1 Systematische Stellung der Sonderausgaben
2 Sonderausgaben als Aufwendungen
2.1 Wirtschaftliche Belastung
2.2 Zeitpunkt des Sonderausgabenabzugs
2.3 Persönliche Abzugsberechtigung
2.4 Einzelne Sonderausgaben
2.4.1 Unterhaltsleistungen
2.4.2 Renten und dauernde Lasten
2.4.3 Vorsorgeaufwendungen
2.4.3.1 Basisversorgung
2.4.3.2 Grundförderung
2.4.3.3 Gemeinsame Voraussetzungen für den Abzug von Vorsorgeaufwendungen
2.4.3.4 Von privat Versicherten freiwillig selbst getragene Krankenbehandlungskosten
2.4.4 Gezahlte Kirchensteuer
2.4.5 Kinderbetreuungskosten
2.4.6 Steuerberatungskosten
2.4.7 Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung
2.4.7.1 Kosten der ersten Berufsausbildung
2.4.7.2 Studiumskosten
2.4.7.3 Aufteilung von Kosten in Betriebsausgaben/Werbungskosten und Sonderausgaben
2.4.7.4 Verhältnis zu den außergewöhnlichen Belastungen
2.4.8 Schulgeld
2.4.9 Verrechnung erstatteter Sonderausgaben
2.4.10 Abzug von Altersvorsorgebeiträgen nach § 10a EStG
2.4.10.1 Günstigerprüfung
2.4.10.2 Formloses Wahlrecht zur Ausübung des Sonderausgabenabzugs
2.4.10.3 Gesonderte Feststellung der über den Zulageanspruch hinausgehenden Steuermäßigung gem. § 10a Abs. 4 EStG
2.4.11 Ausgaben zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke
2.4.11.1 Mitgliedsbeiträge und Spenden an politische Parteien
2.4.11.2 Ausgaben zur Förderung der sonstigen steuerbegünstigten Zwecke
2.4.11.3 Sonderausgaben-Pauschbetrag nach § 10c EStG
3 Literaturhinweise
4 Verwandte Lexikonartikel
Sonderausgaben sind private Ausgaben, die nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer der sieben Einkunftsarten stehen. Anders als die BA und die WK dienen sie kraft Definition nicht der Einkünfteerzielung und sind Erstgenannten subsidiär abzugsfähig (»Sonderausgaben sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind […]«; vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG). Von den sonstigen privaten Ausgaben unterscheiden sich die Sonderausgaben wiederum dadurch, dass sie bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (wegen der Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Stpfl.) berücksichtigt werden.
In § 12 EStG sind sie bei den nicht abzugsfähigen Ausgaben deshalb ausdrücklich ausgenommen (»Soweit in den §§ […] 10 Abs. 1 Nr. 1, 2 bis 5, 7 und 9, §§ 10a, 10b […] nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden […]«). Sonderausgaben mindern die steuerliche Belastung, da sie gem. § 2 Abs. 4 EStG zur Ermittlung des Einkommens zusammen mit den außergewöhnlichen Belastungen (agB) von dem Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden dürfen.
Neben den Sonderausgaben stellen die in den §§ 32, 32a EStG geregelten Kinder- und Grundfreibeträge sowie die außergewöhnlichen Belastungen das indisponible Einkommen von der Besteuerung durch den Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte frei. Weitere Abzugsbeträge, die systemwidrig als Sonderausgaben ausgestaltet worden sind, aber nicht notwendig das indisponible Einkommen betreffen, stellen die Abzugsbeträge der §§ 10f und 10g EStG dar. Sie sind im Abschnitt Sonderausgaben geregelt, aber nur »wie Sonderausgaben« abziehbar.
Sonderausgaben sind gem. § 10 Abs. 1 EStG »Aufwendungen«. Unter Aufwendungen wird die tatsächliche Zahlung verstanden; außerdem muss mit der Zahlung im Ergebnis eine tatsächliche und endgültige wirtschaftliche Belastung für den Stpfl. verbunden sein. Das Einkommensteuergesetz enthält keine allgemeine Definition der Sonderausgaben. Sie sind abschließend im Gesetz aufgezählt (Enumerationsprinzip, BFH-Urteil vom 4.2.2010, X R 10/08, BStBl II 2010, 617).
Somit stellen folgende in § 10 EStG kodifizierte Aufwendungen Sonderausgaben dar:
Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, landwirtschaftlichen Alterskasse und berufsständigen Versorgungseinrichtungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG),
Beiträge zum Aufbau einer kapitalgedeckten Altersversorgung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Doppelbuchst. aa) sowie darin enthaltene Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung (Doppelbuchst. bb),
Beiträge zur Krankenversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG) zur Abdeckung der Basisversorgung,
Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EStG),
Beiträge zur Krankenversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG) zur Abdeckung über die Basisversorgung hinausgehender Leistungen sowie für Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, privaten Unfallversicherung, Haftpflichtversicherung sowie Renten- und Kapitallebensversicherungen, die vor dem 1.1.2005 abgeschlossen wurden,
gezahlte Kirchensteuer, sofern diese nicht als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer einbehalten worden ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG),
zwei Drittel der anfallenden Kinderbetreuungskosten bis maximal 4 000 €/Jahr (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG),
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis 6 000 €/Jahr (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG),
30 % des aufgewendeten Schulgeldes bis maximal 5 000 €/Jahr (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG).
Die tatsächliche Zahlung ist Voraussetzung für den Sonderausgaben-Abzug (vgl. H 10.1 EStH »Abzugshöhe/Abzugszeitpunkt«) und bereitet im Regelfall keine Probleme, beispielsweise beim Abzug gezahlter KiSt gem. § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Erstattet der ArbN seinem ArbG im Rahmen eines Gesamtschuldnerausgleichs die für ihn an das Finanzamt im Rahmen der Haftung nach EStG gezahlten Lohnkirchensteuern, handelt es sich nach dem BFH-Urteil vom 23.8.2023, X R 16/21, BStBl II 2024, 58, nicht um WK bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, da der hierfür erforderliche objektive Zusammenhang mit dem Beruf fehlt. Die an den ArbG geleistete Erstattung ist danach jedoch als Sonderausgabe (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG) abziehbar, weil sie als Zahlung auf die eigene Kirchensteuerschuld des ArbN anzusehen ist.
Problematisch ist der Abzug von Sonderausgaben für den Einsatz von Wirtschaftsgütern, deren Nutzung sich auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt. Die Anschaffung des Wirtschaftsguts führt nicht zu Ausgaben, da der Stpfl. für den Kaufpreis eine Gegenleistung erhält. Bei der Ermittlung der Einkünfte wird der anschließende Werteverzehr durch die Absetzungen für Abnutzung (AfA) berücksichtigt (BA gem. §§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und § 7 EStG oder WK gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG).
Für die Sonderausgaben fehlt eine entsprechende Vorschrift. Der BFH hat deshalb festgestellt, dass ein anteiliger Abzug nicht möglich sei. Von diesem Grundsatz hat er in einer Entscheidung des BFH vom 7.5.1993 (VI R 113/92, BStBl II 1993, 676) eine Ausnahme gemacht.
Beispiel 1: Das teure Notebook
Die Stpfl., die für den Erwerb eines berufsqualifizierenden Abschlusses ein Erststudium absolviert, schaffte am 1.12. des VZ 2022 ein Notebook mit AK i.H.v. 3 000 € an. Im ESt-Bescheid für den VZ 2022 berücksichtigte das FA erklärungsgemäß andere Sonderausgaben i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.H.v. 6 000 €. Bei der Veranlagung für den VZ 2023 lehnte das FA den jetzt i.H.v. 1 000 € für das Notebook geltend gemachten Sonderausgaben-Abzug ab.
Bei den Kosten für die Berufsausbildung i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG können die Absetzungen für Abnutzung verteilt über die Nutzungsdauer geltend gemacht werden. Dieses Ergebnis begründet der BFH mit einem Vergleich zu Fortbildungskosten in einem ausgeübten Beruf. Dort werden die Absetzungen als BA oder WK berücksichtigt. Da die Aufwendungen bei den Aus- und Fortbildungskosten wesensgleich seien und eine Gleichbehandlung hier dem Zweck des Sonderausgaben-Abzugs entspreche, seien die Vorschriften über die AfA sinngemäß anzuwenden.
Lösung 1:
Der Werteverzehr beim Notebook führt nicht zu (vorweggenommenen) WK. Insofern kommt nur die Berücksichtigung als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in Betracht. Grundsätzlich können Absetzungen für Abnutzung nicht als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Da das Notebook aber für die Berufsausbildung eingesetzt wird und die daraus resultierenden Aufwendungen den als WK zu berücksichtigenden Fortbildungskosten in einem ausgeübten Beruf wesensverwandt sind, müssen die Absetzungen für Abnutzung auch im zweiten Nutzungsjahr als Sonderausgaben anerkannt werden, allerdings nur bis zum Höchstbetrag von 6 000 €.
Hinweis:
Mit Urteil vom 12.2.2020 (VI R 17/20 = VI R 64/12, BStBl II, 719) hat der BFH entschieden, dass Aufwendungen für ein Erststudium, das eine Erstausbildung vermittelt, gem. § 9 Abs. 6 EStG ab dem VAZ 2004 nicht mehr als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn das Studium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Der BFH greift damit die entsprechende Entscheidung des BVerfG vom 19.11.2019, 2 BvL 22/14, BGBl I 2022, 413 auf.
Zahlungen sind nicht abziehbar, wenn der Stpfl. durch sie nicht wirtschaftlich belastet ist, beispielsweise, weil er eine Gegenleistung erhält.
Beispiel 2: Grabpflegeaufwendungen
Die Klägerin hatte von ihrer Mutter zwei Einfamilienhäuser geerbt, mit denen sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Gleichzeitig begehrte sie den Abzug von Grabpflegeaufwendungen als dauernde Last bei den Sonderausgaben.
Lösung 2:
Der BFH lehnte den Abzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG (jetzt: § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG) als dauernde Last ab, weil wirtschaftlich keine Belastung vorliege, solange die Aufwendungen aus einer hierfür empfangenen Gegenleistung erbracht werden können. Etwas anderes gelte nur für Vermögensübertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, wo nach dem Willen des Gesetzgebers keine Verrechnung stattfinde (BFH-Urteil vom 4.4.1989, X R 14/85, BStBl II 1989, 779; s.a. FG Berlin-Brandenburg vom 9.4.2008, 8 K 8238/07, zu Steuerberatungskosten für die ErbSt-Erklärung m.w.N., EFG 2008, 1952, bestätigt mit BFH-Urteil vom 14.10.2009, X R 29/08, BFH/NV 2010, 848). An der wirtschaftlichen Belastung fehlt es auch bei willkürlichen Zahlungen oder Zahlungen, für die offensichtlich keine Rechtspflicht besteht.
Mit Gültigkeit ab dem VZ 2008 können auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen, die nicht mit den Einkünften in Verbindung stehen und bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, als Sonderausgaben abgezogen werden. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass der Empfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist und die Versorgungsleistung mit einer der abschließend in § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG aufgezählten Vermögensübertragungen in Zusammenhang stehen. Beim Zahlungsempfänger sind die Zahlungen als sonstige Einkünfte zu versteuern. Weitere Voraussetzung für den Abzug als Sonderausgabe ist die Angabe der Identifikationsnummer des Empfängers zur materiell-rechtlichen Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug beim Leistenden (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 4 EStG).
Beispiel 3: Versehentliche Festsetzung
Der Kläger war aus der Kirche ausgetreten. Das FA setzte die KiSt-Vorauszahlungen für den VZ 2022 auf null herab. Für das II. bis IV. Quartal des folgenden VZ 2023 wurden versehentlich wieder Vorauszahlungen für die KiSt festgesetzt. Die von dem Kläger gezahlten Beträge wurden in 2024 erstattet.
Lösung 3:
Das FA berücksichtigte die Zahlungen nicht als gezahlte KiSt i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG im VZ 2023. Die hiergegen erhobene Klage beim Finanzgericht war ohne Erfolg. Der Kläger war durch die Zahlung im Jahr 2023 nicht wirtschaftlich belastet, da im Zeitpunkt der Zahlung offensichtlich war, dass die Zahlung zurückgefordert werden kann. Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG (BFH vom 22.11.1974, VI R 138/72, BStBl II 1975, 350).
Sonderausgaben sind gem. § 11 Abs. 2 EStG in dem Jahr abzuziehen, in dem sie geleistet worden sind. Nicht gesetzlich geregelt ist die Frage, wie Erstattungen von Sonderausgaben zu behandeln sind, die insbes. bei den Versicherungsbeiträgen i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EStG und der KiSt (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG) vorkommen. Entsprechend dem Grundsatz, dass Sonderausgaben nur bei einer wirtschaftlichen Belastung des Stpfl. vorliegen, müssen diese Erstattungen die abzugsfähigen Sonderausgaben mindern. Zur Verrechnung siehe § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG und Tz. 2.4.9.
Zeitlich gilt Folgendes: Ist bereits im Zeitpunkt der Zahlung offensichtlich, dass es zu einer Erstattung kommt, insbes. bei willkürlichen Zahlungen, ist der Abzug von vornherein im VZ der Zahlung mangels wirtschaftlicher Belastung zu versagen. In allen anderen Fällen werden Erstattungen von der Finanzverwaltung zunächst mit Sonderausgaben verrechnet, die in den VZ der Erstattung fallen.
Die Finanzrechtsprechung billigt dies aus Gründen der Praktikabilität, allerdings nur soweit es sich um gleichartige Sonderausgaben handelt. Erst wenn eine Kompensation mangels verrechenbarer gleichartiger Sonderausgaben nicht oder nicht vollständig möglich ist, ist der Sonderausgaben-Abzug rückwirkend im Jahr der Zahlung zu kürzen. Der Bescheid für das Abzugsjahr ist insoweit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern, da die spätere Erstattung der zunächst als Sonderausgaben abgezogenen Beträge ein rückwirkendes Ereignis darstellt.
