Steueränderungsgesetz 2015

Stand: 18. August 2020

1. Vorbemerkungen

Bereits bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (kurz: ZollkodexAnpG) wurde vom Bundesrat in einer Protokollerklärung angekündigt, dass weitere noch offene und zu prüfende Ländervorschläge in einem Steuergesetz aufgegriffen werden sollten. U.a. diese Vorschläge wurden am 25.3.2015 vom Bundeskabinett im Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften beschlossen. Zu den wichtigsten Änderungen zählen u.a. die Erleichterungen beim Investitionsabzugsbetrag, Änderungen bei der Konzernklausel i.R.d. § 8c KStG und die Schließung von vermuteten Lücken im Umwandlungssteuergesetz. Ferner erfolgen u.a. redaktionelle Anpassungen im Hinblick auf bestimmte Gesellschaftsformen in Polen und Rumänien sowie bei den Warenbezeichnungen an den Zolltarif bei Metalllieferungen (vgl. Anlage 4 zu § 13b UStG).

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2. Zeitlicher Ablauf

Der Entwurf wurde vom Bundeskabinett am 25.3.2015 beschlossen. Die 2./3. Lesung im Bundestag fand am 24.9.2015 statt. Der Bundestag hat dabei das Gesetz in der vom Finanzausschuss empfohlenen Fassung (vgl. BT-Drs. 18/6094) angenommen. Das vom Bundestag verabschiedete Gesetz enthält gegenüber dem Regierungsentwurf diverse wesentliche Änderungen. Der Titel des Gesetzes wurde in »Steueränderungsgesetz 2015« geändert. Die abschließende Beratung im Bundesrat am 16.10.2015 endete mit der Zustimmung zum Gesetzentwurf. Einige Änderungen werden erst ab dem Veranlagungszeitraum 2016 gelten. Abweichende Zeitpunkte sind nachfolgend ausdrücklich erwähnt.

3. Wichtige Änderungen in der Abgabenordnung

Die Änderungen in § 139c AO beruhen auf einem Teil der redaktionellen Vorschläge des Bundesrates in Ziff. 3 seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BT-Drs. 18/3158). Der Begriff des »Sitzes« ist im Rahmen des Unterscheidungsmerkmals nach § 139c Abs. 5a AO, das keine eigenständigen wirtschaftlich Tätigen abbilden soll, sondern die einzelnen wirtschaftlichen Tätigkeiten, Betriebe oder Betriebstätten des wirtschaftlich Tätigen, fehlerhaft und soll danach gelöscht werden.

4. Wichtige Änderungen im Einkommensteuerrecht

4.1. Inlandsbegriff

Der Inlandsbegriff im Ertragsteuerrecht (mithin § 1 EStG ebenso wie entsprechende Regelungen im KStG und GewStG) wurde ausgedehnt. Künftig sollen so alle aus dem UN-Seerechtsübereinkommen ableitbaren Besteuerungsrechte für Deutschland nutzbar werden. Im Rahmen aktueller volkswirtschaftlicher Entwicklungen der Energiegewinnung bzw. anderer wirtschaftlicher Tätigkeiten gewinnt der Deutschland zustehende Anteil am Festlandsockel bzw. an der Wirtschaftszone (z.B. gewerbliche Fischzucht) zunehmend an Bedeutung. Nach dem bisherigen Wortlaut gilt der ertragsteuerliche Inlandsbegriff aber nicht bei derartigen Tätigkeiten. Hierdurch kann es zu steuerlichen Vorteilen bei ausländischen Steuerpflichtigen im Offshore-Bereich im Vergleich zu inländischen Steuerpflichtigen kommen. Dies soll mit der Neufassung vermieden werden.

4.2. Privatanteil Pkw bei Elektro- und Hybridfahrzeugen

Erfolgt die Ermittlung des Entnahmewerts nach der Fahrtenbuchmethode, sind die der Berechnung der Entnahme zugrunde zu legenden insgesamt entstandenen Aufwendungen um Aufwendungen für das Batteriesystem zu mindern. Dabei ist die der AfA zugrunde zu legende Bemessungsgrundlage, wenn darin Kosten für ein Batteriesystem enthalten sind, um diejenigen Beträge zu mindern, um die bei Anwendung der 1 %-Methode eine Minderung des Listenpreises erfolgen würde. Durch die Neuregelung soll verhindert werden, dass bei einer betrieblichen Nutzung zwischen 10 % und 50 % nicht nur eine Kürzung der Gesamtkosten um den für die Batterie anzusetzenden Minderungsbetrag, sondern auch eine Minderung des anhand der ungekürzten Gesamtaufwendungen ermittelten Entnahmewerts vorgenommen werden kann.

