1 Allgemeiner Überblick
2 Übertragungen in unterschiedliche Betriebsvermögen und Übertragungen im Zusammenhang mit Betriebs- oder Teilbetriebsübertragungen
3 Unentgeltliche Übertragung eines Betriebs nach § 6 Abs. 3 EStG
4 Unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG
5 Unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG
5.1 Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG
5.2 Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG
5.3 Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG
6 Gleichzeitige Anwendung von § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG bei Überführung von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 EStG
7 Realteilung einer Mitunternehmerschaft gem. § 16 Abs. 3 EStG
8 Literaturhinweise
9 Verwandte Lexikonartikel
Die Übertragung von Einzel-WG kann im Zusammenhang mit privaten Vorgängen, aber auch mit betrieblichen Umstrukturierungen erfolgen.
Abgebendes Betriebsvermögen WG wird unentgeltlich übertragen |
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in Privatvermögen desselben Stpfl. |
in Privatvermögen eines anderen Stpfl. |
in Betriebsvermögen eines anderen Stpfl. |
in ein anderes Betriebsvermögen desselben Stpfl. |
Die → Entnahme ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen. |
Nach § 6 Abs. 4 EStG ist der gemeine Wert beim aufnehmenden Betriebsvermögen anzusetzen. Im abgebenden Betriebsvermögen ist der Buchwert anzusetzen. |
Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist in beiden Betriebsvermögen der Buchwert anzusetzen. |
Abb.: Überblick über die unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern
Die Vorschriften des § 6 Abs. 3 bis Abs. 6 EStG sind nach § 6 Abs. 7 EStG auch für die → Einnahmen-Überschussrechnung anzuwenden.
Zur unentgeltlichen Übertragung von Mitunternehmeranteilen mit Sonderbetriebsvermögen i.S.d. § 6 Abs. 3 EStG nimmt das BMF-Schreiben vom 20.11.2019 (BStBl I 2019, 1291) ausführlich Stellung (→ Mitunternehmerschaft). Es ist auf Übertragungsvorgänge gem. § 6 Abs. 3 und § 6 Abs. 5 EStG anzuwenden.
Die Behandlung der unentgeltlichen Übertragung von WG nach § 6 Abs. 3, Abs. 5 EStG sowie nach § 16 Abs. 3 EStG (→ Realteilung gem. § 16 Abs. 3 EStG) zeigt die nachfolgende Übersicht.
Übertragung/Überführung von Wirtschaftsgütern |
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Einzelwirtschaftsgüter |
Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil, Anteil am Mitunternehmeranteil |
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Übertragung von einem BV in ein anderes BV desselben Stpfl. |
Übertragung
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Übertragung
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ohne Betriebsaufgabe |
mit Betriebsaufgabe (→ Realteilung gem. § 16 Abs. 3 EStG) |
Die Behaltefrist von drei Jahren ist zu beachten. |
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§ 6 Abs. 3 EStG |
§ 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 EStG |
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Buchwerte |
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Übertragung Einzelwirtschaftsgüter bei einer Realteilung auf eine Körperschaft i.S.d. KStG (§ 16 Abs. 3 Satz 4 EStG). |
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§ 6 Abs. 5 Satz 1 EStG |
§ 6 Abs. 5 Satz 2 EStG |
§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1, 2 und 3 EStG |
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Buchwerte |
Gemeiner Wert |
Abb.: Übertragung/Überführung von Wirtschaftsgütern
Zu der Übertragung und Überführung von einzelnen WG nach § 6 Abs. 5 EStG nimmt das BMF in seinem Schreiben vom 8.12.2011 (BStBl I 2011, 1279; Rn. 19 ist insoweit überholt, als dort unter Rn. 19 zu prüfen ist, ob einer Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 EStG die Gesamtplanrechtsprechung entgegensteht; s. hierzu Rn. 40 des BMF-Schreibens vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291) ausführlich Stellung.
