1 Sinn und Zweck der allgemeinen Nachschau im Umsatzsteuerverfahren
2 Rechtscharakter der Umsatzsteuer-Nachschau und Abgrenzung zur Außenprüfung
3 Anwendungsbereich der Umsatzsteuer-Nachschau
4 Durchführungsberechtigte Amtsträger
5 Betretungsrecht der Grundstücke
6 Durchführung, Rechtsfolgen und Rechtsbehelf
7 Übergang zur Außenprüfung
8 Auswertung der Nachschaufeststellungen
9 Literaturhinweise
Durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz vom 19.12.2001 (BGBl I 2001, 3922) wird ab 1.1.2002 unabhängig von einer Außenprüfung nach § 27b UStG für die USt die allgemeine Nachschau eingeführt. Dem Umsatzsteuerbetrug kann mit den bestehenden Regelungen der Außenprüfung nicht ausreichend begegnet werden. Die Außenprüfung muss angekündigt werden. Die Ankündigung gibt steuerunehrlichen Unternehmern Zeit, Vorkehrungen zu treffen, um gegenüber den Steuerbehörden einen normalen Geschäftsbetrieb vorzutäuschen oder den Geschäftsbetrieb einzustellen. Bei der allgemeinen Nachschau können die mit der USt betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können.
Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1.11.2011 (BGBl I 2011, 2131) wurden mit Wirkung ab 1.7.2011 in § 27b Abs. 2 UStG die Sätze 2 und 3 angefügt. Damit wurden die Einsichtsrechte der Prüfer auf digitalisierte Unterlagen erweitert. Die Prüfer können das Datenverarbeitungssystem des Unternehmers nutzen, soweit dies für das Überprüfen der elektronisch erstellten und gespeicherten Daten erforderlich ist.
Die allgemeine Nachschau ist keine Außenprüfung i.S.d. §§ 193 ff. AO (s. Wortlaut des § 27b Abs. 1 Satz 1 UStG). Sie ist ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Aufklärung möglicher steuererheblicher Sachverhalte. Deshalb gelten die Vorschriften für eine Außenprüfung (§§ 193 ff. AO) nicht (Abschn. 27b.1 Abs. 1 UStAE). Da die Umsatzsteuer-Nachschau keine Außenprüfung i.S.d. § 193 ff. AO darstellt, finden insbes. § 146 Abs. 6, §§ 147, 201, 202 AO keine Anwendung (Abschn. 27b.1 Abs. 6 UStAE, AEAO zu § 193 Nr. 6, BStBl I 2008, 26). Ein Prüfungsbericht ist nicht zu fertigen. Sollen aufgrund der Umsatzsteuer-Nachschau Besteuerungsgrundlagen geändert werden, ist dem Stpfl. rechtliches Gehör zu gewähren (§ 91 AO).
Hinweis:
Neben der Umsatzsteuer-Nachschau besteht noch die Lohnsteuer-Nachschau (§ 42g EStG) und ab 1.1.2018 die Kassen-Nachschau (§ 146b AO).
Die Außenprüfung ist eine umfassende Prüfung des Steuerfalls, sie dient der Ermittlung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, ist vergangenheitsbezogen und hat das Ziel, einen endgültigen Steuerbescheid zu erlassen. § 27b Abs. 2 UStG schränkt den Zeitraum der Nachschau nicht ein. Trotzdem ist die Nachschau eine punktuelle und gegenwartsbezogene Prüfung, sie dient zur Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse und soll präventiv wirken (Hitpaß in Lippross, USt, § 27b Rz. 17, LEXinform 0178403; s.a. Grobbel in Weimann/Lang, Umsatzsteuer – national und international, § 27b UStG Rz. 31 ff., 5. A.).
Die Umsatzsteuer-Nachschau ist eine zeitnahe und damit gegenwartsbezogene Prüfung (s.o.); das FA soll einen Eindruck über die tatsächlichen Verhältnisse, das tatsächlich eingesetzte Personal und den tatsächlichen Geschäftsbetrieb erhalten, insoweit ist die Nachschau auf kurzfristige und punktuelle Ermittlungen beschränkt (BT-Drs. 14/6883, 9; BR-Drs. 637/01, 10). Nach § 27b Abs. 1 Satz 1 UStG sollen durch die Umsatzsteuer-Nachschau Sachverhalte festgestellt werden können, die für die Besteuerung erheblich sein können. Solche Sachverhalte sind z.B. (Abschn. 27b.1 Abs. 2 Satz 3 UStAE):
Unternehmerexistenz;
Vorhandensein von Anlage- und Umlaufvermögen;
einzelne Eingangs- oder Ausgangsrechnungen;
einzelne Buchungsvorgänge;
Verwendungsverhältnisse.