4.3. § 6b EStG – Rücklage

§ 6b EStG wurde um einem neuen Absatz 2a ergänzt, mit welchem die Besteuerung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter an die Rechtsprechung des EuGH (Rs.C-591/13, sowie zur gestreckten Besteuerung des Veräußerungsgewinns im Rahmen der Wegzugsbesteuerung Rs. C-657/13) angepasst werden soll. Ferner wird zusätzlich zum bestehenden Wahlrecht (Sofortversteuerung/Investitionsrücklage) die Möglichkeit eingeräumt, auf Antrag bei einer beabsichtigten Investition im EU-/EWR-Raum die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Steuer über einen Zeitraum von fünf Jahren zu entrichten. Der Antrag kann nur im Wirtschaftsjahr der Veräußerung des relevanten Wirtschaftsgutes gestellt werden. Die Ergänzung des § 6b EStG zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 16.4.2015 in der Rs. C-591/13 soll europarechtsfreundlich zugunsten der Steuerpflichtigen rückwirkend in allen noch offenen Fällen anwendbar sein.

4.4. Investitionsabzugsbetrag

Bisher ist für die Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrages zwingend die Funktion des anzuschaffenden oder herzustellenden begünstigten Wirtschaftsgutes anzugeben. Nach der Neuregelung in § 7g EStG kann der Steuerpflichtige künftig ohne weitere Angaben Abzugsbeträge für künftige Investitionen im beweglichen Anlagevermögen bis zu einem Höchstbetrag von unverändert 200 000 € gewinnmindernd abziehen.

4.5. Sonstige Änderungen

Zur Verfahrenssicherung und -vereinfachung wird in § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG für den Zahlenden die Pflicht geregelt, die Identifikationsnummer (§ 139b AO) der den Unterhalt empfangenden Person anzugeben. Die unterhaltene Person wird ihrerseits verpflichtet, ihre Identifikationsnummer der den Unterhalt leistenden Person für diese Zwecke mitzuteilen. Die Ergänzung des § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG setzt ein Petitum des Bundesrats um. Der BFH hat mit Urteil vom 12.12.2012 (I R 27/12) ausgeführt, dass ein Kreditinstitut einem sich auf Wortlaut und Zweck des Gesetzes stützenden Widerspruch des Bankkunden Folge leisten und vom Steuerabzug Abstand nehmen muss, auch wenn ein BMF-Schreiben den Steuerabzug anordnet. Mit einer entsprechenden gesetzlichen Klarstellung wird die bisherige, im Schreiben des BMF vom 12.9.2013 (BStBl I 2013, 1167) vertretene Verwaltungsauffassung, wonach Kreditinstitute die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung anzuwenden haben, bestätigt. Die Änderung des § 44 Abs. 2 Satz 2 EStG soll verhindern, dass ein Zufluss der Dividendenzahlung vor Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs angenommen werden kann und die Erhebung der Kapitalertragsteuer vor dem Zufluss der Dividendenzahlungen erfolgt. Die Ergänzung des § 44a Abs. 1 Satz 1 EStG dient der redaktionellen Klarstellung, dass auch bei Kapitalerträgen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 (insbesondere Dividenden und Erträge aus Genussrechten) nur bei unbeschränkt steuerpflichtigen Gläubigern die Erteilung von Freistellungsaufträgen möglich ist.

Sämtliche Änderungen treten zum 1.1.2016 in Kraft.

