Steuerhinterziehung

Stand: 16. Dezember 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Geben Sie in Ihrer Steuererklärung vorsätzlich
    • unrichtige,
    • unvollständige
    • oder gar keine Angaben zu steuerlich verpflichtenden Sachverhalten
  • und verkürzen dadurch Steuern oder erlangen für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile,  begehen Sie eine Steuerhinterziehung.
  • Steuerstraftaten können mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet werden. Liegt eine besondere Tragweite des Steuerbetrugs vor, kann sich die Freiheitsstrafe auf bis zu 10 Jahren erstrecken.

Inhaltsverzeichnis

1 Anweisung für das Straf- und Bußgeldverfahren
2 Begehung der Steuerhinterziehung
3 Steuerhinterziehung durch Unterlassung
4 Steuerhinterziehung bei Zusammenveranlagung von Ehegatten
5 Steuerhinterziehung durch Steuerberater
6 Steuerhinterziehung durch Erblasser – Steuerschulden bei Erbschaftsteuer
7 Steuerhinterziehung bei einem Treuhandverhältnis
8 Steuerhinterziehung bei Steueranrechnung
9 Steuerhinterziehung bei Zufluss von verdeckten Gewinnausschüttungen
10 Steuerhinterziehung bei doppeltem Bezug von Kindergeld
11 Keine Steuerhinterziehung bei Subventionsbetrug
12 Gleichgestellte Straftaten
13 Verfolgungsverjährung
14 Steuerhehlerei
15 Leichtfertige Steuerverkürzung – § 378 AO
16 Selbstanzeige
17 Verhinderung grenzüberschreitender Steuerhinterziehung
18 Steuerhinterziehung bei der Einfuhrumsatzsteuer
19 Änderungen durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz
19.1 Einziehung rechtswidrig erlangter Taterträge bei Steuerhinterziehung gem. § 375a AO
19.2 Verjährungsfristen nach § 376 AO
20 Literaturhinweise
21 Verwandte Lexikonartikel

1. Anweisung für das Straf- und Bußgeldverfahren

Die Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (Steuer) vom 16.10.2023 (AStBV (St) 2023/2024, BStBl I 2023, 1798; mit Wirkung vom 1.12.2023) sollen der einheitlichen Handhabung des Gesetzes dienen und die reibungslose Zusammenarbeit der zur Verfolgung von → Steuerstraftaten und → Steuerordnungswidrigkeiten berufenen Stellen der Finanzbehörden untereinander, mit anderen Stellen der Finanzbehörden sowie mit den Gerichten und Staatsanwaltschaften gewährleisten. Die Anweisungen enthalten eine Zusammenfassung von hierfür maßgeblichen Grundsätzen sowie Hinweise für deren praktische Anwendung und sind in allen Straf- und Bußgeldverfahren anzuwenden, in denen die Finanzbehörde ermittelt oder zur Mitwirkung berufen ist.

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2. Begehung der Steuerhinterziehung

Nach § 370 AO begeht Steuerhinterziehung, wer

  • den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,

  • die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder

  • pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt

und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Der Versuch ist strafbar. Steuern sind dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Nach § 371 AO besteht die Möglichkeit der → Selbstanzeige, um dadurch Straffreiheit zu erlangen.

Nach § 370 Abs. 2 AO ist auch der Versuch der Steuerhinterziehung strafbar. Versuch liegt vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB). Vom Versuch sind Vorbereitungshandlungen ohne Erklärungswert gegenüber dem FA zu unterscheiden, die straflos bleiben. Dazu gehören z.B. die Fälschung von Belegen, Verwendung gefälschter Belege in der Buchführung, falsche Buchungen sowie die Fertigung unrichtiger Steuererklärungen. Vorbereitungshandlungen können aber z.B. als Steuergefährdung nach § 379 AO strafbar sein.

Nach § 26c UStG wird die gewerbsmäßig oder bandenmäßig betriebene Tathandlung i.S.v. § 26b UStG (→ Steuerordnungswidrigkeiten) unter Strafe gestellt.

Im Falle einer Steuerhinterziehung muss für das Eingreifen der verlängerten Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO die Person des Täters nicht feststehen. Ausreichend ist, dass von mehreren in Betracht kommenden Personen jedenfalls eine die Steuerhinterziehung zum Vorteil des Steuerschuldners begangen hat. Eine Verlängerung der Festsetzungsfrist tritt aber nur ein, wenn die dritte Person den objektiven und subjektiven Tatbestand einer der in § 370 Abs. 1 AO bezeichneten Taten erfüllt (BFH Urteil vom 19.3.1998, BStBl II 1998, 466).