Eine Umsatzsteuer-Nachschau kann insbes. in folgenden Fällen angezeigt sein:
Existenzprüfungen bei neu gegründeten Unternehmen;
Entscheidungen im Zustimmungsverfahren nach § 168 Satz 2 AO;
Erledigung von Auskunftsersuchen zum Vorsteuerabzug anderer Finanzämter;
Erledigung von Amtshilfeersuchen anderer EU-Mitgliedstaaten.
Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau geht es regelmäßig um die Dokumentation, dass in den Räumen des vermeintlichen Unternehmenssitzes tatsächlich keine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird bzw. werden kann. § 27b UStG berechtigt nicht zur Durchsuchung des Betriebes oder der Geschäftsräume, also das ziel- und zweckgerichtete Suchen nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber des Betriebes von sich aus nicht offenlegen oder herausgeben will (OFD Magdeburg vom 20.2.2012, S 7420b – 7 – St 24, DStR 2012, 909, LEXinform 5233969 unter 3.).
Nach § 27b Abs. 1 Satz 1 UStG sind alle mit der Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer betrauten Amtsträger befugt, Umsatzsteuer-Nachschauen durchzuführen (Abschn. 27b.1 Abs. 3 UStAE). »Nachschauberechtigt« sind somit nicht nur die »berufenen« Außenprüfer, sondern alle Amtsträger, die mit der Festsetzung und Erhebung der USt betraut sind. Da die Umsatzsteuer-Nachschau im Gegensatz zur Außenprüfung nicht angekündigt wird, ist dem Unternehmer der Name des nachschauenden Amtsträgers nicht bekannt. Bei der Außenprüfung sind nach § 197 Abs. 1 Satz 1 AO u.a. die Namen der Prüfer dem Stpfl., bei dem die Außenprüfung durchgeführt werden soll, angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung bekannt zu geben.
Zum Umfang des Besichtigungs- und Betretungsrechts im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau s.a. OFD Magdeburg vom 20.2.2012 (S 7420b – 7 – St 24, DStR 2012, 909, LEXinform 5233969). Die Vfg. geht insbes. ein auf das Fotografieren im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau. Nach der Legaldefinition des § 27b Abs. 1 Satz 1 UStG berechtigt die Nachschau zum Betreten des Grundstücks. Das Betreten muss dazu dienen, Sachverhalte festzustellen, die für die Umsatzbesteuerung erheblich sein können (Abschn. 27b.1 Abs. 5 UStAE). Das bloße Betreten stellt ein Besichtigungs- und kein Durchsuchungsrecht dar. Ein Durchsuchungsrecht gewährt die Umsatzsteuer-Nachschau nicht (Abschn. 27b Abs. 5 Satz 3 UStAE). Das bloße Betreten oder Besichtigen von Grundstücken und Räumen ist noch keine Durchsuchung.
Nach § 27b Abs. 1 Satz 1 UStG können
Grundstücke und Räume
von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausüben,
während der Geschäfts- und Arbeitszeiten
betreten und damit auch fotografiert werden.
Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausüben, sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG Unternehmer.
Unternehmerisch oder teilweise unternehmerisch genutzte Räume dürfen zu den üblichen Geschäfts- oder Betriebszeiten betreten und damit auch fotografiert werden, soweit sie auch von den Geschäftskunden des Betriebsinhabers betreten werden können. Darüber hinaus ist der Prüfer berechtigt, solche Räume zu betreten und zu fotografieren, die zwar auch betrieblich genutzt, aber nicht dem allgemeinen Publikums- oder Geschäftsverkehr offen stehen (Abschn. 27b.1 Abs. 5 Satz 1 UStAE). Nicht umfasst sind aber solche Räume, die ausschließlich dem privaten, nicht betrieblichen Bereich zuzuordnen sind. Häusliche (also innerhalb der Wohnung belegene) Arbeitszimmer oder Büros dürfen auch dann betreten bzw. besichtigt werden, wenn sie nur durch die ausschließlich privat genutzten Wohnräume erreichbar sind. Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden (§ 27b Abs. 1 Satz 2 UStG).