Die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG setzt voraus, dass der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit einstellt. Daran fehlt es, wenn die einzige wesentliche Betriebsgrundlage aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchs vom bisherigen Betriebsinhaber weiterhin gewerblich genutzt wird (BFH Urteil vom 25.1.2017, X R 59/14, BStBl II 2019, 730, LEXinform 0446615; Bestätigung der BFH-Urteile vom 2.9.1992, XI R 26/91, BFH/NV 1993, 161, und vom 12.6.1996, XI R 56, 57/95, BStBl II 1996, 527).
Der Mitunternehmeranteil eines Gesellschafters umfasst sowohl den Anteil am Gesamthandsvermögen als auch das dem einzelnen Mitunternehmer zuzurechnende Sonderbetriebsvermögen. Eine begünstigte Übertragung des vollständigen Mitunternehmeranteils im Rahmen des § 6 Abs. 3 EStG kann grds. nur dann vorliegen, wenn auch das funktional wesentliche Sonderbetriebsvermögen unentgeltlich auf den Erwerber mitübertragen wird (FG Schleswig-Holstein Urteil vom 26.3.2019, 4 K 83/16, EFG 2019, 1508; BMF vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291, Rz. 6). § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG greift nicht ein, wenn zeitgleich mit der Veräußerung einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage des Sonderbetriebsvermögens der verbliebene Mitunternehmeranteil unentgeltlich auf eine andere Person übertragen wird (BFH vom 10.9.2020, IV R 14/18, BStBl II 2021, 367; s. auch BMF vom 5.5.2021, BStBl I 2021, 696). Funktional wesentlich können nur solche WG sein, die für die Funktion des Betriebes von Bedeutung sind (→ Wesentliche Betriebsgrundlage); auf das Vorliegen erheblicher stiller Reserven kommt es nicht an (BMF vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291, Rz. 6). Wird die gesellschaftsrechtliche Beteiligung an einer PersGes übertragen und gleichzeitig das Sonderbetriebsvermögen des Übertragenden privatisiert, wird die Mitunternehmerschaft als Ganzes in einem wirtschaftlich einheitlichen Vorgang im Wege einer Totalentnahme aufgelöst (FG Schleswig-Holstein Urteil vom 26.3.2019, 4 K 83/16, EFG 2019, 1508). Dabei hat eine Aufdeckung der stillen Reserven, einschließlich derer im Firmenwert, zu erfolgen.
Der BFH hat im Urteil vom 27.5.2020 (III R 17/19, BFH/NV 2020, 1334) entschieden, dass im Fall der vorweggenommenen Erbfolge das Buchwertfortführungsgebot nach § 6 Abs. 3 EStG keine umfassende Anwendung der sog. Fußstapfentheorie auslöst. Im Streitfall hatte der Vater im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinem Sohn den Mitunternehmeranteil an einer PersGes und das zum Sonderbetriebsvermögen gehörende bebaute Grundstück geschenkt. Das wirtschaftlich noch nicht verbrauchte Gebäude wurde vom Sohn durch einen Neubau ersetzt. Der Restbuchwert und die Abbruchkosten sind als HK für den Neubau zu behandeln. Der Restbuchwert und die Abbruchkosten eines noch nutzbaren Gebäudes sind nach Auffassung des BFH nicht sofort als BA oder WK absetzbar, wenn der Stpfl. das Gebäude innerhalb der letzten drei Jahre mit Abbruchabsicht erworben hat.
Bei der Überführung eines einzelnen WG nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG handelt es sich um eine Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG aus dem abgebenden BV und um eine Einlage i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG bei dem aufnehmenden BV (vgl. BMF-Schreiben vom 17.11.2005, BStBl I 2005, 1019, Rn. 10), deren Bewertungen abweichend von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 5 EStG in § 6 Abs. 5 EStG geregelt sind.
Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG müssen einzelne WG mit dem Buchwert angesetzt werden, wenn sie aus einem (Sonder-)Betriebsvermögen in ein anderes Betriebs- oder Sonderbetriebsvermögen desselben Stpfl. überführt werden, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei dem zu überführenden WG um ein WG des AV oder UV handelt. Das zu überführende WG kann auch eine wesentliche Betriebsgrundlage des abgebenden BV sein. Bei der Überführung von WG ist die gleichzeitige Übernahme von Verbindlichkeiten unschädlich.
Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven bedeutet, dass im Zeitpunkt der späteren Veräußerung auch diejenigen stillen Reserven zu besteuern sind, die sich in dem überführten WG zeitlich erst nach der Überführung gebildet haben (also Besteuerung auch der künftigen stillen Reserven). Eine Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven liegt deshalb unter anderem dann nicht vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Stpfl. zugeordnetes WG einer ausländischen Betriebsstätte des Stpfl. zugeordnet wird (§ 6 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG).
Überführender i.S.v. § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist grundsätzlich jede unbeschränkt oder beschränkt stpfl. natürliche Person, die mehrere Betriebe unterhält. Es können aber auch Erbengemeinschaften und eheliche Gütergemeinschaften mit mehreren eigenen BV unter den Anwendungsbereich der Sätze 1 und 2 fallen. Da eine PersGes steuerlich immer nur einen Betrieb führen kann, steht der PersGes regelmäßig nur der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG offen.
Die unentgeltliche Übertragung von WG nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG stellt eine Entnahme dar. Bei der Übertragung von WG gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten handelt es sich hingegen als eine Spezialform des Tauschs um einen Veräußerungsvorgang (tauschähnlicher Vorgang), dessen Bewertung abweichend von den allgemeinen Grundsätzen zwingend zum Buchwert vorzunehmen ist (§ 6 Abs. 6 Satz 4 EStG).
§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG regelt ausschließlich die Übertragung einzelner WG zwischen dem BV eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft, an der der Übertragende beteiligt ist oder umgekehrt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist.
Dem Großen Senat des BFH lag die folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vor (BFH Beschluss vom 27.10.2015, X R 28/12, BStBl II 2016, 81):
Wie ist im Fall der teilentgeltlichen Übertragung eines WG aus einem Einzelbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG) die Höhe eines eventuellen Gewinns aus dem Übertragungsvorgang zu ermitteln? Der vorlegende Senat hält an seiner im Beschluss über die Beitrittsaufforderung vom 19.3.2014 (X R 28/12, BStBl II 2014, 629) geäußerten Auffassung fest, wonach die dogmatischen Argumente, die für die strenge Trennungstheorie sprechen, etwas höher zu gewichten sind als die für die denkbaren Gegenauffassungen sprechenden Erwägungen (betreffend modifizierte Trennungstheorien).
Nachdem das FA dem Begehren der Kläger im zugrunde liegenden Revisionsverfahren X R 28/12 abgeholfen hat, war dieses Verfahren sowie das beim Großen Senat des BFH geführte Verfahren GrS 1/16 ohne Entscheidung über die vorgelegte Rechtsfrage (Ermittlung eines eventuellen Gewinns aus teilentgeltlichen Übertragungen nach der strengen oder modifizierten Trennungstheorie) zu beenden (BFH Beschluss vom 30.10.2018, X R 28/12, BFH/NV 2019, 39).
Das LfSt Niedersachsen hat mit Verfügung vom 24.5.2023 (S-2241 – St221/St222-864/2023, LEXinform 7013683) zur weiteren Anwendung der strengen Trennungstheorie bei Anwendung von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG Stellung genommen. Vor dem Hintergrund, dass zu dieser Rechtsfrage aktuell keine Verfahren mehr vor dem BFH anhängig sind, wurden die FA angewiesen, die Bearbeitung der bislang ruhenden Rechtsbehelfsverfahren wiederaufzunehmen (s. aber FG Rheinland-Pfalz vom 14.6.2023, 2 K 1826/20, EFG 2023, 1131; Revision eingelegt, Az. des BFH: IV R 17/23). In Fällen der teilentgeltlichen Übertragung eines einzelnen WG verfährt die FinVerw weiterhin nach der Rz. 15 des BMF-Schreibens vom 8.12.2011 (IV C 6, BStBl I 2011, 1279) und wendet die strenge Trennungstheorie an. Liegt die Gegenleistung unter dem Verkehrswert, handelt es sich um eine teilentgeltliche Übertragung, bei der der unentgeltliche Teil nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zum Buchwert zu übertragen ist. Hinsichtlich des entgeltlichen Teils der Übertragung liegt eine Veräußerung des WG vor und es kommt insoweit zur Aufdeckung der stillen Reserven des WG (vgl. BFH vom 11.12.2001, BStBl II 2002, 420).