Für den Vorsatz, durch die Nichtangabe von Einkünften in der Jahressteuererklärung eines Vorjahres auch Einkommensteuervorauszahlungen gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO zu hinterziehen, ist grundsätzlich erforderlich, dass gegenüber dem Stpfl. regelmäßig Einkommensteuervorauszahlungen festgesetzt werden und ihm bekannt ist, dass Einkünfte, die in der Einkommensteuererklärung für einen früheren Veranlagungszeitraum nicht angegeben werden, auch für die Festsetzung der Vorauszahlungen nicht berücksichtigt werden (vgl. BFH vom 28.9.2021, VIII R 18/18, BStBl II 2022, 239). Die sichere Kenntnis, in welcher Höhe künftige Einkommensteuervorauszahlungen verkürzt werden, wenn in der Jahressteuererklärung eines Vorjahres Einkünfte nicht angegeben werden, ist für die Annahme des Vorsatzes nicht erforderlich.

3. Steuerhinterziehung durch Unterlassung

Wird die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und werden dadurch Steuern verkürzt oder andere nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, ist die Steuerhinterziehung durch Unterlassung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllt. Die Anwendung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO setzt nach der Rspr. des BGH voraus, dass der Stpfl. dem FA steuerlich erhebliche Tatsachen vorenthält (BGH vom 20.5.1981, BGHSt 30, 122, 124).

Hat das FA die erforderlichen Informationen durch die Steuererklärung erhalten und erfasst bei der Durchführung der Veranlagung irrtümlich unzutreffende Einkünfte und setzt dadurch die Steuern zu niedrig fest, scheidet die Annahme einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen aus, weil der Stpfl. nicht verpflichtet ist, Fehler des FA richtigzustellen (BFH vom 4.12.2012, VIII R 50/10, BStBl II 2014, 222).

Das Merkmal der Unkenntnis ist in den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO hineinzulesen. Dementsprechend scheidet eine vollendete Steuerhinterziehung durch Unterlassen in den Fällen aus, in denen die Finanzbehörden zum maßgeblichen Veranlagungszeitpunkt von den wesentlichen steuerlich relevanten Umständen bereits Kenntnis haben (OLG Köln vom 31.1.2017, III-1 RVs 253/16, StraFo 2017, 208, wistra 2017, 363, NZWiSt 2017, 317). Nach Auffassung des OLG Köln umfasst der Begriff der Kenntnis sowohl die positive Kenntnis als auch die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit auf steuerlich erhebliche Tatsachen durch den zuständigen Sachbearbeiter.

Auch die Übernahme eines durch einen Eingabefehler des Bediensteten des FA unzutreffend festgestellten Verlustvortrages in den folgenden Veranlagungszeiträumen stellt nach Auffassung des BFH keine unrichtige oder unvollständige Angabe i.S.d. § 153 AO (→ Anzeige- und Berichtigungspflicht gem. § 153 AO) dar. Die Bestandskraft eines Bescheides über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags rechtfertige es, den festgestellten Verlustvortrag durch Ankreuzen in der dafür vorgesehenen Zeile des Steuererklärungsvordrucks in Anspruch zu nehmen und zu erklären, mit einer Erstattung zu rechnen. Das FA wurde über die zutreffenden steuerlich erheblichen Tatsachen i.S.d. § 370 AO in der Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum in Kenntnis gesetzt, in dem der Bearbeiter durch irrtümlich unzutreffende Erfassung der Steuererklärungsdaten die Verlustfeststellung durchgeführt hat. Damit fehlt es an der für die Steuerhinterziehung erforderlichen Unkenntnis der Finanzbehörde i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (BFH vom 4.12.2012, VIII R 50/10, BStBl II 2014, 222). Der Stpfl. ist nicht verpflichtet, Fehler des FA richtigzustellen.

Es handelt sich nicht bei jeder Nichterfüllung einer steuerrechtlichen Angabepflicht zugleich um ein pflichtwidriges Inunkenntnislassen der Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen im steuerstrafrechtlichen Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 KraftStDV führt nicht zur Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, weil die Regelung der steuerlichen Erklärungspflicht allein in § 15 Abs. 1 KraftStDV den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG nicht genügt (BGH Beschluss vom 15.12.2022, 1 StR 295/22, BGHSt 67, 201).

