1 Überblick
1.1 Überblick über die unionsrechtliche Entnahme und Verwendung von Gegenständen bzw. Dienstleistungen
1.2 Überblick über die nationalen Tatbestandsmerkmale
2 Steuerbefreiungen und Optionsmöglichkeiten bei unentgeltlichen Wertabgaben
3 Allgemeines zur Umsatzbesteuerung der unentgeltlichen Wertabgaben
3.1 Vorsteuerabzugsberechtigung
3.2 Die Drei-Sphären-Theorie
3.3 Unentgeltliche Wertabgaben im Zusammenhang mit dem Nullsteuersatz des § 12 Abs. 3 UStG
3.3.1 Allgemeine Anwendung
3.3.2 Anschaffung der Photovoltaikanlage vor dem 1.1.2023
3.3.2.1 Privater Stromverbrauch
3.3.2.2 Entnahme der Photovoltaikanlage
3.3.3 Anschaffung der Photovoltaikanlage ab dem 1.1.2023
3.4 Billigkeitsmaßnahmen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten
3.4.1 Grundsätzliches zur Anwendung der Maßnahmen
3.4.2 Unentgeltliche Bereitstellung von Gegenständen oder Personal
3.4.3 Vorsteuerabzug bei Nutzungsänderung
3.4.4 Unentgeltliche Überlassung von Wohnraum
3.4.5 Spenden für technische Hilfe zur Reparatur kriegsbeschädigter Infrastruktur
4 Lieferungen i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG
4.1 Allgemeiner Überblick zur Anwendung des § 3 Abs. 1b UStG
4.2 Unternehmensvermögen
4.3 Besonderheiten bei Bestandteilen
4.4 Die unentgeltliche Abgabe von Gegenständen (§ 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG)
4.4.1 Allgemeines zur Anwendung des § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG
4.4.2 Entnahme bei Betriebsaufgabe
4.4.3 Entnahme der Photovoltaikanlage bei Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit
4.4.3.1 Altanlagen (Inbetriebnahme vor dem 1.4.2012)
4.4.3.2 PV-Anlagen mit Inbetriebnahme nach dem 31.3.2012 und vor dem 1.1.2023
4.4.3.3 PV-Anlagen mit Inbetriebnahme ab dem 1.1.2023
4.4.4 Besonderheiten bei Grundstücksentnahmen
4.4.5 Sachspenden
4.4.5.1 Behandlung als unentgeltliche Wertabgabe
4.4.5.2 Ermittlung der Bemessungsgrundlage
4.5 Die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstandes an das Personal für dessen privaten Bedarf (§ 3 Abs. 1b Nr. 2 UStG)
4.6 Jede andere unentgeltliche Zuwendung (§ 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG)
4.6.1 Grundsätzliches zur Abgabe der Zuwendungen
4.6.2 Geschenke von geringem Wert
4.6.3 Warenmuster
4.6.3.1 Definition eines Warenmusters
4.6.3.2 Set zur Bestimmung des Blutzuckerspiegels
4.6.4 Abgabe von Mobilfunkgeräten
4.6.5 Ausbaumaßnahmen an öffentlichen Straßen
4.6.6 Besonderheiten bei Geschenken i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG
4.6.6.1 Grundsätzliches zu Geschenken
4.6.6.2 Konkurrenz zwischen § 3 Abs. 1b Nr. 3 und § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG
4.6.6.3 Vergabe von Sachpreisen anlässlich von Preisausschreiben
4.6.6.4 Keine Zuwendungen i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG
4.6.6.5 Bemessungsgrundlage
4.7 Entnahmebesteuerung nach Ablauf des Berichtigungszeitraums des § 15a UStG
4.8 Ortsvorschrift
4.9 Bemessungsgrundlage
4.9.1 Einkaufspreis zuzüglich Nebenkosten
4.9.2 Pauschbeträge für Sachentnahmen
4.9.3 Sachbezugswerte für unentgeltliche Zuwendungen an das Personal
4.9.4 Lebensmittelspenden an Tafeln
5 Sonstige Leistungen i.S.d. § 3 Abs. 9a UStG
5.1 Allgemeiner Überblick
5.2 Verwendung i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG
5.2.1 Verwendung eines Gegenstandes des Unternehmensvermögens
5.2.2 Verwendung für außerunternehmerische Zwecke
5.2.3 Voller oder teilweiser Vorsteuerabzug
5.2.4 Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG
5.3 Andere Dienstleistungen i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG
5.3.1 Allgemeiner Überblick
5.3.2 Dienstleistungen für außerunternehmerische Zwecke
5.3.3 Dienstleistungen aus unternehmerischen Gründen
5.3.4 Unentgeltliche Dienstleistungen für den privaten Bedarf des Personals
5.3.5 Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 3 UStG
5.4 Ortsvorschrift
5.4.1 Grundsätzliches
5.4.2 Ortsbestimmung nach § 3a UStG
5.4.2.1 Besonderheiten bei Grundstücksumsätzen
5.4.2.2 Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer
5.4.2.3 Pkw-Nutzung bzw. Pkw-Überlassung als unentgeltliche Wertabgabe
6 Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks als unentgeltliche Wertabgabe
6.1 Anschaffung oder Herstellung von Grundstücken nach dem 31.12.2010
6.1.1 Vorsteuerausschluss nach § 15 Abs. 1b UStG
6.1.2 Keine unentgeltliche Wertabgabebesteuerung
6.1.3 Verwendung für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i.e.S.
6.1.4 Anwendungsregelung
6.2 Anschaffung oder Herstellung von Grundstücken vor dem 1.1.2011
6.2.1 Grundsätzliches zum Ansatz einer Wertabgabe
6.2.2 Bemessungsgrundlage
6.3 Beispiele
7 Private Verwendung von Miteigentumsanteilen
8 Überführung bzw. Übertragung von Wirtschaftsgütern gem. § 6 Abs. 3 bis 5 EStG
8.1 Ertragsteuerrechtliche Grundsätze
8.2 Umsatzsteuerrechtliche Folgen der Übertragungen i.S.d. § 6 Abs. 3 EStG
8.3 Übertragungen i.S.d. § 6 Abs. 4 EStG
8.3.1 Ertragsteuerrechtlicher Überblick
8.3.2 Umsatzsteuerrechtliche Folgen der Übertragungen i.S.d. § 6 Abs. 4 EStG
8.4 Umsatzsteuerrechtliche Folgen der Überführungen i.S.d. § 6 Abs. 5 EStG
8.4.1 Überführungen i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG
8.4.2 Überführungen i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG
8.4.3 Überführungen i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG
9 Literaturhinweise
10 Verwandte Lexikonartikel
Einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt werden gleichgestellt Art. 16 Satz 1 MwStSystRL |
Einer Dienstleistung gegen Entgelt werden gleichgestellt Art. 26 Abs. 1 MwStSystRL |
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Fall 1 |
Fall 2 |
Fall 3 |
Fall 4 |
Buchst. a |
Buchst. b |
die Entnahme für den privaten Bedarf. |
die Entnahme für den Bedarf seines Personals. |
die Entnahme als unentgeltliche Zuwendung. |
die Entnahme allgemein für unternehmensfremde Zwecke. |
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für seinen privaten Bedarf, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke. |
die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Unternehmer für seinen privaten Bedarf, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke. |
In Rz. 25 seines EuGH-Vorlagebeschlusses vom 22.11.2022 (XI R 17/20, BStBl II 2023, 601) fasst der BFH die vier Fälle des Art. 16 Satz 1 MwStSystRL zusammen. Der BFH hat dem EuGH drei Fragen zur Auslegung von Art. 16 und Art. 74 MwStSystRL vorgelegt (s.a. Brill, NWB 14/2023, 953). Mit Urteil vom 25.4.2024 (C-207/23, DStR 2024, 1004, SIS 24 08 09) hat der EuGH die Vorlagefragen des BFH beantwortet.
Vorlagefrage:
Handelt es sich um die »Entnahme eines Gegenstands durch einen Stpfl. aus seinem Unternehmen … als unentgeltliche Zuwendung« i.S.v. Art. 16 MwStSystRL, wenn ein Stpfl. Wärme aus seinem Unternehmen unentgeltlich an einen anderen Stpfl. für dessen wirtschaftliche Tätigkeit abgibt (hier: Zuwendung von Wärme aus dem Blockheizkraftwerk eines Stromlieferanten an ein landwirtschaftliches Unternehmen zum Beheizen von Spargelfeldern)? Kommt es hierfür darauf an, ob der stpfl. Empfänger die Wärme für Zwecke verwendet, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigen? (s.u. den Gliederungspunkt 4.6 »Jede andere unentgeltliche Zuwendung (§ 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG)« und dort 4.6.1 »Grundsätzliches zur Abgabe der Zuwendung«.).
Entscheidung des EuGH (C-207/23, Rz. 48):
Art. 16 Abs. 1 MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass es sich um eine einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt gleichgestellte Entnahme eines Gegenstands durch einen Stpfl. aus seinem Unternehmen als unentgeltliche Zuwendung im Sinne dieser Bestimmung handelt, wenn der Stpfl. von ihm erzeugte Wärme unentgeltlich an andere Stpfl. für deren wirtschaftliche Tätigkeit abgibt, wobei es hierfür nicht darauf ankommt, ob diese anderen Stpfl. die Wärme für Zwecke verwenden, die sie zum Vorsteuerabzug berechtigen.
Vorlagefrage:
Schränkt der Tatbestand der Entnahme (Art. 16 MwStSystRL) den Selbstkostenpreis i.S.d. Art. 74 MwStSystRL in der Weise ein, dass bei seiner Berechnung nur vorsteuerbelastete Kosten einzubeziehen sind?
Vorlagefrage:
Gehören zum Selbstkostenpreis nur die unmittelbaren Herstellungs- oder Erzeugungskosten oder auch nur mittelbar zurechenbare Kosten wie z.B. Finanzierungsaufwendungen?
Entscheidung des EuGH zur 2. und 3. Vorlagefrage (C-207/23, Rz. 59):
Art. 74 MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass der Selbstkostenpreis im Sinne dieser Bestimmung nicht nur die unmittelbaren Herstellungs- oder Erzeugungskosten umfasst, sondern auch mittelbar zurechenbare Kosten wie Finanzierungsaufwendungen, wobei es keine Rolle spielt, ob es sich um vorsteuerbelastete Kosten handelt oder nicht.
Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt § 3 Abs. 1b Satz 1 |
Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt § 3 Abs. 9a |
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Nr. 1 |
Nr. 2 |
Nr. 3 |
Nr. 1 |
Nr. 2 |
die Entnahme eines Gegenstandes für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen. |
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstandes an das Personal für dessen privaten Bedarf (→ Sachbezüge), sofern keine → Aufmerksamkeiten vorliegen. |
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstandes, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens. |
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen. |
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen. |
Solche Wertabgaben sind sowohl bei Einzelunternehmern als auch bei Personen- und Kapitalgesellschaften sowie bei Vereinen und bei unternehmerisch tätigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts möglich (Abschn. 3.2 Abs. 1 Satz 2 UStAE).
Für unentgeltliche Wertabgaben i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG ist die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen ausgeschlossen (§ 6 Abs. 5 UStG). Bei unentgeltlichen Wertabgaben i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG entfällt die Steuerbefreiung für Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7 Abs. 5 UStG). Die übrigen Steuerbefreiungen sowie die Steuerermäßigungen sind auf unentgeltliche Wertabgaben anzuwenden, wenn die in den §§ 4 und 12 UStG bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. Eine Option zur Steuerpflicht nach § 9 UStG kommt allenfalls bei unentgeltlichen Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen in Betracht. Über eine unentgeltliche Wertabgabe, die in der unmittelbaren Zuwendung eines Gegenstands oder in der Ausführung einer sonstigen Leistung an einen Dritten besteht, kann nicht mit einer Rechnung i.S.d. § 14 UStG abgerechnet werden. Die vom Zuwender oder Leistenden geschuldete USt kann deshalb vom Empfänger nicht als Vorsteuer abgezogen werden (Abschn. 3.2 Abs. 2 UStAE).
Voraussetzung für die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgaben i.S.d. § 3 Abs. 1b und Abs. 9a Nr. 1 UStG ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen → Vorsteuerabzug berechtigt haben (Abschn. 3.3 Abs. 2 Satz 1 und Abschn. 3.4 Abs. 2 Satz 1 UStAE).
Nach dem EuGH-Urteil vom 12.2.2009 (C-515/07, DStR 2009, 369, LEXinform 0589164) muss hinsichtlich der Zuordnungsentscheidung unterschieden werden zwischen
unternehmerischer Nutzung (wirtschaftliche Tätigkeiten),
unternehmensfremder Nutzung (Privatnutzung) und
nichtunternehmerischer, aber nicht unternehmensfremder Nutzung.
Die Grundsätze der EuGH-Rspr. hat der BFH in seinen Urteilen vom 9.12.2010 (V R 17/10, BStBl II 2012, 53), vom 12.1.2011 (XI R 9/08, BStBl II 2012, 58), vom 13.1.2011 (V R 12/08, BStBl II 2012, 61), vom 27.1.2011 (V R 38/09, BStBl II 2012, 68) und vom 3.3.2011 (V R 23/10, BStBl II 2012, 74) dahingehend konkretisiert, dass der Unternehmer nach § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, soweit er Leistungen für sein Unternehmen i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) zu verwenden beabsichtigt (Abschn. 15.2b Abs. 2 und 3 UStAE; → Unternehmensvermögen).
Der Unternehmer ist zum → Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er Eingangsleistungen für Zwecke seines Unternehmens und damit für seine wirtschaftliche Tätigkeit bezieht. Nach der BFH-Rspr. muss zwingend nach dem objektiven Inhalt der bezogenen Leistung ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung bestehen (BFH vom 11.4.2013, V R 29/10, BStBl II 2013, 840). Nur mittelbar verfolgte Zwecke sind stets unerheblich (BFH vom 13.1.2011, V R 12/08, BStBl II 2012, 61). Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Empfang der Leistung, diese ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i.S.v. § 3 Abs. 1b oder Abs. 9a UStG zu verwenden, kann er den Vorsteuerabzug auch dann nicht in Anspruch nehmen, wenn er hiermit mittelbar Ziele verfolgt, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigen (BFH vom 9.12.2010, V R 17/10, BStBl II 2012, 53 sowie vom 13.1.2011, V R 12/08, BStBl II 2012, 61, Abschn. 15.15 und Abschn. 15.2b Abs. 2 Satz 5 UStAE).
Beachte:
Im Zuge der Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 16.9.2020 (C-528/19, UR 2020, 840, LEXinform 0589961) in der Rechtssache Mitteldeutsche Hartstein-Industrie sowie unter Zugrundelegung des EuGH-Urteils vom 1.10.2020 (C-405/19, LEXinform 5217169) hat der BFH mit Urteil vom 16.12.2020 (XI R 26/20, XI R 28/17, BStBl II 2024, 146) seine bisherige Rspr. zum Vorsteuerabzug und zur unentgeltlichen Zuwendung geändert. Danach können »mittelbare« Zusammenhänge für den Vorsteuerabzug ausreichen. Der EuGH hatte klargestellt, dass die Gefahr eines unversteuerten Endverbrauchs nicht droht, wenn die Eingangsumsätze für die wirtschaftliche Tätigkeit des Stpfl. unerlässlich und als Kostenelemente der stpfl. Ausgangsumsätze anzusehen sind.
Die Gefahr eines unversteuerten Endverbrauchs, den u.a. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 und § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG verhindern wollen, droht nicht, wenn
die Eingangsleistung vor allem für Bedürfnisse des Stpfl. genutzt wird,
sie für das Unternehmen erforderlich ist und nicht darüber hinaus geht,
die Kosten der Eingangsleistung (kalkulatorisch) im Preis der getätigten Ausgangsumsätze enthalten sind und
der Vorteil des Dritten allenfalls nebensächlich ist (zur letzten Voraussetzung s. EuGH vom 1.10.2020, C-405/19, LEXinform 5217169, Rz. 29).
Eine Besteuerung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG und § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG kommt unter diesen Voraussetzungen infolge einer unionsrechtskonformen Reduktion des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG nicht in Betracht (s.u. den Gliederungspunkt 4.6.5 »Ausbaumaßnahmen an öffentlichen Straßen«).
Zur Anwendung der Rspr. vom 16.12.2020 (XI R 26/20, XI R 28/17, BStBl II 2024, 146, s.o. unter Beachte) zum Vorsteuerabzug bei »mittelbarer« Verwendung nimmt das BMF mit Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 24.1.2024 (BStBl I 2024, 213) Stellung und ergänzt dabei den UStAE in Abschn. 3.2 um einen neuen Abs. 4 und fügt in Abschn. 15.2b einen neuen Abs. 2a ein.
Mit Urteil vom 16.12.2020 (XI R 26/20, XI R 28/17, BStBl II 2024, 146) hat der BFH entschieden, dass einem Unternehmer der Vorsteuerabzug auch dann zustehen kann, wenn er eine Leistung bezieht, um diese an einen Dritten unentgeltlich weiter zu liefern und zugleich die eigene unternehmerische Tätigkeit zu ermöglichen. Dies setzt aber voraus, dass die bezogene Eingangsleistung nicht über das hinausgeht, was erforderlich bzw. unerlässlich ist, um diesen Zweck zu erfüllen, und die Kosten der Eingangsleistung (kalkulatorisch) im Preis der getätigten Ausgangsumsätze enthalten sind und der Vorteil des Dritten (im Urteilsfall: der Allgemeinheit) allenfalls nebensächlich ist. Nur insoweit reicht eine mittelbare Veranlassung für den Vorsteuerabzug aus (Abschn. 15.2b Abs. 2a Sätze 1 bis 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 24.1.2024, BStBl I 2024, 213). Darüber hinaus ist das BFH-Urteil vom 13.1.2011 (V R 12/08, BStBl II 2012, 61) weiterhin anzuwenden (s.a. Rz. 5 und 6 des BMF-Schreibens vom 24.1.2024, BStBl I 2024, 213).
Außerdem hat der BFH mit o.a. Urteil vom 16.12.2020 entschieden, dass § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG unionsrechtskonform dahingehend einschränkend auszulegen ist, dass eine Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe nicht erfolgt, wenn kein unversteuerter Endverbrauch droht (s. dazu Abschn. 3.2 Abs. 4 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 24.1.2024, BStBl I 2024, 213). S.a. die Erläuterungen unter dem Gliederungspunkt 4.6 »Jede andere unentgeltliche Zuwendung (§ 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG)« und dort unter 4.6.5 »Ausbaumaßnahmen an öffentlichen Straßen«.
Nach Abschn. 2.3 Abs. 1 und 1a UStAE ist die Tätigkeit eines Unternehmers wie folgt aufzuteilen:
Abb.: Tätigkeitsbereiche eines Unternehmers
Für den → Vorsteuerabzug sind die Eingangsumsätze den jeweiligen Tätigkeitsbereichen zuzuordnen (Abschn. 15.2b Abs. 2 und Abschn. 15.2c UStAE; → Unternehmensvermögen). Zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung muss nach dem objektiven Inhalt der bezogenen Leistung ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen (BFH vom 11.4.2013, V R 29/10, BStBl II 2013, 840); nur mittelbar verfolgte Zwecke sind unerheblich (BFH vom 13.1.2011, V R 12/08, BStBl II 2012, 61), sofern die Voraussetzungen nach Abschn. 15.2b Abs. 2a UStAE nicht erfüllt sind (Abschn. 15.2b Abs. 2 Satz 3 UStAE).
Bezieht ein Unternehmer eine Leistung, um diese an einen Dritten unentgeltlich weiter zu leisten und zugleich die eigene unternehmerische Tätigkeit zu ermöglichen, steht ihm der Vorsteuerabzug zu, wenn die bezogene Eingangsleistung nicht über das hinausgeht, was erforderlich bzw. unerlässlich ist, um diesen Zweck zu erfüllen, und die Kosten für die Eingangsleistung Bestandteil des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind und der Vorteil des Dritten allenfalls nebensächlich ist. Nur insoweit reicht eine mittelbare Veranlassung für den Vorsteuerabzug aus (Abschn. 15.2b Abs. 2a Satz 1 und 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 14.1.2024, BStBl I 2024, 213).
S.a. Beispiel 1 in Abschn. 15.15 Abs. 1, Beispiel 3 in Abschn. 15.15 Abs. 2 sowie die Beispiele 1 und 2 in Abschn. 15.2b Abs. 2a UStAE.
Hinweis:
Mit Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 17.5.2024 (UR 2024, 468, LEXinform 7013925) nimmt das BMF Stellung zur Zuordnung von Leistungen zum Unternehmen und ändert entsprechend Abschn. 15.2c UStAE (→Unternehmensvermögen).
Durch das JStG 2022 (BStBl I 2023, 7) wurde ein neuer Abs. 3 in § 12 UStG angefügt. Nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 0 % für die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird.
Der Nullsteuersatz ist nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 UStG auch für die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher anzuwenden.
Zur Anwendung des Nullsteuersatzes für Umsätze im Zusammenhang mit bestimmten Photovoltaikanlagen (§ 12 Abs. 3 UStG) nimmt das BMF (koordinierter Ländererlass) mit Schreiben vom 27.2.2023 (BStBl I 2023, 351) Stellung. Zur Anwendung des Nullsteuersatzes wird Abschn. 12.18 UStAE neu eingefügt. Weiterhin wird in Abschn. 3.2 ein neuer Abs. 3 UStAE angefügt, der die unentgeltlichen Wertabgaben im Zusammenhang mit Leistungen, die dem Nullsteuersatz unterliegen, regelt.
Die Regelungen sind erstmals auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2022 bewirkt werden.
Ein Unternehmer konnte eine vor dem 1.1.2023 angeschaffte Photovoltaikanlage voll seinem Unternehmen zuordnen (vgl. Abschn. 2.5 Abs. 13 UStAE). Wenn er auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG verzichtet hat, ist er zum vollen Vorsteuerabzug aus der Anschaffung berechtigt. Der dezentral (privat) verbrauchte Strom unterliegt dann der Wertabgabenbesteuerung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, wodurch der rechtlich zunächst zulässige Vorsteuerabzug systemgerecht nachgelagert ausgeglichen wird. Auch nach dem 31.12.2022 ist in diesen Fällen wie bisher weiterhin grds. eine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern (BMF vom 27.2.2023, Rz. 4; Abschn. 3.2 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 UStAE).
Die Entnahme oder unentgeltliche Zuwendung einer Photovoltaikanlage, die vor dem 1.1.2023 erworben wurde und die zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, unterliegt nach § 3 Abs. 1b UStG als unentgeltliche Wertabgabe der USt.
Eine Entnahme des gesamten Gegenstandes ist nur möglich, wenn zukünftig voraussichtlich mehr als 90 % des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Hiervon ist auszugehen, wenn der Betreiber beabsichtigt, zukünftig mehr als 90 % des mit der Anlage erzeugten Stroms für unternehmensfremde Zwecke zu verwenden (Abschn. 3.2 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 und 2 UStAE). Davon ist aus Vereinfachungsgründen insbes. auszugehen, wenn ein Teil des mit der Photovoltaikanlage erzeugten Stroms z.B. in einer Batterie gespeichert wird. Ausreichend ist auch, wenn eine Rentabilitätsrechnung eine Nutzung für unternehmensfremde Zwecke von über 90 % nahelegt (BMF vom 27.2.2023, Rz. 5).
Unter den übrigen Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG unterliegt diese unentgeltliche Wertabgabe dem Nullsteuersatz. Die Entnahme nur eines Teils eines ursprünglich zulässigerweise dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes (vgl. Abschn. 15.2c UStAE) ist nicht möglich (Abschn. 3.2 Abs. 3 Nr. 1 Satz 3 und 4 UStAE).
Erwirbt ein Unternehmer ab dem 1.1.2023 eine Photovoltaikanlage unter Anwendung des Nullsteuersatzes, erübrigt sich mangels Steueranfall (Steuersatz 0 %) ein Vorsteuerabzug. Anders als in den Altfällen ist daher für ein systemgerechtes Ergebnis kein Ausgleich eines Vorsteuerabzuges erforderlich. Die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG liegen nicht vor. Anders als bisher erfolgt in diesen Fällen daher keine Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe des privaten Stromverbrauchs. Auch die Entnahme oder unentgeltliche Zuwendung einer Photovoltaikanlage, die ab dem 1.1.2023 unter Anwendung des Nullsteuersatzes erworben wurde, stellt keine unentgeltliche Wertabgabe dar (Abschn. 3.2 Abs. 3 Nr. 2 UStAE).
S.u. den Gliederungspunkt 4.4.3 »Entnahme der Photovoltaikanlage bei Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit«.
Mit Schreiben vom 17.3.2022 (BStBl I 2022, 330) nimmt das BMF zur steuerlichen Behandlung der Maßnahmen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten Stellung. Mit Schreiben vom 7.6.2022 (BStBl I 2022, 923) wird das BMF-Schreiben vom 17.3.2022 um lohnsteuerliche Unterstützungsleistungen ergänzt. Die Verwaltungsanweisungen dienen der Anerkennung des gesamtgesellschaftlichen Engagements.
Die Vergünstigungen gelten für Maßnahmen, die vom 24.2.2022 bis zum 31.12.2022 durchgeführt werden. Mit Schreiben vom 24.10.2023 (BStBl I 2023, 1869) wird der zeitliche Anwendungsbereich bis zum 31.12.2024 verlängert.
Nach dem Gliederungspunkt VII.3 des BMF-Schreibens wird die unentgeltliche Bereitstellung von Gegenständen oder Personal begünstigt. Bei der unentgeltlichen Bereitstellung von Gegenständen und Personal für humanitäre Zwecke durch Unternehmen an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Auswirkungen und Folgen bei den vom Krieg in der Ukraine Geschädigten leisten, wie insbesondere Hilfsorganisationen, Einrichtungen für geflüchtete Menschen und zur Versorgung Verwundeter sowie weitere öffentliche Institutionen, wird von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe im Billigkeitswege abgesehen.
Beabsichtigt ein Unternehmer bereits beim Leistungsbezug, die Leistungen ausschließlich und unmittelbar für die genannten Zwecke zu verwenden, sind die entsprechenden Vorsteuerbeträge unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG im Billigkeitswege entgegen Abschn. 15.15 Abs. 1 UStAE zu berücksichtigen. Die folgende unentgeltliche Wertabgabe wird nach dem vorangegangenen Absatz im Billigkeitswege nicht besteuert.
Bei Nutzungsänderungen von Räumlichkeiten von Unternehmen der öffentlichen Hand wird gem. § 163 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a UStG und einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG abgesehen, wenn und soweit der Sachverhalt in einer unentgeltlichen Nutzung zur Bewältigung der Auswirkungen und Folgen des Kriegs in der Ukraine begründet ist. Diese Regelung ist auch auf Vorsteuern aus laufenden Kosten anzuwenden. Die Billigkeitsregelung ist auf in privater Rechtsform betriebene Unternehmen der öffentlichen Hand entsprechend anzuwenden.
Von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe und einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG wird im Billigkeitswege ebenfalls abgesehen, wenn private Unternehmen Unterkünfte, die für eine umsatzsteuerpflichtige Verwendung vorgesehen waren (Hotelzimmer, Ferienwohnungen o.Ä.), unentgeltlich Personen zur Verfügung stellen, die aufgrund des Kriegs in der Ukraine geflüchtet sind. Beabsichtigen diese Unternehmer bereits bei Bezug von Nebenleistungen (Strom, Wasser o.Ä.) eine entsprechende unentgeltliche Beherbergung, wird ausnahmsweise unter den oben genannten Bedingungen und den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG zusätzlich im Billigkeitswege ein entsprechender Vorsteuerabzug gewährt. Die folgende unentgeltliche Wertabgabe wird nach dem vorangegangenen Gliederungspunkt im Billigkeitswege nicht besteuert.
Mit Schreiben vom 13.3.2023 (BStBl I 2023, 404) wird das BMF-Schreiben vom 17.3.2022 (BStBl I 2022, 330) um eine Billigkeitsregelung zu Spenden für technische Hilfe zur Reparatur kriegsbeschädigter Infrastruktur in der Ukraine ergänzt.
Bei einer unentgeltlichen Leistung, die unmittelbar die Reparatur von kriegsbeschädigter Infrastruktur in der Ukraine zum Ziel hat, wird nach dem BMF-Schreiben vom 24.10.2023 (BStBl I 2023, 1869) aus Billigkeitsgründen bis zum 31.12.2024 von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe abgesehen. Dies umfasst z.B. die unentgeltliche Bereitstellung von Baumaterialien, Baumaschinen, technischen Einrichtungen und Personal jeweils einschließlich etwaiger Transportleistungen.
Beabsichtigt ein Unternehmer bereits beim Leistungsbezug, die Leistungen ausschließlich und unmittelbar für die genannten Zwecke zu verwenden, sind die entsprechenden Vorsteuerbeträge unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG im Billigkeitswege entgegen Abschn. 15.15 Abs. 1 UStAE zu berücksichtigen. Die folgende unentgeltliche Wertabgabe wird im Billigkeitswege nicht besteuert.
Voraussetzung für die unentgeltliche Wertabgabe ist, dass
der Gegenstand zum → Unternehmensvermögen gehört (Abschn. 3.3 Abs. 1 UStAE) und
der entnommene oder zugewendete Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG; Abschn. 3.3 Abs. 2 UStAE).
Die Entnahme eines Gegenstands aus dem Unternehmen i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG liegt nur dann vor, wenn der Vorgang bei entsprechender Ausführung an einen Dritten als Lieferung bzw. Werklieferung anzusehen wäre (BFH vom 18.1.2012, XI R 13/10, BFH/NV 2012, 1012, Rz. 22).
Mit Urteil vom 18.2.2016 (V R 53/14, BStBl II 2019, 333) hat der BFH eine Änderung der Rechtsprechung vollzogen und gegen die bisherige Verwaltungsregelung in Abschn. 3.5 Abs. 3 Nr. 2 UStAE entschieden. Danach stellt die Veräußerung des Miteigentumsanteils an einer Sache (Buch) eine Lieferung dar.
Nach dem BMF-Schreiben vom 23.5.2019 (BStBl I 2019, 511) ist das BFH-Urteil vom 18.2.2016 (V R 53/14, BStBl II 2019, 333) in allen offen Fällen anzuwenden. In Abschn. 3.5 Abs. 2 UStAE wird mit Verweis auf das BFH-Urteil V R 53/14 eine neue Nr. 6 eingefügt.
Beträgt die unternehmerische Nutzung weniger als 10 %, ist die Zuordnung des Gegenstands zum Unternehmen unzulässig (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG; → Unternehmensvermögen). Kein Recht auf Zuordnung zum Unternehmen besteht auch, wenn der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug beabsichtigt, die bezogene Leistung ausschließlich und unmittelbar für eine steuerbare unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b oder 9a UStG zu verwenden (vgl. BFH vom 9.12.2010, V R 17/10, BStBl II 2012, 53). Zum Vorsteuerabzug beim Bezug von Leistungen sowohl für Zwecke unternehmerischer als auch nichtunternehmerischer Tätigkeit vgl. im Übrigen Abschn. 15.2b Abs. 2 und Abschn. 15.2c (s.o. und Abschn. 3.3 Abs. 1 UStAE).
Beispiel 1:
Unternehmer U erwirbt im Kj. 01 einen Gegenstand für 10 000 € zzgl. 1 900 € USt, den er wie folgt nutzt (s. Abschn. 2.3 Abs. 1a UStAE):
zu 60 % für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten (Einzelunternehmer) |
zu 20 % für seine unternehmensfremden Tätigkeiten (Nutzung für den privaten Bedarf) |
zu 20 % für seine nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im engeren Sinne (reine Vermögensverwaltung) |
Ab dem Kj. 03 nutzt U den Gegenstand nur noch privat. |
Lösung 1:
Bei Erwerb des Gegenstandes im Kj. 01 ist U berechtigt, die Vorsteuer zu 60 % oder wahlweise zusätzlich der unternehmensfremden Tätigkeiten, somit zu 80 %, abzuziehen. Hinsichtlich der nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im engeren Sinne ist kein Vorsteuerabzug und somit keine Zuordnung zum Unternehmensvermögen möglich (Abschn. 15.2b Abs. 2 UStAE).
Die Entnahme im Kj. 03 ist eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG. Die Wertabgabe unterliegt nur insoweit der Besteuerung, als U den Gegenstand seinem Unternehmensvermögen zugeordnet hat und zum Vorsteuerabzug berechtigt war.