Das FG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 14.6.2023 (2 K 1826/20, EFG 2023, 1131; Revision eingelegt, Az. des BFH: IV R 17/23) wie folgt entschieden: »Überträgt ein Gesellschafter ein in seinem Sonderbetriebsvermögen gehaltenes WG in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er ebenfalls beteiligt ist, zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Entgelt (teilentgeltlich), so ist eine Aufteilung des Vorgangs in ein voll entgeltliches und ein voll unentgeltliches Geschäft vorzunehmen und der vorhandene Buchwert des übertragenen WG anteilig beiden Geschäften zuzuordnen (strenge Trennungstheorie). Werden mehrere WG übertragen, ist der Veräußerungsgewinn jeweils getrennt zu ermitteln.« Das FG folgt damit der von der FinVerw angewendeten sog. strengen Trennungstheorie (vgl. BMF in BStBl I 2011, 1279 und in BStBl I 2013, 1164) sowie den Ausführungen des X. Senats des BFH im Beschluss vom 27.10.2015 (X R 28/12, BStBl II 2014, 629).
Der Formwechsel einer Personenobergesellschaft in eine KapGes im Rahmen einer mehrstöckigen PersGes innerhalb von sieben Jahren nach einer Buchwertübertragung eines WG i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG von einer Tochterpersonengesellschaft auf eine Enkelpersonengesellschaft führt gem. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG zum rückwirkenden Teilwertansatz (Niedersächsisches FG Gerichtsbescheid vom 26.10.2018, 3 K 173/16, EFG 2019, 421; Revision beim BFH ist erledigt durch Zurückweisung: vom 15.7.2021, IV R 35/18). Ein rückwirkender (einkommenserhöhender) Ansatz von Teilwerten bei einer Einbringung zu Buchwerten wegen eines sog. Sperrfristverstoßes i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG ist ausgeschlossen, wenn die vollentgeltliche Übertragung von Anteilen durch den Einbringenden an eine Körperschaft innerhalb der Sperrfrist im Ergebnis zu einer Aufdeckung der stillen Reserven in den zuvor eingebrachten WG führt (BFH vom 18.8.2021, XI R 43/20, BFH/NV 2022, 459, LEXinform 4243501; teilweise Parallelentscheidung: BFH vom 18.8.2021, XI R 20/19, BFH/NV 2022, 403). Die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG erfasst nicht jegliche Anteilsveräußerung innerhalb der Sperrfrist, sondern sie greift lediglich dann ein, soweit die stillen Reserven im Zuge der Veräußerung der Anteile nicht aufgedeckt werden.
§ 6 Abs. 5 Satz 6 EStG ist in Fällen der formwechselnden Umwandlung einer Personenobergesellschaft in eine KapGes weder teleologisch zu reduzieren noch aufgrund der Buchwertverknüpfung des Formwechsels nach § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG oder wegen der hierfür geltenden Sperrfristregelung in § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG einzuschränken.
§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG regelt ausschließlich die Übertragung zwischen dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der der Übertragende beteiligt ist oder umgekehrt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist.
Nach dem Beschluss des BVerfG vom 28.11.2023 (2 BvL 8/13, BGBl I 2024, Nr. 47; diese Entscheidung hat Gesetzeskraft) verstößt § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG i.d.F. vom 20.12.2001 gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit diese Vorschrift keine Buchwertübertragung von WG zwischen beteiligungsidentischen Schwester-PersGes zulässt (LEXinform 0929943). Die hierin liegende Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber ist zu einer rückwirkenden Neuregelung verpflichtet. Mit der Einführung des neuen § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG-E für alle offenen Fälle (§ 52 Abs. 12 Satz 14 ff. EStG-E) durch das JStG 2024 (Regierungsentwurf vom 4.6.2024, LEXinform 0465623) soll auf die Rspr. des BVerfG reagiert und die danach erforderliche Übertragung von WG zwischen beteiligungsidentischen PersGes zum Buchwert ermöglicht werden.
§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG regelt ausschließlich die Übertragung zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist.