4. Steuerhinterziehung bei Zusammenveranlagung von Ehegatten

Mit Beschluss vom 3.5.2022 (1 StR 10/22, wistra 2022, 382) hat der BGH wie folgt entschieden: »Die Erklärungspflicht des Angeklagten gem. § 25 Abs. 3 EStG bezieht sich nur auf seine eigenen Einkünfte und die Besteuerungsmerkmale, die ihn und seine Ehefrau gemeinsam betreffen wie Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen. Zusammen veranlagte Eheleute müssen nach § 25 Abs. 3 Satz 2 EStG eine gemeinsame Einkommensteuererklärung abgeben. Beide haben den Vordruck eigenhändig zu unterschreiben und versichern damit, die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht zu haben. Daraus lässt sich aber nicht folgern, dass alle Angaben von beiden Ehegatten mitgetragen werden. Vielmehr beschränkt sich der Erklärungsgehalt der Unterschrift auf die Tatsachen, die den jeweiligen Ehegatten betreffen. Betrifft die Erklärung Einkünfte, die nur von einem Ehegatten erzielt werden, so macht nur derjenige Ehegatte Angaben, der den Tatbestand dieser Einkunftsart verwirklicht.«

5. Steuerhinterziehung durch Steuerberater

Ein Steuerberater, der für seinen Mandanten eine geschätzte Umsatzsteuervoranmeldung einreicht, deren Schätzung, wie sich später herausstellt, zu niedrig war, macht sich nicht wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar (LG Leipzig Urteil vom 16.10.2017, 15 Ns 202 Js 49069, PStR 2018, 2). Nicht jede äußerlich neutrale Handlung, die sich im Ergebnis tatfördernd auswirkt, ist als strafbare Beihilfe zu werten. Vielmehr bedarf es in diesen Fällen einer bewertenden Betrachtung des Einzelfalls. Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung zu werten. Weiß der Hilfeleistende hingegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, dass das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten derart hoch war, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ (Anschluss BGH Urteil vom 21.12.2016, 1 StR 112/16, NStZ 2017, 337). Steuerberater haben mit dieser Rechtsprechung ein Privileg hinsichtlich der Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung, da an den Vorsatz erhöhte Anforderungen gestellt werden.

6. Steuerhinterziehung durch Erblasser – Steuerschulden bei Erbschaftsteuer

Der Erbe kann eine vom Erblasser hinterzogene ESt, die auch nach dem Eintritt des Erbfalls nicht festgesetzt wurde, selbst dann nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehen, wenn er das für die Festsetzung der ESt zuständige FA zeitnah über die Steuerangelegenheit unterrichtet hat (BFH vom 28.10.2015, II R 46/13, BStBl II 2016, 477). Bei der Erbschaftsteuer wirken sich Steuerschulden nur in der tatsächlich festgesetzten Höhe aus.

Auch eine wegen Demenz des Erblassers unwirksame Einkommensteuererklärung führt, ist sie unrichtig oder unvollständig, zu einer Berichtigungspflicht des Erben nach § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 AO, bei deren Verletzung eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO durch Unterlassen vorliegen kann (BFH vom 29.8.2017, VIII R 32/15, BStBl II 2018, 223).

7. Steuerhinterziehung bei einem Treuhandverhältnis

Führt der Stpfl. aus, der Annahme einer freigebigen Zuwendung stehe entgegen, dass er als Zuwendungsempfänger durch die Zuwendung nicht bereichert sei, da ihm der Zuwendungsgegenstand schon zuvor gehört und der Zuwender den Zuwendungsgegenstand für ihn lediglich als Treuhänder gehalten habe, gehört bei einer Steuerhinterziehung das Nichtvorliegen eines Treuhandverhältnisses zu den Tatsachen, für welche das FA im Rahmen der Annahme einer freigebigen Zuwendung die Feststellungslast trägt. Das FG muss ein solches Vorbringen des Stpfl. zur Kenntnis nehmen und nach den gesetzlichen Maßstäben für die Überzeugungsbildung in seine Entscheidung miteinbeziehen (BFH vom 12.7.2016, II R 42/14, BStBl II 2016, 868). Wird die Verwirklichung des objektiven Tatbestands einer Steuerhinterziehung mithin u.a. darauf gestützt, eine freigebige Zuwendung sei gegeben, weil der Zuwender den Zuwendungsgegenstand nicht lediglich als Treuhänder für den Zuwendungsempfänger gehalten habe, muss das FG nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens neben den anderen Tatbestandsvoraussetzungen einer freigebigen Zuwendung auch von dem Nichtvorliegen eines Treuhandverhältnisses überzeugt sein. Bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich vorliegt, ist ein strenger Maßstab anzulegen.

