1 Steuersatzsenkung für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen nach dem 1. und 2. Corona-Steuerhilfegesetz
2 Steuersatzsenkungen nach dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz
2.1 Senkung des allgemeinen und des ermäßigten Steuersatzes
2.2 Anwendungsregelung für Änderungen des UStG (§ 27 Abs. 1 UStG)
3 Auswirkungen der Steuersatzänderungen im Überblick
3.1 Anwendungsbeginn
3.1.1 Grundsätzliches zum Anwendungsbeginn
3.1.2 Besonderheiten zum Leistungsbeginn
3.1.2.1 Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements
3.1.2.2 Leistungszeitpunkt bei Leistungen eines Insolvenzverwalters
3.1.2.3 Leistungen des Gerüstbauerhandwerks
3.2 Behandlung bei der Istversteuerung
3.2.1 Entgelt vereinnahmt vor dem 1.7.2020 und Leistungsausführung nach dem 30.6.2020
3.2.2 Entgelt vereinnahmt nach dem 30.6.2020 und Leistungsausführung vor dem 1.7.2020
3.2.3 Anhebung der Umsatzsteuersätze zum 1.1.2021
3.3 Erteilung von Voraus- und Anzahlungsrechnungen
3.4 Teilleistungen
3.5 Dauerleistungen
3.5.1 Grundsätzliches
3.5.2 Abrechnung von Nebenleistungen
3.6 Wiederkehrende Leistungen
3.7 Rechnungslegung und Rechnungsberichtigung
3.8 Anpassung langfristiger Verträge
3.9 Änderungen der Bemessungsgrundlagen
3.9.1 Änderung nach dem 30.6.2020 für Umsätze vor dem 1.7.2020
3.9.2 Änderung nach dem 30.12.2021 für Umsätze vor dem 1.1.2021
4 Besonderheiten
4.1 Bauleistungen
4.2 Einlösen von Gutscheinen
4.2.1 Die Gutscheinarten im Überblick
4.2.2 Einlösen von Rabattgutscheinen
4.2.3 Gutschein für einen verbindlich bestellten Gegenstand
4.2.4 Einlösen von Einzweckgutscheinen
4.2.4.1 Definition des Einzweckgutscheins
4.2.4.2 Besteuerungszeitpunkt
4.2.5 Einlösen von Mehrzweckgutscheinen
4.2.5.1 Definition des Mehrzweckgutscheins
4.2.5.2 Besteuerungszeitpunkt
4.2.6 Gutscheinausgabe im Gastronomiebereich
4.3 Erstattung von Pfandbeträgen
4.3.1 Grundsätzliches zur Behandlung von Pfandgeld
4.3.2 Vereinfachungsregelung innerhalb eines Dreimonatszeitraums bis 30.9.2020
4.3.3 Vereinfachungsregelung innerhalb eines Dreimonatszeitraums bis 31.3.2021
4.3.4 Vereinfachungsregelung ohne Anwendung des Dreimonatszeitraums ab 1.7.2020 und ab 1.1.2021
4.4 Besteuerung von Strom-, Gas-, Wasser-, Kälte- und Wärmelieferungen sowie Abwasserbeseitigungen
4.5 Besteuerung von Personenbeförderungen
4.5.1 Personenbeförderungen im Schienenbahnverkehr
4.5.1.1 Grundsätzliches zur Anwendung der maßgeblichen Steuersätze
4.5.1.2 Stichtagsübergreifend gültige Fahrausweise
4.5.2 Personenbeförderungen mit Taxen und im Mietwagenverkehr
4.6 Umtausch von Gegenständen
5 Anhebung des Umsatzsteuersatzes zum 1.1.2021
6 Literaturhinweise
Zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie werden durch das Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19.6.2020 (BGBl I 2020, 1385) einige steuergesetzliche Maßnahmen ergriffen (BR-Drs. 290/20 sowie BT-Drs. 19/19150).
Mit Art. 1 Nr. 1 des Corona-Steuerhilfegesetzes wird in § 12 Abs. 2 eine neue Nr. 15 angefügt. Danach ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.7.2021 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
Von der Senkung des Steuersatzes profitieren nicht nur die Gaststätten und Hotels, sondern auch andere Bereiche wie Cateringunternehmen, der Lebensmitteleinzelhandel, Bäckereien und Metzgereien, soweit sie mit der Abgabe verzehrfertig zubereiteter Speisen bislang Umsätze zum normalen Umsatzsteuersatz erbracht haben (BT-Drs. 19/19150, 11, s.a. Mitteilung des Bundesrates vom 5.6.2020, LEXinform 0456717).
Mit Art. 3 des Dritten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Drittes Corona-Steuerhilfegesetz) vom 10.3.2021 (BGBl I 2021, 330) wird in § 12 Abs. 2 Nr. 15 die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Restaurant- und Verpflegungsleistungen bis zum 31.12.2022 verlängert (BT-Drs. 19/26544).
Mit einem Zweiten Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) vom 29.6.2020 (BGBl I 2020, 1512) werden die Umsatzsteuersätze befristet vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 von 19 % auf 16 % und von 7 % auf 5 % gesenkt.
Hinweis:
Das BMF nimmt mit Schreiben vom 30.6.2020 (BStBl I 2020, 584 – im Folgenden zitiert »BMF vom 30.6.2020«) zur befristeten Absenkung des allgemeinen und ermäßigten Steuersatzes zum 1.7.2020 Stellung.
Die Finanzverwaltung hat mit Schreiben vom 4.11.2020 (BStBl I 2020, 1129) weitere Hinweise und Vereinfachungsregelungen zu den Steuersatzsenkungen – aber auch bereits zu den Steuersatzerhöhungen ab 1.1.2021 – veröffentlicht.
Für Unternehmer, die Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen sowie Beherbergungs- und Frühstücksleistungen ausführen, gelten folgende Steuersätze (→ Restaurationsumsätze):
Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen |
Mehrwertsteuersätze |
|||
ausgeführt |
19 % |
16 % |
7 % |
5 % |
bis 30.6.2020 |
X |
|||
ab 1.7.2020 |
X |
|||
ab 1.1.2021 |
X |
|||
ab 1.1.2023 |
X |
|||
Getränke |
||||
bis 30.6.2020 |
X |
|||
ab 1.7.2020 |
X |
|||
ab 1.1.2021 |
X |
|||
Beherbergungsleistungen/Übernachtungen |
||||
bis 30.6.2020 |
X |
|||
ab 1.7.2020 |
X |
|||
ab 1.1.2021 |
X |
|||
Beherbergungsleistungen/Frühstück (Aufteilungsgebot Abschn. 12.16 Abs. 8 UStAE) |
||||
bis 30.6.2020 |
X |
|||
ab 1.7.2020 |
X |
|||
ab 1.1.2021 |
X |
|||
ab 1.1.2023 |
X |
Zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten wird zugelassen, dass auf Bewirtungsleistungen (z.B. Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle, Tabakwarenlieferungen usw.) in der Nacht vom 30.6.2020 zum 1.7.2020 in Gaststätten, Hotels, Clubhäusern, Würstchenständen und ähnlichen Betrieben ausgeführt werden, der ab dem 1.7.2020 geltenden Umsatzsteuersatz von 16 bzw. 5 % angewandt wird. Dies gilt nicht für die Beherbergungen und die damit zusammenhängenden Leistungen (BMF vom 30.6.2020, BStBl I 2020, 584, Rz. 44).
Wichtig:
Zur Besteuerung der Umsätze im Gastgewerbe nimmt das BMF mit Schreiben vom 4.11.2020 (BStBl I 2020, 1129) in Rz. 22 erneut Stellung. Danach sind auch für Beherbergungen und die damit zusammenhängenden Leistungen in der Nacht vom 30.6.2020 auf den 1.7.2020 die ab dem 1.7.2020 geltenden Umsatzsteuersätze von 5 % bzw. 16 % anzuwenden.
Weiterhin wird es auch zugelassen, dass diese Steuersätze (5 % bzw. 16 %) auch auf Bewirtungen sowie für Beherbergungen und die damit zusammenhängenden Leistungen in der Nacht vom 31.12.2020 auf den 1.1.2021 angewendet werden.
Zur Ausgabe und zur Einlösung von Gutscheinen im Gastronomiebereich s.u. den Gliederungspunkt »Gutscheinausgabe im Gastronomiebereich«.
Hinweis:
Zur befristeten Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen zum 1.7.2020 nimmt das BMF mit Schreiben vom 2.7.2020 (BStBl I 2020, 610) Stellung. Dabei wird in Abschn. 12.16 Abs. 12 UStAE Satz 2 neu gefasst und in Abschn. 10.1 UStAE folgender neuer Abs. 12 angefügt:
»Für die befristete Anwendung der ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurations- und Verpflegungsleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken ist es nicht zu beanstanden, wenn zur Aufteilung des Gesamtkaufpreises von sogenannten Kombiangeboten aus Speisen inklusive Getränken (z.B. Buffet, All-Inclusive-Angeboten) der auf die Getränke entfallende Entgeltanteil mit 30 % des Pauschalpreises angesetzt wird.«
Durch Art. 3 des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes vom 29.6.2020 (BGBl I 2020, 1512) werden in § 28 Abs. 1 bis 3 UStG folgende zeitlich begrenzte Steuersätze eingeführt:
§ 28 Abs. 1 UStG: § 12 Abs. 1 UStG ist vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 % der → Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4 UStG) beträgt.
§ 28 Abs. 2 UStG: § 12 Abs. 2 ist vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 mit der Maßgabe anzuwenden, dass sich die Steuer für die in Nr. 1 bis 15 genannten Umsätze auf 5 % ermäßigt (→ Steuersätze bei der Umsatzsteuer).
§ 28 Abs. 3 UStG: § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ist vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Steuer für die Lieferungen der in der Anlage 2 nicht aufgeführten Sägewerkserzeugnisse und Getränke sowie von alkoholischen Flüssigkeiten, ausgenommen die Lieferungen in das Ausland und die im Ausland bewirkten Umsätze, und für sonstige Leistungen, soweit in der Anlage 2 nicht aufgeführte Getränke abgegeben werden, 16 % beträgt (→ Land- und Forstwirtschaft unter dem Gliederungspunkt »Die umsatzsteuerrechtliche Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG«).
Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind Änderungen des UStG auf Lieferungen, sonstige Leistungen und innergemeinschaftliche Erwerbe anzuwenden, die ab dem In-Kraft-Treten der jeweiligen Änderungsvorschrift ausgeführt werden (§ 27 Abs. 1 Satz 1 UStG). Werden statt einer Gesamtleistung Teilleistungen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 und 3 UStG) erbracht, kommt es für die Anwendung einer Änderungsvorschrift (z.B. der Anhebung des Steuersatzes) nicht auf den Zeitpunkt der Gesamtleistung, sondern darauf an, wann die einzelnen Teilleistungen ausgeführt werden.
Änderungen des Umsatzsteuergesetzes sind nach § 27 Abs. 1 Satz 2 UStG auf die ab dem In-Kraft-Treten der jeweiligen Änderungsvorschrift ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen auch insoweit anzuwenden, als die USt dafür – z.B. bei → Anzahlungen, Abschlagszahlungen, Vorauszahlungen, Vorschüssen – in den Fällen der → Istversteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4, Buchst. b oder § 13b Abs. 4 Satz 2 UStG bereits vor dem In-Kraft-Treten der betreffenden Änderungsvorschrift entstanden ist. Die Steuerberechnung ist in diesen Fällen erst in dem Voranmeldungszeitraum zu berichtigen (→ Rechnung → Änderung der Bemessungsgrundlage), in dem die Leistung ausgeführt wird (§ 27 Abs. 1 Satz 3 UStG).
Aus der zeitlich begrenzen Absenkung der Steuersätze ergeben sich ab 1.7.2020 sowie ab 1.1.2021 (Ende der Steuersenkung und Anwendung der bisher geltenden Steuersätze von 19 % bzw. 7 %) eine Vielzahl von Rechts- und Verfahrensfragen.
Beachte:
Für die Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen endet die zeitlich begrenzte Steuersatzsenkung auf 7 % (s.o.) erst für Umsätze, die ab dem 1.1.2023 ausgeführt werden (Drittes Corona-Steuerhilfegesetz vom 10.3.2021, BGBl I 2021, 330).
Grundsätzliches |
|
Die Steuersätze von 16 % bzw. 5 % sind auf
anzuwenden, die ab 1.7.2020 bis 31.12.2020 ausgeführt werden (BMF vom 30.6.2020, Rz. 4). Maßgebend für die Anwendung der zeitlich begrenzten Absenkung und der Geltung der bisherigen Steuersätze ist stets der Zeitpunkt, in dem der jeweilige Umsatz ausgeführt wird. Zur Leistungsausführung bei
Auf den Zeitpunkt der
kommt es nicht an (vgl. Abschn. 12.1. Abs. 3 UStAE). Entsprechendes gilt für Teilleistungen (s.u.). |
Zeitpunkt der Leistung entscheidend Leistung ausgeführt
|
Bei digitalen Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements wird die Leistung am letzten Tag des vereinbarten Leistungszeitraums ausgeführt. Bei analogen Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements wird die Leistung ebenfalls am letzten Tag des vereinbarten Leistungszeitraums ausgeführt, wenn für die einzelnen Ausgaben kein gesondertes Entgelt vereinbart ist oder abgerechnet wird, sondern nur ein Gesamtkaufpreis existiert (BMF vom 4.11.2020, BStBl I 2020, 1129, Rz. 18).
Die Leistung eines Insolvenzverwalters ist dann ausgeführt, wenn der seiner Leistung zugrunde liegende Auftrag (letzte Vollzugshandlung) erledigt ist. Die Leistung eines Insolvenzverwalters ist nach der Rspr. des BFH (BFH vom 2.12.2015, V R 15/15, BStBl II 2016, 486) erst mit dem Beschluss des Insolvenzgerichts über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach § 200 Abs. 1 InsO erbracht, soweit keine anderen Beendigungsgründe vorliegen. Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn für die Bestimmung des Leistungszeitpunkts auf den Vollzug der Schlussverteilung abgestellt wird (→ Insolvenzverfahren).
