1 Definition des Schadensersatzes
2 Zivilrechtliche Schadensersatzansprüche
2.1 Allgemeiner Überblick
2.2 Die einzelnen Schuldverhältnisse
2.3 Art und Umfang des Schadensersatzes
2.3.1 Allgemeiner Überblick
2.3.2 Ersatz von Umsatzsteuer nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB
2.3.3 Schadensersatz neben der Leistung
2.3.3.1 Pflichtverletzung
2.3.3.2 Verzögerungsschaden
2.3.3.2.1 Verzug des Schuldners
2.3.3.2.2 Verzug des Gläubigers
2.3.4 Schadensersatz statt der Leistung
2.3.4.1 Allgemeiner Überblick
2.3.4.2 Schadensersatz nach § 281 BGB
2.3.4.3 Schadensersatz nach § 282 BGB
2.3.4.4 Schadensersatz nach § 283 BGB
2.3.4.5 Schadensersatz nach § 327m BGB
2.4 Gewährleistungsrecht beim Kauf
2.4.1 Sachmängel
2.4.2 Ansprüche des Käufers
2.4.2.1 Anspruch auf Nacherfüllung oder Nachlieferung
2.4.2.2 Rücktritt
2.4.2.3 Minderung
2.4.2.4 Schadensersatz oder Aufwendungsersatz
2.4.3 Verbrauchsgüterkauf
2.5 Vertragsstrafen
2.5.1 Verwirkung der Vertragsstrafe
2.5.2 Vertragsstrafe statt der Erfüllung
2.5.3 Vertragsstrafe neben der Erfüllung
2.6 Schadensersatzpflicht aufgrund unerlaubter Handlung
3 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung
3.1 Einteilung des Schadensersatzes
3.2 Falltypen des Schadensersatzes
3.2.1 Überblick
3.2.2 Entschädigung für eine Leistung aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung
3.2.3 Entschädigung aufgrund von Vertragsverletzungen
3.2.4 Entschädigung aufgrund unerlaubter Handlungen
3.2.5 Entschädigung bzw. Entgeltsminderung aufgrund mangelhafter bzw. verspäteter bzw. nur teilweiser Vertragserfüllung
3.2.6 Zahlungen bei fortbestehender Leistungsbereitschaft
3.2.7 Versicherungszahlungen
3.2.8 Abfindungen
3.2.9 Vertragsstrafen
3.2.10 Mischfälle von Leistungsaustausch und Schadensersatz
3.2.11 Mischfälle von Schadensersatz und unentgeltlichen Wertabgaben
3.2.12 Reparaturleistungen von Unfallfahrzeugen
3.2.13 Zeugenentschädigung nach dem JVEG
3.2.13.1 Grundsätzliches
3.2.13.2 Zahlungen an Zeugen
3.2.13.3 Zahlungen an Sachverständige
3.2.13.4 Zahlungen an sachverständige Zeugen
3.2.13.5 Ärztliche Gutachten im Auftrag der Sozialbehörden
3.2.14 Bauvertragliche Entschädigungen infolge einer Bauzeitverlängerung
3.2.14.1 Allgemeiner Überblick
3.2.14.2 Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B
3.2.14.3 Anspruch aus § 642 BGB
3.2.14.4 Anspruch aus § 6 Abs. 6 VOB/B
3.2.15 Stornokosten im Beherbergungsgewerbe
3.2.16 Werteersatzanspruch bei nichtigem Mietvertrag
3.2.17 Aufwendungsersatzzahlungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie wegen Verletzung von Urheberrechten nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG)
3.2.17.1 Verwaltungsregelung zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Abmahnungen
3.2.17.2 Zahlungen nach dem UWG
3.2.17.3 Zahlungen nach dem UrhG
3.2.17.4 Zeitpunkt der Abmahnleistung
3.2.17.5 Bemessungsgrundlage und Steuersatz der Abmahnleistung
3.2.17.6 Unberechtigter Steuerausweis
3.2.18 Kartenpfand für elektronische Zahlungskarten
3.3 Ort der Leistungen im Zusammenhang mit Schadensregulierungen
4 Ertragsteuerrechtliche Behandlung
4.1 Allgemeiner Überblick
4.2 Behandlung beim Empfänger als Betriebseinnahmen bzw. Einnahmen
4.3 Behandlung beim Leistenden als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten
4.4 Schadensersatzleistungen bei Vermietung und Verpachtung
4.4.1 Allgemeiner Überblick
4.4.2 Versicherungsleistungen
4.4.3 Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage
4.4.4 Vertragliche Entschädigungen
4.4.5 Schadensersatzleistungen des Verkäufers für versteckte Mängel
4.4.6 Schadensersatzzahlungen wegen Falschberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung
5 Entschädigungen wegen Körperverletzung
5.1 Grundsätzliches zum Ersatz steuerbarer Einnahmen
5.2 Entschädigungszahlungen zum Ersatz steuerfreier Einnahmen
5.3 Entschädigungszahlungen als Ersatz für erlittenen Verdienstausfall
5.4 Entschädigungszahlungen als Ersatz einer konkreten Einkunftsquelle
6 Schadensersatzrenten
7 Literaturhinweise
8 Verwandte Lexikonartikel
Schadensersatz wird geleistet, weil der Leistende nach Gesetz oder Vertrag für den Schaden und seine Folgen einzustehen hat (Abschn. 1.3. Abs. 1 UStAE). Unter Schadensersatz versteht man also die Wiedergutmachung eines Schadens.
Das zweite Buch des BGB (§§ 241 bis 853) umfasst das Recht der Schuldverhältnisse. Das Schuldverhältnis wird in § 241 Abs. 1 Satz 1 BGB wie folgt definiert: »Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern.«
In Abschn. 8 des zweiten Buches nennt das BGB u.a. folgende Schuldverhältnisse, deren Verletzungen Schadensersatzansprüche begründen:
Kauf, Tausch (§§ 433–480 BGB),
Darlehensverträge u.Ä. (§§ 488–507 BGB),
Schenkung (§§ 516–534 BGB),
Miet- und Pachtverträge (§§ 535–597 BGB),
Leihe (§§ 598–606 BGB),
Sachdarlehensvertrag (§§ 607–609 BGB),
Dienstvertrag und Behandlungsvertrag (§§ 611–630h BGB),
Werkvertrag und ähnliche Verträge (§§ 631–651y BGB),
Maklervertrag (§§ 652–656d BGB),
Auslobung (§§ 657–661a BGB),
Auftrag und Geschäftsbesorgungsvertrag (§§ 662–676c BGB).
Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist grundsätzlich ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich (§ 311 Abs. 1 BGB).
Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 BGB). Die Schadensersatzpflicht kann an die Stelle (Nichterfüllung) oder neben (Schlechterfüllung) die Leistungspflicht treten.
Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (Grundsatz der Naturalrestitution i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB). Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB).
Hinweis:
Der u.a. für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus Kfz-Unfällen zuständige VI. Zivilsenat des BGH hat am 16.1.2024 über fünf Revisionen entschieden, in denen sich in unterschiedlichen Konstellationen die Frage stellte, wer das Risiko trägt, wenn der Unfallverursacher einwendet, die von der Werkstatt gestellte Rechnung sei überhöht (sog. Werkstattrisiko).
Schon nach bisheriger Rspr. liegt das Werkstattrisiko grds. beim Schädiger. Übergibt der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug an eine Fachwerkstatt zur Instandsetzung, ohne dass ihn insoweit ein (insbes. Auswahl- oder Überwachungs-)Verschulden trifft, so sind die dadurch anfallenden Reparaturkosten im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger deshalb auch dann vollumfänglich ersatzfähig, wenn sie aufgrund unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt unangemessen, mithin nicht erforderlich i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind. In einem solchen Fall gegebenenfalls bestehende Ansprüche des Geschädigten gegen den Werkstattbetreiber spielen nur insoweit eine Rolle, als der Schädiger im Rahmen des Vorteilsausgleichs deren Abtretung verlangen kann. Nicht erfasst vom Werkstattrisiko sind Reparaturen, die nur bei Gelegenheit der Instandsetzungsarbeiten mitausgeführt worden sind. Der Geschädigte trägt daher die Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein und die Unfallbedingtheit der jeweiligen Fahrzeugschäden.
Die BGH-Urteile vom 16.1.2024 (VI ZR 38/22, VI ZR 239/22, VI ZR 253/22, VI ZR 266/22 und VI ZR 51/23) über die Ersatzfähigkeit von Kfz-Reparaturkosten im Falle des sog. Werkstattrisikos erläutert der BGH in seiner Pressemitteilung Nr. 7/2024 vom 16.1.2024 (LEXinform 0465023). S.a. die Ausführungen unter → Unfallkosten.
Bei der Beschädigung einer Sache schließt der erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB). In mehreren Urteilen hat der BGH zum Ersatz der USt insbes. bei Unfallschäden Stellung genommen (s.a. → Unfallkosten.
Bei Pkw-Unfallschäden wählt der Geschädigte oftmals den Weg der fiktiven Schadensabrechnung.
Beispiel 1:
Der Sachverhalt und die Lösung sind dem BGH-Urteil vom 13.9.2016 (VI ZR 654/15, NJW 2017, 1310, LEXinform 1657560) nachgebildet.
Der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige ermittelt in einem Gutachten einen Wiederbeschaffungswert des Pkw i.H.v. 7 400 € und einen Restwert des Unfallfahrzeugs von netto 1 134,45 €. Der Geschädigte erwirbt danach ein regelbesteuertes Fahrzeug für 5 600 € einschließlich 926,05 € USt.
Die beklagte Haftpflichtversicherung zog bei der Schadensregulierung von dem geltend gemachten Wiederbeschaffungswert einen USt-Anteil von 19 % (7 400 € : 119 × 19 = 1 181,51 €) ab. Ausgehend von einem Wiederbeschaffungswert von netto (7 400 € ./. 1 181,51 €) 6 218,49 € und einem Restwert von netto 1 134,45 € zahlte die Versicherung 5 084,04 €.
Die Vorinstanz (Landgericht) hat den Wiederbeschaffungswert von 7 400 € um die in dem Neuerwerb enthaltene USt i.H.v. 926,05 € gekürzt. Nach Abzug des Restwerts verblieb danach eine Zahlung der Versicherung i.H.v. 5 339,50 €.
Das Amtsgericht hatte zuvor nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, wonach ein Ersatzfahrzeug der → Differenzbesteuerung i.S.d. § 25a UStG mit einem USt-Anteil von 2,4 % unterläge, vom ermittelten Wiederbeschaffungswert von brutto 7 400 € USt i.H.v. 173,44 € abgezogen. Ausgehend von einem Wiederbeschaffungswert von damit netto 7 226,56 € und einem Restwert von netto 1 134,45 € hat das Amtsgericht einen Wiederbeschaffungsaufwand von 6 092,11 € errechnet.
Lösung 1:
Der Geschädigte (Kläger) hat nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB keinen Anspruch auf Ersatz von USt, die tatsächlich nicht angefallen ist. Der bei Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag schließt die Umsatzsteuer nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Für den Ersatz der Umsatzsteuer kommt es – unabhängig von dem Weg, den der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat – darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist. Die Umsatzsteuer soll nicht ersetzt werden, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt. Verzichtet der Geschädigte auf eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung und verlangt stattdessen den hierfür erforderlichen Geldbetrag, erhält er nicht mehr den vollen, sondern den um die Umsatzsteuer reduzierten Geldbetrag. Dies gilt sowohl für den Fall, dass sich der erforderliche Geldbetrag nach den fiktiven Reparaturkosten richtet als auch für den Fall, dass er sich nach den fiktiven Kosten für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache richtet (BT-Drs. 14/7752, 23 f.). Die Vorschrift des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB begrenzt insoweit die Dispositionsfreiheit des Geschädigten.
Im Urteilsfall hat der Kläger den Schaden fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens abrechnet. Die vom Brutto-Wiederbeschaffungswert von 7 400 € in Abzug zu bringende Umsatzsteuer bemisst sich folglich nicht aus dem tatsächlich erfolgten Erwerb eines Ersatzfahrzeugs, sondern aus dem fiktiven Ersatzbeschaffungsgeschäft. Eine Kombination fiktiver und konkreter Schadensberechnung ist insoweit nicht zulässig.
Bei einer hypothetischen Ersatzbeschaffung war von einer Differenzbesteuerung und somit von einem Wiederbeschaffungsaufwand von 6 092,11 € auszugehen.
Die beim Fahrzeugerwerb tatsächlich angefallene Umsatzsteuer ist nicht ersatzfähig, weil der Geschädigte die für ihn günstigere Möglichkeit einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens gewählt hat. An dieser Art der Schadensabrechnung muss er sich jedenfalls dann festhalten lassen, wenn er die konkreten Kosten der Ersatzbeschaffung unter Einbeziehung der geltend gemachten Nebenkosten den ihm aufgrund der fiktiven Schadensabrechnung zustehenden Betrag nicht übersteigen; eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig.
Mit Urteil vom 2.10.2018 (VI ZR 40/18, BB 2018, 2753, LEXinform 1672052) hat der BGH seine Rechtsauffassung im Urteil vom 13.9.2016 (VI ZR 654/15, LEXinform 1657560) bestätigt. Wählt der Geschädigte den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, ist die im Rahmen einer Ersatzbeschaffung angefallene Umsatzsteuer nicht ersatzfähig, auch nicht in Höhe des im Schadensgutachten zugrunde gelegten Umsatzsteueranteils. Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig (so auch BGH vom 12.10.2021, VI ZR 513/19, LEXinform 4241362 sowie vom 5.4.2022, VI ZR 7/21, LEXinform 4246653).
Zur Schadensregulierung nach einem Verkehrsunfall und zur Erstattung der USt hat das OLG Brandenburg mit Urteil vom 22.8.2019 (12 U 11/19, NJW 2019, 3795, LEXinform 1678475) folgenden Fall entschieden.
Entscheidungssachverhalt:
Leasingnehmer LN hat mit dem Pkw des Leasinggebers LG einen Unfall mit dem Schädiger S. Der LN ist verpflichtet, die Reparatur des verunfallten Leasingfahrzeugs auf eigene Kosten und im eigenen Namen durchführen zu lassen. Der LN hat gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung einen Schadensersatzanspruch. Der LN hat Reparaturkosten i.H.v. 10 606 € geltend gemacht, worauf die Haftpflichtversicherung des Schädigers einen Betrag von 8 912, 60 € gezahlt hat.
Der LN macht mit seiner Klage die streitige USt, die in der Rechnung der Werkstatt gesondert ausgewiesen wurde, i.H.v. (8 912,60 € × 19 % =) 1 693,40 € geltend.
Die Vorinstanz (Landgereicht Potsdam) hatte entschieden, dass eine Erstattung der auf die Reparaturkosten zu berechnenden USt nicht bestehe, da das Fahrzeug Eigentum des LG gewesen und dieser zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Für die Bemessung des entstandenen Schadensersatzanspruchs, insbesondere auch in Bezug auf die USt, sei nicht auf die Verhältnisse des LN, sondern auf die Verhältnisse des LG als Eigentümer abzustellen.
Entscheidungsgründe des OLG Brandenburg:
Der LN hat Anspruch auf Erstattung der USt gem. § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB.
Es ist auf die Verhältnisse des Leasingnehmers abzustellen, wenn er vertraglich verpflichtet ist, die Reparatur des verunfallten Leasingfahrzeuges auf eigene Kosten und im eigenen Namen durchführen zu lassen. Da der Leasingnehmer selbst den Vertrag mit dem Reparaturunternehmen abschließt und damit auch gegenüber dem Reparaturunternehmen auf Bezahlung der Vergütung haftet, tritt der Schaden unmittelbar bei ihm selbst ein, wenn er die Reparatur durchführen lässt und die Reparaturrechnung begleichen muss. Da der LN die Reparatur im eigenen Namen und auf eigene Rechnung hat durchführen lassen, ist der Schadensersatzanspruch auch nicht lediglich auf den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens beschränkt. Der LN würde andernfalls auf der Umsatzsteuer »sitzenbleiben«, da er diese weder von dem Schädiger noch von dem LG ersetzt bekommen würde, wodurch der Schädiger unbillig auf Kosten des Geschädigten (LN) entlastet würde, was durch § 249 Abs. 2 BGB gerade verhindert werden sollte.
Der BGH hat mit Urteil vom 25.7.2022 (VIa ZR 622/21, BFH/NV 2022, 1280, LEXinform 4251291, Rz. 9) entschieden, dass angefallene USt nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung nicht ersatzfähig ist, soweit sie der Geschädigte als Vorsteuer abziehen kann (BGH vom 18.3.2014, VI ZR 10/13, LEXinform 1589342, Rz. 17; vom 23.3.2021, VI ZR 3/20, LEXinform 4228461, Rz. 7). Den in der Abzugsmöglichkeit liegenden Vorteil muss sich der Geschädigte auf seinen Schaden anrechnen lassen; ob er von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch gemacht hat, ist unerheblich.
Grundsätzlich kann der Gläubiger nach seiner Wahl Schadensersatz statt der Leistung oder Ersatz seiner Aufwendungen in dem in § 284 BGB bestimmten Umfang verlangen (§ 311a Abs. 2 BGB). Hat der Schuldner allerdings die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt (Pflichtverletzung), so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist (§ 281 Abs. 1 Satz 3 BGB).
Der Gläubiger kann eine Leistung nach Ablauf der Leistungszeit (§ 271 BGB) verlangen. Ein Leistungsverzug tritt ein, wenn die Leistung nicht bei Fälligkeit erbracht wird. Den Schaden hat der Schuldner unter den Voraussetzungen des § 286 BGB zu ersetzen (§ 280 Abs. 2 BGB). Unter den Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger auch Schadensersatz statt der Leistung erlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat.
Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt (§ 293 BGB). Der Schuldner kann im Falle des Verzugs des Gläubigers Ersatz der Mehraufwendungen verlangen, die er für das erfolglose Angebot sowie für die Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstands machen musste (§ 304 BGB).
Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 BGB verlangen (§ 280 Abs. 3 BGB).
Abb.: Schadensersatz nach § 281 BGB
Zum Rücktritt vom Vertrag bei einem gegenseitigen Vertrag s. § 323 BGB.
Mit Urteil vom 22.7.2010 (VII ZR 176/09, LEXinform 1564571) hat der BGH neue Grundsätze aufgestellt, nach denen ein Schadensersatzanspruch wegen eines Baumangels zu berechnen ist.
Sachverhalt:
Der Beklagte errichtete im Auftrag der Kläger ein Einfamilienhaus. Es waren Mängel vorhanden, die der Beklagte trotz Aufforderung mit Fristsetzung nicht beseitigte. Für die Beseitigung der Mängel sind Aufwendungen i.H.v. 9 405 € netto erforderlich. Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Kläger als Schadensersatz, über den er frei verfügen kann und den er nicht zur Mängelbeseitigung verwenden muss, auch die Umsatzsteuer auf diesen Betrag verlangen kann, wenn er die Mängel noch nicht beseitigt hat.
Entscheidungsgründe:
Der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen Mängeln eines Werkes ist abweichend von § 249 Satz 1 BGB nicht auf Naturalrestitution in Form der Mängelbeseitigung, sondern auf Zahlung eines Geldbetrages gerichtet. Das folgt daraus, dass nach § 281 Abs. 4 BGB der Anspruch auf die Leistung, der hier in der Herstellung der Mangelfreiheit besteht, ausgeschlossen ist. Nach der Rechtsprechung des BGH kann dieser auf Zahlung eines Geldbetrages gerichtete Schadensersatzanspruch nach Wahl des Bestellers entweder nach dem mangelbedingten Minderwert des Werkes oder nach den Kosten berechnet werden, die für eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung erforderlich sind.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH gehört zu den Kosten, die für eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung in diesem Sinne erforderlich sind, auch die von einem nicht vorsteuerabzugsberechtigten Besteller an dritte Unternehmer zu zahlende Umsatzsteuer (vgl. BGH Urteil vom 18.1.1990, VII ZR 171/88, BauR 1990, 360, 361). Hieran hält der BGH nicht mehr uneingeschränkt fest.
Nach Auffassung des BGH ist die Bemessung des Vermögensschadens des Bestellers in Fällen, in denen er den Mangel nicht hat beseitigen lassen, nach den erforderlichen Mängelbeseitigungskosten unter Einschluss einer zu zahlenden Umsatzsteuer nicht gerechtfertigt. Im Lichte der Erwägungen, die den Gesetzgeber bei Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung einer Sache bewogen haben, die Umsatzsteuer aus der Berechnung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrages herauszunehmen, sofern sie nicht tatsächlich angefallen ist (vgl. BT-Drucks. 14/7752, 13), hält es der BGH auch bei einem werkvertraglichen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1, Abs. 3, § 281 BGB für eine Überkompensation des Schadens des Bestellers, wenn die nicht angefallene Umsatzsteuer berücksichtigt wird.
Unbeschadet bleibt die Ersatzfähigkeit eines Betrages in Höhe der USt, wenn der Besteller diese tatsächlich aufgewendet hat und nicht im Rahmen eines Vorsteuerabzugs erstattet bekommt. Einer Vorleistungspflicht in dieser Höhe kann der Besteller entgehen, indem er einen Vorschussanspruch nach § 637 Abs. 3 BGB geltend macht.
Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB, kann der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist.
Beispiel 2:
S. Maier u.a. in Grundkurs des Steuerrechts Bd. 10, 14. A., Teil C Kap. 4.7.2, 99.
Ein Maler streicht ein Haus innen und außen. Bei der ansonsten ordnungsgemäßen Leistung beschädigt er das in der Wohnung stehende Mobiliar wiederholt mit seiner Leiter, mit der er unsachgemäß hantiert.
Lösung 2:
Die Verletzung einer Schutzpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB berechtigt zum Schadensersatz statt der Leistung (diese wird abgebrochen), wenn dem Gläubiger die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zumutbar ist. Es kann nur darauf ankommen, dass es sich um eine »wesentliche Pflichtverletzung« handelt und diese es nach ihrem Gewicht, der Wiederholungsgefahr, der Größe der bisher eingetretenen Verletzungen für den Gläubiger nach Treu und Glauben unzumutbar erscheinen lässt, am Vertrag festzuhalten.
Bei einem gegenseitigen Vertrag s. § 324 BGB.
Braucht der Schuldner unter den Voraussetzungen des § 275 BGB nicht zu leisten, kann der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangen.
Bei einem gegenseitigen Vertrag s. § 326 BGB.
Nach § 327m Abs. 3 BGB kann der Verbraucher Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn das digitale Produkt mangelhaft ist.
Zur Leistungspflicht des Verkäufers gehört, die Kaufsache frei von Sachmängeln zu liefern (§ 433 und 434 BGB). Voraussetzung für alle Gewährleistungsansprüche ist, dass der Mangel schon bei Übergabe der Kaufsache an den Käufer vorhanden war. Ein Sachmangel liegt u.a. auch vor, wenn die vereinbarte Montage durch den Verkäufer oder dessen Erfüllungsgehilfen unsachgemäß durchgeführt worden ist (§ 434 Abs. 2 Satz 1 BGB). Dem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere oder eine geringere Menge liefert (§ 434 Abs. 3 BGB).