Falls an einem Gegenstand (z.B. Pkw), der ohne Berechtigung zum Vorsteuerabzug erworben wurde, nach seiner Anschaffung Arbeiten ausgeführt worden sind, die zum Einbau von Bestandteilen geführt haben und für die der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt war, unterliegen bei einer Entnahme des Gegenstands nur diese Bestandteile der Umsatzbesteuerung (Abschn. 3.3 Abs. 2 bis 4 UStAE).
Abb.: Bestandteile
Der Vorgang muss bei entsprechender Ausführung an einen Dritten als → Lieferung bzw. → Werklieferung anzusehen sein (Abschn. 3.3 Abs. 5 UStAE).
Die Gegenstandsentnahme i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG erfasst u.a. folgende Fälle:
Schenkung von Fahrzeugen, Computern und anderen Gegenständen des Anlagevermögens an den Ehegatten oder an Angehörige;
Warenentnahme für den Privathaushalt;
Entnahme von Material zur Errichtung des privat genutzten Einfamilienhauses.
Die Verwendung von Strom für den privaten Bereich sowie die Nutzung der produzierten Wärme für die Heizung des Hauses bei dem Betrieb eines Blockheizkraftwerkes (BFH vom 12.12.2012, XI R 3/10, BStBl II 2014, 809). Elektrizität und Wärme gelten als Gegenstände i.S.d. UStG (→ Photovoltaikanlage; BFH Pressemitteilung Nr. 13/13 vom 27.2.2013, LEXinform 0439293);
Sachspenden aus privaten Gründen (Abschn. 3.3 Abs. 10 Satz 7 UStAE);
Gegenstände des Unternehmens, die der Unternehmer aus unternehmerischen Gründen abgibt, sind als unentgeltliche Zuwendungen nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG zu beurteilen (s.u. den Gliederungspunkt 4.6 »Jede andere unentgeltliche Zuwendung«). Hierzu gehört die Abgabe von neuen oder gebrauchten Gegenständen insbesondere zu Werbezwecken, zur Verkaufsförderung oder zur Imagepflege, z.B. Sachspenden an Vereine oder Schulen, Warenabgaben anlässlich von Preisausschreiben, Verlosungen usw. zu Werbezwecken (Abschn. 3.3 Abs. 10 Sätze 8 und 9 UStAE; → Werbung).
Die Gegenstände müssen den unternehmerischen Bereich des Unternehmers endgültig und nicht nur vorübergehend verlassen. Die Besteuerung der Entnahme erfolgt unabhängig davon, wie derjenige, der den Gegenstand erhalten hat, den erhaltenen Gegenstand anschließend verwendet.
Hinweis:
Mit Beschluss vom 22.11.2022 (XI R 17/20, BStBl II 2023, 601) hat der BFH dem EuGH drei Fragen zur Auslegung von Art. 16 und Art. 74 MwStSystRL vorgelegt. U.a. wollte der BFH wissen (1. Vorlagefrage), ob es sich um die »Entnahme eines Gegenstands durch einen Stpfl. aus seinem Unternehmen … als unentgeltliche Zuwendung« i.S.v. Art. 16 MwStSystRL handelt, wenn ein Stpfl. Wärme aus seinem Unternehmen unentgeltlich an einen anderen Stpfl. für dessen wirtschaftliche Tätigkeit abgibt (hier: Zuwendung von Wärme aus dem Blockheizkraftwerk eines Stromlieferanten an ein landwirtschaftliches Unternehmen zum Beheizen von Spargelfeldern). Kommt es hierfür darauf an, ob der stpfl. Empfänger die Wärme für Zwecke verwendet, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigen?
Mit Urteil vom 25.4.2024 (C-207/23, DStR 2024, 1004, SIS 24 08 09, Rz. 48) hat der EuGH die 1. Vorlagefrage des BFH wie folgt beantwortet: »Art. 16 Abs. 1 MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass es sich um eine einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt gleichgestellte Entnahme eines Gegenstands durch einen Stpfl. aus seinem Unternehmen als unentgeltliche Zuwendung im Sinne dieser Bestimmung handelt, wenn der Stpfl. von ihm erzeugte Wärme unentgeltlich an andere Stpfl. für deren wirtschaftliche Tätigkeit abgibt, wobei es hierfür nicht darauf ankommt, ob diese anderen Stpfl. die Wärme für Zwecke verwenden, die sie zum Vorsteuerabzug berechtigen.«
Wird der zugewendete Gegenstand für unternehmerische Zwecke genutzt, unterliegt die Entnahme unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG beim Zuwendenden der USt, die derjenige, der den Gegenstand erhalten hat, nicht als Vorsteuer abziehen kann (Abschn. 3.2 Abs. 2 Sätze 5 und 6 UStAE). Gegenüber dem Empfänger kann nicht mit einer Rechnung i.S.d. § 14 UStG abgerechnet werden.
Die Übertragung eines Gegenstandes von dem Unternehmen des Lieferers in das Unternehmen des Empfängers (Angehöriger) kann auch ohne umsatzsteuerliche Belastung abgewickelt werden. Der liefernde Unternehmer erhält nur ein geringes Entgelt vom Erwerber. Die USt beim Lieferer wird nach der Mindestbemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG) ermittelt. Die Höhe entspricht der Bemessungsgrundlage der Entnahme. Die darauf entfallende USt darf der Lieferer jedoch in einer Rechnung gesondert ausweisen, so dass der Erwerber den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann (→ Mindestbemessungsgrundlage).
Wird ein dem Unternehmen dienender Gegenstand während der Dauer einer nicht unternehmerischen Verwendung aufgrund äußerer Einwirkung zerstört, z.B. Totalschaden eines Pkw infolge Unfalls auf einer Privatfahrt, so liegt keine Entnahme eines Gegenstandes aus dem Unternehmen vor. Eine Entnahmehandlung ist in Bezug auf den unzerstörten Gegenstand nicht mehr möglich. Das Schadensereignis fällt in den Vorgang der nicht unternehmerischen Verwendung und beendet sie wegen Untergangs der Sache (Abschn. 3.3 Abs. 6 UStAE).
Wenn die Unternehmereigenschaft des Stpfl. endet, führt dies unter den weiteren Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG (Art. 18 Buchst. c MwStSystRL) zu einer Entnahme der WG (BFH vom 21.5.2014, V R 20/13, BStBl II 2014, 1029). Im Streitfall gab ein Unternehmer seine Ingenieurtätigkeit auf und überließ einer KG, deren Komplementär er war und die die Ingenieurtätigkeit fortführte, das gesamte Betriebsvermögen unentgeltlich zur Nutzung. Dieses übertrug er in das Sonderbetriebsvermögen bei der KG. Er ging von einer nicht steuerbaren Betriebsveräußerung aus.
Die unentgeltliche Überlassung des gesamten Betriebsvermögens des Einzelunternehmens an die KG bei gleichzeitiger Beendigung der Tätigkeit als Einzelunternehmer stellt eine Entnahme dar, weil die Unternehmereigenschaft des Einzelunternehmers nach Ansicht des BFH damit endet. Im Streitfall hatte der Kläger seine wirtschaftliche Ingenieurtätigkeit im Rahmen seines Einzelunternehmens mit Ablauf des 30.4.01 beendet. Damit endete die Unternehmereigenschaft des Klägers zu diesem Zeitpunkt. Seine Tätigkeit beschränkte sich nach dem 30.4.01 darauf, diese Gegenstände unentgeltlich der KG zu überlassen. Sie ist nicht geeignet, eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. MwStSystRL zu begründen oder fortzuführen. Die unentgeltliche Überlassung fällt weder in den Anwendungsbereich des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL, der nur entgeltliche Lieferungen und Dienstleistungen betrifft, noch in den von Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL, der die Nutzung körperlicher Gegenstände zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen erfasst.
Eine → Geschäftsveräußerung liegt nach § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Dabei kann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen bei richtlinienkonformer Auslegung auch dann vorliegen, wenn – wie im Streitfall – einzelne für die Fortführung der Unternehmenstätigkeit notwendige Gegenstände von der Übereignung oder Einbringung ausgenommen sind, diese dem Erwerber aber entgeltlich oder unentgeltlich zur Nutzung überlassen werden und sich daraus kein Hindernis für die dauerhafte Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit ergeben kann. Werden aber – wie im Streitfall – gar keine Gegenstände des Unternehmens in die KG eingebracht, fehlt es bereits an der tatbestandlichen Voraussetzung einer Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG (s.a. Anmerkung vom 16.9.2014, LEXinform 0652470 sowie unten den Gliederungspunkt 4.7 »Entnahmebesteuerung nach Ablauf des Berichtigungszeitraums des § 15a UStG« und dort das EuGH-Urteil vom 16.6.2016, C–229/15, LEXinform 5213927).
Bei Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit scheidet die PV-Anlage aus dem Unternehmensvermögen aus. Insbes. eine ausgeförderte Anlage kann nach Ablauf des Förderzeitraums von 20 Jahren zu einer Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit führen.
Da umsatzsteuerrechtlich die gesamte vom Anlagenbetreiber erzeugte Elektrizität – auch die dezentral verbrauchte – an den Netzbetreiber geliefert wird, stellt die PV-Anlage zu 100 % Unternehmensvermögen dar (s.a. Abschn. 2.5 Abs. 8 Satz 1 UStAE). Hinsichtlich der PV-Anlage besteht ein Zuordnungsgebot zum Unternehmen (Abschn. 15.2c Abs. 1 Satz 1 UStAE).
Hatte der Unternehmer bei Anschaffung der PV-Anlage auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet, war er zum vollen Vorsteuerabzug aus der Anschaffung berechtigt. Eine unentgeltliche Wertabgabe hinsichtlich des dezentral verbrauchten Stroms lag nicht vor (s. Abschn. 2.5 Abs. 8 Satz 5 UStAE).
Nach Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit ist die PV-Anlage nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG aus dem Unternehmen zu entnehmen. Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG ist als Entnahmewert der Einkaufspreis zzgl. Nebenkosten für die PV-Anlage im Zeitpunkt der Entnahme anzusetzen.
Wird z.B. der Entnahmewert einer 10 kWp-PV-Anlage mit 4 000 € angesetzt, so würde die USt darauf 760 € betragen (4 000 € × 19 %). Bei einem Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung ist neben der USt auf die Einspeisevergütung auch die USt auf die Entnahme der PV-Anlage abzuführen.
Beachte:
Seit dem 1.1.2023 unterliegt die Lieferung und Installation bestimmter PV-Anlagen gem. § 12 Abs. 3 UStG dem Nullsteuersatz. Mit Schreiben vom 27.2.2023 (BStBl I 2023, 351) nimmt das BMF zur Anwendung des Nullsteuersatzes gem. § 12 Abs. 3 UStG für Umsätze im Zusammenhang mit bestimmten PV-Anlagen Stellung.
Bei Anlagen, die bis zum 31.12.2022 erworben wurden, führt eine unentgeltliche Wertabgabe der Anlage gem. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG zu einem steuerbaren Umsatz.
Wird die Entnahme ab dem 1.1.2023 getätigt und handelt es sich dem Grunde nach um eine begünstigte Anlage (bis 30 kWp), unterliegt diese unentgeltliche Wertabgabe dem Nullsteuersatz (Abschn. 3.2 Abs. 3 Nr. 1 Satz 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 27.2.2023). Eine Entnahme der gesamten PV-Anlage ist aber nach der Verwaltungsanweisung in Abschn. 3.2 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 UStAE nur möglich, wenn zukünftig voraussichtlich mehr als 90 % des Gegenstandes für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden (s.a. BMF vom 27.2.2023, BStBl I 2023, 351, Rz. 5 Abs. 2).
Bei der Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit nach dem 31.12.2022 sind die Voraussetzungen der neuen Verwaltungsregelung in Abschn. 3.2 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 UStAE erfüllt, da die Anlage nicht nur zu mehr als 90 %, sondern zu 100 % nicht mehr für das Unternehmen genutzt wird.
Der dezentral verbrauchte Strom wird nach EEG nicht vergütet und ist nicht Gegenstand der Lieferung an den Netzbetreiber (Abschn. 2.5 Abs. 10 UStAE). Wird der erzeugte Strom nur zum Teil unternehmerisch (z.B. zur entgeltlichen Einspeisung) und im Übrigen im Rahmen des dezentralen Verbrauchs nichtunternehmerisch verwendet, liegt eine teilunternehmerische Verwendung vor, die grds. nur im Umfang der unternehmerischen Verwendung zum Vorsteuerabzug berechtigt, sofern die unternehmerische Nutzung mindestens 10 % beträgt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG; Abschn. 2.5 Abs. 11 Satz 2 UStAE).
Besteht die nichtunternehmerische Verwendung der PV-Anlage in einer unternehmensfremden (privaten) Nutzung, hat der Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht und kann den vollen Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Anlage geltend machen, wenn die unternehmerische Nutzung mindestens 10 % beträgt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Wenn der Unternehmer auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG verzichtet hat, ist er zum vollen Vorsteuerabzug aus der Anschaffung berechtigt. Der dezentral (privat) verbrauchte Strom unterliegt dann der Wertabgabenbesteuerung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, wodurch der rechtlich zunächst zulässige Vorsteuerabzug systemgerecht nachgelagert ausgeglichen wird (Abschn. 2.5 Abs. 13 UStAE).
Bei Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit ist die PV-Anlage – entsprechend dem ausgeübten Zuordnungswahlrecht – aus dem Unternehmen zu entnehmen. Wird z.B. der Entnahmewert einer insgesamt dem Unternehmen zugeordneten 10-kWp-PV-Anlage mit 4 000 € angesetzt, so würde die USt darauf 760 € betragen (4 000 € × 19 %). Bei einem Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung ist neben der USt auf die Einspeisevergütung sowie auf die Wertabgabe des privat verbrauchten Stroms auch die USt auf die Entnahme der PV-Anlage abzuführen.
Beachte:
Wird die Entnahme ab dem 1.1.2023 getätigt und handelt es sich dem Grunde nach um eine begünstigte Anlage (bis 30 kWp), unterliegt diese unentgeltliche Wertabgabe dem Nullsteuersatz (Abschn. 3.2 Abs. 3 Nr. 1 Satz 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 27.2.2023). S. im vorhergehenden Gliederungspunkt die Erläuterungen unter »Beachte«.
Die Entnahme zum Nullsteuersatz stellt keine Änderung der Verhältnisse i.S.v. § 15a UStG dar (Rz. 2 des BMF-Schreibens vom 27.2.2023, BStBl I 2023, 351). Zu den Änderungen der Verhältnisse i.S.d. § 15a UStG s. Abschn. 15a.2 Abs. 2 UStAE.
Eine Änderung der Verhältnisse i.S.d. § 15a UStG liegt z.B. vor, wenn sich aufgrund der tatsächlichen Verwendung nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG ein höherer oder niedrigerer Vorsteuerabzug im Vergleich zum ursprünglichen Vorsteuerabzug ergibt. Da aber ein Umsatz zum Nullsteuersatz grds. voll stpfl. ist, ergibt sich keine Änderung der Verhältnisse.
Erwirbt ein Unternehmer ab dem 1.1.2023 eine PV-Anlage unter Anwendung des Nullsteuersatzes, erübrigt sich mangels Steueranfall (Steuersatz 0 %) ein Vorsteuerabzug. Für PV-Anlagen, die ab dem 1.1.2023 in Betrieb genommen werden, ist der Anlagenbetreiber nicht mehr gezwungen, auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu verzichten.
Da kein Vorsteuerabzug möglich ist, liegen die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG nicht vor. Anders als bisher erfolgt in diesen Fällen daher keine Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe. Auch die Entnahme oder unentgeltliche Zuwendung einer PV-Anlage, die ab dem 1.1.2023 unter Anwendung des Nullsteuersatzes erworben wurde, stellt keine unentgeltliche Wertabgabe dar (Rz. 6 des BMF-Schreibens vom 27.2.2023, BStBl I 2023, 351).
Die Steuerbefreiung einer Grundstücksentnahme richtet sich nach den Tatbestandsmerkmalen des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG. Danach sind Umsätze steuerfrei, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen. Nach Abschn. 4.9.1 Abs. 1 Satz 1 UStAE muss es sich um grunderwerbsteuerbare Umsätze handeln, damit die Voraussetzungen des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG erfüllt sind.
Eine Entnahme eines Grundstücks, die einen Anspruch auf Grundstücksübertragung begründet, ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ein steuerbarer Vorgang, der zur Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG führt (Abschn. 4.9.1 Abs. 2 Nr. 6 UStAE).
Nach dem Gemeinschaftsrecht in Art 135 MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten u.a. folgende Umsätze:
»j) |
Lieferung von anderen Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden als den in Art. 12 Abs. 1 Buchst. a genannten; |
k. |
Lieferung unbebauter Grundstücke mit Ausnahme von Baugrundstücken i.S.d. Art. 12 Abs. 1 Buchst. b«. |
In Art. 12 MwStSystRL sind folgende Grundstücke genannt:
»a) |
Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn sie vor dem Erstbezug erfolgt; |
b. |
Lieferung von Baugrundstücken.« |
Diese in den Buchst. a) und b) genannten Grundstückslieferungen bzw. Entnahmen sind nach dem Gemeinschaftsrecht steuerpflichtig. Nach Gemeinschaftsrecht steuerfrei sind die »Gebrauchtimmobilien« und die unbebauten Grundstücke, die keine Baugrundstücke sind. Das nationale UStG hat die steuerpflichtige Grundstückslieferung des Art. 135 Buchst. j und k MwStSystRL nicht umgesetzt. S. dazu auch das BFH-Urteil vom 24.1.2008 (V R 42/05, BStBl II 2008, 697). Nach dem nationalen Recht sind die Lieferungen von Neubaugrundstücken sowie von unbebauten Baugrundstücken steuerfrei, da auch diese Grundstücksübertragungen steuerbar nach dem GrEStG sind. Nach Auffassung der EU-Kommission gilt die Steuerbefreiung des Art. 135 Buchst. j und k MwStSystRL auch für die Entnahme von Grundstücken. Nach dem Wortlaut der MwStSystRL her müsste zumindest die Entnahme von Neubaugrundstücken und unbebauten Baugrundstücken steuerpflichtig sein.
Zum Gegenstand der Entnahme bei der Errichtung eines Hauses durch einen Rohbauunternehmer s. Abschn. 3.3 Abs. 7 UStAE. Entscheidend für die Bestimmung des Gegenstands der Entnahme ist nicht, was der Unternehmer in der Regel im Rahmen seines Unternehmens herstellt, sondern was im konkreten Fall Gegenstand der Wertabgabe des Unternehmens ist.
Das LfSt Niedersachsen nimmt mit Vfg. vom 9.2.2023 (S 7109 – St 172 – 527/2023, DStR 2023, 647, LEXinform 7013532) zu Grundstücksübertragungen zwischen Angehörigen mit zahlreichen Beispielen ausführlich Stellung (s.a. Abschn. 3.3 Abs. 8 UStAE; → Vorweggenommene Erbfolge; → Geschäftsveräußerung).
Spenden sind freiwillige, unentgeltliche Zuwendungen zur Förderung bestimmter begünstigter Zwecke i.S.d. § 10b Abs. 1 und 2 EStG (s.a. AEAO zu § 52 Nr. 1.3.1.7). Spenden müssen ohne Erwartung einer konkreten Gegenleistung erbracht werden (→ Sponsoring, → Spendenabzug). Abhängig von der Intention des Hingebenden können Sachzuwendungen auch Betriebsausgaben darstellen.
Unentgeltliche Sachzuwendungen sind ertrag- und umsatzsteuerrechtlich wie folgt zu behandeln:
Sachzuwendung |
|||
ohne jeglichen betrieblichen Bezug für begünstigte Zwecke i.S.d. § 10b Abs. 1 EStG |
mit oder ohne betrieblichen Bezug als Zuwendung i.S.d. § 10b Abs. 2 EStG an politische Parteien |
mit der Intention der Anbahnung oder dem Erhalt von Geschäftsbeziehungen |
im Rahmen eines Sponsoring-Vertrages |
Ertragsteuerrechtliche Behandlung |
|||
Es handelt sich um Kosten der Lebensführung (§ 12 Nr. 1 EStG). |
Es handelt sich um Kosten der Lebensführung (§ 4 Abs. 6 i.V.m. § 12 Nr. 1 EStG). |
Es handelt sich um ein Geschenk i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG. |
Es handelt sich um eine Zuwendung mit einer Gegenleistung (Werbung). |
Es handelt sich um eine Entnahme (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). |
Es handelt sich um eine Entnahme (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). |
Es handelt sich um Betriebsausgaben i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG. |
Bei einem tauschähnlichen Umsatz stellt der Wert des hingegebenen WG Betriebsausgaben dar. |
Die Entnahme ist mit dem Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG) oder dem Buchwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG) anzusetzen. |
Die Entnahme ist mit dem Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG) anzusetzen. Das Buchwertprivileg des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG gilt nicht. |
Bis zur Freigrenze von 35 € (ab 1.1.2024: 50 €) bleibt der Betriebsausgabenabzug erhalten. Wird die Grenze überschritten, erfolgt kein Abzug als Betriebsausgaben. |
|
Die Zuwendungshöhe für den Spendenabzug i.S.d. § 10b Abs. 1 EStG bemisst sich nach dem bei der Entnahme angesetzten Wert (§ 10b Abs. 3 Satz 2 EStG). |
Die Zuwendungshöhe für den Spendenabzug i.S.d. § 10b Abs. 2 und § 34g EStG bemisst sich nach dem bei der Entnahme angesetzten Wert (§ 10b Abs. 3 Satz 2 EStG). |
Es handelt sich nicht um eine Entnahme (R 4.10 Abs. 1 Satz 3 EStR). Die Betriebsausgaben werden außerhalb der Bilanz hinzugerechnet. |
|
Durch Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 35 Abs. 4 des Wachstumschancengesetzes vom 27.3.2024 (BGBl I 2024, Nr. 108) wird ab 1.1.2024 die Freigrenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG von bisher 35 € auf 50 € angehoben. |
|||
Umsatzsteuerrechtliche Behandlung |
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Gegenstand ist Unternehmensvermögen und mit Vorsteuerabzugsberechtigung erworben: |
S. die Erläuterungen nach der Tabelle. |
||
Unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG. |
Ohne unternehmerischen Bezug: § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG; aus unternehmerischen Gründen: § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG (s.u.). |
Unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG liegt eine unentgeltliche Wertabgabe vor (s.u.). Es handelt sich um Gegenstände, die aus unternehmerischen Gründen ohne Gegenleistung abgegeben werden (Abschn. 3.3 Abs. 10 Satz 8 und 9 UStAE). |
Tauschähnlicher Umsatz i.S.d. § 3 Abs. 12 UStG, wenn ein Leistungsaustausch gegeben ist (s. Abschn. 1.1 Abs. 23 UStAE). |
Sachleistungen des Sponsors erfolgen dann im Rahmen von tauschähnlichen Umsätzen, wenn das Entgelt in einer Werbeleistung besteht. Wenn der Verein nicht aktiv an der Werbemaßnahme mitwirkt, liegt grundsätzlich kein Leistungsaustausch vor (Abschn. 1.1 Abs. 23 Satz 1 und 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 13.11.2012, BStBl I 2012, 1169; → Werbung).
Wenn der Verein nicht aktiv an der Werbemaßnahme mitwirkt, sind die Sponsoringeinnahmen dem ideellen Tätigkeitsbereich zuzuordnen (AEAO zu § 64 Abs. 1, Tz. 10). Umsatzsteuerrechtlich ist die Leistung nicht steuerbar (Abschn. 1.1 Abs. 23 Satz 1 und 2 UStAE).
Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Sponsorings aus der Sicht des Sponsors s. das BMF-Schreiben vom 25.7.2014 (BStBl I 2014, 1114) sowie Abschn. 1.1 Abs. 23 Satz 3 und 4 UStAE.
Weist umgekehrt der Sponsor auf seine Unterstützung ohne besondere Hervorhebung lediglich hin, liegt ebenfalls kein Leistungsaustauschverhältnis vor.
Hinweis:
Zum Vorliegen eines tauschähnlichen Umsatzes bei der Weitergabe von Sportbekleidung an Vereine sind die Urteile des FG Köln vom 17.2.2006 (11 K 827/03, EFG 2006, 1108, LEXinform 5002353, rkr.) sowie das Urteil des Niedersächsischen FG vom 3.1.2022 (11 K 200/20, LEXinform 5024584) zu beachten. S. den Hinweis am Ende des nachfolgenden Gliederungspunktes.
Eine Sachspende aus dem Unternehmensvermögen stellt eine unentgeltliche Zuwendung dar, die einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt ist. Sachspenden unterliegen als sog. »unentgeltliche Wertabgabe« nach § 3 Abs. 1b UStG der Umsatzsteuer, sofern der (später gespendete) Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Die Umsatzbesteuerung dient der Kompensation des vorangegangenen Vorsteuerabzugs und verhindert einen systemwidrigen unversteuerten Letztverbrauch. Die MwStSystRL sieht keine Möglichkeit vor, bei Sachspenden aus einem Unternehmensvermögen aus Billigkeitsgründen abweichend von diesen Grundsätzen auf eine Umsatzbesteuerung zu verzichten.
Die außerhalb eines Leistungsaustauschs abgegebenen Gegenstände des Unternehmens sind als unentgeltliche Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 oder 3 UStG zu beurteilen. Gegenstände des Unternehmens, die im Rahmen des Sponsorings aus unternehmerischen Gründen ohne Gegenleistung abgegeben werden, sind als unentgeltliche Zuwendungen nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG zu beurteilen. Hierzu gehört die Abgabe von neuen oder gebrauchten Gegenständen insbes. zu Werbezwecken, z.B. Sachspenden an Vereine (Abschn. 3.3 Abs. 10 Satz 8 und 9 UStAE).
Die Bemessungsgrundlage einer Sachspende bestimmt sich nicht nach den ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten, sondern nach dem fiktiven Einkaufspreis im Zeitpunkt der Spende. Das gilt auch für im Unternehmen selbst hergestellte Gegenstände (Abschn. 10.6 Abs. 1 Satz 3 UStAE).
Keine Sachspende in diesem Sinne ist der Verkauf eines Gegenstandes weit unter dem ursprünglichen Einkaufspreis. Abgesehen von Fällen der Mindest-Bemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 5 UStG – z.B. bei Verkauf an nahestehende Personen) ist hierfür kein fiktiver Einkaufspreis zu ermitteln. Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist das tatsächliche Entgelt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 UStG.
Hinweis:
Eine Lieferung gegen Entgelt setzt eine innere Verknüpfung zwischen Lieferung und der Gegenleistung im Rahmen eines Leistungsaustauschs voraus. Der Leistende muss aufgrund seiner Leistung die Gegenleistung erhalten. Dabei genügt es für die Annahme eines Leistungsaustauschs bereits, dass die Gegenleistung in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Leistung gebracht werden kann. Das Motiv der Leistung ist unerheblich; die Gegenleistung muss auch nicht unbedingt vertraglich vereinbart worden sein. Nach der Rspr. des EuGH kann aber ein vereinbartes Entgelt für Leistungen dann umsatzsteuerrechtlich unerheblich sein, wenn eine Asymmetrie zwischen den bei der Leistungserbringung entstehenden Betriebskosten und den erhaltenen Gegenleistungen besteht und aus den weiteren Umständen des Einzelfalls geschlossen werden kann, dass der Leistungserbringer insoweit keine wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. Art. 9 Abs. 1 2. Unterabs. MwStSystRL erbringt (EuGH vom 12.5.2016, C-520/14, UR 2016, 492). Der BFH hat sich dieser Rspr. angeschlossen und deutet einen niedrigen Deckungsgrad der vereinbarten Gegenleistung für die anfallenden Betriebskosten als Indiz für den fehlenden unmittelbaren Zusammenhang für einen Leistungsaustausch (BFH vom 28.6.2017, XI R 12/15, BFH/NV 2017, 1400; s. → Grundstücksumsätze, Umsatzsteuer unter dem Gliederungspunkt »Vorsteuerabzug einer Gemeinde aus der Herstellung einer Sporthalle«).
Mit Schreiben vom 18.3.2021 (BStBl I 2021, 384) nimmt das BMF zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei Sachspenden Stellung und fügt in Abschn. 10.6 UStAE nach Abs. 1 einen neuen Abs. 1a ein. Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offen Fällen anzuwenden.
Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach den Grundsätzen des Abschn. 10.6 Abs. 1 Satz 1 bis 6 UStAE ist auch zu berücksichtigen, ob Gegenstände zum Zeitpunkt der unentgeltlichen Wertabgabe aufgrund ihrer Beschaffenheit
nicht mehr oder
nur noch stark eingeschränkt
verkehrsfähig sind.
Von einer Nichtverkehrsfähigkeit ist bei Lebensmitteln auszugehen, wenn diese kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder die Verkaufsfähigkeit als Frischware, wie Backwaren, Obst und Gemüse, wegen Mängeln nicht mehr gegeben ist. Dies gilt auch für Non-Food-Artikel mit Mindesthaltbarkeitsdatum wie beispielsweise Kosmetika, Drogerieartikel, pharmazeutische Artikel, Tierfutter oder Bauchemieprodukte wie Silikon oder Beschichtungen sowie Blumen und andere verderbliche Waren (Abschn. 10.6 Abs. 1a Satz 1 bis 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 18.3.2021, BStBl I 2021, 384).
Bei anderen Gegenständen ist die Verkehrsfähigkeit eingeschränkt, wenn diese aufgrund von erheblichen Material- oder Verpackungsfehlern (z.B. Befüllungsfehler, Falschetikettierung, beschädigte Retouren) oder fehlender Marktgängigkeit (z.B. Vorjahresware oder saisonale Ware wie Weihnachts- oder Osterartikel) nicht mehr oder nur noch schwer verkäuflich sind (Abschn. 10.6 Abs. 1a Satz 4 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 18.3.2021, BStBl I 2021, 384).
Eine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit liegt insbesondere nicht vor, wenn Neuware ohne jegliche Beeinträchtigung aus wirtschaftlichen oder logistischen Gründen aus dem Warenverkehr ausgesondert wird. Auch wenn diese Neuware ansonsten vernichtet werden würde, weil z.B. Verpackungen beschädigt sind, bei Bekleidung deutliche Spuren einer Anprobe erkennbar sind oder Ware verschmutzt ist, ohne dass sie beschädigt ist, führt dies nicht dazu, dass die Neuware ihre Verkaufsfähigkeit vollständig verliert. In diesen Fällen ist ein fiktiver Einkaufspreis anhand objektiver Schätzungsunterlagen zu ermitteln (Abschn. 10.6 Abs. 1a Satz 7 und 8 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 18.3.2021, BStBl I 2021, 384).
Werden nicht oder eingeschränkt verkehrsfähige Waren im Rahmen einer unentgeltlichen Wertabgabe abgegeben (z.B. Hingabe als Spende), kann eine im Vergleich zu noch verkehrsfähiger Ware geminderte Bemessungsgrundlage angesetzt werden. Die Minderung ist im Umfang der Einschränkung der Verkehrsfähigkeit vorzunehmen, so dass der Ansatz einer Bemessungsgrundlage von 0 € nur bei wertloser Ware (z.B. Lebensmittel und Non-Food-Artikel kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums oder bei Frischwaren, bei denen die Verkaufsfähigkeit nicht mehr gegeben ist in Betracht kommt (Abschn. 10.6 Abs. 1a Satz 5 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 18.3.2021, BStBl I 2021, 384).
Gegenstände, die zur Ausführung unentgeltlicher Sponsoringleistungen angeschafft werden, können nicht dem Unternehmen zugeordnet werden (Zuordnungsverbot, Abschn. 3.3 Abs. 1 Satz 7 i.V.m. Abschn. 15.2c UStAE; → Unternehmensvermögen). Der Unternehmer ist nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (Abschn. 15.15 Abs. 1 UStAE). Wegen des Zuordnungsverbots und des daraus resultierenden Vorsteuerabzugsverbots unterliegt die Abgabe des Gegenstands an den Verein nicht der unentgeltlichen Wertabgabe (Abschn. 3.3 Abs. 2 Satz 1 UStAE).
Hinweis:
Nicht steuerbar ist die Gewährung unentgeltlicher sonstiger Leistungen aus unternehmerischen Gründen (Abschn. 3.3 Abs. 10 Satz 10 und 11 i.V.m. Abschn. 3.4 Abs. 1 UStAE). Hierunter fällt z.B. die unentgeltliche Überlassung von Gegenständen, die im Eigentum des Zuwendenden verbleiben und die der Empfänger später an den Zuwendenden zurückgeben muss.
