1 Allgemeines
2 Steuerberaterplattform
2.1 Erstregistrierung
2.2 Weitere Nutzerkonten
2.3 Sperrung und Löschung von Nutzerkonten
3 Besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach
3.1 Nutzungspflicht für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte
3.2 Einrichtung des beSt
3.3 Praktische Handhabung des beSt
3.3.1 Posteingänge sind zu überwachen
3.3.2 Separate Archivierung erforderlich
3.3.3 Versenden von Dokumenten über das beSt
3.4 Besonderheiten für Berufsausübungsgesellschaften
3.5 Sperrung und Löschung des beSt
4 Weitere Informationen
5 Hauptanwendungsfall finanzgerichtliches Verfahren
5.1 Ausnahmsweise Zulässigkeit herkömmlicher Übermittlungswege
5.2 Zweifel an der Nutzungspflicht durch BFH
5.3 Verpflichtung der Finanzbehörden zur Nutzung des besonderen Behördenpostfach
6 Literaturhinweise
7 Verwandte Lexikonartikel
Die Steuerberaterplattform und das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) sind Bestandteil der digitalen Infrastruktur des Berufsstands der Steuerberater. Beide Dienste stehen den Berufsträgern seit dem 1.1.2023 zur Verfügung. Sie werden von der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) im Rahmen einer hoheitlichen Tätigkeit und aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung betrieben (§ 86 Abs. 2 Nr. 10 und Nr. 11 StBerG). Die Steuerberaterplattform verbindet die digitale Identität der Berufsträger mit den Daten aus dem Berufsregister. Sie gewährleistet dadurch, dass Steuerberaterinnen und Steuerberater, sowie die Berufsausübungsgesellschaften ihre Stellung im Bereich der EGVP-Kommunikationsinfrastruktur (Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach = EGVP) und der Verwaltungsprozesse im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes (OZG) rechtssicher nachweisen können.
Die Steuerberaterplattform stellt den digitalen Raum dar, in dem in der Zukunft verschiedene Digitalisierungsprozesse des Berufsstands geschaffen werden sollen. Erster Anwendungsfall ist das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt). Rechtsgrundlage für die Steuerberaterplattform ist § 86c StBerG und die aufgrund der Verordnungsermächtigung in § 86f StBerG ergangenen §§ 1 bis 10 der Steuerberaterplattform- und -postfachverordnung (StBPPV). Die BStBK führt die Steuerberaterplattform unter Einhaltung besonderer Sicherheitsstandards. Sie richtet für jeden Steuerberater, Steuerbevollmächtigten und jede Berufsausübungsgesellschaft ein Nutzerkonto ein, informiert die Betroffenen hierüber und fordert sie zur Registrierung bei der Steuerberaterplattform mit dem jeweiligen Nutzerkonto auf.
Im ersten Quartal 2023 erhielten alle Berufsträger postalisch die Aufforderung zur Erstregistrierung inklusive des notwendigen neunstelligen Schlüssels. Bei Neuzulassungen wird der Versand dieser Unterlagen unmittelbar nach der Bestellung angestoßen. Jedes Mitglied der Steuerberaterkammern ist zur Registrierung auf der Steuerberaterplattform verpflichtet (§ 86c Abs. 1 StBerG).
Neben dem Registrierungsbrief wird zwingend ein Personalausweis mit aktivierter Online-Ausweisfunktion, die AusweisApp2 oder ein USB-Kartenleser benötigt, um die Registrierung durchzuführen. Die Verwendung des Personalausweises mit Online-Ausweisfunktion ist zur Gewährleistung der Informationssicherheit nach § 86c Abs. 2 Satz 1 StBerG i. V. m. § 4 StBPPV vorgeschrieben. Personalausweise ohne aktivierte Online-Ausweisfunktion und Reisepässe können nicht zur Identifizierung genutzt werden.
Im Anschluss an die Registrierung erfolgt die Aktivierung des beSt. Hierbei wird ein Zertifikat erstellt, das im Anschluss in die Kanzleisoftware oder in eine von der BStBK zur Verfügung gestellte Software importiert werden muss, damit das beSt genutzt werden kann (siehe unten 3.2).