Zur Sachmängelgewährleistung beim Verkauf eines hochpreisigen Dressurpferdes hat der BGH mit Urteil vom 18.10.2017 (VIII ZR 32/16, NJW 2018, 150, LEXinform 5215620) entschieden, dass auch bei einem hochpreisigen Dressurpferd das Vorhandensein eines »Röntgenbefundes«, sofern die Kaufvertragsparteien keine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung geschlossen haben, für sich genommen grundsätzlich noch keinen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet. Hierbei kommt es nicht entscheidend darauf an, wie häufig derartige Röntgenbefunde vorkommen.
Der Verkäufer eines solchen Dressurpferdes hat – wie auch sonst beim Verkauf eines Reitpferdes – ohne eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung der Kaufvertragsparteien nur dafür einzustehen, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem (ebenfalls vertragswidrigen) Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird und es deshalb oder aus sonstigen Gründen für die vertraglich vorausgesetzte beziehungsweise gewöhnliche Verwendung nicht mehr einsetzbar sein wird.
Die Veräußerung eines vom Verkäufer – einem nicht im Bereich des Pferdehandels tätigen selbstständigen Reitlehrer und Pferdeausbilder – ausschließlich zu privaten Zwecken genutzten Pferdes ist regelmäßig nicht als Unternehmergeschäft zu qualifizieren (s.a. BGH Pressemitteilung Nr. 161/2017 vom 18.10.2017, LEXinform 0447262).
Aufgrund des bestehenden Mangels steht dem Käufer ein Anspruch auf Nacherfüllung zu, der auf Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer anderen, mangelfreien Sache gerichtet ist (§ 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 BGB).
Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbes. Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen (§ 439 Abs. 2 BGB).
Den Rücktritt vom Vertrag (§ 437 Nr. 2 BGB) kann der Käufer grundsätzlich nur dann erklären, wenn er dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (§ 323 BGB).
Der Verkäufer muss den Kaufpreis zurückzahlen. Der Verkäufer ist auch zum Wertersatz verpflichtet (§ 347 Abs. 1 Satz 1 BGB), wenn er die Nutzungen entgegen den Regeln der ordnungsgemäßen Wirtschaft nicht zieht. Eine Verpflichtung des Verkäufers, den Kaufpreis anzulegen, dürfte aber im Regelfall nicht anzunehmen sein. Der Verkäufer ist weiterhin verpflichtet, dem Käufer die auf die Kaufsache gemachten notwendigen Verwendungen zu ersetzen (§ 347 Abs. 2 Satz 1 BGB). Andere Aufwendungen sind zu ersetzen, soweit der Verkäufer durch diese bereichert wird (§ 347 Abs. 2 Satz 2 BGB).
Der Käufer muss die Kaufsache zurückgeben (§ 346 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei Beschädigung oder Untergang der Kaufsache muss er Wertersatz leisten (§ 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB).
Voraussetzungen und Durchführung der Minderung ergeben sich aus § 437 Nr. 2 i.V.m. § 441 BGB. Die Minderung ist ein Gestaltungsrecht (§ 441 Abs. 1 Satz 1 BGB), das alternativ neben dem Rücktrittsrecht steht. Auch zur Minderung ist der Käufer erst nach erfolgloser Fristsetzung zur Nacherfüllung berechtigt. Anders als das Rücktrittsrecht ist das Minderungsrecht bei unerheblichen Mängeln nicht ausgeschlossen (Nichtanwendung des Ausschlussgrundes des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB). Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache im mangelfreien Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde (§ 441 Abs. 3 BGB). Die Höhe der Minderung kann auch durch eine Schätzung erfolgen.
Schadensersatz statt der Leistung kann der Käufer verlangen, wenn der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat (§§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281, 283 und 311a BGB).
Eine praktisch besonders bedeutsame Regelung betrifft den Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB) Ein Verbrauchsgüterkauf liegt vor, wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer eine Ware kauft. Um einen Verbrauchsgüterkauf handelt es sich auch bei einem Vertrag, der neben dem Verkauf einer Ware die Erbringung einer Dienstleistung durch den Unternehmer zum Gegenstand hat (§ 474 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die beim Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt (§ 14 BGB).
Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, das weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann (§ 13 BGB).
Zeigt sich beim Verbrauchsgüterkauf innerhalb eines Jahres seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird grundsätzlich vermutet, dass die Ware bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Ware oder des mangelhaften Zustands unvereinbar. Beim Kauf eines lebenden Tieres gilt diese Vermutung für einen Zeitraum von sechs Monaten seit Gefahrübergang (§ 477 Abs. 1 BGB).
Hinweis:
Gem. Art. 1 Nr. 5 ff. i.V.m. Art. 3 des Gesetzes zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags vom 25.6.2021 (BGBl I 2021, 2133 werden u.a. die §§ 474 ff. BGB geändert und die §§ 476 und 477 BGB neu gefasst und treten mit Wirkung vom 1.1.2022 in Kraft.
Verspricht der Schuldner dem Gläubiger für den Fall, dass er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe, so ist die Strafe verwirkt, wenn er in Verzug kommt. Besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen, so tritt die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein (§ 339 BGB).
Hat der Schuldner die Strafe für den Fall versprochen, dass er seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe statt der Erfüllung verlangen. Erklärt der Gläubiger dem Schuldner, dass er die Strafe verlange, so ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen (§ 340 Abs. 1 BGB).
Hat der Schuldner die Strafe für den Fall versprochen, dass er seine Verbindlichkeit nicht in gehöriger Weise, insbes. nicht zu der bestimmten Zeit, erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe neben der Erfüllung verlangen (§ 341 Abs. 1 BGB; Beispiel 15).
Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 823 Abs. 1 BGB).
Zur Berücksichtigung von Schadensersatzzahlungen wegen unerlaubter Handlungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit hat der BFH mit Urteil vom 9.2.2012 (VI R 23/10, BStBl II 2012, 829) entschieden, dass regelmäßig eine Vermutung dafür spricht, dass Aufwendungen für aus dem Arbeitsverhältnis folgende zivil- und arbeitsgerichtliche Streitigkeiten einen den Werbungskostenabzug rechtfertigenden hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu den Lohneinkünften aufweisen. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich ArbG und ArbN über solche streitigen Ansprüche im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs einigen (s.a. Anmerkung vom 8.10.2013, LEXinform 0652216; → Prozesskosten; s.u. zur ertragsteuerlichen Behandlung von Schadensersatzzahlungen).
Die Verwaltungsrichtlinien unterteilen in Abschn. 1.3. Abs. 1 UStAE den Schadensersatz in echten sowie unechten Schadensersatz.
Der echte Schadensersatz wird nicht geleistet, weil der Leistende eine Lieferung oder sonstige Leistung erhalten hat, sondern weil er nach dem Gesetz oder Vertrag für den Schaden und seine Folgen einzustehen hat.
Abb.: Echter und unechter Schadensersatz
Bei der Abgrenzung des Schadensersatzes ergeben sich folgende Falltypen (Kurz/Meissner, Finanz und Steuern Bd. 2, 17. A., Teil E, Kap. 5.1, 108 ff.):
Entschädigungszahlung für eine Leistung aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung,
Entschädigungszahlungen aufgrund von Vertragsverletzungen,
Entschädigung aufgrund unerlaubter Handlung,
Entschädigung bzw. Entgeltsminderung aufgrund mangelhafter bzw. verspäteter bzw. nur teilweiser Vertragserfüllung,
Zahlungen bei fortbestehender Leistungsbereitschaft,
Versicherungszahlungen,
Abfindungen,
Vertragsstrafen
Mischfälle von Leistungsaustausch und Schadensersatz,
Mischfälle von Schadensersatz und Eigenverbrauch (fiktive entgeltliche Leistungen gem. § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG).
Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG wird in diesen Fällen ein Leistungsaustausch fingiert. Die gesetzliche oder behördliche Anordnung ersetzt also den gegenseitigen Vertrag. Wird demzufolge eine behördliche Anordnung erfüllt und für die Erfüllung dieser Anordnung ein Ausgleich bezahlt, ist dies genauso zu behandeln, wie wenn ein entsprechender gegenseitiger Vertrag erfüllt würde.
Beispiel 3: (Räumung von Geschäftsräumen vor Ablauf des Mietvertrages)
Lebensmittelhändler Frisch hat seine Geschäftsräume in einem gemeindeeigenen Gebäude. Er hat mit der Gemeinde einen Mietvertrag bis Ende 05 abgeschlossen. Wegen einer Straßenerweiterung möchte die Gemeinde G das Gebäude abbrechen. Da Frisch die Geschäftsräume nicht freiwillig aufgibt, wird er aufgrund eines Enteignungsverfahrens durch gerichtliche Anordnung gezwungen, das Gebäude zum 31.12.03 zu räumen. Für die vorzeitige Räumung spricht ihm das Gericht eine von der Gemeinde zu zahlende Entschädigung von 100 000 € zu.
Lösung 3:
Die Entschädigung ist Entgelt für eine Leistung des Frisch an G. F erbringt eine Verzichtsleistung gem. § 3 Abs. 9 UStG. Der fehlende Leistungswille wird durch rechtmäßigen Zwang der Gemeinde G ersetzt (Enteignung nach dem Bundesbaugesetz; s.a. Abschn. 1.1. Abs. 13 UStAE). Ein Leistungsaustausch wäre auch dann gegeben, wenn Frisch auf sein Recht, die Geschäftsräume bis zum Ablauf des Mietvertrags zu nutzen, freiwillig gegen Entgelt verzichtet hätte. Frisch gibt damit nämlich eine ihm vertraglich zustehende Rechtsposition, die er rechtlich auch durchsetzen könnte, wegen des Entgelts auf (vgl. hierzu BFH Urteil vom 27.2.1969, V 144/65, BStBl II 1969, 387).
Die Räumung ist ein Hilfsgeschäft des Frisch im Rahmen eines Unternehmens und somit steuerbar, aber steuerfrei. Der Vermietung eines Grundstücks gleichzusetzen ist der Verzicht auf Rechte aus dem Mietvertrag gegen eine Abstandszahlung (Abschn. 4.12.1. Abs. 1 Satz 7 UStAE).
Entschädigungen aufgrund von Vertragsverletzungen sind stets Schadensersatz. Es ist lediglich darauf zu achten, ob wirklich Vertragsverletzungen vorliegen, für die eine Entschädigung zu bezahlen ist, oder ob in Wirklichkeit ein gegenseitiger Vertrag und damit ein Leistungsaustausch vorliegt.
Entschädigungen oder Schadenersatzzahlungen stellen dann kein Entgelt i.S.d. Umsatzsteuerrechts dar, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden einzustehen hat (BFH vom 10.12.1998, V R 58/97, BFH/NV 1999, 987 und vom 16.1.2003, V R 36/01, BFH/NV 2003, 667).
Der gegen Entgelt erklärte Verzicht auf eine auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage bestehende Rechtsposition ist dagegen als umsatzsteuerbar anzusehen (BFH vom 7.7.2005, V R 34/03, BStBl II 2007, 66). So ist das Entgelt, das für den Verzicht auf den Ankauf einer Immobilie gezahlt worden ist, der USt zu unterwerfen. Insoweit handelt es sich um eine sonstige Leistung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (FG München Beschluss vom 18.7.2012, 14 V 1350/12, LEXinform 5014456, rkr.). Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung, ob eine bloße Entschädigungs- oder Schadenersatzleistung vorliegt oder ob von einem im gegenseitigen Austauschverhältnis stehenden Entgelt oder Anspruchsverzicht zu sprechen ist, hängt dabei nicht von der von den Beteiligten gewählten Bezeichnung ab. Ob die Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch vorliegen, beurteilt sich vielmehr anhand objektiver Umstände nach umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben.
Wird ein Speditionsvertrag vorzeitig gekündigt, so behält der Unternehmer grundsätzlich den Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Er muss sich jedoch gem. § 648 Satz 2 BGB ersparte Aufwendungen oder dasjenige, was er durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erzielt oder zu erwerben böswillig unterlässt, anrechnen lassen. Sogenannte Bereitstellungsentgelte, die ein Speditionsunternehmen erhält, wenn eine Zwangsräumung kurzfristig von dem Gerichtsvollzieher abgesagt wird, stellen eine pauschalierte Entschädigung dar und unterliegen mangels eines Leistungsaustauschs nicht der USt (BFH vom 30.6.2010, XI R 22/08, BStBl II 2010, 1084).
Die gem. § 648 Satz 2 BGB oder § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B nach freier Kündigung eines Bauvertrages zu zahlende Vergütung ist nur insoweit Entgelt i.S.v. § 10 Abs. 1 UStG und damit Bemessungsgrundlage für den gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Umsatz, als sie auf schon erbrachte Leistungsteile entfällt (BGH vom 22.11.2007, VII ZR 83/05, UR 2008, 156, LEXinform 1547954; Bestätigung von BGH vom 4.7.1996, VII ZR 227/93, LEXinform 1502782 und BGH vom 2.6.1987, X ZR 39/86, LEXinform 0082325).
Mit Urteil vom 26.8.2021 (V R 13/19, BStBl II 2022, 197) bestätigt der BFH die o.g. BGH-Rspr. und hat entschieden, dass die nach Aufkündigung eines Architektenvertrags zu zahlende Vergütung nur in Höhe desjenigen Anteils der USt unterliegt, der eine Entschädigung für tatsächlich bereits erbrachte Leistungen darstellt. Eine darüber hinausgehende Entschädigung stellt einen nicht umsatzsteuerbaren Schadenersatz dar.
Im Urteilsfall V R 13/19 war der Kläger als selbstständiger Landschaftsarchitekt tätig. Er wurde mit der Gestaltung von Außenanlagen an zwei Schulen beauftragt, die in mehreren Bauabschnitten umgestaltet werden sollten. Der Umbau der Außenanlagen einer Schule konnte jedoch mangels vorhandener Mittel nicht realisiert werden, weshalb der zuständige Landkreis den Architekten um die Ausstellung einer Schlussrechnung bat. Mit dem Kläger wurde daraufhin eine Schlussvergütung bestehend aus einem Anteil für bereits erbrachte Leistungen sowie einem Ausfallhonorar für die vorzeitige Kündigung des Vertrags vereinbart.
Der Kläger behandelte das Honorar für die bereits erbrachten Leistungen als umsatzsteuerpflichtige Einnahme. Das Ausfallhonorar wurde jedoch als nicht umsatzsteuerbar behandelt. Das FA und das FG würdigte das Ausfallhonorar hingegen als Gegenleistung für den Verzicht des Klägers auf die Erfüllung des Architektenvertrags und setzte auf diese Leistung ebenfalls entsprechend USt fest.
Nach der BFH-Entscheidung V R 13/19 stellen Schadenersatzzahlungen oder andere Entschädigungen kein umsatzsteuerbares Entgelt dar, da kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung und einer Leistung des Stpfl. besteht. Der Zahlende hat mit dieser Leistung lediglich einen aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Regelung eingetretenen Schaden auszugleichen.
Nach Auffassung des BFH liegt für das Ausfallhonorar keine konkrete Gegenleistung vor, sondern es handelt sich um einen Ersatz für entgangene Einnahmen (s.a. Anmerkung vom 11.1.2022, LEXinform 0653906).
Mit Urteil vom 7.7.2005 (V R 34/03, BStBl II 2007, 66) hat der BFH entschieden, dass die Zustimmung zur vorzeitigen Auflösung eines Beratervertrages gegen »Schadensersatz« eine sonstige Leistung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG sein kann.
Nach dem BFH-Urteil vom 22.8.2019 (V R 47/17, BStBl II 2023, 274) stellt die Klagerücknahme des Unternehmers auf der einen Seite und die Verpflichtung zur Zahlung eines »Entschädigungsbetrags« auf der anderen Seite keinen Schadensersatz, sondern umsatzsteuerliches Entgelt für eine Leistung des Stpfl. (Einverständnis mit der Schließung des Bahnübergangs) dar.
Der Urteilsfall betraf einen Landwirt, der bisher einen Überweg über Bahngleise auf seine jenseits davon liegenden Felder hatte. Dieser Überweg sollte geschlossen werden. Er klagte dagegen vor dem Verwaltungsgericht, einigte sich aber mit der DB Netz AG und zog im Kj. 2005 (am 18.5.2005) seine Klage zurück. Die aufgrund der Einigung zu leistende Entschädigungszahlung i.H.v. 128 000 € erhielt er im Kj. 2006, weil erst in diesem Jahr der Überweg geschlossen wurde. Zusätzlich erhielt er in den Jahren 2008, 2011 und 2013 lt. vertraglicher Vereinbarung Zahlungen i.H.v. ca. 54 000 €, 23 000 € und 5 700 € zur Abgelten seiner ESt. Insgesamt erhielt der Stpfl. somit ca. 210 700 €.
Nach einer im Kj. 2013 durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 erließ das FA im Kj 2014 erstmals einen USt-Bescheid für das Kj. 2006 und setzte darin die USt i.H.v. 29 062 € fest (Steuersatz 16 %).
Der Landwirt war der Auffassung, dass die Entschädigungszahlungen Schadensersatzleistungen und kein umsatzsteuerrechtliches Entgelt darstellen würden. Auch der Leistungszeitpunkt sein falsch. Die Vereinbarung mit der DB Netz AG sei bereits im Kj. 2005 abgeschlossen worden.
Bei der Rücknahme der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vor dem Verwaltungsgericht durch den Landwirt handelt es sich umsatzsteuerrechtlich um eine steuerbare und stpfl. Leistung. Eine steuerbare Leistung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) liegt nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH vor, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich regelmäßig aus dem »Rechtsverhältnis«, d.h. den vertraglichen Beziehungen zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt (BFH vom 22.8.2019, V R 47/17, BStBl II 2023, 274, Rz. 18 und vom 31.5.2017, XI R 2/14, BStBl II 2017, 1024 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH und des BFH) Dies ist hier der Fall, weil durch die Vereinbarung vom 18.5.2005 die Klagerücknahme durch den Landwirt auf der einen Seite und die Verpflichtung der DB Bau AG zum Bau eines Ersatzwegs und zur Zahlung eines »Entschädigungsbetrags« von 128 000 € auf der anderen Seite in einem unmittelbaren Zusammenhang miteinander verknüpft wurden.
Zum Zeitpunkt der Steuerentstehung bei der Sollversteuerung sowie zur Abwendung des Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL s. → Sollversteuerung (Anmerkung vom 4.12.2019, LEXinform 0889008).
Beispiel 4: (Entschädigung wegen Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag)
K schließt mit dem Kfz-Händler B einen Kaufvertrag über einen fabrikneuen Pkw ab. Der Pkw soll innerhalb von zwei Monaten geliefert werden. Entsprechend den Geschäftsbedingungen des Verbandes des Kfz-Handels ist vereinbart, dass K im Falle seines Rücktritts vom Kaufvertrag eine Entschädigung in Höhe von 10 % des Kaufpreises an B zahlen muss. B hat den Pkw beim Werk bestellt. Einen Monat danach tritt K vom Vertrag zurück und zahlt die vereinbarte Entschädigung. S.a. das BFH Urteil vom 27.4.1961 (V 263/58 U, BStBl III 1961, 300).
Lösung 4:
Die Entschädigung, die B erhält, ist nur dann steuerbar, wenn sie ein Entgelt für eine Leistung des B an K darstellt. Als Leistung des B kommt in Betracht:
Das Tätigwerden des B, um den Kaufabschluss herbeizuführen und die Bestellung des Pkw beim Hersteller.
Der Verzicht des B auf seine Rechte aus dem Kaufvertrag.
Zu 1:
K zahlt die Entschädigung nicht deshalb, weil B an ihn derartige Leistungen erbracht hat, sondern weil er vertraglich aufgrund seines Vertragsbruches zum Schadensersatz verpflichtet ist. Das Tätigwerden des B, um den Kaufabschluss herbeizuführen, und die Bestellung des Pkw ist keine Leistung an K i.S.d. Umsatzsteuerrechts. Die im Kaufvertrag konkretisierte Leistung bezieht sich ausschließlich auf die Lieferung eines Pkw. Alles andere hat für K kein Interesse.
Ist Gegenstand des Verpflichtungsgeschäfts eine Lieferung und wird diese nicht erbracht, so kann grundsätzlich keine sonstige Leistung an die Stelle dieser Lieferung treten.
Zu 2:
Der Verzicht des B auf seine Rechte aus dem Kaufvertrag stellt keinen echten Verzicht und somit keine Leistung i.S.d. UStG dar. Eine Verzichtsleistung des B kommt nicht in Betracht, weil er nicht darüber disponieren kann, ob er auf der Erfüllung des Vertrags durch K bestehen will oder stattdessen die Entschädigungszahlung beansprucht. Die an sich rechtlich mögliche Durchsetzung des Anspruchs auf Abnahme des Pkw gegen Zahlung des Kaufpreises wäre nur auf gerichtlichem Wege möglich und so langwierig, dass diese Möglichkeit wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheint.
B hat somit die Entschädigung nicht der USt zu unterwerfen (vgl. Abschn. 1.3. Abs. 3 UStAE).
Beispiel 5: (Rechtsverzicht)
Unternehmer U vermietet ein Grundstück an M. M kündigt den längerfristig abgeschlossenen Mietvertrag vorzeitig. U und M vereinbaren daraufhin eine Abfindung als Entschädigung für die vorzeitige Kündigung.
Alternative 1:
U kündigt den Vertrag vorzeitig und leistet an M die vereinbarte Entschädigung.
Alternative 2:
U kündigt den Vertrag, weil der Mieter die Mietzahlung einstellt. Für den Mietausfall sowie für unterlassene Instandhaltung wird die Mietkaution einbehalten.
Alternative 3:
Nicht M kündigt den Mietvertrag, sondern der Vermieter U vereinbart durch einen Abänderungsvertrag mit dem Mieter M eine Verkürzung der Mietlaufzeit. M hat dem U einen Abfindungsbetrag zzgl. USt zu zahlen.
Lösung 5:
Alternative 1:
Entschädigungen an den Mieter oder Vermieter für die vorzeitige Räumung der Mieträume und die Aufgabe des noch laufenden Mietvertrages sind nicht Schadensersatz, sondern Leistungsentgelt (Abschn. 1.3. Abs. 13 Satz 1 UStAE). Der Verzicht wird der Vermietung eines Grundstücks gleichgesetzt und ist daher unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei (Abschn. 4.12.1. Abs. 1 Satz 7 UStAE). S.a. FG München Urteil vom 9.2.2017 (14 K 2480/14, LEXinform 5019993).
Alternative 2:
Nach dem Urteil des FG München vom 9.2.2017 (14 K 2480/14, LEXinform 5019993) ist von nicht steuerbarem Schadensersatz auszugehen, wenn der Mieter vertragswidrig die Mietzahlungen eingestellt, der Vermieter deswegen den Mietvertrag mit sofortiger Wirkung außerordentlich fristlos gekündigt hat, anschließend vom neuen Mieter eine niedrigere Miete als bisher erhalten und als Ausgleich für diesen künftigen Mietverlust (Differenz zwischen der vom bisherigen Mieter und der vom neuen Mieter gezahlten Miete) die Mietkaution als Schadensersatz einbehalten hat.
Veranlasst der Mieter durch die Nichtentrichtung des Mietzinses den Vermieter zur außerordentlichen Kündigung, hat dieser den durch die Kündigung entstandenen Schaden auch zu ersetzen. Dabei ist der geschädigte Vermieter so zu stellen, wie er stünde, wenn die Vertragsverletzung nicht erfolgt und es somit nicht zur fristlosen Kündigung gekommen, sondern der Mietvertrag fortgeführt worden wäre.