Beispiel 2:
Der Gewerbetreibende U spendet im Kj. 12 einem gemeinnützigen Sportverein einen zum Betriebs- und Unternehmensvermögen gehörenden Pkw, der bisher zu 100 % unternehmerisch genutzt wurde. Der Pkw wurde im Kj. 04 mit vollem Vorsteuerabzug angeschafft. Im Zeitpunkt der Schenkung hatte der Pkw
einen Buchwert i.H.v. |
1 € |
einen gemeinen Wert von |
350 € |
einen Teilwert von |
250 € |
Lösung 2:
Bei Zuwendungen an Vereine ist die steuerliche Behandlung der Zuwendung davon abhängig, ob es sich um Spenden oder um Sponsoringaufwendungen handelt.
Spenden werden ohne Erwartung einer konkreten Gegenleistung erbracht. Als Spende gilt auch die Zuwendung von WG (§ 10b Abs. 3 Satz 1 EStG). Wenn der betriebliche Anlass komplett fehlt, handelt es sich bei den getätigten Aufwendungen um Kosten der Lebensführung i.S.d. § 12 Nr. 1 EStG. Das WG ist in diesem Fall als Privatentnahme aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen. Unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG kann die Entnahme mit dem Buchwert angesetzt werden. Bei der Ermittlung der Zuwendungshöhe ist der bei der Entnahme angesetzte Wert zzgl. der darauf entfallenden USt anzusetzen (§ 10b Abs. 3 Satz 2 EStG).
Umsatzsteuerrechtlich handelt es sich um eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG.
Im Falle des Sponsorings macht der Sponsor öffentlichkeitswirksam auf seine Leistungen aufmerksam. Zur ertragsteuerlichen Behandlung des Sponsorings s. BMF vom 18.2.1998 (BStBl I 1998, 212 sowie → Sponsoring). Leistungen des Sponsors im Rahmen des Sponsoring-Vertrags, für die als Gegenleistung Werbung für den Sponsor erbracht werden, sind in voller Höhe als Betriebsausgaben abzugsfähig. Es handelt sich dabei nicht um Geschenke i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG (BMF vom 18.2.1998, BStBl I 1998, 212, Tz. 6).
Umsatzsteuerrechtlich handelt es sich um einen tauschähnlichen Umsatz i.S.d. § 3 Abs. 12 UStG, wenn ein Leistungsaustausch gegeben ist (Abschn. 1.1 Abs. 23 UStAE).
Erhofft sich der Unternehmer mit der Zuwendung lediglich, dass Geschäftsbeziehungen mit dem Verein entstehen oder gesichert werden, ist die Unentgeltlichkeit der Zuwendung gegeben und es handelt sich um ein Geschenk i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG (R 4.10 Abs. 4 Satz 3 EStR; s.a. Schoor, NWB 40/2015, 11).
Unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG liegt eine unentgeltliche Wertabgabe vor.
Bei der Spende des Pkw handelt es sich um eine Ausgabe an eine Körperschaft i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke (Förderung des Sports i.S.d. § 52 Abs. 2 Nr. 21 AO). Als Zuwendung i.S.d. § 10b Abs. 1 EStG gilt auch die Zuwendung eines Gegenstandes (§ 10b Abs. 3 Satz 1 UStG). Nach § 50 Abs. 7 EStDV muss der Spender dem Empfänger den Wert der Zuwendung bestätigen. Die Spendenhöhe entspricht dabei dem bei der Entnahme angesetzten Wert des Pkw zzgl. der entsprechenden USt (§ 10b Abs. 3 Satz 2 EStG). Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG kann U den Wert der Spende mit dem Teilwert oder mit dem Buchwert bescheinigen. Erfolgt die Entnahme (Spende) erfolgsneutral mit dem Buchwert, beträgt die zu bescheinigende Ausgabenhöhe (Spendenwert) 1 € zzgl. der USt, die auf die Entnahme entfällt. Erfolgt die Entnahme (Spende) erfolgswirksam mit dem Teilwert, beträgt die zu bescheinigende Spendenhöhe 250 € zzgl. der USt, die auf die Entnahme entfällt.
Umsatzsteuerrechtlich tätigt U mit der Spende eine unentgeltliche Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 oder Nr. 3 UStG (s.o.). Als Bemessungsgrundlage ist nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG der Einkaufspreis für den Pkw zum Zeitpunkt des Umsatzes anzusetzen. Die Bemessungsgrundlage beträgt somit 250 €. Die USt darauf beträgt 19 % von 250 € = 47,50 €.
Zuzüglich zu dem Entnahmewert von 1 € bzw. 250 € ist auch die bei der Entnahme der Sache angefallene USt i.H.v. 47,50 € als Spende zu bescheinigen (§ 10 Abs. 3 Satz 2 EStG; R 10b.1 Abs. 1 Satz 5 EStR).
Beispiel 3:
Weinhändler W stiftet im Kj. 2024 anlässlich des Vereinsfestes des FC Edenkoben für die Tombola fünf bzw. sieben Flaschen Wein zum Einkaufspreis von je 8 €. Beim Einkauf des Weines hatte W die Vorsteuer i.H.v. jeweils 1,52 € (8,00 € × 19 %) abgezogen.
Lösung 3:
S.a. die allgemeinen Aussagen in der vorherigen Lösung.
Es dürfte sich um Spenden handeln, da Spenden ohne Erwartung einer konkreten Gegenleistung erbracht werden. Als Spende gilt auch die Zuwendung von WG (§ 10b Abs. 3 Satz 1 EStG). Wenn der betriebliche Anlass komplett fehlt, handelt es sich bei den getätigten Aufwendungen um Kosten der Lebensführung i.S.d. § 12 Nr. 1 EStG. Der Wein ist in diesem Fall als Privatentnahme aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen. Unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG kann die Entnahme mit dem Buchwert angesetzt werden.
Erhofft sich der Unternehmer mit der Zuwendung lediglich, dass Geschäftsbeziehungen mit dem Verein entstehen oder gesichert werden bzw. dass für seinen Wein durch die Tombola geworben wird (R 4.10 Abs. 4 Satz 3 EStR), ist die Unentgeltlichkeit der Zuwendung gegeben und es handelt sich um ein Geschenk i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG. Die Tombola stellt kein Preisausschreiben oder eine Auslobung i.S.d. R 4.10 Abs. 4 Satz 5 Nr. 3 EStR dar. S. dazu das rkr. Urteil des FG Köln vom 26.9.2013 (13 K 3908/09, EFG 2014, 296, LEXinform 5015823; Pressemitteilung des FG Köln vom 16.12.2013, LEXinform 0441060) sowie das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 15.9.2015 (6 K 1844/13, EFG 2015, 2114, LEXinform 5018234, rkr.; s.u. unter dem Gliederungspunkt 4.6 »Jede andere unentgeltliche Zuwendung (§ 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG)«).
Bei der Zuwendung der fünf Flaschen Wein bleibt der Betriebsausgabenabzug erhalten, da der Wert der Zuwendung insgesamt 50 € nicht übersteigt.
Hinweis:
Durch Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 35 Abs. 4 des Wachstumschancengesetzes vom 27.3.2024 (BGBl I 2024, Nr. 108) wird ab 1.1.2024 die Freigrenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG von bisher 35 € auf 50 € angehoben.
Nach § 15 Abs. 1a UStG sind Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, die auf Aufwendungen entfallen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG gilt. Da bei der Anschaffung des Weines die Verwendung als Geschenk noch nicht feststand, kann der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG beansprucht werden. Bei der Hingabe des Weines ist die Freigrenze von 50 € für das einzelne Geschenk nicht überschritten. Die Vorsteuer i.H.v. 5 × 1,52 € = 7,60 € ist gem. § 15 Abs. 1 UStG abziehbar und auch abzugsfähig. Die Sachzuwendung führt nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG zu abzugsfähigen Betriebsausgaben, da die Anschaffungskosten der Zuwendungen an einen Empfänger 50 € nicht übersteigen. Aus diesem Grund wird die jeweilige unentgeltliche Abgabe des Weines nicht von § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG erfasst.
Beachte:
Nach Abschn. 3.3 Abs. 11 UStAE ist die Abgabe von Geschenken von geringem Wert nicht steuerbar. Derartige Geschenke liegen vor, wenn die AK oder HK der dem Empfänger im Kj. zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 € (Nettobetrag ohne USt) nicht übersteigen (Abschn. 3.3 Abs. 11 Satz 2 UStAE).
Eigener Hinweis:
Die in Abschn. 3.3 Abs. 11 Satz 2 UStAE genannte 35 €-Grenze bezieht sich auf die Norm des § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, wonach beim Überschreiten der Grenze i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG kein Vorsteuerabzug vorgenommen werden darf. Obwohl die FinVerw den UStAE in Abschn. 3.3 Abs. 11 Satz 2 bisher nicht an die Gesetzesänderung durch das Wachstumschancengesetz angeglichen hat, muss m.E. bei der Überprüfung der Steuerbarkeit bzw. Nichtsteuerbarkeit der Geschenkabgabe ab dem Kj. 2024 von einem geringen Wert von 50 € ausgegangen werden.
Fortsetzung der Lösung:
Bei dem Sachgeschenk von sieben Flaschen Wein führen die Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG zu nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben, da die Anschaffungskosten der Zuwendungen an den Empfänger 50 € übersteigen. Ertragsteuerrechtlich sind die Betriebsausgaben um 7 × 9,52 € = 66,64 € zu korrigieren. Da ein Veranlassungszusammenhang mit einer Einkunftsart besteht, ist der Spendenabzug auch dann ausgeschlossen, wenn sich bei der Einkünfteermittlung keine steuerliche Auswirkung ergibt. Sonderausgaben können nur Aufwendungen sein, die weder zu den Betriebsausgaben noch zu den Werbungskosten gehören (§ 10 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Nach § 15 Abs. 1a UStG wäre die USt von 7 × 1,52 € = 10,64 € nicht abziehbar. Da im Zeitpunkt des Erwerbs diese Verwendung noch nicht feststand, kann der Vorsteuerabzug zunächst nach § 15 Abs. 1 UStG beansprucht werden. Im Dezember (Zeitpunkt der Hingabe des Geschenks) handelt es sich um eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG (s.a. Abschn. 3.3 Abs. 12 UStAE).
Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Sachlotterien s. LfSt Niedersachsen vom 3.7.2019 (S 7109 – 5 – St 171, UR 2019, 600).
Hinweis:
Zum Vorliegen eines tauschähnlichen Umsatzes bei der Weitergabe von Sportbekleidung an Vereine sind die Urteile des FG Köln vom 17.2.2006 (11 K 827/03, EFG 2006, 1108, LEXinform 5002353, rkr.) sowie das Urteil des Niedersächsischen FG vom 3.1.2022 (11 K 200/20, LEXinform 5024584) zu beachten.
Kläger im Urteilsfall des FG Köln war ein als gemeinnützig anerkannter Sportverein, der sich gegen die Annahme einer steuerbaren Werbeleistung gegen Entgelt wendete. Im Urteilsfall des Niedersächsischen FG war der Kläger ein Unternehmer (Sponsor), der sich gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs für die Anschaffung der Trikots wendete.
Entscheidung des FG Köln:
Das FG Köln hat entschieden, dass ein gemeinnütziger Sportverein, der unentgeltlich Trikots für seine Bambini und D- bis F-Jugendmannschaften von einem Unternehmen mit dessen Werbeaufdruck erhält und sich nicht verpflichtet, die Trikots bei den Spielen zu nutzen, keine steuerbare Werbeleistung erbringt, wenn allenfalls eine geringe Werbewirksamkeit beim Tragen der Trikots zu erwarten ist.
Der Sponsor hatte die Trikots mit Werbeaufschrift der Jugendabteilung des Vereins geschenkt, ohne dass eine Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Verein getroffen worden war. Der Sponsor war ein Unternehmen, welches deutschland- und europaweit tätig ist. Die Firma hatte die Trikots in einem Sportgeschäft gekauft und anschließend dem Verein geschenkt, ohne dass eine Gegenleistung vereinbart und eine Werbeverpflichtung eingegangen worden war. Zu der Schenkung der Trikots war es ohne Zutun des Vereins gekommen, weil der Inhaber des ortsansässigen Sportgeschäfts dem Unternehmer (Sponsor) dies vorgeschlagen hatte.
Bei der Prüfung, ob durch das Tragen der Trikots eine Werbeleistung erbracht wurde, ist zu berücksichtigen, dass die Spiele der fraglichen Mannschaften – abgesehen von Angehörigen der Spieler und betreuenden Vereinsmitgliedern – wenig bis gar kein Publikum anziehen. Hinzu kommt eine weitere, entscheidende Beschränkung der Werbewirksamkeit, die sich aus dem Geschäftsgegenstand der Firma ergibt. Deren Tätigkeiten und Produkte zielen ersichtlich nicht auf den Bedarf von »Otto Normalverbraucher« ab. Ferner beschränkte sich das Leistungsangebot weder auf den örtlichen oder regionalen Bereich, noch hatte es dort seinen Schwerpunkt. Anhaltspunkte dafür, dass die Firma davon ausging bzw. ausgehen konnte, dass sich unter den (wenigen) zu erwartenden Zuschauern Personen befinden würden, die als potenzielle Kunden durch die Werbeaufschrift angesprochen werden könnten, bestehen deshalb nicht. In der Benutzung der Trikots bei den Spielen eine Werbeleistung zu sehen, erscheint unter diesen Umständen eher lebensfremd.
Fazit:
Die außerhalb eines Leistungsaustauschs abgegebenen Gegenstände des Unternehmers sind grds. als unentgeltliche Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 oder 3 UStG zu beurteilen. Gegenstände, die zur Ausführung unentgeltlicher Sponsoringleistungen angeschafft werden, können nicht dem Unternehmen zugeordnet werden (Zuordnungsverbot, Abschn. 3.3 Abs. 1 Satz 7 i.V.m. Abschn. 15.2c UStAE; → Unternehmensvermögen). Der Unternehmer ist nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Wegen des Zuordnungsverbots und des daraus resultierenden Vorsteuerabzugsverbots unterliegt die Abgabe des Gegenstands an den Verein nicht der unentgeltlichen Wertabgabe (Abschn. 3.3 Abs. 2 Satz 1 UStAE).
Entscheidung des FG Niedersachsen:
Das FG Niedersachsen hat dem Unternehmer, der Sportkleidung mit Werbeaufdrucken für sein Unternehmen anschafft und Sportvereinen unentgeltlich zur Verfügung stellt, den Vorsteuerabzug gewährt (s.a. Niedersächsisches FG Mitteilung vom 16.2.2022, LEXinform 0461759).
Der Kläger – er betreibt eine Fahrschule – hatte Sportbekleidung mit dem Werbeaufdruck »Fahrschule X« erworben. Er hat diese Kleidung verschiedenen Vereinen in der Region unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Hierbei handelte es sich im Wesentlichen um Jugendmannschaften und eine Altherrenmannschaft.
Im Urteilsfall war das Sponsoring immer aufgrund mündlicher Abreden durchgeführt worden. Auf die jeweilige Anfrage durch einen Vereinsvertreter, ob der Unternehmer bereit sei, für eine Mannschaft neue Sportbekleidung mit Werbeaufdruck »Fahrschule X« zur Verfügung zu stellen, habe der Sponsor bei positiver Entscheidung ein Sporthaus beauftragt, die Sportbekleidung zu liefern, nachdem der Verein im Sporthaus die individuellen Kleidergrößen der Spieler mitgeteilt habe. Es liegt auf der Hand, dass die Spieler dann auch diese Sportbekleidung mit Werbeaufdruck getragen haben. Dass die Überlassung der Sportbekleidung nicht nur zur Förderung der sportlichen Zwecke, sondern auch mit dem Ziel der Werbung für die Fahrschule erfolgt sei, ist aus Sicht des Sponsors aufgrund des Werbeaufdrucks ersichtlich. Die Sportbekleidung werde deshalb nicht unentgeltlich überlassen.
Der Vorsteuerabzug des Sponsors kommt nur dann in Betracht, wenn die Überlassung der Trikots an den Verein gegen Entgelt erfolgt. Als Entgelt für die »Trikotlieferung« erhält der Sponsor eine Werbeleistung des Vereins (sonstige Leistung) im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (tauschähnlicher Vorgang).
Im Gegensatz zum Urteilsfall des FG Köln ist die Wirksamkeit der Trikotwerbung für einen ortsansässigen Unternehmer nicht beschränkt. Darauf, dass die Jugendmannschaften in aller Regel nicht vor Publikum spielen und bei den Spielen vorwiegend Betreuer und ggf. einige Eltern mit anwesend sind, kommt es im Urteilsfall nicht an. Die jugendlichen Sportler waren zumeist im Alter von 15 bis 20 Jahren und demgemäß gerade die Zielgruppe, die der Kläger mit seiner Fahrschule ansprechen möchte. Erfahrungsgemäß nähmen junge Leute im Alter ab 16 oder 17 Jahren heutzutage zumeist die Möglichkeit zum Erwerb einer Fahrerlaubnis in Anspruch.
Fazit:
Die Vereine haben eine Gegenleistung für die Überlassung der Sportbekleidung erbracht. Ob die Vereine eine Versteuerung dieser Leistungen vorgenommen haben, ist für die hier maßgebliche Frage des Vorsteuerabzugs des leistenden Unternehmers unerheblich und war nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
Die Gewährung des Vorsteuerabzugs aus der Anschaffung der Trikots hat für den Sponsor allerdings die Konsequenz, dass er für die stpfl. »Trikotlieferung« an den Verein in gleicher Höhe USt für seine Lieferung entrichten muss. Für die erhaltene Werbeleistung des Vereins, die dieser im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausführt, ist der Sponsor nur unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt.
S. dazu die Abschn. 3.2 und 3.3 Abs. 9 UStAE.
Auch hier ist Voraussetzung, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.
Bei Sachzuwendungen an ArbN ist zu unterscheiden zwischen
entgeltlichen Lieferungen an ArbN (steuerbar nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Darunter fallen insbesondere: verbilligter Verkauf von Waren, Verkauf von Jahreswagen an Werksangehörige, arbeitsvertraglich geregelte Gewährung von Deputaten;
Zuwendungen an ArbN, für die der ArbN einen Teil seiner Arbeitsleistung als Gegenleistung aufwendet. Die Zuwendungen stellen entgeltliche Leistungen dar (Abschn. 1.8 Abs. 1 Satz 1 UStAE);
unentgeltlicher Zuwendung von Gegenständen (§ 3 Abs. 1b Nr. 2 UStG) an ArbN für deren privaten Bedarf aus unternehmerischen Gründen (Abschn. 1.8 Abs. 2 Satz 2 UStAE), sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen. Der ArbN erhält Sachzuwendungen unentgeltlich, wenn er seine Arbeit lediglich für den vereinbarten Barlohn und unabhängig von dem an alle ArbN gerichteten Angebot oder unabhängig von dem Umfang der gewährten Zuwendungen leistet (Abschn. 1.8 Abs. 2 UStAE);
(nicht steuerbaren) Aufmerksamkeiten (R 19.6 LStR, Abschn. 1.8 Abs. 3 UStAE) und
(nicht steuerbaren) unentgeltlichen Zuwendungen für den privaten Bedarf der ArbN, soweit diese Zuwendungen überwiegend durch das betriebliche Interesse des ArbG veranlasst sind (z.B. Arbeitnehmer-Sammelbeförderung; Abschn. 1.8 Abs. 2 Satz 7 und Abs. 4 UStAE) sowie
unentgeltlicher Zuwendung von Gegenständen an ArbN für den privaten Bedarf aus nichtunternehmerischen (privaten) Gründen. Es handelt sich dabei um eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG.
Wendet der ArbG einem ArbN ein Geschenk zu und übersteigt der Wert des Geschenks die 60 €-Grenze (Abschn. 1.8 Abs. 3 UStAE), ist ein Vorsteuerabzug nicht zulässig (s. Abschn. 1.8 Abs. 4a UStAE), weshalb der Unternehmer auch keine unentgeltliche Wertabgabe versteuern muss (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG). Übersteigt der Wert des Geschenks nicht die 60 €-Grenze, handelt es sich um eine Aufmerksamkeit und der Unternehmer ist zum Vorsteuerabzug berechtigt. Trotz des möglichen Vorsteuerabzugs liegt keine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UStG vor, da Aufmerksamkeiten nicht von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UStG erfasst werden (s.a. Grummels, NWB 24/2024, 1645 unter IV.).
Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung ausschließlich und unmittelbar für eine steuerbare unentgeltliche Wertabgabe zu verwenden, so besteht kein Recht, die bezogene Leistung dem Unternehmensvermögen zuzuordnen (Abschn. 1.8 Abs. 4a und Abschn. 3.3 Abs. 1 Satz 7 UStAE). Da die bezogene Leistung kein Unternehmensvermögen darstellt, ist der Unternehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist nicht erfüllt). Mangels Vorsteuerabzugs unterbleibt eine Wertabgabenbesteuerung (s. Abschn. 15.15 Abs. 1 UStAE, s. dort das Beispiel 1; s.a. Abschn. 1.8 Abs. 4a UStAE).
Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG (s.a. Abschn. 1.8 Abs. 7 und 8 UStAE, s.u.).
S. dazu die Abschn. 3.2 und 3.3 Abs. 10 ff. UStAE.
Auch hier ist Voraussetzung, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (Abschn. 3.3 Abs. 10 Satz 4 UStAE). Der Begriff »unentgeltliche Zuwendung« i.S.v. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG setzt nicht lediglich die Unentgeltlichkeit einer Lieferung voraus, sondern verlangt darüber hinaus, dass der Zuwendende dem Empfänger zielgerichtet einen Vermögensvorteil verschafft (BFH vom 14.5.2008, XI R 60/07, BStBl II 2008, 721, Abschn. 3.3 Abs. 10 Satz 3 UStAE).
Erfasst werden Gegenstände des Unternehmens, die der Unternehmer aus unternehmerischen Gründen abgibt, wie z.B. (Abschn. 3.3 Abs. 10 Satz 9 ff. UStAE):
Zuwendungen aus Werbezwecken wie Sachspenden an Vereine,
die kostenlose Gestellung von Waren aus Anlass von Preisausschreiben, Tombolas usw.,
die Abgabe von Werbematerialien und alle sog. Verkaufshilfen wie Warenständer, Warenregale, Tresen usw.,
höherwertige Geschenke an Geschäftsfreunde.
Diese höherwertigen Geschenke fallen allerdings auch unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG. Vorsteuerbeträge, die auf diese Aufwendungen entfallen, sind nach § 15 Abs. 1a UStG nicht abziehbar. Wurde für diese höherwertigen Geschenke fälschlicherweise der Vorsteuerabzug gewährt, so ist der Vorsteuerabzug nicht durch eine Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG, sondern durch eine Vorsteuerkorrektur nach § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG rückgängig zu machen. Von § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG können nur solche unentgeltlichen Zuwendungen erfasst werden, die nicht unter § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG fallen (R 4.10 Abs. 4 EStR; Abschn. 3.3 Abs. 12 UStAE);
die Abgabe von Wärme (BFH vom 25.11.2021, V R 45/20, BFH/NV 2022, 696, LEXinform 0953354 sowie vom 15.3.2022, V R 34/20, BFH/NV 2022, 1013, LEXinform 0953252; s.u. den Gliederungspunkt 4.6.6.5 »Bemessungsgrundlage«).
Mit Beschluss vom 22.11.2022 (XI R 17/20, BStBl II 2023, 601) hat der BFH dem EuGH drei Fragen zur Auslegung von Art. 16 und Art. 74 MwStSystRL vorgelegt (s.o. den Gliederungspunkt 1.1 »Überblick über die unionsrechtliche Entnahme und Verwendung von Gegenständen bzw. Dienstleistungen«). Mit Urteil vom 25.4.2024 (C-207/23, DStR 2024, 1004, SIS 24 08 09) hat der EuGH die Vorlagefragen des BFH beantwortet.
Vorlagefrage:
Handelt es sich um die »Entnahme eines Gegenstands durch einen Stpfl. aus seinem Unternehmen … als unentgeltliche Zuwendung« i.S.v. Art. 16 MwStSystRL, wenn ein Stpfl. Wärme aus seinem Unternehmen unentgeltlich an einen anderen Stpfl. für dessen wirtschaftliche Tätigkeit abgibt (hier: Zuwendung von Wärme aus dem Blockheizkraftwerk eines Stromlieferanten an ein landwirtschaftliches Unternehmen zum Beheizen von Spargelfeldern)? Kommt es hierfür darauf an, ob der stpfl. Empfänger die Wärme für Zwecke verwendet, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigen?
Entscheidung des EuGH (C-207/23, Rz. 48):
Art. 16 Abs. 1 MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass es sich um eine einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt gleichgestellte Entnahme eines Gegenstands durch einen Stpfl. aus seinem Unternehmen als unentgeltliche Zuwendung im Sinne dieser Bestimmung handelt, wenn der Stpfl. von ihm erzeugte Wärme unentgeltlich an andere Stpfl. für deren wirtschaftliche Tätigkeit abgibt, wobei es hierfür nicht darauf ankommt, ob diese anderen Stpfl. die Wärme für Zwecke verwenden, die sie zum Vorsteuerabzug berechtigen.
Bei der unentgeltlichen Zuwendung i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG kommt es auf eine Entnahme für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, anders als bei § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, nicht an (BFH vom 25.11.2021, V R 45/20, BFH/NV 2022, 696, Rz. 9). § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG dient der Umsetzung von Art. 16 Fall 3 MwStSystRL (»als unentgeltliche Zuwendung«; s.o. den Gliederungspunkt 1.1 »Überblick über die unionsrechtliche Entnahme und Verwendung von Gegenständen bzw. Dienstleistungen«).
In seinem Folgeurteil zum EuGH-Urteil vom 16.9.2020 (C-528/19, Mitteldeutsche Hartstein-Industrie, LEXinform 0589961) hat der BFH mit Urteil vom 16.12.2020 (XI R 26/20, XI R 28/17, BStBl II 2024, 146) abweichend von der bisherigen Rspr. und der Verwaltungsauffassung entschieden, dass der Vorsteuerabzug aus einem mittelbar unternehmerisch veranlassten Leistungsbezug zulässig ist, der unentgeltlich an einen Dritten weitergeliefert wird, sowie eine daraus resultierende unentgeltliche Wertabgabe nicht besteuert wird, wenn kein unversteuerter Endverbrauch droht.
Mit Schreiben vom 24.1.2024 (BStBl I 2024, 213; s.u. den Gliederungspunkt 4.6.5 »Ausbaumaßnahmen an öffentlichen Straßen«) nimmt das BMF zu den Folgen aus dem BFH-Urteil vom 16.12.2020 (XI R 26/20, XI R 28/17, BStBl II 2024, 146) Stellung und ergänzt dabei u.a. Abschn. 3.2 UStAE um einen neuen Abs. 4 (s.o. die Erläuterungen dazu unter dem Gliederungspunkt 3.2 »Die Drei-Sphären-Theorie« sowie unten den Gliederungspunkt 4.6.3.2 »Set zur Bestimmung des Blutzuckerspiegels«).
Nicht erfasst werden
Geschenke von geringem Wert und
Warenmuster (Abschn. 3.3 Abs. 10 Satz 2 UStAE) sowie
die Gewährung unentgeltlicher sonstiger Leistungen aus unternehmerischen Gründen (Abschn. 3.3. Abs. 10 Satz 10 UStAE).
Die Abgabe von Geschenken von geringem Wert ist nicht steuerbar. Derartige Geschenke liegen vor, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Kj. zugewendeten Gegenstände insgesamt 50 € (bis 31.12.2023: 35 €) – Nettobetrag ohne USt – nicht übersteigen. Dies kann bei geringwertigen Werbeträgern (z.B. Kugelschreiber, Feuerzeuge, Kalender usw.) unterstellt werden (Abschn. 3.3 Abs. 11 UStAE).
Hinweis:
Durch Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 35 Abs. 4 des Wachstumschancengesetzes vom 27.3.2024 (BGBl I 2024, Nr. 108) wird ab 1.1.2024 die Freigrenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG von bisher 35 € auf 50 € angehoben.
Ein Warenmuster ist ein Probeexemplar eines Produkts, durch das dessen Absatz gefördert werden soll und das eine Bewertung der Merkmale und der Qualität dieses Produkts ermöglicht, ohne zu einem anderen als dem mit solchen Werbeumsätzen naturgemäß verbundenen Endverbrauch zu führen (vgl. EuGH Urteil vom 30.9.2010, C-581/08, DStR 2010, 2030, LEXinform 0589212). Ist das Probeexemplar ganz oder im Wesentlichen identisch mit dem im allgemeinen Verkauf erhältlichen Produkt, kann es sich gleichwohl um ein Warenmuster handeln, wenn die Übereinstimmung mit dem verkaufsfertigen Produkt für die Bewertung durch den potenziellen oder tatsächlichen Käufer erforderlich ist und die Absicht der Absatzförderung des Produkts im Vordergrund steht. Die Abgabe eines Warenmusters soll in erster Linie nicht dem Empfänger den Kauf ersparen, sondern ihn oder Dritte zum Kauf anregen (Abschn. 3.3 Abs. 13 Satz 2 ff. UStAE).
Mit Urteil vom 12.12.2012 (XI R 36/10, BStBl II 2013, 412; Pfefferle u.a., NWB 36/2013, 2842) hat der BFH entschieden, dass ein von einem Unternehmer einem Diabetiker zur Bestimmung des Blutzuckerspiegels unentgeltlich zugewendetes Set – bestehend aus Blutzuckermessgerät, Stechhilfe und Teststreifen –, das einen späteren Verkauf der Teststreifen fördern soll, kein Warenmuster i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG ist. Denn gefördert werden soll mit dieser unentgeltlichen Abgabe des Sets lediglich der Absatz von (nachzukaufenden) Teststreifen, nicht aber auch ein späterer entgeltlicher Erwerb eines weiteren Sets oder eines weiteren Blutzuckermessgeräts oder einer weiteren Stechhilfe.
Zu beachten ist (BFH XI R 36/10, Rz. 38), dass sich die unentgeltliche Zuwendung des Sets über den Preis der Teststreifen amortisiert.
Die unentgeltliche Abgabe des Sets kann auch deshalb nicht als Warenmuster qualifiziert werden, weil sie i.S.d. dargelegten Definition des EuGH eines Warenmusters »zu einem anderen als dem mit solchen Werbeumsätzen naturgemäß verbundenen Endverbrauch« führt. Denn die Diabetiker haben mit dem Set unentgeltlich und dauerhaft ein Blutzuckermessgerät und eine Stechhilfe erhalten. Durch das von dem Unternehmer durchgeführte Geschäftsmodell erspart sich der Diabetiker den Kauf des Blutzuckermessgeräts und der Stechhilfe. Diesen umsatzsteuerrechtlich unbelasteten Letztverbrauch soll § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG verhindern. Die Abgabe eines Warenmusters soll dem Empfänger den Kauf nicht ersparen, sondern zum Kauf anregen.
Ob das Set ein nicht umsatzsteuerbares Geschenk von geringem Wert i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG ist, hängt von der Einhaltung der Wertgrenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ab.
Beachte:
Im Zuge der Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 16.9.2020 (C-528/19, UR 2020, 840, LEXinform 0589961) in der Rechtssache Mitteldeutsche Hartstein-Industrie hat der BFH mit Urteil vom 16.12.2020 (XI R 26/20, BStBl II 2024, 146) seine Rspr. zum Vorsteuerabzug und zur unentgeltlichen Zuwendung geändert. Danach können »mittelbare« Zusammenhänge für den Vorsteuerabzug ausreichen.
Zur Anwendung der Rspr. zum Vorsteuerabzug bei »mittelbarer« Veranlassung nimmt das BMF mit Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 24.1.2024 (BStBl I 2024, 213) in Rz. 5 ff. Stellung.
Mit Urteil vom 16.12.2020 (XI R 26/20, XI R 28/17, BStBl II 2024, 146) hat der BFH entschieden, dass einem Unternehmer der Vorsteuerabzug auch dann zustehen kann, wenn er eine Leistung bezieht, um diese an einen Dritten unentgeltlich weiter zu liefern und zugleich die eigene unternehmerische Tätigkeit zu ermöglichen. Dies setzt aber voraus, dass die bezogene Eingangsleistung nicht über das hinausgeht, was erforderlich bzw. unerlässlich ist, um diesen Zweck zu erfüllen, und die Kosten der Eingangsleistung (kalkulatorisch) im Preis der getätigten Ausgangsumsätze enthalten sind und der Vorteil des Dritten allenfalls nebensächlich ist.