Zur Unterstützung bei der Erstregistrierung bietet die BStBK einen Terminservice. Berufsträger können telefonisch oder online einen Termin bei einem Servicemitarbeiter der BStBK buchen. Der Termin umfasst die Registrierung und Aktivierung des beSt.
In dringlichen Fällen kann der Registrierungsbrief über die sog. »Fast Lane« innerhalb weniger Tage angefordert werden. Dies ist unter Verweis auf die Dringlichkeit per Mail bei der BStBK zu beantragen.
Von den Steuerberaterkammern bestellten Praxisabwicklern, Praxistreuhändern oder Vertretern von Berufsträgern räumt die BStBK für die Dauer ihrer Bestellung oder Benennung einen Zugang zum Nutzerkonto der Person ein, für die sie bestellt worden sind.
Nach der Löschung einer Steuerberaterin, eines Steuerberaters oder einer Berufsausübungsgesellschaft aus dem Berufsregister wird das zugehörige Nutzerkonto von BStBK zunächst gesperrt und nach Ablauf von 6 Monaten gelöscht.
Der Zugang des Abwicklers, Treuhänders bzw. Vertreters bleibt hiervon unberührt. Zur Sicherstellung eines reibungslosen Ablaufs des Treuhandverhältnisses bzw. der Praxisabwicklung bleibt das (Haupt-)Nutzerkonto des Berufsträgers in jedem Fall bestehen, bis die Abwicklung oder das Treuhandverhältnis gelöscht wurde.
Das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) ist aktuell die einzige Anwendung der Steuerberaterplattform. Es dient der elektronischen Kommunikation der Steuerberater, der Steuerberaterkammern und der BStBK mit den Gerichten und untereinander auf einem sicheren Übermittlungsweg (§ 11 StBPPV). Für den Austausch mit den Finanzbehörden ist es jedoch nicht anwendbar. Hier bleibt es auch nach Einführung des beSt bei der Nutzung von ELStER. Die Rechtsgrundlagen des beSt finden sich in den §§ 86d und 86e StBerG und in den §§ 11–23 StBPPV.
Alle Berufsträger haben eine aktive und passive Nutzungspflicht. D.h., sie müssen sicherstellen, dass sie von eingehenden Mitteilungen im beSt Kenntnis nehmen und sind verpflichtet, das beSt für den gerichtlichen Schriftverkehr selbst zu nutzen. Die sog. Passivnutzungspflicht des § 86d Abs. 6 StBerG führt dazu, dass der Steuerberater selbst dann zur Registrierung beim beSt verpflichtet ist, wenn er angestellt ist oder keine Finanzgerichtsprozesse geführt werden (§ 86d StBerG). Dies gilt auch dann, wenn neben der Bestellung als Steuerberater auch eine Rechtsanwaltszulassung vorliegt und daher bereits ein besonderes Anwaltspostfach (beA) besteht.
Das beSt kann entweder über die in der Kanzlei verwendete Fachsoftware (z.B. Datev) oder über den von der BStBK zur Verfügung gestellten Basis Client, die sog. COM Vibilia StB-Edition, genutzt werden. Dieser kann auf der Internetseite der Steuerberaterplattform heruntergeladen werden (www.steuerberaterplattform-bstbk.de/best). Das im Anschluss an die Registrierung auf der Steuerberaterplattform erstellte Zertifikat des beSt ist in die Kanzleisoftware oder in den Basis-Client zu importieren.
Im täglichen Umgang sind die Arbeitsläufe u.U. an die Vorgaben des beSt anzupassen. So ist es zulässig, dass der Berufsträger seinen Mitarbeitern in der benutzten Fachsoftware (z.B. Datev) die Berechtigung für den Nachrichtenabruf erteilt. Der Nachrichtenversand muss jedoch vom Steuerberater selbst durchgeführt werden, da dieser mit seinem Personalausweis autorisiert werden muss. Insbes. bei der Kommunikation mit den Gerichten ist sicherzustellen, dass die versandte Nachricht von dem Berufsträger signiert wird, aus dessen Postfach sie versandt wird (s.u. unter Tz. 5.).
Es sollte in der Kanzlei sichergestellt sein, dass das beSt täglich auf neu eingegangen Nachrichten überprüft wird. Zudem bietet es sich an, im beSt die E-Mail-Benachrichtigung zu aktivieren. Bei Eingang neuer Nachrichten im beSt wird man über eine Nachricht an die hinterlegte E-Mail-Adresse über neue Posteingänge informiert.