Allein der Umstand, dass die Mietkaution im Mietvertrag vereinbart worden ist, führt nicht dazu, dass die später einbehaltene Geldsumme Leistungsentgelt darstellt. Entscheidend ist vielmehr, ob der zunächst nur als Sicherheit für den Vermieter hinterlegte Geldbetrag bei Einbehalt in unmittelbarem Zusammenhang mit einer vom Vermieter erbrachten Leistung stand (s.a. BGH Urteil vom 24.1.2018, XII ZR 120/16, LEXinform 5216109).
Alternative 3:
Mit Urteil vom 22.5.2019 (XI R 20/17, BFH/NV 2019, 1256, LEXinform 0951572) hat der BFH entschieden, dass Abfindungszahlungen des Mieters an den Vermieter im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung eines gewerblichen Mietverhältnisses umsatzsteuerpflichtiges Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustausches und keine nicht steuerbaren Schadenersatzzahlungen sind (→ Verzicht auf Steuerbefreiungen nach § 9 UStG unter dem Gliederungspunkt »Abfindungszahlungen zur vorzeitigen Auflösung von Mietverträgen« sowie → Leistungsaustausch unter dem Gliederungspunkt »Wirtschaftliche Verknüpfung«).
Verzichtet der Stpfl. gegen Entgelt auf eine ihm nach Gesetz oder Vertrag zustehende Rechtsposition, liegt regelmäßig ein steuerbarer Umsatz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor (BFH Urteil vom 7.7.2005, V R 34/03, BStBl II 2007, 66). Ein Leistungsaustausch liegt nach diesen Grundsätzen auch dann vor, wenn der Vermieter der Auflösung des Mietvertrages gegen Zahlung einer Abfindung durch den Mieter zustimmt und dadurch auf die ihm zustehende weitere Durchführung des Mietvertrages verzichtet. Hatte der Vermieter nach § 9 Abs. 1 und 2 UStG wirksam auf die Steuerfreiheit der laufenden Vermietungsumsätze nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG verzichtet, erfasst dieser Verzicht ohne weiteres auch die in diesem Sinne nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare Abfindung für die vorzeitige Auflösung des Mietvertrages (BFH Urteil vom 29.7.2009, V B 156/08, BFH/NV 2010, 238
Beispiel 6: (Außerordentliche Kündigung eines Leasingvertrages)
Unternehmer U vermietet an M ein Neufahrzeug für die Dauer von 48 Monaten. M hatte monatliche Leasingraten von 212,71 € zzgl. 19 % USt an U zu leisten. Der Leasingvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:
»Vor Ablauf der vereinbarten Leasingzeit ist eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen. … Das Recht zur fristlosen Kündigung des Leasingvertrages aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt. Gegen Zahlung eines Betrages i.H.d. Ersatzanspruches gem. Ziffer 7 Abs. 3 kann der Leasingnehmer bei Untergang, Verlust (Diebstahl) oder unfallbedingten Reparaturkosten von mehr als 2/3 des Zeitwertes des Fahrzeuges durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leasinggeber eine vorzeitige Beendigung des Leasingvertrages zum nächsten Leasingratenfälligkeitsdatum verlangen.
Der Leasinggeber kann den Leasingvertrag insbes. fristlos kündigen:
…
e) bei Untergang, Verlust (Diebstahl) oder Totalschaden des Leasinggegenstandes,
…
Im Falle der vorzeitigen Kündigung oder im Falle der vorzeitigen Beendigung des Vertrages wegen Totalschadens des Fahrzeuges sowie in allen anderen Fällen einer vorzeitigen Vertragsbeendigung hat der Leasinggeber gegen den Leasingnehmer einen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der dem Leasinggeber durch das vorzeitige Vertragsende entsteht. Dieser Ersatzanspruch berechnet sich aus den zum Zeitpunkt der vorzeitigen Vertragsauflösung bis zum Ablauf der zunächst vertraglich vereinbarten Leasingzeit noch ausstehenden abgezinsten Leasingraten zuzüglich des ebenfalls abgezinsten Wertes des Fahrzeuges bei Rückgabe in vertragsgemäßem Zustand nach Ablauf der zunächst vertraglich vereinbarten Leasingzeit sowie abzüglich des tatsächlichen Rückgabewertes bzw. eines höheren Verkaufserlöses des zurückgegebenen Fahrzeuges zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr für die vorzeitige Auflösung des Vertrages i.H.v. 100 € sowie zuzüglich etwaiger Schätzkosten, Mahnkosten und Besuchsgebühren, es sei denn, der Leasingnehmer weist nach, dass dem Leasinggeber ein Schaden in dieser Höhe überhaupt nicht oder nur in wesentlich geringerer Höhe entstanden ist. …«
M verursachte Ende März 04 einen Verkehrsunfall, bei dem an dem Leasingfahrzeug ein wirtschaftlicher Totalschaden entstand. Mit Schreiben vom 17.6.04 erklärte U wegen des Totalschadens die Kündigung des Leasingvertrags und erteilte M unter Hinweis auf seine AGB eine Abrechnung, in der er seine Forderung auf 2 918,82 € bezifferte.
Lösung 6:
Mit Urteil vom 14.3.2007 (VIII ZR 68/06, UR 2007, 416) hat der BGH wie folgt entschieden:
Es wird daran festgehalten, dass Schadensersatzleistungen, die der Leasingnehmer nach einer von ihm schuldhaft veranlassten außerordentlichen Kündigung des Leasingvertrages zu erbringen hat, ohne USt zu berechnen sind, weil ihnen eine steuerbare Leistung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) nicht gegenübersteht und der Leasinggeber deshalb USt auf sie nicht zu entrichten hat (BGH Urteil vom 11.2.1987, VIII ZR 27/86, NJW 1987, 1690).
Sogenannte Entschädigungen oder Schadensersatzzahlungen sind kein Entgelt i.S.d. UStG, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat. Die Entscheidung darüber, ob es sich steuerrechtlich um nicht umsatzsteuerpflichtigen echten Schadensersatz oder um eine steuerbare sonstige Leistung handelt, hängt davon ab, ob die Zahlung mit einer Leistung des Stpfl. in Wechselbeziehung steht, ob also ein Leistungsaustausch stattgefunden hat. Grundlage des Leistungsaustauschs ist dabei eine innere Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung. Maßgebend ist der tatsächliche Geschehensablauf. Lässt dieser erkennen, dass die »Ersatzleistung« die Gegenleistung für eine empfangene Lieferung oder sonstige Leistung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG darstellt, liegt keine nichtsteuerbare Schadensersatzleistung, sondern stpfl. Entgelt vor.
Der Schadensersatz, den der Leasingnehmer nach einer von ihm schuldhaft veranlassten außerordentlichen Kündigung des Leasingvertrags durch den Leasinggeber zu leisten hat, stellt nicht die Vergütung für eine vom Leasinggeber bereits tatsächlich erbrachte Leistung dar. Steuerpflichtige Leistung des Leasinggebers nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 9 UStG ist die Gebrauchsüberlassung der Leasingsache auf Zeit. Ist der Vertrag wegen Zahlungsverzugs des Leasingnehmers oder einer anderen Pflichtverletzung des Leasingnehmers gekündigt und die Leasingsache deswegen an den Leasinggeber zurückgegeben oder verwertet worden, ist die vertragliche Hauptleistungspflicht des Leasinggebers beendet. Eine Schadensersatzzahlung, die der Leasingnehmer für den Ausfall seiner Leasingraten zu erbringen hat, steht deshalb nicht mehr im Austauschverhältnis mit einer Leistung des Leasinggebers und begründet für diesen keinen stpfl. Umsatz.
Entschädigungen aufgrund unerlaubter Handlungen sind echter Schadensersatz (§ 823 ff. BGB). Erfolgt die Entschädigung in Geld, fehlt es am Leistungsaustausch, weil keine Leistung erbracht wurde. Erfolgt die Entschädigung durch Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes (Naturalrestitution), liegt zwar eine Leistung vor, es fehlt jedoch am Entgelt.
Beispiel 7: (Beseitigung von Unfallschäden)
W ist Inhaber einer Kfz-Werkstatt. W verursacht mit seinem betrieblichen Pkw auf einer betrieblichen Fahrt schuldhaft einen Unfall, wobei am Pkw des ohne sein Verschulden beteiligten O ein Blechschaden entsteht. W repariert den Pkw des O in dessen Auftrag in seiner Werkstatt.
Lösung 7:
W erbringt im Rahmen seines Unternehmens eine Leistung an O. Dieser Leistung steht kein Entgelt seitens des O gegenüber. W erbringt seine Leistung, weil er gegenüber O zum Schadensersatz verpflichtet ist (§ 823 BGB). Da die Leistung von W an O nicht steuerbar ist, fällt bei W hierfür keine USt an (Abschn. 1.3. Abs. 1 Satz 3 UStAE).
Erbringt der Leistungsgeber die Leistung nur mangelhaft und mindert der Leistungsempfänger deshalb das Entgelt (§ 437 Nr. 2 i.V.m. § 441 BGB) bzw. zieht er vom Entgelt seine Entschädigung ab bzw. lässt er sich nach bereits erfolgter Entgeltszahlung eine Entschädigung bezahlen (§ 437 Nr. 3 BGB), führt dies jeweils zu einer Entgeltsminderung gem. § 17 UStG.
Mit Urteil vom 17.12.2009 (V R 1/09, BFH/NV 2010, 1869, LEXinform 0179703) hat der BFH entschieden, dass hinsichtlich der Teilrückzahlung des Kaufpreises wegen Baumängel kein Schadensersatz vorliegt. Die Teilrückzahlung führt zur Änderung der Bemessungsgrundlage, sodass der Leistungsempfänger den von ihm geltend gemachten Vorsteuerabzug für die von ihm bezogene Bauleistung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG zu berichtigen hat.
Zahlt der Leistungsempfänger das Entgelt nicht rechtzeitig und muss er deshalb Schadensersatz zahlen (Verzugszinsen, Gerichtskosten, Rechtsanwaltskosten des Leistungsgebers, § 288 BGB), so sind diese Zahlungen echter Schadensersatz und erhöhen das Entgelt nicht (vgl. Abschn. 1.3. Abs. 6 UStAE).
Erbringt der Leistungsgeber die Leistung nur zum Teil, so ist zu prüfen, ob der bisher erbrachte Leistungsteil aus der Sicht des zugrunde liegenden Vertrags für den Leistungsempfänger einen wirtschaftlichen Wert hat. Ist dies der Fall, so liegt insoweit ein Leistungsaustausch vor. Andernfalls sind die vom Leistungsempfänger erbrachten Zahlungen Schadensersatz oder jedenfalls nicht für eine Leistung erbracht.
Beispiel 8: (Kostenersatz wegen Lieferung mangelhafter Ware)
Kfz-Händler H liefert dem Kunden K einen Pkw für insgesamt 20 000 €, an dem sich nach einigen Wochen Lackschäden zeigen. K verlangt und erhält deshalb eine Kaufpreisminderung in Höhe von 1 000 €.
Lösung 8:
Bei der Lieferung mangelhafter Ware hat der Kunde verschiedene Gewährleistungsansprüche nach BGB, wie Wandlung (Rücktritt vom Vertrag), Minderung des Kaufpreises oder Schadensersatz (§ 437 BGB). Meist werden diese Ansprüche vertraglich modifiziert, z.B. das Recht auf Wandlung wird durch ein Nachbesserungsrecht ersetzt. Im Falle der Wandlung würde der Umsatz in vollem Umfang gem. § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG rückgängig gemacht. Im Falle der Minderung mindert sich nach § 17 UStG die Bemessungsgrundlage. Auch der Schadensersatz wirkt sich wirtschaftlich wie umsatzsteuerrechtlich als Entgeltsminderung aus (Abschn. 10.3. Abs. 2 Satz 1 UStAE)
Im vorliegenden Fall mindert sich die Bruttobemessungsgrundalge auf 19 000 €. Dementsprechend mindert sich die USt um 159,66 € von 3 193,27 € auf 3 033,61 €.
Beispiel 9: (Verzugszinsen, Mahnkosten, Rechtsanwaltskosten und Gerichtsgebühren)
Kfz-Händler H liefert dem Kunden K am 4.7.07 einen Pkw zum Preis von 20 000 €. K zahlt den Kaufpreis nicht wie vereinbart bis 4.8.07. Er zahlt erst, nachdem ihm H am 8.1.08 einen Zahlungsbefehl über 20 000 € zuzüglich 1 000 € Verzugszinsen und 500 € Mahnkosten (Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren) geschickt hatte. K überwies darauf am 15.1.08 21 500 € an H.
Lösung 9:
Es handelt sich um einen Fall des Schadensersatzes wegen nicht gehöriger (nicht rechtzeitiger) Erfüllung (§§ 288 und 291 BGB). Die über den ursprünglichen Kaufpreis hinausgehenden Beträge sind Schadensersatz. K wendet sie nicht auf, weil er den Pkw erhalten hat, sondern weil er seiner vertraglichen Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises (§ 433 Abs. 2 BGB) nicht rechtzeitig nachgekommen und deshalb zum Schadensersatz verpflichtet ist (vgl. auch Abschn. 1.3. Abs. 6 UStAE). Die USt aus der Lieferung beträgt unverändert 19/119 von 20 000 € = 3 193,27 €.
Beispiel 10: (Ablehnung der Fortführung eines Bauprojektes gem. § 103 InsO)
Die Intensiv-Bau-GmbH & Co. KG (I-KG) befasst sich mit der Errichtung von Rohbauten. Über das Vermögen der I-KG wurde am 15.8.02 das Insolvenzverfahren eröffnet. Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens war ein Bauprojekt begonnen, aber noch nicht vollendet worden. Es lag folgender Sachverhalt vor:
Mit der Errichtung der Mauern im Erdgeschoss war gerade begonnen worden. Nach Fertigstellung der Decke über dem Kellergeschoss hatte der Bauherr B am 30.6.02 eine Anzahlung von 100 000 € zuzüglich 19 000 € USt geleistet.
Der Insolvenzverwalter K lehnte mit Schreiben vom 16.9.02 an B unter Bezugnahme auf § 103 InsO die Fortführung des Bauprojekts ab. B meldete darauf eine Schadensersatzforderung i.H.v. 200 000 € als Konkursforderung an.
Lösung 10:
Mit der Ablehnung des K, das Projekt fortzuführen, ändert sich der Liefergegenstand. Liefergegenstand ist nicht mehr der aufgrund des Werklieferungsvertrags zu errichtende Rohbau (vgl. Abschn. 3.9. Abs. 1 UStAE). Der Liefergegenstand beschränkt sich nun auf das halbfertige, vor der Insolvenzeröffnung erstellte Werk (den Leistungstorso), soweit es nach objektiver Betrachtung für den Besteller überhaupt einen Wert besitzt. Dies ist hier der Fall. Ein Entgelt liegt in der Form der Abschlagszahlung ebenfalls vor. Infolgedessen ist die Lieferung des teilfertigen Rohbaus stpfl. Ist die Versteuerung der Anzahlung korrekt erfolgt, darf sie nicht rückgängig gemacht werden. Andernfalls sind die 19 000 € USt aus der Anzahlung vom FA als Insolvenzforderung geltend zu machen.
Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch des B ist entgeltsmindernd, soweit der Leistungstorso als solcher mängelbehaftet ist. Jedoch würde die Entgeltsminderung erst bei Ausschüttung einer Insolvenzquote eintreten, da die Schadensersatzforderung eine Insolvenzforderung darstellt.
Bei Dienstleistungen bestimmt § 615 BGB, dass der Dienstverpflichtete seinen Vergütungsanspruch auch dann behält, wenn der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug kommt. Ein Leistungsaustausch liegt daher auch dann vor, wenn der Leistungsempfänger die angebotene Leistung nicht in Anspruch nimmt. Die Leistung liegt dann in der fortbestehenden Leistungsbereitschaft.
Zahlungen von Schadensversicherungen erfolgen aufgrund der Verpflichtung, für einen entstandenen Schaden einzustehen.
Soweit es sich um Haftpflichtversicherungen handelt, übernimmt die Versicherung die Schadensersatzpflicht des Schädigers. Der Fall ist nicht anders zu behandeln, als wenn der Schädiger selbst Schadensersatz geleistet hätte.
Handelt es sich um eine Schadensversicherung, bei der sich die Versicherung verpflichtet hat, für einen Schaden ihres Versicherungsnehmers Ersatz zu leisten, liegt im Verhältnis zu ihrem Versicherungsnehmer Schadensersatz vor. Zahlt die Versicherung im Auftrag ihres Versicherungsnehmers an einen Dritten, kann die Zahlung zugleich Entgelt für eine Leistung des Dritten an den Versicherungsnehmer sein (abgekürzter Zahlungsweg).
Beispiel 11: (Warenuntergang während des Transportes)
Unternehmer A in Stuttgart bestellt beim Unternehmer B in Hamburg eine Maschine. B soll nach den Vereinbarungen zwischen A und B die Maschine auf Kosten und Gefahr des A nach Stuttgart versenden. A schließt bei der Versicherungsgesellschaft V eine Transportversicherung ab. Die Maschine geht auf dem Transport zu Bruch.
B stellt A für die Maschine im Voraus folgende Rechnung aus:
Maschine |
9 500 € |
Transportkosten |
500 € |
Summe |
10 000 € |
zuzüglich 19 % USt |
1 900 € |
Gesamtbetrag |
11 900 € |
A leitet die Rechnung an seine Versicherung weiter, die daraufhin 10 000 € an B überweist.
Lösung 11:
Nach § 447 BGB liegt ein Versendungskauf vor. Der Gefahrenübergang auf den Käufer A erfolgt, sobald der Verkäufer B die Sache dem Versender ausgeliefert hat (Verlust der Ware). Ort und Zeitpunkt der Lieferung bestimmen sich nach § 3 Abs. 6 UStG. Aufgrund des Gefahrenübergangs muss A den Kaufpreis zahlen. Die Lieferung von B an A ist steuerbar und stpfl. Die Zahlung der Versicherung ist im Verhältnis zu A Schadensersatz, weil er durch den Verlust der Maschine einen Schaden erlitten hat. Im Verhältnis zu B ist die Zahlung Entgeltsentrichtung im abgekürzten Zahlungsweg. B kann von A noch die ausstehenden 1 900 € verlangen. A hat aus der Lieferung des B i.H.v. 1 900 € den Vorsteuerabzug. Deshalb ist bei A insoweit kein Schaden entstanden und die Versicherung hat zu Recht nur den Nettobetrag bezahlt.
Beispiel 12: (Warenuntergang während des Transportes)
Unternehmer A in Stuttgart bestellt bei Unternehmer B in Hamburg eine Maschine. B soll nach den Vereinbarungen zwischen A und B die Maschine kostenlos und auf eigene Gefahr nach Stuttgart versenden. B schließt bei der Versicherungsgesellschaft V eine Transportversicherung ab. Die Maschine geht auf dem Transport zu Bruch. V zahlt B daraufhin den Nettokaufpreis der Maschine einschließlich Transportkosten i.H.v. insgesamt 10 000 €.
Lösung 12:
Nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG bestimmt sich der Ort der Lieferung nach dem Beginn der Beförderung oder Versendung und befindet sich daher in Hamburg. Mit Beginn der Beförderung gilt die Lieferung als ausgeführt. Da der Lieferer die Transportgefahr trägt, ist der Abnehmer A nicht zur Zahlung des Entgelts verpflichtet. Erst mit der Übergabe der verkauften Sache geht die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer A über (§ 446 BGB). Die von B an A ausgeführte Lieferung ist mangels Entgelts nicht steuerbar.
Die Zahlung der Versicherung an B ist Schadensersatz, weil er durch den Verlust der Maschine einen Schaden erlitten hat.
Beispiel 13: (Warenkreditversicherung)
Unternehmer A liefert ständig Ware an Kunden auf Ziel aus. Für den Fall, dass ein Kunde nicht zahlt, weil er zahlungsunfähig geworden ist, hat er eine Kreditversicherung bei V abgeschlossen. Der Kunde K, der eine Warenlieferung zum Preis von 10 000 € zuzüglich 1 900 € USt noch nicht bezahlt hat, wird zahlungsunfähig. V zahlt darauf an A 10 000 €.
Lösung 13:
Die Lieferung des A an K war steuerbar und stpfl. Infolge der Zahlungsunfähigkeit tritt bei A eine Entgeltsminderung auf 0 € ein. Die USt ist gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG auf 0 € zu berichtigen. Dementsprechend beträgt der Schaden des A auch nur 10 000 €.
Die Zahlung der Versicherung an A erfolgt allein aufgrund des Versicherungsverhältnisses. Die Zahlung stellt nicht das Entgelt für die Lieferung des A an K dar, sondern ist nicht steuerbarer Schadensersatz. Die Versicherung bezahlt nicht für K, sondern für A, weil dieser infolge des mit der Zahlungsunfähigkeit des K verbundenen Forderungsausfalles einen finanziellen Schaden erlitten hat (vgl. auch Abschn. 1.3. Abs. 7 Satz 1 UStAE).
Abfindungen sind dann Entgelt für eine Leistung, wenn sie nach dem Inhalt des zugrunde liegenden Vertrags ein Entgelt für in der Vergangenheit erbrachte Leistungen bzw. ein Entgelt für einen Wettbewerbsverzicht darstellen.
Beispiel 14: (Entschädigung gem. § 89b HGB)
Handelsvertreter Blitz war in den Kj. 06 bis 11 als selbstständiger Vertreter für die Firma Donner in Feuerwerkskörpern tätig. Die Firma Donner kündigte ihm einseitig einen Vertrag auf 31.12.11. Blitz verlangte und erhielt für entgangene Provisionseinnahmen von der Firma Donner eine Entschädigung i.H.d. bisher erzielten durchschnittlichen Jahresprovision von 80 000 € nach § 89b HGB.
Lösung 14:
Die Entschädigung, die Blitz von Donner erhält, stellt ein nachträgliches Entgelt für Leistungen des Blitz an Donner dar (vgl. Abschn. 1.3 Abs. 12 UStR). Die Ausgleichszahlung stellt ein zusätzliches Entgelt für die erbrachten Vermittlungsleistungen dar. Die USt beträgt 19/119 von 80 000 € = 12 773,11 €.
Zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung s. → Entschädigungszahlung.
Die Voraussetzungen für einen entgeltlichen Leistungsaustausch liegen insbes. dann vor, wenn ein Stpfl. auf eine ihm, sei es auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage, zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet (BFH vom 16.1.2014, V R 22/13, BFH/NV 2014, 736, LEXinform 0929741). Auch der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben, ist gem. § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG eine sonstige Leistung (s.a. BFH vom 7.7.2005, V R 34/03, BStBl II 2007, 66 sowie Abschn. 1.1. Abs. 8a UStAE und FG München vom 27.6.2014, 2 K 596/12, UStB 11/2014, 317, LEXinform 5016789, rkr.).
Nach Abschn. 1.3. Abs. 3 UStAE stellen die Vertragsstrafen wegen Nichterfüllung (§ 340 BGB) und wegen nicht gehöriger Erfüllung (§ 341 BGB) grundsätzlich einen echten Schadensersatz dar.
