1 Einführung
1.1 Erscheinungsformen der Stiftung
1.2 Beginn der Körperschaftsteuerpflicht einer Stiftung
2 Steuerliche Behandlung der gemeinnützigen Stiftung
2.1 Gemeinnützige Zwecke (§ 52 AO)
2.2 Mildtätige Zwecke (§ 53 AO)
2.3 Kirchliche Zwecke (§ 54 AO)
2.4 Selbstlosigkeit (§ 55 AO)
2.5 Ausschließlichkeit (§ 56 AO)
2.6 Unmittelbarkeit (§ 57 AO)
2.7 Steuerlich unschädliche Betätigungen (§ 58 AO)
2.8 Unschädliche Rücklagenbildung (§ 62 AO)
2.9 Einkommenssphäre einer steuerbegünstigten Stiftung
2.9.1 Ideeller Bereich
2.9.2 Vermögensverwaltung
2.9.3 Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
2.9.4 Zweckbetrieb
3 Steuerliche Behandlung der Familienstiftung
3.1 Allgemeines zur Familienstiftung
3.2 Besteuerung der Familienstiftung
3.2.1 Ertragsteuerliche Behandlung der Familienstiftung
3.2.1.1 Körperschaftsteuerliche Behandlung der Familienstiftung
3.2.1.2 Buchführungspflicht von Familienstiftungen
3.2.2 Erbschaftsteuerliche Behandlung der Familienstiftung
3.2.2.1 Steuerpflicht der Familienstiftung
3.2.2.2 Steuerschuldner
3.2.2.3 Entstehung der Erbschaftsteuer
3.2.2.4 Berechnung der Erbschaftsteuer
3.2.2.5 Tabellarische Übersicht zur Wertermittlung bei Familienstiftungen (keine abschließende Aufzählung)
3.2.2.6 Steuerbefreiungen
3.2.3 Erbersatzsteuer
3.2.4 Umsatzsteuer
4 Besteuerung der Destinatäre einer Stiftung
5 Kombination von Stiftungen, insbes. Familien- und gemeinnützige Stiftungen
6 Auswirkungen der Erbschaftsteuerreform 2016 auf Familienstiftungen
7 Literaturhinweise
8 Verwandte Lexikonartikel
Stiftungen in Deutschland sind beliebt: Zum 31.12.2023 gab es in Deutschland nach den Zahlen des Bundesverbands Deutscher Stiftungen insgesamt 25 777 rechtsfähige Stiftungen. Hinzu kommen die rechtsfähigen Familienstiftungen sowie eine unbekannte Anzahl nicht rechtsfähiger Familienstiftungen. Die älteste in Deutschland bekannte Stiftung reicht bis in Mittelalter zurück (Wemding in Riess, Gründungsjahr ca. 950 n.Chr.). Die Motive für die Gründung einer Stiftung sind vielschichtig: Insbes. bei Familienstiftungen überwiegt der Gedanke, Kontinuität innerhalb des Unternehmens zu bewahren und gleichzeitig das Lebenswerk vor Zerschlagung aufgrund einer Erbauseinandersetzung zu schützen. Weitere Gründe sind etwaige Kinderlosigkeit des Stifters sowie dessen Misstrauen gegenüber seinem Erben hinsichtlich der Fortführung des Unternehmens. Einen weiteren Vorteil begründet die Fortführung des Unternehmens in Form einer Familienstiftung durch Bindung der Stiftungsorgane durch den durch den Stifter festgesetzten Stiftungswillen. Aufhebung oder Änderung des Stiftungszwecks bedürfen der Zustimmung der Stiftungsbehörde gem. § 87 BGB. Diese wird jedoch nur erteilt, wenn sie dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Stifters entspricht. Dies bietet gewichtige Vorteile gegenüber einer Testamentsvollstreckung, die zeitlich auf 30 Jahre begrenzt ist, oder testamentarischen Auflagen des Erblassers, die durch den Erben durch Ausschlagung und Geltendmachung des Pflichtteils umgangen werden können. Dennoch sollte die Stiftungssatzung flexibel genug ausgestaltet sein, um spätere Justierungen aufgrund wirtschaftlicher Erfordernisse vornehmen zu können.
Man unterscheidet bei den privaten Stiftungen drei große Gruppen:
die gemeinnützige Stiftung,
die Familienstiftung und
die Unternehmensstiftung.
Die Stiftung entsteht erst mit der Anerkennung durch die zuständige Behörde (§ 80 Abs. 2 BGB). Liegt dieser Zeitpunkt nach dem Tod des Stifters, gilt die Stiftung nach der gesetzlichen Fiktion des § 80 Abs. 2 Satz 2 BGB schon als vor dem Tod des Stifters entstanden.
Die Körperschaftsteuerpflicht einer Stiftung beginnt grds. auch mit dem Tod des Stifters. Im Urteil vom 6.6.2019 (V R 50/17, BFH/NV 2019, 1317) hatte der BFH entschieden, dass eine Ausdehnung der oben genannten Rückwirkungsfiktion, die in der damals geltenden Fassung des BGB in § 84 BGB geregelt war, auf die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG angeordnete Steuerbefreiung ohne eigenständige steuerrechtliche Anordnung der Rückwirkung nicht in Betracht komme. Innerhalb ihrer Revisionsbegründung hatte die Klägerin geltend gemacht, dass die Fiktion bezwecke, dem Stifter die Erbeinsetzung zu ermöglichen, die ansonsten an § 1923 Abs. 1 BGB scheitern würde. Jedoch habe dies keinen Einfluss auf die Entstehung der Körperschaftsteuerpflicht. Selbst wenn man die rückwirkende Entstehung der Körperschaftsteuerpflicht bejahen würde, seien zumindest die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG erfüllt, wonach die Stiftung von der KSt befreit sei. Innerhalb seines Urteils wies der BFH die von der Klägerin eingelegte Revision als unbegründet zurück und führte aus, dass die Körperschaftsteuerpflicht der Stiftung von Todes wegen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG mit dem Tod des Stifters begonnen habe. Die für eine wirksame Gründung einer Stiftung erforderlichen Rechtsgeschäfte – Stiftungsgeschäft i.S.d. § 80 BGB und Anerkennung durch die Landesbehörde – lägen vor, wenn auch die Anerkennung durch die Landesbehörde zeitlich verzögert nach den Streitjahren erfolgt sei. Aufgrund der gesetzlichen Regelung gelte die Stiftung jedoch bereits vor dem Tode des Stifters als entstanden, da die Rückwirkungsfiktion für Zwecke der Zuwendung gem. BFH vom 17.9.2003, I R 85/02, BStBl II 2005, 149 auch im Steuerrecht gelte, damit die Stiftung zivilrechtliches Eigentum am Nachlass erwerben konnte und mithin die Körperschaftsteuerpflicht der Stiftung rückwirkend mit dem Tod des Stifters begonnen habe. Bezüglich ihrer Gemeinnützigkeit konnte die Stiftung jedoch erst mit der Satzung als gemeinnützig anerkannt werden. Da eine die Gemeinnützigkeit der Stiftung begründende Satzung innerhalb der Streitjahre nicht im ganzen Veranlagungszeitraum vorgelegen habe, sei die Stiftung nach Ansicht des BFH nicht körperschaftsteuerbefreit gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG gewesen. Eine Rückwirkung der Körperschaftsteuerbefreiung auf den Todesstichtag des Stifters scheidet nach Ansicht des BFH aus, da diese Fiktion gemäß dem Wortlaut nur für Zuwendungen des Stifters gilt. Entsprechend sei eine Ausdehnung dieser Fiktion auf das Steuerrecht nicht möglich, das sich aus der Gesetzeshistorie und dem Sinn und Zweck der Norm ergebe.
§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sieht vor, dass Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung) von der Körperschaftsteuer befreit sind. Wenn ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb durch die Körperschaft unterhalten wird, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen. Die Steuerbefreiung von Stiftungen gilt ebenfalls für beschränkt körperschaftsteuerpflichtige Stiftungen, wenn sie im EU-/EWR-Raum ansässig sind und die Voraussetzungen des § 51 AO ff. erfüllen.
Nach § 52 Abs. 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest abgeschlossen ist, zum Beispiel Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens, oder infolge seiner Abgrenzung, insbes. nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann. Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nicht allein deswegen vor, weil eine Körperschaft ihre Mittel einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuführt. Beschränkt sich die Stiftung auf die Förderung eines abgeschlossenen Personenkreises, erfüllt sie nicht die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit. Soweit der Stiftungszweck nicht § 52 Abs. 2 Satz 1 AO, jedoch den Zweck des § 52 Abs. 2 Satz 2 AO erfüllt, ist zu prüfen, ob dieser Zweck geeignet dazu ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Zweckidentität ist somit nicht Voraussetzung für die Feststellung der Gemeinnützigkeit; eine Vergleichbarkeit der Zwecke ist bereits ausreichend.