Außerdem hat der BFH mit o.a. Urteil vom 16.12.2020 entschieden, dass § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG unionsrechtskonform dahingehend einschränkend auszulegen ist, dass eine Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe nicht erfolgt, wenn kein unversteuerter Endverbrauch droht.
Mit o.a. Schreiben vom 24.1.2024 (BStBl I 2024, 213) fügt das BMF in Abschn. 3.2 UStAE Abs. 4 ein und regelt dort in Satz 2 i.V.m. Abschn. 15.2b Abs. 2a UStAE die Fälle, in denen kein unversteuerter Endverbrauch droht.
Dieser droht danach nicht, wenn
die Eingangsleistung v.a. für Bedürfnisse des Unternehmers genutzt wird und nicht darüber hinausgeht, was hierfür erforderlich bzw. unerlässlich ist,
die Kosten für die Eingangsleistung Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind und
der Vorteil des Dritten allenfalls nebensächlich ist.
Eine Besteuerung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG und § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG kommt unter diesen Voraussetzungen infolge einer unionsrechtskonformen Reduktion des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG nicht in Betracht.
Der BFH hat in Rz. 39 seines Urteils vom 16.12.2020 (XI R 26/20, BStBl II 2024, 146) darauf hingewiesen, dass er nicht mehr an seiner bisherigen Rspr. zur Hingabe von Blutdruckmessgeräten an Diabetiker, um den Absatz von – nachzukaufenden – Teststreifen zu fördern (BFH vom 12.12.2012, XI R 36/10, BStBl II 2013, 412), festhalte (s.a. Anmerkung vom 19.5.2021, LEXinform 0887295).
Mit o.a. Schreiben vom 24.1.2024 (BStBl I 2024, 213) ergänzt das BMF Abschn. 3.3 Abs. 16 UStAE. Danach stellt das Set zur Bestimmung des Blutzuckerspiegels kein Warenmuster dar (BFH vom 12.12.2012, XI R 36/10, BStBl II 2013, 412); eine Besteuerung einer Wertabgabe ist aber unter den Voraussetzungen des Abschn. 3.2 Abs. 4 UStAE nicht durchzuführen. Auch der Vorsteuerabzug aus dem Bezug des Sets ist unter den Voraussetzungen des Abschn. 15.2b Abs. 2a UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 24.1.2024 möglich.
Mit Urteil vom 16.10.2013 (XI R 39/12, BStBl II 2014, 1024) kommt der BFH zu der Entscheidung, dass die bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages für 0 € an die Kunden gelieferten Handys oder sonstigen Elektronikartikel keine nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG steuerbaren unentgeltlichen Zuwendungen darstellen, sondern Lieferungen, die aufgrund erhöhter Provisionszahlungen der Mobilfunkunternehmen entgeltlich sind (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 81/2013 vom 27.11.2013, LEXinform 0440964; Pfefferle u.a., NWB 6/2015, 322 sowie das BMF-Schreiben vom 4.12.2014, BStBl I 2014, 1617 zu Abschn. 10.2 Abs. 5 Sätze 7 und 8 UStAE). Es handelt sich bei dieser Provision oder diesem Provisionsbestandteil insoweit nicht um ein Entgelt für die Vermittlungsleistung an das Mobilfunkunternehmen, sondern um ein von einem Dritten gezahltes Entgelt i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG für die Lieferung des Mobilfunkgeräts oder des sonstigen Elektronikartikels. Dies gilt unabhängig von der Höhe einer von dem Kunden zu leistenden Zuzahlung.
Mit Beschluss vom 13.3.2019 (XI R 28/17, BFH/NV 2019, 1034, LEXinform 5022265) hat der BFH dem EuGH (Az. EuGH: C-528/19, LEXinform 0589961) Rechtsfragen zur Vorsteuerabzugsberechtigung für Ausbaumaßnahmen an öffentlichen Straßen vorgelegt.
Dem klagenden Unternehmen, einer GmbH, war die Genehmigung zum Betrieb eines Steinbruchs unter der Auflage erteilt worden, eine für den Abtransport des gewonnenen Kalksandsteins zu nutzende öffentliche Gemeindestraße auszubauen. Die Stadt war Eigentümerin der Straße. Die Stadt verpflichtete sich zur Planung und Ausführung des Ausbaus dieses Streckenabschnitts. Des Weiteren verpflichtete sich die Stadt bei Fortbestand der öffentlich-rechtlichen Widmung, der GmbH die ausgebaute Strecke zur Erschließung und bei etwaigen Erweiterungen des Steinbruchs uneingeschränkt zur Verfügung zu stellen. Die GmbH verpflichtete sich zur Tragung sämtlicher Kosten im Zusammenhang mit dem Ausbau des Streckenabschnitts.
Aus den für den Ausbau von anderen Unternehmern bezogenen Bauleistungen machte die GmbH den Vorsteuerabzug geltend.
Das BMF-Schreiben vom 7.6.2012 (BStBl I 2012, 621) nimmt ausführlich zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Erschließungsmaßnahmen Stellung. Wie der BFH in seinem Beschluss XI R 28/17 mit Verweis auf das BMF-Schreiben und die bisherige Rspr. feststellt, handelt es sich bei den Baumaßnahmen an der Gemeindestraße um Zuwendungen eines Gegenstandes. Stellt der Unternehmer Erschließungsanlagen auf fremdem Grund und Boden gegen Entgelt aufgrund eines mit einer Stadt abgeschlossenen Erschließungsvertrages her, erbringt er eine Werklieferung (Lieferung von Erschließungsanlagen) i.S.v. § 3 Abs. 4 UStG an die Gemeinde (BFH vom 22.7.2010, V R 14/09, BStBl II 2012, 428, Leitsatz 1 und vom 13.1.2011, V R 12/08, BStBl II 2012, 61, Rz. 37).
Die Zuwendungen sind auch – nach bisheriger Sichtweise des BFH – unentgeltlich erfolgt (vgl. BFH vom 13.1.2011, V R 12/08, BStBl II 2012, 61, Rz. 55 ff.). Der zwischen der GmbH und der Stadt abgeschlossene Erschließungsvertrag sah für die Gemeinde keine Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts vor. Die von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG vorausgesetzte zielgerichtete Übertragung eines Gegenstandes mit Begünstigungscharakter ergibt sich daraus, dass der Stadt rechtliches Eigentum an Baumaßnahmen bezüglich der Gemeindestraße ohne Gegenleistung verschafft werden sollte. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die GmbH zumindest wirtschaftlich das Eigentum oder auch nur Nutzungsrechte an der Gemeindestraße behalten wollte, was der Annahme einer späteren derartigen Zuwendung entgegenstehen würde (s. BFH V R 12/08, BStBl II 2012, 61, Rz. 42 ff.).
Nach Ansicht des BFH könnte allerdings das Unionsrecht eine abweichende Lösung nahelegen. Insoweit soll mit dem Vorabentscheidungsersuchen des BFH zunächst geklärt werden,
ob aufgrund neuerer EuGH-Rspr. ein Vorsteuerabzug zu gewähren ist (Vorlagefrage 1). Sollte der EuGH dies bejahen, stellt sich die weitere Frage,
ob in dem Fall, in dem ein Stpfl. im Auftrag einer Stadt Baumaßnahmen an einer Gemeindestraße vornimmt, eine entgeltliche Lieferung von Gegenständen vorliegt, bei der die Genehmigung des Betriebs eines Steinbruchs die Gegenleistung für die Lieferung einer Straße ist (Vorlagefrage 2), oder, wenn die Frage 2 verneint wird
ob in dem Fall, in dem ein Stpfl. im Auftrag einer Stadt Baumaßnahmen an einer Gemeindestraße vornimmt, die unentgeltliche Übertragung der öffentlich gewidmeten Straße an die Gemeinde gem. Art. 5 Abs. 6 MwStSystRL einer unentgeltlichen Lieferung von Gegenständen gleichgestellt ist, obwohl die Übertragung unternehmerischen Zwecken dient, um einen unversteuerten Endverbrauch der Gemeinde zu vermeiden (Vorlagefrage 3).
Mit Urteil vom 16.9.2020 (C-528/19, UR 2020, 840, LEXinform 0589961) hat der EuGH die Vorlagefragen des BFH in seinem Beschluss vom 13.3.2019 (XI R 28/17, BFH/NV 2019, 1034, LEXinform 5022265) wie folgt beantwortet:
Ein Stpfl. hat ein Recht auf Abzug der Vorsteuer für die zugunsten einer Gemeinde durchgeführten Arbeiten zum Ausbau einer Gemeindestraße, wenn diese Straße sowohl von diesem Stpfl. im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit als auch von der Öffentlichkeit benutzt wird, soweit diese Ausbauarbeiten nicht über das hinausgingen, was erforderlich war, um diesem Stpfl. zu ermöglichen, seine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, und ihre Kosten im Preis der von diesem Stpfl. getätigten Ausgangsumsätze enthalten sind (unmittelbarer Zusammenhang).
Die für den Straßenbau nötigen Vorleistungen gehen zwar nicht unmittelbar in einen Ausgangsumsatz ein; sie sind aber unerlässlich für den Betrieb des Steinbruchs. Der Unternehmer hätte seine wirtschaftliche Tätigkeit nicht ausüben können, wenn diese Arbeiten nicht durchgeführt worden wären (EuGH C-528/19, Rz. 32).
Wenn sich die Arbeiten zum Ausbau dieser Straße auf das dafür Notwendige beschränkt haben, dann müsste das Recht auf Vorsteuerabzug für sämtliche durch diese Arbeiten hervorgerufenen Kosten anerkannt werden. Wenn hingegen diese Arbeiten über das hinausgingen, was erforderlich war, um den Betrieb dieses Steinbruchs zu gewährleisten, dann ist der direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen diesen Arbeiten und der wirtschaftlichen Tätigkeit des Stpfl. teilweise unterbrochen, sodass das Recht auf Vorsteuerabzug nur für die Vorsteuer zuzuerkennen wäre, die in Bezug auf den Teil der für die Arbeiten zum Ausbau der in Rede stehenden Gemeindestraße angefallenen Kosten entrichtet wurde, der objektiv erforderlich war, um dem Stpfl. zu ermöglichen, seine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben (EuGH C-528/19, Rz. 38).
Die Genehmigung zum Betrieb eines Steinbruchs, die einseitig von einer Verwaltung eines Mitgliedstaats erteilt wurde, stellt nicht die von einem Stpfl., der ohne Gegenleistung in Geld Arbeiten zum Ausbau einer Gemeindestraße durchgeführt hat, erhaltene Gegenleistung dar, sodass diese Arbeiten keinen »Umsatz gegen Entgelt« i.S.d. MwStSystRL darstellen.
Aus der Rspr. des EuGH geht hervor, dass ein einseitiger Hoheitsakt grds. kein Rechtsverhältnis begründen kann, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden (EuGH C-528/19, Rz. 49).
Zugunsten einer Gemeinde durchgeführte Arbeiten zum Ausbau einer Gemeindestraße, die der Öffentlichkeit offensteht, aber im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Stpfl., der diese Arbeiten unentgeltlich durchgeführt hat, von ihm sowie von der Öffentlichkeit genutzt wird, stellt keinen Umsatz dar, der einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt im Sinne dieser Bestimmung gleichzustellen ist.
Angesichts der Tatsache, dass die Lieferung der von dem Stpfl. unentgeltlich durchgeführten Arbeiten zum Ausbau der in Rede stehenden Gemeindestraße an die betreffende Gemeinde nicht geeignet ist, zu einem unversteuerten Endverbrauch oder einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zu führen, stellen solche Arbeiten jedoch keinen Umsatz dar, der einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt i.S.v. Art. 5 Abs. 6 MwStSystRL gleichzustellen ist.
Selbst wenn die in Rede stehende Gemeindestraße dem öffentlichen Verkehr offensteht, ist nämlich der tatsächliche Endverbrauch dieser Straße zu berücksichtigen. Aus der Antwort auf die erste Frage geht hervor, dass zum einen die Arbeiten zum Ausbau dieser Straße dem Stpfl. zugutekommen und einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit aufweisen, die zu besteuerten Umsätzen führt, und zum anderen die Kosten der von dem Steuerpflichtigen bezogenen, mit den Arbeiten zum Ausbau dieser Straße in Verbindung stehenden Eingangsleistungen zu den Kostenelementen der von ihm vorgenommenen Ausgangsumsätze gehören (s.a. Widmann in UR 1/2021, 11 sowie Anmerkung vom 16.9.2020, LEXinform 0402234).
Im Zuge der Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 16.9.2020 (C-528/19, UR 2020, 840, LEXinform 0589961) in der Rechtssache Mitteldeutsche Hartstein-Industrie hat der BFH mit Urteil vom 16.12.2020 (XI R 26/20, BStBl II 2024, 146) seine Rspr. zum Vorsteuerabzug und zur unentgeltlichen Zuwendung geändert (s.a. Anmerkung vom 19.5.2021, LEXinform 0887295) und Folgendes entschieden:
Bezieht ein Unternehmer eine Leistung, um diese an einen Dritten unentgeltlich weiter zu liefern und zugleich die eigene unternehmerische Tätigkeit zu ermöglichen, steht ihm der Vorsteuerabzug zu, wenn die bezogene Eingangsleistung nicht über das hinausgeht, was erforderlich/unerlässlich war, um diesen Zweck zu erfüllen, und die Kosten der Eingangsleistung (kalkulatorisch) im Preis der getätigten Ausgangsumsätze enthalten sind und der Vorteil des Dritten (hier: der Allgemeinheit) allenfalls nebensächlich ist. Insoweit reicht eine »mittelbare« Veranlassung für den Vorsteuerabzug aus (Änderung der Rspr.).
§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG ist unionsrechtskonform dahingehend einschränkend auszulegen, dass eine Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe nicht erfolgt, wenn kein unversteuerter Endverbrauch droht (s.a. FG Köln vom 20.4.2021, 8 K 2895/17, EFG 2022, 197, LEXinform 5024256).
Mit Schreiben vom 24.1.2024 (BStBl I 2024, 213) nimmt das BMF zu den Folgen aus dem BFH-Urteil vom 16.12.2020 (XI R 26/20, XI R 28/17, BStBl II 2024, 146) Stellung und ergänzt dabei u.a. Abschn. 3.2 UStAE um einen neuen Abs. 4. Zum Vorsteuerabzug des Unternehmers für den Bezug einer Leistung, die dieser an einen Dritten unentgeltlich weiterleistet, wird in Abschn. 15.2b UStAE ein neuer Abs. 2a angefügt (s.o. die Erläuterungen dazu unter dem Gliederungspunkt 3.2 »Die Drei-Sphären-Theorie« sowie den Gliederungspunkt 4.6.3.2 »Set zur Bestimmung des Blutzuckerspiegels«).
Beispiel 4:
Unternehmer U möchte einen Steinbruch unternehmerisch ausbeuten. Der Betrieb des Steinbruchs wird von der zuständigen Behörde nur unter der Auflage genehmigt, dass die Erschließung des Steinbruchs über eine öffentliche Gemeindestraße erfolgt. U verpflichtet sich, die Kosten für den Ausbau der Straße zu tragen. Die hierfür von U bezogenen Leistungen werden nur zu dem für die Nutzung durch den Schwerlastverkehr erforderlichen Ausbau der Straße genutzt und gehen nicht darüber hinaus. Die Kosten für den Straßenausbau gehen kalkulatorisch in den Verkaufspreis der abgebauten Steine ein. Durch Abnahme der Bauleistung durch die Gemeinde wird die Straße kostenlos an diese übertragen. Die (öffentliche) Straße wird in der Folge hauptsächlich von dem Schwerlastverkehr im Zusammenhang mit dem Steinbruch genutzt, daneben erfolgt nur eine geringe Nutzung durch die Allgemeinheit (Pkw-Verkehr).
Lösung 4:
S. das Beispiel 1 zu Abschn. 15.2b Abs. 2a UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 24.1.2024 (BStBl I 2024, 213).
Die Errichtung der Straße ist Voraussetzung für den Betrieb des Steinbruchs. Die Arbeiten für die Errichtung der Straße gehen nicht über das hinaus, was erforderlich war, um den Steinbruch zu betreiben. Die Kosten für die Baumaßnahmen gehen in die zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätze des U ein. Aufgrund der hauptsächlichen Nutzung der Straße für den Schwerlastverkehr des U ist der Nutzen für die Gemeinde (in Form der nur geringen Pkw-Nutzung durch die Allgemeinheit) nur nebensächlich (s. Abschn. 3.2 Abs. 4 Satz 1 und 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 24.1.2024, BStBl I 2024, 213). U ist daher zum Vorsteuerabzug aus den im Zusammenhang mit dem Straßenausbau bezogenen Leistungen berechtigt. Eine Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe des U an die Gemeinde erfolgt unter den genannten Umständen nicht (vgl. BFH vom 16.12.2020, XI R 26/20, XI R 28/17, BStBl II 2024, 146).
Beispiel 5:
Ein Industriebetrieb wird über eine zum Schwerlastverkehr grds. geeignete Straße beliefert. Durch die Besucher eines nah gelegenen Naherholungsgebiets wird der Lkw-Verkehr so erheblich beeinträchtigt, dass die Produktionsabläufe grundlegend gestört werden. Der Industriebetrieb hat von der Gemeinde auf Antrag die Genehmigung erhalten, auf eigene Kosten die Straße so zu verbreitern, dass ein reibungsloser Lkw-Verkehr wieder möglich ist. Um die Unfallgefahr durch das hohe Radfahreraufkommen zu minimieren, baut der Unternehmer freiwillig einen zusätzlichen Fahrradweg. Aufgrund einer Auflage in der Genehmigung führt der Unternehmer dazu Maßnahmen zur Begrünung durch, um den Charakter des Naherholungsgebiets zu erhalten. Alle Maßnahmen werden ausschließlich auf Grundstücken der Gemeinde durchgeführt bzw. betreffen die dem öffentlichen Verkehr gewidmete Straße.
Lösung 5:
S. das Beispiel 2 zu Abschn. 15.2b Abs. 2a UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 24.1.2024 (BStBl I 2024, 213).
Die Verbreiterung der Straße ist für die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit des Industriebetriebes erforderlich, da erst hierdurch wieder ein ungestörter Betriebsablauf möglich ist. Darüber hinaus ist der Vorteil der Gemeinde nur nebensächlich, da bereits eine für den öffentlichen Verkehr nutzbare Straße vorhanden ist. Daher erfolgt der Bezug dieser Leistung für das Unternehmen des Industriebetriebes, wodurch insoweit ein Vorsteuerabzug möglich ist.
Die Aufwendungen für den Fahrradweg dienen der Verkehrssicherheit und verbessern weiter den Verkehrsfluss. Allerdings ist eine Nutzung der ausgebauten Straße durch die Lkw auch ohne den Fahrradweg möglich. Daneben ist der Vorteil für die Gemeinde bzw. die Allgemeinheit nicht nur nebensächlich, indem die Radfahrer mit dem Fahrradweg nun einen eigenen, bislang nicht vorhandenen Verkehrsstreifen nutzen können. Damit erfolgt dieser Leistungsbezug nicht für das Unternehmen und ein Vorsteuerabzug ist insoweit unzulässig.
Die Begrünungsmaßnahmen sind für die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht erforderlich. Selbst die gemeindliche Auflage zur Vornahme entsprechender Maßnahmen führt nicht dazu, dass diese für die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit unerlässlich werden. Daneben ist der Vorteil für die Gemeinde bzw. die Allgemeinheit aus der Begrünung nicht nur nebensächlich, sondern dient unmittelbar ihren Bedürfnissen. Damit erfolgt dieser Leistungsbezug nicht für das Unternehmen und ein Vorsteuerabzug ist insoweit unzulässig.
Wurden die einzelnen Leistungen oder Leistungsbestandteile nicht gesondert abgerechnet, ist eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge in analoger Anwendung des Abschn. 15.17 UStAE vorzunehmen. Hinsichtlich der eigentlichen Straßenverbreiterung ergibt sich keine unentgeltliche Wertabgabe, da der Leistungsbezug für den Industriebetrieb erforderlich bzw. unerlässlich ist, um seine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben zu können, und der Vorteil der Gemeinde hier allenfalls nebensächlich ist, da bereits eine nutzbare Straße vorhanden ist (s. Abschn. 3.2 Abs. 4 Satz 1 und 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 24.1.2024).
Hinsichtlich des Fahrradweges und der Begrünung ergibt sich ebenfalls keine unentgeltliche Wertabgabe, da insoweit schon keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug bestanden hat.
Mit der Definition eines Geschenks i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG hat sich das FG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 15.9.2015 (6 K 1844/13, EFG 2015, 2114, LEXinform 5018234, rkr.) ausgiebig auseinandergesetzt. Strittig war dabei die Frage, ob die Abgabe von Sachprämien durch eine Brauerei an Bierkunden gegen Einsendung der gesammelten Treuepunkte, die diese nach Maßgabe der im Einzelhandel gekauften Biermenge im Rahmen einer Verkaufsförderaktion erhalten haben, eine unentgeltliche Zuwendung i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG ist. Nach Auffassung des Gerichts stellt die Sachprämie eine unentgeltliche Zuwendung i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG dar, da der Kunde für die Zuwendung der Sachprämie gegenüber der Brauerei kein Entgelt zu entrichten hat. Das Sammeln, Einkleben und Versenden der Treuepunkte sind bloße Alltagshandlungen, die nicht gegen die Annahme eines Geschenks sprechen. Nach Auffassung des FG ist allerdings die Besteuerung dieser unentgeltlichen Wertabgabe ausgeschlossen, weil es sich um ein Geschenk von geringem Wert handelt. Das FG bejaht dabei den Geschenkbegriff und verneint einen Bezug auf R 4.10 Abs. 4 Satz 5 Nr. 3 EStR, die anlässlich einer Auslobung oder eines Preisausschreibens keine Geschenke annimmt.
Das FG stellt fest, dass das Gesetz keinen unmittelbaren Hinweis darauf enthält, wann ein Geschenk vorliegt. Eine Zuwendung ergibt sich nicht bereits daraus, dass eine Lieferung unentgeltlich erbracht wird. Eine Zuwendung erfordert dem allgemeinen Wortsinn entsprechend vielmehr, dass der Zuwendende dem Empfänger der Zuwendung zielgerichtet einen Vermögensvorteil verschafft. Dementsprechend liegt nach der Gesetzesbegründung eine gem. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG steuerbare Zuwendung z.B. bei Sachspenden oder bei Lieferungen zu Werbezwecken, zur Verkaufsförderung oder zur Imagepflege vor. Diesen Vorgängen kommt der erforderliche Zuwendungscharakter dadurch zu, dass sie dem Begünstigten unbeschränkte Verfügungsmacht an dem gespendeten oder verschenkten Gegenstand zielgerichtet verschaffen.
Eine Schenkung ist nach § 516 Abs. 1 BGB eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Die Unentgeltlichkeit der Zuwendung setzt mithin objektiv das Fehlen einer Gegenleistung und subjektiv die Einigung der Parteien hierüber voraus. Geht auch nur eine Seite von der Entgeltlichkeit der Zuwendung aus, so handelt es sich nicht um ein Geschenk. Wird eine Leistung schenkweise versprochen, liegt ein zweiseitiges Rechtsgeschäft vor. Dieses ist aber nur einseitig verpflichtend, weil nur der Schenker eine Leistung erbringen muss. Das Schenkungsversprechen, also die Willenserklärung des Schenkenden, bedarf der notariellen Beurkundung (§ 518 Abs. 1 BGB). Wird diese Form nicht eingehalten, so kann der Formmangel durch die spätere Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt werden (§ 518 Abs. 2 BGB).
Im Streitfall liegen die Voraussetzungen einer Schenkung vor. Gegenstand der Zuwendung waren die jeweils übersandten (Werbe-)Artikel. Die Klägerin hat den so bestimmten Zuwendungsgegenstand den Empfängern ohne rechtliche Verpflichtung zugewandt. Die Zuwendung war nicht Gegenleistung für eine bestimmte Leistung der Bierkunden. Die Klägerin und die Empfänger waren sich auch über die Unentgeltlichkeit einig. Eine Belohnung anlässlich einer Auslobung lag nicht vor bzw. das Vorliegen einer Auslobung steht dem Vorliegen eines Geschenks nicht entgegen. Eine Zugabe liegt nicht vor.
Hinweis:
Das FG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 12.4.2016 (6 K 2005/11, EFG 2016, 1197, LEXinform 5019105, rkr.) entschieden, dass die Aufwendungen für die Herstellung von Kalendern, die an Personen verschenkt werden, die nicht ArbN des Stpfl. sind, nur dann als Betriebsausgaben absetzbar sind, wenn die Herstellungskosten insgesamt 35 € (ab 1.1.2024: 50 €) nicht überschreiten. Werbegeschenke an Kunden sind nur dann als Betriebsausgaben abziehbar, wenn die diesbezüglichen Aufwendungen bei der Gewinnermittlung innerhalb der Buchführung besonders aufgezeichnet werden.
Die Anwendung des § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG und die Vorsteuerkorrektur des § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Es zeigt sich dabei, dass es hier eine nicht abgestimmte Konkurrenz zwischen § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG, § 15 Abs. 1a UStG und § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG in derartigen Fällen gibt (Fischer in Plückebaum, UStG, § 17 UStG III.5, Rz. 57 ff.; Birkenfeld, USt-Handbuch, § 209 zu § 17 Rz. 171–195; Kollruss u.a., UStB 2008, 341).
Nach § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG ist der Vorsteuerabzug rückgängig zu machen, wenn ein Unternehmer Aufwendungen i.S.v. § 15 Abs. 1a UStG tätigt. Die Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG setzt deshalb voraus, dass (Abschn. 15.6 Abs. 5 UStAE)
die Vorsteuer in einem Voranmeldungszeitraum abziehbar (kein § 15 Abs. 1a UStG) und abzugsfähig ist und
in einem anderen Voranmeldungszeitraum die Vorsteuer nicht abziehbar wird (§ 15 Abs. 1a UStG ist gegeben).
Im umgekehrten Fall, dass
die Vorsteuer in einem Voranmeldungszeitraum nicht abziehbar ist (§ 15 Abs. 1a UStG ist gegeben) und
in einem anderen Voranmeldungszeitraum die Vorsteuer abziehbar und abzugsfähig wird,
ist § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG nicht anwendbar. Erläuterungen dazu s.u. Beispiel 6.
Hauptanwendungsfall dürften die Geschenke an Personen sein, die nicht ArbN des Unternehmers sind (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG).
Maßgeblich für den Vorsteuerabzug ist die tatsächliche Verwendung bzw. die Verwendungsabsicht bei Leistungsbezug (Abschn. 15.12 Abs. 1 UStAE). Absichtsänderungen wirken nicht zurück und führen deshalb z.B. nicht dazu, dass Steuerbeträge nachträglich als Vorsteuer abziehbar sind (Abschn. 15.12 Abs. 1 Satz 16 UStAE). Die Anwendung des § 17 UStG führt allerdings dazu, dass ein Ereignis eintritt, das in die Vergangenheit wirkt, und damit zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage u.a. für den Vorsteuerabzug führt (→ Vorsteuerabzug unter dem Gliederungspunkt »Geschenke an Geschäftsfreunde«).
Beachte:
Durch Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 35 Abs. 4 des Wachstumschancengesetzes vom 27.3.2024 (BGBl I 2024, Nr. 108) wird ab 1.1.2024 die Freigrenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG von bisher 35 € auf 50 € angehoben.
Hinsichtlich der Anwendung der §§ 15 Abs. 1a, 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 und 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG ist im Voranmeldungszeitraum der Anschaffung/Herstellung des Wirtschaftsguts folgende Prüfung vorzunehmen:
Abb.: Gegenstand als Geschenk
Abb.: Sonstiger geldwerter Vorteil als Geschenk
Mehrere Schenkungen an denselben Stpfl. |
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Wert der Schenkung insgesamt 60 € (Geschenk 1 und 2). |
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1. Geschenk z.B. 30 € |
2. Geschenk z.B. 30 € |
im Voranmeldungszeitraum Januar als Geschenk angeschafft und im Februar geschenkt. |
im Voranmeldungszeitraum Dezember als Geschenk angeschafft und im Dezember geschenkt. |
Durch das zweite Geschenk werden auch die Aufwendungen für das erste Geschenk nicht abziehbar i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG. § 15 Abs. 1a UStG ist aber nicht rückwirkend für Februar anwendbar. Der Unternehmer hat in seiner USt-Voranmeldung für Dezember(Zeitpunkt des 2. Geschenks) eine Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 15 Abs. 1a UStG vorzunehmen (s.a. Beispiel in Abschn. 15.6 Abs. 5 UStAE). |
Im Zusammenhang mit dem ersten Geschenk fällt das zweite Geschenk im Zeitpunkt der Anschaffung unter das Betriebsausgabenabzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG. Die Vorsteuer ist im Zeitpunkt der Anschaffung nach § 15 Abs. 1a UStG nicht abziehbar. Kein Fall des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG. Nach Satz 2 ist Voraussetzung, dass der Vorsteuerabzug möglich war. |
Abb.: Anwendung der §§ 15 Abs. 1a, 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 und 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG
Beispiel 6:
Unternehmer U erwirbt im Voranmeldungszeitraum Januar Gegenstände, die als Geschenke an Geschäftsfreunde vorgesehen sind. Der Wert der einzelnen Gegenstände beträgt 60 € zzgl. 11,40 € USt. Einen Teil der Gegenstände verschenkt U noch im Monat Januar, die übrigen Geschenke werden in den folgenden Voranmeldungszeiträumen verschenkt.
Im Voranmeldungszeitraum November verwendet U einen Gegenstand tatsächlich vorsteuerunschädlich in seinem Unternehmen (z.B. Einsatz als Büroartikel im Büro).
Lösung 6:
Für die Bemessung der 50 €-Freigrenze für Geschenke nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten einschließlich eines umsatzsteuerrechtlich nicht abziehbaren Vorsteuerbetrages maßgebend; dabei bleibt § 15 Abs. 1a UStG unberücksichtigt (R 9b Abs. 2 Satz 3 und R 4.10 Abs. 3 Satz 1 EStR).
Die unentgeltliche Zuwendung von Gegenständen an Geschäftsfreunde stellt dann eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG dar, wenn es sich nicht um Geschenke von geringem Wert handelt. Derartige Geschenke von geringem Wert liegen vor, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Kj. zugewendeten Gegenstände insgesamt 50 € (Nettobetrag ohne USt) nicht übersteigen (Abschn. 3.3 Abs. 11 UStAE). D.h., Geschenke von geringem Wert werden nicht für eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG verwendet.
Aus dem Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer folgt, dass die Zuordnungsentscheidung bereits bei Leistungsbezug für einen einheitlichen Gegenstand zu treffen ist (Abschn. 15.2c Abs. 16 Satz 1 UStAE). Da der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug die bezogene Leistung (Geschenk) nicht für seine unternehmerische Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für die Erbringung einer unentgeltlichen Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG zu verwenden beabsichtigt, ist er nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da die Leistung nicht für sein Unternehmen bezogen wurde (Abschn. 15.2b Abs. 2 Satz 5 i.V.m. Abschn. 15.15 Abs. 1 mit Beispiel 1 UStAE). Wegen des mangelnden Vorsteuerabzugs unterbleibt eine anschließende Wertabgabenbesteuerung (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG).
Hinweis:
Der Vorsteuerabzug im Beispielsfall entfällt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG und nicht nach § 15 Abs. 1a UStG.
Ist bei einem Geschenk der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG ausgeschlossen, so kann die Schenkung nicht den Tatbestand der unentgeltlichen Zuwendung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG erfüllen, da Satz 2 dieser Bestimmung nicht zutrifft (Stadie in: Rau/Dürrwächter, USt, 186. Lieferung 04.2020, § 15 UStG, Rz. 1325).
Ertragsteuerrechtlich gehört die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht abziehbare Vorsteuer nach § 9b Abs. 1 EStG zu den Anschaffungskosten (s.a. R 9b Abs. 2 Satz 3 EStR; Schmidt/Weber-Grellet, ESt § 9b, Rz. 2 ff.). Für die Bemessung der Freigrenze ist damit auf den Bruttowert i.H.v. 71,40 € abzustellen. Die Freigrenze von 50 € wird überschritten.
