Steuerliches Einlagekonto

Stand: 16. Dezember 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Das steuerliche Einlagekonto soll sicherstellen, dass die von den Anteilseignern geleisteten Gesellschaftereinlagen von den durch die Gesellschaft selbst erwirtschafteten Gewinnen getrennt werden.
  • Der Bestand der steuerlichen Einlagekontos ist jährlich fortzuschreiben. Die Zu- und Abgänge des laufenden Wirtschaftsjahres sind zu berücksichtigen.

Inhaltsverzeichnis

1 Überblick
2 Zur Führung des steuerlichen Einlagekontos verpflichtete Körperschaften
3 Bestandsveränderungen
3.1 Fortschreibungsverpflichtung
3.2 Anfangsbestand
3.3 Zugänge
3.4 Abgänge
4 Verfahrensrechtliche Besonderheiten
5 Einlagenrückgewähr ausländischer Gesellschaften
6 Literaturhinweise
7 Verwandte Lexikonartikel

1. Überblick

Das nach § 27 KStG zu führende sog. steuerliche Einlagekonto soll sicherstellen, dass die von den Anteilseignern einer Kapitalgesellschaft (→ Kapitalgesellschaften) geleisteten Gesellschaftereinlagen (→ Einlage) von den durch die Kapitalgesellschaft selbst erwirtschafteten Gewinnen getrennt werden. Denn wie unter dem bisherigen Anrechnungsverfahren führt auch im → Halbeinkünfteverfahren bzw. Teileinkünfteverfahren grundsätzlich nur die Rückgewähr (→ Ausschüttungen) der Gesellschaftereinlagen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG und ab dem VZ 2022 Mehrabführungen aus organschaftlicher Zeit (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 2 KStG) zu nicht steuerbaren Einkünften beim Anteilseigner. Zur Dokumentation der (Nicht-)Steuerbarkeit sind die nicht in das Nennkapital am Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres (→ Wirtschaftsjahr) auf einem besonderen Konto, dem steuerlichen Einlagekonto, auszuweisen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 KStG). Wie bei dem unter Geltung des Anrechnungsverfahrens zu führenden EK 04 handelt es sich auch beim steuerlichen Einlagekonto um eine »Nebenrechnung«, die außerhalb der Steuerbilanz zu führen ist (vgl. BMF vom 4.6.2003, IV A 2-S 2836-2/03, BStBl I 2003, 366, Rz. 1).

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Gesellschaftereinlagen (soweit Nennkapital)

Gesellschaftereinlagen (steuerliches Einlagekonto)

in Nennkapital umgewandelte thesaurierte Gewinne (§ 28 Abs. 1 KStG)

thesaurierte Gewinne

Abb.: Steuerliche Untergliederung des EK

2. Zur Führung des steuerlichen Einlagekontos verpflichtete Körperschaften

Bei unbeschränkter Körperschaftsteuerpflicht, d.h. wenn Sitz (§ 11 AO) oder Geschäftsleitung (§ 10 AO) im Inland liegen, haben folgende Körperschaften ein steuerliches Einlagekonto zu führen (vgl. BMF vom 4.6.2003, IV A 2-S 2836-2/03, BStBl I 2003, 366, Rz. 2 f.):

  • Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG),

  • sonstige Körperschaften, die Leistungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gewähren können (dazu gehören insbesondere → Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Realgemeinden, bestimmte wirtschaftliche Vereine (→ Verein)),

  • Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 bzw. 10 EStG gewähren können (dazu gehören insbesondere der → Betrieb gewerblicher Art von → Körperschaften des öffentlichen Rechts, s. hierzu FG Baden-Württemberg Urteil vom 16.3.2006, 6 K 177/03, EFG 2006, 1008, BMF vom 28.1.2019, IV C 2-S 2706-a/15/10001, BStBl I 2019, 97; zur Höhe des Anfangsbestands des steuerlichen Einlagekontos bei Betrieben gewerblicher Art vgl. BFH Urteil vom 21.8.2007, I R 78/06, BStBl II 2008, 317.

    Der Bestand des Einlagekontos eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betriebs gewerblicher Art ist nach § 27 Abs. 7 KStG i.V.m. § 27 Abs. 2 KStG weder an die Gewinnermittlungsart noch an das Überschreiten der jeweiligen Betragsgrenzen des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG gebunden, vgl. BFH vom 30.9.2020, I R 12/17, BStBl II 2022, 269. Wenn für einen Betrieb gewerblicher Art bisher keine oder nicht fortlaufend eine Feststellung des steuerlichen Einlagekontos vorzunehmen war, ist nunmehr für die Feststellungen auf den Schluss des letzten 2022 endenden Wj. (Erstjahr) eine entsprechende Erklärung abzugeben und eine Feststellung des steuerlichen Einlagekontos vorzunehmen. Aus Vereinfachungsgründen kann für Betriebe gewerblicher Art, für die bisher noch keine Feststellung des steuerlichen Einlagekontos erfolgt ist, der Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos im Erstjahr aus der Summe des vorhandenen Eigenkapitals zu Beginn des im Erstjahr endenden Wirtschaftsjahrs, das das Nennkapital bzw. eine vergleichbare Kapitalgröße des Betriebs gewerblicher Art übersteigt, zuzüglich der seit dem Systemwechsel zum Halbeinkünfteverfahren geleisteten Verlustausgleichseinlagen ermittelt werden. Gleiches gilt für Betriebe gewerblicher Art, für die keine durchgängige Feststellung des steuerlichen Einlagekontos und keine Feststellung des steuerlichen Einlagekontos auf den Schluss des dem Erstjahr unmittelbar vorangegangenen Wj. erfolgt ist (BMF vom 4.4.2022, IV C 2-S 2836/21/10001:001, DStR 2022, 722).