Gar nicht fotografiert werden darf der im Rahmen der Nachschau angetroffene (vermeintliche) Unternehmer, selbst wenn dessen äußeres Erscheinungsbild gegen eine Unternehmereigenschaft spricht. § 27b UStG ermöglicht nur das Betreten und Besichtigen von Räumlichkeiten, aber keine Feststellungen von persönlichen Merkmalen des Inhabers dieser Räumlichkeiten (OFD Magdeburg vom 20.2.2012, S 7420b – 7 – St 24, DStR 2012, 909, LEXinform 5233969 unter 1.).
Ein Betreten der Grundstücke und Räume ist während der Geschäfts- und Arbeitszeiten zulässig. Die Umsatzsteuer-Nachschau kann auch außerhalb der Geschäftszeiten vorgenommen werden, wenn im Unternehmen schon oder noch gearbeitet wird (Abschn. 27b.1 Abs. 5 Satz 5 und 6 UStAE).
Sobald der Amtsträger
der Öffentlichkeit nicht zugängliche Geschäftsräume betreten will,
den Steuerpflichtigen auffordert, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere umsatzsteuerrelevante Urkunden vorzulegen oder
den Steuerpflichtigen auffordert, Auskunft zu erteilen,
hat er sich auszuweisen (Abschn. 27b.1 Abs. 4 UStAE).
Maßnahmen des Amtsträgers, die den Stpfl. zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichten, stellen Verwaltungsakte dar. Ein Verwaltungsakt liegt insbes. vor, wenn der Amtsträger den Stpfl. auffordert (§ 27b Abs. 2 UStG),
das Betreten der nicht öffentlich zugänglichen Geschäftsräume zu dulden;
Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere umsatzsteuerrelevante Urkunden vorzulegen oder
Auskunft zu erteilen.
Ein derartiger Verwaltungsakt ist grds. mit Zwangsmitteln nach §§ 328 ff. AO (insbes. durch unmittelbaren Zwang nach § 331 AO) durchsetzbar (Abschn. 27b.1 Abs. 8 UStAE). Da es sich hierbei um mündliche Verwaltungsakte handelt, sind diese schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt (§ 119 Abs. 2 AO). Zu beachten ist, dass ein unmittelbarer Zwang nach § 331 AO erst angewendet werden kann, wenn das Zwangsgeld oder die Ersatzvornahme nicht zum Ziel führen oder untunlich sind. Des Weiteren bedarf es einer vorherigen Androhung nach § 332 AO mit Fristsetzung. Lehnt der Stpfl. jede Mitwirkung ab, ist eine unmittelbare Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau kaum durchsetzbar (s. Kemper, UR 10/2016, 377, 380).
Im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau ergangene Verwaltungsakte können nach § 347 AO mit dem Einspruch angefochten werden. Der Amtsträger ist berechtigt und verpflichtet, den schriftlichen Einspruch entgegenzunehmen. Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung und hindert daher nicht die Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau, es sei denn, die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts wurde ausgesetzt (§ 361 AO, § 69 FGO). Mit Beendigung der Umsatzsteuer-Nachschau sind oder werden Einspruch und Anfechtungsklage gegen die Anordnung der Umsatzsteuer-Nachschau unzulässig; insoweit kommt lediglich eine Fortsetzungs-Feststellungsklage (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) in Betracht (Abschn. 27b.1 Abs. 10 UStAE).
Da die Umsatzsteuer-Nachschau keine Außenprüfung i.S.d. § 193 ff. AO darstellt (s.o.), finden insbes. § 146 Abs. 6, §§ 147, 201, 202 AO keine Anwendung. Ein Prüfungsbericht ist nicht zu fertigen (Abschn. 27b.1 Abs. 6 UStAE). Der Beginn der Umsatzsteuer-Nachschau hemmt den Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 AO nicht. Die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO findet keine Anwendung. Soweit eine Steuer nach § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt worden ist, muss dieser nach Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau nicht aufgehoben werden. Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Nachschau ist ein Antrag auf verbindliche Zusage (§ 204 AO) nicht zulässig (Abschn. 27b.1 Abs. 7 UStAE).
