1 Gesetzliche Regelung (§ 18 Abs. 1 UStG)
2 Wirkung einer Voranmeldung
2.1 Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung
2.2 Wirkung einer Steueranmeldung nach § 168 AO
2.3 Sicherheitsleistung nach § 18f UStG
3 Fälligkeit der Vorauszahlungen
3.1 Gesetzliche Fälligkeit und Säumniszuschlag
3.2 Ordnungswidrigkeit und Straftatbestand bei Nichtzahlung der USt
3.3 Verzinsung nach § 233a AO
4 Einfluss des Jahressteuerbescheids auf den Vorauszahlungsbescheid
5 Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners für rückständige Umsatzsteuervorauszahlungen nach Ergehen des Umsatzsteuer-Bescheids
6 Ertragsteuerlicher Abzugszeitpunkt der Umsatzsteuervorauszahlungen
6.1 Regelmäßig wiederkehrende Zahlungen
6.2 Überweisungen
6.3 Scheckzahlungen
6.4 Lastschrifteinzugsverfahren
6.5 Umbuchung/Aufrechnung
6.6 Zustimmungsfälle
6.7 Fälle des § 108 Abs. 3 AO
6.8 Umsatzsteuerjahreserklärung
7 Literaturhinweise
8 Verwandte Lexikonartikel
Der Unternehmer hat bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln (→ Voranmeldung). In der Voranmeldung hat er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen.
Nach § 164 Abs. 1 AO können Steuern, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.
Solange der Vorbehalt wirksam ist, bleibt der gesamte Steuerfall »offen«, die Steuerfestsetzung kann jederzeit – also auch nach Eintritt der Unanfechtbarkeit – und dem Umfang nach uneingeschränkt von Amts wegen oder auch auf Antrag des Stpfl. aufgehoben oder geändert werden (AEAO zu § 164 Nr. 4).
Wird eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung geändert, so ist in dem neuen Steuerbescheid zu vermerken, ob dieser weiterhin unter Vorbehalt der Nachprüfung steht oder ob der Vorbehalt aufgehoben wird. Fehlt ein derartiger Vermerk, bleibt der Vorbehalt bestehen (BFH vom 14.9.1993 VIII R 9/93, BStBl II 1995, 2). Steht eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Nachprüfungsvorbehalt gleich (§ 168 AO, s.u.) und erlässt die Finanzbehörde später erstmals einen Steuerbescheid ohne eine Aussage zum Nachprüfungsvorbehalt, so entfällt dieser (BFH vom 2.12.1999, V R 19/99, BStBl II 2000, 284; AEAO zu § 64 Nr. 6).
Wird der Vorbehalt nicht ausdrücklich aufgehoben, entfällt der Vorbehalt mit Ablauf der allgemeinen Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 AO; AEAO zu § 164 Nr. 7).
Eine Steueranmeldung (→ Voranmeldung), die nicht zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung führt, hat mit ihrem Eingang bei der Finanzbehörde die Wirkung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung (s. → Voranmeldung unter dem Gliederungspunkt »Wirkung einer Steueranmeldung nach § 168 AO«).
Zustimmungsbedürftig sind solche Steueranmeldungen, bei denen ein Überschuss erklärt wird oder sich eine Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer ergibt. Sie stehen erst mit Erteilung der Zustimmung durch das FA einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
Eine erstmalige Steueranmeldung, die zu einer Steuervergütung führt (z.B. Vorsteuerüberschuss), wirkt erst dann als Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung, wenn dem Stpfl. die Zustimmung der Finanzbehörde bekannt wird (§ 168 Satz 2 AO; BFH Urteil vom 28.2.1996, BStBl II 1996, 660). Bis dahin ist sie als Antrag auf Steuerfestsetzung (§ 155 Abs. 1 und 6 AO) anzusehen. Die Zustimmung bedarf keiner Form (AEAO zu § 168 Nr. 2).
Aus Vereinfachungsgründen kann bei Steueranmeldungen, die zu einer Steuervergütung oder zu einem Mindersoll führen, die Zustimmung allgemein erteilt werden. Auch in diesem Fall stehen die Anmeldungen erst dann einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich, wenn dem Stpfl. die Zustimmung bekannt wird. Wird der Stpfl. schriftlich über die Zustimmung unterrichtet (z.B. zusammen mit einer Abrechnungsmitteilung), ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ihm die Zustimmung am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bekannt geworden ist (AEAO zu § 168 AO Nr. 4).
Wird die Zustimmung zur Steueranmeldung nicht erteilt, so ist der Antrag des Stpfl. auf Steuerfestsetzung bzw. auf Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO durch Bescheid abzulehnen (§ 155 Abs. 1 Satz 3 AO; AEAO zu § 168 AO Nr. 11; s. → Voranmeldung unter dem Gliederungspunkt »Wirkung einer Steueranmeldung nach § 168 AO« und dort die Beispiele).
Durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz (StVBG vom 19.12.2001, BStBl I 2002, 32) wird § 18f UStG neu eingeführt. »Bei Steueranmeldungen i.S.d. § 18 Abs. 1 und 3 UStG kann die Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO im Einvernehmen mit dem Unternehmer von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Satz 1 gilt entsprechend für die Festsetzung nach § 167 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn sie zu einer Erstattung führt.« Weitere Erläuterungen s. → Voranmeldung unter dem Gliederungspinkt »Sicherheitsleistungen nach § 18f UStG«.