5. Wichtige Änderungen im Körperschaftsteuerrecht

Im Rahmen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22.12.2009 wurde eine Ausnahme in die Verlustabzugsbeschränkung bei Körperschaften eingeführt, um Verlustvorträge bei konzerninternen Umstrukturierungsmaßnahmen zu erhalten. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollten hierdurch von der Verlustverrechnungsbeschränkung alle Umstrukturierungen ausgenommen werden, die ausschließlich innerhalb eines Konzerns vorgenommen werden, an dessen Spitze zu 100 % eine einzelne Person oder Gesellschaft steht. Die Regelung sollte lediglich dann nicht greifen, wenn neue Gesellschafter hinzutreten oder konzernfremde Gesellschafter beteiligt sind. Bei wortgetreuer Auslegung wird mithin vorausgesetzt, dass am übertragenden und am übernehmenden Rechtsträger dieselbe Person zu jeweils 100 % (un)mittelbar beteiligt ist. Somit wird der ursprüngliche Zweck nicht hinreichend umgesetzt, da z.B. die Fälle nicht erfasst sind, in denen die an der Spitze stehende Person oder Gesellschaft selbst als Erwerber oder Veräußerer von Anteilen agiert.

Mit der Neufassung des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG wird die Konzernklausel nun auf Fallkonstellationen ausgeweitet, in denen die Konzernspitze Erwerber oder Veräußerer ist. Zudem kommt als Konzernspitze neben natürlichen und juristischen Personen ausdrücklich auch eine Personenhandelsgesellschaft in Betracht.

Die erstmalige Anwendung der Neuregelung wird dabei auf den erstmaligen Anwendungszeitpunkt der Konzernklausel – Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009 – zurückbezogen.

Die Änderungen treten zum 1.1.2016 in Kraft.

Zudem wurde klargestellt, dass der Ausweis von Schwankungsrückstellungen und ähnlichen Rückstellungen i.S.d. § 341h HGB in der Steuerbilanz (§ 20 Abs. 1 KStG) den handels- bzw. aufsichtsrechtlichen Vorgaben entspricht (durch Regelung in § 20 KStG, dass § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG nicht anzuwenden ist). Darüber hinaus soll die Übergangsregelung zur Auflösung von Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen (RfB) in modifizierter Form bis zum Veranlagungszeitraum 2017 verlängert werden.

6. Wichtige Änderungen im Umwandlungssteuerecht

Die bisherigen gesetzlichen Regelungen ermöglichen eine steuerneutrale Einbringungen von Sachgesamtheiten i.S.d. § 20 UmwStG und mehrheitsvermittelnden Beteiligungen i.S.d. § 21 UmwStG in Kapitalgesellschaften auch dann, wenn der Einbringende neben Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft auch sonstige Gegenleistungen bis zur Höhe des Buchwerts des eingebrachten Vermögens – in der Regel bare Zuzahlungen – erhält. Auch bei Einbringungen in Personengesellschaften (§ 24 UmwStG) enthält das Gesetz bisher keine Einschränkungen hinsichtlich einer sonstigen Gegenleistung.

Die genannten Besonderheiten haben in vielen Fällen dazu geführt, dass lediglich eine geringe Kapitalerhöhung vorgenommen, oder im Fall der Einbringung in eine Neugründung lediglich das Mindeststammkapital von 25 000 € dem Einbringenden als neue Anteile übertragen wurde. Für den Rest des eingebrachten Buchwertes wurde dann als sonstige Gegenleistung ein Gesellschafterdarlehen, das jeder Zeit fällig gestellt werden kann, zugunsten des Einbringenden passiviert.

Nach dem neuen § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG können die Buchwerte bei Erbringung sonstiger Gegenleistungen nur noch fortgeführt werden, soweit der gemeine Wert der sonstigen Gegenleistungen nicht die Grenze von 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens oder 500 000 € (nach dem ursprünglichen Entwurf waren 300 000 € geplant), höchstens jedoch den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens, übersteigt. Durch die Begrenzung der Zuzahlungsmöglichkeit auf 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens oder auf maximal 500 000 € wird insbesondere den praktischen Bedürfnissen für einen Wertausgleich in einem bestimmten Umfang bei Unternehmenszusammenschlüssen (z.B. bei Joint-Ventures) ausreichend Rechnung getragen. Die Möglichkeit zur Fortführung der Buchwerte oder zum Ansatz von Zwischenwerten besteht danach – bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen – nur soweit die genannten Grenzen nicht überschritten sind. Soweit diese Grenze überschritten ist, bleibt es beim Ansatz der Werte nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG.