Zum Fotografieren im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau nimmt die Vfg. der OFD Magdeburg vom 20.2.2012 (S 7420b – 7 – St 24, DStR 2012, 909, LEXinform 5233969) ausführlich Stellung. Allein die bloße Behauptung oder persönliche Meinung, zu Beweis- oder Dokumentationszwecken zu fotografieren, genügt nicht, um den damit verbundenen Grundrechtseingriff zu rechtfertigen. Der Fotografierende muss sich zumindest in einer gewissen Beweisnot befinden, weil ihm andere Mittel nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Darüber hinaus müssen die gefertigten Lichtbilder bei objektiver Betrachtung jedenfalls einen gewissen Beweiswert besitzen.
Darüber hinaus hat er den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bzw. die Beschränkung durch das Übermaßverbot zu beachten. Die durch das Foto dokumentierte Information muss für den konkret zu prüfenden Steuertatbestand relevant sein, geringer belastende Maßnahmen dürfen – bei gleicher Eignung – nicht zur Verfügung stehen und die damit verbundene Beeinträchtigung muss dem Betroffenen zumutbar sein.
Will der Bedienstete der Finanzbehörde die Ergebnisse seiner Nachschau durch Fotografien dokumentieren, ist er häufig dem Einwand ausgesetzt, dass er dadurch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verletzen könnte.
§ 27b UStG berechtigt nicht zur Durchsuchung des Betriebes oder der Geschäftsräume, also das ziel- und zweckgerichtete Suchen nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber des Betriebes von sich aus nicht offenlegen oder herausgeben will. Vor diesem Hintergrund ist eine Verletzung von Betriebsgeheimnissen in einer Vielzahl von Fällen nur theoretisch denkbar. Fotografiert werden dürfen nur solche Gegenstände, die offen herumstehen oder herumliegen, was gerade bei solchen Gegenständen nicht der Fall ist, die der Betriebsinhaber für geheim und deswegen in Behältnissen verschlossen halten würde.
Dadurch allein ist aber nicht jegliche Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ausgeschlossen. Diese Frage stellt sich beispielsweise, wenn Spezialmaschinen, Sonderanfertigungen oder Prototypen fotografiert werden sollen, die im Betrieb zwar nicht öffentlich zugänglich, aber schon aufgrund ihrer Größe nicht in verschlossenen Behältern aufbewahrt werden können.
Die Fotografien beeinträchtigen insoweit das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Da steuerlich relevante und andere Daten voneinander nicht getrennt und abgegrenzt werden können, erlangt der Prüfer unter Umständen weit reichende Informationen, die über steuerlich relevante Daten hinaus bis zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen reichen können. Allerdings steht das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung in einem Spannungsverhältnis zum allgemeinen Gleichheitssatz. Insoweit ist der Gesetzgeber verpflichtet, die steuerliche Belastungsgleichheit durch ausreichende Kontrollmöglichkeiten zu gewährleisten. Die notwendige Abwägung beider Grundrechtsschranken führt dazu, dass das überwiegende Allgemeininteresse an der Offenlegung steuerlich erheblicher Umstände höher zu bewerten ist als das Individualinteresse am Datenschutz. Insoweit wird das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingeschränkt, soweit sichergestellt ist, dass die erlangten Informationen nicht anderweitig weitergegeben werden. Die Regelung des § 30 AO und der dadurch bewirkte Schutz der im Besteuerungsverfahren erlangten Informationen reicht als Schutz gegen etwaige Zweckentfremdung aus.
Der Betriebsinhaber kann vom Prüfer keine ausdrückliche Bestätigung verlangen, dass er die gefertigten Fotografien zum Ende der Prüfung löscht oder zurückgibt bzw. diese Fotografien oder gefertigte Kopien davon nicht an Dritte weitergibt.
Mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Steuergeheimnisses hat der Gesetzgeber eine hinreichende Sicherheitsvorkehrung gegen eine missbräuchliche Verwendung der erteilten Angaben getroffen. Die Regelungen der §§ 30, 31 AO, die zum Teil auch in den Straftatbestand des § 355 StGB übernommen wurden, schließen das unbefugte Offenbaren oder Verwerten der betroffenen Daten aus. Schon vor dem Hintergrund des Steuergeheimnisses darf eine unberechtigte Weitergabe der Fotografie nicht stattfinden, weil darin ein unbefugtes Verwerten und damit eine Verletzung des Steuergeheimnisses nach § 30 Abs. 2 AO vorliegen würde.
Nach dem seit dem 1.1.2015 geltenden § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e AO (Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 22.12.2014, BGBl I 2014, 2415) tritt die strafbefreiende Selbstanzeige bei Beginn einer Umsatzsteuer-Nachschau nicht ein, wenn der Amtsträger erschienen ist und sich ausgewiesen hat. Wie bereits oben erwähnt, besteht vor Aufnahme der eigentlichen Prüfungstätigkeit eine Ausweispflicht der Prüfers (Abschn. 27b.1 Abs. 4 UStAE).
Wurden die Ergebnisse der Umsatzsteuer-Nachschau in einem Steuerbescheid berücksichtigt, muss auch dieser Bescheid angefochten werden, um ein steuerliches Verwertungsverbot zu erlangen (Abschn. 27b.1 Abs. 10 Satz 5 UStAE). Sollen aufgrund der Umsatzsteuer-Nachschau Besteuerungsgrundlagen geändert werden, ist dem Stpfl. rechtliches Gehör zu gewähren (§ 91 AO; Abschn. 27b.1 Abs. 6 Satz 3 UStAE).
Wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 AO) zu einer Außenprüfung nach § 193 AO übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen (§ 27b Abs. 3 UStG).
Hinweis:
Nach dem Urteil des FG Hamburg vom 9.1.2018 (1 K 168/17, LEXinform 5021038, rkr.) ist die Durchführung einer USt-Sonderprüfung ohne Prüfungsanordnung gem. § 196 AO oder Mitteilung eines Übergangs zu einer Außenprüfung gem. § 27b Abs. 3 UStG rechtswidrig.
In dem zugunsten des Klägers entschiedenen Klageverfahren wurde am 25.1.2017 eine Umsatzsteuer-Nachschau gem. § 27b UStG durchgeführt mit dem Umfang: Feststellung des aktuellen Kassensystems, Überprüfung der Einzelaufzeichnungspflicht ab 1.1.2017. Nach Befragung zum verwendeten Kassensystem überreichten die Betriebsprüfer die Anordnung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung gem. § 196 AO vom 20.1.2017. Prüfungsgegenstand war danach der Besteuerungszeitraum 2014. Es wurde eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei dem Kläger durchgeführt; im Zuge dieser Prüfung wurden die GDPdU-Daten für 2014 aus dem Kassensystem ausgelesen und kopiert.
Das FG stimmte mit dem Kläger dahingehend überein, dass unter den vorliegenden Umständen sich die Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau als vorgeschoben erweist, um ohne vorherige Ankündigung zu einer Außenprüfung übergehen zu können.
In einem weiteren Urteil vom 11.4.2018 (6 K 44/17, EFG 2018, 1146, LEXinform 5021204, rkr.; Beyer, NWB 39/2018, 2846) nimmt das FG Hamburg Stellung zu den Anforderungen an die Zulässigkeit einer Umsatzsteuer-Nachschau und an den Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Danach kann eine Umsatzsteuer-Nachschau gem. § 27b Abs. 1 UStG auch zur Feststellung genutzt werden, welches Kassensystem der Stpfl. benutzt. Für eine solche Feststellung ist ein schriftliches Auskunftsersuchen nicht zwingend das mildere und geeignete Mittel. Eine Umsatzsteuer-Nachschau ist auch noch möglich, wenn bereits eine Vermutung besteht, der Stpfl. könnte Umsatzsteuern hinterzogen haben. Die Steuerhinterziehung darf aber noch nicht mit Sicherheit feststehen, denn dann besteht bereits ein strafrechtlicher Anfangsverdacht und die Umsatzsteuer-Nachschau darf nicht zur Umgehung der Rechte des Stpfl. in einem Strafverfahren benutzt werden.