8. Steuerhinterziehung bei Steueranrechnung

Nachträglich bekannt gewordene Kapitalerträge stellen neue Tatsachen i.S.d. § 173 AO dar, die zur Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO führen, wenn sich durch die Erfassung der Kapitalerträge eine geänderte (höhere) Einkommensteuerschuld ergibt und noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Steuerfestsetzungen sind auch dann nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern, wenn sich nach Anrechnung der Kapitalertragsteuer eine niedrigere verbleibende Einkommensteuerschuld und damit ein Steuererstattungsanspruch ergeben.

In Fällen der Berücksichtigung von Anrechnungsbeträgen ist im Hinblick auf den Tatbestand der Steuerhinterziehung erforderlich, dass sich nach Berücksichtigung dieser Anrechnungsbeträge (→ Rücknahme und Widerruf von sonstigen Verwaltungsakten gem. §§ 130 und 131 AO) ein erhöhter Steueranspruch ergibt. Gegenüberzustellen sind demnach die Steuer nach den bisherigen (unberechtigten oder unterlassenen) Angaben (= Steuer-Ist) und die Steuer nach dem gesetzlichen Tatbestand, wie sie sich nachträglich darstellt (= Steuer-Soll), jeweils unter Berücksichtigung der Steueranrechnungsbeträge. Soweit sich der Steueranspruch hiernach, z.B. durch nachträgliche Berücksichtigung von Kapitalertragsteuern, ermäßigt, liegt schon objektiv keine Steuerverkürzung i.S.d. § 370 AO vor.

Die Anwendung der zehnjährigen Festsetzungsfrist (→ Festsetzungsverjährung) gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO setzt voraus, dass der Tatbestand der Steuerhinterziehung i.S.d. § 370 AO objektiv und subjektiv erfüllt ist. In dieser Fallkonstellation verbleibt es mangels Steuerhinterziehung bei der regulären Festsetzungsverjährungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO von vier Jahren. Verbleibt es wegen Eintritt der Festsetzungsverjährung unter Berücksichtigung der Vierjahresfrist wegen der bereits eingetretenen → Festsetzungsverjährung bei der bisherigen Steuerfestsetzung, kann eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer wegen § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht vorgenommen werden (s. OFD Hannover vom 3.6.2008, S 0351 – 77 – StO 143, LEXinform 5231504).

Durch die Einführung der Abgeltungsteuer seit dem Veranlagungszeitraum 2009 ist für Kapitalerträge i.S.d. § 20 EStG, soweit sie der Kapitalertragsteuer unterlegen haben, die Einkommensteuer grundsätzlich mit dem Steuerabzug abgegolten (§ 43 Abs. 5 EStG). Eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer nach Eintritt der Bestandskraft der Einkommensteuerfestsetzung ist dann nicht mehr möglich, wenn der Stpfl. mit seiner Einkommensteuererklärung keinen Antrag gem. § 32d Abs. 4 oder Abs. 6 EStG gestellt hat.

9. Steuerhinterziehung bei Zufluss von verdeckten Gewinnausschüttungen

Bei verdeckten Gewinnausschüttungen ist das strenge Trennungsprinzip zwischen der Ebene der KapGes und des Anteilseigners zu beachten, sodass bei der Hinterziehung eigener ESt des Gesellschafters zu prüfen ist, ob bei diesem ein Zufluss i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG entstanden und nicht lediglich auf Gesellschaftsebene eine Vermögensmehrung eingetreten ist (BGH Beschluss vom 10.1.2023, 1 StR 250/22, wistra 2023, 216).

10. Steuerhinterziehung bei doppeltem Bezug von Kindergeld

Das FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 21.1.2010, 4 K 1507/09, EFG 2010, 612) hat zu der Frage Stellung genommen, ob der doppelte Bezug von Kindergeld für ein und dasselbe Kind als Steuerhinterziehung bewertet und daher der überzahlte Betrag im Rahmen einer auf zehn Jahre verlängerten Verjährungsfrist zurückgefordert werden kann.