Im Gegensatz dazu gehört die nach § 15 Abs. 1a UStG nicht abziehbare Vorsteuer nicht zu den Anschaffungskosten, sondern unterliegt dem Abzugsverbot nach § 12 Nr. 3 EStG (R 9b Abs. 3 EStR). § 9b EStG findet insoweit keine Anwendung.
Da U im November tatsächlich einen Gegenstand entgegen der ursprünglichen Absicht tatsächlich vorsteuerunschädlich verwendet, stellt sich die Frage, ob U nachträglich den Vorsteuerabzug dafür beanspruchen kann.
Lang in Weimann/Lang, Umsatzsteuer national und international, 2.A., § 17, 990, 991, ist der Auffassung, dass § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG analog angewendet werden kann (so auch L’habitant, UStB 9/2019, 280, Beispiel 3e). M.E. ist § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG allerdings nur dann anwendbar, wenn ein Vorsteuerabzug rückgängig gemacht wird, weil Aufwendungen i.S.d. § 15 Abs. 1a UStG getätigt werden. Ein Vorsteuerabzug ist allerdings nicht zu korrigieren, wenn bisherige Aufwendungen i.S.d. § 15 Abs. 1a UStG in vorsteuerabziehbare Aufwendungen umqualifiziert werden.
M.E. ist § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG nicht analog anzuwenden, da der Unternehmer beim Leistungsbezug sich für eine Verwendung des Gegenstandes im Rahmen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG entschieden hatte. Diese Verwendungsabsicht wirkt »wie eine private Verwendung«, da keine Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. Wie der BFH mit Urteil vom 25.11.2004 (V R 38/03, BStBl II 2005, 414) entschieden hat, ist für die Entstehung und den Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug aus Rechnungen über Eingangsleistungen bei richtlinienkonformer Anwendung von § 15 Abs. 1 und 2 UStG maßgebend, ob der Steuerpflichtige die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hatte, mit den Investitionsausgaben Umsätze auszuführen, für die der Vorsteuerabzug zugelassen ist (vgl. EuGH Urteil vom 8.6.2000, C-400/98 – Breitsohl –, BStBl II 2003, 452).
Da das Recht auf Vorsteuerabzug nach Art. 167 MwStSystRL entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht, d.h. mit der Lieferung eines Gegenstands oder der Ausführung einer Dienstleistung an den vorsteuerabzugsberechtigten Steuerpflichtigen, muss nach der vorbezeichneten Rspr. die Absicht, die Eingangsleistungen zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze zu verwenden, im Zeitpunkt des Bezugs der Leistungen vorliegen. Im Ausgangsfall fehlt es an Anhaltspunkten, dass U bei Bezug der Leistung beabsichtigt hatte, die als Geschenke erworbenen Gegenstände zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze zu verwenden.
Der Entschluss des U, die Gegenstände nachträglich für steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu verwenden, stellt eine Absichtsänderung dar. Absichtsänderungen wirken nicht zurück. Deshalb führen sie nicht dazu, dass die für die im Voranmeldungszeitraum Januar empfangenen Eingangsleistungen berechneten Steuerbeträge nachträglich als Vorsteuer abziehbar sind (Abschn. 15.12 Abs. 1 Sätze 15 und 16 UStAE; vgl. auch BFH vom 16.5.2002, V R 56/00, BStBl II 2006, 725).
M.E ist der Fall analog einer Nutzungsänderung von der Privatnutzung hin zur unternehmerischen Nutzung zu lösen. Wird nämlich ein Gegenstand später unternehmerisch genutzt (die Vorsteuer wird danach abziehbar nach § 15 Abs. 1 UStG), ist eine Vorsteuerberichtigung zugunsten des Unternehmers nach § 15a UStG nicht zulässig (Abschn. 15.2c Abs. 4 Satz 4 UStAE). Eine Vorsteuerberichtigung ist nur möglich, wenn und soweit die bezogenen Leistungen im Zeitpunkt des Leistungsbezugs dem Unternehmen zugeordnet wurden (Abschn. 15a.1 Abs. 6 UStAE).
Die Vorsteuerberichtigung des § 15a UStG korrigiert die abzugsfähige bzw. nicht abzugsfähige Vorsteuer i.S.d. § 15 Abs. 2 und 3 UStG. Sie berücksichtigt nicht die nicht abziehbare Vorsteuer i.S.d. § 15 Abs. 1 UStG (Abschn. 15a.1 Abs. 5 UStAE). Durch eine Nutzungsänderung (ertragsteuerrechtliche Einlage) tritt keine Vorsteuerkorrektur i.S.d. § 15a UStG ein (Abschn. 15a.1 Abs. 6 UStAE).
Beachte:
Auswirkung der EuGH-Entscheidung vom 25.7.2018 (C-140/17)
Die Entscheidung des EuGH vom 25.7.2018 (C–140/17, UR 2018, 687, LEXinform 0651568) ist zwar zur Vorsteuerberichtigung i.S.d. Art. 184 MwStSystRL einer jPöR ergangen, ist aber für andere Unternehmer oder auch Vereine anzuwenden (s.a. Widmann, UR 17/2018, 666 sowie Anmerkung 1 zum EuGH-Urteil C-140/17 von Küffner u.a., UR 17/2018, 692 sowie Anmerkung 2 von Sterzinger, UR 17/2018, 694).
Handelt der Erwerber zum Zeitpunkt des Erwerbs des Investitionsguts nicht als Steuerpflichtiger (kein Unternehmer), so hat er grundsätzlich kein Recht auf Berichtigung des Vorsteuerabzugs im Zusammenhang mit diesem Gegenstand, auch wenn dieser später einer besteuerten Tätigkeit zugeordnet wird (Rz. 37 des EuGH-Urteils vom 25.7.2018, C-140/17, UR 2018, 687 i.V.m. EuGH vom 2.6.2005, C-378/02, UR 2005, 437, Rz. 44; Abschn. 15a.1 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 UStAE).
Nach der EuGH-Rspr. C-140/17 in Rz. 43 und 50 ist bei der Anschaffung des Investitionsguts zu prüfen, ob der Erwerber im Zeitpunkt des Erwerbs als Privatperson gehandelt hat oder ob der Erwerber zum Zeitpunkt des Erwerbs bereits aus anderen Gründen für umsatzsteuerliche Zwecke registriert gewesen ist.
Hat der Erwerber beim Erwerb des Gegenstands als Stpfl. (Unternehmer) gehandelt, schließt allein eine in diesem Moment fehlende Zuordnung zum Unternehmen die erforderliche Verwendungsabsicht für wirtschaftliche Zwecke nicht aus (EuGH C-140/17, Rz. 47). Es ist ohne Bedeutung, dass der betreffende Gegenstand nicht unmittelbar für besteuerte Umsätze verwendet worden ist, da die Verwendung des Gegenstands nur den Umfang des Vorsteuerabzugs oder der etwaigen späteren Berichtigung bestimmt, jedoch nicht die Entstehung des Abzugsanspruchs berührt (EuGH vom 30.3.2006, C-184/04, UR 2006, 530, Rz. 39).
Die erstmalige Verwendung des Investitionsguts für außerunternehmerische Zwecke ist zunächst ein Indiz dafür, dass der Erwerber beim Erwerb des Gegenstands nicht als Stpfl. (Unternehmer) gehandelt hat (EuGH C-140/17, Rz. 52).
Dieses Indiz kann der Erwerber aber dadurch entkräften, dass der Gegenstand innerhalb des Vorsteuerberichtigungszeitraums für wirtschaftliche Zwecke verwendet wird und der Erwerber im Zeitpunkt des Erwerbs bereits aus anderen Gründen für umsatzsteuerliche Zwecke registriert ist (EuGH C-140/17, Rz. 53; s.a. Wäger in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, Aktuell III/2018, VIII. Vorsteuerberichtigung, Rz. 52 ff., November 2018; Sterzinger, UStB 10/2018, 295).
Beispiel 7:
Unternehmer U erwirbt im Voranmeldungszeitraum Januar Gegenstände in der Absicht, sie in seinem Unternehmen zur Ausführung von Abzugsumsätzen einzusetzen. Der Wert der einzelnen Gegenstände beträgt 60 € zzgl. 11,40 € USt. Im Voranmeldungszeitraum November verschenkt U einen Gegenstand an einen Geschäftsfreund.
Lösung 7:
Im Zeitpunkt der Anschaffung des Gegenstandes finden § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG und somit auch § 15 Abs. 1a UStG keine Anwendung. Im Besteuerungszeitraum des erstmaligen Vorsteuerabzugs entscheidet sich der Vorsteuerabzug nach der geplanten Verwendung (Zuordnungsentscheidung, Abschn. 15.2c Abs. 12 und Abschn. 15.12 Abs. 1 Satz 7 UStAE). Da U zu diesem Zeitpunkt eine Verwendung im eigenen Unternehmen plant (und auch tatsächlich durchführt), kann er die Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG geltend machen. Die Vorsteuer ist abziehbar und abzugsfähig. Die spätere tatsächlich anderweitige Nutzung führt aber nicht nachträglich zur Anwendung des § 15 Abs. 1a UStG; die Vorsteuer bleibt abziehbar.
Es handelt sich um eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG (Abschn. 3.3 Abs. 12 Satz 6 UStAE). Eine Vorsteuerkorrektur nach § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG ist in diesem Fall nicht durchzuführen.
Beispiel 8:
Siehe auch Beispiel 6.
Unternehmer U erwirbt im Voranmeldungszeitraum Januar Gegenstände, die als Geschenke an Geschäftsfreunde vorgesehen sind. Der Wert der einzelnen Gegenstände beträgt 55,30 € (darin enthalten Vorsteuer 19 % = 8,83 €). Einen Teil der Gegenstände verschenkt U noch im Monat Januar, die übrigen Geschenke werden in den folgenden Voranmeldungszeiträumen verschenkt. S.a. H 9b [Freigrenze für Geschenke nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, Beispiele] EStH.
Lösung 8:
Umsatzsteuerrechtlich handelt es sich um ein Geschenk von geringem Wert, da die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Kj. zugewendeten Gegenstände insgesamt 50 € (Nettobetrag ohne USt) nicht übersteigen (Abschn. 3.3 Abs. 11 UStAE). D.h., Geschenke von geringem Wert werden nicht für eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG verwendet. Der Unternehmer ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Vorsteuer ist abziehbar (Abschn. 15.15 Abs. 1 Satz 2 UStAE mit Beispielen).
Ertragsteuerrechtlich ist für die Bemessung der Freigrenze auf den Nettowarenwert i.H.v. 46,47 € abzustellen, da die Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG abziehbar ist. Die Freigrenze von 50 € wird nicht überschritten.
Das Vorsteuerabzugsverbot des § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG tritt nicht ein, da die Aufwendungen für das Geschenk nicht unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG fallen. Die abziehbare Vorsteuer ist unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 und 3 UStG auch abzugsfähig.
Beispiel 9:
S.a. Beispiel 6.
Unternehmer U erwirbt im Voranmeldungszeitraum Januar eine Eintrittskarte, die als Geschenk an einen Geschäftsfreund vorgesehen ist. Der Wert der Eintrittskarte beträgt 60 € zzgl. 11,40 € USt. U tätigt ausschließlich Abzugsumsätze.
Lösung 9:
Der Vorsteuerausschluss und die Freigrenze gelten nicht nur für Sachgeschenke, sondern auch für Geschenke in Form anderer geldwerter Vorteile (z.B. Eintrittsberechtigungen zu kulturellen oder sportlichen Veranstaltungen; Abschn. 15.6 Abs. 4 Satz 6 UStAE).
Die Abgabe der Eintrittskarte erfolgt aus unternehmerischen Gründen und ist daher ein der Art nach nicht steuerbarer Vorgang, da § 3 Abs. 9a UStG Wertabgaben aus unternehmerischen Gründen nicht erfasst. Da es an einem steuerbaren Ausgangsumsatz fehlt, dem der Leistungsbezug direkt und unmittelbar zugeordnet werden kann, ist für den Vorsteuerabzug die Gesamttätigkeit des U maßgeblich. Die Vorsteuer ist abziehbar (Abschn. 15.15 Abs. 1 Satz 2 UStAE mit Beispiel 1 Buchst. b) und auch abzugsfähig.
Ertragsteuerrechtlich ist für die Bemessung der Freigrenze auf den Nettowarenwert i.H.v. 60 € abzustellen, da die Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG abziehbar und abzugsfähig ist. Die Freigrenze von 50 € wird überschritten. Die nach § 15 Abs. 1a UStG nicht abziehbare Vorsteuer bleibt bei der Ermittlung der Anschaffungskosten unberücksichtigt (R 9b Abs. 2 Satz 3 EStR). Die nach § 15 Abs. 1a UStG nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge unterliegen dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 3 EStG (R 9b Abs. 3 EStR).
Das Vorsteuerabzugsverbot des § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG tritt ein, da die Aufwendungen für das Geschenk unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG fallen. Der Vorsteuerabzug ist nach § 15 Abs. 1a UStG ausgeschlossen.
Das Landesamt für Steuern (LfSt) Niedersachen nimmt mit Vfg. vom 3.7.2019 (S 7109 – 5 – St 171, UR 15/2019, 600) zur Vergabe von Sachpreisen und zum Verkauf der Lose bei Sachlotterien Stellung.
Für die Abgrenzung der Geschenke von anderen Zuwendungen gelten die ertragsteuerrechtlichen Grundsätze des R 4.10 Abs. 4 EStR (Abschn. 15.6 Abs. 4 Satz 5 UStAE). Nach R 4.10 Abs. 4 Satz 5 Nr. 3 EStR sind u.a. Preise anlässlich eines Preisausschreibens oder einer Auslobung keine Geschenke i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG.
Die Abgabe des Sachgewinns erfolgt unentgeltlich aus unternehmerischen Gründen. Handelt es sich um einen höherwertigen Gegenstand, z.B. einen Laptop oder ein Auto, fällt die Abgabe der Art nach unter § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG. Da der Veranstalter bereits bei Leistungsbezug beabsichtigt, den Gegenstand als Sachgewinn abzugeben, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dementsprechend unterbleibt eine Wertabgabenbesteuerung.
Handelt es sich um ein Geschenk von geringem Wert (bis 50 € netto, Abschnitt 3.3 Abs. 11 UStAE), fällt die Abgabe der Art nach nicht unter § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG. Der Sachgewinn kann keinem steuerbaren Ausgangsumsatz zugeordnet werden. Für den Vorsteuerabzug ist die Gesamttätigkeit des Veranstalters maßgebend. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Leistungsbezug einer bestimmten Gruppe von Ausgangsumsätzen wirtschaftlich zugeordnet werden kann (Abschnitt 15.15 Abs. 2 UStAE). Wirtschaftlich kann die Eingangsleistung den Umsätzen aus dem Verkauf der Lose zugeordnet werden. Bei einer umsatzsteuerpflichtigen Lotterie ist der Veranstalter daher zum Vorsteuerabzug berechtigt, bei einer umsatzsteuerfreien Lotterie ist ein Vorsteuerabzug nicht zulässig.
Bei Wertabgaben anlässlich von Preisausschreiben und Verlosungen wird die unentgeltliche Abgabe von sonstigen Leistungen aus unternehmerischen Gründen anlässlich von Preisausschreiben und Verlosungen nicht als unentgeltliche Wertabgabe erfasst (auch nicht von § 3 Abs. 9a UStG). In diesen Fällen bleibt der Vorsteuerabzug in voller Höhe erhalten (Abschn. 3.3 Abs. 10 Satz 10 UStAE).
Unentgeltlich abgegebene Verkaufskataloge, Versandhauskataloge, Reisekataloge, Werbeprospekte und – Handzettel, Veranstaltungsprogramme und – Kalender usw. dienen der Werbung, insbesondere der Anbahnung eines späteren Umsatzes. Eine (private) Bereicherung des Empfängers ist damit regelmäßig nicht verbunden. Dies gilt auch für Anzeigenblätter mit einem redaktionellen Teil (z.B. für Lokales, Vereinsnachrichten), die an alle Haushalte in einem bestimmten Gebiet kostenlos verteilt werden. Bei der Abgabe derartiger Erzeugnisse handelt es sich nicht um unentgeltliche Zuwendungen i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG (Abschn. 3.3 Abs. 14 UStAE).
Die unentgeltliche Abgabe von Werbe- und Dekorationsmaterial, das nach Ablauf der Werbe- oder Verkaufsaktion vernichtet wird oder bei dem Empfänger nicht zu einer (privaten) Bereicherung führt (z.B. Verkaufsschilder, Preisschilder, sog. Displays), an andere Unternehmer (z.B. vom Hersteller an Großhändler oder vom Großhändler an Einzelhändler) dient ebenfalls der Werbung bzw. der Verkaufsförderung. Das Gleiche gilt für sog. Verkaufshilfen oder -ständer (z.B. Suppenständer, Süßwarenständer), die z.B. von Herstellern oder Großhändlern an Einzelhändler ohne besondere Berechnung abgegeben werden, wenn beim Empfänger eine Verwendung dieser Gegenstände im nichtunternehmerischen Bereich ausgeschlossen ist. Bei der Abgabe derartiger Erzeugnisse handelt es sich nicht um unentgeltliche Zuwendungen i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG (Abschn. 3.3 Abs. 15 UStAE).
Dagegen handelt es sich bei der unentgeltlichen Abgabe auch nichtunternehmerisch verwendbarer Gegenstände, die nach Ablauf von Werbe- oder Verkaufsaktionen für den Empfänger noch einen Gebrauchswert haben (z.B. Fahrzeuge, Spielzeug, Sport- und Freizeitartikel) um unentgeltliche Zuwendungen i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG.
Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG (s.u. den Gliederungspunkt 4.9). Der ermäßigte Steuersatz ist anzuwenden, wenn der unentgeltlich zugewendete Gegenstand in der Anlage 2 des UStG aufgeführt ist (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG); ansonsten gilt der allgemeine Umsatzsteuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG). Über unentgeltliche Zuwendungen i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG kann nicht mit einer Rechnung i.S.d. § 14 UStG abgerechnet werden. Die vom Zuwender geschuldete USt kann deshalb vom Empfänger nicht als Vorsteuer abgezogen werden (vgl. Abschn. 3.2 Abs. 2 Sätze 5 und 6 UStAE).
Mit Beschluss vom 22.11.2022 (XI R 17/20, BStBl II 2023, 601) hat der BFH dem EuGH drei Fragen zur Auslegung von Art. 16 und Art. 74 MwStSystRL vorgelegt. Mit Urteil vom 25.4.2024 (C-207/23, DStR 2024, 1004, SIS 24 08 09) hat der EuGH die Vorlagefragen des BFH beantwortet.
In der 2. und 3. Vorlagefrage wollte der BFH wissen, was zu den Selbstkosten i.S.d. Art. 74 MwStSystRL (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG) gehört.
Zur 2. und 3. Vorlagefrage hat der EuGH (C-207/23, Rz. 59) entschieden, dass Art. 74 MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass der Selbstkostenpreis im Sinne dieser Bestimmung nicht nur die unmittelbaren Herstellungs- oder Erzeugungskosten umfasst, sondern auch mittelbar zurechenbare Kosten wie Finanzierungsaufwendungen, wobei es keine Rolle spielt, ob es sich um vorsteuerbelastete Kosten handelt oder nicht.
Da nach dem vorliegenden EuGH-Urteil (Rz. 58) die Steuerbemessungsgrundlage für Gegenstände oder gleichartige Gegenstände nur dann der Selbstkostenpreis ist, wenn es keinen Einkaufspreis gibt, muss dieser Selbstkostenpreis so nah wie möglich am Einkaufspreis liegen und folglich sowohl die unmittelbaren Herstellungs- und Erzeugungskosten als auch mittelbare Kosten wie Finanzierungsaufwendungen einschließen, wobei es keine Rolle spielt, ob es sich um vorsteuerbelastete Kosten handelt oder nicht.
In einem Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung hat das Thüringer FG mit rechtskräftigem Beschluss vom 9.6.2009 (2 V 109,09, LEXinform 5009353) entschieden, dass im Hinblick auf die Funktion des § 3 Abs. 1b UStG als Korrekturtatbestand des Vorsteuerabzugs und den fünfjährigen Berichtigungszeitraum des § 15a UStG bei beweglichen Anlagengegenständen es ernstlich zweifelhaft ist, ob die Entnahme eines über mindestens fünf Jahre unternehmerisch genutzten Pkw aus dem Unternehmensvermögen der USt unterworfen werden darf.
In der umsatzsteuerrechtlichen Literatur wird z.T. die Auffassung vertreten, dass die Vorschriften über die Entnahmebesteuerung teleologisch zu reduzieren und im Zusammenhang mit den grundlegenden, in § 15a UStG normierten Regelungen über die Berichtigung des Vorsteuerabzugs auszulegen bzw. durch eine entsprechende Anwendung der Grundregeln des § 15a UStG zu ergänzen sind. Danach könne ein ursprünglich vorgenommener Vorsteuerabzug nach Ablauf des in § 15a Abs. 1 UStG normierten Berichtigungszeitraums von fünf Jahren nicht mehr, auch nicht über den Weg einer Entnahmebesteuerung »berichtigt« werden (Stadie, UR 2006, 645; a.A. Widmann, UR 2007, 13).
M.E. ist der Auffassung von Widmann beizupflichten, wonach »die vorsteuerabzugsrelevante Verwendungsänderung eines WG innerhalb eines Unternehmens, die zum Anwendungsbereich des § 15a UStG gehört, etwas anderes ist als eine Entnahme, durch die das WG dem Unternehmen unentgeltlich endgültig entzogen wird«. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 8.3.2001 (C-415/98, LEXinform 0163736) u.a. entschieden, dass Art. 16 MwStSystRL sicherstellen soll, dass ein Steuerpflichtiger, der einen Gegenstand aus seinem Unternehmen entnimmt, und ein gewöhnlicher Verbraucher, der einen Gegenstand gleicher Art kauft, gleich behandelt werden. Deswegen lässt es diese Vorschrift nicht zu, dass ein Steuerpflichtiger, der beim Kauf eines seinem Unternehmen zugeordneten Gegenstands die Mehrwertsteuer abziehen konnte, der Zahlung der Mehrwertsteuer entgeht, wenn er diesen Gegenstand aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf entnimmt, und so gegenüber einem gewöhnlichen Verbraucher, der beim Erwerb des Gegenstands Mehrwertsteuer zahlt, einen ungerechtfertigten Vorteil genießt.
Beispiel 10:
Unternehmer |
Verbraucher |
Am 2.1.02 erwirbt Unternehmer U einen Pkw für 30 000 € zzgl. USt i.H.v. 5 700 €. |
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Unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG steht dem Unternehmer der Vorsteuerabzug zu. Der Erwerb des Pkw bleibt unbelastet. |
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Am 2.1.05 entnimmt Unternehmer U den Pkw aus seinem Unternehmen; der Einkaufspreis für einen Pkw in gleicher Art und Güte würde 10 000 € betragen. |
Nach dem EuGH-Urteil vom 8.3.2001 (C-415/98, LEXinform 0163736) ist der Unternehmer mit dem Verbraucher zu vergleichen, der diesen Pkw anschaffen würde. |
Die Entnahme i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG ist mit 10 000 € (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG) anzusetzen; die USt darauf beträgt 1 900 €. |
Der Verbraucher hätte dafür keinen Vorsteuerabzug und wäre mit 1 900 € USt belastet. Der Unternehmer und der Verbraucher werden somit gleich behandelt. |
Abwandlung |
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Die Entnahme erfolgt am 2.1.09. |
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Nach der Auffassung von Stadie und dem Beschluss des Thüringer FG vom 9.6.2009 (2 V 109/09, LEXinform 5009353) ist es ernstlich zweifelhaft, dass die Entnahme eines über mindestens fünf Jahre unternehmerisch genutzten Pkw aus dem Unternehmensvermögen der USt unterworfen werden darf. |
Der Verbraucher hätte Anschaffungskosten von 10 000 € und eine USt-Belastung von 1 900 €. |
Nach Ablauf von fünf Jahren bliebe der Unternehmer gänzlich mit USt entlastet. |
Die vom EuGH geforderte Gleichbehandlung wäre nicht mehr gegeben. |
Mittlerweile hat der EuGH in einem Vorabentscheidungsersuchen des obersten polnischen Verwaltungsgerichtshofs mit Urteil vom 16.6.2016 (C-229/15, LEXinform 5213927, Entscheidungsvorschlag des Generalanwalts vom 3.3.2015) entschieden, dass Art. 18 Buchst. c MwStSystRL auch auf Gegenstände anzuwenden ist, bei denen gem. Art. 187 Abs. 1 MwStSystRL der Zeitraum für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs zum Zeitpunkt der Aufgabe der wirtschaftlichen Tätigkeit bereits abgelaufen ist.
Hinweis:
Der deutsche Urteilstext des EuGH-Urteils vom 16.6.2016 (C-229/15) kann unter dem Zugang zum EU-Recht wie folgt aufgerufen werden: eur-lex.europa.eu, dort unter EU-Rechtsprechung unter Schnellsuche die Eingabe der CELEX-Nummer: 62015CJ0229.
Der Ort einer Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG bestimmte sich bis zum 17.12.2019 nach § 3f UStG. Die Lieferung wurde an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wurden die Lieferungen von einer Betriebsstätte ausgeführt, galt die Betriebsstätte als Ort der Lieferung.
Durch Art. 11 Nr. 5 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) wird § 3f UStG mit Wirkung vom 18.12.2019 aufgehoben.
§ 3f UStG enthält eine spezielle Regelung zur Ortsbestimmung für die den entgeltlichen Lieferungen und sonstigen Leistungen gleichgestellten Tatbestände i.S.d. § 3 Abs. 1b und 9a UStG. Im Unionsrecht ist eine entsprechende Spezialregelung nicht vorgesehen. Für unentgeltliche Leistungen gelten nach der Fiktion der Art. 16 bzw. Art. 26 MwStSystRL die allgemeinen Ortsbestimmungsregelungen der Art. 31 bzw. Art. 43 MwStSystRL. Diese Systematik soll auch im nationalen Recht nachvollzogen werden. Eine Änderung der Regelung zur Ortsbestimmung ist mit der Aufhebung des § 3f UStG in der Regel nicht verbunden. Praktische Änderungen können sich z.B. bei Leistungen in Zusammenhang mit einem Grundstück im Ausland sowie bei der kurzfristigen Vermietung eines Beförderungsmittels im Ausland ergeben, bei denen der Leistungsort nicht mit dem Sitzort des Unternehmers bzw. dem Belegenheitsort der Betriebsstätte zusammenfällt. Gleiches gilt für die Entnahme eines Gegenstands eines inländischen Unternehmens im Ausland, ohne dass dort eine Betriebsstätte des Unternehmens liegt (BT-Drs. 19/13436, 138).
Beispiel 11:
Unternehmer U aus Landau/Pfalz verbringt seinen Urlaub in Frankreich. Seinen zu 100 % im Unternehmensvermögen befindlichen Pkw, für den er die Vorsteuer abgezogen hatte, verschenkt er durch einen spontan gefassten Beschluss an seine in Frankreich lebende Cousine.
Lösung 11:
Mit der Schenkung des Pkw tätigt U eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG (Art. 16 MwStSystRL). Nach der bisherigen Regelung des § 3f UStG wurde die gleichgestellte Lieferung am Unternehmenssitz des U in Landau ausgeführt und war deshalb steuerbar und steuerpflichtig.
Nach der Aufhebung der bisherigen Ortsvorschrift des § 3f UStG richtet sich der Ort der unentgeltlichen Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG nach der allgemeinen Ortsbestimmung des Art. 31 MwStSystRL bzw. nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG, so die Regierungsbegründung in der BT-Drs. 19/13436 S. 138 (s.o.). Danach würde die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. Der Ort der Pkw-Entnahme befindet sich danach in Frankreich. Die Entnahme wäre nicht steuerbar. Der Endverbrauch bliebe dadurch in Deutschland unversteuert.
Hinweis:
Zur Gleichstellung einer Entnahme mit einer unbewegten Lieferung sowie zur Anwendung bzw. Nichtanwendung der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen auf Entnahmen nimmt das FG München mit rechtskräftigem Urteil vom 1.12.2010 (3 K 1286/07, EFG 2011, 1022, LEXinform 5011451) Stellung. Danach ist die Entnahme eines Gegenstandes einer unbewegten Lieferung gleichzustellen. Im Gegensatz zu einer bewegten Lieferung ist bei einer unbewegten Lieferung die Fortbewegung des Gegenstandes für die Verschaffung der Verfügungsmacht nicht erforderlich. Im Gegensatz zu § 3 Abs. 1 UStG ist für die Entnahme nicht kennzeichnend, dass an einem Gegenstand Verfügungsmacht verschafft wird, denn bei der Entnahme hat der Unternehmer bereits die Verfügungsmacht über den Gegenstand, und es geht im Ergebnis nur darum, den Vorsteuerabzug für diesen Gegenstand zumindest teilweise mit Ex-nunc-Wirkung (von der Gegenwart an, nicht rückwirkend) rückgängig zu machen. Kennzeichnend für die Entnahme ist, dass der Unternehmer in Bezug auf den Gegenstand eine Zweckänderung (Umwidmung) vornimmt von unternehmerischen zu nichtunternehmerischen Zwecken.
Bei der Entnahme kann es zwar in engem zeitlichem Zusammenhang auch zu einer Beförderung bzw. Versendung des Gegenstands kommen. Anders als bei einer bewegten Lieferung dient jedoch die Fortbewegung des Gegenstands nicht der Vornahme der Entnahme. Der Zweckänderung von unternehmerischen zu nichtunternehmerischen Zwecken in Bezug auf den Gegenstand kann eine Beförderung (bzw. Versendung) nur mindestens eine juristische Sekunde vorangehen oder nachfolgen, sie ist mit ihr jedoch nicht notwendig verknüpft.
Dies rechtfertigt es, die Entnahme einer unbewegten Lieferung gleichzustellen. Daher kann es auch bei einer Entnahme nicht zur Beförderung (bzw. Versendung) des Gegenstands in das Drittlandsgebiet kommen (vgl. § 6 Abs. 1 UStG). Die Entnahme als solche erfolgt stets ohne Fortbewegung des Gegenstands. Eine »bewegte Entnahme« gibt es nach Ansicht des FG München nicht.
Die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen ist auf Entnahmen nicht anwendbar, weil die Entnahme eines Gegenstands einer unbewegten Lieferung gleichzustellen ist; die Entnahme als solche erfolgt stets ohne Fortbewegung des Gegenstands.
Die Nichtanwendbarkeit der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen auf Entnahmen und unentgeltliche Zuwendungen wird auch dadurch getragen, dass in Art. 146 Abs. 1 Buchst. a und b MwStSystRL nur Lieferungen von Gegenständen von der Umsatzsteuer befreit werden, die durch den »Verkäufer« nach Orten außerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden.
Schließlich ergibt sich die Nichtanwendbarkeit der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen auf Entnahmen und unentgeltliche Zuwendungen auch aus § 6 Abs. 5 UStG. Nach dieser Vorschrift gilt § 6 Abs. 1 bis 4 UStG nicht für Lieferungen i.S.v. § 3 Abs. 1b UStG. Die Vorschrift des § 6 Abs. 5 UStG hat indes kein Vorbild im Gemeinschaftsrecht. Sie verstößt jedoch auch nicht gegen das Gemeinschaftsrecht, da sie lediglich klarstellende Funktion hat.
Mit Urteil vom 19.2.2014 (XI R 9/13, BStBl II 2014, 597) hat der BFH entschieden, dass die Entnahme eines Pkw durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen in den nichtunternehmerischen (privaten) Bereich mit späterer Beförderung (Ausfuhr) in ein Drittland weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht eine steuerfreie Ausfuhrlieferung ist. Nach nationalem Recht ist der Umsatz deshalb steuerpflichtig, weil § 6 Abs. 5 UStG die Anwendung des § 6 UStG auf Umsätze i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG ausschließt. Nach Unionsrecht scheidet die Anwendung des Art. 146 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL auf Entnahmen für den privaten Bedarf des Stpfl. aus.
Fortsetzung Lösung 11:
M.E. müssen nach Unionsrecht für unentgeltliche Leistungen nach der Fiktion der Art. 16 bzw. Art. 26 MwStSystRL die allgemeinen Ortsbestimmungsregelungen der Art. 31 ff. bzw. Art. 43 ff. MwStSystRL anzuwenden sein. In der Regierungsbegründung fehlen die Hinweise auf die fortfolgenden Ortsbestimmungen der Art. 31 bzw. 43 MwStSystRL.