Sonderausgaben setzen eine wirtschaftliche Belastung voraus. Persönlich abzugsberechtigt ist dementsprechend, wer durch die Ausgabe wirtschaftlich belastet ist. Probleme bereitet dies dann, wenn Dritte die Zahlung übernehmen, beispielsweise die Ausbildungskosten nicht von dem Auszubildenden, sondern von dessen Eltern getragen werden. Der Begünstigte kann sie als eigene Sonderausgaben abziehen, wenn ihm die Zahlungen als eigene Belastung zugerechnet werden können. Selbst direkte Zahlungen des Dritten können Sonderausgaben des Begünstigten sein, wenn es sich lediglich um einen abgekürzten Zahlungsweg handelt. Ein Problem bleiben die Sonderausgaben, die aufgrund eines schuldrechtlichen Vertrages gezahlt werden, insbes. die Versicherungsbeiträge i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EStG. Die Finanzverwaltung erkennt den Sonderausgaben-Abzug hier nur an, wenn der Stpfl. auch der Vertragspartner des Versicherers ist.
Beispiel 4: Kfz-Haftpflicht
Wegen des günstigeren Schadensfreiheitsrabattes schließen die Eltern für ihr Kind eine Kfz-Haftpflichtversicherung für das von ihm mitbenutzte Auto ab. Die Versicherungsprämien zahlt das Kind aber selbst an den Versicherer.
Nach der Verwaltungsauffassung können nur die Eltern die Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben geltend machen, weil sie Versicherungsnehmer sind. Sie sind aber nicht wirtschaftlich belastet, da ihr Kind die Prämien trägt. Das Kind erbringt die Versicherungsbeiträge im eigenen Interesse. Es will den Eltern die Mittel für die Prämien deshalb auch nicht mittels abgekürzten Zahlungsweges zuwenden. Der Sonderausgaben-Abzug durch die Eltern scheidet damit in jedem Fall aus. Fraglich ist, ob das Kind die Versicherungsprämien geltend machen kann. Das wäre der Fall, wenn neben dem »abgekürzten Zahlungsweg« auch ein »abgekürzter Vertragsweg« anzuerkennen wäre und die Zahlungen deshalb dem Kind zugerechnet werden könnten. Die Rspr. des BFH zum Drittaufwand sieht allerdings bei Dauerschuldverhältnissen keinen Raum für einen abgekürzten Vertragsweg. Die Finanzverwaltung lehnt den abgekürzten Vertragsweg als Grundlage für die Zurechnung von Sonderausgaben oder agB ausdrücklich ab (vgl. BMF-Schreiben vom 7.7.2008, IV C 1 – S 2211/07/10007, BStBl I 2008, 717).
Lösung 4:
Nach Auffassung der Finanzverwaltung handelt es sich nicht um Sonderausgaben des Kindes, weil es eben nicht Vertragspartner des Versicherers ist.
Kein Problem mit Drittaufwand besteht zwischen Ehegatten sowie Lebenspartnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, die nach § 26b EStG zusammen veranlagt werden. Da die Ehegatten / Lebenspartner gemeinsam als ein Stpfl. behandelt werden, kommt es nicht darauf an, wer von ihnen die Ausgaben tatsächlich getragen hat (R 10.1 EStR).
Der BFH hat die Anforderungen an den Sonderausgabenabzug der Eltern bei Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen der Kinder in seinem Urteil vom 13.3.2018 (X R 25/15, BStBl II 2019, 191) wie folgt konkretisiert: Soweit Steuerpflichtige aufgrund einer Unterhaltsverpflichtung die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des Kindes übernehmen, können sie diese als eigene Beträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG als Sonderausgaben absetzen. Grundlage hierfür ist die Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber ihren Kindern, die als zwingende Tatbestandsvoraussetzung positiv festzustellen ist. Die Erstattung der Beiträge an die Kinder ist ausschließlich im Wege des Barunterhalts möglich. Ebenfalls als Sonderausgabe abzugsfähig bei den Eltern sind die vom Arbeitgeber des Kindes von der Ausbildungsvergütung des Kindes einbehaltenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, soweit die Eltern dem Kind diese Beiträge erstattet haben. Die Verwaltungsauffassung geht darüber hinaus und lässt nach R 10.4 Satz 1 EStR die Unterstützung der Eltern auch durch Sachleistungen (z.B. Unterkunft und Verpflegung) zu, um eigene Beiträge des Kindes bei den Eltern zu berücksichtigen.
Hinweis:
Bei beschränkt Stpfl. ist zu beachten, dass der Abzug von Sonderausgaben eingeschränkt oder für bestimmte Sonderausgaben ganz ausgeschlossen ist (§ 50 Abs. 1 Satz 3 ff. EStG). Die Ausnahme des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG ist zu beachten. Diese Einschränkung gilt allerdings für Stpfl. aus der Europäischen Union wegen Verstoßes gegen die europäischen Grundfreiheiten regelmäßig nicht (vgl. BFH vom 20.9.2006, I R 113/03, BFH/NV 2007, 220). Aus dem Ausland geleistete Sonderausgaben sind absetzbar, wenn die persönlichen Voraussetzungen vorliegen. Ebenso können Sonderausgaben in das Ausland geleistet werden, wenn das Gesetz keine Einschränkungen vorsieht.
Bei dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten besteht regelmäßig eine Unterhaltsverpflichtung des einen sowie eine Unterhaltsberechtigung des anderen Ehegatten nach bürgerlichem Recht, wenn die Unterhaltsverpflichtung nicht aufgrund eines Ehevertrages oder wegen fehlender Bedürftigkeit ausgeschlossen ist. Der Abzug von Unterhaltsleistungen gem. § 10 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 EStG soll u.a. einen Ausgleich dafür schaffen, dass durch die dauerhafte Trennung oder Scheidung die Vorteile des Splittingtarifs entfallen. Es hat sich daher der Begriff des sog. »begrenzten Realsplittings« eingebürgert. Da der Abzug gegenwärtig auf 13 805 € im Kalenderjahr beschränkt ist, wird von begrenztem Realsplitting gesprochen. Über diesen Höchstbetrag hinaus als Sonderausgaben abziehbar sind die vom Unterhaltsverpflichteten tatsächlich geleisteten Beträge für die Kranken- und Pflegepflichtversicherung des Unterhaltsempfängers, sofern diese tatsächlich für eine entsprechende Absicherung des geschiedenen oder dauernd getrenntlebenden Ehegatten aufgewandt werden. Unterhaltsleistungen sind nicht automatisch abzugsfähig. Voraussetzungen sind gem. § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG ein Antrag des Verpflichteten und die Zustimmung des Empfängers. Durch das Zustimmungserfordernis soll der Empfänger vor wirtschaftlichen Nachteilen geschützt werden, da die Zahlungen bei ihm zu Einkünften gem. § 22 Nr. 1a EStG führen. Allerdings hat der Unterhaltsverpflichtete einen zivilrechtlichen (nicht steuerrechtlichen!) Anspruch auf Zustimmung, wenn dem Berechtigten keine Nachteile aus der Zustimmung erwachsen oder diese ausgeglichen werden (BGH-Urteil vom 23.3.1983, IVb ZR 369/81, NJW 1983, 1545). Der Anspruch auf die Zustimmung kann bei den Zivilgerichten eingeklagt werden. Die Erteilung der Zustimmung selbst durch den Zahlungsempfänger ist dagegen eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung (vgl. BFH-Urteil vom 25.10.1988, IX R 53/84, BStBl II 1989, 192). Die aufgewendeten Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts durch den Unterhaltsempfänger sind nach dem BFH-Urteil vom 18.10.2023 (X R 7/20, BStBl II 2024, 288) privat veranlasst und stellen keine (vorweggenommenen) WK bei den späteren Unterhaltseinkünften i.S.d. § 22 Nr. 1a EStG dar.
Beispiel 4a: Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben I (Auszug aus der Steuerberaterprüfung 2009)
D ist seit dem 20.9.2006 rechtskräftig von seiner ersten Ehefrau E geschieden. Seine gerichtlich festgesetzten Unterhaltsleistungen betragen im VZ 2023 monatlich 1 100 €. Seinen Verpflichtungen ist D immer fristgerecht nachgekommen. Herr D beantragt für den VZ 2023 den Abzug der Unterhaltsaufwendungen als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastung. Für Frau E liegt keine »Anlage U« vor.
Lösung 4a:
Die Unterhaltsleistungen an seine geschiedene Frau könnten als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG abgezogen werden, wenn D dies mit Zustimmung seiner Ex-Frau beantragt. Für den Abzug der Unterhaltsleistungen liegt zwar ein Antrag von D, aber keine Zustimmung von E vor. Somit können diese nicht als Sonderausgaben abgezogen werden.
Weitere gesetzliche Voraussetzung ist, dass der Empfänger grundsätzlich unbeschränkt stpfl. ist, er die Zahlungen mithin auch im Inland versteuert (Ausnahmen für Staatsangehörige von EU- und EWR-Staaten schafft in diesem Punkt § 1a Abs. 1 EStG). Die Anforderung entspricht dem Verständnis von einem Realsplitting als Ausgleich für den Wegfall des Splittingtarifs. Aus Sicht des Unterhaltsverpflichteten ist die Anforderung verfehlt, da seine Aufwendungen unabhängig von der steuerlichen Behandlung beim Empfänger zu indisponiblen Privatausgaben führen und schon deshalb Sonderausgaben sein müssten.
Beispiel 4b: Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben II (Fall angelehnt an Steuerberaterprüfung 2009)
Auch die zweite Ehe von Herrn D hielt nicht lange: D wurde am 30.9.2019 rechtskräftig von seiner zweiten Frau F geschieden, um nun seine vermeintliche Traumfrau zu heiraten. Die Unterhaltsverpflichtung beträgt im VZ 2023 monatlich 1 200 €. F ist in 2020 nach Liechtenstein verzogen. Der Einkommensteuererklärung des D liegt eine von Frau F unterschriebene »Anlage U« bei, ebenso wie eine Bescheinigung des Finanzamtes von Vaduz (Liechtenstein), aus der hervorgeht, dass Frau F die erhaltenen Zahlungen dort versteuert.
Lösung 4b:
Da Frau F auf der »Anlage U« unterschrieben und ihre Zustimmung erteilt hat, ist die erste Voraussetzung des § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG erfüllt. Weitere Voraussetzung für den Abzug ist, dass Frau F unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Frau F lebt aber nicht im Inland, sondern in Liechtenstein. Jedoch können nach § 1a Abs. 1 Nr. 1 EStG Unterhaltsleistungen an Ehegatten in der EU/EWR abgezogen werden, sofern wie hier eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde über die Besteuerung vorliegt. Allerdings kann D nicht die gesamten 14 400 € (12 × 1 200 €) Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben abziehen, sondern nur bis zu dem Höchstbetrag von 13 805 € pro Jahr (§ 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG). Der übersteigende Betrag kann auch nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG).
»Unterhaltsleistungen« i.S.v. § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG können Geldzahlungen, aber auch Sachleistungen sein. Sachleistungen sind für den Sonderausgaben-Abzug entsprechend § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewerten. Häufig wird der Unterhalt ganz oder zum Teil durch die Überlassung einer Wohnung erbracht. Dieser Fall ist steuerlich auf zwei Weisen gestaltbar. Die Wohnung kann außerhalb der Einkünfteerzielung unmittelbar als Unterhaltsleistung zur Verfügung gestellt werden. Die Überlassung ist dann als Sonderausgaben mit dem ortsüblichen Mietwert anzusetzen (vgl. BFH vom 29.6.2022, X R 33/20, BStBl II 2023, 237). Die Wohnung kann aber auch an den Unterhaltsberechtigten aufgrund eines schuldrechtlichen Vertrages vermietet und die Miete mit dem geschuldeten Barunterhalt verrechnet werden (vgl. H 21.4 EStH »Vermietung an Unterhaltsberechtigte«). Welche Variante für den Stpfl. günstiger ist, hängt von den steuerlichen Folgen der Vermietung ab.
Beispiel 5: Barunterhalt oder Wohnungsüberlassung
Die ortsübliche und gezahlte Miete für die überlassene Wohnung beträgt 9 000 € im Jahr. Finanzierungsaufwand, AfA und sonstige Kosten fallen jährlich i.H.v. 15 000 €, 10 000 € und 1 000 € an. Bei einer reinen Überlassung der Wohnung sind Unterhaltsleistungen i.H.v. 9 000 € als Sonderausgaben abzugsfähig. Bei einem Mietverhältnis entsteht zusätzlich ein WK-Überschuss i.H.v. 17 000 €.
Abwandlung 1:
Die ortsübliche Miete beträgt 12 000 €. Die Wohnung ist für 6 000 € vermietet (§ 21 Abs. 2 EStG). Die Absicht, einen Totalüberschuss zu erzielen, ist nachgewiesen. WK entstehen i.H.v. 8 000 €. Wird in Anbetracht der ortsüblichen Miete lediglich ein Unterhalt i.H.v. 6 000 € vereinbart, der mit der Miete zu verrechnen ist, entstehen Sonderausgaben i.H.v. 6 000 € und negative Einkünfte i.H.v. 2 000 €.
Abwandlung 2:
Die Miete wird auf das ortsübliche Niveau angehoben, um Sonderausgaben i.H.v. 12 000 € zu erzielen. Dies führt jetzt aber zusätzlich auch zu einem Einnahmeüberschuss aus der Vermietung i.H.v. 4 000 €. In beiden Varianten ist die mit 12 000 € bewertete direkte Überlassung für den Stpfl. günstiger.
Abwandlung 3:
In Ergänzung zu Abwandlung 2 wird ein Barunterhalt von 20 000 € vereinbart und die vertraglich geschuldete Miete von 12 000 € verrechnet. Da der Höchstbetrag für den Sonderausgaben-Abzug überschritten wird, entstehen hier durch das Mietverhältnis zusätzliche positive Einkünfte, denen zudem kein Liquiditätszufluss gegenübersteht. Durch eine unmittelbare Überlassung als Unterhalt ohne Mietverhältnis könnte dies vermieden werden. Wird die Miete stattdessen auf 50 % reduziert (§ 21 Abs. 2 EStG), entsteht jetzt zusätzlich ein WK-Überschuss von 2 000 € ohne schädlichen Einfluss auf den Sonderausgaben-Abzug, da dort weiter der Höchstbetrag ausgeschöpft wird.