Beispiel:

Das eingebrachte Betriebsvermögen hat einen Buchwert i.H.v. 2 000 000 € und einen gemeinen Wert i.H.v. 5 000 000 €. Der Einbringende erhält neue Anteile, die einem gemeinen Wert i.H.v. 4 000 000 € entsprechen, und eine Barzahlung i.H.v. 1 000 000 €. Es wird ein Antrag auf Fortführung der Buchwerte gestellt; die übrigen Voraussetzungen für einen Buchwertansatz in § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 und Abs. 2 Satz 3 UmwStG liegen vor.

Lösung:

Die Möglichkeit zur Buchwertfortführung besteht nur, soweit die Grenzen des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG-E nicht überschritten sind:

Wertansatz bei der Übernehmerin

1. Schritt

Prüfung der Grenze des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG und Ermittlung des übersteigenden Betrags:

Gemeiner Wert der sonstigen Gegenleistung

1 000 000 €

Höchstens 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens (= 500 000 €) oder 500 000 €, höchstens jedoch der Buchwert

./. 500 000 €

Übersteigender Betrag

500 000 €

2. Schritt

Ermittlung des Verhältnisses des Werts des Betriebsvermögens, für das nach § 20 Abs.2 Satz 2 UmwStG in Abweichung von § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG die Buchwerte fortgeführt werden können:

Gesamtwert des eingebrachten Betriebsvermögens ./. übersteigende Gegenleistung

Gesamtwert des eingebrachten Betriebsvermögens

5 000 000 € ./. 500 000 €

= 90 %

5 000 000 €

3. Schritt

Ermittlung des Wertansatzes des eingebrachten Betriebsvermögens bei der Übernehmerin:

Buchwertfortführung: 90 % von 2 000 000 €

1 800 000 €

Sonstige Gegenleistung, soweit § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG überschritten

500 000 €

Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens bei der Übernehmerin

2 300 000 €

Folgen beim Einbringenden

4. Schritt

Ermittlung des Übertragungsgewinns beim Einbringenden

Veräußerungspreis (§ 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG)

2 300 000 €

Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens

./. 2 000 000 €

Einbringungsgewinn

300 000 €

5. Schritt

Ermittlung der Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile

Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile (§ 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG)

2 300 000 €

Wert der (gesamten) sonstigen Gegenleistungen (§ 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG)

./. 1 000 000 €

Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile

1 300 000 €

Würden die erhaltenen neuen Anteile später zu ihrem gemeinen Wert von 4 000 000 € veräußert, entstünde ungeachtet § 22 UmwStG ein Veräußerungsgewinn i.H.v. 2 700 000 €. Dies entspricht den auf die Übernehmerin übergegangenen stillen Reserven (5 000 000 € ./. 2 300 000 € = 2 700 000 €). Durch den Abzug des gesamten Betrags der sonstigen Gegenleistung bei der Ermittlung der Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile bleibt die dem Einbringungsteil zugrundeliegende Systematik der sog. Verdopplung stiller Reserven gewahrt; eine Anpassung des § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG an die Begrenzung in § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG ist daher nicht erforderlich.

Die Änderungen in § 21 Abs. 1 Sätze 2 und 3 UmwStG und § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2, 4 und 5 UmwStG passen dann folgerichtig an § 20 UmwStG an. Bezogen auf § 22 UmwStG sind somit auch Änderungen der Ausnahmen von der rückwirkenden Einbringungsgewinnbesteuerung vorgesehen. Auch hier soll die oben genannte Begrenzung für sonstige Gegenleistungen Bedeutung erlangen. In der Folge löst z.B. eine Weitereinbringung oder Ketteneinbringung sperrfristbehafteter Anteile unter Zahlung einer die obigen Grenzen übersteigenden Gegenleistung die rückwirkende Einbringungsgewinnbesteuerung aus.

Da der BFH in seinem Urteil vom 18.9.2013 (X R 42/10), auch i.R.d. § 24 UmwStG finanzielle Gegenleistungen bis zur Höhe des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens für zulässig hält, ohne dass es zu einer Aufdeckung stiller Reserven kommt, ist die Änderung des § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG-E erforderlich, um die Grundwertungen des Umwandlungssteuergesetzes folgerichtig umzusetzen und einheitliche Voraussetzungen für sämtliche Einbringungstatbestände zu schaffen.