Im Streitfall war der Kläger (als beurlaubter Beamter) bei der Deutschen Bahn AG beschäftigt. (Hinweis: Nach der Privatisierung der Deutschen Bahn wurden die bisherigen Beamten statusmäßig in das Bundeseisenbahnvermögen (BV) versetzt, arbeiten aber bei dem jetzigen privaten ArbG Deutsche Bahn AG weiter.) Er beantragte für seine Tochter bei der Familienkasse Kindergeld. Ebenfalls reichte er beim BV einen Antrag auf Zahlung von Kindergeld ein. In der Folgezeit gingen ab Januar 1999 auf seinem Bankkonto neben den Gehaltszahlungen betragsidentische Zahlungen für Kindergeld sowohl von der Familienkasse als auch vom BV ein, wobei die Zahlung der Familienkasse ausdrücklich als Zahlung von Kindergeld bezeichnet war. Im Rahmen eines Datenabgleichs von Kindergeldbeziehern durch die Familienkasse mit dem BV fiel im Jahr 2008 die Doppelzahlung des Kindergelds auf. Mit Bescheid vom Oktober 2008 hob die Familienkasse ihre Kindergeldfestsetzung ab Januar 1999 auf und forderte das für den Zeitraum von Januar 1999 bis August 2008 gezahlte Kindergeld zurück.

Der Vater war dagegen der Ansicht, dass der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Zeiträume vor 2004 der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegenstehe. Er sei allerdings dahingehend vergleichsbereit, dass er ohne Anerkennung einer Rechtspflicht das überzahlte Kindergeld für den nicht verjährten Zeitraum zurückzahle. Eine Steuerhinterziehung habe er nicht begangen, sodass nicht von einer zehnjährigen Verjährungsfrist auszugehen sei. Es hätte eine Abstimmung zwischen der Familienkasse und dem BV stattfinden müssen. Der Familienkasse sei ein Organisationsverschulden vorzuwerfen. Er selbst habe sich korrekt verhalten. Es habe ihm auch nicht zwangsläufig auffallen müssen, dass Doppelzahlungen erfolgt seien.

Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, eine Mehrfachgewährung von Kindergeld für ein und dasselbe Kind komme nicht in Betracht. Die Familienkasse habe die Aufhebung zu Recht darauf gestützt, dass ihr – der Familienkasse – die Zahlungen des BV nicht bekannt gewesen seien. Wegen Vorliegens einer Steuerhinterziehung sei von einer zehnjährigen Verjährungsfrist auszugehen. Der Kläger habe gegenüber der Familienkasse irreführende Angaben gemacht. Der Behauptung des Klägers, dass er über einen Zeitraum von nahezu zehn Jahren nicht bemerkt habe, dass er doppelt Kindergeld bezogen habe, folgte der Senat nicht. Die Zahlungen der Familienkasse seien auf den Kontoauszügen ausdrücklich mit der Bezeichnung Kindergeld versehen worden. Auch wenn auf den Kontoauszügen die betragsidentischen Zahlungen der BV nicht ausdrücklich als Kindergeld bezeichnet worden seien, habe sich für den Kläger die Zweckbestimmung dieser Zahlungen aber eindeutig aus den vom BV monatlich erstellten Mitteilungen ergeben. Das Gericht ging davon aus, dass es dem Kläger bekannt gewesen sei, dass er nur an einer Stelle, dem ArbG, Kindergeld hätte beantragen können, das ergebe sich auch daraus, dass er schriftlich in beiden Kindergeldanträgen bestätigt habe, jeweils ein Merkblatt über Kindergeld erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben. Seiner Verpflichtung zur Korrektur des Sachverhalts sei er nicht nachgekommen.

11. Keine Steuerhinterziehung bei Subventionsbetrug

Ob eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt, bestimmt sich bei § 169 Abs. 2 Satz 2 wie bei § 71 AO mangels einer steuerlichen Definition nach den §§ 370, 378 AO (vgl. BFH Urteil vom 29.10.2013, VIII R 27/10, BFHE 243, 116, BStBl II 2014, 295). Das strafbare Erschleichen einer Subvention wird aber nicht von diesen Normen erfasst, sondern von § 264 StGB. Mit Urteil vom 12.1.2016 (IX R 20/15, BStBl II 2017, 21) hat der BFH daher entschieden, dass sich die Festsetzungsfrist für die Eigenheimzulage nicht auf zehn Jahre verlängert, wenn die Eigenheimzulage durch unrichtige Angaben erschlichen worden ist (Subventionsbetrug).