Im Restschuldbefreiungsverfahren bestimmt sich der Leistungszeitpunkt nach dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Erteilung der Restschuldbefreiung nach § 300 InsO (BMF vom 4.11.2020, BStBl I 2020, 1129, Rz. 19).
Der Gerüstbauer erbringt mit der Zurverfügungstellung eines fachmännisch montierten Gerüsts für einen bestimmten Zeitraum eine einheitliche sonstige Leistung. Es handelt sich nicht um eine Werkleistung im umsatzsteuerlichen Sinne, da der Gerüstbauer nicht die Bearbeitung eines Gegenstands übernimmt. Die Leistungselemente »Montage und Demontage« sind Nebenleistungen zu der Hauptleistung, der Grundvorhaltung des Gerüsts für eine bestimmte Zeit, da die Auf- und Abbauleistungen mit der zeitlichen Überlassung des Gerüsts eng zusammenhängen und zwangsläufig in ihrem Gefolge vorkommen. Denn die Auf- und Abbauleistungen haben für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck, sondern stellen das Mittel dar, um die Nutzung des Gerüsts unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. Abschn. 3.10 Abs. 5 Satz 3 und 4 UStAE).
Die Gesamtleistung »Gerüstbau« kann mit den Leistungsbestandteilen Montage, Standzeit (Summe aus Grundvorhaltung und Überstandsmiete) und Demontage ggf. auch in Teilleistungen nach Nutzungszeiträumen aufgeteilt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Leistungsbestandteile einzeln geschuldet und bewirkt werden (vgl. Abschn. 13.4 Satz 1 UStAE). Werden keine Teilleistungen vereinbart, wird die Leistung mit Abschluss der Demontage ausgeführt (BMF vom 4.11.2020, BStBl I 2020, 1129, Rz. 20).
Hinweis:
Mit Vfg. vom 6.2.2013 (S 7117a 1.1-4/16 St 33, UR 2013, 280, LEXinform 5234332) nimmt das BayLfSt zum Ort der sonstigen Leistung bei Leistungen der Gerüstbauer Stellung (→ Ort der sonstigen Leistung).
Hat der Unternehmer in den Fällen der Istversteuerung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4, Buchst. b oder § 13b Abs. 4 Satz 2 UStG) vor dem 1.7.2020 Entgelte oder Teilentgelte (Anzahlungen usw.) für Lieferungen und sonstige Leistungen bzw. Teilleistungen vereinnahmt, die nach dem 30.6.2020 ausgeführt werden und der Besteuerung unterliegen, sind auch auf diese Beträge nachträglich die ab dem 1.7.2020 geltenden Umsatzsteuersätze von 16 % bzw. 5 % anzuwenden (§ 27 Abs. 1 Satz 2 UStG; BMF vom 30.6.2020, Rz. 6).
Beispiel 1:
Unternehmer U (Istversteuerer) vereinnahmt eine Anzahlung i.H.v. 11 900 € am 13.5.2020 für einen regelbesteuerten Umsatz, der am 15.8.2020 ausgeführt wird. Die Abrechnung darüber erfolgt mit Ausführung der Leistung am 15.8.2020. Am 20.8.2020 vereinnahmt U den restlichen Betrag von 46 100 €.
Lösung 1:
Maßgeblich ist der ab 1.7.2020 anzuwendende Steuersatz von 16 % (§ 27 Abs. 1 Satz 2 UStG). Die Steuer entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4, Buchst. b UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Mai, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind. Die Steuer entsteht zunächst i.H.v. 19 % i.H.v. (11 900 € : 119 × 19 =) 1 900 €.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 3 UStG ist die für die vor dem 1.7.2020 vereinnahmten Entgelte und Anzahlungen zu hoch berechnete USt für den Voranmeldungszeitraum zu berichtigen, in dem die Leistung ausgeführt wird (BMF vom 30.6.2020, Rz. 8 Abs. 2).
In der Umsatzsteuer-Voranmeldung (USt 1 A) August 2020 sind die maßgeblichen Beträge wie folgt zu berücksichtigen:
Zeile |
Text |
Kz |
Betrag in € |
Steuer |
25 |
Stpfl. Umsätze (Voranmeldung August) |
|||
26 |
zum Steuersatz von 19 % |
81 |
./. 10 000 |
./. 1 900,00 € |
27 |
zum Steuersatz von 7 % |
86 |
…………. |
|
28 |
zu anderen Steuersätzen |
35 |
50 000 |
8 000,00 € |
Hinweis: Im Mai gezahlt |
1 900,00 € |
|||
62 |
Steuer infolge Wechsels der Besteuerungsform sowie Nachsteuer auf versteuerte Anzahlungen u.Ä. wegen Steuersatzänderung |
65 |
…………. |
Auszug aus der Anleitung zur Umsatzsteuervoranmeldung 2020 – USt 1 E (BMF vom 1.7.2020, BStBl I 2020, 595):
Zeilen 26 bis 28:
Die Umsätze zu den Steuersätzen 16 % und 5 % sowie der darauf entfallende, selbst berechnete Steuerbetrag sind insgesamt in der Zeile 28 der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung bzw. Entgeltvereinnahmung im Jahr 2020 einzutragen. Dies gilt auch für Umsätze, für die eine Anzahlung vor dem 1.7.2020 vereinnahmt wurde.
Berechnung zu Zeile 28: 11 900 € + 46 100 € = 58 000 €; 58 000 € : 116 × 100 = 50 000 €.
Bereits mit 19 % oder 7 % besteuerte Anzahlungen zu nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 ausgeführten Umsätzen sind zu korrigieren, indem in Zeile 26 bzw. 27 der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung im Jahr 2020 eine negative Bemessungsgrundlage berücksichtigt wird. Eine Eintragung in Zeile 62 der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung im Jahr 2020 (als negative Nachsteuer) ist insoweit nicht vorzunehmen.
Werden nach dem 30.6.2020 Entgelte oder Teilentgelte für Leistungen bzw. Teilleistungen vereinnahmt, die der Unternehmer vor dem 1.7.2020 ausgeführt hat, ist die auf diese Beträge entfallende Umsatzsteuer nach den bis zum 30.6.2020 geltenden Umsatzsteuersätzen von 19 % bzw. 7 % zu berechnen.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 3 UStG ist die für die vor dem 1.1.2021 vereinnahmten Entgelte und Teilentgelte geschuldete weitere Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum zu berechnen und zu entrichten, in dem die Leistung bzw. Teilleistung ausgeführt wird. Darüber hinaus wird zur Vereinfachung zugelassen, dass die für die vor dem 1.1.2021 vereinnahmten Teilentgelte geschuldete weitere Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum berechnet und entrichtet wird, in dem das restliche Entgelt vereinnahmt wird. Vereinnahmt der Unternehmer das restliche Entgelt nach dem 31.12.2020 in mehreren Teilbeträgen, kann er die Umsatzsteuer, soweit sie noch auf die vor dem 1.1.2021 vereinnahmten Teilentgelte entfällt, für den Voranmeldungszeitraum berechnen und entrichten, in dem der letzte Teilbetrag vereinnahmt wird (BMF vom 30.6.2020, Rz. 48).
Beispiel 2:
Unternehmer U (Istversteuerer) vereinnahmt eine Anzahlung i.H.v. 11 600 € am 13.12.2020 für einen regelbesteuerten Umsatz, der am 15.1.2021 ausgeführt wird. Die Abrechnung darüber erfolgt mit Ausführung der Leistung am 15.1.2021. Am 20.1.2021 vereinnahmt U den restlichen Betrag von 46 100 €.
Lösung 2:
Maßgeblich ist der ab 1.1.2021 anzuwendende Steuersatz von 19 % (§ 27 Abs. 1 Satz 2 UStG). Die Steuer entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4, Buchst. b UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Dezember, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind. Die Steuer entsteht zunächst i.H.v. 16 % i.H.v. (11 600 € : 116 × 16 =) 1 600 €.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 3 UStG ist die für die vor dem 1.1.2021 vereinnahmten Entgelte und Anzahlungen zu niedrig berechnete USt für den Voranmeldungszeitraum zu berichtigen, in dem die Leistung ausgeführt wird (BMF vom 30.6.2020, Rz. 48).
In der Umsatzsteuer-Voranmeldung (USt 1 A) Januar 2021 sind die maßgeblichen Beträge wie folgt zu berücksichtigen:
Zeile |
Text |
Kz |
Betrag in € |
Steuer |
25 |
Stpfl. Umsätze (Voranmeldung Januar 2021) |
|||
26 |
zum Steuersatz von 19 % |
81 |
48 487 |
9 212,60 € |
27 |
zum Steuersatz von 7 % |
86 |
…………. |
|
28 |
zu anderen Steuersätzen |
35 |
./. 10 000 |
./. 1 600,00 € |
Hinweis: Im Dezember 2020 gezahlt |
1 600,00 € |
|||
62 |
Steuer infolge Wechsels der Besteuerungsform sowie Nachsteuer auf versteuerte Anzahlungen u.Ä. wegen Steuersatzänderung |
65 |
…………. |
Berechnung zu Zeile 26: 11 600 € + 46 100 € = 57 700 €; 57 700 € : 119 × 100 = 48 487 €.
Beispiel 3:
Ein Gastwirt (Istversteuerer) vereinnahmt das Entgelt nach dem 31.12.2020 (am 5.1.2021) für Restaurationsumsätze, die er am 23.12.2020 ausgeführt hatte.
Lösung 3:
Trotz Steuerentstehung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Januar 2021 verbleibt es beim Steuersatz von 5 %. Für den Steuersatz ist der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer unerheblich; entscheidend ist der Zeitpunkt der Ausführung der Leistung (s.a. BMF vom 30.6.2020, Rz. 48).
Beispiel 4:
Ein Gastwirt (Istversteuerer) vereinnahmt das Entgelt nach dem 1.1.2023 (am 5.1.2023) für Restaurationsumsätze, die er am 23.12.2023 ausgeführt hatte.
Lösung 4:
Trotz Steuerentstehung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Januar 2023 verbleibt es beim Steuersatz von 7 %. Für den Steuersatz ist der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer unerheblich; entscheidend ist der Zeitpunkt der Ausführung der Leistung (s.a. BMF vom 30.6.2020, Rz. 48).
Beispiel 5:
Ein Gastwirt (Istversteuerer) vereinnahmt das Entgelt (Steuersatz 7 %) vor dem 1.1.2023 (am 5.12.2022) für Restaurationsumsätze, die er nach dem 31.12.2022 ausführt.
Lösung 5:
Trotz Steuerentstehung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Dezember 2022 unterliegen die Restaurationsumsätze dem Regelsteuersatz von 19 %. Für den Steuersatz ist der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer unerheblich; entscheidend ist der Zeitpunkt der Ausführung der Leistung (s.a. BMF vom 30.6.2020, Rz. 48).
Nach § 27 Abs. 1 Satz 3 UStG ist die für die vor dem 1.1.2023 vereinnahmten Entgelte und Teilentgelte geschuldete weitere USt (11 Prozentpunkte) für den Voranmeldungszeitraum zu berechnen und zu entrichten, in dem die Leistung bzw. Teilleistung ausgeführt wird.
Beispiel 6:
Der Malermeister M (Istbesteuerung nach § 20 UStG) hat mit dem Bauherrn B (kein Unternehmer) am 25.4.2020 einen Werkvertrag über die Durchführung der Malerarbeiten an einem dreigeschossigen Gebäude des B abgeschlossen. Es wurden Abschlagszahlungen i.H.v. jeweils 1 533 € nach Ausmalung der einzelnen Geschosse vereinbart. Es handelt sich dabei nicht um Teilleistungen. Dementsprechend musste B an M lt. Vertrag
am 11.6.2020 |
1 533,00 € |
am 7.7.2020 |
1 533,00 € |
am 2.8.2020 |
1 533,00 € |
bezahlen. Diese Geldbeträge sind M am 28.6., 3.8. und am 10.8.2020 zugeflossen.
Die Malerarbeiten waren mit der Ausmalung des 3. Geschosses am 2.8.2020 beendet. Am 3.9.2020 stellte M dem B folgende Schlussrechnung aus:
Malerarbeiten |
5 112,00 € |
+ 16 % USt |
817,92 € |
insgesamt |
5 929,92 € |
abzgl. bisher geleisteter Vorauszahlungen |
./. 4 599,00 € |
Restzahlung |
1 330,92 € |
Den Restbetrag von 1 330,92 € überwies B am 21.10.2020.
Lösung 6:
Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ist M zur Rechnungsstellung verpflichtet, da es sich um sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück handelt (s.a. Abschn. 14.1 Abs. 3 i.V.m. Abschn. 14.2 Abs. 1 UStAE).
Der am 28.6.2020 dem M zugeflossene Betrag i.H.v. 1 533,00 € ist von M im Voranmeldungszeitraum Juni 2020 zu versteuern. Die USt beträgt (1 533 € : 119 × 19 =) 244,76 €.
Die am 3.8. und 10.8.2020 zugeflossenen Beträge i.H.v. insgesamt 3 066 € sind von M im Voranmeldungszeitraum August 2020 zu versteuern. Die USt beträgt (3 066 € : 116 × 16 =) 422,90 €.
Die Restzahlung i.H.v. 1 330,92 € hat M im Voranmeldungszeitraum Oktober 2020 zu versteuern. Die USt beträgt 1 330,92 € : 116 × 16 =) 183,57 €.
Auf die Beendigung der Malerarbeiten bzw. die Erstellung der Schlussabrechnung kommt es nicht an, da M lt. Sachverhalt der Istbesteuerung unterliegt.
Für den Steuersatz ist der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer unerheblich; entscheidend ist der Zeitpunkt der Ausführung der Leistung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 UStG).
Die zu viel entrichtete USt, die auf die im Voraus vereinnahmten Teilentgelte entfällt, ist grundsätzlich für den Voranmeldungszeitraum zu berichtigen, in dem die Leistung erbracht wird (im Voranmeldungszeitraum August). Eine Berichtigung zugunsten des M kann auch erst in dem Voranmeldungszeitraum durchgeführt werden, in dem das restliche Entgelt vereinnahmt wird.