Die USt als Fälligkeitssteuer wird zehn Tage nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig (§ 18 Abs. 1 Satz 4 UStG). Bei Fälligkeitssteuern wird die Steuer ohne Rücksicht auf die erforderliche Steuerfestsetzung oder Steueranmeldung fällig. Zur Ermittlung der Säumniszuschläge bei Fälligkeitssteuern s. → Säumniszuschlag.
Zum Tag der Zahlung s. § 224 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 AO.
Beispiel 1:
U gibt die monatliche USt-Voranmeldung Juli 12 am 20.8.12 mit einer Zahllast i.H.v. 5 345 € ab. Beigefügt ist ein Scheck i.H.d. Betrages.
Lösung 1:
Nach § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG ist die USt-Vorauszahlung am 10.8.12 fällig. Mit Eingang beim FA steht die Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 Satz 1 AO). Nach § 240 Abs. 1 Satz 3 AO tritt die Säumnis nicht ein, bevor die Steuer angemeldet oder festgesetzt worden ist. Die Säumnis beginnt somit ab dem 21.8.12.
Nach § 224 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt die Zahlung bei Hingabe von Schecks drei Tage nach dem Tag des Eingangs als bewirkt. Die Zahlung gilt somit erst am 23.8.12 als geleistet. Da auch die Säumnisfrist von drei Tagen nicht gilt (§ 240 Abs. 3 Satz 2 AO), sind Säumniszuschläge entstanden und zu erheben. Der Säumniszuschlag beträgt nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO 1 % von 5 300 € = 53 €.
Hinweis:
Mit Beschluss vom 28.10.2022 (VI B 15/22-AdV, LEXinform 4253922) hat der BFH im AdV-Verfahren entschieden, dass bei summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge bestehen (entgegen BFH Beschlüsse vom 31.8.2021, VII B 69/21 (AdV) und vom 23.5.2022, V B 4/22-AdV, LEXinform 4249563).
Aus unionsrechtlichen Grundsätzen (Äquivalenz-, Effizienz-, Verhältnismäßigkeits- und Neutralitätsprinzip) folgen ebenfalls keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge (Anschluss an BFH Beschluss vom 23.5.2022, V B 4/22-AdV, LEXinform 4249563, Rz 33 ff.).
Der VII. Senat des BFH hat mit Urteilen vom 23.8.2022 (VII R 21/21, BStBl II 2023, 304, Rz. 38 ff.) und vom 15.11.2022 (VII R 55/20, BStBl II 2023, 621, Rz. 19 ff.) entschieden, dass auch bei einem strukturellen Niedrigzinsniveau gegen die in § 240 Abs. 1 Satz 1 AO festgelegte Höhe des Säumniszuschlags keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.
Jeweils mit Beschluss vom 13.9.2023 (XI B 38/22, BStBl II 2024, 214, Rz. 15 ff. sowie X B 52/23, BStBl II 2023, 1102, Rz. 10 ff.) folgen der XI. und der X. Senat dieser Rspr. und nehmen wegen der Einzelheiten darauf Bezug. Zwar betreffen die genannten Entscheidungen des VII. Senats Zeiträume vor dem 31.12.2018. Die tragenden Gründe der vom VII. Senat vorgenommenen – eigenständigen – verfassungsrechtlichen Prüfung gelten aber gleichermaßen für Zeiträume ab dem 1.1.2019.
Mit Urteil vom 23.8.2023 (X R 30/21, BStBl II 2024, 215) hat der X. Senat entschieden, dass gegen die gesetzliche Höhe des Säumniszuschlags nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO auch für die Zeiträume nach dem 31.12.2018 keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.
Mit Art. 14 Nr. 11 Buchst. a Doppelbuchst. bb des JStG 2020 wird § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG wie folgt gefasst: »Die Vorauszahlung ist am 10. Tag nach Ablauf des Vorauszahlungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten.«
In § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG wird ein ausdrückliches Entrichtungsgebot aufgenommen, um dem Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 103 Abs. 2 GG, § 3 OWiG), nach dem für die Sanktionierung einer Zahlungsverpflichtung ein verwaltungsrechtliches Gebot Voraussetzung ist, zu entsprechen. Durch den Zusatz, dass die fällige USt vom Unternehmer zu entrichten ist, erfolgt eine sprachliche Anpassung an Art. 206 MwStSystRL. Die Möglichkeit der Entrichtung der fälligen USt durch einen Dritten bleibt davon unberührt.
Auf Grundlage der Entrichtungspflicht nach § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG sieht der Bußgeldtatbestand des neuen § 26a Abs. 1 UStG eine Sanktionierung der Nicht- oder nicht vollständigen Entrichtung der USt zum Fälligkeitszeitpunkt vor (s. den nachfolgenden Gliederungspunkt).
Mit Art. 14 Nr. 19 und 20 des JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) werden die Bußgeldvorschriften der §§ 26a und 26b UStG mit Wirkung zum 1.7.2021 neu gefasst. Dabei wird der ursprüngliche § 26b UStG modifiziert und als neuer Abs. 1 in den § 26a UStG integriert und um Verweise auf alle in §§ 18, 18i, 18j, 18k UStG neu aufgenommenen Entrichtungsgebote ergänzt.
Nach § 26a Abs. 1 UStG i.d.F. des JStG 2020 (bisher § 26b UStG) handelt u.a. ordnungswidrig, wer entgegen § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG (s.o. den Gliederungspunkt »Fälligkeit der Vorauszahlungen«) eine Vorauszahlung, einen Unterschiedsbetrag oder eine festgesetzte Steuer nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig entrichtet.
Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des § 26a Abs. 1 UStG mit einer Geldbuße bis zu 30 000 € geahndet werden (§ 26a Abs. 3 UStG).
Von der Verzinsung des § 233a AO (→ Zinsen) ausgenommen sind u.a. die USt-Vorauszahlungen (§ 233a Abs. 1 Satz 2 AO; AEAO zu § 233a, Rz. 2).
Der BFH nimmt mit Urteil vom 15.6.1999 (VII R 3/97, BStBl II 2000, 46) zur Rechtswirksamkeit des Vorauszahlungsbescheides Stellung. Bei einem Vorauszahlungsbescheid tritt, auch wenn der Bescheid nicht aufgehoben wird, ein Wirksamkeitsverlust mit dem Erlass des Jahressteuerbescheides ein. Die Rechtswirksamkeit des Vorauszahlungsbescheides ist also von Anfang an durch den Erlass des Jahressteuerbescheides befristet. Nach der ständigen Rspr. des BFH wird ein Vorauszahlungsbescheid durch den Jahressteuerbescheid abgelöst; dieser ist vom Zeitpunkt seines Ergehens an alleinige Grundlage für die Verwirklichung des Anspruchs auf die mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entstandene Steuer sowie die Einbehaltung der als Vorauszahlung für den Veranlagungszeitraum entrichteten Beträge (s.a. BFH vom 10.2.2010, XI R 3/09, BFH/NV 2010, 1450, LEXinform 0179601). Das materielle Ergebnis der in dem Kj. positiv oder negativ entstandenen USt wird für die Zukunft ausschließlich in dem Jahressteuerbescheid festgestellt. Damit erledigt sich der Vorauszahlungsbescheid nach § 124 Abs. 2 AO auf andere Weise und verliert dadurch seine Wirksamkeit (s.a. BFH vom 22.5.2012, VII R 47/11, BStBl II 2013, 3 sowie BFH vom 20.10.2021, XI R 24/20, BFH/NV 2022, 632, LEXinform 0953274, Rz. 21 mit weiteren Fundstellen).
Erledigung des Vorauszahlungsbescheides tritt auch dann ein, wenn der Vorauszahlungsbescheid bereits Grundlage anderer Verwaltungsakte geworden ist oder es noch werden kann, etwa einer Vollstreckungsmaßnahme oder der Erhebung von steuerlichen Nebenleistungen. Ein wegen des Vorauszahlungsbescheides anhängiges Rechtsbehelfsverfahren kann nach Ergehen des Jahressteuerbescheids allenfalls – bei in Ausnahmefällen trotz § 68 FGO bzw. § 365 Abs. 3 AO bestehendem rechtlichen Interesse – mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vorauszahlungsbescheides fortgeführt werden. Eine solche Feststellung kann zwar nicht im Einspruchsverfahren, wohl aber auch bei einem im Einspruchsverfahren erledigten Steuerbescheid vom FG getroffen werden (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO).
Das berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines USt-Vorauszahlungsbescheids nach Ergehen des ihn erledigenden USt-Jahresbescheids liegt nur in wenigen Fällen vor, insbes. bei einer Aussetzung der Vollziehung des Vorauszahlungsbescheids, bei einer noch bestehenden Pfändung aufgrund dieses Bescheids, ferner wenn sich bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorauszahlungsbescheids Fragen stellen, die im Rahmen der Anfechtung des Jahresbescheids nicht geklärt werden können und an deren Klärung ein berechtigtes Interesse des Klägers besteht (BFH vom 10.2.2010, XI R 3/09, BFH/NV 2010, 1450, LEXinform 0179601; vom 8.11.2013, X B 58/13, BFH/NV 2014, 361, LEXinform 5907588; vom 19.4.2016, II B 66/15, BFH/NV 2016, 1059, LEXinform 5908370).
In einem weiteren Urteil vom 4.11.1999 (V R 35/98, BStBl II 2000, 454) hat der BFH entschieden, dass der während des Verfahrens über den Einspruch gegen den USt-Vorauszahlungsbescheid bekannt gegebene USt-Jahresbescheid gem. § 365 Abs. 3 AO zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wird (s.a. BFH vom 3.11.2011, V R 32/10, BStBl II 2012, 525). Diese Wirkung tritt auch ohne Erklärung des Einspruchsführers kraft Gesetzes ein. Das Einspruchsverfahren kennt im Unterschied zum finanzgerichtlichen Verfahren keinen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) und ist nicht kostenpflichtig. Vielmehr fördert § 365 Abs. 3 AO im Interesse der Verfahrensökonomie eine abschließende Entscheidung in der Sache, die durch die Prüfung der Rechtmäßigkeit des USt-Jahresbescheids gegeben ist.
Der BFH hat im Urteil vom 29.11.1984 (BStBl II 1985, 370) ausgeführt, dass unabhängig von dieser Wirkung des Jahressteuerbescheides die Rechtswirkungen eines Vorauszahlungsbescheides erhalten bleiben, welche dieser »als solcher« in der Vergangenheit ausgelöst hat. Zu diesen »formellen« Rechtswirkungen des Vorauszahlungsbescheides, die in der Vergangenheit eingetreten sind und von der späteren Festsetzung der Jahressteuer unberührt bleiben, gehören z.B. auf den Vollstreckungstitel des Vorauszahlungsbescheides in der Vergangenheit gestützte Vollstreckungsmaßnahmen, festgesetzte Verspätungszuschläge oder – bei negativer Steuer – die Auszahlung des an einen Dritten abgetretenen Vorsteuerüberschusses. Auch die Fälligkeit von Vorauszahlungen und eine dadurch entstandene Aufrechnungslage werden durch den Jahressteuerbescheid nicht berührt.