Problematisch ist das Tatbestandsmerkmal der Gemeinnützigkeit dann, wenn zwischen der Stiftung und dem Stifter im Anschluss an eine Zuwendung Darlehensverträge geschlossen werden. Der BFH entschied in seinem Urteil vom 26.4.2023 zugunsten der Stpfl. (BFH vom 26.4.2023, X R 4/22, BStBl II 2023, 1037). Die Richter akzeptierten die Gestaltung, da der zwischen der Stiftung und dem Zuwendenden geschlossene Darlehensvertrag fremdüblich war und somit kein Vorteil für den Zuwendenden vorlag. In dem entschiedenen Fall ging es zwar um den Spendenabzug des Stifters, die dort aufgestellten Grundsätze sind jedoch auf die Frage der Gemeinnützigkeit der Stiftung übertragbar. Es ist allerdings unbedingt darauf zu achten, dass die zugrunde liegende Vereinbarung zivilrechtlich wirksam geschlossen wurde, fremdüblich ist und auch tatsächlich durchgeführt wird. Bei der Fremdüblichkeit ist insbes. auf die Besicherung des Darlehens und die Höhe der Zinsen zu achten.
Gegenteilig urteilten die Richter in dem am 22.8.2019 (BFH vom 22.8.2019, V R 67/16, NZG 2020, 397) entschiedenen Fall. Im Urteilsfall wurde die Klägerin als gemeinnützige GmbH errichtet, deren Gesellschaftszweck gem. § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO auf die Förderung des Gesundheitswesens abzielte. Die vier Gesellschafter der GmbH waren familiär miteinander verbunden und zugleich mit 98 % an der KG beteiligt, der die GmbH Darlehen gewährt hatte. Am 8.12.2010 und am 5.12.2011 wurden zwischen der GmbH und der KG Darlehensverträge über einen Betrag von insgesamt 3 Mio. € abgeschlossen. Der Zinssatz errechnete sich aus dem Ein-Jahres-EURIBOR plus einem Zuschlag i.H.v. 0,6 %. Das FA bescheinigte der GmbH am 20.12.2010 vorläufig ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte gemeinnützige Zwecke zu verfolgen, sodass die Gesellschafter am 20.12.2010 und am 21.12.2011 jeweils 3 Mio. € in den Vermögensstock der gemeinnützigen GmbH einlegten und von der GmbH hierüber Zuwendungsbestätigungen erhielten. Im selben Zug wurden die Darlehen der Gesellschafter an die KG in entsprechender Höhe gemindert. Die der GmbH zugeflossenen Zinserträge spendete sie an eine Kinderklinik. Das FA beurteilte in diesem Fall die gem. § 55 AO geforderte Selbstlosigkeit als nicht erfüllt an und widerrief im selben Zug die erteilte vorläufige Bescheinigung und erteilte im selben Zug Körperschaft- und Gewerbesteuermessbescheide. Die eingereichte Klage war erfolglos. Das FG beurteilte die Darlehensvergabe zu einem niedrigen Zinssatz und den nicht fremdüblichen Verzicht auf sämtliche Sicherheiten bei Darlehen in dieser Größe als eine verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an die KG. Die gegen das FG-Urteil eingelegte Revision wurde beim BFH als unbegründet verworfen. Die in der Satzung der GmbH verfolgten gemeinnützigen Zwecke seien nicht selbstlos i.S.d. § 55 AO gefördert worden. Ein selbstloses Handeln sei nicht zu erkennen, soweit eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt würden.
Hieraus ergebe sich nach Auffassung des BFH ein Abwägungsverbot zwischen eigenwirtschaftlichen Vorteilen und der Förderung der Allgemeinheit. Eine vorzunehmende Gesamtschau müsse ergeben, dass eine Förderung der Allgemeinheit überwiege und wirtschaftlich erzielbare Vorteile der Gesellschafter in den Hintergrund treten würden. Die Zinserträge seien zwar einer Kinderklinik zugewendet worden, dennoch haben nach Ansicht des BFH die eigenwirtschaftlichen Interessen überwogen. Im Ergebnis sei die gemeinnützige GmbH zur Gesellschafterfinanzierung der KG eingesetzt worden und habe zugleich den Gesellschaftern über den Spendenabzug eine erhebliche Steuerersparnis verschafft. Zugleich seien die Spenden in den Vermögensstock der gemeinnützigen GmbH der Verfügungsmacht der zuwendenden Gesellschafter nicht entzogen worden.
Zum 1.1.2021 ist der Katalog der gemeinnützigen Zwecke des § 52 AO wie folgt erweitert worden: Mit dem ab dem 1.1.2021 eingeführten Zweck »Klimaschutz« werden Maßnahmen, die ggf. früher unter »Umweltschutz« subsumiert werden konnten, einem eigenen Zweck zugeordnet, vgl. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 AO. Der Zweck »Förderung der Ortsverschönerung« bündelt verschiedene Maßnahmen in einem einzelnen Zweck, vgl. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 22 AO. Auch private Organisationen, die die Friedhofsverwaltung inklusive Pflege und Unterhaltung des Friedhofsgeländes und der entsprechenden Baulichkeiten selbstlos, ausschließlich und unmittelbar wahrnehmen, dienen ab dem 1.1.21 der Förderung der Allgemeinheit, vgl. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 25 und 26 AO.
Für die Verfolgung mildtätiger Zwecke muss die Stiftung mit ihrer Tätigkeit Zwecke verfolgen, die dazu geeignet sind, Personen selbstlos zu unterstützen, die
infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind oder
deren Bezüge nicht höher sind als das Vierfache des Regelsatzes der Sozialhilfe i.S.d. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; bei Alleinstehenden oder Alleinerziehenden tritt an die Stelle des Vierfachen das Fünffache des Regelsatzes.
Aus diesem Grund scheidet die Anerkennung einer Familienstiftung als »mildtätig« aus, da diese die Förderung der Familie und nicht die Förderung mildtätiger Zwecke in den Vordergrund rückt.
Die Verfolgung kirchlicher Zwecke durch eine Körperschaft liegt vor, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, selbstlos zu fördern. Zu diesen Zwecken gehören insbes. die Errichtung, Ausschmückung und Unterhaltung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeindehäusern, die Abhaltung von Gottesdiensten, die Ausbildung von Geistlichen, die Erteilung von Religionsunterricht, die Beerdigung und die Pflege des Andenkens der Toten, ferner die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Besoldung der Geistlichen, Kirchenbeamten und Kirchendiener, die Alters- und Behindertenversorgung für diese Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen.
Zur Bejahung der Gemeinnützigkeit einer Stiftung muss diese ihre Tätigkeit darauf ausrichten, die Allgemeinheit auf »materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet« selbstlos zu fördern. Eine selbstlose Förderung liegt nach Maßgabe der Rechtsprechung vor, wenn die Stiftung weder selbst noch zugunsten ihrer Mitglieder eigennützige oder eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt (BFH Urteil vom 13.12.1987, I R 39/78, BStBl II 1978, 482). Im Rahmen der Prüfung der Selbstlosigkeit sind insbes. folgende Kriterien zu beleuchten:
ausschließliche Mittelverwendung für satzungsmäßige Zwecke,
Verbot von Zuwendungen an Mitglieder/Gesellschafter,
Verbot der Förderung von politischen Parteien,
Vermögensverwendung bei Auflösung,
keine unverhältnismäßige Begünstigung von Dritten und
zeitnahe Mittelverwendung.
Die Feststellungslast der Selbstlosigkeit obliegt dabei der Körperschaft, da sie die Steuerermäßigung bzw. Steuerbefreiung begehrt. Selbstlosigkeit einer Stiftung liegt nicht vor, wenn sich aus dem Einzelfall ergibt, dass der Stifter mit Gründung der Stiftung maßgeblich sein Eigeninteresse verfolgt. Der BFH entschied in seinem Urteil vom 23.2.2017, V R 51/15, BFH/NV 2017, 882, dass bei Kunstwerken, die in privaten Räumlichkeiten ausgestellt und nur in seltenen Fällen öffentlich ausgestellt werden, aufgrund von fehlender Selbstlosigkeit keine gemeinnützigen Zwecke verfolgt werden.
Weiterhin ist das in § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO kodifizierte Gebot der Vermögensbindung zu beachten. Dieses sieht vor, dass während des gesamten Besteuerungszeitraumes die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke Mittelpunkt der Geschäftsführung der Stiftung sein muss. Soweit diese Voraussetzungen innerhalb eines Besteuerungszeitraums nicht eingehalten werden, hat dies zur Folge, dass die Steuerbefreiung nur für diesen einen Besteuerungszeitraum versagt wird. Eine nachträgliche Satzungsänderung der Stiftung hat jedoch zur Folge, dass die Steuerbegünstigungen aufgrund von § 61 Abs. 3 AO von Anfang an mit der Folge entfallen, dass eine Nachversteuerung über einen Zeitraum von zehn Jahren vorgenommen werden muss.
Zu beachten ist das Begünstigungsverbot des § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO. Dieses verbietet Ausgaben, die eine Person begünstigten, jedoch dem Zweck der Stiftung widerlaufen oder eine unverhältnismäßig hohe Vergütung darstellen. Eine satzungswidrige Verwendung liegt auch vor, wenn die Auszahlung seitens der Stiftung für Zwecke erfolgt, die der Körperschaft zugerechnet werden können, jedoch nicht mit dem Satzungszweck übereinstimmen. Abweichend hiervon gilt die unentgeltliche Raumüberlassung an ein Vorstandsmitglied der Stiftung, wenn sie dem satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zweck dient (BFH Urteil vom 20.12.1995, BFH/NV 1996, 383).