Zugunsten des M ist die USt um folgenden Betrag zu berichtigen:
USt auf Anzahlung Juni |
244,76 € |
USt auf Anzahlungen im August |
422,90 € |
USt auf Restzahlung |
183,57 € |
insgesamt |
851,23 € |
tatsächlich entstandene USt auf die Gesamtleistung |
./. 817,92 € |
Berichtigung zugunsten des M |
33,31 € |
Erteilt der Unternehmer über Teilentgelte Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis, sind die folgenden Grundsätze zu beachten:
Voraus- und Anzahlungsrechnung erteilt |
Leistung ausgeführt |
Voraus- oder Anzahlungen vereinnahmt |
Steuerliche Behandlung der Voraus- und Anzahlungen |
Fall 1: vor dem 1.7.2020 |
vor dem 1.7.2020 |
vor oder nach dem 30.6.2020 |
Steuersatz von 19 % bzw. 7 %. |
Fall 2: vor dem 1.7.2020 |
nach dem 30.6.2020 |
vor dem 30.6.2020 (Hinweis 2) |
Steuersatz von 19 % bzw. 7 % (BMF vom 30.6.2020, Rz. 8; s.u. Hinweis 1). |
Fall 3: nach dem 1.7.2020 |
nach dem 30.6.2020 |
nach dem 30.6.2020 |
Steuersatz von 16 % bzw. 5 % (BMF vom 4.11.2020, Rz. 1). |
Fall 4: nach dem 1.7.2020 |
nach dem 31.12.2020 |
nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 |
Steuersatz von 16 % bzw. 5 % (BMF vom 30.6.2020, Rz. 51; Hinweis 3). |
Fall 5: vor dem 1.7.2020 |
nach dem 30.6.2020 |
nach dem 30.6.2020 (s.u. Beispiel 12) |
Steuersatz von 16 % bzw. 5 % (Hinweis 4). |
Fall 6: vor dem 1.1.2021 |
nach dem 30.12.2020 |
nach dem 31.12.2020 |
Steuersatz von 19 % bzw. 7 % (Hinweis 5). |
Hinweis 1:
Der Leistungsempfänger ist, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG vorliegen, berechtigt, die in der jeweiligen Rechnung ausgewiesene USt (19 % bzw. 7 %) als Vorsteuer abzuziehen, wenn er die Rechnung erhalten und soweit er die verlangte Zahlung geleistet hat.
Sofern in Fällen von kumulierten Voraus- und Anzahlungsrechnungen in einer bereits gestellten Rechnung die Steuer nach einem zu diesem Zeitpunkt zutreffenden Steuersatz (19 % bzw. 7 %) berechnet worden ist, ist die Berechnung dieser Steuer erst in dem Voranmeldungszeitraum zu berichtigen, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt wird (§ 27 Abs. 1 Satz 3 UStG). Die Steuer kann nicht in einer beliebigen anderen Voraus- oder Anzahlungsrechnung auf den zu diesem Zeitpunkt gültigen Steuersatz geändert werden (BMF vom 4.11.2020, Rz. 3).
Einer Berichtigung des Steuerausweises in diesen (Anzahlungs-) Rechnungen bedarf es nicht, wenn in einer Endrechnung die USt für die gesamte Leistung oder Teilleistung mit den ab 1.7.2020 geltenden Umsatzsteuersätzen von 16 % bzw. 5 % ausgewiesen wird.
Die Umsätze zu den Steuersätzen 16 % und 5 % sowie der darauf entfallende, selbst berechnete Steuerbetrag sind insgesamt in der Zeile 28 der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung im Jahr 2020. Dies gilt auch für Umsätze, für die eine Anzahlung vor dem 1.7.2020 vereinnahmt wurde. Bereits mit 19 % oder 7 % besteuerte Anzahlungen zu nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 ausgeführten Umsätzen sind zu korrigieren, indem in Zeile 26 bzw. 27 der USt-Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung im Jahr 2020 eine negative Bemessungsgrundlage berücksichtigt wird (s. Fall 2). Eine Eintragung in Zeile 62 der USt-Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung im Jahr 2020 (als negative Nachsteuer) ist insoweit nicht vorzunehmen.
Der vorsteuerabzugsberechtigte Leistungsempfänger kann nach Rechnungserhalt und Zahlung des Teilentgelts die Vorsteuer i.H.v. 19 % bzw. 7 % in der Zeile 52 der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den maßgeblichen Voranmeldungszeitraum im Jahr 2020 geltend machen. Im Zeitpunkt der Leistungsausführung sind die Vorsteuerbeträge in der Zeile 52 der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den maßgeblichen Voranmeldungszeitraum im Jahr 2020 durch den Differenzbetrag zwischen dem Steuerausweis laut Schlussrechnung und der bereits geltend gemachten Vorsteuer (ggf. mit Minuszeichen) zu mindern (Fall 2; BMF vom 30.6.2020, Rz. 8).
Hinweis 2:
Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass in Rechnungen, die vor dem 1.7.2020 über die vor diesem Zeitpunkt vereinnahmten Teilentgelte für nach dem 30.6.2020 erbrachte stpfl. Leistungen oder Teilleistungen ausgestellt werden, die USt nach den nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 geltenden Umsatzsteuersätzen von 16 % bzw. 5 % ausgewiesen wird. Die ausgewiesene USt wird vom Unternehmer geschuldet. Der Leistungsempfänger kann den angegebenen Umsatzsteuerbetrag unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG als Vorsteuer abziehen, nachdem die Rechnung vorliegt und soweit der Rechnungsbetrag gezahlt worden ist. Eine Berichtigung der Berechnung der vor dem 1.7.2020 entstandenen USt (§ 27 Abs. 1 Satz 3 UStG) scheidet in diesen Fällen aus. Ebenso wird es bei Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG nicht beanstandet, wenn eine vor dem 1.7.2020 vereinnahmte Abschlagszahlung für eine nach dem 30.6.2020 ausgeführte Leistung den Umsatzsteuersätzen von 16 % bzw. 5 % unterworfen wird.
Hinweis 3:
Soweit feststeht, dass die jeweilige Leistung erst nach dem 31.12.2020 erbracht wird (Fall 4), wird es aber nicht beanstandet, wenn bereits der dann gültige Steuersatz von 19 % bzw. 7 % angewandt wird. Der Empfänger einer solchen Rechnung kann unter den übrigen Voraussetzungen den ausgewiesenen Steuerbetrag als Vorsteuer geltend machen (BMF vom 4.11.2020, LEXinform 7012491, Rz. 1; Rz. 9 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 ist entsprechend anzuwenden).
Hinweis 4:
Wenn in einer Voraus- oder Anzahlungsrechnung vor dem 1.7.2020 die Steuer nach dem Steuersatz von 19 % bzw. 7 % berechnet, das Entgelt jedoch erst nach dem 30.6.2020 vereinnahmt worden ist (Fall 5), schuldet der Leistende die Mehrsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG. Der Leistungsempfänger ist insoweit – vorbehaltlich der Nichtbeanstandungsregelung in Rz. 46 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da es sich um keine gesetzlich geschuldete Steuer handelt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG).
Hinweis 5:
Voraus- oder Anzahlungsrechnungen, die vor dem 1.1.2021 gestellt werden und für die das Entgelt nach dem 31.12.2020 vereinnahmt wird (Fall 6), sind mit einem Steuersatz von 19 % bzw. 7 % zu versteuern, auch wenn die Rechnung einen geringeren Steuersatz ausweist. Der Vorsteuerabzug steht dem Leistungsempfänger unter den übrigen Voraussetzungen nur in Höhe der ausgewiesenen Steuer zu.
Beispiel 7:
Unternehmer U (Sollversteuerer; → Sollversteuerung) errichtet für Unternehmer X eine Lagerhalle. Die Abnahme der Werklieferung erfolgt am 10.10.2020. Teilleistungen liegen nicht vor. Über die von X erhaltenen Abschlagszahlungen hat U jeweils ordnungsgemäße Rechnungen erteilt. Nach § 14 Abs. 5 Satz 2 UStG (Abschn. 14.8.Abs. 7 Satz 1 UStAE) erteilt U dem X folgende Endrechnung:
Summe |
Preis |
Entgelt |
Umsatzsteuer |
|
jeweils in € |
||||
6 960 000 |
6 000 000 |
16 % = 960 000 |
||
abzgl. Abschlagszahlungen |
||||
5.3.2020 |
1 190 000 |
1 000 000 |
19 % = 190 000 |
|
2.4.2020 |
1 190 000 |
1 000 000 |
19 % = 190 000 |
|
4.6.2020 |
1 190 000 |
1 000 000 |
19 % = 190 000 |
|
3.9.2020 |
2 320 000 |
5 890 000 |
2 000 000 |
16 % = 320 000 |
Verbleibende Restzahlung |
1 070 000 |
1 000 000 |
70 000 |
Lösung 7:
Einer Berichtigung des Steuerausweises in den Rechnungen bedarf es nicht, wenn in einer Endrechnung die USt für die gesamte Leistung nach dem ab 1.7.2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 16 % ausgewiesen wird. Der Vorsteuerabzug kann insoweit vom Leistungsempfänger X i.H.v. noch 70 000 € beansprucht werden, sobald die Leistung ausgeführt ist und die Endrechnung vorliegt (BMF vom 30.6.2020, Rz. 8).
Beachte:
Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass in Rechnungen, die vor dem 1.7.2020 über die vor diesem Zeitpunkt vereinnahmten Teilentgelte für nach dem 30.6.2020 erbrachte steuerpflichtige Leistungen oder Teilleistungen ausgestellt werden, die USt nach dem ab 1.7.2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 16 % ausgewiesen wird. Die ausgewiesene USt wird vom Unternehmer geschuldet. Der Leistungsempfänger kann den angegebenen Umsatzsteuerbetrag unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG als Vorsteuer abziehen, nachdem die Rechnung vorliegt und soweit der Rechnungsbetrag gezahlt worden ist. Eine Berichtigung der Berechnung der vor dem 1.7.2020 entstandenen USt (§ 27 Abs. 1 Satz 3 UStG) scheidet in diesen Fällen aus (BMF vom 30.6.2020, Rz. 9).
Ebenso wird es bei Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG nicht beanstandet, wenn eine vor dem 1.7.2020 vereinnahmte Abschlagszahlung für eine nach dem 30.6.2020 ausgeführte Leistung dem Steuersatz von 16 % bzw. 5 % unterworfen wird (BMF vom 30.6.2020, Rz. 9).
Hinweis zur Erstellung der Umsatzsteuer-Voranmeldung 2020 (Vordruckmuster USt 1 A) sowie der Jahreserklärung (USt 2 A):
Die Bemessungsgrundlage zu den Umsätzen und innergemeinschaftlichen Erwerben zu 16 % und 5 % sowie der dazugehörige Steuerbetrag sind in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung im Jahr 2020 (Vordruckmuster USt 1 A) und in der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2020 (Vordruckmuster USt 2 A) gesammelt in den Kennzahlen für Umsätze zu anderen Steuersätzen einzutragen (Zeilen 28 und 35 der Umsatzsteuer-Voranmeldung bzw. Zeilen 45, 84 und 96 der Umsatzsteuererklärung). Eine Differenzierung zwischen Umsätzen zum allgemeinen Steuersatz und Umsätzen zum ermäßigten Steuersatz ist bei der Eintragung nicht vorzunehmen (BMF vom 30.6.2020, Rz. 4).
Auf Grund der Steuersatzänderungen hat das BMF mit Schreiben vom 1.7.2020 die Erläuterungen in dem Vordruckmuster USt 1 E (BStBl I 2020, 595; Anleitung zur Umsatzsteuer-Voranmeldung 2020) und USt 2 E (BStBl I 2020, 600; Anleitung zur Umsatzsteuererklärung 2020) angepasst.
Beispiel 8:
Privatmann P bestellt am 15.7.2020 einen Pkw für 80 000 € zzgl. USt. Die Auslieferung des Pkw soll im Dezember 2020 erfolgen. P leistet im Juli 2020 eine Anzahlung von 40 000 € zzgl. 16 % USt i.H.v. 6 400 €, insgesamt somit 46 400 €. Die Lieferung des Pkw erfolgt tatsächlich erst am 15.2.2021.
Lösung 8:
Da die Lieferung des Pkw erst im Januar 2021 ausgeführt wurde, unterliegt die Lieferung nun wieder dem Regelsteuersatz von 19 %. Die Anzahlung ist im Voranmeldungszeitraum Februar 2021 entsprechend nachzuversteuern (BMF vom 30.6.2020, Rz. 51).
Lieferung Pkw am 15.2.2021 |
Nettoverkaufspreis |
80 000 € |
USt 19 % |
15 200 € |
|
erhaltene Anzahlung im Juli 2020 |
40 000 € |
USt 16 % |
6 400 € |
||
zzgl. Nachversteuerung |
USt 3 % |
1 200 € |
|||
Restzahlung |
40 000 € |
USt 19 % |
7 600 € |
||
Summe |
80 000 € |
15 200 € |
Wird der Steuerausweis in den Rechnungen, die über die vor dem 1.1.2021 vereinnahmten Teilentgelte ausgestellt worden sind, nach dem 31.12.2020 wegen der Anhebung der Umsatzsteuersätze berichtigt, sind die Berichtigungen der für die Teilentgelte geschuldeten Umsatzsteuer und ggf. des Vorsteuerabzugs für den Voranmeldungszeitraum vorzunehmen, in dem der Unternehmer den Steuerausweis berichtigt (BMF vom 30.6.2020, Rz. 51).