Der Umsatzsteuerjahresbescheid regelt allerdings ein Steuerrechtsverhältnis, das mit den durch Vorauszahlungsbescheide bzw. Anmeldungen geregelten Steuerrechtsverhältnissen nicht identisch ist. Der BFH hat im Urteil vom 24.1.1995 (VII R 144/92, BStBl II 1995, 862) die Eigenständigkeit des USt-Voranmeldungsverfahrens gegenüber der Festsetzung der Jahressteuer betont. Wenn auch Besteuerungszeitraum das Kj. ist (§ 16 Abs. 1 Satz 2 UStG), so hat der BFH ausgeführt, so entstünden doch mit Ablauf des jeweiligen Voranmeldungszeitraums kraft Gesetzes eigenständige Umsatzsteueransprüche, die von den in dem Voranmeldungszeitraum ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen und von den in diese Zeiträume fallenden abziehbaren Vorsteuerbeträgen abhängen. Der Regelungsgehalt der Vorauszahlungsbescheide bleibt jedoch von dem späteren Erlass des Jahressteuerbescheides »unberührt«, wenn der Umsatzsteuerjahresbescheid keine Feststellungen darüber enthält, dass die Voranmeldungen bzw. Feststellungen der USt für bestimmte Monate materiell fehlerhaft waren. Die Vorauszahlungsbescheide stellen insoweit weiterhin einen »formellen Rechtsgrund« dar, sodass auf ihrer Grundlage bewirkte Rechtsfolgen nicht rückgängig zu machen sind. Hinsichtlich der bereits verwirklichten Regelungen eines Vorauszahlungsbescheides ist auch nach Ergehen des Jahressteuerbescheides auf diese formelle Bescheidlage abzustellen und gleichsam eine Rückabwicklung nur dann zulässig, wenn das FA den Vorauszahlungsbescheid aufgehoben oder geändert hat oder der später erlassene Jahressteuerbescheid Feststellungen enthält, aus denen sich – wie z.B. bei der Versagung des Vorsteuerabzugs für das gesamte Kj. – die Fehlerhaftigkeit der betreffenden Voranmeldung bzw. der Festsetzung einer Umsatzsteuervorauszahlung ergibt (s.a. FG Düsseldorf vom 22.9.1999, 5 K 6054/94, LEXinform 0553016, rkr.).
Ein Vorauszahlungsbescheid, der einen Vorsteuerüberschuss ausweist, bleibt als formeller Rechtsgrund für die Auszahlung des Vorsteuerüberschusses nur dann erhalten, wenn der Jahressteuerbescheid nicht die Feststellung enthält, dass die Steuerfestsetzung für den betreffenden Voranmeldungszeitraum fehlerhaft war (BFH vom 13.7.2007, VII B 362/06, BFH/NV 2007, 2364, LEXinform 5903900).
Der BFH verweist in seinem Urteil vom 22.5.2012 (VII R 47/11, BStBl II 2013, 3) ausdrücklich auf seine bisherige Rspr., wonach die Festsetzung von USt-Vorauszahlungen sich gem. § 124 Abs. 2 AO durch die Festsetzung der Jahresumsatzsteuer erledigt, d.h., ihre Rechtswirkung wurde beendet. Wird der Jahressteuerbescheid allerdings später wieder aufgehoben, hat er keine Wirkung mehr. Die Aufhebung beseitigt in der Regel dessen Wirkung von Anfang an (rückwirkend). Der BFH hat mit Urteil vom 9.12.2004 (VII R 16/03, BStBl II 2006, 346) entschieden, dass die Festsetzung einer Steuer wieder in Kraft gesetzt wird, wenn das FA einen Bescheid aufhebt, in dem es den ursprünglich erlassenen Steuerbescheid aufgehoben hatte. Entsprechendes gilt im Voranmeldungsverfahren, wenn ein Bescheid aufgehoben wird, durch dessen Erlass sich anderweitig getroffene Steuerfestsetzungen in anderer Weise gem. § 124 Abs. 2 AO erledigt hatten. Durch die Aufhebung des Jahressteuerbescheids leben somit die Voranmeldungen wieder auf.
Zur Wirkung einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung führt der BFH mit Urteil vom 2.12.1999 (V R 19/99, BStBl II 2000, 284) Folgendes aus: Ein Steuerbescheid ist nur dann wirksam unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellt, wenn die Kennzeichnung des Vorbehalts für den Stpfl. eindeutig erkennbar ist. Der kraft Gesetzes für eine Steueranmeldung geltende Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn das FA nach Eingang der Steuererklärung erstmals einen Steuerbescheid ohne Nachprüfungsvorbehalt erlässt.
Mit Urteil vom 12.10.1999 (VII R 98/98, BStBl II 2000, 486) hat der BFH entschieden, dass der Haftungsschuldner auch noch nach Ergehen des USt-Jahresbescheids gegenüber dem Steuerschuldner durch Haftungsbescheid für rückständige USt-Vorauszahlungen in Anspruch genommen werden kann, wenn die Haftungsvoraussetzungen (nur) bezüglich der USt-Vorauszahlungen vorlagen.