Von erhöhter Bedeutung ist auch das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung gem. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO. Hiernach muss eine Stiftung seit dem 1.1.2013 ihre Mittel spätestens in den zwei Jahren nach Zufluss verwenden. Abschreibungen finden aufgrund fehlender Verausgabung grundsätzlich keine Berücksichtigung; nach der Rechtsprechung des BFH ist jedoch anerkannt, dass Abschreibungen auf berechtigterweise erworbene WG nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen. Das Grundstockvermögen einer Stiftung ist von der Betrachtung der zeitnahen Verwendung ausgenommen. Die tatsächliche zeitnahe Mittelverwendung ist dem FA in einer besonderen jährlichen Nebenrechnung nachzuweisen. Kann ein solcher Nachweis nicht geführt werden, begründet dies einen Verstoß gegen die tatsächliche Geschäftsführung gem. § 63 AO. Eine Heilung kann gem. § 63 Abs. 4 AO vorgenommen werden, wenn das FA eine Frist zur Mittelverwendung setzt und die Stiftung die Mittel für steuerlich begünstigte Zwecke einsetzt. Unter die zeitnah zu verwendenden Mittel fallen nach Ansicht des Niedersächsischen FG auch in vollem Umfang die Ausschüttungen aus Beteiligungen (Urteil vom 19.10.2023, EFG 2024, 345). Die Klägerin begehrte in diesem Verfahren eine Aufteilung von Ausschüttungen aus verschiedenen Fonds in auf Ebene der Fonds realisierte Veräußerungsgewinne und Beteiligungserträge. Hintergrund war, dass sie die Veräußerungsgewinne als Vermögensumschichtungen nicht den zeitnah zu verwendenden Mitteln zuordnen wollte. Die Revision gegen das Urteil des FG ist unter dem Az. V R 25/23 beim BFH anhängig.
Liegen die Einnahmen der Stiftung unter 45 000 € jährlich, gilt nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 AO eine Ausnahme von der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung.
Nach der AO liegt Ausschließlichkeit vor, wenn eine Körperschaft nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgt. Dies bedeutet, dass die Verfolgung nicht satzungsgemäßer Zwecke schädlich ist. Eine unmittelbare oder mittelbare Förderung politischer Parteien ist bereits aufgrund von § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 AO schädlich. Sobald die Stiftung Zwecke fördern möchte, die bislang nicht in ihrem Satzungszweck enthalten sind, ist eine Satzungsänderung notwendig. Diese muss in Abstimmung mit den Finanzbehörden und der Stiftungsaufsicht vorgenommen werden. Ausnahmen von § 56 AO stellen § 58, § 64, § 65, § 66, § 67 und § 68 AO dar. Eine vermögensverwaltende Tätigkeit i.S.d. § 14 AO stellt keinen Verstoß gegen § 56 AO dar, wenn sie der Zweckverwirklichung der Stiftung dient.
Eine Stiftung verfolgt unmittelbar ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke, wenn sie selbst diese Zwecke verwirklicht. Das kann auch durch Hilfspersonen geschehen, wenn nach den Umständen des Falls, insbes. nach den rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen, die zwischen der Körperschaft und der Hilfsperson bestehen, das Wirken der Hilfsperson wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist. Hilfspersonen i.S.d. § 57 Abs. 1 Satz 2 AO können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein, soweit sie von der Art und des Umfangs der Zweckverwirklichung an die Stiftung gebunden sind. Ab dem 1.1.2021 gilt das planmäßige Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft unter Erfüllung der weiteren Voraussetzungen der §§ 51–68 AO als ein Fall der unmittelbaren Zweckverwirklichung i.S.d. § 57 Abs. 3 und 4 AO. Leistungen, die in Verwirklichung des gemeinsamen Zwecks im Rahmen eines wirtschaftlichen Zweckbetriebs erfolgen, werden dem Zweckbetrieb zugeordnet, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 65 ff. AO erfüllt sind. Die Verwaltung von Anteilen an steuerbegünstigten KapGes ist ebenfalls ein Fall der unmittelbaren Zweckverwirklichung.
§ 58 AO enthält eine Aufzählung steuerlich unschädlicher Betätigungen einer Stiftung, die dem Grunde nach gegen Selbstlosigkeit, Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit verstoßen würden. Die Empfänger der von einer Stiftung weitergeleiteten Mittel müssen nicht in der Satzung der Stiftung festgelegt sein; jedoch muss in der Satzung der Stiftung die Mittelbeschaffung für andere steuerbegünstigte Körperschaften als Stiftungszweck enthalten sein. § 58 Nr. 1 AO ermöglicht es, steuerbegünstigten Körperschaften anderen Körperschaften für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke zuzuwenden. Potenzielle Mittelempfänger sind dabei insbes.:
inländische steuerbegünstigte Körperschaften,
die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG aufgeführten Körperschaften (beschränkt stpfl. Körperschaften),
juristische Personen des öffentlichen Rechts und
ausländische Körperschaften, bei denen die spätere Verwendung der Mittel für steuerbegünstigte Zwecke ausreichend nachgewiesen wird.
Der neu eingeführte § 58a AO regelt dabei, ob und unter welchen Voraussetzungen eine steuerbegünstigte Körperschaft schutzwürdig ist, die Mittel an eine andere steuerbegünstigte Körperschaft weiterleitet. Weitere unschädliche Betätigungen stellen die Überlassung von Arbeitskräften (§ 58 Nr. 4 AO) und Räumen (§ 58 Nr. 5 AO) dar. Die Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken bei der empfangenden Körperschaft muss durch Feststellungsbescheid über die Satzungsmäßigkeit der empfangenden Körperschaft nachgewiesen werden.
Als Ausnahme zur zeitnahen Mittelverwendung des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO stellt § 62 Abs. 1 und 2 AO die Möglichkeit einer unschädlichen Rücklagenbildung dar. Eine Rücklage kann durch Beschluss des Organs der Stiftung, dem Stiftungsvorstand, gebildet werden. Folgende Rücklagen mit nachfolgend dargestellten Verwendungszeitpunkt sind denkbar:
Betriebsmittelrücklage (zeitnahe Mittelverwendung),
Rücklagen für größere satzungsmäßige Rücklagen (Mittelverwendung, sobald die größere Maßnahme umgesetzt werden kann),
freie Rücklage gem. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO (keine zeitnahe Mittelverwendung),
sonstige Rücklagen, z.B. Erbschaften, Spenden oder Sachzuwendungen (keine zeitnahe Mittelverwendung), und
Zuführung von Überschüssen aus der Vermögensverwaltung und Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben von Stiftungen in den ersten drei Jahren (§ 62 Abs. 4 AO).
Zur Bildung der freien Rücklage gem. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO ist anzumerken, dass maximal 1/3 der Überschüsse aus der Vermögensverwaltung und 10 % der zeitnah zu verwendenden Mittel gem. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO in die freie Rücklage eingestellt werden können. Ebenfalls als Rücklage eingestellt werden können Reparatur- und Wiederbeschaffungsrücklagen; bei Immobilien muss jedoch die Wiederbeschaffungsabsicht konkret nachgewiesen werden können. Eine Rücklagenbildung ist unschädlich möglich, wenn Mittel für bestimmte Vorhaben angesammelt werden. Die Voraussetzungen zur Bildung der Rücklage muss die Stiftung dem FA glaubhaft darlegen. Hierzu ist es ausreichend, wenn die Stiftung darlegt, dass die Rücklage zur nachhaltigen Erfüllung der satzungsmäßigen Zwecke erforderlich ist. Eine Bildung von Rücklagen ohne jede Aussicht auf Zweckverwirklichung ist unzulässig.
Die Einstellung in die Rücklage unterliegt folgender quantitativer Beschränkung:
Gem. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO beträgt der Höchstbetrag zur Bildung einer freien Rücklage 1/3 des Überschusses aus der Vermögensverwaltung und zusätzlich 10 % der sonstigen der zeitnah gem. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel. Hierzu zählen die Gewinne aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und den etwaigen Zweckbetrieben der Stiftung sowie die Einnahmen aus dem ideellen Bereich. Zur Berechnung der Einhaltung der o.g. Grenzen sind besondere Rechnungslegungen erforderlich. Bei der Berechnung der Einhaltung der 1/3-Grenze dürfen Einnahmen aus anderen Quellen wie Spenden, wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben und Zweckbetrieben nicht einbezogen werden. Nicht gem. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO ausgeschöpftes Volumen kann seit dem 1.1.2014 in den folgenden Jahren genutzt werden. Zur Feststellung des Überschusses ist der Saldo aus allen vermögensverwaltenden Tätigkeiten maßgebend. Die gebildete Rücklage wird Bestandteil des Stiftungsvermögens, unterliegt aber nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO. Zeitnahe Mittelverwendung und die Ermittlung des Maximalbetrags der zulässigen Rücklage ist dem FA nachzuweisen. Die Nachprüfbarkeit kann durch Nebenrechnung erfolgen. Bei einer unbegründeten Rücklagenbildung kann das FA die Steuerbefreiung der Stiftung aberkennen. Jedoch ist gem. § 63 Abs. 4 AO eine Frist zur Mittelverwendung möglich. Ausnahmen vom Gebot der zeitnahen Mittelverwendung stellen die nachfolgenden Tatbestände dar (OFD Frankfurt Verfügung vom 17.2.2014, S 0181 A – 2 – St 53):
Zuwendungen von Todes wegen, wenn der Erblasser keine Verwendung für den laufenden Aufwand der Körperschaft vorgeschrieben hat,
Zuwendungen, bei denen der Zuwendende ausdrücklich erklärt, dass sie zur Ausstattung der Körperschaft mit Vermögen oder zur Erhöhung des Vermögens bestimmt sind,
Zuwendungen aufgrund eines Spendenaufrufs der Körperschaft, wenn aus dem Spendenaufruf ersichtlich ist, dass Beträge zur Aufstockung des Vermögens erbeten werden,
Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören.