    Zur Höhe des Anfangsbestands des steuerlichen Einlagekontos bei einem eingetragenen nicht wirtschaftlichen Verein i.S.v. § 21 BGB, der nicht von der Körperschaftsteuer befreit ist und neben seinem ideellen Satzungsbereich einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält (mithin unter Geltung des Anrechnungsverfahrens nicht zur Gliederung seines Eigenkapitals verpflichtet gewesen ist; vgl. FG Köln Urteil vom 14.1.2010, 13 K 3157/05, EFG 2010, 1066).

Hinweis:

Für rechtsfähige private Stiftungen ist keine gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos vorzunehmen. Nach Auffassung des BFH (vgl. Urteil vom 17.5.2023, I R 42/19, DStR 2023, 2275) fehle für rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts eine entsprechende Rechtsgrundlage. Der klare Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG würde keine Vermögensmassen erfassen. Es bestehe – entgegen der Rechtsauffassung einiger FG und der herrschenden Meinung in der Literatur – keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke. Denn die Anwendbarkeit des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auf Ebene der Destinatäre könne im Rahmen deren Veranlagungsverfahren erfolgen.

Die FinVerw hat auf die Rspr. des BFH mit einem BMF-Schreiben reagiert (BMF vom 24.4.2024, IV C 2-S 2204/24/10001:001, BStBl I 2024, 721). Demnach gelte weiterhin, dass die Annahme einer Einlagenrückgewähr auf Ebene der Leistungsempfänger einer Stiftung daran scheitere, dass auf Ebene der Stiftung kein steuerliches Einlagekonto festgestellt werde und folglich Beträge des steuerlichen Einlagekontos auch nicht verwendet werden könnten.

Eingeführt durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG; BGBl I 2006, 2782) können ab dem VZ 2006 auch in einem anderen EU-Mitgliedstaat unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften, die Leistungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG erbringen können, auf Antrag von den Regelungen zum steuerlichen Einlagekonto profitieren. Dadurch soll sichergestellt werden, dass bei Ausschüttungen von EU-Körperschaften an inländische Anteilseigner ermittelt werden kann, ob es sich bei der Ausschüttung ganz oder teilweise um die Rückzahlung von steuerfreien Einlagen (→ Einlage) handelt. Verfahrensrechtlich erfolgt dies gem. § 27 Abs. 8 KStG, indem die ausländische Körperschaft bei Bedarf die gesonderte Feststellung des aus dem steuerlichen Einlagekonto finanzierten Betrags einer Leistung beantragt.

Hinweis:

Bedeutsam ist diese Regelung insbesondere für deutsche Anteilseigner von EU-Kapitalgesellschaften. Die bislang geltende Beschränkung des Anwendungsbereichs auf unbeschränkt steuerpflichtige → Kapitalgesellschaften hat nämlich dazu geführt, dass von ausländischen Kapitalgesellschaften zurückgewährte Gesellschaftereinlagen (→ Einlage) zu versteuern waren.

3. Bestandsveränderungen

3.1. Fortschreibungsverpflichtung

Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos ist gem. § 27 Abs. 1 Satz 2 KStG jährlich fortzuschreiben, wobei jeweils vom Bestand am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (→ Wirtschaftsjahr) auszugehen ist. Die Zu- und Abgänge des laufenden Wirtschaftsjahres sind entsprechend zu berücksichtigen:

Bestand am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres

+

Zugänge des laufenden Wirtschaftsjahres

./.

Abgänge des laufenden Wirtschaftsjahres

Bestand am Ende des laufenden Wirtschaftsjahres

Abb.: Fortschreibung des steuerlichen Einlagekontos

3.2. Anfangsbestand

Kapitalgesellschaften, die während des Wechsels vom Anrechnungs- zum → Halbeinkünfteverfahren bereits bestanden, haben als Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos einen positiven Endbestand des EK 04 zu übernehmen (§ 39 Abs. 1 KStG). Der erstmalige Ausweis erfolgte bei kalenderjahrgleichem → Wirtschaftsjahr auf den 31.12.2001. Die Feststellungsbescheide über den Bestand des steuerlichen Einlagekontos, die gegenüber der ausschüttenden Kapitalgesellschaft ergangen sind, sind auch für die Besteuerung des Gesellschafters bindend (BFH Urteil vom 19.5.2010, I R 51/09, BStBl II 2014, 937; vgl. auch BFH Urteil vom 24.2.2015, VIII R 50/11, GmbHR 2015, 1099). Bei Bar- oder Sachgründungen sowie bei einer Einbringung nach § 20 UmwStG ist als Anfangsbestand das das → Nennkapital übersteigende → Eigenkapital auszuweisen (z.B. ein Agio). Ansonsten ist bei einer erstmaligen Verpflichtung zur Führung des Einlagekontos von einem Anfangsbestand von null auszugehen (BMF vom 4.6.2003, IV A 2-S 2836-2/03, BStBl I 2003, 366, Rz. 5). Im Jahr der Neugründung erbrachte Einlagen können jedoch bereits zur Finanzierung von in diesem Jahr erfolgten Ausschüttungen verwendet werden (§ 27 Abs. 2 Satz 3 KStG).

Hinweis:

Bei Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht (z.B. durch Sitzverlegung in das Inland) ist der zu diesem Zeitpunkt vorhandene Bestand der nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen gesondert festzustellen. Dieser Bestand gilt als Bestand des steuerlichen Einlagekontos am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (§ 27 Abs. 2 Satz 3 KStG i.d.F. des SEStEG).

3.3. Zugänge

Folgende Maßnahmen führen zu einer Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos:

  • Verdeckte Einlagen,

  • Agios, die bei Ausgabe neuer Anteile zu leisten sind (§ 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB),

  • Nachschüsse von GmbH-Gesellschaftern und sonstige Gesellschafterleistungen, die unmittelbar in die Rücklagen (→ Rücklage) eingestellt werden (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB),

  • Minderabführungen bei → Organschaft (§ 27 Abs. 6 KStG),

  • Herabsetzung des Nennkapitals (→ Nennkapital) ohne Auszahlung an die Anteilseigner (§ 28 Abs. 2 Satz 1 KStG),

  • Vermögenszugänge aus einer → Verschmelzung oder → Spaltung (§ 29 Abs. 2, 3 KStG; BMF vom 16.12.2003, IV A 2-S 1978-16/03, BStBl I 2003, 786),

  • das → Nennkapital übersteigende EK-Zugänge einschließlich geleisteter Einlagen bei einer → Einbringung gem. § 20 UmwStG,

  • Abzug eines sog. DDR-Verlustes (§ 35 KStG).