Teilleistungen sind wirtschaftlich abgrenzbare Teile einheitlicher Leistungen (z.B. Werklieferungen und Werkleistungen), für die das Entgelt gesondert vereinbart wird und die demnach statt der einheitlichen Gesamtleistung geschuldet werden (s.a. Abschn. 13.4 UStAE). Auf Teilleistungen, die vor dem 1.7.2020 erbracht werden, sind die bis zum 30.6.2020 geltenden Umsatzsteuersätze von 19 % bzw. 7 % anzuwenden. Nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 ausgeführte Teilleistungen sind den befristet geltenden Umsatzsteuersätzen von 16 % bzw. 5 % zu unterwerfen (BMF vom 30.6.2020, Rz. 21 und 22).
Leistungszeitpunkt |
Steuersatz |
Erläuterungen |
Teilleistungen a) vor dem 1.7.2020 |
Auf Teilleistungen, die vor dem 1.7.2020 erbracht werden, sind die bis zum 30.6.2020 geltenden Umsatzsteuersätze von 19 % bzw. 7 % anzuwenden. |
S.a. unten den Gliederungspunkt »Bauleistungen«. |
b. nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 |
Später ausgeführte Teilleistungen sind den befristeten Umsatzsteuersätzen von 16 % bzw. 5 % zu unterwerfen. |
Vor dem 1.7.2020 erbrachte Teilleistungen werden anerkannt, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (BMF vom 30.6.2020, Rz. 20 f.):
|
c. nach dem 1.1.2021 |
Auf Teilleistungen, die nach dem 31.12.2020 erbracht werden, sind die Umsatzsteuersätze von 19 % bzw. 7 % anzuwenden. |
BMF vom 30.6.2020, Rz. 47. |
Bei den Dauerleistungen kann es sich sowohl um sonstige Leistungen (z.B. Vermietungen, Leasing, Wartungen, Überwachungen, laufende Finanz- und Lohnbuchführung) als auch um die Gesamtheit mehrerer Lieferungen (z.B. von Baumaterial) handeln. Für Dauerleistungen werden unterschiedliche Zeiträume (z.B. ½ Jahr, 1 Jahr, 1 Kj., 5 Jahre) oder keine zeitliche Begrenzung vereinbart (BMF vom 30.6.2020, Rz. 23 und 24). S.a. den nachfolgenden Gliederungspunkt »Wiederkehrende Leistungen«.
Leistungszeitpunkt |
Steuersatz |
Erläuterungen |
Dauerleistungen a) vor dem 1.7.2020 |
Auf Dauerleistungen, die vor dem 1.7.2020 erbracht werden, sind die bis zum 30.6.2020 geltenden Umsatzsteuersätze von 19 % bzw. 7 % anzuwenden. |
Dauerleistungen werden ausgeführt:
|
b. nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 |
Später ausgeführte Dauerleistungen sind den befristeten Umsatzsteuersätzen von 16 % bzw. 5 % zu unterwerfen. |
|
c. Dauerleistung von z.B. einem Jahr wird für kürzere Zeitabschnitte abgerechnet (z.B. Vierteljahr) |
Die Anwendung des zutreffenden Umsatzsteuersatzes richtet sich nach dem Zeitpunkt der Ausführung der jeweiligen Teilleistung. |
Wird eine Dauerleistung nicht insgesamt für den vereinbarten Leistungszeitraum, sondern für kürzere Zeitabschnitte (z. B. Vierteljahr, Kalendermonat) abgerechnet, liegen insoweit Teilleistungen i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG vor. |
Telekommunikationsleistungen (z.B. Telefondienstleistungen) sind den Dauerleistungen zuzurechnen, sofern sie auf Verträgen beruhen, die auf unbestimmte Zeit oder für eine Mindestzeit (meist zwischen sechs und 24 Monaten) abgeschlossen werden und periodische Abrechnungszeiträume vorsehen. In diesen Fällen sind Teilleistungen anzuerkennen (s.o.), die am Ende des vereinbarten Abrechnungszeitraums als erbracht gelten. Fällt der 1.7.2020 in den vereinbarten Abrechnungszeitraum, ist es auch nicht zu beanstanden, wenn einmalig ein zusätzlicher Abrechnungszeitraum eingerichtet wird, der am 30.6.2020 endet. |
Achtung: Telekommunikationsleistungen sind den Dauerleistungen zuzurechnen. Teilleistungen sind anzuerkennen (BMF vom 30.6.2020, Rz. 34 i.V.m. Rz. 25) |
|
Achtung: Stichtagsübergreifende Fahrausweise (z.B. Jahreskarten im Schienenbahnverkehr) stellen keine Dauerleistungen dar. Der Steuersatz richtet sich abweichend vom Leistungszeitpunkt nach dem Steuersatz, der bei beim Kauf der Jahreskarte gültig ist (BMF vom 21.1.2020, BStBl I 2020, 197, Rz. 9 und 10; s.u. den Gliederungspunkt »Besteuerung von Personenbeförderungen«). |
Beispiel 9:
Unternehmer U (Sollversteuerer) vermietet ab 1.1.2016 für die Dauer von fünf Jahren an Unternehmer X eine Lagerhalle. Der Leistungszeitraum endet vereinbarungsgemäß am 31.12.2020. U hat ordnungsgemäß nach § 9 Abs. 1 und 2 UStG auf die Steuerbefreiung des Vermietungsumsatzes verzichtet.
X entrichtet im Kj. 2016 die gesamte Miete i.H.v. 60 000 € und erhält dafür eine ordnungsgemäße Rechnung mit gesondert ausgewiesener USt von 19 % i.H.v. 11 400 €.
Die Vermietungsleistung wird jeweils für den Kalendermonat abgerechnet. X zahlt monatlich lt. Mietvertrag 1 000 € zzgl. 19 % USt i.H.v. 190 €. Der Mietvertrag ist als ordnungsgemäße Rechnung anzusehen (Abschn. 14.1 Abs. 2 UStAE).
S.a. Beispiel 10.
Lösung 9:
Die Vermietungsleistung (Dauerleistung) wird am 31.12.2020 ausgeführt (Abschn. 13.1 Abs. 3 UStAE). Das ist der Tag, an dem der vereinbarte Leistungszeitraum endet. Da die Dauerleistung zwischen dem 1.7.2020 und dem 31.12.2020 erbracht wird, unterlegt sie dem Umsatzsteuersatz von 16 %.
Verträge über Dauerleistungen, die als Rechnung anzusehen sind (Abschn. 14.1 Abs. 2 UStAE), sind an den zwischen dem 1.7.2020 und 31.12.2020 geltenden Umsatzsteuersatz anzupassen. Auf die Regelung des § 31 Abs. 1 UStDV wird hingewiesen (s.a. Abschn. 14.11 UStAE). Ein in Folge der Absenkung des Umsatzsteuersatzes geänderter Vertrag muss für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG alle nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Pflichtangaben enthalten (BMF vom 30.6.2020, Rz. 24).
In dem Vertrag ist die bisher ausgewiesene USt i.H.v. 19 % von 60 000 € zu korrigieren auf 16 % von 60 000 € = 9 600 €. U erstattet dem X den Differenzbetrag von 1 800 €. X hat entsprechend den bereits vorgenommenen Vorsteuerabzug zu korrigieren (→ Vorsteuerabzug).
Die Dauerleistung wird nicht insgesamt für den vereinbarten Leistungszeitraum, sondern für den Kalendermonat abgerechnet; es liegen insoweit Teilleistungen i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG vor. Die Anwendung des zutreffenden Umsatzsteuersatzes richtet sich nach dem Zeitpunkt der Ausführung der jeweiligen Teilleistung. Die Teilleistungen Juli bis Dezember 2020 unterliegen dem Steuersatz von 16 % (BMF vom 30.6.2020, Rz. 25).
Verträge über Dauerleistungen, die als Rechnung anzusehen sind (Abschn. 14.1 Abs. 2 UStAE), sind an den zwischen dem 1.7.2020 und 31.12.2020 geltenden Umsatzsteuersatz anzupassen. Auf die Regelung des § 31 Abs. 1 UStDV wird hingewiesen (s.a. Abschn. 14.11 UStAE). Ein in Folge der Absenkung des Umsatzsteuersatzes geänderter Vertrag muss für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG alle nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Pflichtangaben enthalten.
In dem Vertrag ist die bisher monatlich ausgewiesene USt i.H.v. 19 % von 1 000 € zu korrigieren auf 16 % von 1 000 € = 160 €.
Zu den Leistungen der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken gehören auch die damit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden üblichen Nebenleistungen (Abschn. 4.12.1 Abs. 5 UStAE). Dies sind Leistungen, die im Vergleich zur Grundstücksvermietung bzw. -verpachtung nebensächlich sind, mit ihr eng zusammenhängen und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommen. Als Nebenleistungen sind i.d.R. die Lieferung von Wärme, die Versorgung mit Wasser, auch mit Warmwasser, die Überlassung von Waschmaschinen, die Flur- und Treppenreinigung, die Treppenbeleuchtung sowie die Lieferung von Strom durch den Vermieter anzusehen.
Bei der stpfl. Vermietung von Grundstücken stellt sich das Problem, wie die jährlich abgerechneten Nebenleistungen auf die jeweilige monatliche Hauptleistung zu verteilen sind. Nach Rz. 24 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I 2020, 584) richtet sich bei der Abrechnung von Nebenleistungen, für die ein anderer Abrechnungszeitraum als für die Hauptleistung vereinbart ist, die Anwendung des zutreffenden Umsatzsteuersatzes nach dem Zeitpunkt der Ausführung der jeweiligen Hauptleistung (z.B. monatlicher Zins für eine stpfl. Vermietung mit monatlichem Abschlag für die Nebenleistungen und jährlicher Abrechnung der Nebenleistungen).
In Rz. 15 des BMF-Schreibens vom 4.11.2020 (BStBl I 2020, 1129) nimmt das BMF zu Sonder- und Ausgleichszahlungen bei Miet- oder Leasingverträgen Stellung. Das BMF bestätigt die in Abschn. 4.12.1 Abs. 5 UStAE dargelegten Rechtsgrundsätze, wonach bei Sonderzahlungen, die einer Nebenleistung zuzurechnen sind, sich die Anwendung des zutreffenden Umsatzsteuersatzes nach dem Zeitpunkt der Ausführung der jeweiligen Hauptleistung richtet. Sofern die Hauptleistung in Zeiträumen vor dem 1.7.2020 und Zeiträumen nach dem 30.6.2020 oder in Zeiträumen nach dem 31.12.2020 und Zeiträumen vor dem 1.1.2021 erbracht wird, ist die Sonder- und Ausgleichszahlung grundsätzlich zeitanteilig der jeweiligen Hauptleistung zuzuordnen. Andere sachgerechte Aufteilungsmethoden sind zulässig.
Beispiel 10:
Unternehmer U (Sollversteuerer) vermietet ab 1.1.2017 für die Dauer von fünf Jahren an Unternehmer X eine Lagerhalle. Der Leistungszeitraum endet vereinbarungsgemäß am 31.12.2021. U hat ordnungsgemäß nach § 9 Abs. 1 und 2 UStG auf die Steuerbefreiung des Vermietungsumsatzes verzichtet.
Die Vermietungsleistung wird jeweils für den Kalendermonat abgerechnet. X zahlt monatlich lt. Mietvertrag 1 000 € zzgl. 19 % USt i.H.v. 190 €. Der Mietvertrag ist als ordnungsgemäße Rechnung anzusehen (Abschn. 14.1 Abs. 2 UStAE).
Zusätzlich zahlt X vereinbarungsgemäß monatliche Abschlagszahlungen für Betriebskosten i.H.v. 300 € zzgl. 19 % USt i.H.v. 57 €. Aus den Abrechnungen über die Betriebskosten ergibt sich am jeweiligen Jahresende ein Gesamtaufwand an Betriebskosten i.H.v. 4 000 € netto für den Abrechnungszeitraum 1.1. bis 31.12.; nach Abzug der Vorauszahlungen von netto 3 600 € eine Nachzahlung von netto 400 €.
Lösung 10:
Die Dauerleistung wird nicht insgesamt für den vereinbarten Leistungszeitraum, sondern für den Kalendermonat abgerechnet; es liegen insoweit Teilleistungen i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG vor. Die Anwendung des zutreffenden Umsatzsteuersatzes richtet sich nach dem Zeitpunkt der Ausführung der jeweiligen Teilleistung. Die Teilleistungen Juli bis Dezember 2020 unterliegen dem Steuersatz von 16 % (BMF vom 30.6.2020, Rz. 25).
Verträge über Dauerleistungen, die als Rechnung anzusehen sind (Abschn. 14.1 Abs. 2 UStAE), sind an den zwischen dem 1.7.2020 und 31.12.2020 geltenden Umsatzsteuersatz anzupassen. Auf die Regelung des § 31 Abs. 1 UStDV wird hingewiesen (s.a. Abschn. 14.11 UStAE). Ein in Folge der Absenkung des Umsatzsteuersatzes geänderter Vertrag muss für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG alle nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Pflichtangaben enthalten.
In dem Vertrag ist die bisher monatlich ausgewiesene USt i.H.v. 19 % von 1 000 € zu korrigieren auf 16 % von 1 000 € = 160 €.
Die Nebenleistungen sind grds. zeitanteilig der jeweiligen Hauptleistung zuzuordnen. In den Kj. 2017 bis 2019 ist dies unproblematisch. Die Nebenleistungen von 4 000 € entfallen anteilig auf jeden Kalendermonat und unterliegen einem Steuersatz von 19 %. Nach einer ordnungsgemäßen Abrechnung kann der Mieter X (4 000 × 19 % =) 760 € Vorsteuer geltend machen.
Im Kj. 2020 entfallen die Nebenleistungen i.H.v. 3 600 € sowie die Nachzahlung i.H.v. 400 € zeitanteilig jeweils zur Hälfte auf das 1. und 2. Halbjahr.
1. Halbjahr: 2 000 € zzgl. 19 % USt |
380 € |
2 380 € |
2. Halbjahr: 2 000 € zzgl. 16 % USt |
320 € |
2 320 € |
Bruttoabrechnung |
700 € |
4 700 € |
Geleistete Vorauszahlungen |
||
1. Halbjahr: 1 800 € zzgl. 19 % USt |
./. 342 € |
./. 2 142 € |
2. Halbjahr: 1 800 € zzgl. 16 % USt |
./. 288 € |
./. 2 088 € |
Nachzahlung brutto |
70 € |
470 € |
Im Kj. 2021 entfallen die Nebenleistungen von 4 000 € anteilig auf jeden Kalendermonat und unterliegen einem Steuersatz von 19 %.