Beispiel 1:
Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 und 4 AO:
VZ 17 |
|
Spenden |
10.000 € |
Einnahmen aus Vermögensverwaltung |
12.000 € |
Ausgaben in der Vermögensverwaltung |
9.000 € |
Gewinne aus |
|
– Zweckbetrieben |
2.500 € |
– steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben |
3.000 € |
=> 10 % von (10.000 € + 2.500 € + 3.000 €) = |
1.550 € |
=> 1/3 von (12.000 € ./. 9.000 €) = |
1.000 € |
= Potenzial zur Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO |
2.550 € |
Tatsächliche Rücklagenbildung im VZ 16 |
|
nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO: |
3.000 € |
nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO: |
0 € |
Überhang nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 im Verhältnis zu Nr. 3 AO: |
450 € |
VZ 18 |
|
Spenden |
20.000 € |
Einnahmen aus Vermögensverwaltung |
16.000 € |
Ausgaben in der Vermögensverwaltung |
10.000 € |
Gewinne aus |
|
– Zweckbetrieben |
1.000 € |
– steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben |
5.000 € |
=> 10 % von (20.000 € + 1.000 € + 5.000 €) = |
2.600 € |
=> 1/3 von (16.000 € ./. 10.000 €) = |
2.000 € |
abzgl. Überhang nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 im Verhältnis zu Nr. 3 AO |
450 € |
= Potenzial zur Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO |
4.150 € |
Tatsächliche Rücklagenbildung im VZ 18: |
|
nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO: |
1.000 € |
nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO: |
3.150 € |
Die Einkommenssphäre einer steuerbegünstigten Stiftung lässt sich in folgende Segmente unterteilen:
Steuerfreier ideeller Bereich,
steuerfreier Vermögensverwaltung und
wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.
Letztgenannter Bereich lässt sich in den steuerfreien Zweckbetrieb und in den stpfl. Geschäftsbetrieb unterteilen.
Im ideellen Bereich einer Stiftung werden Tätigkeiten verwirklicht, die unmittelbar und ausschließlich mit dem Stiftungszweck in Verbindung stehen. Zu den Einnahmen in diesem Bereich zählen Spenden, Zustiftungen, Schenkungen und ggf. staatliche Zuschüsse. Ausgaben innerhalb des ideellen Bereichs stellen die Verwendung dieser Mittel sowie Personalkosten dar.
Die Nutzung des zugewendeten Kapitals stellt eine vermögensverwaltende Tätigkeit i.S.d. § 14 Satz 3 AO dar. Hierzu zählen insbes. Zinsen und Dividenden aus Wertpapierdepots und Festgeldanlagen sowie Mieteinnahmen aus vermieteten Immobilien. Dem Grunde nach liegt somit eine wirtschaftliche Betätigung vor, diese wird jedoch aufgrund von § 14 Satz 3 AO nicht zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerechnet und bleibt somit unbesteuert.
Neben dem ideellen Bereich und der Vermögensverwaltung kann eine Stiftung zusätzlich einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten. Dieser unterliegt der partiellen Steuerpflicht mit Ausnahme des steuerfreien Zweckbetriebs. Im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Stiftung können gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG alle Einkommensarten verwirklicht werden. Die Errichtung und der Betrieb eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs darf nicht Satzungszweck der Stiftung sein, er muss den steuerbegünstigten Zwecken der Stiftung dienen, Gewinne aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterliegen somit dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. Zum Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist es erforderlich, dass durch die Stiftung eine selbstständige und nachhaltige Tätigkeit erbracht wird. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich; Kostendeckung ist ausreichend. Die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist ebenfalls nicht erforderlich.
Folgende Tätigkeiten einer Stiftung begründen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb:
Beteiligung an einer gewerblich tätigen PersGes,
Vorführung von Filmen,
Altmaterialsammlung,
Betrieb von Gaststätten- und Beherbergungsbetrieben und Kioske,
Benefizveranstaltungen und Galakonzerte, Gewährung und Verschaffung von Versicherungsschutz,
Veranstaltung einer Tombola,
Werbung und
Betrieb einer Kantine oder eines Labors.
Folgende Tätigkeiten einer Stiftung begründen keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb:
Beteiligung an einer KapGes, auch bei 100%iger Beteiligung, soweit keine Einflussnahme auf die laufende Geschäftsführung der KapGes ausgeübt wird,
Beteiligung an einer vermögensverwaltenden PersGes und
Beteiligung an einer gewerblich geprägten, aber vermögensverwaltenden PersGes.
Soweit eine Stiftung über mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe verfügt, erfolgt gem. § 64 Abs. 2 AO eine Zusammenfassung der einzelnen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe zu einem einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Ein Verlustausgleich innerhalb der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe kann somit erfolgen. Ein Verlustausgleich zwischen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und ideellen Betrieb oder Zweckbetrieb ist jedoch nicht möglich. Ein Verlustausgleich der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe ist auch möglich, wenn es sich um verschiedene Einkunftsarten handelt (AEAO zu § 64 Abs. 2, Nr. 13). Des Weiteren ist ein Verlustausgleich zwischen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und Zweckbetrieb unzulässig.
Dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dürfen nur Aufwendungen und Erträge zugeordnet werden, die durch ihn veranlasst worden sind. Aus diesem Grund sind nicht nur direkt zurechenbare Anteile, sondern auch ein Anteil an den Gemeinkosten der Stiftung bei der Ermittlung des Gewinns des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu berücksichtigen. Der Abzug der Gemeinkosten erfolgt dabei nach Maßgabe objektiver Maßstäbe (AEAO Nr. 6 § 64 Abs. 1).
Mit Urteil vom 24.1.2019 (V R 63/16, BFH/NV 2019, 778) hat der BFH im Fall einer gemeinnützigen Stiftung entschieden, dass der Erlös aus dem Verkauf dieser zugunsten des Natur- und Landschaftsschutzes zugeteilten Ökopunkte nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 3 Nr. 6 GewStG steuerfrei ist. Klägerin in diesem Verfahren war eine als rechtsfähig anerkannte, gemeinnützige Stiftung, deren Zweck die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist. Im Rahmen dieses Satzungszwecks betrieb die klagende Stiftung die großflächige Renaturierung eines Flusses. Dafür schrieb die zuständige Naturschutzbehörde der Stiftung Ökopunkte gut, und zwar aufgrund von § 16 BNatSchG. Die Stiftung gab in ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr im Rahmen eines Zweckbetriebes »Renaturierung« Einnahmen (aus der Veräußerung von Ökopunkten) von 3 606 € an, die das FA im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer unterwarf. Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG Hessen (FG Hessen Urteil vom 13.10.2016, 4 K 1522/16, EFG 2017, 861), dass der Verkauf der Ökopunkte körperschaft- und gewerbesteuerfrei sei. Der Verkauf der Ökopunkte stellt keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.d. § 14 AO dar, da dieser eine selbstständige nachhaltige Tätigkeit voraussetze, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden, die über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgingen. Beim Verkauf der Ökopunkte mangele es an der selbstständigen Tätigkeit durch die klagende Stiftung, da der Verkauf allein durch die steuerbefreite Tätigkeit nach dem Satzungszweck veranlasst gewesen sei.
Als Unterfall des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist der Zweckbetrieb – neben dem ideellen Bereich und der Vermögensverwaltung – ebenfalls steuerfrei. Zu den steuerfreien Zweckbetrieben zählen einerseits die Katalogzweckbetriebe der §§ 66–68 AO sowie die originären Zweckbetriebe des § 65 AO; ein solcher Zweckbetrieb liegt vor, wenn:
Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,
die Zwecke nur dann einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.
Der Zweckbetrieb muss unmittelbar den satzungsgemäßen Zwecken der Stiftung dienen. Weiterhin darf er gem. § 65 Nr. 3 AO nicht in größerem Umfang in Wettbewerb zu nicht begünstigten Betrieben derselben Art treten (AEAO Nr. 4 zu § 65).
Beispiele für Zweckbetriebe sind:
Tierparks und zoologische Gärten ohne den Verkauf von Speisen und Getränke sowie Merchandise,
kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen,
Betrieb einer Eisbahn als sportliche Veranstaltung einer gemeinnützigen Körperschaft,
Auftragsforschung gemeinnützig anerkannter Einrichtungen,
Krankenhäuser, soweit 40 % der Belegungstage auf Patienten entfallen, die allgemeine Krankenhausleistungen in Anspruch nehmen und
Grundversorgung mit Speisen und Getränken in Schulen, soweit kein Wettbewerb mit stpfl. Unternehmen auftritt.
Wegen weiterer Beispiele für Zweckbetriebe siehe AEAO Nr. 4 zu § 68.