Mit Urteil vom 1.8.2007 (XI R 48/05, BStBl II 2008, 282) hat der BFH entschieden, dass eine für das vorangegangene Kj. geschuldete und zu Beginn des Folgejahres entrichtete USt-Vorauszahlung als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe im vorangegangenen Veranlagungszeitraum abziehbar ist. Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG entsprechend, sodass diese als in dem Kj. abgeflossen gelten, zu dem sie wirtschaftlich gehören, wenn der Stpfl. sie kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung dieses Kj. gezahlt hat (s.a. H 11 [Umsatzsteuervorauszahlungen/-erstattungen] EStH).
Als kurze Zeit i.S.d. § 11 EStG ist ein Zeitraum bis zu zehn Tagen anzusehen. Innerhalb dieses Zeitraums müssen die Zahlungen fällig und geleistet worden sein (H 11 [Allgemeines] EStH); beide Voraussetzungen (Fälligkeit und Abfluss) müssen kumulativ vorliegen (s.a. BFH vom 16.2.2022, X R 2/21, BStBl II 2022, 448).
In folgenden Fällen findet § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG daher keine Anwendung, weil nur die Zahlung innerhalb kurzer Zeit nach Ende des Kj. erfolgt ist, der Fälligkeitszeitpunkt aber außerhalb des Zeitraums liegt (FinMin Schleswig-Holstein vom 14.2.2022, VI 306 – S 2226 – 039, LEXinform 7013061):
Umsatzsteuer Dezember 2020, Fälligkeit 10.2.2021, Zahlung 7.1.2021.
Die Umsatzsteuervorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum des Dezembers des Vorjahres, die zwar innerhalb des für § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG maßgeblichen Zehn-Tages-Zeitraums geleistet, aber wegen einer Dauerfristverlängerung erst danach fällig wird, ist bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung erst im Jahr des Abflusses als Betriebsausgabe zu berücksichtigen (BFH vom 21.6.2022, VIII R 25/20, BStBl II 2023, 154; Anschluss an das BFH vom 16.2.2022 – X R 2/21, BStBl II 2022, 448; s.a. BFH vom 13.12.2022, VIII R 1/20, BFH/NV 2023, 375, LEXinform 0952706).
Umsatzsteuer III. Quartal 2020, Fälligkeit 10.11.2020, Zahlung 7.1.2021.
Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben setzen voraus, dass sie kurze Zeit vor Beginn bzw. kurze Zeit nach Beendigung des Kj. der wirtschaftlichen Zugehörigkeit nicht nur gezahlt, sondern auch fällig geworden sind (BFH vom 16.2.2022, X R 2/21, BStBl II 2022, 448).
Zum Abzugszeitpunkt der USt-Vorauszahlungen u.a. auch beim Lastschrifteinzug und bei Scheckzahlungen nimmt das BayLfSt mit Vfg. vom 4.11.2022 (S 2226.2.1 – 5/25 St 32, LEXinform 7013411) Stellung (s.a. FinMin Schleswig-Holstein vom 14.2.2022, VI 306 – S 2226 – 039, LEXinform 7013061). Entscheidend dafür, in welchem Veranlagungszeitraum Ausgaben abzusetzen sind, ist der Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht (H 11 [Allgemeines] EStH).
Der Abfluss erfolgt spätestens im Zeitpunkt der Lastschrift. Der Abfluss kann aber auch bereits mit Eingang des Überweisungsauftrags bei der Überweisungsbank erfolgen, da der Zahlende ab diesem Zeitpunkt keine Verfügungsmacht mehr über den Verlauf der Überweisung hat. Voraussetzung ist allerdings, dass das Konto die nötige Deckung aufweist (vgl. H 11 [Überweisung] EStH). Der Zufluss erfolgt im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Bankkonto, da der Zahlungsempfänger erst ab diesem Zeitpunkt über das Geld verfügen kann.
Im Falle einer Scheckzahlung ist der Abfluss beim Schuldner bereits mit Übergabe des Schecks anzunehmen. Einer etwaigen rechtlichen Möglichkeit des Schuldners, eine Sperrung oder einen Widerruf des Schecks zu bewirken, hat der BFH dabei keine Bedeutung beigemessen. Voraussetzung ist lediglich, dass die Auszahlung bei sofortiger Vorlage des Schecks wegen fehlender Deckung des Kontos nicht verweigert würde und die Einlösung nicht durch eine zivilrechtliche Vereinbarung eingeschränkt ist (H 11 [Scheck] EStH).
Der Zeitpunkt des Zuflusses erfolgt mit Entgegennahme des Schecks.
Bei Erteilung einer Lastschrifteinzugsermächtigung ist der Abfluss i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 2 EStG unabhängig von einer späteren tatsächlichen Inanspruchnahme durch das FA und einer Widerrufsmöglichkeit des Stpfl. im Zeitpunkt der Fälligkeit der USt-Vorauszahlung anzunehmen, soweit das betreffende Konto im Fälligkeitszeitpunkt eine hinreichende Deckung aufweist. Der Stpfl. hat zu diesem Zeitpunkt von sich aus durch Erteilung der Lastschrifteinzugsgenehmigung und Abgabe der entsprechenden USt-Voranmeldung alles Erforderliche getan, um den Leistungserfolg herbeizuführen. Auf den tatsächlichen Erfüllungszeitpunkt kommt es dabei nicht an. Daher ist die Zahllast einer am 10.1. fälligen (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG), aber später eingezogenen USt-Vorauszahlung regelmäßig im vorangegangenen Kj. als Betriebsausgabe zu berücksichtigen (FG Düsseldorf vom 11.5.2015, 11 K 397/15, EFG 2015, 1264 und BFH Beschluss vom 8.3.2016, VIII B 58/15, BFH/NV 2016, 1008). Der Abfluss ist daher regelmäßig mit Abgabe der Voranmeldung anzunehmen.