Im weiteren Sinne zum Bereich der Unterhaltsleistungen gehört auch der Abzugsbetrag in § 10 Abs. 1a Nr. 3 und 4 EStG. Er erfasst Sachverhalte, in denen im Rahmen einer Ehescheidung ein Versorgungsausgleich durchzuführen war. Der Versorgungsausgleich betrifft Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit, die während der Ehe erworben worden sind. Im Regelfall kommt es beim Versorgungsausgleich zu einer direkten (anteiligen) Übertragung der Anwartschaft auf den geschiedenen Ehepartner (sog. öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich). Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich – nur diesen erfasst § 10 Abs. 1a Nr. 3 EStG – kommt zum Einsatz, wenn ein direkter Ausgleich nicht möglich ist oder die Eheleute ihn ausdrücklich vereinbaren. In diesem Fall sind die laufenden Zahlungen, die aus dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich resultieren, gem. § 10 Abs. 1a Nr. 3 EStG abziehbar, soweit die zugrunde liegenden Einnahmen (insbes. Renteneinkünfte) beim Ausgleichverpflichteten (nicht beim Zahlungsempfänger) der Besteuerung unterliegen. Die Vorschrift stellt auf diese Weise indisponible Ausgaben steuerlich frei.
Die Sonderausgaben erfassen in § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG mit den sog. Versorgungsleistungen einen Teil der wiederkehrenden Leistungen. Die als Sonderausgaben zu qualifizierenden Versorgungsleistungen müssen von den Unterhaltsleistungen und den wiederkehrenden Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung abgegrenzt werden. Sie werden damit Teil einer Thematik mit eigenständiger Bedeutung, die über den Sonderausgaben-Abzug hinausgeht.
Mit Urteil vom 29.9.2021 (IX R 11/19, BStBl II 2022, 228) hat der BFH entschieden, dass wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit der Übertragung von nicht gem. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a bis c EStG begünstigten Vermögen (in Urteilsfall handelte es sich um ein vermietetes Mehrfamilienhaus) als Entgelt bzw. in Ausnahmefällen als Unterhaltsleistung anzusehen sind. Diese Rechtsauffassung entspricht der vom BMF im Schreiben vom 11.3.2010, IV C 3 – S 2221/09/10004, BStBl I 2010, 227 Rz. 57 und 65 vertretenen Rechtsauffassung. Der BFH hatte das Revisionsverfahren als Anlass genommen, um die Rechtsfrage, ob wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit einer Übertragung eines nicht gem. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a bis c EStG begünstigten Vermögenswerts als Entgelt oder im Ausnahmefall als Unterhaltsleistung anzusehen oder ob es sich um eine nicht begünstigte. d.h. nicht zum Sonderausgabenabzug berechtigende, aber dem Grunde nach unentgeltliche »Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen« gelten könne. Die Rechtsfrage war – so auch im Streitfall – u.a. von Bedeutung, wenn die Entgeltlichkeit einer Vermögensübertragung, welche die Voraussetzungen eines Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt, Tatbestandsvoraussetzung für die Berücksichtigung steuerlichen Aufwands bildet. Mit der Entscheidung des BFH wurde aber einer Erweiterung der Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen über den Gesetzeswortlaut des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG hinaus auf danach nicht begünstigtes Vermögen der Boden entzogen.
Der Sonderausgaben-Abzug von sog. Vorsorgeaufwendungen ist durch das Alterseinkünftegesetz zum 1.1.2005 umfassend neu geregelt worden. Der schrittweise Übergang zur nachgelagerten Besteuerung bildet sich auch beim Sonderausgaben-Abzug ab: Die Höhe der abziehbaren Beträge sollte ursprünglich an mehreren Stellen im Zeitraum von 2005 bis 2025 von Jahr zu Jahr bis auf die Höchstbeträge ansteigen, jedoch wurde der Vollabzug ab VZ 2023 vorgezogen. Das BMF hat mit Schreiben vom 24.5.2017 (IV C 3 – S 2221/16/10010 :004, BStBl I, 820), geändert mit BMF-Schreiben vom 6.11.2017 (IV C 3 – S 2221/17/10006 :001, BStBl I, 1455), vom 28.9.2021 (IV C 3 – S 2221/21/10016 :001, BStBl I, 1833) und vom 16.12.2021 (IV C 3 – S 2221/20/10012 :002, BStBl I, 155) zum Sonderausgaben -Abzug bei Vorsorgeaufwendungen Stellung genommen.
In § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG werden die Vorsorgeaufwendungen der sog. Basisversorgung definiert. Dazu gehören gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen sowie zu landwirtschaftlichen Alterskassen. Außerdem umfasst die Basisversorgung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa EStG Beiträge zu einer privaten kapitalgedeckten Altersversorgung, wenn der Vertrag
nur die Zahlung einer jeweils monatlichen auf das Leben des Stpfl. bezogenen lebenslangen Leibrente nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres, einer Berufsunfähigkeitsrente, einer Erwerbsminderungsrente oder einer Hinterbliebenenrente vorsieht, und
die Ansprüche aus dem Vertrag nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sind und auch kein Anspruch auf Auszahlung besteht.
Beiträge zur Basisversorgung sind in folgender Höhe abziehbar: Unter Bezugnahme auf den Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung ergibt sich für 2024 ein Höchstbetrag von 27 565,20 € bei Einzelveranlagung (entsprechend Verdoppelung des Betrages bei Zusammenveranlagung). Die Aufwendungen zur Basisversorgung ergeben sich aus der Addition der Beiträge des Stpfl. sowie der Beiträge seines AG, die gem. § 3 Nr. 62 EStG hinzuzurechnen sind. Die bis 2022 bestehende Kürzung im Rahmen des Übergangszeitraums zur – vollen – nachgelagerten Besteuerung gem. § 10 Abs. 3 Satz 1 und 4 EStG ist ab 2023 weggefallen, sodass die begünstigten Beiträge, höchstens aber 27 565,20 € abziehbar sind. Bei Stpfl., die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind oder aber Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 4 EStG erzielen und ganz oder teilweise einen Anspruch auf Altersversorgung ohne eigene Beitragsleistung erwerben, wird der Höchstbetrag gem. § 10 Abs. 3 Satz 3 EStG zusätzlich um einen fiktiven Gesamtbeitrag (ArbG- und ArbN-Anteil) zur allgemeinen Rentenversicherung gekürzt. Der verbleibende Betrag ist als Sonderausgabe abziehbar. Die folgenden zwei Beispiele sollen die Berechnung des als Sonderausgabe abziehbaren Betrages verdeutlichen.
Beispiel 6: Vorsorgeaufwendungen der sog. Basisversorgung I
Die ledige, als Angestellte tätige Rechtanwältin R hat in 2024 einen ArbN-Anteil von 6 500 € in das berufsständische Versorgungswerk eingezahlt und in gleicher Höhe einen ArbG-Anteil erhalten.
Lösung 6:
Sie kann folgende Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben abziehen:
ArbN-Beitrag |
6 500 € |
ArbG-Beitrag |
6 500 € |
Summe |
13 000 € |
Höchstbetrag |
27 566 € |
Ansatz des niedrigeren Beitrags |
13 000 € |
abzüglich steuerfreier ArbG-Anteil |
./. 6 500 € |
verbleibender Betrag |
6 500 € |
R kann 6 500 € in 2024 als Sonderausgaben bei der Basisversorgung abziehen.
Beispiel 7: Vorsorgeaufwendungen der sog. Basisversorgung II
Der ledige Finanzbeamte F hat 13 000 € in 2024 in eine private Leibrentenversicherung i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG eingezahlt. Aus dem Beamtenverhältnis hatte er Bezüge i.H.v. 52 000 €.
Lösung 7:
ArbN-Beitrag |
0 € |
ArbG-Beitrag |
0 € |
Private Leibrente |
13 000 € |
Summe |
13 000 € |
Höchstbetrag |
27 566 € |
abzüglich fiktiver Rentenversicherungsbeitrag 18,60 % |
./. 9 672 € |
gekürzter Höchstbetrag |
17 894 € |
Ansatz des niedrigeren Betrages |
13 000 € |
abzüglich steuerfreier ArbG-Anteil |
./. € |
verbleibender Betrag |
13 000 € |
F kann 13 000 € in 2024 € als Sonderausgaben bei der Basisversorgung abziehen.
Zur Frage, ob die Vorsorgeaufwendungen vorweggenommene Werbungskosten zu den später stpfl. Einkünften gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG darstellen, s. BFH-Urteile vom 18.11.2009 (X R 6/08, BStBl II 2010, 282, die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde mit BVerfG-Beschluss vom 13.7.2016, 2 BvR 289/10 nicht zur Entscheidung angenommen; und X R 34/07, BStBl II 2010, 414, die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde mit BVerfG-Beschluss vom 13.7.2016, 2 BvR 288/10 nicht zur Entscheidung angenommen) und vom 9.12.2009 (X R 28/07, BStBl II 2010, 348, die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde mit BVerfG-Beschluss vom 14.6.2016, 2 BvR 323/10 nicht zur Entscheidung angenommen).
Hinweis:
Aufgrund der Einführung des § 50 Abs. 1a EStG mit dem Jahressteuergesetz 2029 vom 21.12.2020 (BGBl I, 3096) wurde das EuGH-Urteil vom 6.12.2018, C-480/17, »Montag«, ABl EU 2019, Nr. C 44, 3, NJW 2019, 651 in nationales Recht umgesetzt. Hierdurch sind Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG abweichend von den früheren Regelungen als Sonderausgaben bei beschränkt Stpfl. zu berücksichtigen, soweit die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Dies umfasst alle Beträge, die ab dem 1.1.2021 geleistet werden. Im Urteilsfall war vom FG Köln an den EuGH herangetragen worden, inwieweit die von einem selbstständig in mehreren Ländern, u.a. Deutschland, tätigen Rechtsanwalt mit Wohnsitz in Belgien, Pflichtbeiträge zum Versorgungswerk, freiwillige Beiträge an das Versorgungswerk sowie Beiträge an eine private Rentenversicherung in Deutschland als Sonderausgaben abzugsfähig seien. Bezüglich der Pflichtbeiträge ging der EuGH davon aus, dass die Versagung der Abzugsfähigkeit dieser Beiträge einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit darstelle, da die Zahlung notwendige Voraussetzung für die Tätigkeit als Rechtsanwalt in den verschiedenen Ländern sei. Anders beurteilte der EuGH die freiwilligen Beiträge zum Versorgungswerk sowie die Zahlung an die private Rentenversicherung. Hierbei sei der Kläger nicht in einer vergleichbaren Lage wie gebietsansässige Stpfl., zudem seien die Beiträge weder für die Ausübung der Tätigkeit als Rechtsanwalt in Deutschland noch für die Erzielung der Einkünfte in Deutschland notwendig. Im Urteil vom 24.5.2023, X R 28/21, BFH/NV 2023, 1252, hat der BFH dies für eine in Deutschland ansässige und in den Niederlanden selbstständig tätige Hebamme bestätigt und darüber hinaus entschieden, dass § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 2 Buchst. a EStG auch für Vorsorgeaufwendungen gilt, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den in den Niederlanden ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit stehen. Die Übertragbarkeit auf vergleichbare Sachverhalte hat die Finanzverwaltung mangels Veröffentlichung im BStBl noch nicht verfügt.
In § 10 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 3a EStG werden die sonstigen Vorsorgeaufwendungen aufgezählt. Unter § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG sind hier zunächst Beiträge zu einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung erfasst, die zur Erlangung eines sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind; außerdem sind an dieser Stelle unter Buchst. b die Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung genannt. Etwaige Bonuszahlungen von Krankenkassen an deren Mitglieder, die ohne konkreten Nachweis der Ausgaben erfolgen, mindern den Sonderausgaben-Abzug der Vorsorgeaufwendungen betreffs der Basisversorgung. Aus diesem Grund sollten gezahlte Boni möglichst Ausgaben betreffen, die originär in den Zusatzleistungen angesiedelt sind (Umkehrschluss aus FG Rheinland-Pfalz vom 28.4.2015, 3 K 1387/14). Dieses Urteil des FG Rheinland-Pfalz ist durch den BFH mit Urteil vom 6.6.2018 (X R 41/17, BStBl II 2018, 648) bestätigt worden. Nach Ansicht des BFH stellen Prämienzahlungen, die eine gesetzliche Krankenkasse ihren Mitgliedern gem. § 53 Abs. 1 SGB V gewährt, Beitragsrückerstattungen dar, die die wirtschaftliche Belastung der Mitglieder und damit auch ihre Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG reduzieren. Für Bonuszahlungen einer privaten Krankenversicherung hat der BFH in seinem Urteil vom 16.12.2020 (X R 31/19, BStBl II 2022, 106) entschieden, dass entsprechende Beiträge nur zu mindern sind, wenn die Bonuszahlungen unabhängig davon gezahlt werden, ob dem Versicherungsnehmer finanzieller Gesundheitsaufwand entstanden ist oder nicht. Damit grenzt sich der BFH im Urteil vom 16.12.2020 insbesondere von den BFH-Entscheidungen vom 1.6.2016 (X R 17/15, BStBl II 2016, 989) und vom 6.5.2020 (X R 16/18, BFH/NV 2020, 1144) ab. In Abänderung der Rz. 88 und 89 im o.a. BMF-Schreiben vom 24.5.2017 (a.a.O.) wurden diese Rz. geändert und neue Rz. 89a und 89b mit BMF-Schreiben vom 16.12.2021, IV C 3 – S 2221/20/100012 :002, BStBl I 2022, 155 eingefügt. Darin übernimmt die Finanzverwaltung die BFH-Rechtsprechung, dass keine als Beitragsrückerstattung zu würdigende Bonuszahlung vorliegt, wenn eine konkrete Gesundheitsmaßnahme erstattet wird. Aufgrund der Übermittlungspflicht entsprechender Daten von den Krankenversicherungen an die Finanzverwaltung hatte das BMF für Zahlungen bis zum 31.12.2023 eine Nichtbeanstandungsgrenze für Bonuszahlungen von 150 € je versicherter Person in Rz. 89b des o.a. BMF-Schreibens aufgenommen (Verlängerung der Nichtbeanstandung bis 31.12.2024 mit BMF vom 28.12.2023, BStBl I 2024, 209). Im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 (Stand: Regierungsentwurf) ist vorgesehen, die 150 €-Nichtbeanstandungsgrenze gesetzlich zu verankern.