Unter Anwendung des Art. 16 sowie der Art. 31 ff. MwStSystRL ist die Schenkung des Pkw in Frankreich wie folgt zu behandeln:
Die Nutzung des unternehmerischen Pkw für die Urlaubsfahrt nach Frankreich wird nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL) einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt. Der Ort dieser Dienstleistungen bestimmt sich nach den Art. 43 ff. MwStSystRL. In Betracht käme die Grundregel des Art. 45 MwStSystRL (§ 3a Abs. 1 UStG) oder der Sonderfall des Art. 56 MwStSystRL (Vermietung von Beförderungsmitteln; § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG). Wie der MwSt-Ausschuss in seinen Leitlinien aus der 101. Sitzung vom 20.10.2014 (Dokument H – taxud.c.1(2016)1136484 – 832 REV) mit großer Mehrheit beschlossen hat (Tz. 4.1 unter 3.), gilt die Ortsvorschrift des Art. 56 MwStSystRL nur für die tatsächliche Vermietung. Die unentgeltliche Nutzung kann einer Vermietung nicht gleichgestellt werden (s.a. Monfort in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 3f, Rz. 23 ff.). Der Ort bestimmt sich somit nach Art. 45 MwStSystRL (§ 3a Abs. 1 UStG) und befindet sich in Landau.
U verbringt den Pkw zunächst nach Frankreich zu seiner Verfügung zur vorübergehenden Verwendung einer gegen Entgelt gleichgestellten Dienstleistung. Mit der Schenkung des Pkw endet dessen vorübergehende Verwendung. Die Schenkung wird nach Art. 16 MwStSystRL einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt (fiktiver Verkauf des Pkw in Frankreich). Im Zeitpunkt des fiktiven Verkaufs wird der Pkw so behandelt, als wäre er nach Frankreich verbracht worden. Mit dem fiktiven Verkauf ist der Tatbestand der Erwerbsbesteuerung erfüllt (Innergemeinschaftliches Verbringen nach § 1a Abs. 2 UStG, Art. 21 MwStSystRL). Der innergemeinschaftliche Erwerb ist in Frankreich steuerbar und stpfl. (Art. 2 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. Art. 17 Abs. 3 MwStSystRL). U muss sich in Frankreich für Mehrwertsteuerzwecke registrieren. Die für den innergemeinschaftlichen Erwerb in Frankreich entrichtete Mehrwertsteuer kann U in Frankreich nicht als Vorsteuer geltend machen, da der Umsatz ausschließlich und unmittelbar zur Ausführung einer unentgeltlichen Leistung verwendet wird (analog Abschn. 15.15 Abs. 1 UStAE). Der Endverbrauch unterliegt somit im Bestimmungsland Frankreich der Besteuerung. Die Schenkung wird, mangels Vorsteuerabzugsberechtigung, nicht einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt (analog Abschn. 3.3 Abs. 2 Satz 1 UStAE).
In Deutschland gilt das Verbringen des verschenkten Pkw nachträglich als innergemeinschaftliche Lieferung, die steuerbar (§ 3 Abs. 1a i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), aber steuerfrei ist (§ § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 2 UStG).
Bei den einer Lieferung gleichgestellten Wertabgaben i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage grundsätzlich vom Einkaufspreis zzgl. der Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand im Zeitpunkt der Entnahme oder Zuwendung auszugehen (Art. 74 MwStSystRL; § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG). Der Einkaufspreis entspricht in der Regel dem – auf der Handelsstufe des Unternehmers ermittelten – Wiederbeschaffungspreis im Zeitpunkt der Entnahme (Abschn. 10.6. Abs. 1 Satz 1 und 2 UStAE).
Sowohl der EuGH (EuGH vom 23.4.2015, C–16/14, UR 2015, 507, LEXinform 058950915:265 sowie vom 28.4.2016, C–128/14, UR 2016, 667, LEXinform 0589528) als auch der BFH (Urteil vom 12.12.2012, XI R 3/10, BStBl II 2014, 809) setzen auch bei selbst hergestellten Wirtschaftsgütern den Einkaufspreis, ggf. einen fiktiven Einkaufspreis an, sofern ein solcher am Markt zu ermitteln ist. Die Selbstkosten sind daher nur dann als Bemessungsgrundlage anzusetzen, wenn ein Einkaufspreis für den entnommenen oder für einen gleichartigen Gegenstand am Markt nicht zu ermitteln ist (BFH XI R 3/10, Rz. 22, 28 sowie BFH vom 15.3.2022, V R 34/20, BFH/NV 2022, 1013, LEXinform 0953252, Rz. 15).
Kann ein Einkaufspreis nicht ermittelt werden, sind die Selbstkosten im Zeitpunkt des Umsatzes anzusetzen. Diese umfassen alle durch den betrieblichen Leistungsprozess bis zum Zeitpunkt des Umsatzes entstandene Kosten. Die auf die Wertabgabe entfallende USt gehört nicht zur Bemessungsgrundlage.
Grundsätzlich soll der Unternehmer, der einen Gegenstand aus seinem Unternehmen für Zwecke entnimmt, die außerhalb des Unternehmens liegen (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG), mit der USt belastet werden, die im Zeitpunkt des Verbrauchs tatsächlich auf einem derartigen Gegenstand oder einem gleichartigen Gegenstand anhand der aktuellen Marktsituation lastet. Die Bemessungsgrundlage des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG knüpft an den jeweiligen Gegenstand und dessen aktuelle Bewertung an. Der sich selbst versorgende Unternehmer wird damit systemgerecht nicht wie ein Verkäufer, sondern wie ein sich fremd versorgender Käufer – allerdings auf der Handelsstufe des Unternehmers – behandelt, der den (je nach Marktsituation niedrigeren oder höheren) aktuellen Preis bezahlen würde bzw. müsste. Dieser – fiktive – Einkaufspreis entspricht in der Regel dem Wiederbeschaffungspreis zum Zeitpunkt der Entnahme (BFH vom 12.2.2012, XI R 3/10, BStBl I 2014, 809 unter II.2.c aa).
Auch bei im eigenen Unternehmen hergestellten Gegenständen ist nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG grundsätzlich der (fiktive) Einkaufspreis maßgebend. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG differenziert – entsprechend etwa den Regelungen in § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 und 3 UStG und in § 15a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 UStG (»Anschaffungs- oder Herstellungskosten«) – nicht zwischen Anschaffungs- und Herstellungsvorgängen. Ist der hergestellte Gegenstand dagegen eine Sonderanfertigung, für die kein Marktpreis ermittelt werden kann, oder lässt sich aus anderen Gründen kein solcher Einkaufspreis am Markt für einen gleichartigen Gegenstand ermitteln, kommt die Bemessungsgrundlage der Selbstkosten zur Anwendung. Dafür, dass stets die Selbstkosten anzusetzen sind, wenn der Unternehmer Gegenstände entnimmt, die im Unternehmen selbst hergestellt wurden, geben weder § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG noch die MwStSystRL etwas her.
In dem vom BFH mit Urteil vom 12.2.2012 (XI R 3/10, BStBl II 2014, 809) entschiedenen Fall hatte der Unternehmer die entnommenen Gegenstände – nämlich die im eigenen Blockheizkraftwerk erzeugte Elektrizität und Wärme – nicht eingekauft. So gibt es für die konkreten Gegenstände keine Einkaufspreise in dem Sinne, dass sie vom Unternehmer für diese bezahlt worden wären. Wie der BFH in seinem Urteil feststellt, kommt es aber darauf auch nicht an (unter II.2.e). Denn wenn das Gesetz auf die zum Zeitpunkt des Umsatzes feststellbaren Einkaufspreise für gleiche oder gleichartige Gegenstände abstellt, können dies naturgemäß regelmäßig nicht die Preise sein, die für die entnommenen Gegenstände bei deren Einkauf bezahlt worden sind. Dies wäre allenfalls dann möglich, wenn die angeschafften Gegenstände unmittelbar nach ihrer Zuführung zum Unternehmen wieder entnommen werden.
Die im eigenen Blockheizkraftwerk erzeugte (in kWh gemessene) Wärme und Elektrizität ist in physikalischer und technischer Hinsicht gleicher Art wie die in anderen Kraftwerken erzeugte Wärme und Elektrizität. In welchem Produktionsprozess sie geschaffen wurden, ist bei vertretbaren Gütern grundsätzlich unerheblich. Im Rahmen des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG ist ausreichend, dass ein Einkaufspreis »für einen gleichartigen« Gegenstand ermittelt werden kann; schon dann besteht der dargelegte Vorrang vor einem Ansatz von Selbstkosten. Zum Zeitpunkt der Entnahme ist der Einkaufspreis für gleichartigen Strom beim Vertrags-Energieversorgungsunternehmen zu ermitteln. Der Unternehmer, der den Strom entnimmt, könnte jederzeit Strom aus dem Netz beziehen und die Eigenproduktion unterlassen (BFH vom 12.2.2012, XI R 3/10, BStBl II 2014, 809 unter II.3.a).
Hinsichtlich der im Blockheizkraftwerk produzierten und selbst verbrauchten Wärme fehlt es aber an einem »gleichartigen Gegenstand«. Die von einem Fernwärmeversorger produzierte und angebotene Fernwärme kann nur dann als »gleichartiger Gegenstand« i.S.d. Vorschrift angesehen werden, wenn sie für den jeweiligen Verbraucher (hier den die Wärme entnehmenden Unternehmer) zum Zeitpunkt des Umsatzes grundsätzlich ebenso erreichbar und einsetzbar ist wie die selbst erzeugte Wärme. Nur dann kann der Unternehmer im Zeitpunkt des Bedarfs die selbst erzeugte Wärme durch eine gleichartige, einzukaufende ersetzen und den Einkaufspreis ermitteln, den sie einem fremden Anbieter für den Gegenstand »Wärme« zu diesem Zeitpunkt hätte bezahlen müssen (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 13/13 vom 27.2.2013, LEXinform 0439293 und Anmerkung vom 7.3.2013, LEXinform 0943608). Zur Frage der Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe von Wärme, die durch eine KWK-Anlage erzeugt wird, vgl. Abschn. 2.5 Abs. 20 bis 22 UStAE (Abschn. 10.6 Abs. 1 Satz 9 UStAE).
Mit Urteil vom 15.3.2022 (V R 34/20, BFH/NV 2022, 1013, LEXinform 0953252) nimmt der BFH Stellung zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage selbst hergestellter WG, die für unterschiedliche Zwecke verwendet werden. Im Streitfall verwendete der Kläger eine Biogasanlage für die entgeltliche Stromlieferung und die unentgeltliche Zuwendung von Wärme, ohne dass eine Anbindung an das Fernwärmenetz bestand.
Der BFH stellt in Rz. 16 seiner Entscheidung V R 34/20 fest, dass kein Einkaufspreis am Markt für einen gleichartigen Gegenstand (Wärme) ermittelt werden konnte, weil der Kläger nicht an das Fernwärmenetz angeschlossen war, sondern die von ihm produzierte Wärme lediglich an die Gemeinde abgab. Danach scheidet der durchschnittliche Fernwärmepreis als Bemessungsgrundlage eines Einkaufspreises aus. Denn von einem Fernwärmeversorger produzierte und angebotene Wärme kann nur dann als »gleichartiger Gegenstand« i.S.v. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG angesehen werden, wenn sie für den Unternehmer zum Zeitpunkt des Umsatzes grds. ebenso erreichbar und einsetzbar ist wie die selbst erzeugte Wärme. Nur dann kann der Unternehmer im Zeitpunkt des Bedarfs die selbst erzeugte Wärme durch eine gleichartige einzukaufende ersetzen und den Einkaufspreis ermitteln, den er einem fremden Anbieter für den Gegenstand »Wärme« zu diesem Zeitpunkt hätte bezahlen müssen. Im Übrigen ist das Wärmenetz der Gemeinde als kommunales »Nahwärmenetz« einem Fernwärmenetz jedenfalls dann nicht gleichzustellen, wenn es dem einspeisenden Unternehmer keinen Wärmebezug ermöglicht.
Die Bemessungsgrundlage für die unentgeltlich abgegebene Wärme bestimmt sich demnach nach den (anteiligen) Selbstkosten. Maßgeblich sind somit die Selbstkosten für die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage (s.a. Abschn. 2.5 Abs. 22 Satz 6 UStAE).
In Rz. 21 seiner Entscheidung V R 34/20 widerspricht der BFH aber der Anwendung der »energetischen Methode« in Abschn. 2.5 Abs. 22 Satz 6 UStAE. Müssen aufgrund einer unentgeltlichen Abgabe von Wärme aus einem Blockheizkraftwerk die Selbstkosten auf den Strom und die Wärme aufgeteilt werden, hat die Aufteilung im Regelfall nicht nach der erzeugten Menge an elektrischer und thermischer Energie (in kWh), sondern nach tatsächlichen oder ggf. fiktiven Umsätzen (Marktwerten) zu erfolgen (entgegen Abschn. 2.5 Abs. 22 Satz 6 UStAE; s.a. BFH vom 9.11.2022, XI R 31/19, BFH/NV 2023, 470, LEXinform 0952645; s.a. Heuermann, UR 2022, 563).
Beachte:
Mit Beschluss vom 22.11.2022 (XI R 17/20, BStBl II 2023, 601) hat der BFH dem EuGH drei Fragen zur Auslegung von Art. 16 und Art. 74 MwStSystRL vorgelegt (s.a. Brill, NWB 14/2023, 953; s.o. den Gliederungspunkt 1.1 »Überblick über die unionsrechtliche Entnahme und Verwendung von Gegenständen bzw. Dienstleistungen«). In dem Vorabentscheidungssachverhalt sind für die unentgeltliche Abgabe von Wärme die Selbstkosten zu ermitteln. Der XI. Senat möchte wissen,
ob bei der Ermittlung der Selbstkosten nur vorsteuerbelastete Kosten einzubeziehen sind und
ob zum Selbstkostenpreis nur die unmittelbaren Herstellungs- oder Erzeugungskosten oder auch die mittelbar zurechenbaren Kosten wie z.B. Finanzierungsaufwendungen
gehören.
Mit Urteil vom 25.4.2024 (C-207/23, DStR 2024, 1004, SIS 24 08 09) hat der EuGH die Vorlagefragen des BFH beantwortet. Danach ist Art. 74 MwStSystRL dahin auszulegen, dass der Selbstkostenpreis im Sinne dieser Bestimmung nicht nur die unmittelbaren Herstellungs- oder Erzeugungskosten umfasst, sondern auch mittelbar zurechenbare Kosten wie Finanzierungsaufwendungen, wobei es keine Rolle spielt, ob es sich um vorsteuerbelastete Kosten handelt oder nicht.
Die auf die Wertabgabe entfallende USt gehört nicht zur Bemessungsgrundlage. Der Steuersatz bestimmt sich nach der Art des abgegebenen Gegenstandes. Die unentgeltliche Wertabgabe von Gegenständen der Anlage 2 unterliegt dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 i.V.m. Anlage 2 UStG).
Das BMF-Schreiben vom
20.1.2022 (BStBl I 2022, 137) enthält die Pauschbeträge für das Kj. 2022.
21.12.2022 (BStBl I 2023, 52) enthält die Pauschbeträge für das Kj. 2023.
12.2.2024 (BStBl I 2024, 286) enthält die Pauschbeträge für das Kj. 2024.
Die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben werden auf der Grundlage der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Aufwendungen privater Haushalte für Nahrungsmittel und Getränke festgesetzt. Sie beruhen auf Erfahrungswerten und bieten dem Stpfl. die Möglichkeit, die Warenentnahmen monatlich pauschal zu verbuchen. Sie entbinden ihn damit von der Aufzeichnung einer Vielzahl von Einzelentnahmen. Diese Regelung dient der Vereinfachung und lässt keine Zu- und Abschläge wegen individueller persönlicher Ess- oder Trinkgewohnheiten zu. Auch Krankheit oder Urlaub rechtfertigen keine Änderungen der Pauschbeträge. Die pauschalen Werte berücksichtigen im jeweiligen Gewerbezweig das allgemein übliche Warensortiment. Bei gemischten Betrieben (Metzgerei oder Bäckerei mit Lebensmittelangebot oder Gastwirtschaft) ist nur der jeweils höhere Pauschbetrag der entsprechenden Gewerbeklasse anzusetzen.
Zum Ansatz der Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben hat der BFH mit Urteil vom 23.4.2015 (V R 32/14, BFH/NV 2015, 1106, LEXinform 0934829) entschieden, dass bei Stpfl., die ihren Aufzeichnungspflichten nach § 22 Abs. 2 Nr. 3 UStG nicht nachkommen, die Sachentnahmen nach § 162 AO zu schätzen sind. Nach § 162 Abs. 1 Satz 2 AO sind bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen aber alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Das gewonnene Schätzungsergebnis muss schlüssig, wirtschaftlich möglich, vernünftig und plausibel sein. Nach der BFH-Entscheidung ist es nicht zu beanstanden, wenn das FG davon ausgeht, unentgeltliche Wertabgaben i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG könnten – wenn nicht besondere Anhaltspunkte ein anderes Ergebnis möglich erscheinen lassen – nicht höher sein als der Wareneinkauf zum Regelsteuersatz. Da die Schätzung auf der Grundlage der Richtsatzsammlung nach dieser Gesamtwürdigung zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde, entfällt die Bindungswirkung der Richtsatzsammlung.
Das FG Münster hat mit Urteil vom 29.4.2022 (10 K 1297/20, EFG 2022, 1381, LEXinform 5024755, Revision eingelegt, Az. BFH: III R 28/22, LEXinform 0954219) entschieden, dass zusätzlich zu den Pauschbeträgen für unentgeltliche Wertabgaben für Nahrungsmittel und Getränke, welche in den amtlichen Richtsatzsammlungen für Sachentnahmen bzw. unentgeltliche Wertabgaben betreffend den Gewerbezweig Nahrungs- und Genussmittel (Einzelhandel) vorgesehen sind, weitere Hinzuschätzungen für Entnahmen von Nicht-Lebensmitteln, sog. »Non-Food-Artikel«, vorgenommen werden dürfen.
Zuwendungen von Gegenständen (Sachzuwendungen) an das Personal für dessen privaten Bedarf sind auch dann steuerbar, wenn sie unentgeltlich sind, d.h. wenn sie keine Vergütungen für die Dienstleistung des ArbN darstellen (Abschn. 3.3 Abs. 9 i.V.m. Abschn. 1.8 Abs. 2 UStAE).
Die in § 10 Abs. 4 UStG vorgeschriebenen Werte weichen grundsätzlich von den für Lohnsteuerzwecke anzusetzenden Werten (§ 8 Abs. 2 und 3 EStG, R 8.1 und R 8.2 LStR) ab. In bestimmten Fällen ist es jedoch aus Vereinfachungsgründen nicht zu beanstanden, wenn für die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage von den lohnsteuerrechtlichen Werten ausgegangen wird. Die lohnsteuerrechtlichen Werte können in folgenden Fällen angesetzt werden:
Erhalten ArbN von ihrem ArbG freie Verpflegung, freie Unterkunft oder freie Wohnung, ist von den Werten auszugehen, die in der SvEV in der jeweils geltenden Fassung festgesetzt sind (Abschn. 1.8 Abs. 9 UStAE).
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG unterlagen Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen bis zum 31.12.2023 – mit Ausnahme der Abgabe von Getränken – dem ermäßigten Steuersatz. Auch bei der Abgabe von Mahlzeiten an ArbN kann es sich nach den allgemeinen Grundsätzen (Abschn. 3.6 UStAE) um solche Dienstleistungen handeln. Von einer Anpassung des UStAE (z.B. Abschn. 1.8 Abs. 11 Beispiele 1 und 2, Abs. 12 Beispiel 1) wurde aufgrund des temporären Charakters der Ermäßigung bisher abgesehen (vgl. z.B. Vorbemerkung im BMF-Schreiben vom 20.12.2022, BStBl I 2022, 1694).
Bei der unentgeltlichen Abgabe von Mahlzeiten an die ArbN durch unternehmenseigene Kantinen ist aus Vereinfachungsgründen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage von dem Wert auszugehen, der dem amtlichen Sachbezugswert nach der SvEV entspricht (vgl. R 8.1 Abs. 7 LStR i.V.m. Abschn. 1.8 Abs. 11 UStAE).
Nach dem Erlass des FinMin Mecklenburg-Vorpommern vom 19.7.2023 (S 7200 – 3002 – 005, UR 2023, 740, SIS 23 12 67) kann der in Abschn. 10.1 Abs. 12 UStAE festgelegte Aufteilungsmaßstab für Kombiangebote aus Speisen und Getränken auch bei einer erforderlichen Aufteilung der Bemessungsgrundlage von Sachbezugspauschalen Anwendung finden. Danach kann der auf die Getränke entfallende Entgeltanteil mit 30 % angesetzt werden.
Zu den unentgeltlichen Wertabgaben rechnen auch unentgeltliche Deputate, z.B. im Bergbau und in der Land- und Forstwirtschaft, und die unentgeltliche Abgabe von Getränken und Genussmitteln zum häuslichen Verzehr, z.B. Haustrunk im Brauereigewerbe, Freitabakwaren in der Tabakwarenindustrie. Das Gleiche gilt für Sachgeschenke, Jubiläumsgeschenke und ähnliche Zuwendungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen, soweit diese Zuwendungen weder Aufmerksamkeiten noch Leistungen im überwiegenden betrieblichen Interesse des ArbG sind. Als Bemessungsgrundlage sind in diesen Fällen grundsätzlich die in § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG bezeichneten Werte anzusetzen. Aus Vereinfachungsgründen kann von den nach den lohnsteuerrechtlichen Regelungen (vgl. R 8.1 Abs. 2, R 8.2 Abs. 2 LStR) ermittelten Werten ausgegangen werden (Abschn. 1.8 Abs. 14 UStAE).
Diese Werte sind dann als Bruttowerte anzusehen, aus denen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage die USt herauszurechnen ist. Der Freibetrag nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG von 1 080 € bleibt bei der umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage unberücksichtigt (Abschn. 1.8 Abs. 8 UStAE; s.a. → Bewirtung und Mahlzeiten: Arbeitnehmer).
Hinweis:
Eine Wertabgabenbesteuerung ist dann nicht durchzuführen, wenn der Vorsteuerabzug bei Bezug des Gegenstandes ausgeschlossen war.
Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine unternehmerische Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für unentgeltliche Wertabgaben i.S.d. § 3 Abs. 1b oder 9a UStG zu verwenden, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt; nur mittelbar verfolgte Zwecke sind unerheblich (Abschn. 15.15 UStAE).
Bund und Länder haben sich darauf verständigt, auf Lebensmittelspenden an Tafeln oder sonstige Einrichtungen für Bedürftige keine Mehrwertsteuer zu erheben. Bei begrenzt haltbaren Lebensmitteln soll der Wert nach Ladenschluss regelmäßig 0 € betragen. So fällt keine Umsatzsteuer an.
Auslöser waren die Spenden eines sächsischen Bäckers, der regelmäßig seine Brötchen der gemeinnützigen Einrichtung »Die Tafel« gespendet hatte. Nach einer Steuerprüfung hatte sein FA ihm mitgeteilt, dass er für diese Spenden Mehrwertsteuer zahlen müsse.
Auch andere Finanzämter waren in ähnlichen Fällen dazu übergegangen, Umsatzsteuer auf gespendete Waren zu erheben. In der Folge hätten gemeinnützige Einrichtungen wahrscheinlich keine Spenden mehr erhalten (Pressemitteilung der Bundesregierung vom 11.10.2012, LEXinform 0438578).
Nach dem BFH-Urteil vom 12.2.2012 (XI R 3/10, BStBl II 2014, 809) ist auch bei im eigenen Unternehmen hergestellten Gegenständen nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG grundsätzlich der (fiktive) Einkaufspreis maßgebend. Maßgebend ist gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG mithin primär der Einkaufspreis; die Selbstkosten sind nur subsidiär anzusetzen (unter II.2.b). Wegen der Unverkäuflichkeit der Ware beträgt der Einkaufspreis demnach 0 € (s. Abschn. 10.6 Abs. 1a UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 18.3.2021, BStBl I 2021, 384).
Geben Tafeln die Lebensmittel unentgeltlich ab, unterliegt die Abgabe nicht der USt. Die Abgabe ist keine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG, weil den Tafeln aus dem Erwerb der Lebensmittel kein Vorsteuerabzug zugestanden hat.
Geben Tafeln Lebensmittel gegen einen Kostenbeitrag ab, führen sie Lieferungen gegen Entgelt aus. Die Lieferungen sind steuerbar. Zur steuerlichen Behandlung der Tafeln und der Unternehmer, die Lebensmittel unentgeltlich abgeben, s. die Vfg. der OFD Niedersachsen vom 9.2.2016 (LEXinform 5235879; s.a. → Zweckbetrieb unter dem Gliederungspunkt »Steuerliche Behandlung der Tafeln«).
Die Regelung entspricht Art. 26 MwStSystRL. Allgemeine Regelungen zu den unentgeltlichen Wertabgaben enthält auch Abschn. 3.2 UStAE.
Die unentgeltlichen Wertabgaben i.S.d. § 3 Abs. 9a UStG umfassen alle sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens für eigene, außerhalb des Unternehmens liegende Zwecke oder für den privaten Bedarf seines Personals ausführt. Sie erstrecken sich auf alles, was seiner Art nach Gegenstand einer sonstigen Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG sein kann. Nicht steuerbar ist dagegen die Gewährung unentgeltlicher sonstiger Leistungen aus unternehmerischen Gründen (Abschn. 3.4 Abs. 1 UStAE).
Die unentgeltlichen Wertabgaben i.S.d. § 3 Abs. 9a UStG sind von den im Leistungsaustausch erbrachten sonstigen Leistungen abzugrenzen. Erhält der Unternehmer für die abgegebene sonstige Leistung ein Entgelt, liegt ein Leistungsaustausch und keine unentgeltliche Wertabgabe vor.
Gibt der Unternehmer eine sonstige Leistung ab, die im Zusammenhang mit einer an ihn ausgeführten Leistung steht, handelt es sich im Regelfall um einen tauschähnlichen Umsatz und folglich ebenfalls um einen Leistungsaustausch (s.a. → Incentive-Reisen; → Tausch und tauschähnlicher Umsatz: Besonderheiten bei der Umsatzsteuer).
Fehlt es an einer Gegenleistung und haben unternehmerische Gründe für die unentgeltliche Leistungsabgabe den Ausschlag gegeben, so handelt es sich um eine nichtsteuerbare unentgeltliche Wertabgabe (Abschn. 3.4 Abs. 1 Satz 3 UStAE). Ertragsteuerrechtlich handelt es sich um Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 EStG, die zu einem Vorsteuerabzugsverbot nach § 15 Abs. 1a UStG führen können.
Hinsichtlich der Arbeitgeberleistungen an ArbN sind die entgeltlichen gegenüber den unentgeltlichen Leistungen abzugrenzen. Eine entgeltliche Leistung ist gegeben, wenn der ArbN einen Teil seiner Arbeitsleistung als Gegenleistung für den Erhalt der Sachzuwendung erbringt (s.a. Abschn. 1.8 Abs. 1 i.V.m. Abschn. 4.18.1 Abs. 4 UStAE). Die Sachzuwendung wird dann als Vergütung für geleistete Dienste gewährt (s.a. → Firmenwagenüberlassung an Arbeitnehmer und dort EuGH vom 20.1.2021, C-288/19, LEXinform 0651670 sowie BFH vom 30.6.2022, V R 25/21, BFH/NV 2022, 1258, LEXinform 0953820).
Unentgeltliche Arbeitgeberleistungen an das Personal sind nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG steuerbar, wenn es sich nicht um Aufmerksamkeiten und Leistungen handelt, die überwiegend durch das betriebliche Interesse des ArbG veranlasst sind (→ Betriebsveranstaltungen ab VZ 2015).
Eine Abgrenzung muss auch zwischen den Anwendungsbereichen des § 3 Abs. 9a UStG selbst erfolgen. Eine Wertabgabe i.S.v. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG setzt voraus, dass der verwendete Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet ist (→ Unternehmensvermögen) und die unternehmerische Nutzung des Gegenstands zum vollen oder teilweisen → Vorsteuerabzug berechtigt hat (Abschn. 3.4 Abs. 2 UStAE). Soweit dagegen die unentgeltliche Wertabgabe über § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG zu erfassen ist, erfolgt die Steuerbarkeit unabhängig davon, ob der Leistungsbezug eine Vorsteuerabzugsmöglichkeit ausgelöst hat oder nicht.
Wird ein dem Unternehmen zugeordneter Gegenstand, bei dem kein Recht zum Vorsteuerabzug bestand (z.B. ein von einer Privatperson erworbener Computer), für nichtunternehmerische Zwecke genutzt, liegt eine sonstige Leistung i.S.v. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG nicht vor (Abschn. 3.4 Abs. 2 Satz 3 UStAE).
Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine unternehmerische Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für unentgeltliche Wertabgaben i.S.d. § 3 Abs. 9a UStG zu verwenden, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt; nur mittelbar verfolgte Zwecke sind unerheblich (Abschn. 15.15 UStAE). Der verwendete Gegenstand kann nicht dem Unternehmen zugeordnet werden (Abschn. 3.4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abschn. 3.3 Abs. 1 UStAE). Eine Wertabgabenbesteuerung unterbleibt.
Beachte:
Zur Anwendung der Rspr. vom 16.12.2020 (XI R 26/20, XI R 28/17, BStBl II 2024, 146, s.o. unter Beachte) zum Vorsteuerabzug bei »mittelbarer« Verwendung nimmt das BMF mit Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 24.1.2024 (BStBl I 2024, 213) Stellung und ergänzt dabei den UStAE in Abschn. 3.2 um einen neuen Abs. 4 und fügt in Abschn. 15.2b einen neuen Abs. 2a ein (s. die Gliederungspunkte 3.2 »Die Drei-Sphären-Theorie« sowie 4.6.5 »Ausbaumaßnahmen an öffentlichen Straßen«).
Beispiel 12:
Unternehmer U bezieht Leistungen für die Durchführung eines Betriebsausfluges. Die Kosten pro ArbN betragen
80 €,
200 €.
Lösung 12:
Zu a)
Die Aufwendungen für den Betriebsausflug stellen Aufmerksamkeiten dar, die überwiegend durch das betriebliche Interesse des ArbG veranlasst sind, weil sie den Betrag von 110 € nicht übersteigen (vgl. Abschn. 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 UStAE). Da die Überlassung dieser Aufmerksamkeiten keinen Wertabgabentatbestand erfüllt, fehlt es an einem steuerbaren Ausgangsumsatz, dem die Leistungsbezüge direkt und unmittelbar zugeordnet werden können. Für den Vorsteuerabzug ist deshalb die Gesamttätigkeit des U maßgeblich. U kann daher die Vorsteuer abziehen.
Zur lohn- und umsatzsteuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen s. das BMF-Schreiben vom 14.10.2015 (BStBl I 2015, 832) sowie die Erläuterungen unter → Betriebsveranstaltungen ab VZ 2015. Die gesetzlichen Änderungen, insbesondere die Ersetzung der bisherigen lohnsteuerlichen Freigrenze durch einen Freibetrag, haben grundsätzlich keine Auswirkungen auf die umsatzsteuerrechtlichen Regelungen.
Zu b)
Die Aufwendungen für den Betriebsausflug sind nicht überwiegend durch das betriebliche Interesse des ArbG veranlasst, weil sie den Betrag von 110 € übersteigen (vgl. Abschn. 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 UStAE). Es liegt eine Mitveranlassung durch die Privatsphäre der ArbN vor. Bei Überschreiten des Betrags von 110 € besteht für U kein Anspruch auf Vorsteuerabzug, sofern die Verwendung bereits bei Leistungsbezug beabsichtigt ist. Dementsprechend unterbleibt eine Wertabgabenbesteuerung. Maßgeblich ist hierfür, dass sich ein Leistungsbezug zur Entnahme für unternehmensfremde Privatzwecke und ein Leistungsbezug für das Unternehmen gegenseitig ausschließen. Der nur mittelbar verfolgte Zweck, das Betriebsklima zu fördern, ändert hieran nichts (vgl. BFH vom 9.12.2010, V R 17/10, BStBl II 2012, 53 und Beispiel 3 zu Abschn. 15.15 Abs. 2 UStAE).