Aus diesem Grund findet § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG nur bei einer bis zum 10.1. eines Kj. abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember oder bei Dauerfristverlängerung für November oder für das IV. Quartal des vorangehenden Kj. Anwendung, wenn aufgrund einer Einzugsermächtigung die wirksam geleistete Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 3 AO bei hinreichender Kontendeckung als am Fälligkeitstag entrichtet gilt. Bei einer späteren Abgabe liegt der Abfluss außerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums und kann daher nicht mehr im VZ der wirtschaftlichen Zugehörigkeit berücksichtigt werden.
Im Erstattungsfall kommt es dennoch erst im Zeitpunkt der Gutschrift beim Stpfl. zu einem Zufluss, da er erst zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich über den Geldbetrag verfügen kann.
Bei einer Umbuchung handelt es sich um eine Aufrechnung i.S.d. § 226 AO. Der Abfluss und Zufluss erfolgt mit dem Wirksamwerden der Aufrechnungserklärung gem. § 226 Abs. 1 AO i.V.m. § 388 BGB. Hierbei handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem sie in den Machtbereich des Empfängers (= Stpfl.) gelangt und nach den Umständen zu erwarten ist, dass er von ihr Kenntnis nimmt. Die zivilrechtliche Rückwirkung der Aufrechnungserklärung auf den Aufrechnungszeitpunkt ist nicht maßgebend. Für den steuerlichen Zufluss ist rein der Zugang der Aufrechnungserklärung (= Umbuchungsmitteilung) beim Stpfl. entscheidend (vgl. BFH vom 25.10.1994, VIII R 79/91, BStBl II 1995, 121; BayLfSt vom 4.11.2022, S 2226.2.1 – 5/25 St 32, LEXinform 7013411, Tz. 4).
Nach § 220 Abs. 2 Satz 1 AO wird der Erstattungsanspruch grds. mit seiner Entstehung fällig. Ergibt sich der Anspruch aus der Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, so tritt gem. § 220 Abs. 2 Satz 2 AO die Fälligkeit nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein. Dies bedeutet, dass ein angemeldeter zustimmungsbedürftiger Steuervergütungsanspruch erst mit Bekanntgabe der Zustimmung an den Stpfl. fällig wird. Dies erfolgt in der Regel konkludent durch die Gutschrift.
Wird die Fälligkeit durch die erst später erfolgte Bekanntgabe der Zustimmung auf ein Datum nach dem 10.1. verschoben, kann die Erstattung somit nicht mehr im VZ der wirtschaftlichen Zugehörigkeit erfasst werden (BayLfSt vom 4.11.2022, S 2226.2.1 – 5/25 St 32, LEXinform 7013411, Tz. 5).
Ist eine Umsatzsteuervorauszahlung an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag fällig, verschiebt sich die Fälligkeit nach § 108 Abs. 3 AO auf den nächsten Werktag. In solchen Fällen kann die Zahlung erst im VZ der tatsächlichen Zahlung als Betriebsausgabe erfasst werden, da die Fälligkeit nicht mehr innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums liegt.
Mit Urteil vom 11.11.2014 (VIII R 34/12, BStBl II 2015, 285) bestätigt der BFH die Verwaltungsauffassung dahingehend, dass eine Verlängerung des Zehn-Tages-Zeitraums auch im Hinblick auf die nach § 108 Abs. 3 AO hinausgeschobene Fälligkeit von Umsatzsteuervorauszahlungen nicht in Betracht kommt (FinMin Schleswig-Holstein vom 14.2.2022, VI 306 – S 2226 – 039, LEXinform 7013061).
Beispiel 2:
Unternehmer U reicht die USt-Voranmeldung für das IV. Quartal des Kj. 09 am 11.1.10 (einem Montag) fristgerecht beim FA ein. Gleichzeitig leistet er die entsprechende USt-Vorauszahlung. Die Vorauszahlung berücksichtigt U in seiner Einnahmen-Überschussrechnung für das Kj. 09 als Betriebsausgabe.
Lösung 2:
Der Sachverhalt und die Lösung sind dem BFH-Urteil vom 11.11.2014 (VIII R 34/12, BStBl II 2015, 285) nachgebildet.
Nach § 11 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 EStG gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die bei dem Stpfl. kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kj. angefallen sind, zu dem sie wirtschaftlich gehören, als in diesem Kj. abgeflossen.
Im Beispielsfall ist die Umsatzsteuervorauszahlung zwar fristgerecht am Montag, den 11.1. des folgenden Jahres, geleistet worden. Sie ist indes nicht i.S.v. § 11 EStG kurze Zeit nach Beendigung des Kj. abgeflossen; als »kurze Zeit« gilt ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen. U hat die Umsatzsteuervorauszahlung unstreitig erst am 11.1.10, d.h. nach Ablauf des Zehn-Tages-Zeitraums, entrichtet.
Die Norm des § 108 Abs. 3 AO ist auf Fälle der vom Zu- und Abflussprinzip abweichenden zeitlichen Zurechnung regelmäßig wiederkehrender Einnahmen oder Ausgaben in § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG nicht anzuwenden. Es fehlt bereits an der Voraussetzung, dass eine Leistung »zu bewirken ist«. § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG regeln nämlich keine Zahlungspflicht, sondern knüpfen nur an eine tatsächlich in dem dort nicht näher bestimmten Zeitraum geleistete Zahlung an, um danach im Rahmen der Einkommensermittlung eine vom Grundsatz abweichende periodengerechte zeitliche Zurechnung von Einnahmen und Ausgaben für die Gewinn- bzw. Überschusseinkünfte zu bestimmen.