Der § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG erfasst weitere Vorsorgeaufwendungen, beispielsweise Beiträge zur:
Arbeitslosenversicherung,
Kranken- und Pflegeversicherung, soweit nicht § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG einschlägig ist (Zusatzleistungen),
Unfallversicherung,
Haftpflichtversicherung,
Risikolebensversicherung bei Leistung im Todesfall und
Berufsunfähigkeitsversicherung, soweit nicht § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG einschlägig ist.
Des Weiteren wird der Kreis der sonstigen Vorsorgeaufwendungen auf Beiträge zu alten Kapitallebens- und Rentenversicherungen erweitert, die nach der bis Ende 2004 geltenden Rechtslage zum Abzug zugelassen waren (s. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb bis dd EStG a.F.). Die sonstigen Vorsorgeaufwendungen sind gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 EStG bis zur Höhe von 2 800 € abziehbar. Bei Stpfl., die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben (insbes. Beamte, § 3 Nr. 11 EStG und i.R.d. Familienversicherung mitversicherte Ehegatten und Kinder) oder für deren Krankenversicherung Leistungen i.S.d. § 3 Nr. 9, Nr. 14, Nr. 57 oder Nr. 62 EStG erbracht werden (insbes. sozialversicherungspflichtige ArbN), vermindert sich der Betrag gem. § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG auf 1 900 €.
Bei zusammenveranlagten Ehegatten kommt ein gemeinsamer Höchstbetrag zur Anwendung, der sich gem. § 10 Abs. 4 Satz 3 EStG aus der Summe der den Ehegatten nach den Sätzen 1 und 2 zustehenden Höchstbeträge ergibt. Übersteigen die Beiträge gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG zur Erlangung eines Mindestversicherungsschutzes in der Krankenversicherung und Pflegeversicherung die vorgenannten Höchstbeträge, können gem. § 10 Abs. 4 Satz 4 EStG diese höheren Beiträge angesetzt werden.
Voraussetzung für den Abzug von Vorsorgeaufwendungen der Basisversorgung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und der Grundförderung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG) ist gem. § 10 Abs. 2 EStG,
dass die Beiträge nicht in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen (Nr. 1) und
an bestimmte Empfänger geleistet werden (Nr. 2).
Hierzu zählen u.a.:
Versicherungsunternehmen mit Sitz oder Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder aber der Erlaubnis zum Versicherungsgeschäft im Inland (Buchst. a),
berufsständische Versorgungseinrichtungen (Buchst. b),
Sozialversicherungsträger (Buchst. c) und
Anbieter von Altersvorsorgeverträgen sowie Versorgungseinrichtungen i.S.v. § 80 EStG (Buchst. d).
Daneben legt § 10 Abs. 2 Satz 3 ff. und Abs. 2a EStG umfangreiche Anforderungen zum verfassungsrechtlich problematischen Datenaustausch mit den Versorgungsanbietern fest.
Die von privaten Versicherten freiwillig selbst getragenen Krankenbehandlungskosten, die sog. Beitragsrückerstattungen, sind steuerlich nicht absetzbar. Eine Berücksichtigung als Vorsorgeaufwand scheidet nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a und § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG aus, da es sich um keine Beiträge zu einer Versicherung handelt (BFH-Urteile vom 18.7.2012, X R 41/11, BStBl II 2012, 821; und vom 29.11.2017, X R 3/16, BStBl II 2018, 384). Bei den selbst getragenen Aufwendungen handelt es sich um keine Erlangung eines Versicherungsschutzes. Es dient lediglich dem Bestreben, eine Beitragsrückerstattung zu bekommen. Ist ein Steuerpflichtiger sowohl Pflichtmitglied in einer gesetzlichen Krankenkasse als auch freiwillig privat krankenversichert, kann er lediglich die Beiträge gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG abziehen, die er an die gesetzliche Krankenversicherung entrichtet (BFH-Urteil vom 29.11.2017, X R 5/17, BStBl II 2018, 230, die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde mit BVerfG-Beschluss vom 8.5.2019, 2 BvR 1733/18 nicht zur Entscheidung angenommen).Verzichtet ein Steuerpflichtiger auf die Erstattung seiner Krankheitskosten, um von seiner privaten Krankenversicherung eine Beitragserstattung zu erhalten, können diese Kosten nicht von den erstatteten Beiträgen abgezogen werden, die ihrerseits die Höhe der abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 3 EStG reduzieren (BFH-Urteil vom 29.11.2017, X R 3/16, BStBl II 2018, 384).
Kirchensteuer i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG sind nur die Geldleistungen, die von Religionsgemeinschaften erhoben werden, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sind. Daher sind die privatrechtlichen religiösen Körperschaften, insbes. eingetragene Vereine, nicht in der Lage, Kirchensteuer i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu erheben. Die Kirchensteuer muss außerdem aufgrund gesetzlicher Vorschriften erhoben werden (vgl. H 10.7 EStH). Die Einzelheiten ergeben sich aus den Kirchensteuergesetzen der Bundesländer. Der Kirchensteuer gleichgestellt sind Kirchenbeiträge und das sog. »Kirchgeld« gem. § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Bei Kirchenbeiträgen handelt es sich gem. R 10.7 Abs. 1 EStR um Beiträge der Mitglieder von Religionsgemeinschaften, die mind. in einem Land als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sind, aber während des ganzen Kj. keine Kirchensteuer erheben. Die nachgewiesenen Beiträge können dann wie Kirchensteuer bis zur Höhe der Kirchensteuer abgezogen werden, die in dem betreffenden Land von den als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften erhoben wird. Dieses wird bei Zusammenveranlagung von Ehepartnern gem. § 26b EStG erhoben, wenn der gutverdienende Ehepartner nicht Mitglied einer Religionsgemeinschaft ist und der andere Ehepartner über kein Einkommen verfügt. Es handelt sich um eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gem. § 163 Satz 1, 1. Alt. AO; das Ermessen der Finanzverwaltung bei der Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme ist wegen der Selbstbindung der Verwaltung durch R 10.7 Abs. 1 EStR auf null reduziert, BFH vom 10.10.2001 (BStBl II 2002, 201). Freiwillig geleistete Zahlungen sind keine Kirchensteuern. Wird Kirchensteuer an Religionsgemeinschaften gezahlt, die in einem anderen EU- oder EWR-Staat belegen sind und die bei Ansässigkeit im Inland als Körperschaften des öffentlichen Rechts anzuerkennen wären, ist diese als Sonderausgabe abziehbar (s. BMF-Schreiben vom 16.11.2010, IV C 4 – S 2221/07/0004 :001, BStBl I 2010, 1311). Alle anderen freiwilligen Zahlungen sind ggf. nach § 10b EStG abziehbar. Kirchensteuer, die im Wege der Abgeltungsteuer auf Kapitaleinkünfte erhoben wird, darf gem. § 10 Abs. 1 Nr. 4, Halbsatz 2 EStG nicht abgezogen werden. Im Rahmen des JStG 2010 vom 8.12.2010 (BGBl I, 1768) wurde diese Ausnahmeregelung dahingehend klargestellt, dass die Kirchensteuer auch in Bezug auf nach dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG ermittelte ESt nicht mehr als Sonderausgabe abzugsfähig ist. Bei Anwendung der Günstigerprüfung oder für den Fall, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen anderen Einkunftsarten zugerechnet werden können (bspw. Einkünften aus Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit oder Vermietung und Verpachtung), gilt § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG nicht. Nach einem Urteil des BFH vom 21.7.2016 (X R 43/13, BStBl II 2017, 256) sind Nachzahlungen der Erben auf offene Kirchensteuern des Erblassers beim Erben im Jahr der Zahlung als Sonderausgaben abziehbar. Diese Entscheidung hat Bedeutung für alle Erbfälle, da der Erblasser kirchenstpfl. war.
Im Rahmen des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1.11.2011 (BGBl I, 2131) wurde der Abzug der Kinderbetreuungskosten ab 2012 vereinheitlicht, der – frühere – § 9c EStG aufgehoben und die Kinderbetreuungskosten in den neuen § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG überführt. Sie sind seitdem nicht mehr als WK/BA abziehbar. Die Höhe des Abzugs blieb unverändert und beträgt zwei Drittel der Aufwendungen, maximal 4 000 € je Kind, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Die schädlichen Aufwendungen des Satzes 2 (Unterricht, Vermittlung besonderer Fähigkeiten und sportliche sowie andere Freizeitbetätigungen) sind zu beachten. Zum Nachweis der Aufwendungen muss eine Rechnung vorgelegt werden, die die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers belegt.
Steuerberatungskosten waren bis zum VZ 2005 gem. § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. als Sonderausgabe abziehbar, wenn es sich nicht um BA oder WK handelte. Die Vorschrift ist mit Wirkung zum VZ 2006 abgeschafft worden. Aufwendungen, die das Ausfüllen der Steuererklärung oder die Beratung in Tarif- und Veranlagungsfragen betreffen, sind seitdem nicht mehr als Sonderausgaben abziehbar. Die Neuregelung ist nach Auffassung des BFH verfassungsgemäß, da Steuerberatungskosten nicht zu den indisponiblen Aufwendungen zählen sollen (BFH-Urteil vom 4.2.2010, X R 10/08, BStBl II 2010, 617; sowie vom 16.2.2011, X R 10/10, BFH/NV 2011, 977). Steuerberatungskosten, die sich auf die Ermittlung der Einkünfte beziehen, können dagegen weiter als BA oder WK berücksichtigt werden (s. BMF-Schreiben vom 21.12.2007, IV B 2 – S 2144/07/0002, BStBl I 2008, 256). Bei Beiträgen an Lohnsteuerhilfevereine, Aufwendungen für steuerliche Fachliteratur und Software wird es nach dem v.g. BMF-Schreiben vom 21.12.2007 (a.a.O., Rz. 8) nicht beanstandet, wenn diese Aufwendungen i.H.v. 50 % den BA oder WK zugeordnet werden. Aus Vereinfachungsgründen darf bei Aufwendungen für gemischte Steuerberatungskosten bis zu einem Betrag von 100 € der Stpfl. selbst zuordnen. Nicht als BA/WK abzugsfähig sind die Steuerberatungskosten, die auf die Erstellung der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften entfallen (vgl. BFH-Beschluss vom 28.5.2015, VIII B 40/14, BFH/NV 2015, 1565).
Die Berufsausbildung beginnt bereits mit dem Besuch allgemeinbildender Schulen. Sie endet, wenn ein Abschluss erzielt wird, der eine angestrebte Berufsausübung auf der Grundlage der erworbenen Fertigkeiten erlaubt, also nicht unbedingt erst dann, wenn das endgültige Berufsziel erreicht ist. Zu beachten ist, dass bei sog. Ausbildungsdienstverhältnissen wie einer Lehre, die im wesentlichen Maße durch die Ausbildung geprägt sind und gegen Arbeitslohn ausgeübt werden, die entstehenden Aufwendungen WK i.S.v. § 9 EStG und keine Berufsausbildungskosten i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 7 sind (vgl. § 9 Abs. 6 Satz 1 EStG und H 9.2 LStH mit einzelnen Nachweisen). Der Berufsbegriff ist weit auszulegen. Kosten der Allgemeinbildung, die sich der Stpfl. aneignet, ohne dass objektive Anzeichen die spätere Verwendung für eine Erwerbstätigkeit erkennen lassen, sind ebenfalls keine Ausbildungskosten i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Schwierig ist die Abgrenzung, ab wann bereits ein ausreichender Veranlassungszusammenhang mit der Einkünfteerzielung vorliegt, sodass vorrangig WK oder BA anzunehmen sind. Gemäß der mit dem Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014 (BGBl I, 2417) ab 2015 geltenden Neuregelung muss zum einen eine Berufsausbildung als Erstausbildung, sofern in Vollzeit durchgeführt, einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten umfassen. »Vollzeit« bedeutet in diesem Kontext eine Dauer von durchschnittlich mindestens 20 Stunden wöchentlich. Der Abschluss erfolgt regelmäßig durch eine bestandene Abschlussprüfung. Soweit eine solche Prüfung nicht vorgesehen ist, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen. Keine erste Berufsausbildung sind beispielsweise Kurse zur Berufsorientierung oder -vorbereitung, Kurse zur Erlangung von Fahrerlaubnissen, Betriebspraktika, Anlerntätigkeiten oder die Grundausbildung bei der Bundeswehr. Der Besuch einer nicht allgemeinbildenden Schule, der nicht der Vorbereitung auf einen konkret angestrebten Beruf, sondern vorrangig der Erlangung sozialer Erfahrungen und der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins für das Gemeinwohl sowie der Persönlichkeitsbildung und Charakterbildung i.S.d. Leitbilds der Schule (im Streitfall: Missionsschule) dient, stellt nach dem BFH-Urteil vom 13.12.2018 (III R 25/18, BStBl II 2019, 256) jedenfalls keine Berufsausbildung dar. Für die erste Berufsausbildung anfallende Aufwendungen führen lediglich zu beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben. Weitere Hinweise zur Abgrenzung zwischen den Begriffen »erstmalige Berufsausbildung«, »Erststudium« und »Ausbildungsdienstverhältnisse« mit Beispielen enthält auch das BMF-Schreiben vom 22.9.2010, IV C 4 – S 2227/07/10002 :002, BStBl I, 721.
Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug von Kosten des eigenen Studiums ist der Beginn eines Studiums, welches dem Studierenden objektiv ermöglicht, nach Abschluss des Studiums Leistungen gegen Entgelt erbringen zu können. Dies umfasst neben Vollzeitmaßnahmen auch Teilzeitmaßnahmen. Analog zur ersten Berufsausbildung sind die Kosten für ein Erststudium nicht als WK, sondern als beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben abzugsfähig.