Von dem Begriff der Dauerleistung i.S.d. Rz. 23 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I 2020, 584) werden wiederkehrende Leistungen nicht erfasst, die zeitpunktbezogen in regelmäßigen Abständen einmal oder mehrfach jährlich erbracht werden. Diese Leistungen werden am Tag jeder einzelnen Leistungserbringung ausgeführt.
Beispiel 11:
Eine als »jährlicher Wartungsvertrag« bezeichnete Vereinbarung hat folgenden Inhalt: Der Anbieter verpflichtet sich, die Anlage einmal jährlich zu überprüfen. Bei der Überprüfung wird die Funktionstüchtigkeit überprüft und ein Überprüfungsprotokoll erstellt; für Leistungen, die über die Kontrollarbeiten hinausgehen erhält der Kunde ein gesondertes Angebot; der Preis beträgt jährlich xy €. Die Zahlung wird zehn Tage nach Erhalt der Rechnung fällig; diese Vereinbarung ist bis drei Monate vor Ablauf des Kalenderjahres kündbar.
Lösung 11:
S.a. das Beispiel in Rz. 21 des BMF-Schreibens vom 4.11.2020 (BStBl I 2020, 1129).
Es handelt sich nicht um eine Dauerleistung, da keine durchgehende Leistungsbereitschaft bzw. -erbringung geschuldet wird, sondern um eine zeitpunktbezogen zu erbringende Tätigkeit, die lediglich zivilrechtlich in ein Dauerschuldverhältnis gekleidet ist. Der Steuersatz richtet sich nach dem Tag der Leistungserbringung.
Im Zuge der Steuersatzermäßigung kommt der Angabe des Leistungszeitpunktes in der Rechnung (§ 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG) besondere Bedeutung zu. Insofern darf sich kein Widerspruch zur Steuersatzhöhe ergeben. Zu beachten sind hierbei die verschiedenen Varianten der Bestimmung des Leistungszeitpunkts (§ 31 Abs. 4 UStDV; → Rechnung, → Vorsteuerabzug).
Tipp:
Hat der leistende Unternehmer für eine nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.8.2020 an einen anderen Unternehmer erbrachte Leistung in der Rechnung den vor dem 1.7.2020 geltenden Steuersatz (19 % anstelle von 16 % bzw. 7 % anstelle von 5 %) ausgewiesen und diesen Steuerbetrag abgeführt, wird es aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn der Unternehmer in den Rechnungen den Umsatzsteuerausweis nicht berichtigt.
Einem zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger wird aus Gründen der Praktikabilität aus derartigen i.S.v. § 14c Abs. 1 UStG unrichtigen Rechnungen auch für die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.8.2020 seitens eines Unternehmers erbrachte Leistung ein Vorsteuerabzug auf Grundlage des ausgewiesenen Steuersatzes gewährt.
Für Umsätze, für die der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG schuldet, gilt dies entsprechend für die vom Leistungsempfänger berechnete Steuer (BMF vom 30.6.2020, Rz. 46).
Beispiel 12:
Unternehmer U (Sollversteuerer) hat am 26.6.2020 eine Vorausrechnung an Unternehmer X über 1 000 € zzgl. 19 % USt i.H.v. 190 € erteilt. Das Entgelt i.H.v. 1 190 € hat U am 5.7.2020 vereinnahmt. Nach der Angabe in der Rechnung (§ 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG) wird die Leistung am 7.7.2020 ausgeführt.
Lösung 12:
Der Unternehmer, der über stpfl. Leistungen oder Teilleistungen, die er nach dem 30.6.2020 ausführt, vor dem 1.7.2020 Vorausrechnungen erteilt, das Entgelt dafür aber nach dem 30.6.2020 vereinnahmt, ist nach § 14 Abs. 2 und 4 UStG berechtigt und ggf. verpflichtet, darin die USt nach den ab 1.7.2020 geltenden Umsatzsteuersätzen von 16 % anzugeben (BMF vom 30.6.2020, Rz. 10). Die USt aus der Vorausrechnung (keine Voraus- bzw. Anzahlung) entsteht bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung erbracht wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG). Die USt entsteht in der gesetzlichen Höhe (16 %; s.a. Abschn. 13.1 Abs. 1 UStAE), nämlich i.H.v. 1 190 € : 116 × 16 = 164,14 €.
Da U in der Rechnung vom 26.6.2020 einen höheren Steuerbetrag ausweist, als er nach dem UStG schuldet (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag (§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG; Abschn. 14c.1 Abs. 1 Satz 1 UStAE; Rz. 2 des BMF-Schreibens vom 4.11.2020, BStBl I 2020, 1129). U schuldet nach § 14c Abs. 1 UStG:
Ausgewiesener Steuerbetrag |
190,00 € |
Entstandener Steuerbetrag nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG |
./. 164,14 € |
Mehrbetrag nach § 14c Abs. 1 UStG |
25,86 € |
Der Leistungsempfänger kann, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG vorliegen, die gesetzlich geschuldete USt (164,14 €) für den Voranmeldungszeitraum als Vorsteuer abziehen, in dem die Leistung oder Teilleistung an ihn ausgeführt wird (s.a. BMF vom 4.11.2020, Rz. 2).
Da der leistende Unternehmer U für eine nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.8.2020 an einen anderen Unternehmer erbrachte Leistung in der Rechnung den vor dem 1.7.2020 geltenden Steuersatz (19 % anstelle von 16 %) ausgewiesen und diesen Steuerbetrag auch abgeführt hat, wird es aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn der Unternehmer in den Rechnungen den Umsatzsteuerausweis nicht berichtigt.
Einem zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger wird aus Gründen der Praktikabilität aus derartigen i.S.v. § 14c Abs. 1 UStG unrichtigen Rechnungen auch für die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.8.2020 seitens eines Unternehmers erbrachte Leistung ein Vorsteuerabzug auf Grundlage des ausgewiesenen Steuersatzes gewährt.
Beispiel 13:
Unternehmer U (Sollversteuerer) hat am 26.12.2020 eine Vorausrechnung an Unternehmer X über 1 000 € zzgl. 16 % USt i.H.v. 160 € erteilt. Das Entgelt i.H.v. 1 160 € hat U am 5.1.2021 vereinnahmt. Nach der Angabe in der Rechnung (§ 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG) wird die Leistung am 7.1.2021 ausgeführt.
Lösung 13:
Der Unternehmer, der über stpfl. Leistungen oder Teilleistungen, die er nach dem 30.12.2020 ausführt, vor dem 1.1.2021 Vorausrechnungen erteilt, das Entgelt dafür aber nach dem 30.12.2020 vereinnahmt, ist nach § 14 Abs. 2 und 4 UStG berechtigt und ggf. verpflichtet, darin die USt nach den ab 1.1.2021 geltenden Umsatzsteuersätzen von 19 % anzugeben (BMF vom 30.6.2020, Rz. 10 und 52). Die USt aus der Vorausrechnung (keine Voraus- bzw. Anzahlung) entsteht bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung erbracht wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG). Die USt entsteht in der gesetzlichen Höhe (19 %; s.a. Abschn. 13.1 Abs. 1 UStAE), nämlich i.H.v. 1 160 € : 119 × 19 = 185,21 €.
Da U in der Rechnung vom 26.12.2020 einen geringeren Steuerbetrag ausweist, als er nach dem UStG schuldet (unrichtiger Steuerausweis), schuldet U die gesetzlich vorgeschriebene Steuer (Abschn. 14c.1 Abs. 9 UStAE; Rz. 2 des BMF-Schreibens vom 4.11.2020, BStBl I 2020, 1129). U hat in diesem Fall die Steuer unter Zugrundelegung des maßgeblichen Steuersatzes aus dem Gesamtrechnungsbetrag herauszurechnen:
Nettobetrag |
1 000,00 € |
+ 16 % USt |
160,00 € |
Gesamtrechnungsbetrag |
1 160,00 € |
Herausrechnung der Steuer mit 19/119 |
./. 185,21 € |
Entgelt |
974,79 € |
Vom Unternehmer gesetzlich geschuldete Steuer: 19 % von 974,79 € = |
185,21 € |
Der Leistungsempfänger darf als Vorsteuer nur den in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag i.H.v. 160,00 € abziehen. Es bleibt dem leistenden Unternehmer unbenommen, den zu niedrig ausgewiesenen Steuerbetrag zu berichtigen (Beispiel zu Abschn. 14c.1 Abs. 9 UStAE; BMF vom 4.11.2020, Rz. 2).
Die Unternehmer sind nicht verpflichtet, bei der Abrechnung der vor dem 1.7.2020 vereinbarten Leistungen die Preise entsprechend der zwischen dem 1.7.2020 und 31.12.2020 befristet eingetretenen umsatzsteuerlichen Minderbelastung zu senken. Es handelt sich dabei vielmehr um eine besondere zivilrechtliche Frage, deren Beantwortung von der jeweiligen Vertrags- und Rechtslage abhängt (Abschn. 19.1 Abs. 2 UStAE; BMF vom 30.6.2020, Rz. 13).
Anpassung langfristiger Verträge |
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Ein Ausgleichsanspruch entsteht nach § 29 Abs. 1 Satz 2 UStG nicht, soweit die Vertragspartner etwas anderes vereinbart haben. Der Ausschluss eines Ausgleichsanspruchs kann ausdrücklich vereinbart werden. |
Vertragliche Regelung (§ 29 Abs. 1 Satz 2 UStG) |
Der Ausschluss eines Ausgleichsanspruchs kann sich auch aus einer allgemeinen vertraglichen Vereinbarung, z.B. durch die Vereinbarung eines Festpreises, ergeben (z.B. Festpreis brutto 3 000 €). |
Vereinbarung eines Festpreises (Abschn. 29.1 Abs. 3 Satz 3 UStAE) |
Für bestimmte Leistungsbereiche sind Entgelte (Vergütungen, Gebühren, Honorare usw.) vorgeschrieben, die entsprechend dem umsatzsteuerrechtlichen Entgeltsbegriff die USt für die Leistungen nicht einschließen. Derartige Entgeltsregelungen enthalten insbesondere das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), die Steuerberatergebührenverordnung (StBGebV), die Kostenordnung für Notare (KostO) und die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Soweit die Unternehmer in diesen Fällen berechtigt sind, die für die jeweilige Leistung geschuldete USt zusätzlich zu dem vorgeschriebenen Entgelt zu berechnen, haben sie für ihre nach dem 30.6.2020 ausgeführten Leistungen ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung die USt nach dem zwischen dem 1.7.2020 und 31.12.2020 geltenden Umsatzsteuersatz von 16 % dem Entgelt hinzurechnen (BMF vom 30.6.2020, Rz. 14). |
Entgelte durch Gesetz oder Verordnung vorgeschrieben (Abschn. 29.1 Abs. 5 UStAE) |
Unter folgenden Voraussetzungen kann ein Ausgleich verlangt werden:
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Ansprüche auf Ausgleich der umsatzsteuerrechtlichen Minderbelastung (§ 29 Abs. 2 UStG) Vertrag muss vor dem 1.3.2020 geschlossen worden sein. |
Tritt nach dem 30.6.2020 eine Minderung oder Erhöhung der Bemessungsgrundlage für einen vor dem 1.7.2020 ausgeführten steuerpflichtigen Umsatz ein (z.B. durch Skonto, Rabatt oder einen sonstigen Preisnachlass oder durch Nachberechnung), hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Dabei ist der bis zum 30.6.2020 geltende Umsatzsteuersatz von 19 bzw. 7 % anzuwenden. Das Gleiche gilt für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs (→ Änderung der Bemessungsgrundlage; BMF vom 30.6.2020, Rz. 27). Beachte auch Abschn. 22.6 Abs. 20 und 21 UStAE.