12. Gleichgestellte Straftaten

Den Steuerstraftaten gleichgestellte Straftaten sind

  • die ungerechtfertigte Erlangung von Altersvorsorgezulagen, von Wohnungsbau-, Bergmannsprämien und von Arbeitnehmersparzulagen durch Taten i.S.d. § 370 AO (§ 96 Abs. 7 EStG, § 8 Abs. 2 WoPG, § 5a Abs. 2 BergPG, § 29a BerlinFG, § 14 Abs. 3 VermBG) sowie der Versuch dazu;

  • der Betrug (§ 263 StGB) in Bezug auf Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz (§ 15 Abs. 2 EigZulG) und auf Investitionszulage nach dem Investitionszulagengesetz (§ 15 InvZulG 2010);

  • der Subventionsbetrug (§ 264 StGB) in Bezug auf Investitionszulagen nach dem Investitionszulagengesetz (§ 15 InvZulG 2010);

  • die Begünstigung einer Person, die eine der vorstehend genannten Taten begangen hat (§ 257 StGB);

  • die Anstiftung (§ 26 StGB) und die Beihilfe (§ 27 StGB) zu einer der vorstehend genannten Taten.

13. Verfolgungsverjährung

Soweit eine Steuer hinterzogen wurde, beträgt die Verfolgungsverjährung nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 des Strafgesetzbuches grundsätzlich fünf Jahre. Demgegenüber beträgt die steuerliche Festsetzungsfrist im Fall der Steuerhinterziehung gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zehn Jahre, die sich im Einzelfall durch An- und Ablaufhemmungen über die zehn Jahre hinaus verlängert.

Mit den Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794) wurde die Verfolgungsverjährung durch den neu eingefügten § 376 Abs. 1 AO in den besonders schweren, in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 6 AO aufgeführten Fällen der Steuerhinterziehung ebenfalls auf zehn Jahre verlängert. Dadurch soll vermieden werden, dass im Falle der Steuerhinterziehung die Steuerfestsetzung noch erfolgen kann, während eine Strafverfolgung des Steuerhinterziehers nicht mehr möglich ist. Die Änderung gilt gem. § 23 EGAO i.d.F. des JStG 2009 für alle Straftaten, die ab dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2009 noch nicht verjährt sind.

Für den Grundtatbestand nach § 370 AO ist eine Verlängerung der Verfolgungsverjährung nicht vorgesehen. Insoweit gilt nach wie vor die Fünfjahresfrist des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB.

Mit einer Ergänzung in § 376 Abs. 1 AO wird gesetzlich klargestellt, dass auch bei der Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen und der dort vorgesehenen 10-jährigen Verjährungsfrist die Ruhensregelung des § 78b Abs. 4 StGB anwendbar ist (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz). Durch das JStG 2020 wird die Verjährungsfrist auf 15 Jahre erhöht (§ 376 AO i.d.F. vom 21.12.2020; gültig ab 29.12.2020).

Nach § 376 Abs. 3 AO beträgt die absolute Verjährungsfrist für Fälle des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 6 AO das Zweieinhalbfache (bisher: das 2-Fache) der gesetzlichen Verjährungsfrist (Verjährung spätestens nach 37,5 Jahren). Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an (z.B. in den Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 6 AO) und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB ab Eröffnung des Hauptverfahrens höchstens für einen Zeitraum von fünf Jahren. Dies führt dazu, dass die Verjährung in einem Fall der besonders schweren Steuerhinterziehung spätestens nach 42,5 Jahren eintritt.

Beide Neuregelungen (Abs. 1 und Abs. 3) sind auf alle Fälle anwendbar, in denen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes eine Verjährung noch nicht eingetreten ist.

14. Steuerhehlerei

Steuerhehlerei i.S.d. § 374 AO begeht, wer Erzeugnisse oder Waren, hinsichtlich deren Verbrauchsteuern oder Zoll hinterzogen oder Bannbruch nach §§ 372 Abs. 2, 373 AO begangen worden ist, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder abzusetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern.

15. Leichtfertige Steuerverkürzung – § 378 AO

Für die Frage, ob eine leichtfertige Steuerverkürzung i.S.d. § 169 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. AO vorliegt, ist auf die persönlichen Fähigkeiten des Stpfl. im Bereich der betreffenden Steuern abzustellen (BFH vom 16.5.2023, II R 35/20, BStBl II 2024, 28). Das betrifft bei der Grunderwerbsteuer die Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 4 Satz 1 GrEStG. Ohne zusätzliche auf das Individuum bezogene Feststellungen ist der Schluss von gruppenspezifisch typischen Eigenschaften (im Streitfall: Angehöriger der Gruppe der Kaufleute) auf persönliche Fähigkeiten lediglich ein objektiver Maßstab.