Nach § 27b Abs. 3 UStG kann im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Nachschau nahtlos – ohne vorherige Ankündigung – zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (§ 193 AO) übergangen werden, wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben. Im Urteilsfall übergab der Prüfer dem Kläger vor Ort die bereits zuvor vorbereitete schriftliche Mitteilung über den Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung (§ 27b Abs. 3 UStG). Diese hatte der Prüfer in bereits ausgedruckter Form bei sich geführt.
§ 27b Abs. 3 UStG eröffnet ein Ermessen der Finanzverwaltung. Die Ausübung des Entschließungsermessens begegnet keinen Bedenken. Ein Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist regelmäßig dann geboten, wenn die sofortige Aufklärung des steuerlich relevanten Sachverhalts möglich und sinnvoll erscheint bzw., wenn die sofortige und abschließende Sachverhaltsaufklärung nach der durchgeführten Umsatzsteuer-Nachschau erforderlich erscheint und nach dem Übergang die folgende Außenprüfung für die Steuerfestsetzung eintreten sollen. Die Ausübung des Entschließungsermessens war ordnungsgemäß, denn eine sofortige Aufklärung, ob die tatsächlichen Umsätze vom Kläger erfasst werden, wurde hierdurch ermöglicht.
Der sofortige Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung war auch verhältnismäßig, denn wenn die Umsatzsteuer-Sonderprüfung lediglich angekündigt worden wäre, hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, die Daten nachträglich zu manipulieren.
Da die Umsatzsteuer-Nachschau auf die Umsatzsteuer begrenzt ist, kann nach einem Übergang zu einer Außenprüfung nur die USt geprüft werden. Somit kommt nur die Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung in Betracht. Die Anordnung einer darüber hinausgehenden Außenprüfung ohne Ankündigung bleibt nach § 197 Abs. 1 Satz 1 AO zulässig, wenn der Prüfungszweck durch eine vorherige Ankündigung gefährdet wird. Die Entscheidung zum Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist eine Ermessensentscheidung. Der Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist regelmäßig geboten, wenn die sofortige Sachverhaltsaufklärung (z.B. Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, vollständige Erfassung von Umsätzen, rechtliche Beurteilung von steuerfreien Umsätzen) zweckmäßig erscheint und wenn anschließend auch die gesetzlichen Folgen einer Außenprüfung für die Steuerfestsetzung eintreten sollen. Der Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist dem Unternehmer bekannt zu geben. Dies ist ein Verwaltungsakt, der an keine bestimmte Form gebunden ist. Nach § 27b Abs. 3 Satz 2 UStG ist der Unternehmer auf diesen Übergang jedoch schriftlich hinzuweisen. Die allgemeinen Grundsätze über den notwendigen Inhalt von Prüfungsanordnungen gelten entsprechend. Insbes. sind der Prüfungszeitraum und der Prüfungsumfang festzulegen. Der Beginn einer Außenprüfung nach erfolgter Umsatzsteuer-Nachschau ist unter Angabe von Datum und Uhrzeit aktenkundig zu machen. Für die Durchführung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung gelten die §§ 199 ff. AO (Abschn. 27b.1 Abs. 9 UStAE).
Insbes. dann, wenn der Unternehmer seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau nicht nachkommt, liegt es im Ermessen des Amtsträgers, zu einer Außenprüfung nach § 193 AO überzugehen (Abschn. 27b.1 Abs. 5 Satz 8 UStAE).
Werden anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau Verhältnisse festgestellt, die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern als der Umsatzsteuer erheblich sein können, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung von Bedeutung sein kann (§ 27b Abs. 4 UStG).
Ein Prüfungsbericht ist nicht zu fertigen. Sollen aufgrund der Umsatzsteuer-Nachschau Besteuerungsgrundlagen geändert werden, ist dem Stpfl. rechtliches Gehör zu gewähren (§ 91 AO; Abschn. 27b.1 Abs. 6 UStAE).
Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer (Loseblatt); Hillmann-Stadtfeld, Umsatzsteuernachschau und Verschärfung der Strafrechtslage durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz, DStR 2002, 434; Kemper, Umsatzsteuer-Nachschau, UR 10/2016, 377; Beyer, Übergang von einer Umsatzsteuer-Nachschau zur -Sonderprüfung, NWB 39/2018, 2846.
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