Änderungen der Bemessungsgrundlagen Jahresboni, Jahresrückvergütungen u.Ä. |
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Die Anhebung des allgemeinen Umsatzsteuersatzes zum 1.7.2020 ist bei der Berichtigung der Steuer- und Vorsteuerbeträge nach § 17 Abs. 1 UStG ebenfalls zu berücksichtigen, wenn die Entgelte für die in einem Jahreszeitraum ausgeführten Leistungen gemeinsam (z.B. durch Jahresrückvergütungen, Jahresboni, Treuerabatte und dergleichen) gemindert werden und dieser Jahreszeitraum vor dem 1.7.2020 begonnen hat und nach dem 30.6.2020 endet (z.B. vom 1.1.2020 bis 31.12.2020). Soweit die gemeinsamen Entgeltminderungen für die bis zum 30.6.2020 ausgeführten Umsätze gewährt werden, sind folglich bei der Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG die Umsatzsteuersätze von 19 % bzw. 7 % zugrunde zu legen. Auf den Anteil der gemeinsamen Entgeltminderungen, der auf die Umsätze nach dem 30.6.2020 (z.B. vom 1.7. bis zum 31.12.2020) entfällt, sind auch für die Steuer- und Vorsteuerberichtigung die Umsatzsteuersätze von 16 % bzw. 5 % anzuwenden. Der Unternehmer hat nach § 17 Abs. 4 UStG den betreffenden Leistungsempfängern einen Beleg zu erteilen, aus dem hervorgeht, wie sich die gemeinsamen Entgeltminderungen auf die Umsätze in den beiden Zeiträumen entsprechend den anzuwendenden Steuersätzen verteilen. |
Berichtigung nach dem jeweils geltenden Umsatzsteuersatz des zugrundeliegenden steuerpflichtigen Umsatzes (BMF vom 30.6.2020, Rz. 32 und 33). Belegerteilung an den betreffenden Leistungsempfänger Vereinfachungsregelung bei der Aufteilung nach Rz. 32 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I 2020, 584) |
In Fällen, in denen ein Unternehmer sowohl mit dem allgemeinen als auch mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuernde Umsätze ausführt (19 % und 16 % sowie 7 % und 5 %), ist es nicht zu beanstanden, wenn der Unternehmer für die Steuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG das Verhältnis der mit dem allgemeinen zu den mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernden Umsätzen zugrunde legt und hierbei für das gesamte Kj. von einem Steuersatz von jeweils 19 % bzw. 7 % ausgeht. |
Vereinfachungsregelung bei der Aufteilung nach Rz. 8 des BMF-Schreibens vom 4.11.2020 (BStBl I 2020, 1129) |
Es ist außerdem nicht zu beanstanden, wenn ein Unternehmer von einer Aufteilung der gemeinsamen Entgeltminderungen absieht und der Steuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG ausnahmslos den allgemeinen Steuersatz von 19 Prozent zugrunde legt. Der Leistungsempfänger muss dann bei der Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG entsprechend verfahren. |
Vereinfachungsregelung bei der Aufteilung nach Rz. 33 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I 2020, 584) |
Rz. 33 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 findet entsprechende Anwendung für Umsätze, die dem ermäßigten Steuersatz unterlegen haben. In diesem Fall ist nicht zu beanstanden, wenn ein Unternehmer von einer Aufteilung der gemeinsamen Entgeltminderungen absieht und der Steuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG ausnahmslos den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent zugrunde legt. Der Leistungsempfänger hat nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG entsprechend zu verfahren. |
Vereinfachungsregelung bei der Aufteilung nach Rz. 9 des BMF-Schreibens vom 4.11.2020 (BStBl I 2020, 1129) |
Tritt eine Minderung oder Erhöhung der Bemessungsgrundlage für einen vor dem 1.1.2021 ausgeführten stpfl. Umsatz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, für einen stpfl. innergemeinschaftlichen Erwerb i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG oder für einen stpfl. Umsatz i.S.d. § 13b UStG ein (z.B. durch Skonto, Rabatt oder einen sonstigen Preisnachlass oder durch Nachberechnung), gelten die Rz. 27 und 28 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 für die Erhöhung der Umsatzsteuersätze zum 1.1.2021 entsprechend (BMF vom 30.6.2020, Rz. 53) Dabei ist der bis zum 30.12.2020 geltende Umsatzsteuersatz von 16 bzw. 5 % anzuwenden.
In der Bauwirtschaft werden Werklieferungen und Werkleistungen auf dem Grund und Boden der Auftraggeber im Allgemeinen nicht in Teilleistungen, sondern als einheitliche Leistungen erbracht (Abschn. 13.2 Abs. 1 Satz 1 UStAE; → Bauleistungen in der Umsatzsteuer). Zu den Voraussetzungen für das Vorliegen von Teilleistungen s.o. die betreffende Übersicht unter dem Gliederungspunkt »Teilleistungen« sowie Abschn. 13.4 UStAE mit Beispielen. Zu den Teilleistungen in der Bauwirtschaft s.a. das BMF-Schreiben vom 12.10.2009 (Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft, BStBl I 2009, 1292, Teil II.2) sowie OFD Frankfurt vom 10.8.2015 (S 7270 A – 11 – St 113, UR 2015, 806, UR 2016, 331, LEXinform 5235751 unter 2.1).
Unabhängig von der Frage, wann die USt nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG entsteht, ist die Anwendung des zutreffenden Steuersatzes bei einer Steuersatzänderung danach zu bestimmen, wann die betreffenden Umsätze (Bauleistungen) bewirkt werden (vgl. Abschn. 12.1 Abs. 3 UStAE). Unmaßgeblich sind sowohl der Zeitpunkt der Vereinnahmung als auch der Zeitpunkt der Rechnungserteilung (BMF vom 30.6.2020, Rz. 20).
Werklieferungen oder Werkleistungen, auf die der allgemeine Steuersatz anzuwenden ist, unterliegen daher insgesamt der Besteuerung nach dem allgemeinen Steuersatz von 16 %, wenn sie nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 ausgeführt werden. Eine andere umsatzsteuerrechtliche Behandlung kommt nur in Betracht, soweit Werklieferungen und Werkleistungen wirtschaftlich teilbar sind und in Teilleistungen erbracht werden (BMF vom 30.6.2020, Rz. 21 ff.).
Beispiel 14:
Bauunternehmer B errichtet auf dem Grundstück des Privatmanns P ein schlüsselfertiges Einfamilienhaus für 500 000 €. Das Haus ist fertiggestellt (Abnahme durch den Bauherrn)
nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021,
nach dem 31.12.2020.
Lösung 14:
B führt eine steuerbare und steuerpflichtige Werklieferung aus, die mit Abnahme des fertigen Werks als ausgeführt gilt (Abschn. 13.2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UStAE).
Die Werklieferung unterliegt insgesamt der Besteuerung nach dem Umsatzsteuersatz von 16 %, da sie zwischen dem 1.7.2020 und 31.12.2020 ausgeführt wird (BMF vom 30.6.2020, Rz. 20).
Die Werklieferung unterliegt insgesamt der Besteuerung nach dem Umsatzsteuersatz von 19 %, da sie nach dem 31.12.2020 ausgeführt wird (BMF vom 30.6.2020, Rz. 47 i.V.m. Rz. 20).
Es wäre sinnvoll, vor dem 1.7.2020 eine Vereinbarung über die Ausführung von Teilleistungen abzuschließen (Abschn. 13.4 UStAE) und diese bis zum 31.12.2020 auch abzunehmen. Diese Teilleistungen würden dann endgültig nur dem Steuersatz von 16 % unterliegen (BMF vom 30.6.2020, Rz. 21 und 26).
Hinweis:
Ist der Leistungsempfänger Unternehmer, schuldet dieser die USt nach § 13b Abs. 2 Nr.4 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 UStG (→ Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers).
Umsatzsteuerrechtlich werden die Gutscheine wie folgt eingeteilt (§ 3 Abs. 13, 14 und 15 UStG, → Gutscheine):
Rabattgutscheine (Preisnachlass- und Preiserstattungsgutscheine),
Gutscheine für einen verbindlich bestellten Gegenstand (BMF vom 4.11.2020, BStBl I 2020, 1129, Rz. 5),
Einzweckgutscheine (§ 3 Abs. 14 UStG) und
Mehrzweckgutscheine (§ 3 Abs. 15 UStG).
Rabattgutscheine sind keine Gutscheine i.S.d. § 3 Abs. 13 bis 15 UStG (§ 3 Abs. 13 Satz 2 UStG).
Vergütet ein Unternehmer von ihm ausgegebene Gutscheine, die einen Endabnehmer in die Lage versetzen, Leistungen um den Nennwert der Gutscheine verbilligt zu erwerben, kann dies grundsätzlich zur Minderung der Bemessungsgrundlage beim Unternehmer führen (vgl. Abschn. 17.2 Abs. 6 UStAE; → Änderung der Bemessungsgrundlage). Sofern eine Entgeltminderung für eine steuerpflichtige Leistung vorliegt, hat der Unternehmer die dafür geschuldete USt nach § 17 Abs. 1 UStG zu berichtigen. Der Umsatzsteuersatz ergibt sich aus der Lieferung, für die der Gutschein eingelöst worden ist (Abschn. 17.2 Abs. 6 UStAE). Die dazu erforderliche Aufteilung der Einlösungsbeträge auf die vor dem 1.7.2020 und die nach dem 30.6.2020 ausgeführten Umsätze bereitet in der Praxis erfahrungsgemäß Schwierigkeiten.
Beachte:
Nach Rz. 29 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I 2020, 584) ist folgendes vereinfachte Verfahren zulässig.
Erstattet der Unternehmer die von ihm ausgegebenen Gutscheine in der Zeit vom 1.7.2020 bis zum 31.8.2020, ist die USt – soweit die zugrundeliegenden Umsätze dem allgemeinen Steuersatz unterliegen – nach dem bis zum 30.6.2020 geltenden Steuersatz von 19 % zu berichtigen. Bei der Erstattung von Gutscheinen nach dem 31.8.2020 ist die USt nach dem ab 1.7.2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 16 % zu berichtigen. Für Umsätze, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, gilt diese Vereinfachung entsprechend.
Wird in diesen Fällen ein anderer Unternehmer durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt, hat dieser Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 4 UStG). Die oben unter »Beachte« genannte Vereinfachungsregelung gilt insoweit nicht.
Die Ausstellung eines als Gutschein bezeichneten Dokuments
für einen verbindlich bestellten Gegenstand,
bei dem ein späterer Umtausch, eine Barauszahlung oder eine Übertragung des Gutscheins auf einen anderen Verkäufer bzw. Käufer ausgeschlossen ist und
dessen Ausstellung mit einer Abnahmeverpflichtung verbunden ist,
ist eine Anzahlung, die gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist, zu versteuern ist. Die Umsatzsteuer ist bei Zahlung vor dem 1.1.2021 zunächst mit einem Steuersatz von 16 % bzw. 5 % zu berechnen. Bei Lieferung des Gegenstands nach dem 31.12.2020 hat anschließend eine Berichtigung auf 19 % bzw. 7 % im Zeitpunkt der Leistungsausführung zu erfolgen. Steht bereits bei Leistung der Anzahlung fest, dass die Lieferung erst nach dem 31.12.2020 erfolgen wird, kann die Anzahlung aus Vereinfachungsgründen bereits mit 19 % versteuert werden (BMF vom 4.11.2020, Rz. 5).
Beispiel 15:
Ein Kfz-Händler bietet an, auf den Erwerb eines Neu- oder Gebrauchtfahrzeuges, welches erst nach dem 31.12.2020 ausgeliefert werden kann, den abgesenkten Umsatzsteuersatz anzuwenden, indem im zweiten Halbjahr 2020 die Ausgabe eines als Gutschein bezeichneten Dokuments (»Gutschein«) mit einem Steuersatz von 16 % erfolgt. Der »Gutschein« ist auf eine verbindliche Bestellung eines individualisierten Fahrzeugs mit einer Verpflichtung zur Abnahme bezogen. Ein späterer Umtausch, eine Barauszahlung oder eine Übertragung des »Gutscheins« auf einen anderen Verkäufer bzw. Käufer ist ausgeschlossen.
Lösung 15:
S. das Beispiel in Rz. 5 des BMF-Schreibens vom 4.11.2020 (BStBl I 2020, 1129).
Es liegt kein Einzweck-Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG, sondern eine Anzahlung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG vor. Diese berechtigt den Erwerber in Verbindung mit der verbindlichen Bestellung ein genau bestimmtes Fahrzeug von einem genau bezeichneten Unternehmer in Empfang zu nehmen. Der Unterschied zum Einzweck-Gutschein besteht darin, dass der Leistungsgegenstand nicht nur bestimmbar, sondern – wie im Falle einer verbindlichen Bestellung – inhaltlich genau bestimmt ist. Der Erwerber hat keine Möglichkeit, den tatsächlichen Auslieferungszeitpunkt auszuwählen bzw. zu beeinflussen. Die USt ist bei Zahlung vor dem 1.1.2021 zunächst mit einem Steuersatz von 16 % zu berechnen. Bei Lieferung des Fahrzeugs nach dem 31.12.2020 hat anschließend eine Berichtigung auf 19 % im Zeitpunkt der Leistungsausführung zu erfolgen.
Ein Einzweck-Gutschein ist ein Gutschein,
bei dem der Ort der Lieferung der Gegenstände oder der Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht, und
die für diese Gegenstände oder Dienstleistungen geschuldete Mehrwertsteuer
zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins
feststehen (Art. 30a Nr. 2 MwStSystRL; § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG).
Ein Einzweck-Gutschein ist danach ein Gutschein, bei dem bereits bei dessen Ausstellung alle Informationen vorliegen, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrundeliegenden Umsätze mit Sicherheit zu bestimmen (s.a. Abschn. 3.17 Abs. 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.11.2020, BStBl I 2020, 1121).
Bei Einzweck-Gutscheinen ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Besteuerung der Leistungsfiktion die Ausgabe des ausgegebenen Unternehmers an den Kunden. Die spätere Gutscheineinlösung, also die tatsächliche Lieferung bzw. Leistungserbringung, ist für die umsatzsteuerliche Würdigung nicht mehr relevant, da diese nicht als unabhängiger Umsatz gilt (BMF vom 30.6.2020, Rz. 30).
Wichtig:
Die Besteuerung erfolgt bereits im Zeitpunkt der Ausgabe bzw. Übertragung des Gutscheins (§ 3 Abs. 14 Satz 2 ff. UStG; Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 12 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.11.2020, BStBl I 2020, 1121).
Beispiel 16:
Das Modehaus M aus Deutschland betreibt in mehreren Ländern der EU sowie in der Schweiz Filialen. M stellt am 21.12.2020 in seinem Modehaus in Roermond (Niederlande) einen Gutschein für Bekleidung im Nennwert von 200 € zum Preis von 180 € an einen Kunden K aus. Der Kunde kann den Gutschein nur in der Filiale in Aachen einlösen. Am 11.1.2021 kauft K in der Filiale in Aachen ein Kleidungsstück im Wert von 250 €.
Lösung 16:
Da die mit dem Gutschein verkörperte Leistung (Lieferung Bekleidung), der Ort dieser Lieferung (Aachen) und die für den Umsatz (Verkauf des Kleidungsstücks) geschuldete USt zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein (§ 3 Abs. 14 Satz 1 UStG).
Für die Annahme eines Einzweck-Gutscheins ist die Identität des leistenden Unternehmers anzugeben sowie die Leistung dahingehend zu konkretisieren, dass der steuerberechtigte Mitgliedstaat und der auf die Leistung entfallende Steuersatz und damit der zutreffende Steuerbetrag mit Sicherheit bestimmt werden können. Der Leistungsgegenstand muss für die Annahme eines Einzweck-Gutscheins zumindest im Hinblick auf die Gattung des jeweiligen Leistungsgegenstands auf dem Gutschein angegeben sein. Unter Gattung ist in diesem Zusammenhang die Gesamtheit von Arten von Waren oder sonstigen Leistungen zu verstehen, die in ihren wesentlichen Eigenschaften derart übereinstimmen, dass hieraus der zutreffende Steuersatz eindeutig bestimmbar ist (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 2, 4 und 5 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.11.2020, BStBl I 2020, 1121).