Da die genannten Änderungen bereits in der Protokollerklärung genannt wurden, besteht nach Ansicht der Bundesregierung ein schutzwürdiges Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Fortbestand der Rechtslage nicht mehr. Daher sollen alle Änderungen im UmwStG bereits rückwirkend auf Einbringungen mit einem erfolgten Umwandlungsbeschluss bzw. einem abgeschlossenen Einbringungsvertrag nach dem 31.12.2014 anzuwenden sein.

Darüber hinaus wurde eine Grenze bei hohen sonstigen Gegenleistungen eingeführt. Ohne diese Grenze könnten negative Anschaffungskosten entstehen, wenn der Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens nach § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG unter dem gemeinen Wert der Gegenleistung liegt.

7. Wichtige Änderungen im Umsatzsteuerrecht

7.1. Änderungen in § 13 b UStG

Der BFH hatte mit Urteil vom 28.8.2014 (V R 7/14) entgegen der Verwaltungsmeinung entschieden, dass Betriebsvorrichtungen keine Bauwerke i.S.v. § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG sind. Damit kommt nach Ansicht des BFH eine Verlagerung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger bei Lieferungen von und Leistungen an Betriebsvorrichtungen nicht in Betracht. Mit der Ergänzung des § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG sollen einerseits die unionsrechtliche Vorgabe in Art. 199 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL klarer als bislang und andererseits die in Abschn. 13b.2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 UStAE enthaltene Verwaltungsauffassung inhaltlich in das UStG übernommen werden. Damit wird klargestellt, dass Lieferungen von und Leistungen an Betriebsvorrichtungen weiterhin unverändert unter die Regelung des § 13b UStG fallen können.

Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG gilt daher auch dann, wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird (§ 13b Abs. 5 Satz 6 UStG). Ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts Leistungsempfänger, ist der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung der Ansicht, dass der leistende Unternehmer regelmäßig an der Art der Einrichtung, für die er tätig wird (Behörde oder Betrieb gewerblicher Art), erkennen kann, ob die Leistung für den unternehmerischen oder den hoheitlichen Bereich bezogen wird. § 13b Abs. 5 Satz 6 UStG führt in diesen Fällen zu einem unnötigen Verwaltungsaufwand für die juristische Person des öffentlichen Rechts, da sie die Leistungsbezüge für den hoheitlichen Bereich dem Finanzamt erklären und die darauf entfallende Umsatzsteuer an dieses abführen muss, statt sie zusammen mit dem Leistungsentgelt in einer Summe an den leistenden Unternehmer zu entrichten.

Um diesen Aufwand zu vermeiden, hat die Finanzverwaltung Fälle, in denen juristische Personen des öffentlichen Rechts in nennenswertem Umfang Leistungen für ihren hoheitlichen Bereich beziehen, die der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers unterliegen, von der Rechtsfolge des § 13b Abs. 5 Satz 6 UStG ausgenommen (Abschn. 13b.3 Abs. 12 Satz 2 UStAE für Bauleistungen i.S.d. § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG und Abschn. 13b.3a Abs. 4 Satz 2 UStAE für Strom- und Gaslieferungen i.S.d. § 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b UStG).

Da die bisherigen Regelungen aus Sicht des Gesetzgebers nicht ausreichend erscheinen, werden nunmehr alle Tatbestände des § 13b Abs. 2 UStG in die Ausnahmeregelung einbezogen, bei denen die Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers zu dem o.g. unnötigen Verwaltungsaufwand führen würde. Dies sind neben den bereits o.g. Bauleistungen und Strom- und Gaslieferungen auch Lieferungen der in der Anlage 3 zum UStG aufgeführten Gegenstände, insbesondere Altmetalle und Schrott i.S.d. § 13b Abs. 2 Nr. 7 UStG, Gebäudereinigungsleistungen i.S.d. § 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG, Lieferungen von Gold i.S.d. § 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG, Lieferungen von Mobilfunkgeräten, Tablet-Computern und Spielekonsolen sowie von integrierten Schaltkreisen i.S.d. § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG und Lieferungen der in der Anlage 4 zum UStG aufgeführten Metalle i.S.d. § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG.