Deklarieren Stpfl. ihre Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aus ihrer Arztpraxis in ihrer Gewinnfeststellungserklärung in zutreffender Höhe, geben sie in der zeitgleich abgegebenen Einkommensteuererklärung die Einkünfte der Stpfl. aber nur in hälftiger Höhe an, kann darin eine leichtfertige Steuerverkürzung liegen (vgl. BFH Urteil vom 23.7.2013, VIII R 32/11, BStBl II 2016, 503). Die Festsetzungsfrist beträgt dann gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO fünf Jahre.

16. Selbstanzeige

§ 371 AO ermöglicht in den Fällen der Steuerhinterziehung i.S.d. § 370 AO die strafbefreiende → Selbstanzeige.

Mit dem Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 22.12.2014 (BGBl I 2014, 2415; nachfolgend »AO-Änderungsgesetz«) wurden die Voraussetzungen für die Abgabe einer strafbefreienden → Selbstanzeige deutlich verschärft. Dies zeigt sich insbesondere in der Verlängerung des Nacherklärungszeitraums auf zehn Jahre gem. § 376 Abs. 1 AO, der deutlichen Erhöhung des Selbstanzeigezuschlags gem. § 398a AO sowie der Erweiterung der Sperrgründe in § 371 Abs. 2 AO.

Voraussetzungen der strafbefreienden Selbstanzeige ab 1.1.2015:

Nach § 371 AO erlangt ein Tatbeteiligter für sich Straffreiheit, wenn

  • er zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang Angaben berichtigt, ergänzt oder nachholt (§ 371 Abs. 1 AO),

  • eine Sperrwirkung nicht eingetreten ist (§ 371 Abs. 2 AO) und

  • er die hinterzogenen Steuern, die Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und die Zinsen nach § 233a AO, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Abs. 4 AO angerechnet werden, innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet (§ 371 Abs. 3 AO).

Mit der Regelung ab 1.1.2015 steigt das Risiko einer unwirksamen Selbstanzeige, da die Vollständigkeit nunmehr für eine Mindestfrist von zehn Kj. gegeben sein muss. Werden innerhalb dieser Frist nur für einen Besteuerungszeitraum unvollständige Angaben gemacht, ist die Selbstanzeige insgesamt unwirksam und führt nicht zur Straffreiheit. Nach dem BGH-Beschluss vom 25.7.2011 (1 StR 631/10, BGHSt 56, 298-320) gilt dies bei einer zu niedrigen Steuerfestsetzung von mehr als 5 %. Wenn die Nacherklärungen als sog. Teilselbstanzeigen des Stpfl. wegen nicht nur geringfügiger Abweichungen von den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen nicht zu einer Straffreiheit führen, so ist allerdings zu erörtern, ob solch verunglückte Selbstanzeigen gleichwohl zumindest strafmildernd wirken können (BGH Beschluss vom 24.3.2022, 1 StR 480/21, NStZ 2022, 571).

17. Verhinderung grenzüberschreitender Steuerhinterziehung

Die Schweiz und die EU haben am 27.5.2015 ein Abkommen zur Einführung des globalen Standards für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen unterschrieben (Pressemitteilung der EU-Kommission, LEXinform 0443225). Der globale AIA-Standard der OECD wurde vollständig in das neue Abkommen aufgenommen (→ Maßnahmen gegen missbräuchliche Steuergestaltungen mit Auslandsbezug). Bisher haben sich rund 100 Länder, darunter alle wichtigen Finanzplätze, zur Übernahme dieses globalen Standards bekannt. Das Abkommen Schweiz-EU ist am 1.1.2017 in Kraft treten, und ab 2018 wurden die ersten Daten ausgetauscht.

18. Steuerhinterziehung bei der Einfuhrumsatzsteuer

Die Vorsteuer kann die Einfuhrumsatzsteuerschuld schon nach steuerrechtlichen Grundsätzen weder ausgleichen noch mindern, weshalb sich die Frage des Kompensationsverbots (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO) und die Berücksichtigung von diesem unterliegenden Minderungsgründen oder Steuervorteilen bei den verschuldeten Auswirkungen der Tat nicht stellt (§ 46 Abs. 2 StGB; BGH Beschluss vom 22.3.2023, 1 StR 361/22, NZWiSt 2023, 313). Die Vorsteuern führen aber zu einer Minderung der verschuldeten Auswirkungen der Tat gem. § 46 Abs. 2 StGB und sind deshalb ggf. im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen.