Jede Übertragung eines Einzweck-Gutscheins durch einen Stpfl., der im eigenen Namen handelt, gilt als eine Lieferung der Gegenstände oder Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht (§ 3 Abs. 14 Satz 2 UStG).
Bei der fiktiven Kleiderlieferung ist der Gegenstand der Lieferung noch unbewegt, sodass sich der Leistungsort insofern nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG bestimmt (Abschn. 3.17 Abs. 5 Satz 1 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.11.2020, BStBl I 2020, 1121). Der Ort ist dort, wo sich der Gegenstand der Lieferung zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet (s. Schmidt, SteuerStud 9/2018, 618, Fall 8).
Die »fiktive« Lieferung des M ist in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig. M muss in diesem Fall die USt auf die Gegenleistung abführen, die er für den Einzweck-Gutschein erhalten hat. Entgelt für die fiktive Kleiderlieferung im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe ist nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger für die Leistung erhält oder erhalten soll.
Bemessungsgrundlage ist der Betrag, den der Käufer des Einzweck-Gutscheins dafür aufwendet, abzüglich der USt. Bemessungsgrundlage ist somit nicht der Nennwert des Gutscheins (200 €), sondern der für den Gutschein aufgewendete Betrag (180 € abzgl. 16 % USt). Die Bemessungsgrundlage beträgt demnach (180 € : 116 × 100 =) 155,17 €, die USt 24,83 €.
M muss für den VZ Dezember 2020 die Ausgabe des Gutscheins als »fiktive« Kleiderlieferung zum Steuersatz von 16 % erklären. Die tatsächliche Kleiderlieferung, für die der Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wurde, gilt nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 5 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 14 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.11.2020, BStBl I 2020, 1121).
Im Zeitpunkt der Leistungserbringung im VZ Januar 2021 ist der Differenzbetrag von 50 € nach dem zum Zeitpunkt der Gutscheineinlösung wieder geltenden Steuersatz von 19 % zu versteuern (Rz. 30 letzter Satz des BMF-Schreibens vom 30.6.2020, BStBl I 2020, 584). Die USt beträgt (50 € : 119 × 19 =) 7,98 € (s.a. Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 15 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.11.2020, BStBl I 2020, 1121; s. dort auch das Beispiel 3).
Alle Gutscheine, bei denen im Zeitpunkt der Ausstellung nicht alle Informationen für die zuverlässige Bestimmung der Umsatzsteuer vorliegen, sind Mehrzweck-Gutscheine (Art. 30a Nr. 3 MwStSystRL; § 3 Abs. 15 Satz 1 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 9 Satz 1 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.11.2020, BStBl I 2020, 1121).
Bei Mehrzweck-Gutscheinen unterliegt erst die tatsächliche Lieferung bzw. die tatsächliche Ausführung der sonstigen Leistung der Umsatzsteuer, die Besteuerung wird also erst bei Einlösung des Gutscheins, nicht schon bei dessen Ausgabe durchgeführt (§ 3 Abs. 15 Satz 2 Halbsatz 1 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 9 Satz 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.11.2020). Jede vorangegangene Übertragung des Mehrzweck-Gutscheins unterliegt nicht der Umsatzsteuer (§ 3 Abs. 15 Satz 2 Halbsatz 2 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 11 Satz 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.11.2020, BStBl I 2020, 1121).
Beispiel 17:
Unternehmer K aus Deutschland betreibt ein Kaufhaus mit Waren, die dem Regelsteuersatz und dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
K stellt Gutscheine aus über einen Nennwert von 50 € zum Erwerb.
der Waren aus seinem Sortiment bzw.
von Büchern, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
K veräußert am 15.2.2020 einen Gutschein an A für 40 €.
Am 16.5.2020 erwirbt A bei K für insgesamt 60 € Waren aus dem Sortiment und leistet nach Hingabe des Gutscheins noch einen Betrag von 10 €. Davon entfällt ein Bruttobetrag von 45 € (75 % von 60 €) auf Waren mit dem Regelsteuersatz und 15 € auf Waren mit dem ermäßigten Steuersatz.
Lösung 17:
Die mehrwertsteuerrechtliche Behandlung des Gutscheins ist abhängig von der Einteilung der Gutscheine in Einzweck- oder Mehrzweck-Gutscheine.
Im Fall b) handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG. Zur Behandlung der Einzweck-Gutscheine s.o. Beispiel 16.
Im Fall a) handelt es sich um einen Mehrzweck-Gutschein, da die für die Gegenstände geschuldete Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins nicht feststeht (Umkehrschluss aus § 3 Abs. 14 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 15 Satz 1 UStG).
Die tatsächliche Übergabe der Waren aus dem Sortiment an A, für die der Lieferer K der Gegenstände einen Mehrzweck-Gutschein als Gegenleistung annimmt, unterliegt der Mehrwertsteuer (§ 3 Abs. 15 Satz 2 Halbsatz 1 UStG).
Als Bemessungsgrundlage ist grundsätzlich der für den Gutschein gezahlte Betrag von 40 € anzusetzen (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Wenn K diesen Betrag nicht kennt, kann K den Nennwert des Gutscheins als Bemessungsgrundlage ansetzen (§ 10 Abs. 1 Satz 6 UStG). Im Beispielsfall kennt K den Betrag der Gutscheinausgabe i.H.v. 40 € (s.a. Beispiel 12 in Abschn. 3.17 Abs. 12 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.11.2020, BStBl I 2020, 1121).
Bei der Gutscheinausgabe im Gastronomiebereich ist der Zeitpunkt der Gutscheinausgabe entscheidend für die Einteilung des Gutscheins in die Kategorie als Einzweck- oder Mehrzweckgutschein. Diese jeweilige Gutscheinkategorie ist wiederum entscheidend für den Zeitpunkt der Besteuerung.
Wie bereits oben erläutert, ist bei Einzweckgutscheinen i.S.d. § 3 Abs. 13 und 14 UStG der maßgebliche Zeitpunkt für die Besteuerung der Leistungsfiktion und damit die Bestimmung des zutreffenden Umsatzsteuersatzes die Gutscheinausgabe des ausgebenden Unternehmers an den Kunden. Folglich sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins entscheidend. Die spätere Gutscheineinlösung ist für die umsatzsteuerliche Würdigung nicht mehr relevant, da diese nicht als unabhängiger Umsatz gilt.
Beispiel 18:
Privatmann P erwirbt am 25.6.2020 bei dem Gastronomen G einen Gutschein für Speisen und Getränke lt. Speisenkarte i.H.v. 100 €. Der Gutschein wird am 15.7.2020 bei G eingelöst.
Lösung 18:
Im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins am 25.6.2020 unterliegen die Leistungen des Gastronomen (Ausgabe von Speisen und Getränke) einem einheitlichen Steuersatz von 19 %. Es handelt sich demnach um einen Einzweck-Gutschein, da bei dessen Ausstellung alle Informationen vorliegen, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrundeliegenden Umsätze mit Sicherheit zu bestimmen. Im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe tätigt der Gastronom eine sonstige Leistung (Restaurationsleistung). Die Besteuerung dieser Leistungsfiktion erfolgt noch mit einem Steuersatz von 19 %. Der Gastronom muss somit (100 € : 119 × 19 =) 15,97 € USt abführen. Es verleiben ihm netto 84,03 €.
Abwandlung:
P erwirbt den Gutschein am 2.7.2020.
Lösung:
Im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins am 2.7.2020 unterliegen die Leistungen des Gastronomen (Ausgabe von Speisen und Getränke) unterschiedlichen Steuersätzen. Die Getränke unterliegen dem Regelsteuersatz von 16 % (bis 31.12.2020), die Speisen unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 5 % (ab 1.1.2021 bis 31.12.2022 von 7 %). Es handelt sich demnach um einen Mehrzweck-Gutschein, da bei dessen Ausstellung nicht alle Informationen vorliegen, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrundeliegenden Umsätze mit Sicherheit zu bestimmen. Im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe tätigt der Gastronom keinen Umsatz. Erst wenn der Gutschein eingelöst wird, unterliegt die tatsächlich ausgeführte Leistung der USt (s.a. BMF vom 4.11.2020, BStBl I 2020, 1129, Rz. 6).
Für die befristete Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken ist es nicht zu beanstanden, wenn zur Aufteilung des Gesamtkaufpreises von sogenannten Kombiangeboten aus Speisen inklusive Getränken (z.B. Büfett, All-Inclusive-Angeboten) der auf die Getränke entfallende Entgeltanteil mit 30 % des Pauschalpreises angesetzt wird (Abschn. 10.1 Abs. 12 UStAE i.d.F. BMF-Schreibens vom 2.7.2020, BStBl I 2020, 610).
Die Einlösung des Gutscheins hat beim Gastronomen folgende Auswirkung:
Brutto |
Netto |
USt |
|
Getränke (16 %) |
30,00 € |
25,21 € |
4,14 € |
Speisen (5 %) |
70,00 € |
66,66 € |
3,34 € |
Summe |
100,00 € |
92,52 € |
7,48 € |
Bei einem Mehrzweck-Gutschein verbleibt dem Gastwirt ein Nettogewinn von 92,52 €.
In der Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2022 ausgegebene Gutscheine für Restaurationsleistungen können nur dann als Einzweck-Gutscheine behandelt werden, wenn die Gutscheine auf den Bezug von Speisen oder den Bezug von Getränken explizit beschränkt werden. Gutscheine für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen einschließlich Getränke gelten erst wieder als Einzweck-Gutscheine, wenn sie für den Zeitraum ab dem 1.1.2023 ausgestellt werden (BMF vom 4.11.2020, Rz. 6 Abs. 3).
Zur Hin- und Rückgabe von Transporthilfsmitteln und Warenumschließungen gegen Pfandgeld s. Abschn. 3.10 Abs. 5a, Abschn. 10.1 Abs. 8 UStAE, BMF-Schreiben vom 20.10.2014 (BStBl I 2014, 1372) sowie Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer, Stichwort: Pfandgeld (Loseblatt 102. EL).
Nimmt ein Unternehmer Leergut (Warenumschließungen) zurück und erstattet einen dafür gezahlten Pfandbetrag, liegt eine Entgeltminderung vor (Abschn. 3.10 Abs. 5a Satz 3 UStAE).
Beachte:
Warenumschließungen teilen stets das Schicksal der Hauptleistung (Abschn. 3.10 Abs. 5a Satz 2 UStAE) und unterliegen den steuerlichen Regelungen der eigentlichen Hauptleistung.
Der Unternehmer hat die geschuldete USt nach § 17 Abs. 1 UStG zu berichtigen. Die Entgeltminderung muss dem für die vorherige Hauptleistung geltenden Steuersatz zugeordnet werden. Beachte Abschn. 10.1 Abs. 8 Satz 5 Nr. 1 Satz 10 UStAE.
Nach Rz. 31 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I 2020, 584) ist folgendes vereinfachte Verfahren zulässig:
Erstattet der Unternehmer Pfandbeträge in der Zeit vom 1.7.2020 bis zum 30.9.2020, ist die USt, soweit die zugrundeliegenden Umsätze dem allgemeinen Steuersatz unterliegen, nach dem bis zum 30.6.2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 19 % zu berichtigen. Bei der Erstattung von Pfandbeträgen nach dem 30.9.2020 ist die USt nach dem ab 1.7.2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 16 % zu berichtigen. Bei dem Dreimonatszeitraum wird davon ausgegangen, dass der Bestand an Warenumschließungen sich viermal jährlich umschlägt. Bei kürzeren oder längeren Umschlagzeiträumen ist der Zeitraum zu Beginn des Jahres, in dem die Entgeltminderungen noch mit dem Steuersatz von 19 % zu berücksichtigen sind, entsprechend zu kürzen oder zu verlängern, wobei der durchschnittliche Umschlagszeitraum im Benehmen zwischen Unternehmer und Finanzamt zu ermitteln ist. Für Umsätze, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, gilt diese Vereinbarung entsprechend.
Erstattet der Unternehmer Pfandbeträge in der Zeit vom 1.1.2021 bis zum 31.3.2021, ist die USt nach dem bis zum 31.12.2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 16 % zu berichtigen. Bei der Erstattung von Pfandbeträgen nach dem 31.3.2021 ist die USt nach dem ab 1.1.2021 geltenden allgemeinen Steuersatz von 19 % zu berichtigen (BMF vom 30.6.2020, BStBl I 2020, 584, Rz. 51).
Nach Rz. 7 des BMF-Schreibens vom 4.11.2020 (BStBl I 2020, 1129) ist folgendes vereinfachte Verfahren zulässig:
Aus Vereinfachungsgründen kann Pfandgeld im Zeitraum nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 mit 16 % USt abgerechnet werden, wenn sowohl der leistende Unternehmer als auch der Leistungsempfänger die USt bzw. Vorsteuer mit dem Steuersatz von 16 % korrigieren und diese Abrechnungsmethode auch für Pfandgelder ab dem 1.1.2021, dann mit dem Steuersatz von 19 %, angewendet wird. Dies sowie auch die Vereinfachungsregelungen in Rz. 31 und 50 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I 2020, 584) gelten nicht nur für Flaschenpfand, sondern auch für Pfandgelder für andere Gegenstände, wie z.B. als Transporthilfsmittel ausgetauschte Paletten.