Für den Zeitpunkt der Erfassung im steuerlichen Einlagekonto kommt es auf den Zufluss der → Einlage an (vgl. BFH Urteil vom 29.5.1996, I R 118/93, BStBl II 1997, 92; bei Einbringung bzw. Einlage einer Forderung gegenüber Dritten siehe FG Saarland Urteil vom 11.4.2018, 1 K 1127/16, EFG 2018, 1055). Bei Sachleistungen und Forderungsverzichten ist grundsätzlich die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums bzw. die zivilrechtliche Wirksamkeit entscheidend.

Hinweis:

Wird eine tatsächlich erbrachte Einlage eines Gesellschafters nicht im bestandskräftigen Feststellungsbescheid berücksichtigt (keine Berichtigung nach § 129 AO möglich), kann diese auch nicht durch eine nachfolgende Kapitalheraufsetzung mit anschließender Kapitalherabsetzung im nachfolgenden Wj. dem steuerlichen Einlagekonto zugeführt werden. Vielmehr ist insoweit ein Sonderausweis nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG festzustellen.

Dieser »Hilfslösung« als Gestaltung bei nicht im steuerlichen Einlagekonto erfassten Einlagen (vgl. hierzu Schwedhelm/Olbing/Binnewies, GmbHR 2013, 1233 und Ott, DStR 2014, 673) hat auch das FG München vom 24.10.2023, 6 K 2838/20, EFG 2024, 319 eine eindeutige Absage erteilt. Die Revision ist unter dem Az. VIII R 41/23 anhängig.

3.4. Abgänge

Zu einer Minderung des steuerlichen Einlagekontos kommt es insbesondere durch:

  • Mehrabführungen bei → Organschaft (§ 27 Abs. 6 KStG; anders: vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen, vgl. BFH Beschluss vom 6.6.2013, I R 38/11, BStBl II 2014, 398; BFH Beschluss vom 27.11.2013, I R 36/13, BStBl II 2014, 651. Ab dem VZ 2022: Mehrabführungen aus organschaftlicher Zeit mindern das steuerliche Einlagekonto der Organgesellschaft vor anderen Leistungen, vgl. §§ 14 Abs. 4 Satz 2, 27 Abs. 6 Satz 2 KStG),

  • Vermögensabgänge infolge einer Abspaltung (→ Spaltung; § 29 Abs. 3 KStG; vgl. BMF vom 16.12.2003, IV A 2-S 1978-16/03, BStBl I 2003, 786),

  • Kapitalerhöhungen (→ Kapitalerhöhung) aus Gesellschaftsmitteln (§ 28 Abs. 1 KStG),

  • Erfüllung bzw. Wiederaufleben einer Darlehensverpflichtung gegenüber einem Gesellschafter nach vorausgegangenem Forderungsverzicht gegen Besserungsschein,

  • Rückzahlung von Nachschüssen der Anteilseigner i.S.v. § 26 GmbHG, die nicht zur Deckung eines Verlusts am Stammkapital erforderlich sind,

  • Leistungen, soweit sie den ausschüttbaren Gewinn übersteigen (Hauptanwendungsfall; § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG), hierzu gehören v.a. (s. BMF vom 16.12.2003, IV A 2-S 1978-16/03, BStBl I 2003, 786, Rz. 11):

Hinweis:

Erwerb und Veräußerung eigener Anteile der Gesellschaft können sich ebenfalls auf den Bestand des steuerlichen Einlagekontos auswirken. Nach dem BMF-Schreiben vom 27.11.2013 (IV C 2-S 2742/07/10009, BStBl I 2013, 1615) stellt der Erwerb eigener Anteile nicht mehr einen Anschaffungsvorgang eines Wirtschaftsguts dar, sondern eine Kapitalherabsetzung in Höhe des Nennbetrags der erworbenen Eigenanteile (siehe auch z.B. BFH Urteil vom 6.12.2017, IX R 7/17, BStBl II 2019, 213). Für Zwecke der steuerlichen Beurteilung ist der Kaufpreis in den Nennbetrag der Anteile und den darüberhinausgehenden Betrag zu splitten. In Höhe des Nennbetrags der Eigenanteile wird das Stammkapital ohne Auswirkungen auf das steuerliche Einlagekonto oder den Sonderausweis herabgesetzt. Die über den Nennbetrag hinausgehende Kaufpreisdifferenz führt als eine verdeckte Gewinnausschüttung zur Minderung des steuerlichen Einlagekontos nach Maßgabe des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG. Werden dagegen eigene Anteile zu einem Kaufpreis unterhalb des Nennbetrags erworben, ist von einer Kapitalherabsetzung ohne Auszahlung an den Gesellschafter auszugehen. In Höhe des Differenzbetrags mindert sich der Sonderausweis nach § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG. Übersteigt der Differenzbetrag den bestehenden Sonderausweis, ist der entsprechende Zugang auf dem steuerlichen Einlagekonto auszuweisen.

Dementsprechend wird eine Veräußerung der eigenen Anteile wie eine Erhöhung des Nennkapitals behandelt. Ein zu niedrig angesetzter Kaufpreis führt in Höhe des Differenzbetrags zu einer vGA. Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos ist in dieser Höhe zu mindern.

Für die Ermittlung der Verwendung des steuerlichen Einlagekontos sind im Hauptanwendungsfall sämtliche Leistungen, die im → Wirtschaftsjahr abgeflossen sind, zusammenzufassen. Eine Verwendung des Einlagekontos tritt nur dann ein, wenn die Summe der Leistungen den auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ermittelten sog. ausschüttbaren Gewinn übersteigt:

EK lt. Steuerbilanz

./.

gezeichnetes Kapital

./.