§ 68 Nr. 1 Buchst. c AO ordnet Einrichtungen, die der Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen den Zweckbetrieb zu. Hierbei sind gem. § 68 Nr. 2 Buchst. c Satz 2 AO die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AO zu berücksichtigen. Entsprechend liegt kein Zweckbetrieb vor, wenn Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen des Erwerbs wegen betrieben werden.
Zur Erfüllung des Gebots des fehlenden Wettbewerbs des § 65 Nr. 3 AO reicht es bereits aus, dass sich ein potenzieller Wettbewerber in räumlicher Nähe zur Körperschaft befindet; tatsächlicher Wettbewerb muss nicht stattfinden. Eine Konkurrentenklage gegen die Steuerbegünstigung des Zweckbetriebs ist nach der Rechtsprechung des BFH (BFH Urteil vom 18.9.2007, I R 30/06, BFH/NV 2008, 490) möglich.
Die Überprüfung der Gemeinnützigkeit findet durch das FA in einem zeitlichen Abstand von oftmals drei Besteuerungszeiträumen im Rahmen des Veranlagungsverfahrens der Körperschaft statt. Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit hat drastische Folgen, insbes. auf dem Gebiet der Umsatzsteuer (Erhebung des vollen Steuersatzes anstatt des ermäßigten Steuersatzes). Zu beachten sind auch die Körperschaft- und Gewerbesteuerpflicht der betroffenen Körperschaft.
Die Errichtung einer Familienstiftung ist ein ausgezeichnetes Mittel sowohl unternehmerische Ziele des Stifters post mortem verfolgen zu können und andererseits das Unternehmen nach seinen Vorgaben in die Zukunft führen zu können. Familienstiftungen zählen zu den stpfl. Stiftungen und unterliegen ertragsteuerlich der Körperschaftsteuer. Erbschaftsteuerlich unterliegen sie der Erbersatzsteuer. In Abgrenzung zu gemeinnützigen Stiftungen verfolgen Familienstiftungen das Ziel, die Familie und ihre Mitglieder zu fördern. Weitere Motive sind eine vereinfachte Nachlassabwicklung im Todesfall des Stifters, die Vermögenssicherung vor möglichen Gläubigern und die Vermeidung von Handelsregisterpublizität.
Eine Familienstiftung liegt nach Auffassung des BFH vor, wenn nach der Satzung der Stiftung ihr Zweck darin besteht, das Stiftungsvermögen weitestgehend zu privaten Zwecken zu nutzen (BFH Urteil vom 10.12.1997, BStBl II 1998, 114). § 15 Abs. 2 AStG nimmt eine Familienstiftung an, wenn der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als 50 % bezugs- und anfallsberechtigt sind. Hierbei sind nach Verwaltungsauffassung die Anteile der Bezugs- oder Anteilsberechtigungen verschiedener Personen zusammenzurechnen (AEAStG vom 22.12.2023, BStBl 2023 Sondernummer 1/2023, 3, Rz. 799). Verschärfend hierzu nimmt die FinVerw außerdem eine Familienstiftung bereits dann an, wenn die Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als 25 % anfallsberechtigt sind, jedoch zusätzlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Stiftung haben (vgl. R E 1.2 Abs. 2 ErbStR). Ob die Erträge der Stiftung tatsächlich ausgeschüttet werden, ist hierbei nicht von Bedeutung.
Unter den Voraussetzungen des § 15 AStG werden das Vermögen und die Einkünfte einer ausländischen Familienstiftung dem Stifter oder den Bezugs- oder Anfallsberechtigten zugerechnet. Das führt zur inländischen Besteuerung der Erträge der ausländischen Familienstiftung auf Ebene des Destinatärs.
Mit Gründung der Familienstiftung ist diese zur Aufstellung einer Eröffnungsbilanz verpflichtet § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG). Die Bewertung ist nach allgemeinen steuerlichen Grundsätzen gem. § 6 EStG vorzunehmen. Dies bedeutet, dass die Stiftung bei Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils die Stiftung als Rechtsnachfolger gem. § 6 Abs. 3 EStG an die Buchwerte gebunden ist. In anderen Fällen erfolgt die Bewertung der WG mit dem Teilwert gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Erfolgt eine unentgeltliche Übertragung von WG aus dem PV in das Stiftungsvermögen, ist die Stiftung gem. § 11d EStDV an die Abschreibungsreihen des Rechtsvorgängers gebunden. Entgeltliche Übertragungsvorgänge, beispielsweise bei einer vorweggenommenen Erbfolge mit entgeltlicher Auflage oder durch die Übernahme privater Schulden, Gleichstellungsgelder an Erben oder Auszahlungen begründen AK auf Ebene der Stiftung. Gegensätzlich hierzu stellen Abfindungszahlungen an Erben zum Verzicht auf Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche kein Entgelt dar. Dasselbe gilt bei einem zugunsten der Stiftung eingeräumten Totalnießbrauch, da hier der bisherige Eigentümer weiterhin wirtschaftlicher Eigentümer bleibt mit der Folge, dass auf Ebene der Stiftung kein Anschaffungsgeschäft zu bilanzieren ist.
Mit Urteil vom 17.1.2019 hat der BFH (III R 49/17, BFH/NV 2019, 861) entschieden, dass die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils auf eine Stiftung keine Nachversteuerung von in der Vergangenheit nach § 34a EStG begünstigt besteuerten thesaurierten Gewinnen ausgelöst werde. Eine analoge Anwendung des § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG komme nicht in Frage. Der BFH argumentiert in seiner Entscheidung, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 34a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht erfüllt seien, da sowohl keine Betriebsaufgabe oder -veräußerung vorlag und die Übertragung der Kommanditanteile auf die Stiftung unentgeltlich erfolgt sei. Des Weiteren könne bei der Übertragung auf die Stiftung weder von einer Einzelveräußerung oder Entnahme der WG noch von einer Realteilung des gemeinsamen BV ausgegangen werden, da die WG von der Kommanditgesellschaft weder einzeln veräußert noch in das PV des Klägers übernommen worden sind. Des Weiteren sei der Mitunternehmeranteil auch nicht verdeckt in eine KapGes eingelegt worden, da der hierzu notwendige Entnahmeakt nicht stattgefunden habe. Auch die analoge Anwendung des § 34 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG sei mangels planwidriger Lücke ausgeschlossen, da es bereits an der hierzu notwendigen planwidrigen Lücke fehle. Der BFH bestätigt das FG in seiner Auffassung, dass der Gesetzgeber – soweit dieser alle Fälle eines Wechsels zum Körperschaftsteuersystem hätte erfassen wollen – § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG als »Übertragungen auf Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen« ausgestaltet hätte. Hierauf hat der Gesetzgeber mit der Einführung des § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 EStG mit Geltung ab dem 5.7.2017 reagiert. Hiernach ist eine Nachversteuerung auch in den Fällen der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG durchzuführen, wenn die Übertragung an eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S.d. § 1 Abs. 1 KStG erfolgt. Damit löst auch die Übertragung auf eine Stiftung die Nachversteuerung aus.
Die Familienstiftung ist gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 (Nr. 5) unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, wenn Geschäftsleitung oder Sitz der Familienstiftung sich im Inland befinden. Familienstiftungen, die inländische Einkünfte erzielen, aber weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben, sind mit ihren inländischen Einkünften beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Der Körperschaftsteuersatz beträgt auch für Stiftungen einheitlich 15 % zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag. Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Stiftungen können bei der Ermittlung ihres zu versteuerndem Einkommen einen Freibetrag i.H.v. 5 000 € gem. § 24 KStG abziehen. Soweit die Stiftung nach den Vorschriften des HGB oder der AO zur Buchführung verpflichtet ist, erzielt sie Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit; in sonstigen Fällen kann die Stiftung sämtliche Einkunftsarten mit Ausnahme von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit erzielen. Fließen einer Familienstiftung Kapitalerträge, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, zu, kann die Stiftung die einbehaltene Kapitalertragsteuer gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG auf ihre Körperschaftsteuerschuld anrechnen. Bei beschränkt steuerpflichtigen Familienstiftungen entfaltet der Kapitalertragsteuerabzug abgeltende Wirkung.
Die Berechnung der Körperschaftsteuer vollzieht sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Die Körperschaftsteuer ermittelt sich gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 KStG nach dem Einkommen. Die Ermittlung des Einkommens vollzieht sich nach § 8 KStG nach den Vorschriften des EStG und des KStG. Dies bedeutet, dass insbes. die Regelungen zum Verlustabzug gem. § 10d EStG sowie den Abzug von geleisteten Spenden gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG in Anspruch genommen werden können. Analog zu natürlichen Personen und den übrigen juristischen Personen wird bei einer im Inland unbeschränkt stpfl. Stiftung das Welteinkommensprinzip angewendet. Dieses wird durch etwaig vorhandene DBA durchbrochen, soweit Familienstiftungen abkommensberechtigt nach dem jeweiligen DBA sind.