Der mit dem Betriebsausflug verfolgte mittelbare Zweck und damit die dafür bezogenen Leistungen sind nicht erforderlich, um die eigene unternehmerische Tätigkeit zu ermöglichen. Der Unternehmer kann seine wirtschaftliche Tätigkeit auch ohne Ausführung dieses Leistungsbezugs an seine ArbN ausüben oder fortführen. Ein Leistungsbezug für das Unternehmen liegt nicht vor und ein Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen (s. Abschn. 15.2b Abs. 2a UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 24.1.2024, BStBl I 2024, 213).
Eine Wertabgabe i.S.v. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG setzt voraus, dass der verwendete Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet ist (Abschn. 3.4 Abs. 2 Satz 1 UStAE). Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen richtet sich nicht nach ertragsteuerrechtlichen Merkmalen, also nicht nach der Einordnung als Betriebs- oder Privatvermögen. Maßgebend ist, ob der Unternehmer den Gegenstand dem unternehmerischen oder dem nichtunternehmerischen Tätigkeitsbereich zugewiesen hat (vgl. BFH vom 21.4.1988, V R 135/83, BStBl II 1988, 746). Bei Gegenständen, die sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch genutzt werden sollen, hat der Unternehmer unter den Voraussetzungen, die durch die Auslegung des Tatbestandsmerkmals »für sein Unternehmen« in § 15 Abs. 1 UStG zu bestimmen sind, grundsätzlich die Wahl der Zuordnung (vgl. Abschn. 15.2c UStAE; → Unternehmensvermögen). Beträgt die unternehmerische Nutzung jedoch weniger als 10 %, ist die Zuordnung des Gegenstands zum Unternehmen unzulässig (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG, s.a. Abschn. 3.4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abschn. 3.3 Abs. 1 und Abschn. 15.2c Abs. 5 UStAE).
Bei der Lieferung eines Gegenstandes, den der Unternehmer sowohl für steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für private Zwecke verwenden will, kann der Unternehmer den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und aufgrund dieser Unternehmenszuordnung in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt sein; er hat dann aber die private Verwendung des Gegenstandes als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG zu versteuern (BFH vom 19.7.2011, XI R 21/10, BStBl II 2012, 434 unter II.2.a cc).
Kein Recht auf Zuordnung zum Unternehmen besteht, wenn der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug beabsichtigt, die bezogene Leistung ausschließlich und unmittelbar für eine steuerbare unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b oder 9a UStG zu verwenden (vgl. BFH vom 9.12.2010, V R 17/10, BStBl II 2012, 53 und Abschn. 3.3 Abs. 1 Satz 7 UStAE).
Unter § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG fallen insbesondere:
private Verwendung betrieblicher Telekommunikationsgeräte (→ Unternehmensvermögen),
private Nutzung von Maschinen und Werkzeugen,
Nutzung einer ansonsten steuerpflichtig vermieteten Ferienwohnung für private Zwecke des Unternehmers,
unentgeltliche Überlassung von dem → Unternehmensvermögen zugeordneten Gegenständen an Vereine,
private Verwendung von Fahrzeugen des Unternehmens (→ Pkw-Nutzung → Unternehmensvermögen).
Die unentgeltlichen Wertabgaben i.S. des § 3 Abs. 9a UStG umfassen alle sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens für
eigene, außerhalb des Unternehmens liegende Zwecke oder
den privaten Bedarf seines Personals ausführt.
Verwendung bedeutet jeden Ge- oder Verbrauch des Gegenstandes, soweit hierdurch der Gegenstand nicht auf Dauer dem Unternehmensvermögen entzogen wird. Die unentgeltliche Wertabgabe setzt immer eine befristete außerunternehmerische Nutzung voraus.
Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte erfolgt nicht für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, und ist mithin nicht als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen (BFH vom 5.6.2014, XI R 36/12, BStBl II 2015, 43; → Pkw-Nutzung). Anders als ein ArbN sucht ein Unternehmer seinen Betrieb auf, um dort unternehmerisch tätig zu sein. Es ist nicht ersichtlich, welchem privaten Bedarf diese Fahrten des Unternehmers dienen sollten. Denn seine Fahrten zwischen Wohnort und Unternehmen (Betrieb) dienen der Ausführung von Umsätzen und werden grundsätzlich durch die »Erfordernisse des Unternehmens« gerechtfertigt. Zwischen diesen Fahrten und den vom Unternehmer ausgeführten Umsätzen besteht deshalb – anders als bei entsprechenden Fahrten eines ArbN – ein unmittelbarer Zusammenhang. Dass die Heimfahrten auch privaten Charakter haben, ist angesichts des klaren Überwiegens der unternehmerischen Verwendung unbeachtlich und ändert mithin an der Beurteilung von Fahrten eines Unternehmers zwischen Wohnung und Betriebsstätte als unternehmerischen Zwecken dienende Fahrten nichts (Pressemitteilung des BFH Nr. 69/2014 vom 15.10.2014, LEXinform 0442432 sowie Anmerkung vom 21.10.2014, LEXinform 0652493).
Unentgeltliche Wertabgaben sind sowohl bei Einzelunternehmern als auch bei Personen- und Kapitalgesellschaften (→ Verdeckte Gewinnausschüttung) sowie bei Vereinen und bei unternehmerisch tätigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts möglich (Abschn. 3.2 Abs. 1 Satz 2 UStAE).
Besteuert wird lediglich die Verwendung solcher Gegenstände, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten mit USt belastet waren, die der Unternehmer in vollem Umfang oder teilweise als Vorsteuer abziehen konnte. Wird ein dem Unternehmen zugeordneter Gegenstand, für den kein Recht zum Vorsteuerabzug bestand, für außerunternehmerische Zwecke genutzt, liegt eine sonstige Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG nicht vor (Abschn. 3.4 Abs. 2 Satz 3 UStAE).
Aufwendungen für Instandhaltungs- und Unterhaltsleistungen, für die der Vorsteuerabzug vorgenommen werden kann, begründen allein nicht die Steuerbarkeit der unentgeltlichen Wertabgabe. Bei sonstigen Leistungen ist die darauf entfallende Steuer entsprechend dem Verwendungszweck in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Anteil aufzuteilen (Abschn. 15.2c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStAE). Aus Vereinfachungsgründen können auch nur die vorsteuerbelasteten Unterhaltskosten zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe herangezogen werden (Abschn. 15.2c Abs. 2 Satz 2 ff. UStAE; → Pkw-Nutzung).
Ist der Unternehmer als → Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, findet § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG keine Anwendung, so dass folglich bei der Berechnung des Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG eine unentgeltliche Wertabgabe nicht hinzuzurechnen ist (s.a. Abschn. 19.3 Abs. 1 Satz 2 UStAE und BMF vom 28.3.2012, BStBl I 2012, 481).
Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (Abschn. 10.6 Abs. 3 UStAE). Maßgeblich sind die Ausgaben lt. Kostenrechnung des Unternehmers. Auch unternehmerisch oder nichtunternehmerisch veranlasste → Unfallkosten sind in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
Soweit ein Gegenstand für die Erbringung der sonstigen Leistung verwendet wird, zählen hierzu auch die Anschaffungs- und Herstellungskosten für diesen Gegenstand, soweit das WG dem Unternehmen zugeordnet ist und für die Erbringung der sonstigen Leistung verwendet wird. Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindestens 500 €, sind sie gleichmäßig auf einen Zeitraum zu verteilen, der dem Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG für diesen Gegenstand entspricht. In diese Ausgaben sind – unabhängig von der Einkunftsermittlungsart – die nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge nicht einzubeziehen. Hat das WG eine kürzere Nutzungsdauer als beim Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG gesetzlich zugrunde gelegt (→ Vorsteuerberichtigung), ist dieser kürzere Zeitraum zu berücksichtigen (§ 15a Abs. 5 Satz 2 UStG). Ist der maßgebliche Berichtigungszeitraum abgelaufen, werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht mehr in die Bemessungsgrundlage einbezogen (BMF vom 13.4.2004, BStBl I 2004, 468, Abs. 2 Unterabs. 3).
Besteht die Wertabgabe in der Verwendung eines Gegenstands (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG), sind nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG aus der Bemessungsgrundlage solche Ausgaben auszuscheiden, die nicht zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Dabei ist es unerheblich, ob das Fehlen des Abzugsrechts darauf zurückzuführen ist, dass
für die Leistung an den Unternehmer keine USt geschuldet wird oder
die USt für die empfangene Leistung beim Unternehmer nach § 15 Abs. 1a oder 2 UStG vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist oder
die Aufwendungen in öffentlichen Abgaben (Steuern, Gebühren oder Beiträgen) bestehen.
Zur Bemessungsgrundlage zählen auch Ausgaben, die aus Zuschüssen finanziert worden sind (Abschn. 10.6 Abs. 4 Satz 7 UStAE).
Mit Urteil vom 24.8.2000 (V R 9/00, BStBl II 2001, 76) hat der BFH entschieden, dass bei der privaten Nutzung von Freizeitgegenständen die Kosten im Verhältnis der Dauer der unternehmensfremden Verwendung zur Gesamtdauer der tatsächlichen Verwendung zu berücksichtigen sind. S. dazu das Beispiel in Abschn. 10.6 Abs. 5 UStAE.
Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage s. → Pkw-Nutzung → Private Telefonnutzung → Firmenwagenüberlassung an Arbeitnehmer.
Die Vorschrift enthält zwei Fallgruppen:
die unentgeltliche Erbringung einer Dienstleistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, und
unentgeltliche Dienstleistungen für den privaten Bedarf der Arbeitnehmer mit Ausnahme von Aufmerksamkeiten.
Die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung (Dienstleistungen) durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen, wird einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt. Darunter fallen z.B.:
der Einsatz betrieblicher Arbeitskräfte im Haushalt des Unternehmers oder beim Bau des Eigenheims (Abschn. 3.4 Abs. 5 UStAE),
die Verwendung eines unternehmerischen Fahrzeugs nebst Fahrer.
Die Versteuerung erfolgt nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG, wenn der Dienstleistungsanteil an der Gesamtleistung einen nicht unwesentlichen Teil ausmacht (Dienstleistungsentnahme).
Anders als bei der Verwendung von Gegenständen (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) ist es unbeachtlich, ob der Inanspruchnahme der Leistung ein Vorsteuerabzug vorausgegangen ist.
Kann allerdings die bezogene Dienstleistung nicht dem Unternehmen zugeordnet werden, weil der außerunternehmerische oder private Verbrauch bereits bei Bezug beabsichtigt ist, kann auch keine Dienstleistungsentnahme erfolgen.
Nach der Rspr. des BFH ist die Gewährung unentgeltlicher sonstiger Leistungen aus unternehmerischen Gründen nicht steuerbar (vgl. BFH vom 10.6.2020, XI R 25/18, BStBl II 2020, 2240, Rz. 48 ff.). Dies unterscheidet die unentgeltliche sonstige Leistung gem. § 3 Abs. 9a UStG von der unentgeltlichen Lieferung eines Gegenstandes gem. § 3 Abs. 1a UStG. Diesem Entnahmetatbestand steht es nicht entgegen, wenn eine Weitergabe für die Zwecke des Unternehmens stattfindet.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.2.2023 (2 K 352/20, EFG 2023, 1799, LEXinform 5025636, Rev. eingelegt, Az. BFH: XI R 4/23, LEXinform 0954680) hat das FG Mecklenburg-Vorpommern entschieden, dass die Gewährung unentgeltlicher sonstiger Leistungen aus unternehmerischen Gründen nicht steuerbar ist. Im Streitfall sah das FG einen solchen unternehmerischen Grund in dem Umstand, dass die Betreiberin der Biogasanlage durch die unentgeltliche Trocknung fremder Hackschnitzel einen höheren KWK-Bonus erlangen konnte.
Ausgenommen von der Besteuerung sind die Aufmerksamkeiten. Unter die Regelung des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG fallen z.B.:
die unentgeltliche Abgabe von Mahlzeiten an ArbN in Kantinen (→ Bewirtung und Mahlzeiten: Arbeitnehmer),
Sammelbeförderungen von ArbN zur festen Arbeitsstätte, sofern nicht das betriebliche Interesse des Unternehmers an der Beförderungsleistung überwiegt (→ Personenbeförderung),
unentgeltlicher Einsatz von Betriebspersonal für den Privatbedarf von ArbN,
Überlassung eines Betriebsfahrzeugs nebst Fahrer für Privatfahrten der ArbN,
Überlassung einer Geschäftsführerwohnung einschließlich Einrichtungsgegenständen.
Die Überlassung einer Geschäftsführerwohnung einschließlich Einrichtungsgegenständen ist auch eine Leistung, die ausschließlich Entnahmezwecken dient, selbst wenn hierdurch das Wohnbedürfnis des Geschäftsführers im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung gedeckt wird (BFH vom 8.10.2014, V R 56/13, BStBl II 2022, 33; Anmerkung vom 11.12.2014, LEXinform 0946431).
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegt eine Entnahme aus unternehmensfremden Gründen dann nicht vor, wenn der ArbG anlässlich einer Dienstreise oder einer sonstigen Auswärtstätigkeit Unterbringungsleistungen an den ArbN erbringt (BFH vom 21.7.1994, V R 21/92, BStBl II 1994, 881). In diesen Fällen wird das private Wohnbedürfnis durch unternehmensbezogene Gründe überlagert. Dies hat die Rechtsprechung für die Überlassung von Unterkünften an ArbN in Hotels und Gasthöfen, in Pensionen oder in Gemeinschaftsunterkünften entschieden. Zur Begründung hat der BFH ausgeführt, dass Übernachtungsleistungen, die ein Unternehmer an seine ArbN erbringt, nicht den Tatbestand des Eigenverbrauchs erfüllen, wenn sie im überwiegenden betrieblichen Interesse des ArbG bewirkt worden sind. Denn der ArbG erfülle durch die Zurverfügungstellung einer Wohnung nicht den allgemeinen privaten Wohnbedarf seiner ArbN, sondern bei Auswärtstätigkeit den durch seine unternehmerische Tätigkeit veranlassten zusätzlichen Wohnbedarf.
Eine überwiegend zu unternehmerischen Zwecken dienende Übernahme von Übernachtungskosten liegt jedoch dann nicht vor, wenn der Unternehmer für einen Geschäftsführer oder anderen ArbN langfristig eine Wohnung bereithält und damit das private Wohnbedürfnis deckt, und zwar auch dann nicht, wenn einkommensteuerrechtlich eine doppelte Haushaltsführung vorliegt.
Eine Entnahme liegt dann nicht vor, wenn die Wohnungsüberlassung im direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der Arbeitsleistung des ArbN steht.
Wird die Wohnung einschließlich der Ausstattung nicht zum Zwecke der Erzielung steuerpflichtiger Umsätze überlassen, sondern von vornherein zum Zwecke einer unentgeltlichen Wertabgabe, die nicht (wie bei einer Dienstreise oder Einsatzwechseltätigkeit) durch überwiegend unternehmerische Zwecke bedingt ist, ist der Vorsteuerabzug zu versagen.
Der EuGH hat mit Urteil vom 11.12.2008 (C-371/07, DStRE 2009, 168, LEXinform 0589150) entschieden, dass unter Art. 26 Abs. 1 MwStSystRL nicht die unentgeltliche Lieferung von Mahlzeiten in Betriebskantinen an Geschäftspartner anlässlich von in den Räumlichkeiten der fraglichen Unternehmen stattfindenden Sitzungen fällt, wenn sich aus objektiven Umständen ergibt, dass diese Mahlzeiten für strikt geschäftliche Zwecke abgegeben werden. Hingegen fällt die unentgeltliche Lieferung von Mahlzeiten durch ein Unternehmen an sein Personal in seinen Räumlichkeiten grundsätzlich unter diese Vorschrift, es sei denn, dass die Erfordernisse des Unternehmens wie die Gewährleistung der Kontinuität und des ordnungsgemäßen Ablaufs von Arbeitssitzungen es notwendig machen, dass die Lieferung von Mahlzeiten durch den ArbG sichergestellt wird.
Mit Urteil vom 6.10.2022 (12 K 2971/20, LEXinform 5025361, rkr.) hat das FG Baden-Württemberg zum Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen des Betreibers der Betriebskantine für einen Produktionsbetrieb entschieden.
Entscheidungssachverhalt:
Im Entscheidungsfall ist die Klägerin umsatzsteuerliche Organträgerin der Organgesellschaft B-GmbH. Die Besonderheiten des Organschaftsverhältnisses sollen hier aber außer Betracht bleiben.
Die B-GmbH ist ein im Schichtbetrieb produzierendes Unternehmen. Die B-GmbH unterhält an ihrer Betriebsstätte eine Betriebskantine, die von einem externen Dienstleister im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betrieben wird. In der Kantine können sämtliche Mitarbeiter der B-GmbH von dem Dienstleister angebotene (Zwischen-)Mahlzeiten einnehmen, etwas trinken oder auch sich darin nur aufhalten, etwa um mitgebrachte Verpflegung zu verzehren. Mit dem Kantinenbetreiber und der B-GmbH besteht ein Dienstleistungsvertrag, der u.a. regelt, wie der Dienstleister mit der B-GmbH abzurechnen hat. Wenn die Umsatzerlöse nicht zur Deckung des Wareneinsatzes sowie der Personal-, Gemein- und Verwaltungskosten ausreichten (Unterdeckung), stellte der Kantinenbetreiber eine monatliche Rechnung wegen Unterdeckung. Daneben stellte der Kantinenbetreiber eine Rechnung über eine fest vereinbarte Dienstleistungsvergütung zur Deckung der Overhead-Kosten sowie als Gewinnanteil. Das beklagte FA versagte aus diesen Rechnungen den von der Klägerin geltend gemachten Vorsteuerabzug, weil bereits bei Bezug der Leistung beabsichtigt gewesen sei, diese ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe zu verwenden (s.a. FG Baden-Württemberg Mitteilung vom 10.7.2023, LEXinform 0464172).
Entscheidungsgründe:
Die B-GmbH (im Urteilsfall die Organträgerin) ist hinsichtlich der von dem Dienstleister in Rechnung gestellten Vorsteuern dann nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die erbrachte »Bewirtschaftungsleistung« bereits im Zeitpunkt ihres Bezugs nicht für die wirtschaftliche Tätigkeit der B-GmbH (im Urteilsfall der Organträgerin), »sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.v. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG zu verwenden beabsichtigt« ist und der »ArbN einen verbrauchbaren Vorteil erlangt«, indem z.B. die Bewirtschaftung der Kantine dem privaten Bedarf der ArbN dient und nicht durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt ist.
Die Bewirtschaftungsleistungen des Kantinenbetreibers bei der B-GmbH (im Urteilsfall der Organgesellschaft) erfolgen »im eigenen unternehmerischen Interesse des ArbG« und sind durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt, sodass das Interesse der B-GmbH (im Urteilsfall der Organträgerin) an der innerbetrieblichen Verköstigung bei der B-GmbH (Organgesellschaft) den Vorteil, der sich für die dort Beschäftigten aus der verbilligten Abgabe der Speisen ergibt, deutlich überwiegt – und der Organträgerin deswegen der Vorsteuerabzug zusteht –, wenn u.a.
die B-GmbH (Organgesellschaft) an einem mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer erreichbaren Ortsrand außerhalb eines Ballungsgebiets eine Fertigung mit Früh- und Spätschicht betreibt und der Schichtbetrieb nur mit festen, begrenzten Pausenzeiten der Mitarbeiter durchgeführt werden kann,
die maximal 30 Minuten umfassenden Pausenzeiten es den Mitarbeitern nicht ermöglichen, das Betriebsgelände für eine externe Verpflegung zu verlassen und wenn zudem in der Gegend des Betriebsgeländes keinerlei Gelegenheiten zur Einnahme von Mahlzeiten wie Esslokale, Imbisse, Metzgereien oder Bäckereien, Lebensmittelgeschäfte usw. in erreichbarer Nähe vorhanden sind,
die Fertigungslinien nur während der Pausenzeiten stillstehen und bei längeren Pausen nicht sofort wieder hochgefahren werden könnten.
Im Gegensatz zu den sonstigen Leistungen nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG gehören sämtliche bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten zur Bemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 4 Nr. 3 UStG). Das gilt auch für Ausgaben, die nicht mit USt belastet sind (z.B. Arbeitslohn für ArbN des Unternehmers; BMF vom 13.4.2004, BStBl I 2004, 468; Abs. 1 Unterabs. 2).
Zu beachten gilt, dass rein kalkulatorische Größen, wie z.B. der Unternehmergewinn, nicht zu den Ausgaben gehören (s.a. Slapio in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 118 Rz. 103 und 291). Zur Ermittlung der Ausgaben s. → Bewirtung und Mahlzeiten: Arbeitnehmer unter dem Gliederungspunkt »Mahlzeitengestellung als laufender Arbeitslohn« und dort unter »Umsatzsteuerrechtliche Behandlung«.
Werden im Zusammenhang mit der Abgabe aus dem Unternehmen keine Kosten (Ausgaben) verursacht, findet keine Wertabgabe aus dem Unternehmen statt. So stellt z.B. die ertragsteuerrechtliche Entnahme einer Forderung im Rahmen einer Betriebsaufgabe umsatzsteuerrechtlich keine Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG dar, da keine Kosten verursacht werden.
Beispiel 13:
Ein Unternehmer gestattet seinem ArbN, einen Lkw des Unternehmens bei der Errichtung seines Hauses zu verwenden. Die auf diese Nutzung entfallenden Ausgaben – einschließlich der anteiligen Anschaffungskosten – betragen 750 €. Darin enthalten sind anteilige Kosten für Versicherung, Steuer und Gebühren für Radio i.H.v. 150 €.
Lösung 13:
Die Verwendung des Lkw durch den ArbN ist eine sonstige Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG. Eine Aufmerksamkeit liegt nicht vor. Bemessungsgrundlage sind nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG die entstandenen Aufwendungen, allerdings nur, soweit sie zum Vorsteuerabzug berechtigt haben. Da diese Voraussetzungen für Versicherung, Steuer und Gebühren nicht zutreffen, scheiden diese Kosten aus. Bemessungsgrundlage sind also 600 €. Die Steuer hierauf beträgt 19 % = 114 €.
Beispiel 14:
Ein Unternehmer setzt einen ArbN seines Betriebs bei der Reinigung seines Privathauses ein.
Lösung 14:
Es handelt sich um eine sonstige Leistung nach § 3 Abs.9a Nr.2 UStG. Bemessungsgrundlage sind die bei der Ausführung dieses Umsatzes entstandenen Ausgaben (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG), bei denen nicht auf einen möglichen Vorsteuerabzug abgestellt wird. Im vorliegenden Fall wäre der anteilige Arbeitslohn anzusetzen.
Der Ort einer sonstigen Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9a UStG bestimmte sich bis zum 17.12.2019 nach § 3f UStG. Die Leistung wurde an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wurden diese Leistungen von einer Betriebsstätte ausgeführt, galt die Betriebsstätte als Ort der Leistung (Abschn. 3f.1 UStAE).
Durch Art. 11 Nr. 5 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) wird § 3f UStG mit Wirkung vom 18.12.2019 aufgehoben.
§ 3f UStG enthielt eine spezielle Regelung zur Ortsbestimmung für die den entgeltlichen Lieferungen und sonstigen Leistungen gleichgestellten Tatbestände i.S.d. § 3 Abs. 1b und 9a UStG. Im Unionsrecht ist eine entsprechende Spezialregelung nicht vorgesehen. Für unentgeltliche Leistungen gelten nach der Fiktion der Art. 16 bzw. Art. 26 MwStSystRL die allgemeinen Ortsbestimmungsregelungen der Art. 31 bzw. Art. 43 MwStSystRL. Diese Systematik soll auch im nationalen Recht nachvollzogen werden. Eine Änderung der Regelung zur Ortsbestimmung ist mit der Aufhebung des § 3f UStG in der Regel nicht verbunden. Praktische Änderungen können sich z.B. bei Leistungen in Zusammenhang mit einem Grundstück im Ausland sowie bei der kurzfristigen Vermietung eines Beförderungsmittels im Ausland ergeben, bei denen der Leistungsort nicht mit dem Sitzort des Unternehmers bzw. dem Belegenheitsort der Betriebsstätte zusammenfällt. Gleiches gilt für die Entnahme eines Gegenstands eines inländischen Unternehmens im Ausland, ohne dass dort eine Betriebsstätte des Unternehmens liegt (BT-Drs. 19/13436, 138).
Grundsätzlich gilt für Dienstleistungen i.S.d. § 3 Abs. 9a UStG die allgemeine Ortsvorschrift des Art. 45 MwStSystRL (§ 3a Abs. 1 UStG – Grundregel für B2C-Umsätze). Diese Ortsregelung – Unternehmersitzprinzip – entspricht der bisherigen Ortsregelung des § 3f UStG. Da aber für die unentgeltlichen Leistungen dieselben Ortsvorschriften wie für die korrespondierenden entgeltlichen Leistungen angewandt werden, müssen die Ausnahmeregelungen insbes. des § 3a Abs. 3 UStG beachtet werden (z.B. Art. 47 MwStSystRL).
Beispiel 15:
Unternehmer U aus Straßburg/Frankreich betreibt in Frankreich eine Rechtsanwaltskanzlei sowie eine Vermögensberatung und hat ein Haus in Landau/Pfalz, in dem er Büroräume im Erdgeschoss steuerpflichtig vermietet und die Wohnung im Obergeschoss unentgeltlich an die Tochter überlässt, insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet. Die Grundstücksverwaltung erledigt U in seinem Büro in Straßburg.
Lösung 15:
Grundstücksanschaffung oder Herstellung vor dem 1.1.2011
Als Ort der Vermietungsleistung der Büroräume gilt der Ort, an dem das Grundstück liegt (Art. 47 MwStSystRL; § 3a Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 und 2 Buchst. a UStG). Da die Vermietungsleistung in Landau als ausgeführt gilt, ist der Umsatz steuerbar (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG).
Unternehmer U ist hinsichtlich der steuerpflichtigen Grundstücksvermietung als im Inland ansässig zu behandeln. Er hat die Vermietungsumsätze im allgemeinen Besteuerungsverfahren zu erklären (Abschn. 13b.11 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStAE). Der Mieter wird als Leistungsempfänger somit nicht Schuldner der USt nach § 13b UStG.
U steht hinsichtlich des gesamten Gebäudes der Vorsteuerabzug zu. Die Überlassung an die Tochter ist eine steuerbare unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, weil das dem Unternehmen zugeordnete Gebäude hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Gebäudeteils zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. Nach Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL wird die unentgeltliche Überlassung an die Tochter einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt.
Nach der bisherigen Regelung des § 3f UStG wurde die unentgeltliche Wertabgabe am Unternehmenssitz des U in Straßburg ausgeführt und war deshalb nicht steuerbar. M.E. stellt das Haus in Landau keine Betriebsstätte dar, der die Leistung zugerechnet werden könnte (s.a. Art. 11 EU-VO 282/2011 vom 15.3.2011, ABl EU Nr. L 77, 1; Abschn. 3a.1 Abs. 2 und 3 UStAE). Betriebsstätte ist richtlinienkonform i.S. einer festen Niederlassung (Art. 11 EU-VO 282/2011) auszulegen (s.a. Monfort in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 3f UStG, Rz. 45). Der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat, ist ein vorrangiger Anknüpfungspunkt.
Nach der Aufhebung der bisherigen Ortsvorschrift des § 3f UStG richtet sich der Ort der unentgeltlichen Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG nach der allgemeinen Ortsbestimmungen der Art. 43 ff. MwStSystRL. Danach wird die grundstücksbezogene Leistung nach Art. 47 MwStSystRL dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 und 2 Buchst. a UStG). Der Ort befindet sich danach in Landau. Die Entnahme ist steuerbar.
Die unentgeltliche Wertabgabe ist steuerpflichtig. Ist die unentgeltliche Wertabgabe steuerbar, kommt die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG nicht Betracht (Abschn. 3.4 Abs. 7 Satz 3 i.V.m. Abschn. 4.12.1 Abs. 1 und 3 UStAE).
Grundstücksanschaffung oder Herstellung nach dem 31.12.2010
U steht hinsichtlich der Verwendung für die steuerpflichtige Vermietung der Vorsteuerabzug zu. Nach § 15 Abs. 1b UStG ist für den privat genutzten Grundstücksteil der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Das Zuordnungswahlrecht des Unternehmers, gemischt genutzte Grundstücke in vollem Umfang seinem Unternehmen zuzuordnen, bleibt von § 15 Abs. 1b UStG unberührt. Die private Nutzung stellt wegen des Vorsteuerabzugsverbots des § 15 Abs. 1b UStG keine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG dar.
Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung ist die Überlassung eines Firmenwagens an ArbN regelmäßig als entgeltliche Vermietung eines Beförderungsmittels anzusehen (Abschn. 3a.5 Abs. 2 Satz 5 i.V.m. Abs. 4 und Abschn. 15.23 Abs. 8 bis 11 UStAE; → Firmenwagenüberlassung an Arbeitnehmer unter dem Gliederungspunkt »Umsatzsteuerrechtliche Ortsbestimmung der Pkw-Überlassung«).
Durch § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 ff. UStG wird der Leistungsort einer langfristigen Vermietung eines Beförderungsmittels an einen Nichtunternehmer an den Ort verlagert, an dem der Leistungsempfänger seinen Sitz oder seinen Wohnsitz hat (Empfängersitzprinzip; Abschn. 3a.5 Abs. 4 UStAE). Dadurch soll insoweit eine Besteuerung am Verbrauchsort erreicht werden.
Hinweis:
Das LfSt Niedersachsen weist mit Vfg. vom 23.10.2017 (S 7117 – P 95 – St 173, UR 2018, 221) darauf hin, dass einige EU-Staaten (beispielsweise Luxemburg, Frankreich und die Niederlande) den Ort der Nutzungsüberlassung eines Firmenwagens anders beurteilen und von einer unentgeltlichen Wertabgabe ausgehen bzw. das Vorliegen einer Vermietungsleistung verneinen. Danach sei gem. Art. 45 MwStSystRL (entspricht § 3a Abs. 1 UStG) eine Steuerbarkeit am Ort des überlassenden ArbG anzunehmen. Daher kann es in grenzüberschreitenden Fällen zu einer Doppel- bzw. Nichtbesteuerung der Nutzungsüberlassung kommen.
Bisher wurde die unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG nach § 3f UStG an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer (ArbG) sein Unternehmen betreibt (Abschn. 3a.5 Abs. 4 Satz 3 UStAE).
Nach Aufhebung des § 3f UStG bestimmt sich der Ort dieser Dienstleistungen nach den Art. 43 ff. MwStSystRL. In Betracht käme die Grundregel des Art. 45 MwStSystRL (§ 3a Abs. 1 UStG) oder der Sonderfall des Art. 56 MwStSystRL (Vermietung von Beförderungsmitteln; § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG). Wie der MwSt-Ausschuss in seinen Leitlinien aus der 101. Sitzung vom 20.10.2014 (Dokument H – taxud.c.1(2016)1136484 – 832 REV) mit großer Mehrheit beschlossen hat (Tz. 4.1 unter 3.), gilt die Ortsvorschrift des Art. 56 MwStSystRL nur für die tatsächliche Vermietung. Die unentgeltliche Nutzung kann einer Vermietung nicht gleichgestellt werden (s.a. Monfort in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 3f, Rz. 23 ff.). Der Ort bestimmt sich somit nach Art. 45 MwStSystRL (§ 3a Abs. 1 UStG).
Beachte:
Mit Urteil vom 20.1.2021 (C-288/19, LEXinform 0651670) hat der EuGH die Vorlagefrage des FG Saarbrücken vom 18.3.2019 (1 K 1208/16, EFG 2019, 986, LEXinform 5022079) beantwortet. Gegenstand der Vorlagefrage des FG war die Anwendung des Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL (§ 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG) im Zusammenhang mit der langfristigen »Vermietung« eines Beförderungsmittels.
Im Anschluss an das EuGH-Urteil vom 20.1.2021 (C-288/19, LEXinform 0651670) hat das FG des Saar-landes mit Urteil vom 29.7.2021 (1 K 1034/21, EFG 2021, 2099, LEXinform 5024111) hinsichtlich der Fahrzeugüberlassung entsprechend der EuGH-Entscheidung C-288/19 entschieden.
Auf die Revision des FA hat der BFH mit Urteil vom 30.6.2022 (V R 25/21, BFH/NV 2022, 1258, LEXinform 0953820) das FG-Urteil 1 K 1034/21 aufgehoben. Das FG hat rechtsfehlerhaft einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung und der teilweisen Arbeitsleistung im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) verneint. Der Ort der Fahrzeugüberlassung sei daher als Vermietung eines Beförderungsmittels nach § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 UStG zu bestimmen.