Bestand des steuerlichen Einlagekontos (falls positiv)

ausschüttbarer Gewinn (Mindestansatz 0 €)

./.

Leistungen

Verwendung des steuerlichen Einlagekontos, falls Differenz negativ

Abb.: Ermittlung der Verwendung des steuerlichen Einlagekontos

Hinweis:

Ein »Direktzugriff« auf das steuerliche Einlagekonto ist grundsätzlich unzulässig (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG i.d.F. des SEStEG). Ausnahmen bestehen bei der Rückzahlung des Nennkapitals i.S.v. § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG, nach einer Nennkapitalherabsetzung (BFH vom 21.10.2014, I R 31/13, BStBl II 2016, 411) und wohl nach dem Gesetzeswortlaut, wenn der Gesellschafter auf eine werthaltige Forderung verzichtet hat und später der Besserungsfall eintritt (vgl. Lornsen-Veit/Behrendt, FR 2007, 179; Pohl, DB 2007, 1553). Nach dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts vom 25.6.2021, BGBl I 2021, 2050 ist ab VZ 2022 auch im Fall der Mehrabführungen, die ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben, ein Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto zugelassen.

Die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos ist grundsätzlich auf dessen positiven Bestand beschränkt (§ 27 Abs. 1 Satz 4 KStG; FG Hamburg Urteil vom 15.2.2008, 2 K 239/06, DStRE 2009, 491; BFH Urteil vom 6.10.2009, I R 24/08, BFH/NV 2010, 248). Maßgeblich für die Verwendung ist der positive Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, unterjährige Zugänge bleiben unberücksichtigt (BFH Urteil vom 30.1.2013, I R 35/11, BStBl II 2013, 560; BFH Urteil vom 19.7.2017, I R 96/15, BFH/NV 2018, 237). Den einzelnen Leistungen ist die ermittelte Verwendung anteilig zuzuordnen (BMF vom 16.12.2003, IV A 2-S 1978-16/03, BStBl I 2003, 786, Rz. 12).

Beispiel:

Die A-GmbH (kalenderjahrgleiches Wirtschaftsjahr) verfügt zum 31.12.01 über folgende Bestände:

Eigenkapital lt. Steuerbilanz

240 000 €

Nennkapital

75 000 €

steuerliches Einlagekonto

30 000 €

Im Wirtschaftsjahr 02 wird eine Gewinnausschüttung i.H.v. 130 000 € beschlossen und ausgezahlt, zusätzlich liegt eine in 02 abgeflossene vGA i.H.v. 50 000 € vor.

Lösung:

Ermittlung der Verwendung des steuerlichen Einlagekontos durch die Leistungen (Gewinnausschüttung und vGA, in Summe 180 000 €):

Eigenkapital lt. Steuerbilanz

240 000 €

./. Nennkapital

75 000 €

./. steuerliches Einlagekonto

30 000 €

ausschüttbarer Gewinn

135 000 €

./. Leistungen

180 000 €

Verwendung des steuerlichen Einlagekontos (§ 27 Abs. 1 Satz 3 KStG)

./. 45 000 €

Die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos ist auf dessen positiven Bestand (30 000 €) begrenzt. In dieser Höhe liegt eine Einlagenrückgewähr vor, die bei den Anteilseignern nicht der Besteuerung unterliegt (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).

Erfolgt die Einlagenrückgewähr nicht an den Gesellschafter, der die Einlage zuvor getätigt hatte, kann dies einen steuerpflichtigen Gewinn auslösen. Dies liegt daran, dass Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter entsprechend ihrer quotalen Beteiligung vorgenommen werden und das Entstehen des steuerlichen Einlagekontos nicht an die Beteiligungsquoten gekoppelt ist.

Übersteigt die zurückgewährte Einlage die Anschaffungskosten des jeweiligen Gesellschafters, ist auf den entsprechenden Gewinn nach § 17 Abs. 4 EStG das Teileinkünfteverfahren anzuwenden (vgl. OFD Frankfurt vom 4.2.2014, S 2244 A-41-St 215, DStR 2014, 903; OFD Frankfurt vom 16.6.2021, S 2244 A-41-St 519, DStR 2021, 2241). Bei Erwerb von Anteilen an derselben Kapitalgesellschaft zu verschiedenen Zeitpunkten sind die Anschaffungskosten jeweils gesondert zu ermitteln und festzuhalten. Sie müssen bei Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto pro Anteil fortentwickelt werden. Bei der Berechnung eines etwaigen Gewinns nach § 17 Abs. 4 EStG sind die Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto prozentual (Verhältnis der einzelnen Anteile in Bezug zur Gesamtbeteiligung des Anteilseigners am Stammkapital der Kapitalgesellschaft) den einzelnen Anteilen zuzuordnen (s. ausführlich mit Beispielen: OFD Frankfurt vom 16.6.2021, S 2244 A-41-St 519, DStR 2021, 2241). Handelt es sich bei den Anteilen, deren Anschaffungskosten bereits verbraucht sind, um sperrfristbehaftete Anteile i.S.d. UmwStG, löst die (weitere) Einlagenrückgewähr ein sperrfristschädliches Ereignis gem. § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG aus (OFD Frankfurt am Main vom 16.6.2021, S 2244 A-41-St 519, DStR 2021, 2241).