Familienstiftungen unterliegen der Buchführungspflicht, wenn sie Vollkaufleute i.S.d. §§ 1 Abs. 2, 2 oder 3 HGB sind. Diese aus dem Handelsrecht abgeleitete Buchführungspflicht gilt gem. § 140 AO auch für steuerliche Zwecke. Des Weiteren unterliegt die Familienstiftung der Buchführung, wenn sie die in § 141 Abs. 1 AO normierten Grenzen überschreitet:
Umsätze einschließlich der steuerfreien Umsätze, ausgenommen die Umsätze nach § 4 Nr. 8 bis 10 UStG, von mehr als 800 000 € (bis 2023: 600 000 €) im Kj.,
selbstbewirtschaftete land- und forstwirtschaftliche Flächen mit einem Wirtschaftswert (§ 46 BewG) von mehr als 25 000 € oder
einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 80 000 € (bis 2023: 60 000 €) im Wj. oder
einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 80 000 € (bis 2023: 60 000 €) im Kj.
Die Umsatz- und Gewinngrenzen wurden durch das Wachstumschancengesetz ab dem Jahr 2024 erhöht.
Die Buchführung ist erst in dem Wj. einzurichten, das auf die Aufforderung des FA folgt, vgl. § 141 Abs. 3 AO. Sofern keine der o.g. Grenzen überschritten worden ist, genügt eine Einnahmen-/Überschussrechnung i.S.d. § 4 Abs. 3 EStG. Soweit eine Stiftung buchführungspflichtig ist, kann auf Antrag beim FA ein abweichendes Wj. gem. § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG beantragt werden. Die Zurechnung des steuerlichen Gewinns erfolgt in dem Jahr, in dem das Wj. endet, § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG.
Der Übergang von Todes wegen von Vermögen auf die Familienstiftung unterliegt gem. § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG und als Zuwendung unter Lebenden gem. § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG der Erbschaftsteuer, wenn der Stifter Inländer gem. § 2 Abs. 1 ErbStG oder die Stiftung gem. § 9 ErbStG als inländisch gilt. Inländische Stiftungen sind mit ihrem Weltvermögen unbeschränkt stpfl. Über das Stiftungsgeschäft erhält die zuständige Finanzbehörde Information über die Genehmigungsbehörde gem. § 10 ErbStDV (bei Genehmigung im Inland). Die Anzeigepflichten gem. §§ 30, 33, 34 ErbStG sind zu beachten. In Fällen, dass eine Familienstiftung als Nacherbe eingesetzt worden ist, tritt eine Doppelbesteuerung des Vermögens ein, da die Vorerbschaft gem. § 6 Abs. 1 ErbStG der Erbschaftsteuer unterliegt. Die Nacherbschaft gilt von Gesetzes wegen als vom Vorerben stammend, vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 ErbStG; auf Antrag kann die Steuerklasse zugrunde gelegt werden, die dem Verhältnis zum Erblasser entspricht.
Steuerschuldner der Erbschaftsteuer ist gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG die Stiftung bei Erwerb von Todes wegen. Bei Stiftungserrichtung unter Lebenden sind die Familienstiftung und der Zuwendende gleichermaßen Schuldner der Erbschaftsteuer.
Bei Entstehung der Stiftung durch Erbanfall entsteht die Erbschaftsteuer nicht mit Eintritt des Erbfalls, sondern gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1c ErbStG mit Anerkennung der Stiftung, selbst wenn das Genehmigungsverfahren erst mehrere Jahre nach dem Tod des Erblassers abgeschlossen wird (BFH Urteil vom 25.10.1995, BStBl II 1996, 99). Die Entstehung der Erbschaftsteuerschuld und der Vermögensübergang auf die Stiftung sind voneinander unabhängige Rechtsakte mit der Folge, dass die Stiftung ohne die ihr zugewendeten Mittel die Erbschaftsteuerschuld bezahlen muss. In diesem Zeitraum sich ereignende Wertsteigerungen und Wertminderungen beeinflussen den Wert der Zuwendung von Todes wegen. Bei Zuwendung unter Lebenden entsteht die Erbschaftsteuerschuld gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendungen.
Bei der Berechnung der Erbschaftsteuer sind grundsätzlich die 30 % bzw. 50 % betragenden Steuersätze der Steuerklasse III anzuwenden. Diese Steuerklassen werden jedoch nicht angewendet, wenn die Gründung der Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie erfolgt ist. Der in diesem Zusammenhang wichtige Familienbegriff ist weder durch den Gesetzgeber noch durch die FinVerw bislang legal definiert worden. Innerhalb der Literatur wird bezüglich des Familienbegriffs vertreten, dass hierunter Stifter, dessen Angehörige und deren Abkömmlinge subsumiert werden sollen (Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 15, Rn. 31). Das in diesem Zusammenhang ebenfalls notwendige Familieninteresse wird angenommen, wenn die Anfalls- oder Bezugsberechtigung dieser Personengruppe mehr als 25 % beträgt. Die FinVerw nimmt ein wesentliches Familieninteresse an, wenn die Familienmitglieder zu mehr als 50 % bezugsberechtigt sind oder zu 25 % bezugsberechtigt sind und dazu einen erheblichen geschäftlichen Einfluss auf die Familienstiftung ausüben können.
§ 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG und die Auslegung der FinVerw sehen vor, dass bei im Inland errichteten Familienstiftungen das Verwandtschaftsverhältnis des entferntest Berechtigten der Familienstiftung bei der Gewährung der Freibeträge berücksichtigt werden muss. Für den zu gewährenden Freibetrag bei der Berechnung der Erbschaftsteuer ist die anzuwendende Steuerklasse entscheidend. Ehegatten verfügen über einen Freibetrag von 500 000 €, während Kinder und verstorbene Kinder einen Freibetrag von 400 000 € abziehen können. Bei Enkeln und anderen Personen der Steuerklasse I werden 100 000 € freigestellt; bei allen übrigen Personen beträgt der Freibetrag lediglich 20 000 €.
Hierbei ist es nach Auffassung des BFH unerheblich, wenn der potenziell Begünstigte noch nicht geboren wurde (Urteil vom 28.2.2024, DStR 2024, 1296). In dem entschiedenen Fall setzte ein Ehepaar zunächst sich, dann die gemeinsame Tochter und schließlich nach deren Ableben ihre weiteren Abkömmlinge als Destinatäre ein. Zur Bestimmung der Steuerklasse und des maßgebenden Freibetrags zogen die Richter mögliche Enkel und Urenkel als entfernteste Berechtigte heran, obwohl diese noch nicht geboren waren. In diesem Zusammenhang sei auch unerheblich, ob sie überhaupt jemals geboren werden.
Bei ausländischen Familienstiftungen gelten stets Steuerklasse III und die entsprechenden Freibeträge. Hieran hat das FG Köln europarechtliche Zweifel geäußert. Den Fall einer in Liechtenstein ansässigen Familienstiftung legten die Richter dem EuGH vor. Nach ihrer Auffassung verstoße die Benachteiligung der ausländischen Stiftung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (FG Köln Beschluss vom 30.11.2023, Az. 7 K 217/21). Beim EuGH wird das Vorabentscheidungsverfahren unter dem Az. C-142/24 geführt.
Folgendes Beispiel dient der Veranschaulichung der Besteuerung einer Familienstiftung:
Beispiel 2:
Stifter T errichtet zur Förderung seiner Großfamilie eine Familienstiftung bei der seine drei Kinder als Destinatäre berufen sind. Nach deren Tod sollen deren Abkömmlinge berufen sein. Das Stiftungsvermögen besteht aus einem vermieteten Mehrfamilienhaus mit einem Verkehrswert von 2 000 000 €.
Besteuert wird die Errichtung der Familienstiftung wie folgt:
Grundbesitzwert |
2 000 000 € |
§ 13d ErbStG |
200 000 € |
Bereicherung |
1 800 000 € |
Steuerklasse I (§ 15 Abs. 1 Stkl. I Nr. 2 ErbStG) |
|
Freibetrag § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG |
./. 400 000 € |
Steuerpflichtiger Erwerb |
1 400 000 € |
Steuersatz 19 % (§ 19 ErbStG) |
|
festzusetzende Schenkungsteuer |
266 000 € |
Grundsätzlich ist auch bei Familienstiftungen der Zuwendungswert gemäß den allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln, vgl. §§ 10 ErbStG i.V.m. § 12 ErbStG.
Art der Zuwendung |
Bewertung |
Gesetzliche Grundlage |
Auflagen bei der Errichtung der Familienstiftung von Todes wegen (Leibrenten, dauernde Lasten und Vorbehaltsnießbrauch) |
Gem. § 13 BewG berechneter Kapitalwert bzw. § 14 BewG bei lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen |
§ 13 BewG i.V.m. Anlage 9a BewG und § 14 BewG |
Beerdigungspauschale |
Pauschbetrag i.H.v. 10 300 €, Nachweis höherer Kosten möglich |
§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG |
Betriebsvermögen |
Gemeiner Wert |
§ 12 Abs. 4 ErbStG i.V.m. § 151 BewG i.V.m. §§ 95–97, 109 i.V.m. § 11 Abs. 2 BewG |
Bodenschätze, nicht zu einem Betriebsvermögen gehörend |
Ertragsteuerlicher Wert |
§ 12 Abs. 4 ErbStG |
Nießbrauchsrechte, zeitlich beschränkt |
Ermittlung gem. § 13 BewG |
§ 13 BewG |
Nießbrauchsrechte, lebenslänglich |
Ermittlung gem. § 14 BewG |
§ 14 BewG |
Pflichtteilsverbindlichkeit |
Nennwert der Verbindlichkeit |
BFH Urteil vom 7.10.1998, BStBl II 1999, 23 |
Sachleistungsansprüche- und Verpflichtungen |
Gemeiner Wert |
§ 12 Abs. 4 ErbStG i.V.m. § 151 BewG i.V.m. §§ 95–97, 109 i.V.m. § 11 Abs. 2 BewG |
Vermächtnis mit zukünftiger Fälligkeit |
Abgezinster Betrag |
FM Saarland vom 20.8.1998, DStR 1998, 1472 |
Nicht abzugsfähig bei der Berechnung der Erbschaftsteuer für die Errichtung einer Familienstiftung sind die satzungsmäßigen Ausschüttungen an die Destinatäre gem. § 10 Abs. 5 ErbStG.