Das beSt ist nicht dazu gedacht, auf Dauer als Nachrichten-Archiv genutzt zu werden. Eingegangene Nachrichten werden nach einer Frist von 120 Tagen gelöscht, soweit diese nicht bereits erfolgreich abgerufen worden sind. Nach erfolgreichem Abruf der Nachrichten aus dem beSt werden diese nach 37 Tagen gelöscht. Eingegangene Nachrichten sollten daher umgehend in der Fachsoftware oder anderweitig gesichert werden.
Die mithilfe des beSt zu versenden Schriftsätze sind außerhalb des beSt vorzubereiten und werden dann als Anhang verschickt. Hier können sowohl durch den Berufsträger selbst oder durch Kanzleimitarbeiter erstellte Dokumente versendet werden. Allerdings muss der Versand durch den Berufsträger erfolgen und die Identität ist über die Online-Ausweisfunktion zu bestätigen. Detaillierte Hilfestellungen werden in der Regel innerhalb der verwendeten Kanzleisoftware zur Verfügung gestellt (https://apps.datev.de/help-center/documents/1025529).
Für Berufsausübungsgesellschaften wird, neben den/dem persönlichen beSt der vertretungsberechtigte/n Person/en, auch ein eigenes beSt eingerichtet (86e StBerG). Über die Einrichtung wird bzw. werden die vertretungsberechtigte/n Person/en durch die regionalen Steuerberaterkammern informiert. Das Postfach der Berufsausübungsgesellschaft ist dann von einem Vertreter mit dessen persönlichem Zugang zur Steuerberaterplattform zu aktivieren.
Im Ergebnis verfügen die vertretungsberechtigten Berufsträger und die Gesellschaft über jeweils eigene Zugänge zum beSt. Für zusätzliche Beratungsstellen der Berufsausübungsgesellschaft können weitere beSt eingerichtet werden.
Nach Wegfall der Zulassung als Steuerberater bzw. wenn der Berufsträger es persönlich beantragt wird das beSt gesperrt. Nach Ablauf von sechs Monaten nach der Sperrung wird es einschließlich der darin enthaltenen Nachrichten gelöscht. Für Praxisabwickler und Treuhänder gelten Besonderheiten (s.o. unter 2.3).
Die BStBK stellt auf ihrer Internetseite (www.bstbk.de) und unter www.steuerberaterplattform-bstbk.de eine Vielzahl von Informationen, Hilfestellungen und Klickanleitungen rund um die Steuerberaterplattform und um das beSt zur Verfügung. Außerdem gibt es dort ein ausführliches Dokument mit häufig gestellten Fragen (www.bstbk.de/downloads/bstbk/steuerrecht-und-rechnungslegung/fachinfos/BStBK_FAQ_StB-Plattform.pdf).
Im finanzgerichtlichen Verfahren sind vorbereitende Schriftsätze, deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen von Steuerberatern seit dem 1.1.2023 als elektronisches Dokument zu übermitteln (§ 52d Satz 2 FGO). Denn das beSt stellt einen sicheren Übermittlungsweg i.S.d. § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO dar. Die Verpflichtung zur Nutzung gilt für alle Berufsträger, unabhängig davon, ob sie bereits das beSt eingerichtet haben oder nicht.
Auch Wirtschaftsprüfer, die gleichermaßen Steuerberater sind und mit dieser Bezeichnung gegenüber dem Gericht auftreten, sind ebenfalls zur Nutzung des beSt verpflichtet (BFH vom 2.2.2024, BFH/NV 2024, 415).
Über das beSt bei den Gerichten eingereichte Schriftsätze müssen von der verantwortenden Person, also dem Berufsträger selbst, signiert werden (§ 52a Abs. 3 Satz 1 FGO). In diesem Zusammenhang ist unbedingt darauf zu achten, dass die sog. »Eigenhändigkeit« gewahrt wird. Das heißt, der Unterzeichner des Schriftsatzes muss auch der Inhaber des beSt sein, mithilfe dessen der Schriftsatz übermittelt wird. Dies gilt nach einem Beschluss des BFH selbst dann, wenn die verschiedenen Berufsträger allesamt Partner derselben Berufsausübungsgesellschaft sind (BFH vom 28.6.2024, BFH/NV 2024, 1053).