4. Verfahrensrechtliche Besonderheiten

Die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos ist dem Anteilseigner nach amtlich vorgeschriebenem Muster (BMF vom 23.5.2022, IV C 1-S 2401/19/10001:006; BMF vom 11.11.2020, IV C 1-S 2401/19/10003:001, BStBl I 2020, 1134; BMF vom 15.12.2017, IV C 1-S 2401/08/10001:018, BStBl I 2018, 13;) zu bescheinigen (§ 27 Abs. 3 KStG). Ursprünglich führte eine einmal erfolgte Bescheinigung zu einer Verwendungsfestschreibung, selbst wenn sich später eine andere Verwendung ergab (§ 27 Abs. 1 Satz 5 KStG a.F.). Allerdings entschied der BFH zu § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG a.F., dass eine Verwendung nur dann festgeschrieben sein könne, wenn mindestens einem Anteilseigner eine entsprechende Bescheinigung ausgehändigt wurde. Eine Festschreibung trete hingegen nicht ein, wenn den Anteilseignern keine Bescheinigungen erteilt wurden, weil die Kapitalgesellschaft irrtümlich davon ausging, es sei ausreichender ausschüttbarer Gewinn vorhanden (BFH Urteil vom 10.6.2009, I R 10/09, BStBl II 2009, 974).

Die Verwendungsfestschreibung wurde durch das SEStEG in § 27 Abs. 5 KStG neu geregelt. Danach ist eine Verwendungsfestschreibung nur noch bei einer zu niedrigen Bescheinigung vorgesehen. Bei einer zu hoch bescheinigten Verwendung des steuerlichen Einlagekontos kann die Bescheinigung berichtigt werden. Ist für eine Leistung bis zum Tag der Bekanntgabe der erstmaligen Feststellung des Einlagekontos zum Abschluss des Wirtschaftsjahres der Leistung keine Steuerbescheinigung erteilt worden, gilt gem. § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG der Betrag der Einlagenrückgewähr als mit 0 € bescheinigt (s.a. BFH Beschluss vom 11.7.2018, I R 30/16, BStBl II 2019, 283; BFH vom 19.1.2021, I B 3/20, BFH/NV 2021, 648). Deshalb begründet nach Ansicht der Finanzverwaltung eine nachträglich im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellte verdeckte Gewinnausschüttung (→ Verdeckte Gewinnausschüttung) keine Verwendungsmöglichkeit des steuerlichen Einlagekontos (OFD Münster vom 27.11.2009, S 2836-7-St 13-33, DB 2009, 2691). Denn die Nichterteilung einer Steuerbescheinigung für die verdeckte Gewinnausschüttung führe nach § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG zu einer festgeschriebenen Einlagekontoverwendung von 0 €. Dies gelte selbst für den Fall, dass die Kapitalgesellschaft über ein ausreichend hohes Einlagekonto verfüge. Siehe hierzu auch BFH vom 19.1.2021, I B 3/20, BFH/NV 2021, 648. Wird für eine offene Gewinnausschüttung gem. § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG eine bescheinigte Einlagenrückgewähr von 0 € fingiert, überlagert die Fiktion bereits im Ausschüttungszeitpunkt den Umstand, dass nach der Verwendungsrechnung des § 27 Abs. 1 Satz 3 bis 5 KStG kein ausschüttbarer Gewinn verwendet wird. Greift die Fiktion des § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG, entstehen die Kapitalertragsteuer und die damit verbundenen kapitalertragsteuerlichen Pflichten der steuerentrichtungspflichtigen KapGes nicht erst mit der Bekanntgabe des gesonderten Feststellungsbescheids für das Einlagekonto als das die Fiktion auslösende Ereignis, sondern mit dem Zufluss der Ausschüttung (BFH vom 17.5.2022, VIII R 14/18, DStR 2022, 1654).

Hinweis:

Gem. § 27 Abs. 5 Satz 4 KStG haftet die Körperschaft für die auf den überhöht ausgewiesenen Betrag der Einlagenrückgewähr entfallende Kapitalertragsteuer (siehe hierzu auch FG Berlin-Brandenburg vom 18.6.2020, 10 K 5250/16, EFG 2020, 1768).

Zum Bescheinigungsverfahren bei Nebeneinander von Einlagenrückgewähr und → Körperschaftsteuerminderung vgl. OFD Magdeburg vom 10.2.2005, S 2861-2-St 215/S 2830-10-St 215, DStR 2005, 921.

Der unter Berücksichtigung der Zu- und Abgänge ermittelte Bestand des steuerlichen Einlagekontos am Ende des Wirtschaftsjahres (→ Wirtschaftsjahr) wird vom Finanzamt – auch wenn keine Änderungen eingetreten sind – gesondert festgestellt (§ 27 Abs. 2 Satz 1 KStG). Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) über die gesonderte Feststellung zum folgenden Feststellungszeitpunkt (§ 27 Abs. 2 Satz 2 KStG).

Wurde der Bestand des steuerlichen Einlagekontos versehentlich falsch mit Null angegeben und dies von der Finanzverwaltung übernommen, kommt eine Berichtigung aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 AO in Betracht. Die Rechtsprechung legt den Tatbestand des § 129 AO in diesem Zusammenhang weit aus (FG Köln Urteil vom 7.4.2016, 13 K 37/15, EFG 2016, 980; FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 13.10.2016, 10 K 10320/15, EFG 2017, 231; s. aber auch FG München Urteil vom 17.9.2018, 7 K 2805/17, EFG 2019, 10). Schätzt jedoch das FA über mehrere Jahre hinweg den Bestand des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 KStG jeweils mit Null und erkennt es dabei aufgrund einer mangelnden Überprüfung eingereichter Unterlagen nicht, dass ihm mitgeteilte Zahlungen in die Kapitalrücklage zu berücksichtigen gewesen wären, und lässt die Stpfl. die Bescheide bestandskräftig werden, kann eine Änderung der Feststellungsbescheide nach § 27 Abs. 2 KStG nicht auf § 129 AO gestützt werden (FG München vom 15.3.2021, 7 K 2114/18, EFG 2021, 1281). Nach Auffassung des FG Hamburg (Urteil vom 24.5.2024, 5 K 12/24, n.n.) stelle eine Berichtigung nach § 129 Satz 1 AO lediglich die ursprünglich gewollte Regelung wieder her und wirke damit auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Bekanntgabe zurück. Der materielle Bestand des ursprünglichen Bescheides bleibe hingegen unberührt, wenn für den Adressaten erkennbar war, dass das Erklärte nicht dem Willen der Behörde entspreche.