Die Regelungen des § 13 ErbStG sind auch für Familienstiftungen gültig und können durch die Familienstiftung in Anspruch genommen werden. Prominentes Beispiel hierfür ist die anteilige erbschaftsteuerliche Befreiung von Grundbesitz, Kunstgegenständen, Bibliotheken oder Archiven, wenn entweder ihre Erhaltung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im Interesse der Allgemeinheit liegt und die jährlichen Kosten regelmäßig die erzielten Einnahmen übersteigen und sie den Zwecken der Forschung und der Volksbildung nutzbar gemacht werden (§ 13 Abs. 1 Nr. 2a ErbStG).
Des Weiteren greifen die Begünstigungsregelungen für den Erwerb unternehmerischen Vermögens i.S.d. § 13a ErbStG und § 13b Abs. 1 ErbStG auch für Familienstiftungen.
Gem. § 1 Abs. 4 ErbStG unterliegt das Vermögen der Familienstiftung als Steuerschuldnerin gem. § 20 Abs. 1 ErbStG in einem regelmäßigen Turnus von 30 Jahren der durch die Erbschaftsteuerreform 1974 eingeführten Erbersatzsteuer. Diese beruht auf der Erbgangsfiktion, die alle 30 Jahre neu ausgelöst wird. Fristbeginn ist der erstmalige Vermögensübergang auf die zu gründende Stiftung. Ziel der Erbersatzsteuer ist es, dass durch Gründungen von Familienstiftungen Vermögen der Erbschaftsteuer entzogen werden kann. Die Erbersatzsteuer fingiert gesetzlich, dass das Vermögen der Familienstiftung in einem Zeitraum von 30 Jahren der nächsten Generation zufällt, die aus zwei Kindern besteht. Dies hat zur Folge, dass zur Berechnung der Erbschaftsteuer die Steuerklasse I auf die Hälfte des Vermögens der Familienstiftung angewendet wird (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 3 ErbStG) und gleichzeitig der doppelte erbschaftsteuerliche Freibetrag i.H.v. 800 000 € gewährt wird. Die anfallende Erbschaftsteuer wird dann entsprechend der entsprechenden erbschaftsteuerlichen Zuwendung berechnet. Ein solcher Erwerb ist gem. § 30 Abs. 1 ErbStG innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Kenntnis beim zuständigen FA anzuzeigen. Die Möglichkeit, dass die Erbersatzsteuer zu einem Zinssatz von 5,5 % verrentet wird, besteht gem. § 24 ErbStG. Ausländische Familienstiftungen unterliegen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG nicht der Erbersatzsteuerpflicht. Trotz der geäußerten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Erbsatzsteuer hat das BVerfG mit Beschluss vom 8.3.1983 (BVerfG Beschluss vom 8.3.1983, BStBl II 1983, 779) die Verfassungsmäßigkeit der Erbersatzsteuer bejaht.
Die errichtete Familienstiftung ist umsatzsteuerliche Unternehmerin i.S.d. § 2 UStG und somit umsatzsteuerpflichtig mit allen Umsätzen, die sie ausführt. Rechtsformabhängige Besonderheiten bestehen nicht. Ein etwaiger Leistungsaustausch mit den Destinatären unterliegt entsprechend der Umsatzsteuer, während satzungsmäßige Zuwendungen nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Etwaige Steuerbefreiungen gem. § 4 UStG sind zu prüfen und ggf. anzuwenden. Denkbar sind hierbei insbes. Steuerbefreiungen für Finanzdienstleistungen des § 4 Nr. 8 UStG. Grundsätzlich gilt, dass das bloße Halten von Beteiligungen keine Unternehmereigenschaft i.S.d. § 2 UStG begründet. Auch bei einer Ausgestaltung der Familienstiftung als Finanzholding durch die Erbringung administrativer, finanzieller, kaufmännischer und technischer Dienstleistungen ist dies nicht ausreichend, um eine Unternehmereigenschaft i.S.d. § 2 UStG zu begründen. Erst bei Ausgestaltung als Führungs- und Funktionsholding, bspw. durch das Eingreifen in das Tagesgeschäft der Tochtergesellschaften, wird die Familienstiftung Unternehmerin i.S.d. § 2 UStG. Die Familienstiftung kann zudem – wenn sie Unternehmerin i.S.d. § 2 UStG ist und die Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft erfüllt sind – Organträgerin einer umsatzsteuerlichen Organschaft sein. Hierzu muss eine finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung eines anderen Unternehmens in die Familienstiftung vorliegen. Eine finanzielle Eingliederung liegt vor, wenn die Familienstiftung über mehr als 50 % der Anteile an der Tochtergesellschaft verfügt. Die wirtschaftliche Eingliederung sieht vor, dass eine enge wirtschaftliche Verbundenheit zwischen Organgesellschaft und Organträger vorliegt. Die organisatorische Eingliederung ist durch eine Personalidentität innerhalb der Führungsorgane in Stiftung und Tochterunternehmen möglich.
Ausschüttungen der Stiftung an den Stifter oder andere Begünstigte stellen dort Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG dar. Die Stiftung ist zum Einbehalt von Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer verpflichtet. Insoweit erfolgt eine Gleichstellung mit Anteilseignern von KapGes.
Die FinVerw schließt jedoch die Anwendbarkeit der Einlagenrückgewähr des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG bei rechtsfähigen Stiftungen des Privatrechts mit der Begründung aus, dass kein steuerliches Einlagekonto nach § 27 KStG festzustellen ist (BMF vom 24.4.2024, BStBl I 2024, 721). Damit sind nach Verwaltungsauffassung alle Leistungen der Stiftung an ihre Destinatäre kapitalertragsteuer- und letztlich auch einkommensteuerpflichtig.
In der Literatur wird die Nichtbesteuerung der Einlagenrückgewähr jedoch auch ohne Feststellung des steuerlichen Einlagekontos für die Stiftung bejaht (siehe Orth, DB 2024, 1771 m.w.N.). Zu erreichen sei dies nur im Rechtsbehelfs- oder Klageverfahren gegen die Einkommensteuerfestsetzung des Destinatärs.
Verfolgt die Stiftung steuerbegünstigte Zwecke, fehlt es an Destinatären im klassischen Sinne. Denkbar ist hier allenfalls eine Besteuerung im Rahmen der Gewinneinkünfte oder der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, wenn der Zahlungsempfänger als ArbN der Stiftung anzusehen.
Die Kombination von einer Familienstiftung mit einer gemeinnützigen Stiftung stellt ein Gestaltungsmittel zur Übertragung unternehmerischen Vermögens dar. Hierzu wird die Beteiligung an einer KapGes zu einem festgelegten Prozentsatz von der Familienstiftung und zum restlichen Prozentsatz von der gemeinnützigen Stiftung gehalten. Verschiedene Ausgestaltungen des Stimm- und Gewinnbezugsrechts ermöglichen eine Trennung zwischen Vermögen und Ertrag. Werden beispielsweise der zu 80 % an der KapGes beteiligten gemeinnützigen Stiftung lediglich 20 % der Stimmrechte zugewiesen, erfolgt die Kontrolle der Kapitalgesellschaft weiterhin durch die Familienstiftung und den Gesellschaftern der KapGes. Diese trägt entsprechend die unternehmerische Verantwortung und ist für die Ausrichtung der KapGes verantwortlich. Um die dargestellte quotenmäßige Verteilung erreichen zu können, bietet sich die GmbH als Rechtsform für die KapGes an. § 29 Abs. 3 GmbHG sieht vor, dass Gewinnanteile der GmbH abweichend von der vermögensmäßigen Beteiligung verteilt werden können.
Je nach Höhe des Versorgungsbedarfs der Angehörigen können Erträge der GmbH, unabhängig von der Höhe der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung auf die Familienstiftung mittels eines abweichenden Gewinnbezugsrechts übertragen werden. Eine Ausgestaltung mittels eines überhöhten Gewinnbezugsrechts der Familienstiftung stellt gleichzeitig keinen schenkungsteuerlichen Tatbestand i.S.d. § 7 Abs. 6 ErbStG dar, da dieser ausschließlich auf PersGes und nicht auf juristische Personen anwendbar ist. Sofern die operative Einheit nicht als KapGes, sondern als PersGes ausgestaltet worden ist, führt dies zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Familienstiftung. Um dies zu vermeiden, sollte zwischen der Stiftung und der PersGes eine GmbH zwischengeschaltet werden. Ein Halten einer Beteiligung an einer GmbH, die wiederrum die Personengesellschaftsanteile hält, ist für eine gemeinnützige Stiftung steuerunschädlich möglich.