Beispiel 8: Studium der Kunstgeschichte
Die Klägerin arbeitete bis zu ihrem 45. Lebensjahr in ihrem erlernten Beruf als medizinisch-technische Assistentin. Nachdem sie arbeitslos geworden war, nahm sie mit 50 Jahren ein Studium der Kunstgeschichte auf. Die Kosten des Studiums machte sie als WK bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Sie trägt vor, nach Abschluss des Studiums und einer anschließenden Promotion (Dauer insgesamt sechs Jahre) strebe sie eine Tätigkeit in einem Museum an. Das Finanzamt berücksichtigte lediglich Sonderausgaben bis zu der gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zulässigen Höhe. Nach erfolglosem Einspruch verfolgt die Stpfl. ihr Begehren mit einer Klage (abgewandelter Sachverhalt nach FG Rheinland-Pfalz vom 15.10.2003, 3 K 2899/00, EFG 2004, 247 und folgendem BFH-Urteil vom 26. 1.2005, VI R 71/03, BStBl II 2005, 349). Nach traditionellem Verständnis der Vorschrift war die Bewertung durch das Finanzamt kaum in Frage zu stellen. Das Studium der Kunstgeschichte stellt eine Berufsausbildung i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Fraglich ist aber, ob der Tatbestand subsidiär ist, weil es sich um WK handelt. Nach Wegfall des § 12 Nr. 5 EStG könnten die Ausgaben, die durch das Studium der Kunstgeschichte veranlasst waren, als WK berücksichtigt werden, da eine Erstausbildung im o.g. Sinn bereits durch die Klägerin absolviert worden war und das Studium entsprechend eine Zweitausbildung darstellt.
Fortbildungskosten, also Kosten für die Weiterbildung in einem erlernten und gegenwärtig ausgeübten Beruf, können auch dann als BA/WK abgezogen werden, wenn dafür eine Aufteilung der Kosten erforderlich wird, um sie von Sonderausgaben i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abzugrenzen.
Beispiel 9: Mischnutzung
Der Stpfl. nutzte sein Arbeitszimmer sowohl für die Berufsausbildung als auch für seine Tätigkeit als angestellter wissenschaftlicher Mitarbeiter. Das FA hat die Kosten des Arbeitszimmers lediglich als Sonderausgaben berücksichtigt. Den anteiligen Ansatz von WK hat es abgelehnt. Die Veranlagung durch das FA erweist sich nur dann als richtig, wenn der Berücksichtigung anteiliger WK das Aufteilungsverbot gem. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG entgegensteht.
Lösung 9:
Die Sichtweise des FA ist insoweit folgerichtig, als der Gesetzgeber die Ausbildungskosten als Sonderausgaben und damit als Kosten der Lebensführung behandelt, für die das Aufteilungsverbot gilt. Bei einer isoliert systematischen Gesetzesauslegung erweist sich die Bewertung durch das FA daher als richtig. Der BFH kam dennoch zu dem Ergebnis, dass eine Aufteilung vorzunehmen und der auf die Tätigkeit als angestellter wissenschaftlicher Mitarbeiter entfallende Aufwand als WK abziehbar sei. Aufgrund einer Auslegung des § 12 Abs. 1 Satz 2 EStG nach dem Normzweck bestätigte er die Entscheidung des Finanzgerichtes. Mit der Vorschrift solle nur verhindert werden, dass private Ausgaben in einen einkommensteuerrechtlich relevanten Bereich verlagert werden können, weil der Stpfl. einen entsprechenden Beruf habe. Der Gesichtspunkt der Vermischung von beruflich veranlassten Kosten mit solchen der Lebensführung könne aber nur insoweit beachtet werden, als steuerlich nicht abziehbare Lebenshaltungskosten mit WK/ BA zusammentreffen. Dies sei aber dann nicht mehr der Fall, wenn die privaten Ausgaben, wie hier die Berufsausbildungskosten, als Sonderausgaben steuerlich (zumindest begrenzt) abziehbar sind (vgl. BFH vom 22.6.1990, VI R 2/87, BStBl II 1990, 901).
Aktuell (ab 2023) wäre die Lösung eine andere: Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nur noch BA oder (über § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG) WK, wenn es den Mittelpunkt der gesamten beruflichen oder betrieblichen Betätigung des Stpfl. darstellt. Das dürfte beim Bsp.-Fall des wissenschaftlichen Mitarbeiters ausgeschlossen sein. Die Raumkosten sind aber über die Tagespauschale von 6 € / Tag nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG zu berücksichtigen, wenn an dem Tag überwiegend zu Hause gearbeitet und keine erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wurde oder dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (vgl. auch BMF vom 15.8.2023, IV C 6 S 2145/19/10006 :027, BStBl I, 1551, Rz 41).
Mit Urteil vom 12.2.2020 (VI R 17/20 = VI R 64/12, BStBl II, 719) hat der BFH entschieden, dass Aufwendungen für ein Erststudium, das eine Erstausbildung vermittelt, gem. § 9 Abs. 6 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2004 nicht mehr als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn das Studium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Im Urteilsfall hatte die Klägerin nach ihrem Abitur ihren Bachelor in Psychologie erlangt und anschließend Neuro- und Verhaltenswissenschaften studiert. Im Rahmen ihres Einspruchs gegen ihren Einkommensteuerbescheid 2006 machte sie Kosten für den Bachelor- und Masterabschluss als Werbungskosten geltend und beantragte die gesonderte Feststellung eines Verlustvortrags, das durch das beklagte Finanzamt abgelehnt wurde. Der BFH bestätigte die Auffassung des FA, dass keine gesonderte Feststellung eines Verlustvortrags vorzunehmen sei und begründete seine Auffassung damit, dass Aufwendungen für ein Studium nur dann Werbungskosten seien, wenn der Stpfl. bereits eine Berufsausbildung oder Studium abgeschlossen habe oder die Ausbildung bzw. das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde. Das Bachelorstudium der Klägerin qualifiziere als Erstausbildung, da die Klägerin keine Berufsausbildung oder kein Studium abgeschlossen habe und das Bachelorstudium auch nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattgefunden habe. Mit Beschluss vom 19.11.2019, 2 BvL 22-27/14, BGBl I 2022, 413, hat das BVerfG entschieden, dass der Ausschluss des Werbungskostenabzug von Berufsausbildungskosten für eine Erstausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses verfassungsgemäß sei. Entsprechend seien die Aufwendungen der Klägerin als Sonderausgaben und nicht als Werbungskosten zu beurteilen.
Für Aufwendungen, die wegen der Begrenzung des Sonderausgaben-Abzugs nicht abgezogen werden dürfen, ist gem. § 33 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 EStG grds. der Abzug als außergewöhnliche Belastung eröffnet. Er wird jedoch zumeist an der fehlenden Zwangsläufigkeit der Aufwendungen scheitern.
Der Abzug von Schulgeld ist durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I, 2794) neu geregelt worden (vgl. BMF vom 9.3.2009, IV C 4 – S 2221/07/0007, BStBl I 2009, 487). Auslöser war eine Entscheidung des EuGH vom 11.9.2007, C-318/05, ABl EU 2007, Nr. C 269, 8. Der Sonderausgaben-Abzug für Schulgeld i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG ist mehrfach eingeschränkt.
Die Abzugsfähigkeit ist wie folgt beschränkt:
kein Sonderausgaben-Abzug für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung,
maximal 30 % der Aufwendungen, begrenzt auf
maximal 5 000 € pro Kind des Elternpaars,
Anspruch auf Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag der Eltern,
Belegenheit der Schule in der EU/im EWR,
Anerkennung der Schule vom zuständigen inländischen Ministerium des Landes oder der Kultusministerkonferenz und Vermittlung eines als äquivalent anerkannten allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschlusses. Andere Einrichtungen stehen den Schulen gleich, wenn sie auf einen vergleichbaren Abschluss vorbereiten (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 EStG).
Zahlungen an deutsche Schulen im Ausland können i.R.d. Höchstbeträge abgezogen werden, ohne dass es auf die Belegenheit in der EU oder dem EWR ankommt (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 4 EStG).
Beispiel 10: Auslandsaufenthalt
Der Sohn der Kläger besuchte im Streitjahr die »C-School« mit Internatsunterbringung in Großbritannien. Das FA lehnte die Berücksichtigung von gezahltem Schulgeld i.H.v. insgesamt rund 9 574 € (ohne Internatskosten) ab.
Lösung 10:
Die vom Sohn der Kläger besuchte Schule in Großbritannien fiel bis 2007 in keine der in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. genannten Schulkategorien. Durch die europarechtskonforme Neuausgestaltung der Norm musste das Finanzamt ab dem VZ 2007 30 % des gezahlten Schulgeldes als Sonderausgaben berücksichtigen. Mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU ist der Abzug wieder eingeschränkt (vgl. folgendes Beispiel zu USA).
Beispiel 10a: Auslandsaufenthalt II
Die Tochter der Kläger, besuchte im Streitjahr 2009 die »W-School« in den Vereinigten Staaten von Amerika. Der Kläger begehrt die Berücksichtigung von Schulgeldzahlungen i.H.v. 16 000 € als Sonderausgaben.
Lösung 10a:
Da § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG voraussetze, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der EU oder im EWR-Raum liege, entschied der BFH mit Beschluss vom 13.6.2013, X B 232/12, BFH/NV 2013, 1416, dass die Schulgeldzahlung im vorliegenden Fall nicht als abzugsfähig gelten könne. Außerhalb der von § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG gezogenen Grenzen für das Schulgeld können Zahlungen als Spende an den Schulträger unter den weiteren qualifizierten Anforderungen nach § 10b EStG als freigiebige Zuwendung abziehbar sein. Sie dürfen dann aber offensichtlich keine Gegenleistung für den Schulbesuch darstellen. Eine Berücksichtigung der nicht als Sonderausgaben abziehbaren Schulgelder als außergewöhnliche Belastung scheint darüber hinaus § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG zu ermöglichen. Die Vorschrift soll nach Auffassung des BFH aber nur die Sachverhalte erfassen, bei denen der Schulbesuch nicht wesentlich durch schulische Zwecke veranlasst ist, sondern anlässlich der Behandlung oder Linderung einer Krankheit erfolgt, und die dadurch verursachten Aufwendungen daher als unmittelbare Krankheitskosten anzusehen sind.
Im Rahmen des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1.11.2011 (BGBl I, 2131) wird ab 2012 die Verrechnung von erstatteten Sonderausgaben im neu geschaffenen § 10 Abs. 4b EStG geregelt. Demnach sind im Veranlagungszeitraum erstattete Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2–3a EStG mit gleichartigen geleisteten Aufwendungen im Rahmen der jeweiligen Nummer zu verrechnen (§ 10 Abs. 4b Satz 2 EStG). Steuerfreie Zuschüsse zu Kranken- und gesetzlichen Pflegeversicherungen stehen den erstatteten Aufwendungen dabei gleich (§ 10 Abs. 4b Satz 1 EStG). Ein verbleibender Erstattungsüberhang von Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 (Kranken- und Pflegeversicherung) und Nr. 4 EStG (Kirchensteuer) ist gem. § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG dem Gesamtbetrag hinzuzurechnen.
Einen Sonderfall der Verrechnung erstatteter Sonderausgaben bildet die auf Grundlage des § 65a SGB V gewährte Geldprämie (Bonus), die das gesundheitsbewusste Verhalten eines Krankenversicherten prämieren. Diese Erstattung stellt auch bei pauschaler Ausgestaltung keine den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragserstattung dar, sofern die Erstattung durch konkret der Gesundheitsmaßnahme zuzuordnen finanziellen Aufwand des Stpfl. ganz oder teilweise ausgeglichen wird. Bisher hatte der BFH eine solche Bonuszahlung einer gesetzlichen Krankenversicherung nach § 65a SGB V nicht als Beitragserstattung qualifiziert, wenn der Bonus an den Nachweis des vorherigen Aufwands des Mitglieds für die Inanspruchnahme bestimmter Gesundheitsmaßnahmen gekoppelt war. In solchen Fällen stehe der Bonus in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den Versicherungsbeiträgen und mindere auch nicht die Versicherungsbeiträge des Mitglieds, sondern stelle eine Minderung der vom Mitglied erbrachten Gesundheitsaufwendungen dar. Dieser Rspr. des BFH hatte sich die Finanzverwaltung bislang angeschlossen, erweiterte die Anforderungen aber um die Anforderung, dass der Versicherte Kosten für zusätzliche, nicht im regulären Leistungsumfang enthaltene Gesundheitsmaßnahmen aufgewendet habe, die ihm aufgrund seines Kostennachweises erstattet werden (BMF vom 24.5.2017, IV C 3 – S 2221/16/10001 :004, BStBl I 2017, 820, Rz. 88 und 89). Diese aufgestellten Grundsätze hat der BFH mit seinen Urteilen vom 6.5.2020 (X R 16/18, BStBl II 2022, 109; X R 30/18, BFH/NV 2020, 1067) fortentwickelt. Hiernach mindern Boni den Sonderausgabenabzug nicht, die ohne konkreten Nachweis vorherigen Aufwands durch den Stpfl. erbracht werden. Selbst pauschal gewährte Boni wirken sich nicht sonderausgabenmindernd aus, wenn diese im Einzelfall die Aufwendungen übersteigen. Ausreichend ist es in diesem Fall, wenn sie überschlägig berechnet sich als realitätsgerechte Pauschale erweisen. Dasselbe gilt, wenn Boni für gesundheitsbewusstes Verhalten i.S.d. § 65a SGV V gewährt werden (z.B. Mitgliedschaft in einem Sportverein oder Fitnessstudio. Voraussetzung hierfür ist es jedoch, dass der Versicherte finanzielle Aufwendungen trägt, die auf die Inanspruchnahme der jeweils geförderten Gesundheitsmaßnahme zurückzuführen sind. Abweichend zu beurteilen sind jedoch für die Inanspruchnahme von Vorsorge- oder Schutzmaßnahmen gewährte Boni, die von der Basiskrankenversicherung umfasst sind. Bei diesen Maßnahmen fehlt es an einem eigenen Gesundheitsaufwand, der durch den Bonus ausgeglichen werden könnte. Eine wirtschaftliche Entlastung durch den Bonus stellt sich hier für den Steuerpflichtigen als nachträgliche Herabsetzung seiner Gegenleistung für den Versicherungsschutz und damit als Beitragserstattung dar. Dasselbe gilt für Boni, die aufwandsunabhängig für ein bestimmtes Verhalten des Stpfl. gezahlt werden, bspw. gesundes Körpergewicht oder Nichtraucherstatus. In Abgrenzung zum o.a. BFH-Urteil vom 6.5.2020 (X R 16/18, a.a.O.) hat der BFH mit Urteil vom 16.12.2020 (X R 31/19, BStBl II 2022, 106) für Bonuszahlungen einer privaten Krankenkasse entschieden, dass diese als Beitragserstattungen die als Sonderausgaben abzugsfähigen Krankenversicherungsbeiträge mindern, wenn sie unabhängig davon gezahlt werden, ob dem Versicherungsnehmer finanzieller Gesundheitsaufwand entstanden ist oder nicht. In Abänderung der Rz. 88 und 89 im o.a. BMF-Schreiben vom 24.5.2017 (a.a.O.) wurden diese Rz. geändert und neue Rz. 89a und 89b mit BMF-Schreiben vom 16.12.2021, IV C 3 – S 2221/20/100012 :002, BStBl I 2022, 155 eingefügt. Darin übernimmt die Finanzverwaltung die BFH-Rechtsprechung, dass keine als Beitragsrückerstattung zu würdigende Bonuszahlung vorliegt, wenn eine konkrete Gesundheitsmaßnahme erstattet wird. Aufgrund der Übermittlungspflicht entsprechender Daten von den Krankenversicherungen an die Finanzverwaltung hatte das BMF für Zahlungen bis zum 31.12.2023 eine Nichtbeanstandungsgrenze für Bonuszahlungen von 150 € je versicherter Person in Rz. 89b des o.a. BMF-Schreibens aufgenommen. Im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 (Stand: Regierungsentwurf) ist eine gesetzliche Verankerung der Nichtbeanstandungsgrenze von 150 € vorgesehen.