Beispiel 15: (Vertragsstrafe wegen nicht gehöriger Erfüllung)
Die S-GmbH mit Sitz in Pforzheim hat am 22.6.07 bei A eine Verpackungsmaschine bestellt. Die Anfertigung der Verpackungsmaschine soll nach den von der S-GmbH vorgelegten Plänen erfolgen. Nach der von A überschlägig vorgenommenen Kalkulation betragen die Herstellungskosten voraussichtlich 75 000 € zuzüglich USt. Im Vertrag vom 23.6.07 wurde vereinbart, dass A die Maschine bis zum 10.1.08 fertiggestellt und bei der S-GmbH montiert haben muss. Sollte die Fertigstellung zu einer Verzögerung führen, muss A für jeden Tag der Verzögerung eine Vertragsstrafe von 1 % des Nettopreises entrichten. Durch Krankheitsausfall verzögerte sich die Montage der Maschine bei der S-GmbH um zehn Tage. A erklärte sich bereit, die für einen solchen Fall vorgesehene Vertragsstrafe zu bezahlen. Am 12.2.08 rechnete A – ohne einen Kommentar – wie folgt ab:
Verpackungsmaschine |
75 000 € |
./. Vertragsstrafe (10 %) |
7 500 € |
Differenz |
67 500 € |
+ 19 % USt |
12 825 € |
insgesamt |
80 325 € |
Lösung 15:
Nach der vertraglichen Vereinbarung schuldet A gegenüber der S-GmbH die Herstellung einer Verpackungsmaschine. Die von A zu erbringende Leistung ist somit eine Werklieferung. Diese Werklieferung ist – zwar verspätet – zustande gekommen. Aufgrund der verspäteten Werklieferung muss A eine Vertragsstrafe wegen nicht gehöriger Erfüllung bezahlen (§ 341 BGB). Nach dem BFH Urteil vom 27.4.1961 (BStBl III 1961, 300) sind auch die Vertragsstrafen wegen nicht gehöriger Erfüllung als echter Schadensersatz zu behandeln.
A hätte richtigerweise wie folgt abrechnen müssen:
Verpackungsmaschine |
75 000 € |
+ 19 % USt |
14 250 € |
Summe |
89 250 € |
./. Vertragsstrafe (10 %) |
7 500 € |
insgesamt |
81 750 € |
A hat somit in seiner Rechnung eine zu niedrige USt gesondert ausgewiesen.
Die Vfg. der OFD Berlin vom 21.8.2000 (St 137 – S 7100 – 4/00, UR 2001, 271) nimmt zu Schadensersatzzahlungen wegen Baustellenstillständen wie folgt Stellung:
Schadensersatzzahlungen wegen Baustellenstillständen, die nicht ursächlich auf Leistungen einschließlich Änderungen zurückgehen (z.B. Stilllegung wegen Bombenfunden, archäologische Funde, Unwetter, Baustellenüberflutung) unterliegen nicht der USt. Die Schadensersatzzahlungen sind nicht Teil des Entgelts für Bauleistungen, weil durch den Schadensersatzanspruch gegen den, der die hindernden Umstände zu vertreten hat, unfreiwillige Vermögenseinbußen ausgeglichen werden sollen, die ein Vertragsteil dadurch erleidet, dass das Werk nicht in der ursprünglich vorgesehenen Zeit fertiggestellt werden kann. Das vertraglich versprochene Werk bleibt dasselbe.
Leistungsaustausch und Schadensersatz können sich überlagern.
Mit Urteil vom 20.3.2013 (XI R 6/11, BStBl II 2014, 206) hat der BFH entschieden, dass Zahlungen eines Minderwertausgleichs wegen Schäden am Leasingfahrzeug nicht umsatzsteuerbar sind. An der unter Tz. 2 des BMF-Schreibens vom 22.5.2008 (BStBl I 2008, 632) sowie an der bisher unter Abschn. 1.3. Abs. 17 UStAE vertretenen Rechtsauffassung wird nach dem BMF-Schreiben vom 6.2.2014 (BStBl I 2014, 267) nicht mehr festgehalten. Durch das BMF-Schreiben vom 6.2.2014 (BStBl I 2014, 267) wird Abschn. 1.3. Abs. 17 UStAE neu gefasst.
Die Zahlung eines Minderwertausgleichs wegen Schäden am Leasingfahrzeug erfolgt nicht für die Nutzungsüberlassung, sondern weil der Zahlende nach den vertraglichen Vereinbarungen für den Schaden und seine Folgen einzustehen hat. Insbes. liegt keine eigenständige Leistung des Leasinggebers darin, dass dieser die Nutzung des Leasingfahrzeuges über den vertragsgemäßen Gebrauch hinaus geduldet hat.
Verpflichtet sich demnach der Leasingnehmer im Leasingvertrag, für am Leasingfahrzeug durch eine nicht vertragsgemäße Nutzung eingetretene Schäden nachträglich einen Minderwertausgleich zu zahlen, ist diese Zahlung beim Leasinggeber nicht der USt zu unterwerfen (→ Kfz-Leasing).
Davon unberührt bleibt die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Vergütungen für die sog. Mehr- und Minderkilometer, wie sie regelmäßig in Leasingverträgen mit Kilometerausgleich vereinbart werden. Hier sind die Mehr- und Minderkilometerabrechnungen darauf gerichtet, die Ansprüche aus dem Leasingverhältnis an die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs durch den Leasingnehmer anzupassen. Sie stellen deshalb je nach Zahlungsrichtung zusätzliches Entgelt oder aber eine Entgeltminderung für die Nutzungsüberlassung dar. Dies gilt entsprechend für Vergütungen zum Ausgleich von Restwertdifferenzen in Leasingverträgen mit Restwertausgleich. Nutzungsentschädigungen wegen verspäteter Rückgabe des Leasingfahrzeugs stellen ebenfalls keinen Schadensersatz dar, sondern sind Entgelt für die Nutzungsüberlassung des Fahrzeugs zwischen vereinbarter und tatsächlicher Rückgabe des Fahrzeugs.
Beispiel 16: (Minderwertausgleich)
E mietet beim Pkw-Vermieter P einen Pkw für eine monatliche Grundmiete von 300 € zzgl. 0,30 € für jeden gefahrenen Kilometer. Außerdem muss sich E verpflichten, für Schäden am Pkw während der Mietzeit außerhalb des normalen Verschleißes Schadensersatz in Geld zu leisten. Kurz vor Ablauf des ersten Monats, nachdem E mit dem Pkw insgesamt 600 km gefahren war, hat E mit dem Pkw einen Unfall. Der Pkw, dessen Zeitwert von einem Sachverständigen auf 10 000 € geschätzt wurde, wird dabei völlig zerstört. E zahlt P
480 € für die Benutzung des Pkw und
für den Totalschaden 10 000 €.
Lösung 16:
Hinsichtlich der für die Benutzung des Pkw bezahlten 480 € liegt ein Leistungsaustausch zwischen P und E vor. P tätigt insoweit eine steuerbare und stpfl. Vermietungsleistung.
Für Zahlungen eines Minderwertausgleichs sind die Grundsätze des BFH Urteils vom 20.3.2013 (XI R 6/11, BStBl II 2014, 206) anzuwenden. Die Zahlung eines Minderwertausgleichs wegen Schäden am Leasingfahrzeug erfolgt nicht für die Nutzungsüberlassung, sondern weil der Zahlende nach den vertraglichen Vereinbarungen für den Schaden und seine Folgen einzustehen hat. Insbes. liegt keine eigenständige Leistung des Leasinggebers darin, dass dieser die Nutzung des Leasingfahrzeuges über den vertragsgemäßen Gebrauch hinaus geduldet hat.
Verpflichtet sich demnach der Leasingnehmer im Leasingvertrag, für am Leasingfahrzeug durch eine nicht vertragsgemäße Nutzung eingetretene Schäden nachträglich einen Minderwertausgleich zu zahlen, ist diese Zahlung beim Leasinggeber nicht der USt zu unterwerfen (Abschn. 1.3. Abs. 17 Satz 2 UStAE).
Beispiel 17: (Unechter Schadensersatz)
O verursacht mit seinem betrieblichen Pkw schuldhaft am Pkw des W einen Blechschaden. W ist Inhaber einer Reparaturwerkstatt. W verlangt von O die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes (Naturalrestitution), ist jedoch bereit, den Schaden im Auftrag des O selbst auszubessern. O ist damit einverstanden und zahlt die Rechnung des W i.H.v. 450 €. Die Rechnung wurde genauso gestellt, wie sie W jedem anderen Kunden auch gestellt hätte.
Lösung 17:
Es liegt ein Fall der Überlagerung von Schadensersatz und Leistungsaustausch vor. Der Fall ist ebenso zu behandeln, wie wenn O den Pkw des W in irgendeiner anderen Werkstatt hätte reparieren lassen und dann den reparierten Pkw dem W zurückgegeben hätte. Reparatur und Bezahlung erfolgen demnach im Rahmen eines Leistungsaustausches (unechter Schadensersatz). W erbringt aufgrund des Auftrags eine Reparaturleistung (Werkleistung) an den Auftraggeber O. Diese Reparaturleistung ist steuerbar und stpfl. Die USt beträgt 19/119 von 450 € = 71,85 € (Abschn. 1.3. Abs. 11 UStAE).
Bei Schadensersatzleistungen in Naturalrestitution kann es zugleich zu unentgeltlichen Wertabgaben kommen.
Beispiel 18: (Unfall mit betrieblichem Pkw auf einer Privatfahrt)
W ist Inhaber einer Kfz-Werkstatt. W verursacht mit seinem betrieblichen Pkw auf einer Privatfahrt schuldhaft am Pkw des O einen Blechschaden. W beseitigt den Blechschaden im Auftrag des O in seiner Werkstatt und lackiert den Kotflügel neu. Dabei entstehen Kosten für den verwendeten Lack i.H.v. netto 20 € und die eingesetzten Arbeitskräfte i.H.v. 100 €. Einem Kunden hätte W hierfür insgesamt 250 € berechnet.
Bei dem Unfall wurde auch die Stoßstange am Pkw des W verbogen. W wechselt sie persönlich in seiner Werkstatt aus. Die Materialkosten betragen hierfür 300 €. Einem Kunden hätte W für die gleiche Leistung insgesamt 500 € berechnet.
Der private Nutzungsanteil am Pkw beträgt nach dem ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuch 20 %. W hat die gesamte auf den Erwerb des Fahrzeugs entfallende USt als Vorsteuer abgezogen.
Lösung 18:
Die Reparatur am Pkw des O ist mangels Entgelt nicht steuerbar (echter Schadensersatz; Abschn. 1.3. Abs. 1 Satz 3 UStAE). Die Reparatur ist auch nicht nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG einer entgeltlichen sonstigen Leistung gleichgestellt, da sich die Schadensersatzverpflichtung aus der privaten Nutzung des Pkw ergeben hat. Die Privatfahrt des W mit dem Pkw ist Teil der 20 % Privatnutzung des Pkw und stellt insoweit einen steuerbaren und stpfl. Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG dar.
Bemessungsgrundlage für den Umsatz sind nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG die auf die Verwendung entfallenden Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Das sind grundsätzlich 20 % aller laufenden und fixen Kosten einschließlich aller Unfallkosten. Auszuscheiden sind z.B. Steuer und Versicherung. Ebenso sind auszuscheiden die 100 € Personalkosten für die bei der Reparatur des Kotflügels des O eingesetzten Arbeitskräfte.
Zum Vorliegen echten Schadensersatzes bei Schadensbeseitigung s. die Anweisungen in Abschn. 1.3. Abs. 1 und 11 UStAE (s.a. → Unfallkosten).
Beispiel 19:
Schädiger (Autohaus A) beschädigt den Pkw des G (Geschädigten).
Der Pkw des Geschädigten G wird in der Werkstatt des Schädigers (Autohaus A) repariert (s.a. Beispiel 18).
Der Pkw wird in einer anderen Werkstatt (Werkstatt X) im Auftrag des Schädigers A repariert.
Der Geschädigte K übernimmt vereinbarungsgemäß die Schadensbeseitigung selbst, ohne Auftrag des Schädiger A. K beauftragt dafür die Werkstatt X.
Lösung 19:
Es handelt sich um echten Schadensersatz (s.a. Abschn. 1.3. Abs. 1 Satz 3 UStAE).
X erbringt an A eine steuerbare Reparaturleistung. A tätigt gegenüber K eine echte Schadensersatzleistung
X erbringt an K eine steuerbare Reparaturleistung. A tätigt gegenüber K eine echte Schadensersatzleistung
Autohäuser reparieren Unfallschäden an eigenen Fahrzeugen oftmals selbst. Hier stellt sich dann die Frage, ob die Reparaturleistungen als bloßer Schadensersatz anzusehen sind.
Beispiel 20:
Kunde K fährt mit dem Pkw des Autohauses A. Lt. Nutzungsvertrag muss der Kunde für Schäden am Kfz selbst einstehen. Bei der Fahrt verursacht der Kunde einen Schaden.
Ohne Reparaturauftrag von K repariert der Geschädigte A den Schaden selbst. Lt. Vereinbarung zwischen K und A zahlt K einen Betrag von 400 €.
Der Schädiger K beauftragt den Geschädigten A, den Schaden zu beseitigen. K zahlt den Rechnungsbetrag i.H.v. 400 €.
Lösung 20:
Im Falle einer echten Schadensersatzleistung fehlt es an einem Leistungsaustausch. Der Schadensersatz wird nicht geleistet, weil der Leistende eine Lieferung oder sonstige Leistung erhalten hat, sondern weil er nach Gesetz oder Vertrag für den Schaden und seine Folgen einzustehen hat. Echter Schadensersatz ist insbes. gegeben bei Schadensbeseitigung durch den Schädiger oder durch einen von ihm beauftragten selbstständigen Erfüllungsgehilfen, bei Zahlung einer Geldentschädigung durch den Schädiger, bei Schadensbeseitigung durch den Geschädigten oder in dessen Auftrag durch einen Dritten ohne einen besonderen Auftrag des Ersatzverpflichteten (Abschn. 1.3. Abs. 1 UStAE).
Im Fall a) erfolgt die Geldzahlung nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses mit dem Geschädigten. Der Schädiger kommt seiner zivilrechtlichen Schadensersatzpflicht nach. Eine Rechnung i.S.d. § 14 UStG, in der USt gesondert ausgewiesen ist, darf nicht erteilt werden.
Im Fall b) wird der Geschädigte (Autohaus A) durch den Schädiger gesondert beauftragt, den Schaden selbst zu beseitigen. Beseitigt der Geschädigte im Auftrag des Schädigers einen ihm zugefügten Schaden selbst, ist die Schadensersatzleistung als Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschs anzusehen (BFH Urteil vom 11.3.1965, V 37/62 S, BStBl III 1965, 303; Abschn. 1.3. Abs. 11 UStAE).
Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Zahlungen an Zeugen und Sachverständige nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) hat das FinMin Brandenburg am 11.6.2008 einen ausführlichen Erlass (31 – S 7170 – 12/00, UR 2008, 670, LEXinform 5231884) herausgegeben (s.a. Abschn. 1.3. Abs. 15 UStAE). S.a. Vfg. der OFD Frankfurt vom 14.7.2014 (S 7100 A – 234 – St 110, UR 2014, 988, LEXinform 5235133).
Die Vergütung eines vom Gericht oder einer Behörde beauftragten Sachverständigen bzw. geladenen Zeugen richtet sich nach den Bestimmungen des JVEG vom 5.5.2014 (BGBl I 2004, 718).
Beachte:
Durch Art. 6 i.V.m. Art. 13 Abs.3 des Gesetzes zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts und zur Änderung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 – KostRÄG 2021) vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3229) wird u.a. ab 1.1.2021 das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz geändert.
Die Entschädigung der Zeugen und der ehrenamtlichen Richter nach den §§ 15 bis 23 JVEG ist echter Schadensersatz, während die Vergütungen von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern nach den §§ 8–14 JVEG Entgelt für eine Leistung darstellen (Abschn. 1.3. Abs. 15 UStAE).
Eine Zahlung nach dem JVEG ist echter Schadensersatz, wenn dieser seitens des Empfängers keine Leistung gegenübersteht, sondern sie lediglich Ersatz für entstandene Kosten bzw. entgangene Einnahmen darstellt. Dies ist regelmäßig bei Zahlungen an Zeugen gegeben (Abschn. 1.3. Abs. 9 UStAE).
Ein Zeuge ist eine Person, die vom Gericht zur Aufklärung des Sachverhaltes hinsichtlich eigener Wahrnehmungen befragt wird. Dies kann sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen. Der Zeuge hat Anspruch auf angemessenen Ersatz der ihm entstandenen Auslagen. Im Einzelnen handelt es sich hierbei um:
Fahrtkostenersatz (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 JVEG i.V.m. § 5 JVEG):
Bei Benutzung eines eigenen Kfz werden dem Zeugen zur Abgeltung der Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung des Kfz 0,35 € für jeden gefahrenen Kilometer ersetzt (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 JVEG);
Entschädigung für Aufwand (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 JVEG i.V.m. § 6 Abs. 1 JVEG):
Wer innerhalb der Gemeinde, in der der Termin stattfindet, weder wohnt noch berufstätig ist, erhält für die Zeit, während der er aus Anlass der Wahrnehmung des Termins von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt abwesend sein muss, ein Tagegeld, dessen Höhe sich nach der Verpflegungspauschale zur Abgeltung tatsächlich entstandener, beruflich veranlasster Mehraufwendungen im Inland nach dem EStG bemisst (→ Auswärtstätigkeit). Bei einer Abwesenheit von mehr als acht Stunden beträgt die Aufwandsentschädigung ab 1.1.2020 14 € (§ 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 3 EStG);
Ersatz für sonstige Aufwendungen (§ 19 Abs. 1 Nr. 3 JVEG i.V.m. § 7 JVEG),
Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 19 Abs. 1 Nr. 4 JVEG i.V.m. § 20 JVEG):
Die Entschädigung für Zeitversäumnis beträgt 4,00 € je Stunde;
Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 19 Abs. 1 Nr. 5 JVEG i.V.m. § 21 JVEG):
Zeugen, die einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führen, erhalten eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung von 17 € je Stunde, wenn sie nicht erwerbstätig sind oder wenn sie teilzeitbeschäftigt sind und außerhalb ihrer vereinbarten regelmäßigen täglichen Arbeitszeit herangezogen werden;
Entschädigung für Verdienstausfall (§ 19 Abs. 1 Nr. 6 JVEG i.V.m. § 22 JVEG).
Zeugen, denen ein Verdienstausfall entsteht, erhalten eine Entschädigung, die sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst einschließlich der vom ArbG zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge richtet und für jede Stunde höchstens 25 € beträgt.
Die hiernach geleisteten Zahlungen erfolgen nicht im Zusammenhang mit einer erbrachten Leistung des Zeugen. Der Anspruch des Zeugen besteht auch dann, wenn er im Termin zugegen, aber seine Aussage nicht erforderlich war.
Zahlungen nach den o.g. Vorschriften erfolgen somit grundsätzlich nicht im umsatzsteuerlichen Leistungsaustauschverhältnis; es ist grundsätzlich von (echtem) nicht steuerbarem Schadensersatz auszugehen.
Sachverständige werden zur Erbringung zusätzlichen Fachwissens mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Hierfür nach dem JVEG geleistete Zahlungen stellen regelmäßig Entgelt im Leistungsaustausch dar (Vergütung nach Abschn. 3 JVEG – §§ 8–14 JVEG).
Der Sachverständige erhält abhängig von der Einstufung in eine Honorargruppe grundsätzlich ein stundenweise bemessenes Honorar (§ 9 Abs. 1 JVEG). Soweit die erbrachte Leistung in Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG aufgeführt ist, wird ein Festbetrag gezahlt.
Ab 1.1.2021 werden die Anlagen 1 und 2 geändert. Die Anlage 1 ist nicht mehr in Honorargruppen gegliedert, sondern enthält dem jeweiligen Stundensatz. So enthielt die bisherige Anlage 1 die Sachgebietsbezeichnung Abfallstoffe und die Honorargruppe 11. Nach § 9 Abs. 1 JVEG a.F. erhielt der Sachverständige dafür ein Honorar i.H.v. 115 €/Stunde. Die Anlage 1 n.F. enthält den Stundensatz von 115 €. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG n.F. bemisst sich das Honorar des Sachverständigen nach der Anlage 1.
Differenzierungen sind in Fällen erforderlich, in denen sich Elemente einer Zeugenaussage (Wiedergabe eigener Wahrnehmungen) mit einer aufgrund persönlichen Fachwissens vorgenommenen Wertung dieser Wahrnehmungen verbinden. Bekundet jemand nicht nur diejenigen Tatsachen, die er wahrgenommen hat, sondern gibt er darüber hinaus infolge seiner Sachkunde auch ein fachliches Urteil ab, ist er Zeuge und Sachverständiger zugleich.
»Sachverständiger Zeuge« ist eine Person, die aufgrund ihres speziellen Fachwissens vernommen werden kann. Im sozialgerichtlichen Verfahren sind dies in der Regel behandelnde Ärzte, die im Rahmen eines sog. Befundberichtes Behandlungsdaten des Patienten dem Gericht oder der Behörde mitteilen und diese auf Anforderung des Gerichts oder der Behörde durch gutachtliche Ausführungen ergänzen. Die nach dem JVEG hierfür zu leistenden Zahlungen richten sich nach Umfang und Schwierigkeit des Befundberichtes und können sowohl nicht steuerbarer Schadensersatz als auch Entgelt im Leistungsaustausch sein.
Lassen sich die Funktionen als Zeuge und Sachverständiger bei der Festsetzung der Vergütung technisch trennen, ist die Vergütung auch getrennt und nebeneinander festzusetzen. Regelmäßig wird dies jedoch nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich sein, sodass die volle Zeit nach den Vergütungsregeln für Sachverständige zu entschädigen ist.
Da die umsatzsteuerrechtliche Würdigung grundsätzlich unabhängig von den angewandten Vorschriften des JVEG zu erfolgen hat, ist es somit auch möglich, Vergütungen nach Abschn. 3 des JVEG (Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern) als nicht steuerbaren Schadensersatz anzusehen.
Bei der Tätigkeit eines sachverständigen Zeugen ist umsatzsteuerrechtlich danach zu differenzieren, ob dieser bei der Ausstellung eines Befundscheins oder der Erteilung einer Auskunft oder eines Zeugnisses über einen ärztlichen Befund eine zusätzliche Äußerung abgibt oder nicht.
Soweit die Tätigkeit eines sachverständigen Zeugen nach § 10 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 Nr. 200 (21 €; ab 1.1.2021: 25 €) und Nr. 201 (bis zu 44 €; ab 1.1.2021: bis 55 €) JVEG vergütet wird, liegt ein nicht steuerbarer Schadensersatz vor. Es handelt sich dabei um eine Wiedergabe von Informationen (Ausstellung eines Befundscheins oder Erteilung einer schriftlichen Äußerung ohne nähere gutachterliche Äußerung), ohne dass der Arzt aufgrund seiner Fachkenntnisse Schlussfolgerungen (z.B. hinsichtlich der Möglichkeit der Ausübung des Berufes der betrachteten Person) gezogen hat. Es handelt sich um eine Kostenerstattung im Zusammenhang mit einer Auskunftserteilung, die nicht steuerbaren Schadensersatz darstellt.
