentümergemeinschaft zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Interessen einen Verwalter bestellt, ist dieser als Auftraggeber zu adressieren. Es reicht in diesen Fällen aus, wenn der Verwalter die anteiligen auf das Miteigentum entfallenden Aufwendungen nach dem Verhältnis des Miteigentumsanteils aufteilt und dem einzelnen Wohnungseigentümer mitteilt. Dazu erstellt der Verwalter eine der Anzahl der Berechtigten entsprechende Anzahl von Abschriften der Bescheinigung des Fachunternehmens, auf welcher er die Höhe der anteilig auf den jeweiligen Berechtigten entfallenden Aufwendungen am Gesamtgebäude für den jeweiligen Berechtigten vermerkt und die auf das Sondereigentum einzelner Wohnungen entfallenden Aufwendungen den konkreten Wohnungseigentümern zuweist.
Werden in einem Gebäude nicht alle Räume zu eigenen Wohnzwecken genutzt, sind nur die Aufwendungen bescheinigungsfähig, die entweder anteilig oder direkt den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäudeteilen zugeordnet werden können.
Die nach § 35c Abs. 7 EStG vorgesehene Verordnung, in der die Mindestanforderungen für eine energetische Maßnahme festgelegt werden, wurde durch die »Verordnung zur Bestimmung von Mindestanforderungen für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden nach § 35c des Einkommensteuergesetzes – Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung (ESanMV)« vom 2.1.2020 (BGBl I 2020, 3) erlassen.
Aufwendungen für die Sanierung eines selbst genutzten Wohngebäudes können als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein, wenn
es sich nicht um Kosten der üblichen Instandsetzung/Modernisierung oder der Beseitigung von Baumängeln handelt,
durch die Baumaßnahmen konkrete Gesundheitsgefährdungen abgewehrt werden, z.B. Asbestbeseitigung (BFH vom 29.3.2012, BStBl II 2012, 570),
dadurch unausweichliche Schäden beseitigt werden, die zu einer Unbewohnbarkeit des Hauses führen können, z.B. echter Hausschwamm (BFH vom 29.3.2012, BStBl II 2012, 572),
sie vom Gebäude ausgehende Beeinträchtigungen beseitigen, z.B. Geruchsbelästigung (BFH vom 29.3.2012, BStBl II 2012, 574),
vgl. hierzu auch H 33.1–33.4 [Sanierung eines selbst genutzten Gebäudes] EStH 2016.
Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, Mantelkauf: Passt nicht, immer noch zu weit! – Zweifelsfragen und Lösungsansätze im Zusammenhang mit der Sanierungsklausel in § 8c Abs. 1a KStG, DStR 2009, 2173 – 2179; Janssen, Erlass von Steuern auf Sanierungsgewinne, DStR 2003, 1055; Viskorf, Die schenkungssteuerpflichtige Sanierung, Steuerboard DB0480329 (abrufbar unter www.handelsblatt.com); Korezkij, Schenkungen unter Beteiligung von Kapitalgesellschaften, DStR 2012, 163 ff., Seltenreich in Preißer/Rödl/Seltenreich, Erbschaft- und Schenkungsteuer, Kompakt-Kommentar, § 7 ErbStG Kap. 17.2.1.6 f.; Ossola-Haring, Sanierungsbescheinigung: Neues Tätigkeitsfeld für Steuerberater?, LEXinform 0879222; Mitteilung des DStV vom 28.2.2013 zum Sanierungserlass; Fuhrmann, Gesellschafterfremdfinanzierung, KÖSDI 2012, 17977; Helios, Aktuelle steuerliche Rechtsfragen von Rangrücktrittsvereinbarungen, DStR 2015, 2478; Desens, Die neue Besteuerung von Sanierungserträgen, DStR 2017, 981; Nöhlenbrock/Gragert, Reform der Besteuerung von Sanierungsgewinnen/-erträgen, DStR 2017, 994; Kanzler, Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen, NWB Nr. 30 vom 24.7.2017; Liedtke/Daowd, Das Ende des Sanierungserlasses – eine Chance für das allgemeine Billigkeitsrecht, DB 2017, 3013; Uhländer, Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen im »Stresstest«, DB 2018, 854.
Redaktioneller Hinweis:
Steuerspar-Tipps, wichtige Fristen und Termine – alles im Blick.
Zum Newsletter anmelden