§ 10a EStG ermöglicht einen zusätzlichen Sonderausgaben-Abzug für Altersvorsorgebeiträge. Die Vorschrift ist Teil eines Instrumentariums, mit dem auch Beziehern kleinerer Einkommen und kinderreichen Familien die Möglichkeit eröffnet werden soll, eine staatlich geförderte private Altersvorsorge aufzubauen. Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schreiben vom 5.10.2023, IV C 3 – S 2015/22/10001 :001, BStBl I, 1726 eingehend zu der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge und betrieblichen Altersversorgung Stellung genommen. Der Sonderausgaben-Abzug führt im Zusammenwirken mit § 22 Nr. 5 EStG zu einer erst nachgelagerten Besteuerung, die grundsätzlich erst dann eingreift, wenn die Versorgungsleistungen später zufließen.
Zusammengefasst regelt § 10a EStG Folgendes:
Bereits von Amts wegen muss eine Günstigerprüfung zwischen dem Sonderausgaben-Abzug der Aufwendungen für Altersvorsorgebeiträge und Gewährung der Zulage gem. § 10a Abs. 2 EStG vorgenommen werden. Sofern die Gewährung der Zulagen an den Steuerpflichtigen günstiger als der Sonderausgaben -Abzug der gezahlten Beiträge ist, sind die Zulagen zu gewähren. Bewirkt der Sonderausgaben -Abzug jedoch eine höhere Steuerentlastung für den Steuerpflichtigen, sind die gezahlten Beiträge als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Die gezahlten Zulagen erhöhen die tarifliche Einkommensteuer.
Mit Urteil vom 19.1.2022 (X R 32/20, BStBl II, 617) hat der BFH entschieden, dass die Inanspruchnahme des Sonderausgabenabzugs für eine zusätzliche Altersvorsorge gem. § 10a EStG ein Wahlrecht des Stpfl. ist. Dieses Wahlrecht muss nach Ansicht des BFH nicht zwingend durch die Abgabe der Anlage AV zur Einkommensteuererklärung ausgeübt werden. Eine formlose Ausübung ist ebenfalls ausreichend. Jedoch kommt die Änderung eines bereits bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d AO i.V.m. § 10a Abs. 5 Satz 2, § 10 Abs. 2a Satz 8 Nr. 1 EStG nicht infrage, wenn der Stpfl. erstmals nach Eintritt der materiellen Bestandskraft begehrt.
Bei Anwendung des § 10a Abs. 2 Satz 1 EStG ist das Finanzamt zur gesonderten Feststellung der über den Zulageanspruch hinausgehenden Steuerermäßigung und zur Meldung an die zentrale Stelle i.S.d. § 81 EStG verpflichtet. Bei mehreren Verträgen erfolgt die Zurechnung anteilig anhand der berücksichtigen Altersvorsorgebeiträge. Bei Ehegatten ist die Anspruchsberechtigung auf Anwendung des § 10a EStG – unabhängig der gewählten Veranlagungsart – individuell zu prüfen, vgl. § 10a Abs. 3 Satz 2 EStG. Sofern die Voraussetzungen des § 10a EStG von beiden Ehegatten erfüllt werden, können die entsprechenden Freibeträge doppelt gewährt werden. Im Gegensatz zum Sparerpauschbetrag kann der nicht ausgenutzte Teil des Freibetrags nicht auf den anderen Ehepartner übertragen werden. Für den Fall, dass nur einer der Ehegatten zur Anwendung des § 10a EStG berechtigt ist, ist bei der Günstigerprüfung und beim ggf. anzuwendenden SA-Abzug nur die einfache Zulage des berechtigten Ehegatten zu berücksichtigen.
Von den in § 10b EStG erfassten Ausgaben nehmen die Mitgliedsbeiträge und Spenden an politische Parteien gem. Abs. 2 eine Sonderrolle ein. Die steuerliche Förderung von Spenden an politische Parteien wird zunächst über eine Verminderung der ESt gem. § 34g EStG i.H.v. 50 % der Ausgaben durchgeführt, maximal aber mit Beträgen von 825 € bzw. 1 650 € bei Zusammenveranlagung von Ehegatten. Darüberhinausgehende Mitgliedsbeiträge und Spenden können gem. § 10b Abs. 2 EStG bis zur Höhe von 1 650 bzw. 3 300 € als Sonderausgaben abgezogen werden. Zur Feststellung der Spendenempfangsberechtigung nimmt der Gesetzgeber Bezug auf die Legaldefinition der politischen Parteien in § 2 des Parteiengesetzes. Dort werden Parteien als Vereinigungen von Bürgern definiert, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbes. nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. Somit können Mitgliedsbeiträge und Spenden an lediglich kommunal tätige Vereinigungen nicht nach § 10b Abs. 2 EStG abgezogen werden. Der Sonderausgaben-Abzug ist gem. § 50 Abs. 1 EStDV davon abhängig, dass die Zuwendung (Spende oder Mitgliedsbeitrag, § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG) von der Partei durch eine Zuwendungsbestätigung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck bescheinigt wird (s. hierzu die aktualisierten Muster für Zuwendungsbestätigungen nach § 10b EStG; vgl. BMF-Schreiben vom 7.11.2013, IV C 4 – S 2223/07/0018 :005, BStBl I 2013, 1333, ergänzt durch BMF-Schreiben vom 26.3.2014, IV C 4 – S 2223/07/0018 :005, BStBl I 2014, 791). Alternativ kann die Bestätigung auch durch Datenübermittlung nach Einwilligung nach § 50 Abs. 2 EStDV durch den Zuwendenden erfolgen. Gem. § 2 Abs. 3 ParteiG sind politische Vereinigungen keine Partei, wenn ihre Mitglieder oder die Mitglieder ihres Vorstandes in der Mehrheit Ausländer sind oder der Sitz oder die Geschäftsleitung der Vereinigung sich außerhalb des Geltungsbereiches des Parteiengesetzes befinden. Gem. § 2 Abs. 2 ParteiG verliert eine Vereinigung ihre Rechtsstellung als Partei, wenn sie sechs Jahre lang weder an einer Bundestagswahl noch an einer Landtagswahl mit eigenen Wahlvorschlägen teilgenommen hat. Lediglich für Mitgliedsbeiträge sind gem. § 50 Abs. 3 EStDV der Nachweis durch Vorlage von Bareinzahlungsbelegen, Buchungsbestätigungen oder Beitragsquittungen ausreichend.
Beispiel 11: Regenerative Energien
Der ledige, besserverdienende Stpfl. S ist ein ausgesprochener Befürworter von regenerativen Energien. Aufgrund seiner Beteiligungen an mehreren Windkraftanlagen konnte er im VZ 2023 sein zu versteuerndes Einkommen so vermindern, dass er am Ende des VZ mit einer Einkommensteuerbelastung von nur noch 6 000 € rechnet. S möchte zum Jahresende noch etwas für die Förderung erneuerbarer Energien tun und denkt an Spenden im Gesamtbetrag von 5 000 €. Primär möchte er eine kommunale Wählerinitiative unterstützen, die bei den kurz bevorstehenden Kommunalwahlen antritt und die Errichtung von Windkraftanlagen in seinem Heimatort fördern will. Er wäre aber auch bereit, an eine bundespolitisch aktive Partei mit ökologischen Zielsetzungen zu spenden. S fragt nach einem steueroptimierten Spendenverhalten.
Lösung 11:
S befindet sich tariflich im unteren Progressionsbereich. Er sollte daher zunächst die Steuerermäßigungen nach § 34g EStG ausschöpfen, bei denen sich die Ausgaben zu 50 % in gesparter ESt auswirken. Zur Ausnutzung der Höchstbeträge sollte er jeweils 1 650 € an die kommunale Wählerinitiative und die Bundespartei spenden. Hinsichtlich des verbleibenden Betrages kann S nur durch eine Spende an die Bundespartei den Sonderausgaben-Abzug nach § 10b Abs. 2 EStG erreichen, da die kommunale Wählerinitiative keine Partei i.S.d. Parteiengesetzes und damit anders als bei § 34g EStG kein tauglicher Empfänger im Sinne dieser Vorschrift ist. Aus steuerlicher Sicht sollte S seine Spende auf weitere 1 650 € beschränken, da der darüberhinausgehende Betrag den für § 10b Abs. 2 EStG geltenden Höchstbetrag überschreiten und sich daher steuerlich nicht auswirken würde.
Einführung
Neben den genannten Spenden an politische Parteien und unabhängige Wählervereinigungen gewährt der Gesetzgeber den Sonderausgaben-Abzug für Spenden, die zur Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke i.S.d. §§ 52–54 AO geleistet werden. § 52 AO enthält eine abschließende Aufzählung steuerbegünstigter Zwecke, die in ihrer Bedeutung gleichbedeutend sind. Erfasst sind damit gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke (vgl. AEAO zu §§ 52 ff.). Die Ausgaben für steuerbegünstigte Zwecke müssen gem. § 10b Abs. 1 Satz 2 ff. EStG außerdem an Empfänger mit bestimmten Rechtsformen geleistet werden.
Zuwendungen i.S.d. § 10b Abs. 1 EStG sind abziehbar, wenn
der Empfänger eine juristische Person des öffentlichen Rechts,
eine öffentliche Dienststelle oder
eine in § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG bezeichnete Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse ist
und diese im Inland ansässig ist.
Vergleichbare ausländische Einrichtungen, die in der EU oder dem EWR ansässig sein müssen, sind lediglich unter den erweiterten Voraussetzungen des § 10b Abs. 1 Satz 3 ff. EStG taugliche Zuwendungsempfänger. Festzuhalten bleibt, dass natürliche Personen und diejenigen Privatrechtssubjekte, die nicht potenziell körperschaftsteuerpflichtig sind, beispielsweise die OHG, die KG und die BGB-Gesellschaft, keine tauglichen Empfänger von Ausgaben i.S.v. § 10b EStG sind. Betragsmäßig abzugsfähig sind gem. § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG 20 % des Gesamtbetrags der Einkünfte oder 4 % der Summe aller im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter sowie der vereinnahmten Umsätze. Nicht abzugsfähige Spendenbeträge sind gesondert festzustellen und können als sog. »Spendenvortrag« unbegrenzt vorgetragen und entsprechend o.g. Regelungen verrechnet werden, vgl. § 10b Abs. 1 Satz 9 EStG. Eine Übersicht der begünstigten Spendenempfänger enthält § 10b Abs. 1 Satz 2 EStG. Entsprechend nicht als Zuwendung i.S.d. § 10b EStG abzugsfähige Ausgaben sind gem. § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 1 bis Nr. 4 EStG folgende Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die
den Sport (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 21 AO),
kulturelle Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen,
die Heimatpflege und Heimatkunde (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 22 AO),
Zwecke i.S.d. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 AO. fördern oder
deren Zweck nach § 52 Abs. 2 Satz 2 AO für gemeinnützig erklärt worden ist, weil deren Zweck die Allgemeinheit auf materielle, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend einem der v.g. Zwecke fördert.
Die nachfolgenden Erläuterungen sind nach den Bereichen Ausgaben, Höhe der Ausgaben, Bescheinigungsverfahren sowie Vertrauens- und Haftungstatbestand gegliedert.
Ausgaben
Die Ausgaben müssen der Förderung steuerbegünstigter Zwecke (beim Empfänger) dienen. Sie können gem. § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG Spende oder Mitgliedsbeitrag sein, die unter dem Begriff »Zuwendungen« zusammengefasst werden. Die Ausgabe muss beim Zuwenden freiwillig an den Zuwendungsempfänger geleistet werden, um den Abzug gem. § 10b Abs. 1 EStG zu gewährleisten. Des Weiteren ist die tatsächliche wirtschaftliche Belastung des Zuwendenden Voraussetzung, um den Spendenabzug zu ermöglichen.
Beispiel 12: Schädliche Gegenleistungen
Gegen den Kläger wurde ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren nach § 153a StPO gegen Zahlung eines Geldbetrages von 5 000 € zu Gunsten einer gemeinnützigen Einrichtung eingestellt. Das FA lehnte den vom Kläger geltend gemachten Abzug der Spende nach § 10b EStG ab. Aus der erkennbaren Ausrichtung der Förderungsleistungen auf einen der steuerbegünstigten Zwecke schließt die herrschende Meinung, dass für den Sonderausgaben-Abzug nur Aufwendungen in Betracht kommen, die der Stpfl. sowohl unentgeltlich als auch freiwillig geleistet hat. Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 153a StPO war nur mit Zustimmung des Beschuldigten möglich, sodass man insoweit vielleicht noch Freiwilligkeit annehmen könnte. Nach Auffassung des BFH (Urteil vom 19.12.1990, X R 40/86, BStBl II 1991, 234) war die Leistung aber nicht unentgeltlich. Maßgeblich soll nicht der bürgerlich-rechtliche Begriff von Leistung und Gegenleistung sein. Die Spende müsse um der Sache willen und ohne die Erwartung eines besonderen Vorteils gegeben werden; die Spendenmotivation muss im Vordergrund stehen. Daher sei der Spendenabzug auch schon dann ausgeschlossen, wenn die Zuwendungen an den Empfänger unmittelbar und ursächlich mit einem auch von einem Dritten gewährten Vorteil zusammenhängen, ohne dass der Vorteil unmittelbar wirtschaftlicher Natur sein müsse.