19. Änderungen durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz

19.1. Einziehung rechtswidrig erlangter Taterträge bei Steuerhinterziehung gem. § 375a AO

Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurde § 375a AO eingeführt. Er regelt, dass in Fällen der Steuerhinterziehung rechtswidrig erlangte Taterträge, trotz Erlöschens des Steueranspruchs nach § 47 AO, nach § 73 StGB die Einziehung dieser Erträge angeordnet werden kann. Die Regelung umfasst nicht nur die hinterzogenen Steuern, sondern auch die Zinsen, soweit diese auf die hinterzogenen Steuern entfallen. Dies gilt für alle am Tag nach der Verkündung noch nicht verjährten Steueransprüche.

Liegt eine Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO vor, setzt die Einziehung die Tatvollendung, namentlich den Erlass eines Schätzungsbescheids oder den allgemeinen Abschluss der Veranlagungsarbeiten, voraus (BGH Beschluss vom 6.4.2023, 1 StR 36/23, wistra 2023, 342). Vor Eintritt des Taterfolgs kann der gegen die steuerliche Erklärungspflicht Verstoßende noch nicht frei über die Ersparnis verfügen.

19.2. Verjährungsfristen nach § 376 AO

Mit einer Ergänzung in § 376 Abs. 1 AO wird gesetzlich klargestellt, dass auch bei der Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen und der dort vorgesehenen 10-jährigen Verjährungsfrist die Ruhensregelung des § 78b Abs. 4 StGB anwendbar ist. Nach § 376 Abs. 3 AO beträgt die absolute Verjährungsfrist für Fälle des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 6 AO das Zweieinhalbfache (bisher: das 2-Fache) der gesetzlichen Verjährungsfrist (Verjährung spätestens nach 37,5 Jahren). Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an (z.B. in den Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 6 AO) und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB ab Eröffnung des Hauptverfahrens höchstens für einen Zeitraum von fünf Jahren. Dies führt dazu, dass die Verjährung in einem Fall der besonders schweren Steuerhinterziehung spätestens nach 42,5 Jahren eintritt.

20. Literaturhinweise

Bangert und Schwarz, Die Anzeige- und Berichtigungserklärung nach § 153 AO, NWB 42/2015, 3088; Beyer, Erste bundesweite Verwaltungsanweisung zur Neuregelung der Selbstanzeige zum 1.1.2015, NWB 41/2015, 3007; Haase, Selbstanzeigen im Zusammenhang mit Unternehmenssachverhalten, NWB 41/15, 2015; Götzenberger, Auslandsvermögen legalisieren, 2. A., Herne 2015; Bilsdorfer, Fallstudie zur strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO, Steuer und Studium 2/2015, 105; Seer, Das Delikt der Steuerhinterziehung im Kernbereich des Steuerstrafrechts, Steuer und Studium 1/2016, 35; Beyer, Verteidigungsansätze bei Irrtümern über steuerrechtliche Erklärungspflichten, NWB 19/2017, 1459; Baum, Änderungen der AO durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz, NWB 29/2017, 2189; Beyer, Strafbarkeitsschwellen für Steuerberater bei berufstypischem Handeln, NWB 22/2018, 1625; Steinhauff, Verlängerte Festsetzungsverjährung auch bei Steuerhinterziehung eines Miterben – Anmerkung zum BFH-Urteil v. 29.8.2017, VIII R 32/15, NWB 12/2018, 774; Dr. Gehm, Steuerhinterziehung durch Erben und Zuwendungsempfänger, NWB 37/2018, 2695; Beyer, Strafrechtliche Risiken durch falsch geschätzte USt-Voranmeldungen, NWB 2018, 585; Wienbracke, § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO: Strafbarkeitslimitierung qua Parlamentsvorbehalt, NWB 46/2023, 3133; Weber, Praxisrelevante Rechtsprechung zum Steuerstrafrecht, NWB 44/2023, 2996; Weber, Verfolgungsverjährung im Steuerstrafrecht, NWB 22/2024, 1526.

21. Verwandte Lexikonartikel

Anzeige- und Berichtigungspflicht gem. § 153 AO

Festsetzungsverjährung

Maßnahmen gegen missbräuchliche Steuergestaltungen mit Auslandsbezug

Rücknahme und Widerruf von sonstigen Verwaltungsakten gem. §§ 130 und 131 AO

Schwarzarbeit

Selbstanzeige

Steuerfahndung

Steuerordnungswidrigkeiten

Steuerschuldverhältnis

Steuerstraftaten

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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