Erfolgt dagegen die Vergütung nach § 10 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 Nr. 202 (38 €; ab 1.1.2021: 45 €) und Nr. 203 (bis zu 75 €; ab 1.1.2021: bis zu 90 €) JVEG, liegt ein steuerbarer Leistungsaustausch vor. Aufgrund der ausführlichen gutachterlichen Stellungnahme (Zeugnis über einen ärztlichen Befund mit von der heranziehenden Stelle geforderter außergewöhnlich umfangreicher gutachtlicher Äußerung) geht die Leistung des Arztes über die eines Zeugen hinaus. Es handelt sich nicht nur um die Wiedergabe eigener Wahrnehmungen, sondern um die Verwertung von Fachwissen (gutachtliche Tätigkeit).
Ärzte, die für die Sozialbehörden gutachterlich tätig werden, erhalten nach § 21 Abs. 3 Satz 4 SGB X Entschädigungen oder Vergütungen entsprechend den Vorschriften des JVEG.
Beispiel 21:
Der behandelnde Arzt erteilt einem Gericht einen Bericht über den bei seinem Patienten festgestellten Befund und erhält eine Vergütung nach § 10 Abs. 1 JVEG i.V.m. Anlage 2 Nr. 200 bzw. Nr. 201 des JVEG.
Lösung 21:
Der Arzt handelt als »unersetzlicher« sachverständiger Zeuge. Die Vergütung ist echter Schadensersatz.
Beispiel 22:
Ein Arzt wird vom Versorgungsamt als sachverständiger Zeuge herangezogen und mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Die Vergütung dafür richtet sich nach § 21 Abs. 3 Satz 4 SGB X i.V.m. § 10 Abs. 1 JVEG i.V.m. Anlage 2 Nr. 202 bzw. Nr. 203 JVEG.
Lösung 22:
Der Arzt handelt als »auswechselbarer« Sachverständiger. Damit ist nach Abschn. 1.3. Abs. 15 UStAE ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch gegeben. Der Umsatz ist auch stpfl., die Steuerbefreiungsvorschriften des § 4 Nr. 14 und 16 UStG sind nicht anwendbar (s. die Beispiele 1 und 2 in Abschn. 1.3. Abs. 15 UStAE).
Der BGH hat mit Urteil vom 24.1.2008 (VII ZR 280/05, UR 2008, 784, LEXinform 5210757) zum Entgeltcharakter von bauvertraglichen Entschädigungs- und geänderten Vergütungszahlungen infolge einer Bauzeitverlängerung entschieden. Für die Feststellung des Schadensersatzcharakters ist zunächst die Anspruchsgrundlage festzustellen. Danach ist zu entscheiden, ob sich der Anspruch aus
§ 2 Abs. 5 VOB/B,
§ 642 BGB oder
§ 6 Abs. 6 VOB/B
ergibt (VOB/B: Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen).
§ 2 VOB/B regelt die Vergütung der vertraglich ausgeführten Leistung. Durch die vereinbarten Preise werden alle Leistungen abgegolten, die nach der Leistungsbeschreibung, den Besonderen Vertragsbedingungen, den Zusätzlichen Vertragsbedingungen, den Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen, den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen und der gewerblichen Verkehrssitte zur vertraglichen Leistung gehören.
§ 2 Abs. 5 VOB/B regelt die Preisänderungen nach vorgenommenen Änderungen durch den Auftraggeber. Werden durch Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert, so ist ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Die Vereinbarung soll vor der Ausführung getroffen werden.
Ergibt sich der Anspruch aus § 2 Abs. VOB/B – so die Entscheidung des BGH vom 24.1.2008 (VII ZR 280/05, LEXinform 5210757) –, ist er auf die für die Leistung des Auftragnehmers zu entrichtende Vergütung gerichtet, die aufgrund der Änderung des Bauentwurfs oder anderer Anordnungen des Auftraggebers zu erhöhen ist. Damit erhöht sich auch die Bemessungsgrundlage für die USt entsprechend (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG).
Einer gem. § 642 BGB zu zahlenden »Entschädigung« liegt eine steuerbare Leistung zugrunde.
Steuerbarer Umsatz liegt vor, wenn zwischen der erbrachten Leistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, wobei die gezahlten Beträge die tatsächliche Gegenleistung für eine bestimmbare Leistung darstellen, die im Rahmen eines Rechtsverhältnisses, in dem gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, erbracht wurde). Unerheblich ist es, ob die Gegenleistung nach der zivilrechtlichen Dogmatik als Schadensersatz oder als Vergütung bezeichnet wird. Nicht erforderlich ist es auch, dass dem Leistungsaustausch ein rechtlich verbindliches Verpflichtungsgeschäft zugrunde liegt. Entscheidend ist allein, ob die Zahlung der Summe mit einer Leistung des Stpfl. in einer Wechselbeziehung steht. Das Verhalten des Leistenden muss darauf abzielen oder zumindest geeignet sein, ein Entgelt für die erbrachte Leistung auszulösen.
Die Entschädigung gem. § 642 BGB ist nach diesem steuerrechtlichen Verständnis ein Entgelt für Leistungen des Unternehmers, mit denen sie in einer Wechselbeziehung steht. Der Unternehmer wird dafür vergütet, dass er für den Besteller Kapital und Arbeitskraft bereithält. Dem entspricht, dass sich die Höhe der »Entschädigung« nach der Höhe der vereinbarten Vergütung bestimmt (§ 642 Abs. 2 BGB). Die Vorschriften zur Berechnung von Schadensersatz (§§ 249 ff. BGB) sind dagegen nicht auf den Anspruch aus § 642 BGB anwendbar.
§ 6 VOB/B regelt das Verhalten des Auftragnehmers bei Unterbrechungen und Behinderungen. Glaubt sich der Auftragnehmer in der ordnungsgemäßen Ausführung der Leistung behindert, so hat er es dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Unterlässt er die Anzeige, so hat er nur dann Anspruch auf Berücksichtigung der hindernden Umstände, wenn dem Auftraggeber offenkundig die Tatsache und deren hindernde Wirkung bekannt waren.
§ 6 Abs. 6 VOB/B regelt den Schadensersatzanspruch durch Behinderungen bei der Leistungsausführung. Sind die hindernden Umstände von einem Vertragsteil zu vertreten, so hat der andere Teil Anspruch auf Ersatz des nachweislich entstandenen Schadens, des entgangenen Gewinns aber nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Im Übrigen bleibt der Anspruch des Auftragnehmers auf angemessene Entschädigung nach § 642 BGB unberührt.
§ 6 Abs. 6 VOB/B gewährt einen Schadensersatzanspruch, dem keine steuerbare Leistung zugrunde liegt.
Schadensersatzzahlungen gem. § 6 Abs. 6 VOB/B sind keine Gegenleistung für eine Leistung des Auftragnehmers an den Auftraggeber. Die Leistung des Auftragnehmers ist das Werk. Das Werk wird durch Behinderungen, die Ansprüche nach § 6 Abs. 6 VOB/B auslösen können, nicht verändert. Anders als im Fall des § 2 Abs. 5 VOB/B bleiben die Pflichten des Auftragnehmers und daher auch die Vergütung als Bemessungsgrundlage für die USt unverändert.
Der Auftragnehmer erbringt aufgrund der Behinderungen im Unterschied zu § 642 BGB keine zusätzlichen steuerbaren Leistungen. Mit dem Schadensersatzanspruch wird der Ausgleich des Vermögensschadens verlangt, der sich aus Behinderungen ergibt, die sich als vertragliche Pflichtverletzungen erweisen. Dies gilt auch dann, wenn als Schaden Ersatz für die Kosten verlangt wird, die dem Auftragnehmer dadurch entstanden sind, dass er für die Herstellung des Werks zusätzlichen Aufwand hatte, etwa durch den zusätzlichen Einsatz eines Projekt- oder Bauleiters; auch dieser Aufwand ist keine Leistung an den Auftraggeber. Dem entspricht es, dass der nach § 6 Abs. 6 VOB/B zu ersetzende Schaden auf der Grundlage der §§ 249 ff. BGB errechnet wird. Soweit aus der Entscheidung des BGH vom 21.3.1968 (VII ZR 84/67, BGHZ 50, 25, 29 f.) eine andere Auffassung abzuleiten sein könnte, hält der BGH hieran nicht fest (Änderung der Rechtsprechung).
Die Beurteilung der Stornokosten sowohl in Beherbergungsverträgen als auch in Reservierungs- oder Hotelkontingentierungsverträgen hängt davon ab, ob dem Kunden aufgrund des Vertrags ein Rücktrittsrecht eingeräumt wird (Abschn. 25.1. Abs. 14 UStAE):
Ist der Kunde wirksam vom Vertrag zurückgetreten, handelt es sich bei den Stornokosten um eine Schadensersatzleistung für evtl. Vermögenseinbußen des Vertragspartners (Hoteliers).
Stand dem Kunden hingegen kein Rücktrittsrecht zu und konnte er sich nicht wirksam vom Vertrag lösen, sind die Stornokosten das Entgelt für das Bereithalten der Hotelzimmer und keine Schadensersatzleistung.
Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Stornokosten s. die Vfg. der OFD Frankfurt vom 5.8.2008 (S 7100 A – 199 – St 110, UR 2008, 864, LEXinform 5231693). Der EuGH hat mit Urteil vom 18.7.2007 (C–277/05, UR 2007, 643, LEXinform 5210561) die bisherige Verwaltungsauffassung bestätigt. In diesem Urteil ging es um die Frage, ob Anzahlungen, die Gäste bei der Reservierung von Hotelzimmern entrichtet hatten und die nach Stornierung der Zimmer von dem Hotelbetreiber einbehalten wurden, steuerbares Leistungsentgelt oder nichtsteuerbarer Schadensersatz sind. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt stand den Hotelgästen ein Rücktrittsrecht zu.
Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass der für eine Leistung im Voraus gezahlte Beitrag als Angeld kein Leistungsentgelt, sondern Schadensersatzleistung darstellt (vgl. o.g. Ausführungen beim Vorliegen eines Rücktrittsrechtes). Er begründet dies damit, dass der Abschluss eines Vertrages bzw. das Bestehen einer rechtlichen Beziehung zwischen den Vertragsparteien grundsätzlich nicht von einer Leistung eines Angelds abhängig ist. Die Verpflichtung, den Vertrag zu erfüllen, beruhe nicht auf dem Angeld, sondern auf dem Vertrag selbst. Somit könne keine Leistungsbeziehung in dem Sinne konstruiert werden, dass der Hotelbetreiber sich gegen Leistung des Angelds verpflichte, mit keinem Dritten einen Vertrag zu schließen, der die mit dem Kunden getroffene Vereinbarung beeinträchtigt. Diese Verpflichtung des Hotelbetreibers ergebe sich direkt aus dem Beherbergungsvertrag und nicht aus dem Angeld.
Da es sich bei dem Angeld gerade um eine pauschale Entschädigung handele, könne auch nicht deshalb ein Leistungsentgelt (für die Leistungsbereitschaft des Hotelbetreibers) konstruiert werden, weil der dem Hotelbetreiber entstehende Schaden in der Regel nicht mit der Höhe des Angelds übereinstimmt.
Beispiel 23:
Unternehmer U hat anlässlich eines im Mai 2020 terminierten Kongresses in München für seine Mitarbeiter bereits im Dezember 2019 im Kongresszentrum 5 Zimmer für seine Mitarbeiter gebucht. Im März 2020 wurde der Kongress aufgrund der Corona-Verordnung abgesagt.
Lösung 23:
S.a. Grambeck, NWB 21/2020, 1532, das Beispiel 1.
Wegen der Absage aufgrund der behördlichen Anordnung liegt nach § 313 BGB eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, da sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Der Unternehmer hätte die Übernachtungen nicht gebucht, wenn er im Zeitpunkt der Buchung gewusst hätte, dass der Kongress nicht stattfinden wird.
Nach § 275 Abs. 1 BGB erlischt die Leistungspflicht des Hotels und es entfällt damit auch der Anspruch auf die Gegenleistung des Unternehmers nach § 326 Abs. 1 BGB. Soweit der Unternehmer eine nach § 326 BGB nicht geschuldete Gegenleistung (Anzahlung) bewirkt hat, kann er das Geleistete nach § 326 Abs. 4 BGB zurückgefordert werden.
War bisher kein Entgelt entrichtet, ist der Sachverhalt umsatzsteuerrechtlich irrelevant. Wurden Anzahlungen geleistet und darüber mit ordnungsgemäßer Rechnung abgerechnet, ist bei Rückerstattung der Anzahlung sowohl die USt des Hoteliers als auch die Vorsteuer des Unternehmers nach § 17 Abs. 1 UStG zu berichtigen.
Zur Umsatzsteuerbarkeit des in Höhe der ortsüblichen Miete bei nichtigem Mietvertrag bestehenden Werteersatzanspruchs hat der BGH mit Urteil vom 6.8.2008 (XII ZR 67/06, UR 2009, 155, LEXinform 1551089) Folgendes entschieden: Die Anfechtung eines Mietvertrages über Geschäftsräume wegen arglistiger Täuschung ist auch nach Überlassung der Mieträume und Beendigung des Mietvertrages neben der Kündigung zulässig. Sie wirkt gem. § 142 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück. Der in Höhe der ortsüblichen Miete bestehende Anspruch auf Wertersatz gem. § 818 Abs. 2 BGB unterliegt bei nichtigem Mietvertrag wie ein Mietzinsanspruch der USt. Die Zahlung des Werteersatzes steht mit einer Leistung des Stpfl. in Wechselbeziehung. Bei einem Werteersatzanspruch, der gem. § 818 Abs. 2 BGB bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Mietvertrages entsteht, ist von einem Leistungsausgleich auszugehen. Der Mietvertrag tritt im Rahmen der Abwicklung eines gegenseitigen Leistungsverhältnisses an die Stelle der vereinbarten Vergütung und ist deshalb umsatzsteuerbar.
Mit Schreiben vom 1.10.2021 (BStBl I 2021, 1859) nimmt das BMF Stellung zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Abmahnungen bei Urheberrechtverletzungen und bei unlauteren Wettbewerbshandlungen sowie zur Anwendung der BFH-Urteile vom 21.12.2016 (XI R 27/14, BStBl II 2021, 779) sowie vom 13.2.2019 (XI R 1/17, BStBl II 2021, 785). In Abschn. 1.3. UStAE wird ein neuer Abs. 16a sowie in Abschn. 13.1. UStAE wird einer neuer Abs. 7 eingefügt (s.a. Vobbe u.a. UStB 11/2021, 365 sowie Grambeck, NWB 26/2022, 1865).
Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 1.10.2021 (BStBl I 2021, 1859) sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die Beteiligten bei der Zahlung für vor dem 1. November 2021 durchgeführte Abmahnleistungen übereinstimmend, d.h. auch hinsichtlich eines Vorsteuerabzugs beim Abgemahnten, von einem nicht stpfl. Entgelt (echter Schadensersatz) ausgehen.
Nach Auffassung des BFH in seinem Urteil vom 16.1.2003 (V R 92/01, BStBl II 2003, 732) erbringen die in wettbewerbsrechtlichen Sachen anspruchsberechtigten Interessenverbände und Einrichtungen (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 und 3 UWG; sog. Abmahnverein) bei Erteilung einer Abmahnung eine umsatzsteuerbare Leistung gegen Entgelt an die Abmahnungsempfänger. Die Verbände würden bei Erteilung einer Abmahnung gegenüber dem Abmahnungsempfänger als Geschäftsführer ohne Auftrag i.S.d. §§ 677 ff. BGB tätig, denn die Erteilung der Abmahnung liege auch im Interesse des Abmahnungsempfängers, der dadurch Gelegenheit erhalte, einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Diese Geschäftsführung ohne Auftrag begründe ein Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht würden, da der Geschäftsführer ohne Auftrag gegen den Abmahnungsempfänger grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen gem. § 683 BGB habe. Auch ein solcher Aufwendungsersatz sei als Entgelt i.S.d. Umsatzsteuerrechts anzusehen. Zwischen der Geschäftsführungsleistung und dem Aufwendungsersatz bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang; der Aufwendungsersatz sei der Gegenwert für die Abmahnleistung des Vereins (s.a. BGH-Urteil vom 15.10.1969, I ZR 3/68, BGHZ 52, 393 und Kurzbeitrag vom 15.7.2003, LEXinform 0352661).
Mit Urteil vom 21.12.2016 (XI R 27/14, BStBl II 2021, 779; Hummel, UR 23/2017, 901) setzt der BFH seine Rechtsprechung vom 16.1.2003 (V R 92/01, BStBl II 2003, 732) fort indem er urteilt, dass Zahlungen, die an einen Unternehmer von dessen Wettbewerbern als Aufwendungsersatz aufgrund von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen geleistet werden, umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und den von ihm abgemahnten Wettbewerbern – und nicht als nicht steuerbare Schadensersatzzahlungen – zu qualifizieren sind (s.a. Abschn. 1.3. Abs. 16a Satz 1 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.10.2021, BStBl I 2021, 1859).
Der BFH hat durch Urteil vom 13.2.2019 (XI R 1/17, BStBl II 2021, 785) entschieden, dass Zahlungen, die an einen Unternehmer als Aufwendungsersatz aufgrund von urheberrechtlichen Abmahnungen zur Durchsetzung seines Unterlassungsanspruchs geleistet werden, umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und den von ihm abgemahnten Rechtsverletzer zu qualifizieren sind. Auf welche nationale zivilrechtliche Grundlage der Zahlungsanspruch gestützt wird, spielt für die Frage, ob ein Leistungsaustausch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne vorliegt, keine Rolle. Gegenleistung für die Abmahnleistung ist der vom Rechtsverletzer gezahlte Betrag.
Abmahnungen sind als Leistungen im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Abmahner und den von ihm abgemahnten Personen zu qualifizieren. Die Abmahnung erfolgt zumindest auch im Interesse des jeweiligen Rechtsverletzers, weil er die Möglichkeit erhält, einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Dies ist als umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung anzusehen. Für das Ergebnis ist es unerheblich, dass im Zeitpunkt der Abmahnung nicht sicher feststeht, ob die Abmahnung erfolgreich sein wird. Auch wenn ungewiss ist, ob die abgemahnte Person ein Rechtsverletzer ist und zahlen wird, besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Abmahnung als sonstige Leistung und der dafür erhaltenen Zahlung (s.a. Abschn. 1.3. Abs. 16a UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.10.2021, BStBl I 2021, 1859).
Damit überträgt der BFH seine ständige Rspr. zu Abmahnungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb auf Abmahnungen nach dem Urheberrechtsgesetz (BFH Pressemitteilung Nr. 28/2019 vom 8.5.2019, LEXinform 0449738).
Beachte:
Der aufgrund der berechtigten Abmahnung geltend gemachte Schadensersatz ist dagegen als echter Schadensersatz nicht umsatzsteuerbar.
Hinweis:
Mit Urteil vom 29.8.2023 (5 K 7144/20, EFG 2024, 166, LEXinform 5025733, Revision eingelegt, Az. BFH: V R 19/23; s.a. UStB 2024, 77 mit Kommentar von Grebe) hat das FG Berlin-Brandenburg entschieden, dass Zahlungen, die an einen Unternehmer aufgrund von urheberrechtlichen oder wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruch geleistet werden, umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und dem von ihm abgemahnten Rechtsverletzer zu qualifizieren sind.
Zum steuerbaren Entgelt für die Leistung des Abmahnenden gehören alle hierfür erhaltenen Zahlungen. Unerheblich für die Einordnung als steuerbares Entgelt ist die Bezeichnung der zu leistenden Zahlungen im Abmahnschreiben oder ob die Zahlungen als Schadensersatz i.S.d. § 97 Abs. 2 UrhG geltend gemacht werden könnten. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Zahlungen dazu dienten, den Abmahnenden klaglos zu stellen und dadurch ein urheberrechtliches Klageverfahren zu vermeiden (Anschluss an BFH vom 13.2.2019, XI R 1/17, BStBl I 2021, 785).
Der Zeitpunkt der sonstigen Leistung bestimmt sich danach, wann die Dienstleistung bewirkt ist. Das ist der Fall, wenn dem Abgemahnten ein wirtschaftlicher Vorteil zugewandt wird. Zeitpunkt der Leistung ist der Zugang der Abmahnung bei dem Abgemahnten. Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn der Steuerpflichtige die Besteuerung für die Abmahnleistung in demjenigen Voranmeldungszeitraum vornimmt, in dem die Abmahnung an den Abgemahnten abgesendet wurde. Bestreitet der Abgemahnte substanziiert die Rechtsverletzung, hat der Abmahnende den Steuerbetrag im Besteuerungszeitraum, in dem die Abmahnung bestritten wird, zu berichtigen (s.a. Abschn. 13.1. Abs. 7 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.10.2021, BStBl I 2021, 1859).
Der Aufwendungsersatzanspruch des Abmahnenden ermittelt sich nach dem Gegenwert für die Abmahnleistung. Im Rahmen von Urheberrechtsverletzungen bemisst sich der zu zahlende Kostenersatz damit nicht wie der Schadensersatz nach der sog. Lizenzanalogie, sondern nach dem Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs. Zum steuerbaren Entgelt für die Leistung des Abmahnenden gehören alle hierfür erhaltenen Zahlungen, d.h. auch der Ersatz von Ermittlungskosten zur Identifizierung des Rechtsverletzers (z.B. Gerichtskosten des richterlichen Gestattungsverfahrens sowie Kosten für die Auskunftserteilung durch den Internetprovider). In der Abmahnung sind die geltend gemachten Zahlungsansprüche in Schadensersatz und Aufwendungsersatz aufzuschlüsseln. Sollte entgegen § 97a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG keine Aufschlüsselung erfolgen, ist der Pauschalbetrag insgesamt als Aufwendungsersatz und damit als Entgelt zu behandeln.
Die Abmahnleistung unterliegt nach § 12 Abs. 1 UStG dem allgemeinen Steuersatz.
Erfolgt die Zusendung einer Abmahnung an einen potenziellen Rechtsverletzer nicht aufgrund eines berechtigten Anspruchs (unberechtigte Abmahnung) und erteilt der Abmahnende hierüber eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis, liegt ein unberechtigter Steuerausweis gem. § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG vor. Der Abmahnende schuldet bis zur Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens den ausgewiesenen Steuerbetrag (Abschn. 1.3. Abs. 16a Satz 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.10.2021, BStBl I 2021, 1859).
Hinweise:
Mit Beschluss vom 21.1.2021 (I ZR 87/20, LEXinform 4228863) bestätigt der BGH die Rspr. des BFH, dass Zahlungen, die an einen Unternehmer als Aufwendungsersatz aufgrund von urheberrechtlichen oder wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs geleistet werden, umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und dem von ihm abgemahnten Rechtsverletzer zu qualifizieren sind.
Diese Rechtsprechung, die sich konkret nur auf das Wettbewerbs- und das Urheberrecht bezieht, ist auf den gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes auszudehnen und findet insbes. auch im Kennzeichenrecht Anwendung (BGH I ZR 87/20, Rz. 10).
Im Urteilsfall I ZR 87/20 hat die Klägerin nach erfolgloser Abmahnung Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung beantragt, einen Domainverzichtsanspruch geltend gemacht und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 1 752,90 € nebst USt i.H.v. 333,05 € verlangt.