7.2. Änderungen in §§ 13, 14c UStG

Die neu in das Gesetzgebungsverfahren aufgenommene Änderung dient der Anpassung an die Rechtsprechung des BFH vom 5.6.2014 (XI R 44/12). Hier hatte der BFH entschieden, dass eine nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Steuer nicht vor Ablauf des Voranmeldungszeitraums entstehen kann, in dem die Rechnung mit dem unrichtigen Steuerausweis erteilt worden ist. Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen, schuldet er nach § 14c Abs. 1 UStG auch den Mehrbetrag. Nach derzeitiger Rechtslage entsteht die Steuer in diesen Fällen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Steuer für die Lieferung oder sonstige Leistung entsteht, spätestens jedoch im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. Dies führt in Fällen späterer Rechnungserteilung (z.B. Nachberechnungsfälle) dazu, dass der Unternehmer die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Steuer rückwirkend schuldet. Durch die nun erfolgte Anpassung werden solche Rückwirkungsfälle vermieden. Gleichzeitig wird nunmehr für alle Fälle des § 14c UStG einheitlich geregelt, dass die wegen unrichtigen (§ 14c Abs. 1 UStG) bzw. unberechtigten (§ 14c Abs. 2 UStG) Steuerausweises geschuldete Steuer im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung entsteht.

7.3. Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts

Die Neufassung des § 2b UStG regelt künftig ergänzende Fragen zur Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, insbesondere die interkommunale Zusammenarbeit.

8. Wichtige Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz

Im Urteil vom 24.4.2013 (II R 17/10, BStBl II 2013, 833) hat der BFH die Auffassung vertreten, dass das GrEStG keine ausdrückliche Regelung hinsichtlich des für die Tatbestandserfüllung notwendigen Umfangs einer mittelbaren Änderung der Beteiligungsverhältnisse i.S.v. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG enthalte. Das Gericht beanstandete insbesondere einen fehlenden, normativ verankerten Anknüpfungspunkt für die unterschiedliche Anwendung des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG auf Personen- sowie Kapitalgesellschaften im Rahmen der mittelbaren Änderung der Beteiligungsverhältnisse. Diese für die mittelbare Änderung der Beteiligungsverhältnisse erachtete Regelungslücke soll nach der Ansicht des Gerichts mit einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise geschlossen werden. Danach beurteile sich die mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundbesitzenden Personengesellschaft ausschließlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Kapital- und Personengesellschaften seien hierbei gleichermaßen als transparent zu betrachten.

Im Bereich der Grunderwerbsteuer ist die Frage, ob ein steuerpflichtiger Rechtsträgerwechsel stattgefunden hat, grundsätzlich zivilrechtlich zu entscheiden. Dabei gilt nach § 1 Abs. 2a GrEStG, dass eine Übertragung von mehr als 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Personen- oder Kapitalgesellschaft einen fiktiven Erwerbsvorgang mit der Folge der Grunderwerbssteuerpflicht darstellt. Bei mehrstufigen Beteiligungen von Kapitalgesellschaften an grundbesitzenden Personengesellschaften ist nach der vorgesehenen Neuregelung nunmehr für jede Beteiligungsebene darauf abzustellen, ob die 95 %-Grenze erreicht ist. Mit der Präzisierung der Vorschrift stellt der Gesetzgeber in Übereinstimmung mit seinem ursprünglichen Willen, im Rahmen des § 1 Abs. 2a GrEStG-E sowohl mittelbare Anteilsübertragungen der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen als auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise abzuschaffen. Damit »korrigiert« der Gesetzgeber die neuere Rechtsprechung des BFH plant dies »rückwirkend« in Form einer »Klarstellung« tun.

Neu im Gesetzentwurf aufgenommen wurde eine Regelung zur sog. Ersatzbemessungsgrundlage. Hierdurch wird die vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärte Regelung zur Ermittlung der Ersatzbemessungsgrundlage in § 8 Abs. 2 GrEStG durch Verweis auf die Vorschriften der Grundbesitzbewertung nach § 151 i.V.m. §§ 157 ff. BewG geändert. Mit dem dann als Ersatzbemessungsgrundlage ermittelten Wert soll eine Annäherung an den gemeinen Wert und damit an die Regelbemessungsgrundlage nach § 8 Abs. 1 GrEStG erreicht werden. Die Änderung wird grundsätzlich auf alle Erwerbsvorgänge anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2008 verwirklicht werden.