Die Errichtung einer Doppelstiftung bietet den Vorteil der Minimierung der erbschaftsteuerlichen Steuerbelastung, da große Teile des Vermögens erbschaftsteuerfrei auf die gemeinnützige Stiftung übergehen und zugleich Erträge auch ertragsteuerfrei vereinnahmt werden können. Aus steuerlichen Gründen sollte – unabhängig von der Vermögensausstattung beider Stiftungen – die Familienstiftung die alleinige unternehmerische Verantwortung übernehmen, um die Entstehung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu vermeiden. In der Praxis wird häufig die Konstruktion gewählt, dass eine mit geringen Kapital ausgestattete Familienstiftung von einer mit viel Kapital ausgestatteten gemeinnützigen Stiftung flankiert wird, die wiederum ihre Stimmrechte auf die Familienstiftung überträgt (sog. Wiesbadener Modell). Des Weiteren denkbar ist, dass die gemeinnützige Stiftung ihre Geldmittel zur Finanzierung von Beteiligungsunternehmen einsetzt, sodass diese Darlehen von Dritten ablösen können und Zinsen gleichermaßen steuerfrei durch die gemeinnützige Stiftung vereinnahmt und die gezahlten Zinsen innerhalb der Familiensphäre bleiben.
Zu beachten bei der steuerlichen Ausgestaltung der Doppelstiftung ist es, dass die von der gemeinnützigen Stiftung vereinnahmten Ausschüttungen aus einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung steuerfrei vereinnahmt werden können. Kritisch zu überprüfen bleibt jedoch die disquotale Gewinnausschüttung zu Lasten der gemeinnützigen Stiftung. Die Tatsache, dass eine gemeinnützige Stiftung mehrheitlich am Vermögen beteiligt ist, aber gleichermaßen nur eine eingeschränkte Stimmrechtsausübung hat, ist hinsichtlich der Gemeinnützigkeit gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO kritisch. Eine Lösung dieses Problems stellt die Übertragung der Gesellschaftsbeteiligung auf die Stiftung nach Gesellschafterbeschluss hinsichtlich der Ausgestaltung der Stimmrechte dar. Hierdurch erhält die Stiftung den Gesellschaftsanteil bereits mit beschränkten Stimm- und Gewinnbezugsrechten, das die Anerkennung dieser Konstruktion aus gemeinnütziger Sicht erhöht.
Aus schenkungssteuerlicher Sicht ist § 7 Abs. 6 ErbStG zu beachten. Dieser sieht vor, dass eine erhöhte Gewinnbeteiligung einer PersGes einen eigenen Zuwendungstatbestand darstellt. Dieses Risiko lässt sich durch das Zwischenschalten einer KapGes vermeiden, da sich die erhöhte Gewinnbeteiligung dann bereits im Rahmen der Bewertung des Geschäftsanteils nach § 11 BewG auswirkt. Aufgrund der Anwendung des § 13a ErbStG ist eine weitergehende Steuerbelastung bei Übertragung der Gesellschaftsanteile an die Familienstiftung weniger wahrscheinlich. Aus ertragsteuerlicher Perspektive ist eine disquotale Gewinnausschüttung weniger problematisch, da die FinVerw die BFH-Rspr. vom 18.9.1999, I R 77/96, DStR 1999, 1849 im Schreiben vom 7.12.2013, BStBl I 2014, 63 eingeschränkt übernommen hat. Zur steuerrechtlichen Anerkennung einer inkongruenten Gewinnausschüttung setzt die FinVerw zunächst die zivilrechtliche Wirksamkeit voraus. Diese zivilrechtliche Wirksamkeit kann durch § 29 Abs. 3 GmbHG herbeigeführt werden, wenn im Gesellschaftsvertrag ein anderer Maßstab als die Gesellschaftsanteile für die Gewinnverteilung vereinbart worden ist. Eine nachträgliche Änderung kann gem. § 53 Abs. 3 GmbHG nur herbeigeführt werden, wenn alle Gesellschafter, die von einer abweichenden Gewinnverteilung betroffen sind, zustimmen. Gleichzeitig weist das BMF auf die Beachtung des § 42 AO hin.
Ein Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmaßnahmen liegt nicht vor, wenn der abweichenden Gewinnverteilung außersteuerliche, wirtschaftlich zu beachtende Gründe nachgewiesen werden können.
Die Änderungen nach der Erbschaftsteuerreform 2016 nach Maßgabe des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 wirken sich ebenfalls auf die erbschaftsteuerliche Behandlung von Familienstiftungen aus. Das bislang geltende Verschonungssystem hat grundsätzlich weiterhin Bestand, jedoch sind die Vergünstigungsnormen in weiten Teilen anders und eingeschränkt ausgestaltet worden. Zwar wurden die Behaltensbedingungen des § 13a Abs. 6 ErbStG nur in geringem Maße verändert, jedoch greifen die Lohnsummenbestimmungen bereits ab fünf und nicht mehr ab zwanzig Beschäftigten ein. Die Verschonung des BV wurde verändert und das im BV enthaltene Verwaltungsvermögen stärker als bisher eingeschränkt. Zudem wurden die Verschonungsregelungen auf Erwerbe begrenzt, die innerhalb eines Zehnjahreszeitraums nicht mehr als 26 Mio. € begünstigtes Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG nicht übersteigen. Bei den den Betrag von 26 Mio. € überschreitenden Erwerben wird der Verschonungsbetrag kontinuierlich abgeschmolzen und ab einem stpfl. Erwerb i.H.v. 90 Mio. € vollständig versagt. Als Folge der Verschärfung der erbschaftsteuerlichen Privilegierung von Verwaltungsvermögen müssen Unternehmen ab dem 1.7.2016 einen sog. Verwaltungsvermögenstest bestehen. § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG entfällt eine Verschonung des begünstigungsfähigen Vermögens, soweit das Verwaltungsvermögen mindestens 90 % des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens ausmacht und nicht bestimmte Bedingungen erfüllt. Soweit der Vermögensverwaltungstest durch das Unternehmen bestanden wird, kommt die 85%ige bzw. 100%ige Freistellung des Unternehmensvermögens exklusive des Verwaltungsvermögens in Frage. Dieses unterliegt in jedem Fall der Besteuerung. Eine Ausnahme hiervon gilt in Höhe des Unschädlichkeitsbetrages nach § 13b Abs. 7 ErbStG. Dieser beträgt 10 % des um den Nettowert des Verwaltungsvermögens gekürzten gemeinen Werts des BV.
Soweit zum Unternehmensvermögen unmittelbar oder mittelbar inländische Anteile an PersGes oder KapGes gehören, sieht § 13b Abs. 9 ErbStG eine Verbundbetrachtung vor. Die über die Anteile an den PersGes oder KapGes unmittelbar oder mittelbar gehaltenen Finanzmittel, Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens sowie die Schulden der Beteiligungsebenen sind in einer Verbundvermögensaufstellung zusammenzufassen. Junge Finanzmittel und junges Verwaltungsvermögen sind gesondert aufzuführen. Dies dient dazu, eine Aufteilung des Unternehmenswertes auf das begünstigte Vermögen und das stpfl. Verwaltungsvermögen auf Verbundebene zur Vermeidung von Kaskadeneffekten durchzuführen. Zusammenfassend lassen sich die allgemeinen Änderungen der Erbschaftsteuerreform 2016 wie folgt zusammenfassen:
Verwaltungsvermögen wird nicht mehr verschont und unterliegt der Erbschaftsteuer,
die Lohnsummenbestimmung greift bereits ab fünf ArbN ein,
die Verbundbetrachtung erfasst mehr Verwaltungsvermögen als bislang und führt zu einer Versteuerung von mehr Verwaltungsvermögen als bislang und
Großerwerbe unterliegen ab einem stpfl. Wert von 96 Mio. € der Erbschaftsteuer; Stundung der Erbschaftsteuer ist möglich.
Weidmann/Kohlhepp, Rechtsprechung zum Gemeinnützigkeitsrecht 2015/2016, DStR 2016, 2673; Niemann, Ersatzerbschaftsteuer bei unselbstständiger Familienstiftung? – Zugleich Anmerkung zum Urteil des FG Köln vom 25.5.2016 – 7 K 291/16, DStR 2016, 2888; Kraft, Grundprobleme der steuerlichen Behandlung unbeschränkt steuerpflichtiger privatnütziger Familienstiftungen, DStR 2016, 2825, Kindler, Die Auslandsstiftung mit inländischen Destinatären: Bestimmung und Geltungsbereich des anzuwendenden Rechts, NZG 2016, 1335; Zimmermann/Radatz, Die Entwicklung des Stiftungsrechts 2016, NJW 2017, 531; Meilicke, Inkongruente Doppelbesteuerung von Stiftungen, DStR 2017, 227; Oppel, Unterliegen unselbstständige Stiftungen der Ersatzerbschaftsteuer, ZEV 2017, 22; Theuffel-Wahrhan, Familienstiftungen als Königsinstrument für die Nachfolgeplanung aufgrund der Erbschaftsteuerreform, ZEV 2017, 17; Loritz/Weinmann, Die unternehmensverbundene Stiftung als Steuersparmodell? – Stiftungs-Holding und GmbH-Holding im steuerlichen Vergleich, DB 2022, 2890; Orth, BFH: Keine gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos einer Familienstiftung – und nun? DB 2024, 1771.
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