In seinem Beschluss vom 21.1.2021 hat der BGH der Klägerin die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten einschließlich der USt zugesprochen.
Nach der Rspr. des BFH stellt die Abmahnung eine umsatzsteuerbare Leistung dar. Bei Rechnungsstellung durch die Klägerin ist dieser Umsatzsteuerbetrag nach § 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG auszuweisen. Die Klägerin hat als Steuerschuldnerin gem. § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG die USt, die auf die vom abgemahnten Beklagten zu leistende Kostenerstattung entfällt, an das FA abzuführen. Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung greifen nicht ein (s.o. den Gliederungspunkt »Ersatz von Umsatzsteuer nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB«). Der Klägerin steht zwar im Hinblick auf die in der Rechnung ihrer mit der Abmahnung beauftragten Rechtsanwaltskanzlei ausgewiesene USt ein Vorsteuerabzug zu. Das ändert aber nichts daran, dass sie verpflichtet ist, die aus dem Abmahnkostenerstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten anfallende USt an das FA abzuführen.
In Rz. 12 seines Beschlusses beschreibt der BGB den Abrechnungsweg des Abmahnverfahrens: In Folge der BFH-Rspr. müssen künftig zwei Rechnungen geschrieben werden:
Der Rechtsanwalt, der den Rechtsverletzer im Auftrag des Rechtsinhabers abgemahnt hat, rechnet in eigenem Namen gegenüber dem Rechtsinhaber ab.
Der Rechtsinhaber rechnet sodann über seine eigene Leistung (»Vermeidung eines Gerichtsverfahrens«) gegenüber dem Abgemahnten ab. Die Rechnung weist dabei regelmäßig den Nettobetrag der anwaltlichen Rechnung zuzgl. USt aus. Die in der Rechnung an den Abgemahnten ausgewiesene USt muss der Rechtsinhaber an das FA abführen; er kann aber die in der Rechnung seines Bevollmächtigten enthaltene USt im Wege des Vorsteuerabzugs geltend machen.
Die höchstrichterlich geklärten Voraussetzungen einer Vorteilsausgleichung aus dem Schadensersatzrecht sind nicht erfüllt. Insbes. wird der Rechtsinhaber nicht bessergestellt, wenn der Rechtsverletzer dem Rechtsinhaber die USt zu erstatten hat. Die Rechtsinhaber ist zwar vorsteuerabzugsberechtigt. Das führt aber lediglich dazu, dass er die an den anwaltlichen Bevollmächtigten gezahlte USt im Rahmen des Vorsteuerabzugs gegenüber dem FA geltend machen kann. Die vom Rechtsverletzer an den Rechtsinhaber zu zahlende USt muss der Rechtsinhaber dagegen an das FA abführen, sodass er insoweit keinen Vorteil hat, insbes. die USt nicht zweimal zurückerstattet bekommt. Ist der Rechtsverletzer ebenfalls vorsteuerabzugsberechtigt, kann er die von ihm – aufgrund einer die USt ausweisenden Rechnung – an den Rechtsinhaber gezahlte USt im Rahmen des Vorsteuerabzugs gegenüber dem FA ebenfalls geltend machen. Es sind mithin zwei steuerbare Leistungen zu unterscheiden: »Anwalt – Rechtsinhaber« einerseits und »Rechtsinhaber – Abgemahnter« andererseits.
Der Fall der Abmahnkostenerstattung unterscheidet sich insoweit vom typischen schadensersatzrechtlichen Fall der Beschädigung einer Sache, für deren Reparatur dem Geschädigten eine Rechnung inklusive USt gestellt wird. Ist der Geschädigte in einem derartigen Fall vorsteuerabzugsberechtigt, kann er vom Schädiger nur den Nettobetrag verlangen, weil ihm das FA die gezahlte USt erstattet (s.o. den Gliederungspunkt »Ersatz von Umsatzsteuer nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB«).
Beachte:
Nach der Anwendungsregelung des BMF-Schreibens vom 1.10.2021 (BStBl I 2021, 2189 unter Abschn. III; s.o.) wird es nicht beanstandet, wenn die Beteiligten bei der Zahlung für vor dem 1.11.2021 durchgeführten Abmahnleistungen übereinstimmend, d.h. auch hinsichtlich eines Vorsteuerabzugs beim Abgemahnten, von einem nicht steuerbaren Entgelt (echter Schadensersatz) ausgehen.
Das FinMin Mecklenburg-Vorpommern hat mit Erlass vom 30.8.2023 (S 7100 – 00000 – 2014/005, UR 2023, 856, LEXinform 7013746) zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Abmahnungen im Zusammenhang mit der Nichtbeanstandungsregelung Stellung genommen. In Fällen, in denen von der im BMF-Schreiben vom 1.10.2021 unter III. enthaltenen Nichtbeanstandungsregelung Gebrauch gemacht worden ist und die Abmahnleistungen als echter Schadenersatz nicht der Besteuerung unterworfen wurden, ist ein Vorsteuerabzug für die Rechtsanwaltsleistung beim Abmahnenden nicht zu versagen, soweit dessen wirtschaftliche Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt (s.a. FinMin Schleswig-Holstein vom 22.6.2023, VI 3510 – S 7100 – 425, UR 2023, 740, SIS 23 12 71).
Mit Urteil vom 26.1.2022 (XI R 19/19, XI R 12/17, BStBl II 2022, 582) hat der BFH entschieden, dass bei dem im Rahmen eines bargeldlosen Zahlungssystems für die Überlassung elektronischer Zahlungskarten in Stadien erhobenen Kartenpfand es sich nicht um pauschalierten (durch die Kartenrückgabe auflösend bedingten) Schadensersatz handelt, sondern um eine steuerbare sonstige Leistung, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG als Umsatz im Zahlungs- und Überweisungsverkehr steuerfrei ist, wenn der leistende Unternehmer selbst die Übertragung von Geldern vornimmt (s.a. Anmerkung vom 14.6.2022, LEXinform 0653950).
Im Urteilsfall überließ Unternehmer B den Besuchern von Stadien elektronische Zahlungskarten (E-Karten) zur bargeldlosen Zahlung von Speisen und Getränken in den Stadien. Nach dem Preis- und Leistungsverzeichnis der B betrug das Kartenpfand 2 €, das bei der erstmaligen Ausgabe der bis zu 150 € aufladbaren E-Karte vom Ausgabewert abgezogen wurde. Die aus dem Kartenpfand erzielten Erlöse sah B in ihren Umsatzsteuererklärungen als umsatzsteuerfrei an.
B war der Auffassung, dass das Kartenpfand i.H.v. 2 € pauschalierten und durch die Rückgabe der E-Karte auflösend bedingten »echten« Schadensersatz darstelle, der nicht umsatzsteuerbar sei. Das Eigentum an den E-Karten sei bei B verblieben; die Stadionbesucher hätten nur ein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 BGB gehabt. Habe es der Stadionbesucher unterlassen, die E-Karte der B, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer die Herausgabe gem. § 985 BGB habe verlangen können, zurückzugeben, sei dies als schädigendes Ereignis zu werten, das einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. §§ 823 Abs. 1, 990 Abs. 1 Satz 1, 989 BGB begründet habe.
Anderenfalls handele es sich bei der Überlassung der E-Karte um eine unselbstständige Nebenleistung zu einem nicht umsatzsteuerbaren Tausch von Zahlungsmitteln oder zu einem steuerfreien Umsatz von gesetzlichen Zahlungsmitteln bzw. im Zahlungsverkehr i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. b bzw. Buchst. d UStG.
Die Überlassung der E-Karte sei keinesfalls eine eigenständige Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG. B habe nicht nur die technischen Voraussetzungen für den bargeldlosen Zahlungsverkehr in den Stadien geschaffen, sondern den auf der E-Karte verbuchten Geldbetrag des Karteninhabers an den jeweiligen Caterer übertragen. Dem Stadionbesucher sei es nicht um die mit Motiven bedruckte E-Karte, sondern um den Zugang zur Nutzung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in den Stadien, mithin um die »Wurst in der Halbzeitpause« gegangen.
Entscheidungsgründe:
Zwischen B und den Stadionbesuchern kam mit der Überlassung einer E-Karte ein Vertrag über die Nutzung der E-Karte als Zahlungssystem zustande. Es bestand ein Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen B dem Stadionbesucher eine E-Karte überlassen hatte, auf die ein Geldbetrag aufgeladen werden konnte und die Zugang zu der von B in den Stadien bereitgestellten Infrastruktur für den bargeldlosen Zahlungsverkehr gewährte. Durch den Einsatz der E-Karte konnte der Karteninhaber in den Stadien über das aufgeladene Guthaben mit Ausnahme des Pfandbetrags verfügen. Der Karteninhaber konnte zudem verlangen, dass nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der E-Karte innerhalb der Rücktauschfrist von zwei Jahren das nicht verbrauchte Guthaben wieder ausgezahlt wurde. Soweit in der Regel auf die Erhebung eines Kartenpfandes nicht verzichtet wurde, hatte der Karteninhaber bei Rückgabe der E-Karte innerhalb der Rücktauschfrist grds. auch einen Anspruch auf Erstattung des von ihm bei der Kartenüberlassung aufgeladenen Pfandbetrags in Höhe von 2 €.
Der Pfandbetrag steht damit in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Überlassung der E-Karte, die im Rahmen der den bargeldlosen Zahlungsverkehr in den Stadien betreffenden Leistung erfolgte und die für deren Inanspruchnahme unabdingbar erforderlich war. Er stellt den tatsächlichen Gegenwert für die Überlassung der E-Karte dar, die für den jeweiligen Karteninhaber mit dem verbrauchsfähigen Vorteil verbunden war, Zugang zur Nutzung des eröffneten bargeldlosen Zahlungsverkehrs in den Stadien zu erlangen. Bei den verbleibenden Pfandbeträgen handelt es sich mithin nicht um Schadensersatz, den die Karteninhaber nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden zu leisten gehabt hätten, sondern um das bei der Ausgabe der E-Karten zur Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr erzielte Entgelt.
Darüber hinaus kann es sich bei dem Kartenpfand um keinen nicht umsatzsteuerbaren, durch die Rückgabe der E-Karten auflösend bedingten pauschalierten Schadensersatz gem. §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. §§ 823 Abs. 1, 990 Abs. 1 Satz 1, 989 BGB handeln, weil es insoweit an einem schädigenden Ereignis fehlt. Zwar erwarb der Karteninhaber nach Maßgabe der AGB mangels Einigung, dass das Eigentum von B auf den Karteninhaber übergeht, mit der Überlassung der E-Karte kein zivilrechtliches Eigentum nach § 929 Satz 1 BGB. Der jeweilige Karteninhaber war jedoch nach den AGB auch nach Ablauf der Gültigkeitsdauer nicht zur Rückgabe seiner E-Karte verpflichtet. Damit blieb der Karteninhaber zum Besitz der E-Karte berechtigt. Für den Fall eines Herausgabeverlangens nach § 985 BGB hätte er die Herausgabe der E-Karte i.S.d. § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB verweigern können.
Die Überlassung der E-Karte gegen ein Pfand i.H.v. 2 € ist keine selbstständig zu betrachtende Lieferung von Gegenständen i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG. Sie ist vielmehr mit der damit eröffneten Möglichkeit, in den Stadien bargeldlos zu zahlen, so eng verbunden, dass objektiv ein einziger untrennbarer wirtschaftlicher Vorgang mit dieser sonstigen Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG besteht.
Diese sonstigen Leistungen der B i.S.d. § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG umsatzsteuerfrei.
Die folgende Übersicht bringt einen Überblick über die Ortvorschriften der in den vorangegangenen Beispielen dargestellten Leistungen.
Sachverhalt |
Ortvorschrift |
|
1. |
Sachverständiger ermittelt in einem Gutachten einen Wiederbeschaffungswert eines Pkw. S. Beispiel 1. |
Begutachtung beweglicher körperlicher Gegenstände: Leistungsempfänger ist Privatperson: § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c UStG: Tätigkeitsort (Abschn. 3a.6. Abs. 10 und 12 UStAE; → Ort der sonstigen Leistung unter dem Gliederungspunkt »Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen sowie deren Begutachtung«). Leistungsempfänger ist Privatperson mit Wohnsitz im Drittlandsgebiet: Es handelt sich um eine Katalogleistung i.S.d. § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG (Abschn. 3a.9. Abs. 12 UStAE). Beachte: Bei der Begutachtung beweglicher körperlicher Gegenstände durch Sachverständige hat § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c UStG Vorrang vor § 3a Abs. 4 Satz 1 und 2 Nr. 3 UStG (Abschn. 3a.6. Abs. 12 Satz 1 UStAE). Ort der Begutachtung ist somit nicht der Wohnsitz des Empfängers (§ 3a Abs. 4 Satz 1 UStG), sondern der Tätigkeitsort des Sachverständigen (§ 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c UStG). |
Leistungsempfänger ist Unternehmer: Der Leistungsort richtet sich nach § 3a Abs. 2 UStG (Abschn. 3a.6. Abs. 10 Satz 2 UStAE). Beachte: Zum Leistungsort bei der Begutachtung der beweglichen körperlichen Gegenstände, wenn diese Leistungen im Drittlandsgebiet genutzt oder ausgewertet werden, vgl. § 3a Abs. 8 Satz 1 UStG und Abschn. 3a.14. Abs. 5 UStAE (s. Abschn. 3a.6. Abs. 10 Satz 3 UStAE). |
||
2. |
Beseitigung von Unfallschäden. S. Beispiele 17, 18, 19. |
Leistungsempfänger ist Privatperson: § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c UStG: Tätigkeitsort (Abschn. 3a.6. Abs. 10 und 11 UStAE). |
Leistungsempfänger ist Unternehmer: Der Leistungsort richtet sich nach § 3a Abs. 2 UStG (Abschn. 3a.6. Abs. 10 Satz 2 UStAE). |
||
3. |
Räumung von Geschäftsräumen vor Ablauf des Mietvertrages gegen Entschädigungszahlung. S. Beispiele 3 und 5. |
§ 3a Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 UStG: Lageort des Grundstücks. § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG gilt sowohl für sonstige Leistungen an Nichtunternehmer als auch an Leistungsempfänger i.S.d. § 3a Abs. 2 UStG (s. Abschn. 3a.3. Abs. 1 UStAE). |
4. |
Gutachten im Auftrag der Sozialbehörden. S. Beispiel 22. |
§ 3a Abs. 2 Satz 1 und 3 UStG: Empfängersitzprinzip (s. Abschn. 3a.2. Abs. 14 UStAE). |
Mit Urteil vom 1.8.2022 (C-267/21, LEXinform 0958505) hat der EuGH zum Ort der Leistung bei Schadensregulierung i.R.v. im Ausland eingetretenen Unfällen und Krankheiten durch im Ausland ansässige Gesellschaften im Namen und für Rechnung des Versicherers Stellung genommen. Dabei macht der EuGH auch Ausführungen zur Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung, die § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 bis 5 UStG betreffen.
Nach dem EuGH-Urteil C-267/21 gehören die von Drittgesellschaften im Namen und für Rechnung einer Versicherungsgesellschaft erbrachten Dienstleistungen der Schadensregulierung nicht zu den in Art. 59 Buchst. c MwStSystRL aufgeführten Dienstleistungen von Beratern, Ingenieuren, Studienbüros, Anwälten, Buchprüfern und sonstigen ähnlichen Dienstleistungen sowie der Datenverarbeitung und Überlassung von Informationen.
Mit Schreiben vom 4.1.2024 (BStBl I 2024, 170) nimmt das BMF mit einem koordinierten Ländererlass Stellung zu den Auswirkungen des EuGH-Urteils C-267/21 zu den Auswirkungen zur Bestimmung des Leistungsorts i.S.d. § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 bis 5 UStG und ändert dabei Abschn. 3a.9. UStAE.
Nach Abschn. 3a.9. Abs. 9 Satz 3 UStAE liegt keine reine Beratungsleistung vor, wenn eine Dienstleistung die Ausübung einer Entscheidungsbefugnis voraussetzt (z.B. in Bezug auf die Gewährung oder Ablehnung einer Entschädigung, wie im Fall der Schadensregulierung).
Schadensersatzleistungen können entweder im steuerrechtlich irrelevanten Vermögensbereich anfallen oder den Bereich der Einkünfte betreffen und Einnahmen i.S.d. § 8 EStG sein (Pust in Littmann u.a., ESt-Kommentar zu § 8 Rz. 270 ff.). Letzteres ist der Fall, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen. Das ist, wie die Vorschrift des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG zeigt, etwa dann anzunehmen, wenn sie an die Stelle von Einnahmen im Rahmen einer Einkunftsart treten (→ Abfindungen, → Außerordentliche Einkünfte, → Entlassungsentschädigungen, → Entschädigungszahlung).
Ob ein Wertzugang betrieblich/beruflich veranlasst ist, richtet sich danach, ob das ihn auslösende Ereignis der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzuordnen ist. Handelt es sich um eine Schadensersatzzahlung im Rahmen eines mit dem Betriebsinhaber geschlossenen Vertrags, so ist darauf abzustellen, ob die schadenstiftende Ursache einen betrieblichen/beruflichen oder einen außerbetrieblichen Vorgang betrifft. Bezogen auf Schadensersatzleistungen wegen vermeidbar zu viel entrichteter Steuern bedeutet dies, dass es maßgeblich darauf ankommt, ob die Entrichtung der Steuer zu einer Betriebsausgabe führt oder in die außerbetriebliche Sphäre fällt (BFH Urteil vom 18.6.1998, IV R 61/97, BStBl II 1998, 621).
Schadensersatzleistungen des ArbG führen nicht zu steuerbarem Arbeitslohn. Bei wertender Betrachtung erweisen sie sich nicht als Frucht der Arbeitsleistung des ArbN, wenn dem ArbN ein in dessen Privatvermögen entstandener Schaden ausgeglichen wird. Der ArbN erhält in diesen Fällen die Zuwendung nicht, weil er eine Arbeitsleistung erbracht hat, sondern weil ihm gegen den ArbG ein zivilrechtlicher Anspruch auf Schadensausgleich zusteht (vgl. BFH Urteil vom 20.9.1996, VI R 57/95, BStBl II 1997, 144).
Entschädigungszahlungen, die ein Feuerwehrbeamter für rechtswidrig geleistete Mehrarbeit erhält, sind steuerbare Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit (BFH Urteil vom 14.6.2016, IX R 2/16, BStBl II 2016, 901). Nach Auffassung des Stpfl. sei die empfangene Zahlung kein Arbeitslohn, da sie auf einer schuldhaften Verletzung der Arbeitgeberpflichten des Dienstherrn beruhe und sei als Schadensersatz einzuordnen.
Nach Auffassung des FG und des BFH stellt sich die Leistung des Dienstherrn (Stadt A) als Frucht der Arbeitsleistung des Stpfl. dar. Der ArbN hat die streitige Zahlung ausschließlich für die gegenüber der Stadt A geleisteten (zusätzlichen) Dienste im Rahmen seines Dienstverhältnisses erhalten. Der Stpfl. hat die Zahlung sowohl dem Grund als auch der Höhe nach nur für die von ihm geleistete Mehrarbeit und nicht etwa unabhängig davon für eine Verletzung der Arbeitgeberpflichten der Stadt A erhalten. Dies belegt auch die konkrete Berechnung der Entschädigungszahlung im Einzelfall durch den ArbG in Anlehnung an das Gesetz über die Mehrarbeit von Feuerwehrleuten. Sachgrund für die Zahlung war nicht eine einen Schadensersatzanspruch begründende Handlung der Stadt A, sondern allein die Erbringung der Arbeitsleistung des ArbN.
Schadensersatzleistungen eines Steuerberaters oder seines Haftpflichtversicherers wegen einer von dem Berater zu vertretenden höheren als vom Gesetz vorgesehenen KSt-Festsetzung ist ein betrieblicher Ertrag, weil die KSt handelsrechtlich und damit auch körperschaftsteuerrechtlich Aufwand darstellt. Dass sie aufgrund des ausdrücklichen Abzugsverbots in § 10 Nr. 2 KStG den Gewinn nicht mindern darf, ändert an dieser Beurteilung nichts (BFH Urteile vom 8.12.1971, I R 80/70, BStBl II 1972, 292, vom 4.12.1991, I R 26/91, BStBl II 1992, 686).
Schadensersatz, den ein Steuerberater oder sein Haftpflichtversicherer zum Ausgleich dafür leistet, dass aufgrund einer Nicht- oder Schlechterstellung des Beratungsvertrags ESt festgesetzt wird, die bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrags nicht angefallen wäre, stellt keine Betriebseinnahme dar (s.a. H 4.7 [Schadenersatz als Betriebseinnahme] EStH).
Der BFH hat mit Urteil vom 4.10.2016 (IX R 8/15 BStBl II 2017, 316) entschieden, dass nachträgliche Schadensersatzzahlungen einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wegen fehlerhafter Bestätigungsvermerke, die ein Anleger für Verluste aus Aktiengeschäften erhält, nicht die in früheren Jahren entstandenen Verluste aus dem Verkauf der Aktien mindern (→ Beteiligungsveräußerung; → Veräußerungsgewinn). Der BFH ließ im Streitfall offen, ob die Schadensersatzzahlung als nicht steuerbare Entschädigung für den Substanzverlust der Aktien anzusehen war oder als Entschädigung nach § 17 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a oder Buchst. b EStG oder als Gegenleistung für bestimmte Verhaltenspflichten als sonstige Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar ist. Die Schadensersatzleistung ist nicht bereits im Verlustentstehungsjahr, sondern erst im Jahr, als sie tatsächlich zugeflossen ist (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG), zu erfassen.
Mit Urteil vom 17.3.2021 (IV R 20/18, BStBl II 2021, 904) hat der BFH entschieden, dass der Schadensersatzanspruch, der einem Kommanditisten einer gewerblich tätigen Fonds-KG wegen fehlerhafter Angaben im Beteiligungsprospekt zusteht, stpfl. ist (BFH IV R 20/18, Rz. 25).
Nach ständiger Rspr. des BFH gehören zu den gewerblichen Einkünften des Gesellschafters einer PersGes alle Einnahmen und Ausgaben, die ihre Veranlassung in der Beteiligung an der Gesellschaft haben. Erhält danach der Gesellschafter Schadensersatz, so ist dieser als Sonderbetriebseinnahme bei den gewerblichen Einkünften zu erfassen, wenn das schadensstiftende Ereignis mit der Stellung des Gesellschafters als Mitunternehmer zusammenhängt (s. BFH vom 7.11.2018, IV R 20/16, BStBl II 2019, 224, Rz. 46).
Der Kläger hatte vor dem Zivilgericht ein Urteil erstritten, durch das ihm gegen den Ersteller des Beteiligungsprospekts für einen gewerblich tätigen Filmfonds, dem der Kläger als Kommanditist beigetreten war, Schadensersatz wegen fehlerhafter Angaben in dem Prospekt zugesprochen worden war. Anders als das FA war der Kläger der Meinung, dass dieser Anspruch nicht der Besteuerung unterliege.