Wird im Zeitpunkt der Übertragung des Anteils am Gesamthandsvermögen funktional wesentliches Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zum Buchwert übertragen oder nach § 6 Abs. 5 Satz 1 oder Satz 2 EStG in ein anderes Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen des Stpfl. überführt, ist § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG gleichwohl auf die Übertragung des reduzierten Mitunternehmeranteils anwendbar (BMF vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291, Rz. 10).
Die gleichzeitige Anwendung der beiden Buchwertprivilegien nach § 6 Abs. 5 EStG (Auslagerung von funktional wesentlichem Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen) und § 6 Abs. 3 EStG ist möglich, denn es steht der Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegen, dass im Zeitpunkt der Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG zum Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmerschaft gehörende WG zeitgleich oder taggleich nach § 6 Abs. 5 EStG überführt oder übertragen werden (BFH vom 2.8.2012, IV R 41/11, BStBl II 2019, 715 und vom 12.5.2016, IV R 12/15, BStBl II 2019, 726).
Zur → Realteilung gem. § 16 Abs. 3 EStG einer → Mitunternehmerschaft und zur Anwendung von § 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 und Abs. 5 EStG s. das BMF-Schreiben vom 19.12.2018 (BStBl I 2019, 6).
Eine Realteilung i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG liegt dann vor, wenn Gesellschafter einer → Mitunternehmerschaft ihr gemeinschaftliches Engagement beenden und dabei die Mitunternehmerschaft gänzlich auflösen und alle WG in ein anderes Betriebsvermögen (BV) überführen (vgl. BFH vom 17.5.2018, VI R 66/15, BStBl II 2022, 301). Die Realteilung ist durch den auf der Ebene der Mitunternehmerschaft verwirklichten Tatbestand der Betriebsaufgabe gekennzeichnet. Durch die Einordnung der gesetzlichen Regelung in § 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 EStG wird deutlich, dass die Realteilung ein Sonderfall der ansonsten in § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG geregelten → Betriebsaufgabe ist.
Eine Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 3 EStG liegt auch dann vor, wenn eine gewerblich geprägte PersGes ihre gewerbliche Prägung verliert (BFH vom 22.2.2021, IX R 13/19, BFH/NV 2021, 1169). Im entschiedenen Fall hat eine GmbH & Co. KG durch den Wechsel eines Kommanditisten in die Stellung eines Komplementärs ihre gewerbliche Prägung verloren.
Folge ist, dass bei der echten Realteilung ein steuerneutraler Vorgang gegeben ist.
Eine Übertragung des übernommenen BV des Realteilers zu Buchwerten in ein anderes BV ist nur dann möglich, wenn die Besteuerung der stillen Reserven weiterhin sichergestellt ist (BMF Erlass vom 19.12.2018, BStBl I 2019, 6; unter Tz. V). Dies ist z.B. dann nicht der Fall, wenn die WG in eine ausländische Betriebsstätte übertragen werden (§ 16 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG).
Schulze, Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern unter Beteiligung von KSt-Subjekten, Steuer und Studium 4/2016, 214 und 5/2016, 278; Gragert, Echte und unechte Realteilung – Unterschiede in der steuerlichen Behandlung, NWB 8/2019, 476; Wagner, Zweifelsfragen zur Anwendung von § 6 Abs. 3 EStG, SIS 2020/05, 18.5.2020; Strahl, Teleologische Reduktion von § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG, NWB 10/2022, 653; Juhn und Karadeniz, Wirtschaftsgutübertragung bei Schwesterpersonengesellschaften, NWB 9/2023, 614; Hoheisel, Gewinnermittlung bei teilentgeltlichen Übertragungen, StuB 21/2023, 851; Schmitz, Die Umsatzsteuer im Lichte von § 6 Abs. 5 EStG, NWB 6/2024, 392; Dorn, Steuerfolgen der (un-)entgeltlichen Übertragung von Immobilien, NWB 30/2024, 2051.
→ Realteilung gem. § 16 Abs. 3 EStG
→ Übertragung von Privat- oder Betriebsvermögen
→ Wirtschaftsgüter, Überführung in ein anderes Betriebsvermögen
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