Nach § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG ist eine Umsatzsteuervorauszahlung am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig. Nach § 108 Abs. 3 AO verlängert sich die Zahlungsfrist bis zum folgenden Werktag, sofern deren Ende auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt. Für den Zeitraum des § 11 EStG hat diese Verlängerung indes keine Bedeutung. Denn § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG regeln keine Frist, sondern schaffen lediglich eine gesetzlich normierte Zufluss- bzw. Abflussfiktion.
Beispiel 3:
Unternehmer U reicht die USt-Voranmeldung für Dezember des Kj. 14 am 8.1.15 (einem Freitag) fristgerecht beim FA ein. Gleichzeitig leistet er die entsprechende USt-Vorauszahlung. Die Vorauszahlung berücksichtigt U in seiner Einnahmen-Überschussrechnung für das Kj. 14 als Betriebsausgabe.
Das FA versagte den Betriebsausgabenabzug, da die Zahlung dem Jahr 15 zuzurechnen sei. Die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG sei nicht anzuwenden, wenn der Fälligkeitstag aufgrund des § 108 Abs. 3 AO außerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums liege.
Lösung 3:
Der Sachverhalt und die Lösung sind dem BFH-Urteil vom 27.6.2018 (X R 44/16, BStBl II 2018, 781) nachgebildet.
Die USt-Vorauszahlung für den Dezember 14 wurde vom Stpfl. unstreitig am 8.1.15 und damit »kurze Zeit« i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG nach Beendigung des Kj. entrichtet. Als »kurze Zeit« gilt ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen. Im Streitfall kann dahinstehen, ob es zur Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG erforderlich ist, dass die USt-Vorauszahlung innerhalb dieses Zehn-Tages-Zeitraums nicht nur gezahlt, sondern auch fällig sein muss (BFH X R 44/16, Rz. 12).
Beachte:
Die Frage, ob es bei der Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG auf die Fälligkeit ankommt, hat der BFH nunmehr entschieden. In den Urteilen vom 16.2.2022 (X R 2/21, BStBl II 2022, 448) und vom 21.6.2022 (VIII R 25/20, BStBl II 2023, 154, s.o.) hat der BFH die bisherige Verwaltungsauffassung bestätigt, sodass zwingend die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlungen und die Zahlung innerhalb des maßgeblichen Zehntageszeitraums liegen muss. Von Bedeutung ist dies z.B. bei Zustimmungsfällen, bei denen die Fälligkeit gem. § 220 Abs. 2 Satz 2 AO verschoben wird (s.a. BayLfSt vom 4.11.2022, S 2226.2.1 – 5/25 St 32, LEXinform 7013411, Tz. 6).
Lösung Fortsetzung:
Der die regelmäßige Wiederkehr bestimmende Zahlungs- und Fälligkeitstermin beruht auf einer gesetzlichen Regelung: Die Vorauszahlung ist gem. § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig, d.h. im Streitfall war die Umsatzsteuervorauszahlung des Stpfl. für den Dezember 14 am 10.1.15 (Sonntag) und infolgedessen innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums des § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG fällig.
Bei der Ermittlung der (ggf. erforderlichen) Fälligkeit ist allein auf diese gesetzliche Frist abzustellen, nicht hingegen auf eine mögliche Verlängerung der Frist gem. § 108 Abs. 3 AO bzw. § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 BGB. Fällt danach das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags. Zutreffend hat der BFH in seinem Urteil vom 11.11.2014 (VIII R 34/12, BStBl II 2015, 285) zum einen die Anwendung des § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 BGB auf Fälle der vom Zu- und Abflussprinzip abweichenden zeitlichen Zurechnung regelmäßig wiederkehrender Einnahmen oder Ausgaben in § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG verneint und die USt-Vorauszahlung, die – obgleich fristgerecht – am Montag, den 11.1. des dem dortigen Streitjahr folgenden Jahres geleistet worden war, nicht als kurze Zeit nach Beendigung des Kj. i.S.v. § 11 EStG abgeflossen angesehen. Es fehle bereits an der Voraussetzung, dass eine Leistung »zu bewirken ist«. § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG regelten nämlich keine Zahlungspflicht, sondern knüpften nur an eine tatsächlich in dem dort nicht näher bestimmten Zeitraum geleistete Zahlung an, um danach im Rahmen der Einkommensermittlung eine vom Grundsatz abweichende periodengerechte zeitliche Zurechnung von Einnahmen und Ausgaben für die Gewinn- bzw. Überschusseinkünfte zu bestimmen. Zum anderen sei auch § 108 Abs. 3 AO nicht auf § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG anwendbar, da jene Vorschriften keine Frist regelten, sondern lediglich eine gesetzlich normierte Zufluss- bzw. Abflussfiktion schafften.
Es wäre nicht verständlich, wenn § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG trotz rechtzeitiger Zahlung allein deswegen nicht angewendet werden könnte, weil das Fristende des § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG nicht auf einen Werktag, sondern auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt und damit aufgrund der Regelung des § 108 Abs. 3 AO bzw. § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 BGB die Steuerschuld erst am folgenden Werktag zu begleichen ist. Es kann nicht von einem Umstand abhängen, auf den der Stpfl. keinen Einfluss hat, dass bei identischen Vorgaben, nämlich der Erklärung und Zahlung der USt-Vorauszahlung für den Dezember vor dem 10.1. des Folgejahres, in einigen Jahren eine Zurechnung der Zahlung zum Vorjahr erfolgt und in anderen Jahren die USt-Vorauszahlung im Jahr der Entrichtung als Betriebsausgabe zu berücksichtigen ist.