Der BFH entschied nun, dass auch Ansprüche aus zivilrechtlicher Prospekthaftung, die dem Mitunternehmer einer KG gegen einen Vermittler oder Berater zustehen, weil unzureichende Informationen über eine eingegangene Beteiligung erteilt wurden, der Besteuerung unterliegen. Dies gilt nicht nur für den Schadensersatz aus Prospekthaftung selbst, sondern auch für den Zinsanspruch, den der Kläger für die Dauer seines zivilgerichtlichen Schadensersatzprozesses erstritten hat (s.a. BFH Pressemitteilung Nr. 34/2021 vom 30.9.2021, LEXinform 0461207).
Hinweis:
In den Rz. 26 ff. seines Urteils IV R 20/18 erläutert der BFH die Grundsätze der Prospekthaftung.
Zivilrechtlich dient die Prospekthaftung dem Ausgleich eines Schadens, der durch unzureichende Informationen über eine eingegangene Beteiligung verursacht wurde.
Nach der Rspr. des BGH zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung muss ein Prospekt über ein Beteiligungsangebot den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichten. Eine Haftung für den Inhalt des Prospekts kommt für die Gründer, Initiatoren und Gestalter der Beteiligungsgesellschaft sowie für diejenigen Personen in Betracht, die hinter der Gesellschaft stehen und auf deren Geschäftsgebaren oder die Gestaltung des konkreten Modells Einfluss ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen (z.B. BGH vom 6.3.2008, III ZR 89/06, LEXinform 0960909).
Rechtsfolge einer Prospekthaftung ist der Ersatz des Schadens, den der Geschädigte erlitten hat, weil er den unzureichenden Angaben in dem Prospekt vertraut hat und deshalb eine Wertminderung seiner Beteiligung nicht erkennen oder vorhersehen konnte. Der Kapitalanleger ist danach so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Haftende seiner Aufklärungspflicht nachgekommen wäre. Wenn der Geschädigte dann der Beteiligungsgesellschaft nicht beigetreten wäre, besteht der zu ersetzende Schaden in dem – vollen oder teilweisen – Verlust der geleisteten Einlagen und eines etwaigen Agios. Der Schadensersatzanspruch ist regelmäßig auf eine Rückzahlung des aufgewandten Betrags und den Ersatz etwaiger Folgeschäden gerichtet. Dies erfolgt Zug um Zug gegen die Übertragung der Anlage, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass eine Beteiligung noch werthaltig ist und damit bestehende Vorteile bei dem Geschädigten abgeschöpft werden. Der Vorteilsausgleich des Schadensersatzrechts verlangt zudem die Anrechnung von Ausschüttungen und Zinsvorteilen, die der Geschädigte aus der Anlage erzielt hat.
Auch die steuerrechtlichen Verhältnisse des Geschädigten können nach der Rspr. des BGH die Bemessung seines Schadensersatzanspruchs beeinflussen. So können erlittene steuerrechtliche Nachteile seinen Anspruch erhöhen, aus der Anlage erzielte steuerrechtliche Vorteile können auf seinen Schadensersatzanspruch anzurechnen sein.
Eine Anrechnung ersparter Steuern auf die Schadensersatzleistung unterbleibt jedoch nach der Rspr. des BGH dann, wenn die Schadensersatzleistung ihrerseits zu einer Besteuerung führt, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt. Der BGH nimmt bei der Bemessung des Umfangs des Schadensersatzanspruchs aus bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung eine Einkommensteuerbarkeit der dem Geschädigten gewährten Leistungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder § 16 EStG an. Der Geschädigte muss sich deshalb eine in der Vergangenheit durch Nutzung von Verlustzuweisungen aus der Beteiligung geminderte Steuerlast auch nicht als Vorteilsausgleich auf den Schadensersatzanspruch anrechnen lassen.
Die danach von einem Mitunternehmer erlangte Schadensersatzleistung ist aus einkommensteuerrechtlicher Sicht durch dessen Beteiligung veranlasst. Schadenstiftende Ursache ist der unzureichende Prospekt, weil der Mitunternehmer unzureichend über seine eingegangene Beteiligung informiert wurde und deshalb der Gesellschaft beigetreten ist. Sinkt der Wert der Beteiligung des Mitunternehmers, gewährt der Anspruch aus Prospekthaftung einen Ausgleich für die geleisteten Einlagen und sonstigen betrieblichen Aufwendungen des Mitunternehmers. Zwischen der schadenstiftenden Ursache und der mitunternehmerischen Beteiligung besteht deshalb ein sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang und der Anspruch aus der Prospekthaftung wirkt sich auf die Einkünfte des Mitunternehmers aus (BFH IV R 20/18, Rz. 31).
Nach dem BFH-Urteil vom 12.7.2016 (IX R 33/15, BStBl II 2017, 158) sind Schadensersatzzahlungen eines Dritten für entgangenen Arbeitslohn auch dann als Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG stpfl., wenn sie dafür geleistet werden, dass infolge eines schadensstiftenden Ereignisses kein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen wird (s.a. Anmerkung vom 15.11.2016, LEXinform 0948257).
Verpflichtet sich nach einem Verkehrsunfall eines Gewerbetreibenden die gegnerische Haftpflichtversicherung zur Zahlung einer Verdienstausfallentschädigung in Höhe des Nettoverdienstausfalls sowie zur späteren Übernahme der darauf entfallenden ESt, so handelt es sich nicht nur bei der eigentlichen Abfindung, sondern auch bei der später von der Versicherung nach Vorlage des Einkommensteuerbescheids übernommenen ESt um eine nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerbare Entschädigung »für entgangene und entgehende Einnahmen«. Dass die Schadenersatzleistung nicht in einer einzigen Abfindungsleistung erbracht wurde, ändert nichts an der Steuerpflicht der Gesamtleistung der Versicherung. Erfolgt die Auszahlung in Teilakten in verschiedenen Jahren, scheidet eine ermäßigte Besteuerung aus (FG Baden-Württemberg Urteil vom 20.11.2017, 10 K 3494/15, EFG 2018, 217, LEXinform 5020768, rkr.; s.a. FG Baden-Württemberg Mitteilung vom 28.2.2018, LEXinform 0447902).
Mit Urteil vom 21.3.2017 (5 K 1594/14, LEXinform 5015942, rkr.) hat das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass eine Entschädigung, die ein ArbG seinem ArbN wegen Diskriminierung zahlen muss, auch dann steuerfrei (also kein Arbeitslohn) ist, wenn der ArbG die behauptete Benachteiligung bestritten und sich lediglich in einem gerichtlichen Vergleich zur Zahlung bereit erklärt hat.
Sachverhalt und Entscheidungsgründe:
Gegen die ordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses »aus personenbedingten Gründen« erhob die Klägerin eine Kündigungsschutzklage, mit der sie auch eine Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund ihrer Behinderung begehrte. Wenige Wochen vor der Kündigung hatte das Amt für soziale Angelegenheiten eine Körperbehinderung von 30 % festgestellt. Vor dem Arbeitsgericht schlossen die Klägerin und ihr ArbG sodann einen Vergleich, in dem »eine Entschädigung gem. § 15 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)« i.H.v. 10 000 € vereinbart und das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet wurde.
Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des AGG ist der ArbG nach § 15 Abs. 1 AGG verpflichtet, den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Wird z.B. (wegen Kündigung) entgehender Arbeitslohn ersetzt, handelt es sich um stpfl. Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit. Nach § 15 Abs. 2 AGG hat der ArbG allerdings auch einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist (= immaterielle Schäden), zu ersetzen. Solche Zahlungen (z.B. wegen Mobbings, Diskriminierung oder sexueller Belästigung) haben keinen Lohncharakter und sind deshalb steuerfrei (s.a. FG Rheinland-Pfalz Pressemitteilung vom 25.4.2017, LEXinform 0446349).
Zur Abgrenzung von Arbeitslohn zu nicht steuerbarem Schadensersatz bei der Führung eines unvollständigen Fahrtenbuchs hat der BFH mit Urteil vom 25.4.2018 (VI R 34/16, BStBl II 2018, 600) entschieden, dass die Erfüllung eines Schadensersatzanspruchs eines ArbN gegen seinen ArbG, der auf einer überhöhten Einkommensteuerfestsetzung gegenüber dem ArbN beruht, beim ArbN nicht zu einem Lohnzufluss führt, wenn dem ArbN tatsächlich ein Schaden entstanden ist, die ESt also ohne die Pflichtverletzung oder unerlaubte Handlung des ArbG niedriger festgesetzt worden wäre (Bestätigung von BFH Urteil vom 20.9.1996, VI R 57/95, BStBl II 1997, 144).
Hinweis:
In einem zweiten Rechtsgang wird das FG insbes. zu prüfen haben, ob der ArbG gegenüber dem ArbN dienstrechtlich zur Führung eines Fahrtenbuchs für dessen private ESt verpflichtet war bzw. ob er den ArbN über die Anforderungen, die einkommensteuerrechtlich an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellen sind, belehren, entsprechende Hinweise erteilen oder gar die Eintragungen in dem Fahrtenbuch auf ihre steuerliche Ordnungsmäßigkeit überprüfen musste (s. Anmerkung vom 23.8.2018, LEXinform 0949857).
Wird ein WG des Betriebsvermögens während seiner Nutzung zu privaten Zwecken des Stpfl. zerstört, so tritt bezüglich der stillen Reserven, die sich bis zu seiner Zerstörung gebildet haben, keine Gewinnrealisierung ein. In Höhe des Restbuchwerts liegt eine Nutzungsentnahme vor. Eine Schadensersatzforderung für das während der privaten Nutzung zerstörte WG ist als Betriebseinnahme zu erfassen, wenn und soweit sie über den Restbuchwert hinausgeht (R 4.7 Abs. 1 EStR, BFH Urteil vom 24.5.1989, I R 213/85, BStBl II 1990, 8; → Unfallkosten, → Verlust von Wirtschaftsgütern).
Beispiel 24:
Zum Betriebsvermögen des Stpfl. gehört ein Pkw, der auf 1 € abgeschrieben ist. Diesen Pkw nutzt der Stpfl. auf einer Privatfahrt. Dabei wird der Pkw vollständig zerstört. Der Unternehmer erzielt für den Schrottwert des Pkw noch 300 €. Außerdem erhält er von der Versicherung seines Unfallgegners 40 % des eigenen Schadens (= 1 000 €) ersetzt. Ein Sachverständiger ermittelt den Zeitwert des Pkw unmittelbar vor dem Unfall mit 2 800 €.
Durch den Unfall entstehen dem Stpfl. Mietkosten für einen Ersatz-Pkw i.H.v. 329,22 €, wovon ihm die Versicherung des Unfallgegners 40 % = 131,68 € erstattet.
Lösung 24:
Der Sachverhalt und die Lösung ergeben sich aus dem BFH Urteil vom 24.5.1989 (I R 213/85, BStBl II 1990, 8).
Die Nutzung des zum Betriebsvermögen gehörenden Pkw auf einer Privatfahrt ist nicht als Entnahme der Sache zu beurteilen. Die Nutzung des Pkw einschließlich des dadurch ausgelösten Unfalls ist als eine Nutzungsentnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG anzusehen. Die Entnahmehandlung des Stpfl. ist darin zu sehen, dass er willentlich und wissentlich den Pkw des Betriebsvermögens zu privaten Zwecken nutzt. Darauf, ob der Stpfl. den Unfall wollte oder nicht, kommt es steuerrechtlich nicht an.
Bei der Bewertung einer Nutzungsentnahme müssen stille Reserven außer Betracht bleiben. Die vorgesehene Korrektur findet nur i.H.d. durch die Nutzungsentnahme bewirkten Minderung statt. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und 3 EStG ist die private Nutzung entweder mit der Listenpreismethode oder mit der Fahrtenbuchmethode zu berücksichtigen. Ab dem Kj. 2006 ist die Listenpreismethode auf Fahrzeuge des notwendigen Betriebsvermögens beschränkt (→ Pkw-Nutzung). Für Fahrzeuge des gewillkürten Betriebsvermögens kann auch der Privatanteil geschätzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG).
Der Zeitwert des Pkw vor dem Unfall i.H.v. 2 800 € führt nicht zu einer Gewinnrealisierung und somit nicht zum Ansatz von Betriebseinnahmen.
Der Erlös aus dem Verkauf des zerstörten Pkw i.H.v. 300 € ist als Betriebseinnahme anzusetzen. Ebenso muss die Schadensersatzleistung des Unfallgegners i.H.v. 1 000 € als Betriebseinnahme erfasst werden.
Soweit im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen Mietwagen- und Gutachterkosten angefallen sind, handelt es sich um Betriebsausgaben des Unternehmers, wenn der Mietwagen betrieblich genutzt wird. Die Betriebsausgaben sind netto, d.h. nach Abzug der in Rechnung gestellten Vorsteuer abzusetzen. Die dem Stpfl. als Schadensersatz erstatteten Betriebsausgaben sind dessen Betriebseinnahmen.
Betrieblich/beruflich veranlasste Schadensersatzleistungen sind Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) oder Werbungskosten (§ 9 EStG). Betrieblich veranlasst ist die Schadensersatzleistung, wenn das auslösende Ereignis im Wesentlichen unmittelbar aus der betrieblichen oder beruflichen Betätigung folgt, wie z.B. bei mangelhaften Warenlieferungen oder Werkleistungen. Die Ursache kann auch in einer zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung des Betriebsinhabers liegen (BFH Urteil vom 19.3.1987, IV R 140/84, BFH/NV 1987, 577). Dazu genügt aber nicht, dass die Handlung in irgendeinem Zusammenhang mit der betrieblichen oder beruflichen Betätigung des Inhabers steht. Vielmehr muss das die Schadensersatzpflicht auslösende Ereignis im Wesentlichen unmittelbare Folge der betrieblichen oder beruflichen Betätigung sein. Dies beurteilt sich danach, ob die den Schadensersatz verursachende Handlung noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung lag, oder aber auf privaten, den betrieblichen Zusammenhang aufhebenden Vorgängen beruhte. Verwaltet jemand fremdes Vermögen und verwendet er Teile dieses Vermögens pflichtwidrig für eigene Zwecke, so sind die veruntreuten Beträge keine Betriebseinnahmen und die aufgrund der Veruntreuung geleisteten Schadensersatzbeträge keine Betriebsausgaben (BFH Urteil vom 19.3.1987, IV R 140/84, BFH/NV 1987, 577).
Auch das BFH Urteil vom 17.4.1980 (IV R 207/75, BStBl II 1980, 639) befasst sich mit »betrieblichen« Schadensersatzleistungen. Aufwendungen zur Erfüllung Schadensersatzleistungen Dritter können betrieblich veranlasst sein, wenn der Dritte im Rahmen der Betriebsausübung geschädigt worden ist. Das gilt z.B. für Schadensersatz, den ein Arzt wegen eines von ihm begangenen Kunstfehlers einem Patienten gegenüber leisten muss. Treten bei den Kindern eines Röntgenarztes genetische Strahlenschäden auf, so sind die Aufwendungen des Vaters zur Heilung oder Linderung solcher Schäden keine Betriebsausgaben.
Mit Urteil vom 1.12.2005 (IV R 26/04, BStBl II 2006, 182) nimmt der BFH ausführlich zu der Zuordnung von Unfallschäden, insbes. um die Zuordnung unfallbedingter Schadensersatzleistungen, Stellung. S. dazu → Unfallkosten.
Erhält der Stpfl. Schadensersatz, lässt den Schaden aber nicht beheben, ist der erhaltene Schadensersatz dann steuerfrei, wenn der Stpfl. keine AfaA geltend gemacht hat. Hat er zuvor den Schaden jedoch in Form von AfaA berücksichtigt, dann führt der Schadensersatz, der zum Zwecke des Ersatzes von Werbungskosten gezahlt wird, im Zeitpunkt des Zuflusses zu stpfl. Einnahmen (BFH Urteil vom 1.12.1992, IX R 333/87, BStBl II 1994, 12).
Zur Berücksichtigung von Schadensersatzzahlungen wegen unerlaubter Handlungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit hat der BFH mit Urteil vom 9.2.2012 (VI R 23/10, BStBl II 2012, 829) entschieden, dass regelmäßig eine Vermutung dafür spricht, dass Aufwendungen für aus dem Arbeitsverhältnis folgende zivil- und arbeitsgerichtliche Streitigkeiten einen den Werbungskostenabzug rechtfertigenden hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu den Lohneinkünften aufweisen. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich ArbG und ArbN über solche streitigen Ansprüche im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs einigen.
Schadensersatzzahlungen sind nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn die Schadensersatzzahlungen ganz überwiegend durch die nicht steuerbare Veräußerung des Mietobjekts veranlasst sind. Leistet der spätere Vermieter wegen der Zwangsversteigerung des Mietobjekts Schadenersatz, so führt dies nicht zu abziehbaren Werbungskosten im Rahmen der nachfolgenden Vermietung (BFH Urteil vom 21.8.2012, IX R 21/11, BFH/NV 2013, 22, LEXinform 0928540).
Zur ertragsteuerlichen Behandlung von Schadensersatzzahlungen wegen des Verrats von Betriebsgeheimnissen eines ArbN hat das FG Sachsen mit Urteil vom 29.2.2012 (8 K 959/06, LEXinform 5013794, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. BFH: VI B 61/12) Folgendes entschieden:
Hat ein im Einkauf tätiger leitender Angestellter Betriebsgeheimnisse seines ehemaligen ArbG (u.a. Preislisten, Angebote) unbefugt einem Konkurrenten verraten, an dessen Unternehmen er verdeckt mit knapp 25 % beteiligt war, und wurde das deswegen eingeleitete Strafverfahren u.a. nur deswegen nach § 153a StPO eingestellt, weil der Angestellte sich im Rahmen eines Vergleichs zu einer Wiedergutmachungszahlung von 125 000 € an seinen ehemaligen ArbG verpflichtet hat, so ist der Werbungskostenabzug dieser Zahlung zwar grundsätzlich nicht nach § 12 Nr. 4 EStG ausgeschlossen. Ein Werbungskostenabzug im Rahmen der nichtselbstständigen Einkünfte ist aber ausgeschlossen, wenn die die Schadensersatzzahlungen auslösenden, schuldhaften Handlungen des ArbN auf privaten Umständen beruhen. Solche privaten Umstände sind zu bejahen, wenn der ArbN unbefugt Betriebsgeheimnisse verrät und die für die Schadensersatzzahlung ursächlichen Handlungen somit außerhalb der beruflichen Aufgabenerfüllung des ArbN liegen.
Ein Werbungskostenabzug der Schadensersatzzahlung im Zusammenhang mit der Beteiligung des ArbN von knapp 25 % am Unternehmen des Konkurrenten, einer GmbH, scheidet aus, wenn der ArbN von dieser GmbH niemals Zahlungen erhalten und seine Beteiligung an dem Unternehmen des Konkurrenten zum Nennbetrag an diesen zurückverkauft hat, ohne jemals Gewinnausschüttungen usw. aus der Beteiligung erhalten zu haben.
Hat der ArbN die Weitergabe der Informationen nicht von einer Gegenleistung des Empfängers abhängig gemacht und eine solche auch nicht erhalten, hat er auch keine gewerblichen oder sonstigen Einkünfte erzielt, in deren Rahmen die Schadensersatzzahlung als Betriebsausgaben geltend gemacht werden könnten.
Macht sich der ArbN im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit strafbar, liegen keine Werbungskosten vor, wenn er durch die Tat seinen ArbG bewusst schädigen oder sich bereichern wollte, wie der BFH mit Urteil vom 20.10.2016 (VI R 27/15, BStBl II 2018, 441) entschieden hat.
Im Streitfall war der Kläger Vorstandsmitglied einer AG und war an dieser beteiligt. Aus dieser Aktienbeteiligung floss ihm für das Geschäftsjahr 07 eine Dividendenzahlung zu. Nach der Veräußerung der Beteiligung und dem Ausscheiden aus dem Vorstand wurde der Kläger wegen des Erstellens einer falschen Bilanz zum 31.12.07 strafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Überdies machte die AG zivilgerichtlich Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend. Der Zivilrechtsstreit wurde durch einen Vergleich beendet. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr wollte der Kläger Zahlungen von über 1,2 Mio. € als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigt wissen. FA und FG lehnten dies ab. Die Zahlungen seien nicht beruflich, sondern privat veranlasst, weil der Kläger aus der schädigenden Handlung – insbes. der unrichtigen Darstellung der Vermögensverhältnisse der AG – einen wirtschaftlichen Vorteil gezogen habe.
Der BFH hat diese Rechtsauffassung bestätigt. Die Gewinnausschüttung, an der der Kläger teilhatte, wäre ohne den überhöhten Gewinnausweis, den der Kläger als Vorstand der AG zu verantworten hatte, nicht möglich gewesen. Zudem hat der Kläger dadurch den Wert seiner Beteiligung verfälscht und bei der Veräußerung seiner Aktien einen ansonsten am Markt nicht zu erzielenden Kaufpreis erlangt. In einem solchen Fall werde der Erwerbsbezug von Schadensersatzleistungen an den geschädigten Arbeitgeber und beruflichem Fehlverhalten aufgehoben. Ein Werbungskostenabzug entsprechender Aufwendungen sei damit ausgeschlossen (Pressemitteilung des BFH Nr. 78/2016 vom 21.12.2016, LEXinform 0445614).
Die ertragsteuerrechtliche Behandlung der Schadensersatzleistungen richtet sich nach dem Grund der Gewährung.
Schadensersatzleistungen |
||
für entgangene Einnahmen |
als Ersatz für Werbungskosten |
für eingetretene Vermögensschäden |
Es handelt sich um Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG (s. H 21.2 [Einnahmen, 1. Aufzählungsstrich] EStH); z.B. Zahlungen bei vorzeitiger Kündigung für entstehenden Mietausfall. |
Bis zur Höhe der Schadensersatzleistung liegen keine Werbungskosten vor. Wurden in einem Veranlagungszeitraum die Werbungskosten abgezogen und in einem späteren Veranlagungszeitraum die Aufwendungen erstattet, liegen hier bis zur Höhe der damaligen Werbungskosten Einnahmen vor. |
Die Schadensherleitung führt nicht zu stpfl. Einnahmen. Die Entschädigung gehört wie das Gebäude zur Vermögenssphäre des Stpfl. und führt nicht zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (BFH Urteil vom 1.12.1992, IX R 333/87, BStBl II 1994, 12). |
Abb.: Schadensersatzleistungen bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
Die Schadensersatzleistung (Versicherungsleistung) wird nicht dadurch zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, dass der Stpfl. in früheren Veranlagungszeiträumen die Versicherungsprämien als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 EStG abgezogen hat. Eine Versicherungsentschädigung lässt sich nur insoweit zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung rechnen, als sie zu dem Zwecke gezahlt wird, Werbungskosten zu ersetzen.
Hat der Stpfl. zuvor den Schaden jedoch in Form von AfaA berücksichtigt, dann führt der Schadensersatz, der zum Zwecke des Ersatzes von Werbungskosten gezahlt wird, im Zeitpunkt des Zuflusses zu stpfl. Einnahmen (BFH Urteil vom 1.12.1992, IX R 333/87, BStBl II 1994, 12).
Die Regelungen über die AfA-Bemessungsgrundlage bei nachträglichen HK/AK gelten für nachträgliche Minderungen spiegelbildlich. Das bedeutet: Reduzieren sich im Begünstigungszeitraum nachträglich die HK/AK, so mindert sich die Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen/Sonderabschreibungen ab dem Beginn des Minderungsjahrs (R 7a Abs. 4 Satz 1 EStR).