Auf anderen Wegen bei den Gerichten eingereichte Schriftsätze, Anträge und Erklärungen werden regelmäßig nicht anerkannt (siehe z.B. BFH vom 8.5.2024, BFH/NV 2024, 804). Hier besteht das Risiko, Klage- oder Revisionsfristen zu versäumen. Der BFH erkennt die Unkenntnis der Nutzungspflicht des beSt regelmäßig nicht als Wiedereinsetzungsgrund an, da höchstrichterliche Rechtsprechung zur aktiven Nutzungspflicht des besonderen Anwaltspostfachs (beA) besteht (BFH vom 8.5.2024, BFH/NV 2024, 804 unter Tz. 2 c)).
Bei technischen Störungen, die eine Nutzung des beSt unmöglich machen, dürfen Schriftsätze, Anträge und Erklärungen auf den herkömmlichen Wegen, also schriftlich oder per Telefax bei den Gerichten angebracht werden. Der Ausfall der Technik muss allerdings gegenüber dem Gericht dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Es empfiehlt sich daher, die technische Störung durch Screenshots oder den Ausdruck von Fehlermeldungen sorgfältig zu dokumentieren. Eine geplante Serverumstellung stellt keine technische Störung dar, die eine Ersatzeinreichung in Papierform oder per Fax rechtfertigt (BFH vom 23.1.2024, BFH/NV 2024, 392).
Die Nutzungspflicht des beSt betrifft sämtliche Verfahren vor den Finanzgerichten und beim BFH. Innerhalb des, ansonsten rechtlich spezialisierten, BFH hat sich daher jeder Senat mit der Frage der zwingenden Erhebung von Beschwerden und Revisionen über das beSt zu befassen. Die bislang einheitliche Rspr. nach der einhellig ab 1.1.2023 eine Nutzungspflicht angenommen wurde, stammt von verschiedenen Senaten des BFH. Der X. Senat des BFH hat jedoch Zweifel an dieser Rspr. der anderen Senate (BFH vom 17.4.2024, DStR 2024, 1127). Begründet wird dies mit der fehlenden Wirksamkeit der StBPPV und der darin enthaltenen Registrierungspflicht für Berufsträger. Rechtsgrundlage für die StBPPV ist § 157e StBerG, der am 1.8.2022 in Kraft getreten und nach dem 31.12.2022 anzuwenden ist. Die StBPPV ist hingegen bereits am 25.11.2022 erlassen worden. Daraus, dass die StBPPV bereits vor Anwendbarkeit der Ermächtigungsgrundlage in § 157e StBerG erlassen wurde, könne sich die Nichtigkeit der Rechtsverordnung ergeben. Damit wäre die Pflicht des Berufsträgers zur Erstregistrierung, die sich ausschließlich aus der StBPPV ergeben nicht wirksam und somit können keine verpflichtende Nutzung des beSt angenommen werden. Die vorangegangenen Entscheidungen des Niedersächsischen FG wurden aufgehoben und das Verfahren zur anderweitigen Entscheidung dorthin zurück verwiesen.
In zwei anderen Verfahren hat das Niedersächsische FG die Bedenken des X. Senats nicht geteilt und die StBPPV als verfassungsmäßig zustande gekommen und wirksam eingestuft (FG Niedersachsen vom 2.7.2024, 7 K 186/23 und 7 K 187/23). Die Revision zum BFH wurde zugelassen und eingelegt.
Die Finanzbehörden haben ihren Schriftverkehr seit dem 1.1.2022 über das besondere Behördenpostfach (beBPo) bei den FG einzureichen. Auf anderem Weg vorgelegte Schriftsätze sind unzulässig (BFH vom 15.5.2024, BB 2024, 1510).
Schmittmann, Elektronisches Steuerberaterpostfach ante portas, BB 2022, I; Mehnert/Kalina-Kerschbaum, Die Steuerberaterplattform und das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt), DStR 2022, 2573; Leibner/Brete/Koobs, Die sichere Nutzung des Steuerberaterpostfachs, NWB 2022, 1510; Schmittmann, Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs: BFH zeigt Steuerberatern ihre Pflichten auf, StuB 2024, S. 479.
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