Lösung 12:
Der den Sonderausgaben-Abzug ausschließende Vorteil lag hier in der Einstellung des Ermittlungsverfahrens. Der Abzug nach § 10b Abs. 1 EStG ist zu Recht versagt worden. Die Frage nach einer möglichen Gegenleistung und der Freiwilligkeit der Ausgaben stellt sich daneben bei Mitgliedsbeiträgen. Während Spenden immer abziehbar sind, schließt § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG bestimmte Mitgliedsbeiträge vom Abzug aus.
Beispiel 13: Golfclub und FA
Der Stpfl. S war durch Vorstandsbeschluss in den Golfclub G aufgenommen worden. Im Zusammenhang damit entrichtete er einen Aufnahmebeitrag i.H.v. 1 500 € sowie einen Jahresbeitrag i.H.v. 1 150 €. Im gleichen Jahr wendete er dem Verein außerdem einen als Spende bezeichneten Betrag i.H.v. 15 000 € zu. Für die Aufnahme in den Golfclub war erforderlich, dass zwei sog. Paten als Fürsprecher benannt werden konnten. Diese Paten hatten den Stpfl. bereits i.R.d. Aufnahmegespräche darauf hingewiesen, dass von dem neuen Mitglied eine Sonderspende zur Vereinsfinanzierung erwartet wird. Dabei war dem Stpfl. auch die übliche Spendenhöhe mitgeteilt worden. Der Club sah es zwar äußerst ungern, wenn nicht gespendet wurde, es wurden aber in diesem Fall auch keine Konsequenzen gezogen, insbes. wurde das nichtspendende Mitglied nicht ausgeschlossen. Der weit überwiegende Teil der neuen Mitglieder, die nicht unter die Sonderregelung für Jugendliche und Junioren fielen, leistete die zusätzliche Zahlung. Die üblichen Mitgliedsbeiträge des Vereins wurden weitgehend schon durch Personalkosten aufgebraucht. Kann S seine Spende nach § 10b Abs. 1 EStG als SA abziehen?
Lösung 13:
Bei der zusätzlichen Zahlung i.H.v. 15 000 € fehlt es an der für eine Ausgabe i.S.d. § 10b EStG erforderlichen Freiwilligkeit. Dafür ist es letztendlich nicht entscheidend, dass den Stpfl. keine echte Rechtspflicht zur Zahlung traf. Ausreichend ist, dass ein faktischer Zwang bestand. Nach vom BFH in seinem Urteil vom 2.8.2006 (XI R 6/03, BStBl II 2007, 8) bestätigter Auffassung der Finanzverwaltung ist eine faktische Verpflichtung regelmäßig schon dann anzunehmen, wenn mehr als 75 % der neu eingetretenen Mitglieder neben der Aufnahmegebühr eine gleich oder ähnlich hohe Sonderzahlung leisten. Die 75 %-Grenze wird als widerlegbare Vermutung für das Vorliegen von Pflichtzahlungen angesehen. Dem Stpfl. bleibt also die Möglichkeit, aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalles nachzuweisen, dass doch eine Spende vorliegt. Auf der anderen Seite können die Umstände des Einzelfalls auch ergeben, dass eine Zahlungsverpflichtung bestand, obwohl weniger als 75 % der neu eingetretenen Mitglieder die Zahlung geleistet haben. Die Zahlung war im vorliegenden Fall auch nicht unentgeltlich. Der Golfclub wäre ohne die Sonderzahlung nicht zu finanzieren gewesen. Die geleisteten Sonderzahlungen standen damit in einem unmittelbaren Zusammenhang zu der Nutzung der Anlagen durch die Mitglieder.
Unter Umständen kann es im ausdrücklichen Interesse des Leistenden liegen, dass es an der Unentgeltlichkeit fehlt und daher keine Ausgabe i.S.v. § 10b EStG vorliegt. Dies ist namentlich beim sog. Sponsoring der Fall. Einzelheiten dazu enthält das BMF-Schreiben vom 18.2.1998, IV B 2 – S 2144-40/98 / IV B 7 – S 0183-62/98, BStBl I, 212. Unter Sponsoring wird üblicherweise die Gewährung von Geld oder geldwerten Vorteilen durch Unternehmen zur Förderung von Personen, Gruppen und/oder Organisationen in sportlichen, kulturellen, kirchlichen, wissenschaftlichen, sozialen, ökologischen oder ähnlich bedeutsamen gesellschaftspolitischen Bereichen verstanden, mit der regelmäßig auch eigene unternehmensbezogene Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt werden. Beim Sponsor können die gemachten Aufwendungen nicht abziehbare Kosten der Lebensführung (§ 12 Nr. 1 EStG), Spenden i.S.v. § 10b EStG oder auch BA i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG sein. Aufwendungen des Sponsors sind BA, wenn der Sponsor wirtschaftliche Vorteile, die insbes. in der Sicherung oder Erhöhung seines unternehmerischen Ansehens liegen können, für sein Unternehmen erstrebt oder für Produkte seines Unternehmens werben will. Da der Betriebsausgabenabzug nicht an Höchstbeträge gebunden ist, wie dies für den Spendenabzug bei natürlichen Personen und Personenzusammenschlüssen nach § 10b Abs. 1 EStG und bei Körperschaften nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG der Fall ist, wird der Stpfl. häufig ausdrücklich verlangen, dass auf das Unternehmen oder die Produkte des Sponsors vom Empfänger werbewirksam hingewiesen wird. Sollen vom Stpfl. nicht Barzuwendungen, sondern für die Körperschaft getätigte Aufwendungen als Spende geltend gemacht werden, so ist dies darüber hinaus nur unter Beachtung der strengen Anforderungen nach § 10b Abs. 3 Satz 5 f. EStG durch Verzicht auf einen gegenüber der Körperschaft bestehenden Aufwendungsersatzanspruch möglich.
Werden Wirtschaftsgüter unmittelbar nach einer Entnahme aus dem BV zugewendet, so ist der Betrag der Ausgabe gem. § 10b Abs. 3 Satz 2 EStG an die Bewertung bei der Entnahme gebunden. Die Entnahme zzgl. Umsatzsteuer (vgl. § 3 Abs. 1b UStG) kann gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 5 EStG mit dem Buchwert (»Buchwertprivileg bei Sachspenden«) erfolgen. Bei Sachspenden aus dem Privatvermögen ist die Zuwendung des WG gem. § 10b Abs. 3 Satz 3 EStG nur dann mit dem gemeinen Wert (§ 9 BewG) anzusetzen, wenn dessen Veräußerung im Zeitpunkt der Zuwendung keinen Besteuerungstatbestand erfüllen würde. Wirtschaftsgüter, die der Stpfl. im Zeitpunkt der Zuwendung nur stpfl. veräußern könnte, dürfen gem. § 10b Abs. 3 Satz 4 EStG höchstens mit den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet werden, wenn keine Gewinnrealisierung stattgefunden hat. So wird verhindert, dass sich nicht realisierte stpfl. Gewinne über den Sonderausgaben-Abzug steuermindernd auswirken.
Höhe des Spendenabzugs
Wie in der Einleitung bereits dargestellt wurde, beträgt der Spendenabzug 20 % des Gesamtbetrages der Einkünfte oder 4 ‰ der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter. Dieser Grundbetrag gilt für alle von § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG erfassten steuerbegünstigten Zwecke. Einen zusätzlichen Abzugsbetrag für die Förderung von Stiftungen schafft § 10b Abs. 1a Satz 1 EStG. Er beträgt auf Antrag 1 000 000 € und gilt nur für Zuwendungen i.S.d. § 10b Abs. 1 EStG, die an eine Stiftung in deren Vermögensstock geleistet werden. Einzelheiten zu der mit dem Ehrenamtsstärkungsgesetz vom 21.3.2013 (BGBl I, 556) neu gefassten § 10b Abs. 1a EStG enthält das BMF-Schreiben vom 15.9.2014, IV C 4 S 2223/07/0006 :005, BStBl I, 1278. Mit dem Begriff Vermögensstock soll das Grundstockvermögen einer Stiftung gemeint sein, das gem. § 58 Nr. 11 AO a.F. nicht einer zeitnahen Mittelverwendung für steuerbegünstigte Zwecke unterliegt. Der Betrag kann gem. § 10b Abs. 1a Satz 1 EStG hinsichtlich der Höhe nur einmal innerhalb eines Zehn-Jahres-Zeitraumes in Anspruch genommen werden. Zusammen veranlagten Ehegatten dürfte dieser Abzugsbetrag jeweils einzeln zustehen.
Die Höchstbeträge für den einzelnen Veranlagungszeitraum können größere Spenden steuerlich teilweise ins Leere laufen lassen. Abhilfe schafft zumindest teilweise der Spendenvortrag gem. § 10b Abs. 1 Satz 9 EStG. Danach können Zuwendungen, die im Veranlagungszeitraum den Höchstbetrag gem. § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG oder den um die Sonderausgaben i.S.v. § 10 Abs. 3 und 4, § 10c und § 10d EStG verminderten Gesamtbetrag der Einkünfte übersteigen, entsprechend § 10d EStG jeweils im Rahmen der Höchstsätze zeitlich unbegrenzt in den folgenden Veranlagungszeiträumen abgezogen werden. Für die Verteilung von Spenden in den Vermögensstock einer neugegründeten Stiftung schafft § 10b Abs. 1a Satz 1 EStG eine gesonderte Regelung. Sie können über einen Zeitraum von bis zu neun Jahren nach Antrag des Stpfl. vorgetragen und verteilt werden. Die besonderen Anforderungen nach § 10d EStG gelten hier nicht entsprechend. Der verbleibende zu verteilende Betrag wird gem. § 10b Abs. 1a Satz 3 EStG lediglich entsprechend § 10d Abs. 4 EStG gesondert festgestellt (vgl. zu den Einzelheiten BMF-Anwendungsschreiben zu § 10b EStG vom 18.12.2008, IV C 4 – S 2223/07/0020, BStBl I 2009, 16).
Bescheinigungsverfahren
Gem. § 50 Abs. 1 EStDV dürfen Zuwendungen i.S.d. § 10b EStG nur abgezogen werden, wenn sie vom Empfänger auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck bestätigt oder nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch den Zuwendungsempfänger elektronisch übermittelt werden. Nur für Zuwendungen, die 300 € (vor 2020: 200 €) nicht übersteigen oder zur Linderung der Not in Katastrophenfällen geleistet werden, lässt § 50 Abs. 4 EStDV unter bestimmten weiteren Voraussetzungen den Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstitutes als Nachweis ausreichen. Nach R 10b.1 Abs. 2 EStR besteht außerdem trotz Abschaffung des sog. Durchlaufspendenverfahrens immer noch die Möglichkeit, Spenden über inländische Personen des öffentlichen Rechts, die Gebietskörperschaften sind (Bund, Länder, Landkreise, Gemeinden), und ihre Dienststellen sowie inländische kirchliche juristische Personen des öffentlichen Rechts an die Zahlungsempfänger zu leiten; in diesen Fällen darf die Zuwendungsbestätigung gem. R 10b.1 Abs. 2 Satz 7 EStR nur von der Durchlaufstelle ausgestellt werden. Die Bescheinigung ist kein ersetzbares Beweismittel für die Zuwendung und ihre Verwendung, sondern echte materielle Abzugsvoraussetzung. Die Zuwendungsbestätigung muss dem Finanzamt außerdem vorliegen, bevor der Steuerbescheid, in dem der Spendenabzug veranlagt werden muss, materiell bestandskräftig ist. Die nachträgliche Erteilung der Bescheinigung gilt gem. § 175 Abs. 2 Satz 2 AO i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 9.12.2004 (BGBl I, 3310) ab 28.10.2004 nicht mehr als rückwirkendes Ereignis (entgegen BFH-Urteil vom 6.3.2003, XI R 13/02, BStBl II 2003, 554; H 10b.1 EStH »Rückwirkendes Ereignis«; zur zeitlichen Anwendung s. Art. 97 § 9 Abs. 3 EGAO). Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass primäre Voraussetzung für den Spendenabzug die tatsächliche Verwendung der Zuwendung für steuerbegünstigte Zwecke bleibt und die subjektive Absicht der Förderung beim Stpfl. nicht ausreichend ist. So wäre die Haftung des Empfängers für die entgangene Steuer bei zweckwidriger Verwendung der Zuwendung nach § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG ohne einen Hauptanspruch gegen den (erfolglosen) Spender nicht denkbar. Der BFH hat deshalb die tatsächliche Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke immer für erforderlich gehalten. Er geht davon aus, dass es im Regelfall einer Prüfung in der Veranlagung nicht bedarf, wenn der Nachweis durch eine ordnungsgemäße Spendenbescheinigung erfolgt. Zusätzlich greift der in § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG normierte Vertrauensschutz, wonach der Stpfl. auf die Richtigkeit der Bestätigung vertrauen darf, wenn er sie nicht durch unlautere Mittel oder falsche Angaben erwirkt hat, deren Unrichtigkeit nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhte. Wesentlich schwieriger ist die Situation für den Spendenempfänger, der nach amtlichem Vordruck die Bestätigung über die erhaltene Spende ausstellen muss, um dem Zuwendenden den Abzug nach § 10b EStG zu ermöglichen. Er muss dabei praktisch eine Aussage über die Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke i.S.d. §§ 51 ff. AO treffen (alte Rechtslage). Es gab kein gesondertes Verfahren, durch das festgestellt wird, ob eine Körperschaft steuerbegünstigte Zwecke verfolgt. Dies wird nachträglich i.R.d. Veranlagung entschieden. Bei neu gegründeten Körperschaften wird auf Antrag eine vorläufige Bescheinigung über die Gemeinnützigkeit erteilt, wenn die Satzung den Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen entspricht. Diese Bescheinigung ist aber kein Verwaltungsakt und frei widerruflich.