Die HK/AK können sich nachträglich mindern durch:
Zuschüsse (R 7a Abs. 4 Satz 2 EStR; zur Rückforderung eines Zuschusses s. R 7a Abs. 4 Satz 3 EStR; H 7a [Anzahlung auf Anschaffungskosten] EStH);
Abzüge nach § 6b Abs. 1, 3 EStG;
Minderung (§§ 437, 441 BGB);
Schadensersatz (§§ 437, 440 BGB).
Beispiel 25:
Im Jahr 03 mindern sich nachträglich die Herstellungskosten, der Begünstigungszeitraum soll fünf Jahre sein.
Lösung 25:
Es ergibt sich als AfA-Bemessungsgrundlage für die
Jahre 01–02: ursprüngliche HK,
Jahre 03–05: geminderte HK.
Die Minderung wirkt aber nicht auf die Jahre 01 und 02 zurück.
Entschädigungen, die im Miet- oder Pachtvertrag vorgesehen sind, können je nach Sachlage steuerfreie Einnahmen in der Vermögenssphäre des Vermieters (Verpächters) sein. Die Entschädigung für die Einräumung eines Vormietrechts ist vorweggenommene Einnahme aus Vermietung und Verpachtung, nicht aber die Entschädigung für die Einräumung eines Vorkaufsrechts (v. Reden in Littmann u.a., ESt-Kommentar zu § 21 Rz. 183 ff.). Auch eine Entschädigung dafür, dass sich der Hauseigentümer an ein Verkaufsangebot längere Zeit bindet, ist Zufluss in der Vermögenssphäre und ggf. Teil des Kaufpreises. Entschädigungen des Mieters oder Pächters an den Vermieter oder Verpächter sind dann keine Mieteinnahme, sondern Schadensersatz, wenn der Vermieter einen konkreten Schaden darlegt, der mit dem Miet- oder Pachtverhältnis nichts zu tun hat.
Vertragstrafen, die der Bauherr von Handwerkern usw. wegen verzögerter Fertigstellung des Mietobjekts erhält, sind Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG (→ Entschädigungszahlung), die nicht zu den Herstellungskosten gehören (v. Reden in Littmann u.a., ESt-Kommentar zu § 21 Rz. 186). Zahlungen auf eine im Grundstückskaufvertrag vereinbarte Vertragsstrafe wegen Nichterfüllung sind regelmäßig nicht stpfl. Einkünften zuzuordnen. Sie sind auch nicht den sonstigen Einkünften gem. § 22 Nr. 3 EStG zuzuordnen, weil derartige Zahlungen wegen ihrer engen rechtlichen und wirtschaftlichen Verbindung mit dem Kaufpreisanspruch dem Vermögensbereich zuzurechnen sind. Es handelt sich bei einer solchen vereinbarten Konventionalstrafe wie bei einem Schadensersatzanspruch nach §§ 325 ff. BGB um einen Ersatzanspruch für den ursprünglichen Kaufpreisanspruch. Diese kann daher Teil eines Veräußerungsvorganges sein, mindestens jedoch einen veräußerungsähnlichen Vorgang darstellen. Im Hinblick auf den Charakter der Konventionalstrafe als pauschalierter Schadensersatz für den Fall der Nichterfüllung ist für die Annahme eines Nutzungsentgelts kein Raum.
Entschädigungen für den Verzicht auf Rechte aus langfristigen Miet- oder Pachtverträgen gehören zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Es kommt auch der ermäßigte Steuersatz nach § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 2 Nr. 2 in Betracht.
Schadenersatzleistungen eines Grundstücksverkäufers, die sich konkret auf die Aufwendungen zur Beseitigung von Mängeln beziehen, die vom Grundsatz her als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen sind, führen nicht zu einer Minderung der Anschaffungskosten. Der damit bestehende enge Zusammenhang mit den Erhaltungsaufwendungen wird nicht dadurch gelöst, dass der Käufer bei Kenntnis der Mängel möglicherweise weniger gezahlt hätte. Der Anlass für die Minderung liegt demnach nicht in der Anschaffung. Ein hinreichender wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Grundstückskauf liegt nicht vor (BFH Urteil vom 20.8.2013, IX R 5/13, BFH/NV 2014, 312, LEXinform 0929539; Anmerkung vom 27.2.2014, LEXinform 0944603). Soweit der Aufwand für die Beseitigung versteckter Mängel eines Gebäudes dem Käufer vom Verkäufer im Wege des Schadensersatzes ersetzt wird, entstehen dem Käufer keine Aufwendungen i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG.
Das FG Münster hat mit Urteil vom 15.12.2020 (2 K 2866/18, LEXinform 5023602) zu der Behandlung von Schadensersatzzahlungen wegen Falschberatung im Zusammenhang mi dem Erwerb einer Eigentumswohnung Stellung genommen.
Entscheidungssachverhalt:
Der Kläger erwarb im Jahr 1994 eine Eigentumswohnung, die ihm von einer AG vermittelt worden war. Diese übernahm auch die Finanzierung über ein Vorausdarlehen, zwei Bausparverträge und ein Bauspardarlehen. Das Vorausdarlehen und das Bauspardarlehen löste der Kläger vollständig ab. Wegen vermeintlicher Falschberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung der Eigentumswohnung führte der Kläger gegen die AG einen Zivilprozess und berief sich dabei unter anderem auf die Angabe extrem niedriger Ansparraten. Der Prozess wurde durch einen landgerichtlichen Vergleich beendet, wonach die AG das Objekt verwerten lassen und dem Kläger einen Verlustausgleich zahlen sollte. Dieser umfasste neben anderen Positionen auch entgangene Zinserträge aus der Verzinsung des Bausparguthabens und der Sondertilgungen i.H.v. insgesamt rund 33 000 €. Die entsprechende Zahlung erfolgte im Jahr 2013.
Das FA erfasste den Betrag von 33 000 € als Entschädigung für entgangene Zinseinnahmen des Klägers und damit als Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hatte vollumfänglich Erfolg. Die Zahlung der AG aufgrund des Vergleichs stelle kein Entgelt für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung und auch keine Rückzahlung von Kapitalvermögen dar. Allein die Bezeichnung als »Zinsen« im gerichtlichen Vergleich sei für die steuerrechtliche Einordnung unerheblich. Es handele sich nicht um Wertersatz für von der AG gezogene Nutzungsvorteile, da der Kläger im landgerichtlichen Verfahren nicht die Rückabwicklung der Darlehensverträge beantragt habe. Vielmehr sei die Zahlung als Schadensersatz aufgrund der Falschberatung zu qualifizieren. Dies ergebe sich aus der zivilrechtlichen Klageschrift des Klägers, wonach er seine Ansprüche aus Pflichtverletzungen bei der Aufnahme von Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 BGB) und deliktische Ansprüche (§§ 823 ff. BGB) gestützt habe.
Das FG Münster hat weiter ausgeführt, dass es sich auch nicht um eine Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gehandelt habe. Hierfür sei erforderlich, dass dem Stpfl. Einnahmen einer bestimmten Einkunftsart entgangen seien. Für welche stpfl. Einnahmen des Klägers eine Entschädigung gezahlt worden sein soll, sei jedoch nicht hinreichend bestimmt oder bestimmbar. Der Streitfall sei auch nicht vergleichbar mit Zahlungen von Bausparkassen für die vorzeitige Beendigung hochverzinslicher Bausparverträge. In solchen Fällen werde das positive Interesse der Betroffenen geschützt. Der Kläger sei jedoch so gestellt worden, als ob er mit der AG nicht in Kontakt gekommen wäre, sodass sein negatives Interesse geschützt worden sei.
Bei Entschädigungen (→ Entschädigungszahlung) wegen Körperverletzung ist zu unterscheiden zwischen Beträgen, die den Verdienstausfall ersetzen, und solchen, die als Ersatz für Arzt- und Heilungskosten und die Mehraufwendungen während der Krankheit sowie als Ausgleich für immaterielle Einbußen in Form eines Schmerzensgeldes gewährt werden. Nur soweit entgangene oder entgehende Einnahmen aufgrund der verminderten Erwerbsfähigkeit ersetzt werden, besteht Steuerpflicht i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Dies gilt auch, wenn der Ersatz für entgehende Einnahmen von einem Dritten, hier der Versicherung des Unfallverursachers, gezahlt wird (BFH vom 21.1.2004, XI R 40/02, BStBl II 2004, 716 und vom 12.7.2016, IX R 33/15, BStBl II 2017, 158).
Bei den Einnahmen, deren Ausfall ersetzt werden soll, muss es sich um steuerbare und stpfl. Einnahmen handeln; sie müssen (hypothetisch) einer bestimmten Einkunftsart (§ 2 Abs. 2 EStG) unterfallen. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG schafft keine eigene Einkunftsart. Leistungen, die nicht steuerbare oder steuerfreie Einnahmen ersetzen sollen, sind (auch) nicht nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerbar.
Zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung der Zahlungen für Erwerbsschäden gem. § 842 BGB an einen im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses Erwerbslosen hat der BFH mit Urteil vom 20.7.2018 (IX R 25/17, BStBl II 2020, 188) Stellung genommen (s.a. Anmerkung vom 9.11.2018, LEXinform 0880409).
Erhält ein im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses Erwerbsloser vom Schädiger Ersatz für den verletzungsbedingt erlittenen Erwerbsschaden gem. § 842 BGB, kommt es für die Anwendung von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG darauf an, ob mit der Zahlung
steuerbare und stpfl. Einnahmen (sog. Verdienstausfall) oder
der Wegfall des Anspruchs auf steuerfreie Sozialleistungen wie das Arbeitslosengeld (§ 3 Nr. 2 Buchst. a EStG) oder
das Arbeitslosengeld II (§ 3 Nr. 2 Buchst. d EStG).
ersetzt werden sollen.
Einem Erwerbslosen, der Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezieht, entsteht nach der Rechtsprechung des BGH ein Erwerbsschaden i.S.d. § 842 BGB, wenn er infolge einer Körperverletzung dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung steht und dadurch den Anspruch auf die Arbeitslosenunterstützung verliert. Dem steht nicht entgegen, wenn er aufgrund seiner verletzungsbedingten Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Krankengeld aus der Sozialversicherung in gleicher Höhe erwirbt (BGH vom 20.3.1984, VI ZR 14/82, NJW 1984, 1811; vom 8.4.2008, VI ZR 49/07, NJW 2008, 2185). Dasselbe gilt für Sozialleistungen, die keinen »Lohnersatzcharakter« haben, deren Bezug jedoch voraussetzt, dass der Arbeitslose dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Ein Erwerbsschaden i.S.d. § 842 BGB entsteht deshalb auch demjenigen, der infolge des verletzungsbedingten Wegfalls seiner Erwerbsfähigkeit seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II verliert (BGH vom 25.6.2013, VI ZR 128/12, NJW 2014, 303). Leistet der Schädiger Ersatz für den verletzungsbedingten Wegfall solcher Ansprüche, kommt § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht in Betracht. Der Ersatz des Erwerbsschadens ist in diesem Fall ebenso steuerfrei wie die durch ihn ersetzten Leistungen (BFH IX R 25/17, Rz. 19).
Leistet der Schädiger hingegen Ersatz für erlittenen Verdienstausfall, weil er davon ausgeht, dass der Geschädigte bei ungestörtem Verlauf (alsbald) wieder eine Anstellung gefunden hätte, unterfällt die Zahlung § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls eine eindeutige Zuordnung zu einer bestimmten Einkunftsart in Betracht kommt. Unerheblich ist, dass mangels Vertrags noch keine gesicherte Erwartung auf bestimmte Einnahmen bestand. Nicht nur der Ersatz für »entgangene«, sondern auch für (zukünftig) »entgehende« Einnahmen wird von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG erfasst. Es kommt für die Besteuerung auch nicht darauf an, wie wahrscheinlich die Erzielung der (weggefallenen) Einnahmen bei objektiver Betrachtung war. Maßgeblich ist, dass der Schädiger sie als hinreichend wahrscheinlich erachtet und deshalb Ersatz für zukünftigen Verdienstausfall geleistet hat. Beruht die Leistung auf einer Vereinbarung, muss im Zweifel durch Auslegung unter Berücksichtigung der Umstände, die zum Zustandekommen der Vereinbarung geführt haben, ermittelt werden, ob der Schädiger den zukünftigen Verdienstausfall oder nur den Schaden ersetzen wollte, der darin besteht, dass der Anspruch auf steuerfreie Sozialleistungen weggefallen ist (BFH IX R 25/17, Rz. 20).
Zur Steuerbarkeit einer als »Verdienstausfall« bezeichneten Versicherungsleistung hat der BFH mit Urteil vom 26.5.2020 (IX R 15/19, BFH/NV 2020, 1331, LEXinform 0952342) Stellung genommen.
Entscheidungssachverhalt:
Die im Jahr 1991 geborene Klägerin wurde im Jahr 2003 Opfer eines schweren Autounfalls in der Schweiz und leidet seitdem unter irreversiblen körperlichen und geistigen Folgeschäden (Grad der Behinderung 100; Merkzeichen G, H); aufgrund ihrer Schädigung ist sie zeitlebens nicht in der Lage, eine Ausbildung zu beginnen oder Arbeitseinkommen zu erzielen. Nach langjährigen juristischen Auseinandersetzungen leistete die Versicherungsgesellschaft des Schädigers im Streitjahr u.a. eine als »Verdienstausfall« bezeichnete Zahlung i.H.v. 695 094 €. Es fielen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 57 110 € an.
Das FG vertrat in dem klageabweisenden Urteil die Auffassung, die streitige Versicherungsleistung sei eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG, weil sie einen Erwerbs- und Fortkommensschaden i.S.d. § 842 BGB der Klägerin ausgleichen sollte und von den Beteiligten des zivilrechtlichen Rechtsstreits ausdrücklich als »Verdienstausfall« bezeichnet wurde und damit als Ersatz für entgehende Einnahmen (in Gestalt des in der Zeit vom 28.07.2011 bis zum 67. Lebensjahr fiktiv erzielbaren Erwerbseinkommens) gewährt worden sei. Dass die Klägerin noch nie in einem Arbeitsverhältnis stand und demnach auch noch nie einen Anspruch auf Arbeitslohn hatte, führe zu keinem anderen Ergebnis.
Die festgesetzte Steuer belief sich im Streitjahr auf ca. 262 000 €.
Entscheidungsbegründung des BFH:
Soweit Leistungen des Schädigers zivilrechtlich einen Erwerbs- und Fortkommensschaden des Geschädigten ausgleichen sollen, ist stets zu prüfen, ob die Zahlung unmittelbar dazu dient, diesen Schaden durch den Ersatz steuerbarer und steuerpflichtiger Einnahmen zu ersetzen; das bedeutet, dass zwischen Entschädigung und entgangenen Einnahmen eine kausale Verknüpfung bestehen muss. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist der Ersatz des Erwerbs- und Fortkommensschadens ebenso steuerfrei wie die durch ihn ersetzten Leistungen (vgl. BFH vom 20.7.2018, IX R 25/17, BStBl II 2020, 188, zur Entschädigung wegen Erwerbsunfähigkeit bei Arbeitslosigkeit).
Vor diesem Hintergrund konnten die Vereinbarungen der an der Schadensregulierung Beteiligten – trotz der Bezeichnung der der Klägerin gewährten Versicherungsleistung als »Verdienstausfall« – nicht schlüssig dahin gedeutet werden, dass damit Ersatz für steuerbare inländische Einnahmen aus einer konkreten Einkunftsquelle (i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG) gezahlt werden sollte. Vielmehr stellte der der Klägerin zugeflossene, für eine rein hypothetische Erwerbstätigkeit gezahlte »Verdienstausfall« lediglich Ersatz für die der Klägerin genommene Möglichkeit, sich überhaupt für ein Erwerbsleben zu entscheiden oder ein solches anzustreben, dar. Es fehlte hiernach an der nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG erforderlichen kausalen Verknüpfung zwischen der nach Schweizer Recht gewährten Entschädigung und entgangenen steuerbaren Einnahmen.
Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung kommt sowohl den Vereinbarungen der Beteiligten, deren Auslegung (§§ 133, 157 BGB) wie auch den weiteren Umständen des Einzelfalles Indizwirkung zu (BFH vom 20.7.2018, IX R 25/17, BStBl II 2020, 188).
Zu berücksichtigen ist bei der Gesamtwürdigung, dass nicht ohne weiteres davon auszugehen ist, dass ein geschädigter Stpfl. eine Leistung als hinreichenden »Ersatz für entgehende Einnahmen« angenommen hätte, wenn über den Ersatz des »Steuerschadens« (ca. 262 000 €) keine vertragliche Vereinbarung (sog. Bruttoabfindungsvereinbarung) mit dem Schädiger getroffen worden wäre (Anmerkung vom 21.10.2020, LEXinform 0889801).
Zur Steuerbarkeit von Schadensersatzrenten s. das BMF-Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 15.7.2009, BStBl I 2009, 836). Das BMF-Schreiben vom 15.7.2009 ersetzt das BMF-Schreiben vom 8.11.1995 (BStBl I 1995, 705).
Bei allen nicht einkunftsbezogenen Schadensersatzrenten (→ Renten) ist keine Besteuerung durchzuführen.
§ 843 Abs. 1 1. Alt. BGB |
§ 843 Abs. 1 2. Alt. BGB |
§ 253 Abs. 2 BGB (früher: § 847 BGB) |
§ 844 Abs. 2 BGB |
§ 845 BGB |
Erwerbsunfähigkeitsrente |
Mehrbedarfsrente (→ Unfallversicherung) |
Schmerzensgeld oder Schmerzensgeldrente (→ Unfallversicherung) |
Rente für den Verlust von Unterhaltsansprüchen |
Rente für den Verlust von gesetzlich geschuldeten Diensten |
Renten sind weder als Leibrenten noch als sonstige Bezüge steuerbar. |
Abb.: Schadensersatzrenten
Eine Rente aus der gesetzlichen → Unfallversicherung ist gem. § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerfrei.
Mit Urteil vom 26.11.2008 (X R 31/07, BStBl II 2009, 651) hat der BFH entscheiden, dass Schadensersatzrente nach § 844 Abs. 2 BGB, die den durch den Tod des Ehegatten eingetretenen materiellen Unterhaltsschaden ausgleicht, nicht der Einkommensteuerpflicht nach § 22 Nr. 1 EStG unterliegt. Der Besteuerungstatbestand des § 22 Nr. 1 EStG ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn die Leistungen andere steuerbare Einnahmen ersetzen, im Falle der Korrespondenz (Realsplitting, dauernde Last) unabhängig von der Geltung eines allgemeinen Prinzips, sowie in Fällen, in denen die Zahlungen einen Zinsanteil enthalten. Eine Steuerbarkeit wegen der äußeren Form kennt das Einkommensteuerrecht nicht. Ist eine Leistung als Einmalzahlung nicht steuerbar, wird sie es nicht dadurch, dass sie als zeitlich gestreckt vereinbart wird.
Die Abziehbarkeit beim Leistenden und die Besteuerung des Geleisteten beim Empfänger sind zwei verschiedene, voneinander unabhängige Vorgänge. Da die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit das die Einkommensbesteuerung rechtfertigende, bestimmende und von Verfassungs wegen begrenzende Prinzip ist, sind Schadensersatzleistungen beim Verpflichteten abziehbar, wenn sie betrieblich oder beruflich veranlasst sind und seine Leistungsfähigkeit mindern. Ob der Empfänger der Leistungen diese versteuern muss, ist unerheblich.
In den einzelnen Rentenleistungen ist kein stpfl. Zinsanteil enthalten. Wird ein Vermögensanspruch in wiederkehrenden Leistungen erfüllt, umfassen diese zwar grundsätzlich von Beginn an einen Zinsanteil. Insoweit sind dieselben Grundsätze wie bei langfristiger Stundung eines Zahlungsanspruchs anwendbar; dort beinhaltet die jeweilige Teilleistung einen Zinsanteil. Dies ist indessen nicht auf Unterhaltsrenten nach § 844 Abs. 2 BGB übertragbar. Ansprüche auf die einzelnen Leistungen entstehen von Gesetzes wegen sukzessiv (vgl. § 844 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BGB). Nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann der Unterhaltsberechtigte vom Schädiger eine Abfindung in Kapital verlangen (§ 844 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 843 Abs. 3 BGB). Der Ersatzverpflichtete hat kein Recht, den unterhaltsberechtigten Dritten in Kapital abzufinden. Daher ist die Vorstellung, die Schadensersatzrente enthalte wirtschaftliche Elemente einer darlehensähnlichen Überlassung von Kapital, verfehlt. Mit dem Ertragsanteil steuerbar wäre nur die vertragliche Verrentung eines der Höhe nach feststehenden Schadensersatzanspruchs; durch die Vereinbarung einer zeitlichen Streckung überlässt der Gläubiger dem Schädiger Kapital zur Nutzung.
Nach dem BMF-Schreiben vom 15.7.2009 (BStBl I 2009, 836) sind die Grundsätze des BFH Urteils vom 26.11.2008 (X R 31/07, BStBl II 2009, 651) auch auf Ersatzansprüche wegen entgangener Dienste nach § 845 BGB anwendbar. Die Schadenersatzrente nach § 845 BGB erhöht ebenso wie die Unterhaltsrente nach § 844 Abs. 2 BGB nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Empfängers.
Forster, Schadensersatz ungleich Schadensersatz?, UR 2001, 199; Hummel, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung einer Wertminderungsentschädigung, UR 2006, 614; Weimann, Reparatur autohauseigener Fahrzeuge als bloßer (nichtsteuerbarer) Schadensersatz, UStB 2008, 352; Klein, Die steuerliche Behandlung des Schadensersatzes, Steuer & Studium 2010, 209; Lütke, Schadensersatz nach Urheberrechtsgesetz und Umsatzsteuergesetz, UR 14/2016, 537; Moser, Die USt als Schadensersatzposition im Rahmen der Verkehrsunfallregulierung, NWB 3/2020, 187; Pflaum, Die Abgrenzung von Änderung der Bemessungsgrundlage und steuerfreiem Schadensersatz bei Mängelansprüchen nach Kauf- und Werkvertragsrecht, UR 2020, 288; Grambeck, Umsatzsteuerliche Behandlung von Leistungsstörungen infolge der Corona-Krise – Stornogebühren bei Rückabwicklung von Verträgen: echter Schadensersatz oder Leistungsentgelt? –, NWB 21/2020, 1532; von Streit u.a., Entgelt oder Schadensersatz? Oder: Die Mehrwertsteuer auf dem Weg zur Verkehrssteuer? – Eine Darstellung am Beispiel von Zahlungen bei Auflösung und Nichterfüllung von Verträgen –, UR 2020, 525; Vobbe u.a., Eine Kurzanalyse zum BMF-Schreiben vom 1.10.2021, UStB 11/2021, 365; Grambeck, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Abmahnungen, NWB 26/2022, 1865; Grommes, Der fremdverschuldete Verkehrsunfall aus umsatzsteuerrechtlicher und schadensrechtlicher Sicht, UR 2022, 614; Hoeveler, Grundzüge der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Schadensersatz, UR 2023, 857.
→ Renten
Redaktioneller Hinweis:
Steuerspar-Tipps, wichtige Fristen und Termine – alles im Blick.
Zum Newsletter anmelden