Der Feststellungsbescheid i.S.d. § 27 Abs. 2 KStG richtet sich – auch wenn dieser für die KapGes keine unmittelbaren ertragsteuerlichen Auswirkungen entfaltet – ausschließlich gegen die KapGes, die gegen diesen im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens vorgehen kann. Der Gesellschafter kann hingegen nicht erfolgreich geltend machen, dass der Feststellungsbescheid unzutreffend sei, obwohl dieser über § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG materiell-rechtliche Bindung für den Anteilseigner entfaltet. Vgl. hierzu BFH vom 19.5.2010, I R 51/09, BStBl II 2014, 937. Allerdings besteht kein Drittanfechtungsrecht des Gesellschafters gegen den Feststellungsbescheid zum steuerlichen Einlagekonto (vgl. BFH vom 21.12.2022, I R 53/19, BStBl II 2023, 504).

5. Einlagenrückgewähr ausländischer Gesellschaften

Körperschaften oder Personenvereinigungen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU unbeschränkt steuerpflichtig sind, können nach § 27 Abs. 8 KStG ebenfalls eine steuerfreie Einlagenrückgewähr erbringen. Die Qualifikation erfolgt in entsprechender Anwendung der § 27 Abs. 1 bis 6 und §§ 28 und 29 KStG. Die Einlagenrückgewähr wird auf Antrag für den jeweiligen Veranlagungszeitraum gesondert festgestellt, § 27 Abs. 8 Satz 3 EStG. Der Antrag ist bis zum Ende des Kalenderjahres zu stellen, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Leistung erfolgt ist, § 27 Abs. 8 Satz 4 KStG. Es handelt sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist (BMF vom 4.4.2016, IV C 2-S 2836/08/10002, BStBl I 2016, 468; zur Unionsrechtmäßigkeit der Frist vgl. BFH Urteil vom 27.2.2018, I B 37/17, DStR 2018, 1495). Für den Antrag ist ein amtlich vorgeschriebener Vordruck zu verwenden. Zuständig ist die örtlich zuständige Finanzbehörde i.S.d. § 20 AO bzw. das Bundeszentralamt für Steuern, falls keine örtliche Zuständigkeit eingreift. Wird die steuerfreie Einlagenrückgewähr nicht gesondert festgestellt, gilt die Leistung als Gewinnausschüttung, die bei dem Anteilseigner zu Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG führt. Die Durchführung eines gesonderten Feststellungsverfahrens durch die für die Körperschaft zuständige Finanzbehörde ist ausnahmsweise nicht bindend für die vor dem 1.1.2014 erbrachten Nennkapitalrückzahlungen. Entscheidend ist für diese Sachverhalte die Qualifizierung als nicht steuerbare Nennkapitalrückzahlung durch das für den Anteilseigner zuständige Finanzamt (BMF vom 4.4.2016, IV C 2-S 2836/08/10002, BStBl I 2016, 468). Zur europarechtlichen Konformität des gesonderten Feststellungsverfahrens vgl. FG München Urteil vom 22.11.2016, 6 K 2548/14, EFG 2017, 234; BFH Urteil vom 27.2.2018, I B 37/17, DStR 2018, 1495. Die Regelungen des § 27 Abs. 8 KStG finden grds. auf Körperschaften oder Personenvereinigungen Anwendung, die im Zeitpunkt der Leistung in einem EWR-Staat der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen. Für den Fall, dass bei der EWR-Körperschaft kein wirksamer Antrag zur Feststellung der jeweiligen Leistung als Einlagenrückgewähr nach § 27 Abs. 8 KStG gestellt wurde, siehe BMF vom 21.4.2022, IV C 2-S 2836/20/10001:002, BStBl I 2022, 647.

Für die in Drittstaaten ansässigen Kapitalgesellschaften ist keine gesetzliche Regelung zum steuerlichen Einlagekonto vorgesehen. Der Anwendungsbereich des § 27 Abs. 8 KStG umfasst lediglich EU/EWR-Staaten, nicht dagegen Drittstaaten. Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine steuerfreie Einlagenrückgewähr auch dann möglich, wenn die Gesellschaft in einem Drittstaat ansässig ist und kein steuerliches Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG geführt wurde (BFH vom 10.4.2019, I R 15/16, BStBl II 2022, 266; BFH Urteile vom 13.7.2016, VIII R 47/13, BStBl II 2022, 263; VIII R 73/13, BStBl II 2022, 271; BFH Urteil vom 20.10.2010, I R 117/08, BStBl II 2022, 254). Das betrifft auch die Rückgewähr von Einlagen, die kein Nennkapital sind. Begründet wird diese Ansicht mit dem Argument der Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV, wonach Beschränkungen des Kapitalverkehrs nicht nur im Verhältnis der Mitgliedstaaten untereinander, sondern auch im Verhältnis von Mitgliedstaaten zu Drittstaaten verboten sind. Zur Anerkennung der steuerneutralen Einlagenrückgewähr in Drittstaatenfällen ist ein formelles Verfahren zur Feststellung des steuerlichen Einlagekontos i.S.d. § 27 Abs. 1, Abs. 8 KStG nicht erforderlich. Die neue Rechtsprechung widerspricht dabei der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung, wonach jede Leistung einer Drittstaatengesellschaft unabhängig von ihrer Art zu steuerpflichtigen Einnahmen bei den Anteilseignern führte. Zur Ermittlung und Nachweispflicht siehe BMF vom 21.4.2022, IV C 2-S 2836/20/10001:002, BStBl I 2022, 647.

Hinweis:

Es ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass inländische Anteilseigner einer Drittstaatenkapitalgesellschaft im Rahmen des Steuerfestsetzungsverfahrens den Nachweis führen können, dass ein bestimmter Bezug als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren ist, Ausschüttungen an inländische Gesellschafter einer EU-KapGes gem. § 27 Abs. 8 Satz 9 KStG ohne weitere Nachweismöglichkeit des Anteilseigners jedoch stets als Gewinnausschüttung gelten, wenn die EU-KaGes das Feststellungsverfahren gem. § 27 Abs. 8 KStG nicht betreibt (BFH vom 27.10.2020, VIII R 18/17, DB 2021, 261; hierzu und zur individuellen Nachweisführung aus unionsrechtlichen Gründen siehe BFH vom 4.5.2021, VIII R 14/20, BFH/NV 2021, 1675; BFH vom 4.5.2021, VIII R 17/18, BFH/NV 2021, 1579).