Die Lieferungen bzw. sonstigen Leistungen von Strom, Gas, Wasser, Abwasserbeseitigung (soweit nicht hoheitlich organisiert), Kälte und Wärme (s. Abschn. 1.7 Abs. 1 und Abschn. 3.1 Abs. 1 UStAE) durch Versorgungsunternehmen an Kunden werden nach Ablesezeiträumen (z.B. vierteljährlich) abgerechnet (Abschn. 13.1 Abs. 2 Satz 4 UStAE; s.a. → Lieferung). Sofern die Ablesezeiträume zu einem Zeitpunkt nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 enden, sind grundsätzlich die Lieferungen des gesamten Ablesezeitraums den ab 1.7.2020 geltenden Umsatzsteuersätzen von 16 % bzw. 5 % zu unterwerfen. Soweit Ablesezeiträume nach dem 31.12.2020 enden, sind grundsätzlich die Lieferungen des gesamten Ablesezeitraums den Umsatzsteuersätzen von 19 % bzw. 7 % zu unterwerfen. Werden nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 ausgeführte Lieferungen gesondert abgerechnet, gelten die Steuersätze von 16 % bzw. 5 % für die verkürzten Abrechnungszeiträume. Umsatzsteuerrechtlich bestehen keine Bedenken dagegen, diese gesonderten Abrechnungen bei Kunden in der Weise vorzunehmen, dass die Ergebnisse der Ablesezeiträume, die regulär nach dem 30.6.2020 und/oder vor dem 1.1.2021 enden, im Verhältnis der Tage vor und ab dem 1.7.2020 aufgeteilt werden. Für Ablesezeiträume, die regulär nach dem 31.12.2021 enden, können die gesonderten Abrechnungen im Verhältnis der Tage vor und ab dem 1.1.2020 vorgenommen werden. Ist der Ablesezeitraum länger als drei Monate, hat das Versorgungsunternehmen bei der Aufteilung grundsätzlich eine Gewichtung vorzunehmen, damit die Verbrauchsunterschiede in den Zeiträumen vor und ab dem Stichtag entsprechend berücksichtigt werden. Soweit wesentliche Verbrauchsunterschiede nicht bestehen, kann mit Genehmigung des Finanzamts auf die Gewichtung verzichtet werden (BMF vom 30.6.2020, Rz. 35 ff.).
Zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten wird es nicht beanstandet, wenn Rechnungen über Abschlagszahlungen, die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 fällig werden, nicht berichtigt werden, sofern dementsprechend USt i.H.v. 19 % bzw. 7 % abgeführt und erst in der Endabrechnung nach den vorstehenden Grundsätzen zutreffend abgerechnet wird. Aus Billigkeitsgründen wird es nicht beanstandet, wenn vorsteuerabzugsberechtigte Kunden aus den Abschlagsrechnungen einen Vorsteuerabzug auf der Grundlage von 19 % bzw. 7 % geltend machen und der Vorsteuerabzug für die gesamte Leistung erst auf der Grundlage der vorstehenden Endabrechnung auf den zulässigen Wert korrigiert wird (BMF vom 30.6.2020, Rz. 37 i.V.m. Rz. 8).
Hinweis:
Auf die Entnahme von Strom im Jahr 2020 durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb seines Unternehmens liegen, kann der zum 31.12.2020 geltende Steuersatz angewendet werden (BMF 4.11.2020, BStBl I 2020, 1129, Rz. 11).
Hinweis:
Mit dem Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht vom 21.12.2019 (BGBl I 2019, 2886) wurde § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG geändert. Danach unterliegt der Schienenbahnverkehr – unabhängig von der Beförderungsstrecke – dem ermäßigten Steuersatz. Bis zum 31.12.2019 galt der ermäßigte Steuersatz nur dann, wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km betrug.
Zur Absenkung des Steuersatzes für die Beförderung von Personen im Schienenbahnverkehr s. das BMF-Schreiben vom 21.1.2020 (BStBl I 2020, 197).
Auf Einnahmen aus den Verkäufen von Einzelfahrkarten und Zeitkarten, die ausschließlich bis zum Ablauf des letzten Betriebstages des Monats Juni 2020 gültig sind (der Betriebstag endet vielfach erst nach 24 Uhr), kann bei Beförderungen im Schienenbahnverkehr noch der bis zum 30.6.2020 geltende Umsatzsteuersatz von 7 % angewandt werden.
Die Einnahmen aus den Verkäufen von Einzelfahrkarten und Zeitkarten mit Geltungsdauer ab dem Betriebstag 1.7.2020 bis zum Ablauf des letzten Betriebstages des Monats Dezember 2020 unterwirft das Schienenbahnverkehrsunternehmen dem ermäßigten Steuersatz von 5 % (s. BMF vom 4.11.2020, BStBl I 2020, 1129, Rz. 12 und BMF vom 21.1.2020, BStBl I 2020, 197, Rz. 8).
Die Einnahmen aus den Verkäufen von Einzelfahrkarten und Zeitkarten mit Geltungsdauer ab dem Betriebstag 1.1.2021 unterwirft das Schienenbahnverkehrsunternehmen dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.
Die Bruttoerlöse aus dem Verkauf von Zeitkarten werden, sofern die Beförderungsleistungen bisher dem allgemeinen Steuersatz unterlegen haben, in den Fällen, in denen die Gültigkeitsdauer über den 31.12.2019 hinausreicht, abweichend vom Leistungszeitpunkt weiterhin dem Regelsteuersatz von 19 % unterworfen. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn bei Fahrausweisen, für die das Entgelt in Form von monatlichen Raten entrichtet wird und deren Gültigkeitsdauer über den 31.12.2019 hinausreicht, die Raten mit Inkrafttreten der Steuersatzsenkung entsprechend angepasst werden und die zugehörigen Rechnungen ab diesem Zeitpunkt 7 % USt ausweisen (Rz. 9 des BMF-Schreibens vom 21.1.2020, BStBl I 2020, 197).
Vor dem 1.7.2020 erzielte Einnahmen aus Verkäufen von Fahrausweisen für Beförderungsleistungen können, sofern die Gültigkeitsdauer der Fahrausweise über den 30.6.2020 hinausreicht, im Schätzungswege auf die vor dem 1.7.2020 und die nach dem 30.6.2020 erbrachten Leistungen aufgeteilt werden (Rz. 39 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020, BStBl I 2020, 584).
Vor dem 1.1.2021 erzielte Einnahmen aus Verkäufen von Fahrausweisen für Beförderungsleistungen können, sofern die Gültigkeitsdauer der Fahrausweise über den 31.12.2020 hinausreicht, im Schätzungswege auf die vor dem 1.1.2021 und die nach dem 31.12.2020 erbrachten Leistungen aufgeteilt werden (Rz. 13 des BMF-Schreibens vom 4.11.2020, BStBl I 2020, 1129).
Zum Vorsteuerabzug eines vorsteuerabzugsberechtigten Bahnkunden s. Rz. 19 des BMF-Schreibens vom 21.1.2020 (BStBl I 2020, 197).
Beispiel 19:
S. das Beispiel in Rz. 10 des BMF-Schreibens vom 21.1.2020 (BStBl I 2020, 197).
Der vorsteuerabzugsberechtigte Geschäftskunde U hat sich am 1.11.2019 eine Jahreskarte für die Zugstrecke München – Augsburg für 2 822,00 € gekauft. Ausweislich der Rechnung ist in den 2 822,00 € USt zum Regelsteuersatz von 19 % i.H.v. 450,57 € enthalten. Am 1.1.2020 tritt die Steuersatzsenkung für die Beförderung von Personen im innerdeutschen Schienenbahnverkehr für den Personenfernverkehr von 19 % auf 7 % in Kraft (§ 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG). Zusätzlich tritt zum 1.7.2020 die Steuersatzsenkung auf 5 % in Kraft.
Lösung 19:
Unabhängig vom Leistungszeitpunkt verbleibt es in dieser Konstellation bei einer Besteuerung mit dem Regelsteuersatz von 19 %. Eine stichtagsübergreifende Aufteilung des Entgelts (2 Monate auf das Kj. 2019 mit einem Steuersatz von 19 % und 9 Monate auf das Kj. 2020 mit einem Steuersatz von zunächst 7 %) kann nach Rz. 9 des BMF-Schreibens vom 21.1.2020 (BStBl I 2020, 197) nur bei monatlicher Zahlungsweise erfolgen.
Nach Rz. 39 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I 2020, 584) können allerdings die vor dem 1.7.2020 erzielten Einnahmen aus Verkäufen von Fahrausweisen, sofern die Gültigkeitsdauer der Fahrausweise über den 30.6.2020 hinausreicht, im Schätzungswege auf die vor dem 1.7.2020 und die nach dem 30.6.2020 erbrachten Leistungen aufgeteilt werden.
Von der Jahreskarte (ab 1.11.2019) entfallen vom 1.11.2019 bis zum 30.6.2020 8 Monate auf den dann noch gültigen Regelsteuersatz von 19 % und ab 1.7.2020 bis zum 31.10.2020 4 Monate auf den Steuersatz von 5 % so dass von den Nettoeinnahmen i.H.v. 2 371,43 € 8/12 = 1 580,95 € dem Steuersatz von 19 % und 4/12 = 790,48 € dem Steuersatz von. 5 % unterliegen.
Beachte:
Für Zwecke des Vorsteuerabzugs müssten die Kunden an Stelle des Fahrausweises in den Fällen der Aufteilung ein anderes Abrechnungsdokument erhalten (s. Rz. 17 des BMF-Schreibens vom 21.1.2020, BStBl I 2020, 197).
Beispiel 20:
S. das Beispiel 19.
Der vorsteuerabzugsberechtigte Geschäftskunde U hat sich am 1.5.2020 eine Jahreskarte für die Zugstrecke München – Augsburg für 2 822,00 € gekauft. Auf der Fahrkarte ist nach § 34 Abs. 1 Nr. 4 UStDV zu Recht kein Steuersatz angegeben.
Lösung 20:
Unabhängig vom Leistungszeitpunkt (mit Ablauf des 30.4.2021) ist für die Besteuerung der ermäßigte Steuersatz von 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. a UStG) anzuwenden. Nach dem Fahrausweis i.S.d. § 34 UStDV ist in den 2 822,00 € USt zum ermäßigten Steuersatz von 7 % i.H.v. 184,62 € enthalten.
Für den Vorsteuerabzug ist nach § 35 Abs. 2 Satz 3 UStDV der ermäßigte Steuersatz von 7 % (184,62 €) anzuwenden.
Am 1.7.2020 tritt die Steuersatzsenkung von 7 % auf 5 % in Kraft (§ 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. a UStG). Unabhängig vom Leistungszeitpunkt verbleibt es in dieser Konstellation bei einer Besteuerung mit dem Steuersatz von 7 %.
Hinweis:
Nach Rz. 39 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 können vor dem 1.7.2020 erzielte Einnahmen aus Verkäufen von Fahrausweisen für Beförderungsleistungen, sofern die Gültigkeitsdauer der Fahrausweise über den 30.6.2020 hinausreicht, im Schätzungswege auf die vor dem 1.7.2020 und die nach dem 30.6.2020 erbrachten Leistungen aufgeteilt werden.
Nach Rz. 13 des BMF-Schreibens vom 4.11.2020 können vor dem 1.1.2021 erzielte Einnahmen aus Ver-käufen von Fahrausweisen für Beförderungsleistungen, sofern die Gültigkeitsdauer der Fahrausweise über den 31.12.2020 hinausreicht, im Schätzungswege auf die vor dem 1.1.2021 und die nach dem 31.12.2020 erbrachten Leistungen aufgeteilt werden.
Fortsetzung Lösung:
Von der Jahreskarte (ab 1.5.2020) entfallen im Kj. 2020 2 Monate auf den ermäßigten Steuersatz von 7 % und 6 Monate auf den Steuersatz von 5 %, ab dem 1.1.2021 entfallen wiederum 4 Monate auf den Steuersatz von 7 %, so dass von den Nettoeinnahmen i.H.v. (2 822,00 € : 107 × 100 =) 2 637,38 € jeweils 50 % = 1 318,69 € dem Steuersatz von 7 % bzw. 5 % unterliegen.
Beachte:
Für Zwecke des Vorsteuerabzugs müssten die Kunden an Stelle des Fahrausweises in den Fällen der Aufteilung ein anderes Abrechnungsdokument erhalten (s. Rz. 17 des BMF-Schreibens vom 21.1.2020, BStBl I 2020, 197).
Taxi- und Mietwagenunternehmer (→ Personenbeförderung) können die Einnahmen aus der Nachtschicht vom 30.6.2020 zum 1.7.2020 für Beförderungen dem ab dem 1.7.2020 geltenden Umsatzsteuersätzen zu unterwerfen. Dies gilt nicht, soweit Rechnungen ausgestellt werden, in denen die USt i.H.d. bis zum 30.6.2020 geltenden Umsatzsteuersätzen ausgewiesen wird (BMF vom 30.6.2020, Rz. 41).
Nach Rz. 47 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 gilt die Regelung entsprechend für die Anhebung der Umsatzsteuersätze von 16 % auf 19 % und von 5 % auf 7 % zum 1.1.2021.
Beim Umtausch eines Gegenstands wird die ursprüngliche Lieferung rückgängig gemacht (→ Lieferung unter dem Gliederungspunkt »Rückgängigmachung einer Lieferung und Rücklieferung«). An ihre Stelle tritt eine neue Lieferung. Wird ein vor dem 1.7.2020 gelieferter Gegenstand nach diesem Stichtag umgetauscht, ist auf die Lieferung des Ersatzgegenstands, falls sie dem allgemeinen Umsatzsteuersatz unterliegt, der ab 1.7.2020 geltende Umsatzsteuersatz von 16 % bzw. 5 % anzuwenden (BMF vom 30.6.2020, Rz. 45).
Nach Rz. 47 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 gilt die Regelung entsprechend für die Anhebung der Umsatzsteuersätze von 16 % auf 19 % und von 5 % auf 7 % zum 1.1.2021.
Die vorgenannten Regelungen gelten entsprechend für die Anhebung der Umsatzsteuersätze von 16 % auf 19 % und von 5 % auf 7 % zum 1.1.2021 (BMF vom 30.6.2020, Rz. 47 ff.).
Schmidt, Befristete Umsatzsteuersenkung 2020 – zur Behandlung der Betriebskosten zur Vermietungsleistung nach dem BMF-Schreiben vom 30.6.2020, NWB 45/2020, 3308; Rondorf, Verlängerung der Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Restaurant- und Verpflegungsleistungen, NWB 12/2021, 826.
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