Beispiel 4:
Unternehmer U hat seine USt-Voranmeldungen monatlich zu übermitteln. U hat dem FA ein SEPA-Lastschriftmandat erteilt. Die USt-Voranmeldung Dezember 01 wird von A rechtzeitig am 9.1.02 (Freitag) eingereicht. Es ergibt sich eine Zahllast von 1 000 €. Die Abbuchung erfolgt am 14.1.02. Das von der Abbuchung betroffene Konto weist im Zeitpunkt der Fälligkeit eine ausreichende Deckung aus.
Lösung 4:
Zu Sachverhalt und Lösung s. den Erlass des FinMin Schleswig-Holstein vom 14.2.2022 (VI 306 – S 2226 – 039, LEXinform 7013061).
Die USt-Zahlung für Dezember 01 ist dem Jahr 01 zuzurechnen. Durch die erteilte Einzugsermächtigung gilt die Zahlung als am Fälligkeitstag geleistet. Die spätere Abbuchung durch das FA ist unerheblich.
Zahlungen und Erstattungen aufgrund der Umsatzsteuerjahreserklärung sind nicht als regelmäßig wiederkehrend i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG zu qualifizieren.
Der BFH hat mit Urteil vom 1.8.2007 (XI R 48/05, BStBl II 2008, 282) entschieden, dass Zahlungen und Erstattungen aufgrund einer Umsatzsteuervoranmeldung als regelmäßig wiederkehrend zu qualifizieren sind. Grund für diese Aussage ist, dass Fälligkeit und Zahlung durch das Gesetz eindeutig festgelegt sind. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG muss eine Voranmeldung spätestens am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums abgegeben werden und nach § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG ist die Vorauszahlung immer am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig.
Für die Umsatzsteuerjahreserklärung fehlt es an einer solchen Regelung. Hierfür gelten nur die allgemeinen Fristen zur Abgabe einer Steuererklärung und dementsprechend die allgemein gehaltenen Regelungen zur Fälligkeit des § 18 Abs. 4 UStG. Angesichts einer fehlenden speziellen gesetzlichen Regelung für die Frist zur Abgabe der Jahreserklärung und zur Fälligkeit kann insoweit keine regelmäßig wiederkehrende Zahlung i.S.d. § 11 EStG angenommen werden (BayLfSt vom 4.11.2022, S 2226.2.1 – 5/25 St 32, LEXinform 7013411, Tz. 8).
Beispiele zur Anwendung des § 11 EStG:
S. FinMin Schleswig-Holstein Erlass vom 14.2.2022 (VI 306 – S 2226 – 039, LEXinform 7013061).
Grundfall: Es wird jeweils USt gezahlt, § 11 EStG ist anzuwenden, keine Dauerfristverlängerung |
Berücksichtigung im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit |
Berücksichtigung im Jahr der Zahlung |
Bemerkungen |
Übermittlung der UStVA für Dez. 01 am 10.1.02. Lastschrifteinzug am 11.1.02. |
x |
Aufgrund des Lastschrifteinzugs ist der Abfluss i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG im Zeitpunkt der Fälligkeit (10.1.02) anzunehmen. |
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Übermittlung der UStVA für Dez. 01 am 11.1.02. Lastschrifteinzug am 12.1. Der 10.1.02 ist ein Samstag, Sonn- oder Feiertag. |
x |
Voranmeldung ist nicht innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums beim FA eingegangen. Verschobene Fälligkeit gem. § 108 Abs. 3 AO auf den nächstliegenden Werktag ist daher unbeachtlich. |
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Übermittlung der UStVA für Dez. 01 am 10.1.02. Überweisung am 11.1.02. Der 10.1.02 ist kein Samstag, Sonn- oder Feiertag. |
x |
Kein Abfluss beim Stpfl. innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums. |
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Übermittlung der UStVA für Dez. 01 am 10.1.02. Überweisung am 10.1.02, Zahlungseingang FA am 12.1.02. Der 10.1.02 ist kein Samstag, Sonn- oder Feiertag. |
x |
Abfluss beim Stpfl. innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums. Problem: Fälle weder maschinell noch personell ohne Nachfrage erkennbar. |
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Die aufgrund gewährter Dauerfristverlängerung (erst) am 10.2.02 fällige Umsatzsteuervorauszahlung für Dez. 01 wird bereits am 6.1.02 gezahlt |
x |
Trotz Zahlung innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums Berücksichtigung erst im Jahr der Zahlung, da die Umsatzsteuervorauszahlung aufgrund gewährter Dauerfristverlängerung erst am 10.2.02 fällig ist. Die Fälligkeit liegt außerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums (BFH vom 13.12.2022, VIII R 1/20, BFH/NV 2023, 375, LEXinform 0952706; Anschluss an BFH vom 16.2.2022 – X R 2/21, BStBl II 2022, 448). |
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Übermittlung der UStVA für Mai 01 – verspätet – am 9.1.02. Lastschrifteneinzug am 9.1.02. |
x |
Fälligkeit liegt nicht innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums, sondern früher (§ 18 Abs. 1 Satz 4 UStG); daher keine Berücksichtigung im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit trotz Zahlung innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums (s.a. BFH vom 16.2.2022, X R 2/21, BStBl II 2022, 448). |
Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer (Loseblatt).
→ Abgabefristen von Steuererklärungen
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