6. Literaturhinweise

Binnewies, Das steuerliche Einlagekonto im Halbeinkünfteverfahren, GmbH-StB 2003, 129, 225; Pickhardt-Poremba, Das steuerliche Einlagekonto: Überblick über das BMF-Schreiben vom 4.6.2003 zu den §§ 27, 28 KStG 2002, StuB 2003, 964; Franz, Das steuerliche Einlagekonto, GmbHR 2003, 818; Schlagheck, Das steuerliche Einlagekonto, StuB 2004, 1010; Kussmaul/Meyering, Verwendung des steuerlichen Einlagekontos bei Körperschaftsteuererhöhung (EK 02): Existenz einer Gesetzeslücke!?, DB 2005, 685; Rödder/Schumacher, Das kommende SEStEG – Teil I: Die geplanten Änderungen des EStG, KStG und AStG, DStR 2006, 1481; Winkeljohann/Fuhrmann, SEStEG: Einlagekonto, Körperschaftsteuer-Guthaben und Nachversteuerung von EK 02-Beträgen auf dem Weg nach Europa, DB 2006, 1862; Dötsch/Pung, SEStEG: Die Änderungen des KStG, DB 2006, 2648; Lornsen-Veit/Behrendt, Forderungsverzicht mit Besserungsschein nach dem SEStEG – weiterhin Direktzugriff auf das Einlagekonto, FR 2007, 179; Schiffers, Systemänderung bei KSt-Guthaben und steuerlichem Einlagekonto, GmbH-StB 2007, 76; Pohl, Entwicklung des steuerlichen Einlagekontos beim Forderungsverzicht mit Besserungsschein – Änderung der Rechtslage durch das SEStEG?, DB 2007, 1553; Stadler/Jetter, Grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften und steuerliches Einlagekonto, IStR 2009, 336; Sedemund, Zweifelsfragen im Rahmen von § 27 Abs. 8 KStG, IStR 2009, 579; Sedemund, Zuständigkeits- und Verfahrensfragen bei Leistungen ausländischer Kapitalgesellschaften an inländische Anteilseigner, IStR 2010, 270; Jung/Dern/Wartenberg, Die schädliche Einlagenrückgewähr nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG bei formwechselnder Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft – ein Damoklesschwert des Umwandlungssteuerrechts?, BB Special 1 (zu BB 2010, Heft 5), 26; Voßkuhl/Klemke, Unterjährige Zugänge bei Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto, DB 2010, 2696; Kraft/Kraft, Führung eines steuerlichen Einlagekontos durch privatnützige Stiftungen, DStR 2011, 1837; Voßkuhl/Klemke, Vorrang des Veranlagungsverfahrens vor dem Abzugsverfahren – Verfahrensrechtliche Aspekte nach Einführung der Abgeltungsteuer und bei der Berichtigung einer Bescheinigung nach § 27 Abs. 5 Satz 5 KStG, DB 2012, 2248; Große, Das steuerliche Einlagekonto – § 27 KStG, SteuK 2013, 67; Binnewies, Haftungsfalle »Einlagekonto nach § 27 KStG«, GmbH-StB 2013, 22; Scholz, BFH: Verwendung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 KStG i.d.F. des SEStEG bei unterjährigen Zugängen, BB 2013, 1455; Binnewies, Steuerliches Einlagekonto: Verwendung nach § 27 KStG i.d.F. des SEStEG bei unterjährigen Zugängen, GmbHR 2013, 720; Schiffers, Steuerrechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Anteile – Anmerkungen zum BMF-Schreiben vom 27.11.2013, GmbHR 2014, 79; Zwirner, Die steuerbilanzielle Behandlung von Erwerb und Veräußerung eigener Anteile, BC 2014, 119; Boxberger, Steuerneutrale Repatriierung von Einlagen aus Drittstaaten-Gesellschaften möglich – Hoffnung für Fondsinvestoren?, GWR 2014, 272; Peschke/Herrmann, Steuerrechtliche Behandlung der Einlagenrückgewähr bei Gesellschaften aus Drittstaaten jetzt vor dem BFH, IStR 2014, 371; Mayer/Wagner, BMF-Schreiben zu eigenen Anteilen – Absage an (vermeintliches) Korrespondenzprinzip, DStR 2014, 571; Ott, Probleme bei steuerlichem Einlagekonto und bei der Einlagenrückgewähr, DStR 2014, 673; Müller/Reinke, Handelsrechtliche und steuerliche Behandlung von eigenen Anteilen – Konkretisierung der steuerlichen Regelungen durch das BMF-Schreiben vom 27.11.2013, DStR 2014, 711; Binnewies, Praxisprobleme mit dem Einlagekonto (§ 27 KStG), GmbHR 2015, 1065; Herkens, Fehlerhafte Einlagekontofeststellungen bei § 27 KStG, GmbH-StB 2016, 78; Ott, Einlagen und Einlagenrückgewähr bei Kapitalgesellschaften – Praktische Probleme im Zusammenhang mit dem steuerlichen Einlagekonto nach § 27 KStG, DStZ 2016, 227; Wittkowski, Änderung von Steuerbescheiden – Offensichtliche Unrichtigkeiten in Fällen fehlerhafter Eigenkapitalfeststellung gemäß § 27 Abs. 2 KStG, SteuK 2016, 465; Teiche, Steuerliche Risiken bei (grenzüberschreitenden) Eigenkapitalmaßnahmen, DStR 2016, 712; Klepsch, Gesonderte Feststellung nach § 27 Abs. 8 KStG auf Nennkapitalrückzahlungen bei EU-/EWR-Körperschaften, IStR 2016, 381; Endert, Direktzugriff auf das Einlagekonto beim Wiederaufleben von Verbindlichkeiten?, DStR 2016, 1009; Behrens, Nennkapitalrückzahlungen durch EU-/EWR-ausländische Kapitalgesellschaften, BB 2016, 1180; Neyer, Einlagenrückgewähr: Strafsteuer auf nachträglich der Besteuerung zugrunde gelegte vGA?, DStR 