Haftungstatbestand
Der Vertrauensschutz für den Spender nach § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG soll durch die Haftung bei der empfangenden Körperschaft und den dort handelnden Personen nach § 10b Abs. 4 Satz 2 und 3 EStG kompensiert werden. Die bei der Veranlagung des Spenders entgangene Steuer wird aus Vereinfachungsgründen pauschal mit 30 % des zugewendeten Betrages veranschlagt. Da nur für eine entgangene Steuer gehaftet wird, kann gegen die Inanspruchnahme erfolgreich eingewendet werden, dass der Spender aufgrund eigener Bösgläubigkeit keinen Vertrauensschutz nach § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG in Anspruch nehmen kann. Das Steuerrechtsverhältnis mit dem Spender wird durch den Vertrauensschutz modifiziert; der zutreffende Steueranspruch gegen ihn erlischt nicht; er kann lediglich gegenüber dem Spender nicht geltend gemacht werden. Die Haftung nach § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG bedeutet deshalb das Einstehen-Müssen für eine fremde Schuld. Sie muss von der Finanzverwaltung dementsprechend durch einen Haftungsbescheid nach § 191 AO und nicht mittels eines Steuerbescheides nach § 155 AO geltend gemacht werden. Die Haftung knüpft an zwei unterschiedliche Haftungsgründe an, das Ausstellen unrichtiger Zuwendungsbestätigungen und die Verwendung der Zuwendung für andere als den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zweck.
Ausstellen unrichtiger Bestätigungen
Die Zuwendungsbestätigung ist unrichtig, wenn ihr Inhalt nicht der objektiven Rechtslage entspricht, beispielsweise der Spendenbetrag zu hoch angegeben ist, der bescheinigte Zweck kein satzungsmäßiger Zweck ist, der Aussteller zum Spendenempfang nicht berechtigt ist oder die Zuwendung keinen unentgeltlichen Charakter besitzt. Der Aussteller muss bei der Ausstellung der unrichtigen Bestätigung schuldhaft i.S.v. Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit gehandelt haben. Vorsätzlich handelt, wer die Unrichtigkeit kennt oder zumindest billigend in Kauf nimmt. Grob fahrlässig wird eine unrichtige Bestätigung dann erteilt, wenn der Aussteller die Unrichtigkeit zwar nicht kennt, die gebotene und zumutbare Sorgfalt aber in ungewöhnlichem und nicht entschuldbarem Maße verletzt. Die Prüfung auf schuldhaftes Handeln soll nach individuellen Maßstäben vorgenommen werden, also gemessen an den individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten des Ausstellers. Einfache Fahrlässigkeit reicht nicht aus, um die Haftung des Ausstellers auszulösen. Der Gesetzgeber berücksichtigt so zu Gunsten des Ausstellers, dass er zum Zeitpunkt der Bestätigung häufig kaum beurteilen kann, ob die Empfängerin steuerbegünstigt ist oder bleibt und für welche Zwecke die Spende tatsächlich verwendet wird. Seitdem der Gesetzgeber in § 10b Abs. 4 Satz 4 EStG die Reihenfolge der Haftung für den anderen Haftungsfall, die Verwendung der Zuwendung für andere als den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zweck, gesondert geregelt hat, dürfte geklärt sein, dass sowohl der Aussteller als auch die Körperschaft haften.
Veranlassen der zweckwidrigen Verwendung
Die Haftung für die Fehlverwendung von Spendengeldern knüpft daran an, dass die zugewendeten Mittel nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden. Sie greift deshalb bereits ein, wenn die Mittel zwar für steuerbegünstigte Zwecke, aber für andere als die bescheinigten steuerbegünstigen Zwecke verwendet werden. Häufig wird der Haftungstatbestand dadurch ausgelöst werden, dass Zuwendungen bei der steuerbegünstigten Körperschaft nicht im ideellen Bereich, sondern in der Vermögensverwaltung oder in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb Verwendung finden. Die Zuordnung der fehlverwendeten Mittel zu bestimmten Spendern oder Zuwendungen ist für die Feststellung des Haftungstatbestandes nicht erforderlich. Die Haftung für die Fehlverwendung ist – anders als die für das Ausstellen unrichtiger Zuwendungsbestätigungen – als Gefährdungshaftung ausgestaltet und setzt ein schuldhaftes Handeln nicht voraus. Als Haftungsschuldner ist gem. § 10b Abs. 4 Satz 4 EStG primär der Zuwendungsempfänger in Anspruch zu nehmen.
Nachfolgendes Beispiel bildet die ganze Thematik ab.
Beispiel 14: Richtig spenden
Der verwitwete Mäzen M erzielt Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und verfügt über ein kleineres Einzelunternehmen, das er aber lediglich mit zwei geringfügig Beschäftigten führt (Gehalt 12 × 450 €). Im VZ 2023 hat das Einzelunternehmen ein ausgeglichenes Ergebnis bei einem Umsatz von 60 000 € (ohne USt) erzielt. Der Gesamtbetrag der Einkünfte beträgt 110 000 €. Sonderausgaben i.S.v. § 10 EStG sind in abziehbarer Höhe von 4 000 € angefallen. Außergewöhnliche Belastungen bestanden im VZ 2023 nicht. Außerdem hat M folgende Ausgaben getätigt: An die katholische Kirche wurde eine Spende von 10 000 € und eine weitere Spende i.H.v. 5 555 € geleistet. M kann für die Spende i.H.v. 5 555 € zwar den Überweisungsbeleg, nicht aber eine Spendenbestätigung der katholischen Kirche vorlegen. Für die Förderung einer kirchlichen Schule hat M außerdem einen Betrag von 2 000 € an eine katholische Kirchengemeinde in Ecuador überwiesen. Für die Finanzierung eines größeren Turniers steuerte M dem örtlichen Sportverein S einen Betrag von 15 000 € bei. S wird in dem begleitenden Veranstaltungsheft auf die Unterstützung durch M und sein Unternehmen in einer ganzseitigen Anzeige hinweisen und stellt über die Zuwendung eine ordnungsgemäße Zuwendungsbestätigung aus. Außerdem hat M seinen jährlichen Mitgliedsbeitrag i.H.v. 200 € überwiesen. Diesen Überweisungsbeleg hat M aufbewahrt. Eine in 2023 neu gegründete, wissenschaftlich tätige private Stiftung hat M mit einem Betrag von 25 000 € bedacht. Diesen Betrag verwendete die Stiftung zur Unterstützung eines engagierten Nachwuchswissenschaftlers mit einem Vollstipendium. Der Tierschutzverein erhielt eine Spende von 800 €. Der örtliche Heimatverein erhielt eine Spende i.H.v. 2 000 €. M hat allerdings inzwischen erfahren, dass der Heimatverein wegen der Fehlverwendung von Mitteln ab dem VZ 2023 vom FA nicht mehr als gemeinnützige Körperschaft anerkannt wird. M möchte die Höhe seines steuerlichen Einkommens wissen. Alle erforderlichen Bestätigungen können, sofern nicht anders erwähnt, von M ordnungsgemäß vorgelegt werden.
Lösung 14:
Das steuerliche Einkommen des M ergibt sich gem. § 2 Abs. 4 EStG aus dem um die Sonderausgaben und die agB verminderten Gesamtbetrag der Einkünfte. Neben dem Abzug der Sonderausgaben i.S.v. § 10 EStG kommt der Abzug von Ausgaben zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i.S.v. § 10b EStG in Betracht. Die Inanspruchnahme des besonderen Abzugsbetrages nach § 10b Abs. 1a EStG für die Zuwendung an die wissenschaftlich tätige Stiftung ist allerdings nicht möglich. Die allgemeine Zuwendung wurde nicht in den Vermögensstock der Stiftung geleistet und unterliegt deshalb bei der Stiftung dem Gebot der zeitnahen Verwendung gem. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO. Dies ist durch die Stiftung unstreitig vorgenommen worden. Bei der Anwendung des § 10b Abs. 1 EStG ist folgende Vergleichsrechnung zu erstellen:
§ 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG: 20 % × 110 000 € = 22 000 € abzugsfähiges Spendenvolumen,
§ 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG: 4 ‰ × (60 000 € Umsatz + 10 800 Löhne) = 283,20 € abzugsfähiges Spendenvolumen.
Dem M verbleibt somit der Grundbetrag i.H.v. 20 % des Gesamtbetrages der Einkünfte gem. § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zum Sonderausgaben-Abzug. Eine kritische Betrachtung ergibt jedoch, dass ein wesentlicher Teil der Zuwendungen nicht abzugsfähig ist. Die Spende an die katholische Kirche i.H.v. 5 555 € kann nicht gem. § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG als Sonderausgaben abgezogen werden, weil mit der Zuwendungsbestätigung nach amtlichem Vordruck gem. § 50 Abs. 1 EStDV eine echte materielle Abzugsvoraussetzung fehlt. Ein anderer Nachweis für die Zuwendung und deren tatsächliche Verwendung reicht generell nicht aus. Der vereinfachte Nachweis nach § 50 Abs. 2 EStDV ist vorliegend nicht möglich, da die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind. Die Überweisung vom 2 000 € an die katholische Gemeinde in Ecuador kann ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Dabei kann dahinstehen, ob die katholische Kirche dort wie in Deutschland den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts hat oder aber eine privatrechtliche Körperschaft ist. Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts aus dem Inland oder dem EU-/EWR-Ausland (zur Zulässigkeit der Spenden an gemeinnützige Organisationen im Gemeinschaftsgebiet vgl. EuGH vom 27.1.2009, C-318/07, »Persche«, BStBl II 2010, 440) ist die ausländische Kirchengemeinde zumindest nicht. Sie kann aber auch nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreit sein, da diese Befreiung für beschränkt Körperschaftsteuerpflichtige aus Nicht-EU-/EWR-Staaten gem. § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG nicht gilt. Die »Spende« an den Sportverein S für die Ausrichtung des Turniers ist keine freigiebige Ausgabe, sondern BA im Einzelunternehmen des M, da der Verein nicht lediglich auf den Spender als Sponsor hinweist, sondern mit der Anzeige eine echte werbliche Gegenleistung erbringt. I.Ü. verfolgen der Sportverein und auch der Tierschutzverein gemeinnützige Zwecke. Der an den Sportverein entrichtete Mitgliedsbeitrag ist allerdings gem. § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 1 EStG nicht abziehbar. Der aufbewahrte Überweisungsbeleg beeinflusst diese rechtliche Würdigung nicht. Die »Spende« an den Heimatverein ist grundsätzlich nach § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 22 AO abziehbar. Voraussetzung für den Spendenabzug ist neben der Zuwendungsbestätigung nach amtlichem Vordruck aber, dass die Zuwendung auch tatsächlich für steuerbegünstigte Zwecke verwendet wird. Dies ist bei dem von M bedachten Heimatverein aktuell nicht der Fall. Auf einen Vertrauensschutz nach § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG kann M sich nicht berufen, da er inzwischen von der Fehlverwendung Kenntnis hat. Nach h.M. kommt es für die Gutgläubigkeit nicht auf den Zeitpunkt an, in dem die Zuwendungsbestätigung ausgestellt wird, sondern in dem die ESt-Erklärung abgegeben wird. Abziehbar nach § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG bleibt die ordnungsgemäß bescheinigte Zuwendung i.H.v. 10 000 € an die katholische Kirche in Deutschland. Da die katholische Kirche Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, verfolgt sie kirchliche und nicht religiöse Zwecke i.S.v. § 52 Abs. 2 Satz 1 AO. Körperschaftsteuerpflichtige aus Mitgliedstaaten der EU dürfen infolge der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten nicht allein aufgrund ihrer beschränkten Steuerpflicht von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 EStG ausgeschlossen werden (vgl. BFH vom 20.12.2006, I R 94/02, BStBl II 2010, 331). Seit der o.a. Entscheidung des EuGH vom 27.1.2009 in der Rs. Persche ist außerdem geklärt, dass diese grundsätzlich auch taugliche Spendenempfänger i.S.v. § 10b EStG sind (vgl. o.a. EuGH vom 27.1.2009, C-318/07, a.a.O.; und BFH-Urteile vom 27.5.2009, X R 46/05, BFH/NV 2009, 1633; und vom 17.9.2013, I R 16/12, BStBl II 2014, 440).
Abziehbar ist ebenfalls die Spende von 800 € an den Tierschutzverein gem. § 10b Abs. 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 14 AO. Damit sind Zuwendungen i.H.v. 35.800 € dem Grunde nach abziehbar. Der Höchstbetrag beträgt gem. § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG 22.000 €, sodass M einen Betrag von 3.800 € nur gem. § 10b Abs. 1 Satz 9 EStG vortragen kann. Das steuerliche Einkommen des M beträgt also:
Gesamtbetrag der Einkünfte |
110.000 € |
||
./. |
Sonderausgaben i.S.v. § 10 EStG |
./. 4 000 € |
|
./. |
Abzug nach § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG |
./. 22 000 € |
|
Einkommen |
84 000 € |
Für die Sonderausgaben nach §§ 10 und 10b EStG – mit Ausnahme der Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EStG – kann der Stpfl. einen Pauschbetrag nach § 10c EStG i.H.v. 36 € in Anspruch nehmen, wenn er keine höheren Aufwendungen nachweisen kann. Bei zusammen veranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Betrag entsprechend auf 72 €.
Kempny/Siegel, Perspektiven der Reform der Altersrentenbesteuerung, Zur möglichen Relevanz von Abzugsbeschränkungen für Rentenbeiträge, FR 2022, 1057; Perleberg-Kölbel, Wohnungsüberlassung und begrenztes Realsplitting, FuR 2023, 459; Kanzler, Der Versorgungsausgleich im Einkommensteuerrecht, Zugleich Anmerkungen zum BMF-Schreiben vom 21.3.2023, nwb 2023, 1964; Reddig, Abzug von Vorsorgeaufwand in »Grenzfällen« – Sachstand und Ausblick, DStR 2023, 1875; Rennar, Deutscher Bundestag untersucht ertragsteuerliche Vollentlastung durch Kinderbetreuungskosten ohne weiterführendes Ergebnis, FR 2023, 693; Gehm, Kosten des Studiums und der Berufsausbildung, BFH nimmt erneut Stellung zur einkommensteuerlichen Behandlung, EStB 2023, 481; Dorn/Stein, Vorweggenommene Erbfolge: Die Übertragung von Vermögen gegen Versorgungsleistungen als Gestaltungsmittel, ErbBestg 2024, 18; Rennar, Gesetzgebung: Erhebliche praktische Vereinfachungen durch das Zuwendungsempfängerregister ab 2024, ErbBstg 2024, 60; Kaminski, Kein Werbungskostenabzug für Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts beim Realsplitting, AktStR 2024, 221.
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