9. Wichtige Änderungen im Bewertungs- und Erbschaftsteuerrecht

9.1. Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften

Nach Ansicht des Gesetzgebers hat sich in der Praxis offenbar gezeigt, dass die ausschließliche Maßgeblichkeit des Verhältnisses des Anteils am Nennkapital zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft den gemeinen Wert des Anteils nicht immer zutreffend wiedergibt. Dies soll insbesondere in den Fällen, in denen die Beteiligung am Nennkapital nicht mit der Gewinn- und Verlustverteilung übereinstimmt, aufgetreten sein. Für diese Fälle soll künftig eine vom Regelfall abweichende Aufteilung möglich sein, die sich an den tatsächlichen gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen orientiert. Dies soll durch die erfolgte Gesetzesänderung in § 97 Abs. 1b BewG für derartige Ausnahmefälle sichergestellt sein.

9.2. Klarstellungen im Feststellungsverfahren

Die in § 154 BewG vollzogenen Änderungen sollen für unterschiedliche Fallgestaltungen bestehende Unsicherheiten im Feststellungsverfahren beseitigen.

9.3. Anpassungen im Sachwertverfahren

Zunächst wird § 190 BewG strukturell umgestellt. Ferner erfolgen einige nicht unwesentliche Änderungen. Durch die Änderungen wird u.a. das Sachwertverfahren nach § 189 ff. BewG an die Sachwertrichtlinie (SW-RL) vom 5.9.2012, angepasst. Insbesondere soll sichergestellt werden, dass die von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte auf der Grundlage der SW-RL abgeleiteten Sachwertfaktoren unter Berücksichtigung der Modellkonformität weiterhin als Wertzahlen i.S.d. § 191 Abs. 1 BewG angewendet werden können. Im neuen Abs. 4 wird klargestellt, dass bei bestehender Abbruchverpflichtung für das Gebäude bei der Ermittlung der Alterswertminderung von der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes auszugehen ist.

9.4. Anzeigepflichten des Erwerbs

Die Anzeigepflicht des Erwerbs gem. § 30 ErbStG wurde um die Angabe der jeweiligen steuerlichen Identifikationsnummer gem. § 139b AO der an einem Erwerb beteiligten natürlichen Personen ergänzt. Die Angabe der Identifikationsnummer bewirkt für die Finanzämter eine erhebliche Arbeitserleichterung, weil sich die eingehenden Anzeigen leichter und schneller den an einem Erwerb beteiligten Personen zuordnen lassen.

9.5. Steuerbefreiung bei Zuwendungen an im Ausland ansässige gemeinnützige Körperschaften

Mit der Änderung des § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG werden Zuwendungen an Religionsgesellschaften oder an Zuwendungsempfänger, die steuerbegünstigte Zwecke i.S.d. §§ 52 bis 54 AO verfolgen, nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen dann steuerbefreit, wenn sie an einen im Inland nicht – auch nicht beschränkt – körperschaftsteuerpflichtigen Zuwendungsempfänger geleistet werden, der in einem anderen Mitgliedstaat der EU, in einem Staat des EWR oder einem Drittstaat ansässig ist und der nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 KStG von der Körperschaftsteuer befreit wäre, wenn er inländische Einkünfte erzielte. Dies ist der Fall, wenn der ausländische Zuwendungsempfänger – ungeachtet der im Ansässigkeitsstaat zuerkannten Steuerbegünstigung – nach seiner Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke nach Maßgabe der §§ 51 bis 68 AO verfolgt. Damit gelten dieselben Tatbestandsvoraussetzungen für die Steuerbefreiung von Zuwendungen an in- und ausländische Zuwendungsempfänger.

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart. Josef Schneider u.a., Finanz und Steuern Band 16, Lexikon des Steuerrechts, 6. Auflage https://www.schaeffer-poeschel.de/isbn/978-3-7910-2833-0.html

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