2016, 1841; Benecke/Staats, Einlagenrückgewähr bei Sachausschüttung (»Spin-off«) einer Drittstaatsgesellschaft, IStR 2016, 893; Möller, Einkünfte aus Kapitalvermögen und Einlagenrückgewähr bei US-»Spin-off«, GWR 2016, 472; Forchhammer, Die Besteuerung der Einlagenrückgewähr einer Drittstaatengesellschaft verstößt gegen Unionsrecht, SteuK 2016, 549; Schaflitzl/Laschewski, Steuerneutrale Einlagenrückgewähr auch in Drittstaatenfällen, BB 2016, 3095; Schmidt, Besteuerung der Einlagenrückgewähr einer Gesellschaft aus Drittstaat verstößt gegen EU-Recht, IWRZ 2017, 41; Mayer-Theobald/Süß, Steuerneutrale Rückgewähr bei Gesellschaften aus Drittstaaten, DStR 2017, 137; Ott, Aktuelle Entwicklungen und Gestaltungsüberlegungen zum steuerlichen Einlagekonto; DStR 2017, 1505; Moritz, Zur Anwendbarkeit der Verwendungsfestschreibung gemäß § 27 Abs. 5 Satz 1 und 2 KStG bei nachträglichen Änderungen an den Bestandteilen der Differenzrechnung, GmbHR 2017, 511; Jauch, Zum aktuellen Diskurs bei Verwendungsfestschreibung gemäß § 27 Abs. 5 KStG und zur Änderbarkeit von Feststellungen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 KStG, DStR 2018, 504; Hohage/Schäfer, Nachträgliche Korrektur des steuerlichen Einlagekontos nach § 129 AO, NWB 2019, 1592; Brühl/Herkens, Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum und steuerliches Einlagenkonto bei Einbringungen gem. § 20 UmwStG, Ubg 2019, 516; Schell/Philipp, Steuerliches Einlagekonto und verdeckte Gewinnausschüttung im Konzern, DStR 2019, 2225; Käshammer/Schmohl/Schuhmann, Einlagenrückgewähr durch eine Drittstaatengesellschaft – Ausgewählte Praxisüberlegungen, IStR 2019, 858; Kraft, Das steuerliche Einlagekonto privatnütziger Familienstiftungen vor dem Hintergrund aktueller judikativer Entwicklungen, Ubg 2020, 95; Oppel, BFH schließt Direktzugriff auf Einlagekonto auch im Drittstaatensachverhalt aus, IStR 2020, 46; Oppel, Die Einlagenrückgewähr durch ausländische Gesellschaften, Rechtliche Rahmenbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten, IWB 2020, 375, 416; Schwalm, Die Einlagelösung – Zum Entwurf der Neuordnung von in organschaftlicher Zeit verursachten Minder- und Mehrabführungen, DStR 2021, 980; Fiand, Feststellung des steuerlichen Einlagekontos für Betriebe gewerblicher Art in Wechselfällen, NWB 2022, 2134; Kahsnitz, Hinweise zum steuerlichen Einlagekonto bei Kapitalgesellschaften und Körperschaften des öffentlichen Rechts, KÖSDI 2022, Nr. 3, 22645; Ott, Nicht erfasste Einlagen im steuerlichen Einlagekonto i.S. des § 27 KStG und Liquidation, StuB 2022, 409; Pohl, Einlagenrückgewähr durch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften, NWB 2022, 2344; Stehr/Baumgartner, Neues zur Einlagenrückgewähr durch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften, DStR 2022, 1697; Cloppenburg, Das steuerliche Einlagekonto beim Formwechsel der optierenden Gesellschaft nach § 1a Abs. 4 Satz 7 KStG, Ubg 2023, 487; Dremel/Moritz, Einlagenrückgewähr durch Drittstaats-Kapitalgesellschaften, DStR 2023, 1497; Ewert/Gottwalt, Zur Frage einer Regelungslücke in § 27 Abs. 7 KStG, StBp 2023, 38; Ostermann/Kluck, Die Einlagenrückgewähr durch Drittstaatengesellschaften, Ubg 2023, 363; Ott, Kapitalgesellschaften: »Vergessene« Einlage im steuerlichen Einlagekonto: offenbare Unrichtigkeit oder Heilung durch Liquidation, GStB 2023, 95; Pflüger, Kapitalgesellschaften: Neues zu Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto einer GmbH, GStB 2023; Reichwein, § 27 Abs. 8 KStG neue Fassung und Unionsrecht, DStZ 2023, 452; Schiffers, Einlagekonto nach § 27 KStG als verbindende Größe zwischen den Besteuerungsebenen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter, DStZ 2023, 256; Trappmann, Rechtsfähige Stiftungen: Destinatsleistungen als »Einlagenrückgewähr«, StuB2023, 965; Bartsch, Gewinne ausschütten oder mit verkaufen? – Eine ökonomische Analyse: Vorteile aus der Kombination von Abgeltungsteuer und Teileinkünfteverfahren, FR 2024, 363; Doege/Hahn, Keine gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos bei rechtsfähigen privaten Stiftungen, NWB 2024, 160; Orth, BFH: Keine gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos einer Familienstiftung – und nun?, DB 2024, 1771; Ott, Kapitalgesellschaften: Strategien zur gezielten Mobilisierung des »eingesperrten« steuerlichen Einlagekontos, GStB 2024, 30.

7. Verwandte Lexikonartikel

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Kapitalherabsetzung

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Steuerbescheinigung

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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