Der BFH hat in Rz. 34 ff. seiner Entscheidung V R 25/21 entschieden, dass es sich bei der Firmenwagenüberlassung an ArbN grds. um einen tauschähnlichen Umsatz und somit um eine entgeltliche Fahrzeugüberlassung handelt. Danach bestimmt sich der Ort der langfristigen B2C-Vermietung eines Beförderungsmittels gem. § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 UStG. Die Zahlung eines Mietzinses ergibt sich in Form einer Sachvergütung aus der im unmittelbaren Zusammenhang mit der Fahrzeugüberlassung zu erbringenden Arbeitsleistung (BFH V R 25/21, Rz. 36).
Unter Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 30.6.2022 (V R 25/21, BFH/NV 2022, 1258, LEXinform 0953820) ist der Ort der Firmenwagenüberlassung wie folgt zu bestimmen:
Firmenwagenüberlassung für dienstliche und private Zwecke |
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kostenfrei an ArbN A Es kann sich hierbei lediglich um eine geringfügige Privatnutzung handeln (s. Abschn. 15.23 Abs. 12 UStAE). |
an ArbN B; vom Gehalt wird ein jährlicher Betrag von 5 700 € einbehalten bzw. es handelt sich um eine entgeltliche Fahrzeugüberlassung, die individuell arbeitsvertraglich vereinbart ist (Abschn. 15.23 Abs. 8 ff. UStAE). |
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Die Voraussetzungen des Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) können erfüllt sein. |
Unter folgenden Voraussetzungen kann es sich um eine Dienstleistung gegen Entgelt i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL handeln, die somit möglicherweise unter Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 MwStSystRL fällt: |
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Die Gleichstellung der Fahrzeugüberlassung mit einer sich daraus dann ergebenden Dienstleistung gegen Entgelt nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL kann jedenfalls nicht unter Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 der MwStSystRL fallen. Ein einer Dienstleistung gegen Entgelt nach Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL gleichgestellter Umsatz kann nämlich keine »Vermietung eines Beförderungsmittels« i.S.d. Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 MwStSystRL darstellen. |
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Es handelt sich um ein Fahrzeug i.S.d. Art. 38 MwStVO, |
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das einem Nichtsteuerpflichtigen überlassen wird |
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mit einer Dauer von mehr als 30 Tagen. |
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Die Besteuerung soll nach Möglichkeit an dem Ort erfolgen, an dem die Gegenstände verbraucht oder die Dienstleistungen in Anspruch genommen werden; dabei handelt es sich nach Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 MwStSystRL um den Ort, an dem der Nichtsteuerpflichtige, dem das Fahrzeug vermietet wird, ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. |
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Die »Vermietung« eines Beförderungsmittels setzt voraus, dass |
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der Eigentümer dem Mieter gegen Zahlung eines Mietzinses |
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für eine vereinbarte Dauer das Recht überträgt, seine Sache in Besitz zu nehmen und andere von diesem Recht auszuschließen. |
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Der Begriff des Mietzinses kann zum Zwecke der Anwendung von Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 MwStSystRL nicht im Wege der Analogie ausgelegt werden, indem ihm ein geldwerter Vorteil gleichgestellt wird und dass er das Vorliegen eines in Geld zu entrichtenden Mietzinses voraussetzt. |
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Diese Voraussetzung kann im Fall einer kostenfreien Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, die einer Dienstleistung gegen Entgelt nach Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL gleichgestellt sein soll, nicht erfüllt sein. Ein solcher Umsatz fällt daher nicht unter Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 MwStSystRL. |
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Der Ort der Dienstleistung bestimmt sich nach der Grundregel des Art. 45 MwStSystRL (§ 3a Abs. 1 UStG). |
Durch das JStG 2010 vom 8.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) wird mit § 15 Abs. 1b UStG (Art. 168a MwStSystRL) der Vorsteuerabzug für gemischt genutzte Grundstücke neu geregelt. Die Regelung des § 15 Abs. 1b UStG stellt einen neuen Vorsteuerausschlusstatbestand dar. Nach § 15 Abs. 1b Satz 1 UStG ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Dem Vorsteuerausschluss unterliegen auch die wesentlichen Bestandteile des Grundstücks, z.B. Gebäude. Hiervon unberührt bleiben Gegenstände, die umsatzsteuerlich keine Bestandteile des Grundstücks oder Gebäudes sind (z.B. → Photovoltaikanlage).
Der Vorsteuerausschluss nach § 15 Abs. 1b Satz 1 UStG ist entsprechend für Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und für Gebäude auf fremdem Grund und Boden anzuwenden (§ 15 Abs. 1b Satz 2 UStG), da diese Grundstücken gleich zu stellen sind.
Das Zuordnungswahlrecht des Unternehmers, gemischt genutzte Grundstücke – Grundstücke, die sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf des Personals verwendet werden – im vollen Umfang seinem Unternehmen zuzuordnen, bleibt unberührt. Zum Vorsteuerabzug bei teilunternehmerisch genutzten Grundstücken s. Abschn. 15.6a UStAE.
Nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG ist keine unentgeltliche Wertabgabe anzusetzen, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b UStG ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 6a UStG durchzuführen ist. Die Vorschrift ist eine notwendige Folgeänderung zur Einführung des § 15 Abs. 1b UStG.
Da die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück bereits gem. § 15 Abs. 1b UStG vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt, unterliegt die Verwendung dieses Grundstücks für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf des Personals, nicht der unentgeltlichen Wertabgabenbesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG. Dies gilt entsprechend bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden.
Ändert sich die Verwendung i.S.d. § 15 Abs. 1b UStG, liegt eine Änderung der Verhältnisse i.S.d. § 15a UStG vor. Sofern sich die außerunternehmerische bzw. private Verwendung erhöht und eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 6a UStG durchzuführen ist, erfolgt keine Wertabgabenversteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (Abschn. 3.4 Abs. 5a Satz 2 UStAE).
Die Voraussetzungen für die Besteuerung einer Verwendungsentnahme (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG) liegen bei verspäteter Zuordnung eines gemischt genutzten Gebäudes zum Unternehmensvermögen nicht vor (BFH vom 23.10.2014, V R 11/12, BStBl II 2015, 973).
Nach der inzwischen ständigen Rechtsprechung des BFH (BFH vom 7.7.2011, V R 42/09, BStBl II 2014, 76 und V R 21/10, BStBl II 2014, 81; vom 20.3.2014, V R 27/12, BFH/NV 2014, 1097) muss der Unternehmer im Zeitpunkt des Leistungsbezugs über die Zuordnung zum Unternehmen entscheiden und diese Entscheidung in der Umsatzsteuer-Voranmeldung, spätestens aber bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen dokumentieren (s.a. Abschn. 15.2c Abs. 18 UStAE). Zur Dokumentationsfrist s. Abschn. 15.2c Abs. 18 Satz 4 i.V.m. Abs. 16 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 17.5.2024 (LEXinform 7013925).
Mit Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 17.5.2024 (UR 2024, 468, LEXinform 7013925) nimmt das BMF Stellung zur Zuordnung von Leistungen zum Unternehmen und ändert entsprechend Abschn. 15.2c Abs. 14 ff. UStAE (→ Unternehmensvermögen).
Die Zuordnung zum Unternehmen kommt dadurch zum Ausdruck, dass der Unternehmer beim Erwerb oder bei der Herstellung des Gegenstands ganz oder teilweise als solcher handelt. Die Zuordnungsentscheidung ist eine innere Tatsache, die erst durch äußere Beweisanzeichen erkennbar wird. Sie kann somit auch konkludent (implizit) zum Ausdruck kommen (vgl. BFH vom 4.5.2022, XI R 28/21 (XI R 3/19), BFH/NV 2022, 878 und XI R 29/21 (XI R 7/19), BFH/NV 2022, 881; Abschn. 15.2c Abs. 14 Satz 3 bis 5 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 17.5.2024).
Wird das Grundstück nicht für unternehmensfremde, sondern für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i.e.S. verwendet (z.B. für ideelle Zwecke eines Vereins, vgl. Abschn. 2.3 Abs. 1a UStAE), ist insoweit eine Zuordnung nach § 15 Abs. 1 UStG nicht möglich (BFH vom 3.3.2011, V R 23/10, BStBl II 2012, 74, Abschn. 15.2b Abs. 2 UStAE). Erhöht sich später der Anteil der Nutzung des Grundstücks für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i.e.S., erfolgt eine Wertabgabenbesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG. Vermindert sich später der Anteil der Nutzung des Grundstücks für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i.e.S., kann der Unternehmer aus Billigkeitsgründen eine Berichtigung entsprechend § 15a Abs. 1 UStG vornehmen (Abschn. 3.4 Abs. 5a Satz 3 ff. i.V.m. Abschn. 15a.1 Abs. 7 UStAE).
Nach § 27 Abs. 16 UStG sind die vorgenannten Regelungen nicht anzuwenden auf Wirtschaftsgüter i.S.d. § 15 Abs. 1b UStG, die aufgrund eines vor dem 1.1.2011 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichgestellten Rechtsakts angeschafft worden sind oder mit deren Herstellung vor dem 1.1.2011 begonnen worden ist. Als Beginn der Herstellung gilt bei Gebäuden, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird; bei baugenehmigungsfreien Gebäuden, für die Bauunterlagen einzureichen sind, der Zeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden.
Die Verwendung von Räumen in einem dem Unternehmen zugeordneten Gebäude für Zwecke außerhalb des Unternehmens kann eine steuerbare oder nicht steuerbare Wertabgabe sein (→ Grundstücksumsätze, Umsatzsteuer). Diese Nutzung ist nur steuerbar, wenn die unternehmerische Nutzung anderer Räume zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat (vgl. BFH vom 8.10.2008, XI R 58/07, BStBl II 2009, 394 und vom 11.3.2009, XI R 69/07, BStBl II 2009, 496; Abschn. 3.4 Abs. 7 UStAE). Die Voraussetzungen für die Besteuerung einer Verwendungsentnahme (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG) liegen bei verspäteter Zuordnung eines gemischt genutzten Gebäudes zum Unternehmensvermögen nicht vor (BFH vom 23.10.2014, V R 11/12, BStBl II 2015, 973).
Mit Vfg. vom 13.8.2019 (S 7300 – Karte 5, UR 2019, 749) nimmt die OFD Karlsruhe ausführlich zur Besteuerung und zum Vorsteuerabzug bei eigengenutzten Wohnräumen und dabei auch zur Zuordnungserklärung Stellung. Die Zuordnungserklärung ist zeitnah abzugeben. Eine zeitnahe Dokumentation der Zuordnungsentscheidung erfolgt nur dann, wenn die Zuordnungserklärung bis zur gesetzlichen Abgabefrist für die Jahressteuererklärung dem FA gegenüber abgegeben wurde (bis spätestens 31.7. des Folgejahres). Eine erst nach diesem Zeitpunkt erfolgte Dokumentation der Zuordnungsentscheidung ist ausgeschlossen. Die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung kann auch durch die Abgabe erstmaliger oder berichtigter USt-Voranmeldungen oder USt-Jahreserklärungen erfolgen. Bei allen Erklärungen ist jedoch die für die Jahressteuerfestsetzung maßgebende gesetzliche Abgabefrist zu beachten (vgl. BFH vom 7.7.2011, V R 42/09 und V R 21/10, BStBl II 2014, 76).
Hinweis:
Zur Dokumentationsfrist s. Abschn. 15.2c Abs. 18 Satz 4 i.V.m. Abs. 16 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 17.5.2024 (LEXinform 7013925). Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Hat ein Unternehmer in der maßgeblichen USt-Jahreserklärung den Vorsteuerabzug nicht geltend gemacht, obwohl die Voraussetzungen nach § 15 UStG vorgelegen haben, und auch keine schriftliche Erklärung über die Zuordnung abgegeben, sind das Gebäude insgesamt bzw. die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des betreffenden Kalenderjahres nicht dem Unternehmen zugeordnet (→ Grundstücksumsätze, Umsatzsteuer unter dem Gliederungspunkt »Teilunternehmerisch genutzte Grundstücke« und dort »Zuordnungsentscheidung«. S. dort auch die Rspr. zur Zuordnungsentscheidung, insbes. EuGH vom 25.7.2018, C-140/17, UR 2018, 687, LEXinform 0651568).
Hinweis:
Das Fehlen eines Vorsteuerabzugs in der USt-Voranmeldung für den Zeitraum, in dem der Gegenstand erworben wurde, lässt für sich genommen aber nicht den Schluss zu, dass sich der Stpfl. dafür entschieden hat, den betreffenden Gegenstand nicht seinem Unternehmen zuzuordnen (vgl. EuGH vom 14.10.2021, C-45/20 und C-46/20, LEXinform 0651701; Abschn. 15.2c Abs. 17 Satz 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 17.5.2024).
Lässt die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs nicht auf die Zuordnung zum Unternehmen an sich oder deren Umfang schließen, sind andere nach außen hin objektiv erkennbare Beweisanzeichen heranzuziehen (Abschn. 15.2c Abs. 16 Satz 7 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 17.5.2024). Liegen innerhalb der Dokumentationsfrist nach außen hin objektiv erkennbare Beweisanzeichen für eine Zuordnung vor, können diese dem FA auch noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden (s. BFH vom 4.5.2022, XI R 28/21 (XI R 3/19), BFH/NV 2022, 878 und XI R 29/21 (XI R 7/19), BFH/NV 2022, 881). Fehlt es an objektiven Beweisanzeichen für eine Zuordnung, ist demgegenüber eine ausdrückliche Mitteilung an das FA innerhalb der Dokumentationsfrist erforderlich (Abschn. 15.2c Abs. 16 Satz 7 bis 9 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 17.5.2024).
Beispiele für andere objektiv erkennbare Beweisanzeichen der Zuordnung zum Unternehmensvermögen sind in Abschn. 15.2c Abs. 17 Satz 6 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens von 17.5.2024 aufgeführt.
Ist die unentgeltliche Wertabgabe steuerbar, kommt die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG nicht in Betracht (Abschn. 3.4 Abs. 7 und Abschn. 4.12.1 Abs. 3 UStAE).
S. die Beispiele 1 bis 15 nach Abschn. 15.2c Abs. 19 UStAE.
Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG wird der Umsatz bei sonstigen Leistungen i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben, bemessen. Darunter sind die Ausgaben des Unternehmers für die Erbringung der sonstigen Leistung zu verstehen (Art. 75 MwStSystRL). Zu den zu berücksichtigenden Ausgaben gehören z.B. Aufwendungen des Unternehmens für den laufenden Betrieb oder Unterhalt des dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, aber auch Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gegenstandes sind dabei abweichend von den ertragsteuerlichen Grundsätzen gleichmäßig auf den nach § 15a UStG für diesen Gegenstand jeweils maßgeblichen Berichtigungszeitraum zu verteilen (Neutralitätsgrundsatz, Abschn. 10.6 Abs. 3 UStAE). Nach Ablauf des jeweils nach § 15a UStG maßgeblichen Berichtigungszeitraums sind die auf den Gegenstand entfallenden Kosten vollständig in die Bemessungsgrundlage eingeflossen und in den Folgejahren nicht mehr als Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen.
Beachte:
Ordnet ein Unternehmer ein privat und unternehmerisch (gemischt) genutztes Gebäude in vollem Umfang seinem Unternehmen zu, kann er in vollem Umfang den Vorsteuerabzug aus den Bauerrichtungskosten in Anspruch nehmen und hat für den privat genutzten Gebäudeteil eine unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern (sog. Seeling-Rechtsprechung vor Inkrafttreten der Neuregelung in § 15 Abs. 1b UStG).
Die Änderung der Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe in diesen Fällen dahingehend, dass ab dem 1.7.2004 10 % der Herstellungskosten des Gebäudes über einen Zeitraum von zehn Jahren zugrunde zu legen sind, ist unionsrechtskonform und verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (BFH vom 12.8.2015, XI R 6/13, BStBl II 2015, 1063; Anmerkung vom 27.10.2015, LEXinform 0947281).
Beispiel 16:
Unternehmer U hat ein Zweifamilienhaus, in dem er eine Wohnung steuerfrei vermietet und die andere Wohnung für eigene Wohnzwecke nutzt, insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet.
Lösung 16:
Grundstücksanschaffung oder Herstellung vor dem 1.1.2011
S.a. Beispiel 1 zu Abschn. 3.4 Abs. 7 UStAE.
Die Verwendung von Räumen in einem dem Unternehmen zugeordneten Gebäude für Zwecke außerhalb des Unternehmens kann eine steuerbare oder nicht steuerbare Wertabgabe sein. Diese Nutzung ist nur steuerbar, wenn die unternehmerische Nutzung anderer Räume zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Ist die unentgeltliche Wertabgabe steuerbar, kommt die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG nicht in Betracht (Abschn. 3.4 Abs. 7 UStAE).
U steht hinsichtlich der steuerfrei vermieteten Wohnung kein Vorsteuerabzug zu (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Die private Nutzung ist keine steuerbare unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, da das dem Unternehmen zugeordnete Gebäude hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Gebäudeteils nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hat.
Grundstücksanschaffung oder Herstellung nach dem 31.12.2010
U steht hinsichtlich der steuerfrei vermieteten Wohnung kein Vorsteuerabzug zu (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Nach § 15 Abs. 1b UStG ist für den privat genutzten Grundstücksteil der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Das Zuordnungswahlrecht des Unternehmers, gemischt genutzte Grundstücke in vollem Umfang seinem Unternehmen zuzuordnen, bleibt von § 15 Abs. 1b UStG unberührt (Abschn. 15.6a Abs. 1 Satz 3 UStAE). Die private Nutzung stellt wegen des Vorsteuerabzugsverbots des § 15 Abs. 1b UStG keine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG dar.
Beispiel 17:
Unternehmer U ist Arzt und nutzt in seinem Einfamilienhaus, das er zulässigerweise insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet hat, das Erdgeschoss für seine unternehmerische Tätigkeit und das Obergeschoss für eigene Wohnzwecke. Er erzielt nur steuerfreie Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG, die den Vorsteuerabzug ausschließen.
Lösung 17:
Grundstücksanschaffung oder Herstellung vor dem 1.1.2011
S.a. Beispiel 2 zu Abschn. 3.4 Abs. 7 UStAE.
U steht kein Vorsteuerabzug zu. Die private Nutzung des Obergeschosses ist keine steuerbare unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, da das dem Unternehmen zugeordnete Gebäude hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Gebäudeteils nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hat.
Grundstücksanschaffung oder Herstellung nach dem 31.12.2010
U steht hinsichtlich der Verwendung für die ärztliche Tätigkeit kein Vorsteuerabzug zu (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Nach § 15 Abs. 1b UStG ist für den privat genutzten Grundstücksteil der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Das Zuordnungswahlrecht des Unternehmers, gemischt genutzte Grundstücke in vollem Umfang seinem Unternehmen zuzuordnen, bleibt von § 15 Abs. 1b UStG unberührt. Die private Nutzung stellt wegen des Vorsteuerabzugsverbots des § 15 Abs. 1b UStG keine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG dar.
Beispiel 18:
Unternehmer U ist Schriftsteller und nutzt in seinem ansonsten für eigene Wohnzwecke genutzten Einfamilienhaus, das er insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet hat, ein Arbeitszimmer für seine unternehmerische Tätigkeit.
Lösung 18:
Grundstücksanschaffung oder Herstellung vor dem 1.1.2011
S.a. Beispiel 3 zu Abschn. 3.4 Abs. 7 UStAE.
U steht hinsichtlich des gesamten Gebäudes der Vorsteuerabzug zu. Die private Nutzung der übrigen Räume ist eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, da der dem Unternehmen zugeordnete Gegenstand hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Gebäudeteils zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. Die unentgeltliche Wertabgabe ist steuerpflichtig.
Grundstücksanschaffung oder Herstellung nach dem 31.12.2010
U steht hinsichtlich der Verwendung für die schriftstellerische Tätigkeit der Vorsteuerabzug zu. Nach § 15 Abs. 1b UStG ist für den privat genutzten Grundstücksteil der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Das Zuordnungswahlrecht des Unternehmers, gemischt genutzte Grundstücke in vollem Umfang seinem Unternehmen zuzuordnen, bleibt von § 15 Abs. 1b UStG unberührt. Die private Nutzung stellt wegen des Vorsteuerabzugsverbots des § 15 Abs. 1b UStG keine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG dar.
Beispiel 19:
Unternehmer U hat ein Haus, in dem er Büroräume im Erdgeschoss steuerpflichtig vermietet und die Wohnung im Obergeschoss unentgeltlich an die Tochter überlässt, insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet.
Lösung 19:
Grundstücksanschaffung oder Herstellung vor dem 1.1.2011
S.a. Beispiel 4 zu Abschn. 3.4 Abs. 7 UStAE.
U steht hinsichtlich des gesamten Gebäudes der Vorsteuerabzug zu. Die Überlassung an die Tochter ist eine steuerbare unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, weil das dem Unternehmen zugeordnete Gebäude hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Gebäudeteils zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. Die unentgeltliche Wertabgabe ist steuerpflichtig.
Grundstücksanschaffung oder Herstellung nach dem 31.12.2010
U steht hinsichtlich der Verwendung für die steuerpflichtige Vermietung der Vorsteuerabzug zu. Nach § 15 Abs. 1b UStG ist für den privat genutzten Grundstücksteil der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Das Zuordnungswahlrecht des Unternehmers, gemischt genutzte Grundstücke in vollem Umfang seinem Unternehmen zuzuordnen, bleibt von § 15 Abs. 1b UStG unberührt. Die private Nutzung stellt wegen des Vorsteuerabzugsverbots des § 15 Abs. 1b UStG keine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG dar.
Beispiel 20:
Unternehmer U hat ein Zweifamilienhaus, das er im Jahr 01 zu 50 % für eigene unternehmerische Zwecke und zum Vorsteuerabzug berechtigende Zwecke (Büroräume) nutzt und zu 50 % steuerfrei vermietet, insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet. Ab dem Jahr 04 nutzt er die Büroräume ausschließlich für eigene Wohnzwecke.
Lösung 20:
Grundstücksanschaffung oder Herstellung vor dem 1.1.2011
S.a. Beispiel 5 zu Abschn. 3.4 Abs. 7 UStAE.
U steht ab dem Jahr 01 nur hinsichtlich der Büroräume der Vorsteuerabzug zu; für den steuerfrei vermieteten Gebäudeteil ist der Vorsteuerabzug hingegen ausgeschlossen. Ab dem Jahr 04 unterliegt die Nutzung der Büroräume zu eigenen Wohnzwecken des U als steuerbare unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der USt, da das dem Unternehmen zugeordnete Gebäude hinsichtlich der vorher als Büro genutzten Räume zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. Die unentgeltliche Wertabgabe ist steuerpflichtig. Eine Änderung der Verhältnisse i.S.d. § 15a UStG liegt nicht vor.
Grundstücksanschaffung oder Herstellung nach dem 31.12.2010
U steht ab dem Jahr 01 nur hinsichtlich der Büroräume der Vorsteuerabzug zu; für den steuerfrei vermieteten Gebäudeteil ist der Vorsteuerabzug hingegen ausgeschlossen. Ab dem Jahr 04 unterliegt die Nutzung der Büroräume zu eigenen Wohnzwecken des U dem Vorsteuerabzugsverbot des § 15 Abs. 1b UStG. Es handelt sich dabei um eine Änderung der Verhältnisse i.S.d. § 15a Abs. 6a UStG (s.a. Abschn. 3.4 Abs. 5a Satz 2 UStAE).
Eine Änderung der Verwendung i.S.d. § 15 Abs. 1b UStG tritt ein, wenn sich das Verhältnis der unternehmerischen und außerunternehmerischen bzw. privaten Verwendung des Grundstücks ändert. Die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG setzt voraus, dass die allgemeinen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG vorliegen. Soweit ein Grundstück, eine Berechtigung, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gilt, oder ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden nicht dem Unternehmen zugeordnet worden ist, ist eine Korrektur der Vorsteuer nach § 15a UStG ausgeschlossen.
Die private Nutzung stellt wegen des Vorsteuerabzugsverbots des § 15 Abs. 1b UStG und der damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 6a UStG keine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG dar.
Weitere Beispiele s. Abschn. 15.6a Abs. 7 UStAE.
Verwendet ein Gemeinschafter seinen Miteigentumsanteil, welchen er seinem Unternehmen zugeordnet und für den er den Vorsteuerabzug beansprucht hat, für nichtunternehmerische Zwecke, ist diese Verwendung eine steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, wenn die Grundstücksanschaffung oder Herstellung vor dem 1.1.2011 erfolgte (Abschn. 3.4 Abs. 8 UStAE).
Gemeinsames Grundstück der Ehegattengemeinschaft |
|
Eigentum Ehemann (Unternehmer) 50 % |
Eigentum Ehefrau 50 % |
Unternehmerisch genutzt |
Eigene Wohnung. |
(z.B. 30 %). |
Der Ehemann kann 30 % der Vorsteuerbeträge abziehen. Dadurch gibt der Ehemann zu erkennen, dass er seinen Miteigentumsanteil im Umfang der unternehmerischen Nutzung seinem Unternehmen zuordnet. Der Ehemann kann auch 50 % der Vorsteuerbeträge abziehen (Anschaffung oder Herstellung vor dem 1.1.2011). Durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs aus 50 % der Baukosten gibt der Ehemann zu erkennen, dass er seinen Miteigentumsanteil in vollem Umfang seinem Unternehmen zuordnet. Soweit der Ehemann den seinem Unternehmen zugeordneten Miteigentumsanteil für private Wohnzwecke nutzt (20 %), muss er nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG eine unentgeltliche Wertabgabe versteuern (Abschn. 3.4 Abs. 8 UStAE). |
Unternehmerisch genutzt |
Eigene Wohnung. |
(50 %). |
Der Ehemann kann 50 % der Vorsteuerbeträge abziehen. |
Unternehmerisch genutzt (z.B. 80 %). |
Eigene Wohnung. |
(z.B. 80 %). |
Der Ehemann kann höchstens 50 % der Vorsteuerbeträge abziehen. |
Abb.: Vorsteuerabzug bei Miteigentumsanteilen
Beispiel 21:
Unternehmer U und seine Ehefrau E erwerben zu 25 % bzw. 75 % Miteigentum an einem unbebauten Grundstück, das sie von einem Generalunternehmer mit einem Einfamilienhaus bebauen lassen. U nutzt im Einfamilienhaus einen Raum, der 9 % der Fläche des Gebäudes ausmacht für seine unternehmerische Tätigkeit. Die übrigen Räume des Hauses werden durch U und E für eigene Wohnzwecke genutzt. U macht 25 % der auf die Baukosten entfallenden Vorsteuern geltend.
Lösung 21:
Grundstücksanschaffung oder Herstellung vor dem 1.1.2011
Durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges aus 25 % der Baukosten gibt U zu erkennen, dass er seinen Miteigentumsanteil in vollem Umfang seinem Unternehmen zugeordnet hat. U kann daher unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG 25 % der auf die Baukosten entfallenden Vorsteuern abziehen. Soweit U den seinem Unternehmen zugeordneten Miteigentumsanteil für private Zwecke nutzt (16 % der Baukosten), muss er nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG eine unentgeltliche Wertabgabe versteuern (Beispiel in Abschn. 3.4 Abs. 8 UStAE). § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG kommt nicht zur Anwendung, da U den Miteigentumsanteil zu 36 % (9/25 × 100) für sein Unternehmen nutzt.
Grundstücksanschaffung oder Herstellung nach dem 31.12.2010
Nach § 15 Abs. 1b UStG ist für den privat genutzten Grundstücksteil (16 % der Baukosten) der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Das Zuordnungswahlrecht des Unternehmers, gemischt genutzte Grundstücke in vollem Umfang seinem Unternehmen zuzuordnen, bleibt von § 15 Abs. 1b UStG unberührt. U kann deshalb seinen gesamten 25 %igen Miteigentumsanteil dem Unternehmen zuordnen. Die private Nutzung stellt wegen des Vorsteuerabzugsverbots des § 15 Abs. 1b UStG, keine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG dar.
Zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung der Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen nach § 6 Abs. 3 EStG, der unentgeltlichen Übertragung von einzelnen WG in das Betriebsvermögen eines anderen Stpfl. nach § 6 Abs. 4 EStG sowie zur Überführung von WG aus dem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Stpfl. nach § 6 Abs. 5 EStG s. die Erläuterungen unter → Übertragung von Privat- oder Betriebsvermögen, → Unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern, → Wirtschaftsgüter, Überführung in ein anderes Betriebsvermögen.
Zu den umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen aus der Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen nach § 6 Abs. 3 EStG s. → Geschäftsveräußerung sowie auch dort die Kommentierung unter dem Gliederungspunkt »Gesellschaftsrechtliche Beteiligungen«.
Wird ein einzelnes WG (außer in den Fällen der Einlage) unentgeltlich in das BV eines anderen Stpfl. übertragen, gilt sein gemeiner Wert für das aufnehmende BV als Anschaffungskosten. Maßgebend ist, ob die Übertragung aus Sicht des Empfängers auf einem privaten Vorgang (Einlage, § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG) oder aus betrieblichem Anlass erfolgt (§ 6 Abs. 4 EStG).
Da der Zugang in das BV des Empfängers nicht aufgrund einer Einlage (privat) erfolgen darf, muss der unentgeltliche Zugang betrieblich veranlasst sein. Auf die Herkunft des WG beim Übertragenden kommt es nicht an.
Der Hauptanwendungsfall dürfte in der Gewährung von Geschenken, Werbegeschenken u.Ä. liegen. Der Empfänger hat das unentgeltlich erhaltene WG mit dem gemeinen Wert als Betriebseinnahme anzusetzen, da er das WG aus betrieblichen Gründen erhält. Eine Einlage (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG) würde sich nicht auf den Gewinn auswirken, da diese nach § 4 Abs. 1 EStG vom erhöhten Betriebsvermögen abgezogen wird.
Zur Wirkung einer Schenkung hat der BFH mit Urteil vom 12.10.1977 (I R 248/74, BStBl II 1978, 191) Stellung genommen. Verschenkt ein Stpfl. ein zu seinem BV gehörendes WG zu privaten Zwecken an einen anderen, so liegt darin eine mit dem Teilwert zu bewertende Entnahme. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass das WG die betriebliche Sphäre verlässt. Führt der Beschenkte das WG später seinem eigenen Betrieb zu, so ist dies eine Einlage, die infolge der Bewertung des WG nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG erfolgsneutral ist. Geschieht die Schenkung aus betrieblichem Anlass, so liegt beim Schenker eine Betriebsausgabe (§ 4 Abs. 4 EStG) vor; der Beschenkte hat das WG mit dem Betrag in seinem BV auszuweisen, den er für das einzelne WG im Zeitpunkt des Erwerbs hätte aufwenden müssen. Das führt im Betrieb des Beschenkten zu einem außerordentlichen Ertrag. Grund für die Gewinnrealisierung beim Beschenkten ist in diesem Fall der Vermögenszuwachs, den der Beschenkte durch die Übertragung des WG in seinem Betrieb erzielt hat.
Auf die Herkunft des WG beim Schenker kommt es nicht an. Erfolgt die Übertragung aus einem Privatvermögen (z.B. Computer im Privatbesitz), so ist zunächst eine Einlage des Übertragenden in dessen BV mit anschließender Weiterübertragung auf den erwerbenden Stpfl. in dessen BV anzunehmen.
Zu beachten ist, dass der Betriebsausgabenabzug des Schenkers nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 oder 10 EStG eingeschränkt ist (s.a. Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust zu EStG § 6, Rz. 1100 ff., LEXinform 0812023).
Hinweis:
Auf Übertragungen von Wirtschaftsgütern von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Stpfl., zwischen einem Mitunternehmer und seiner Mitunternehmerschaft sowie zwischen verschiedenen Mitunternehmern derselben Mitunternehmerschaft ist nicht § 6 Abs. 4 EStG, sondern § 6 Abs. 5 EStG anwendbar (s.u.).
Gegenstände des Unternehmens, die der Unternehmer aus unternehmerischen Gründen unentgeltlich abgibt, sind als unentgeltliche Zuwendungen nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG zu beurteilen (s.o.). Hierzu gehört die Abgabe von neuen oder gebrauchten Gegenständen insbesondere zu Werbezwecken, zur Verkaufsförderung oder zur Imagepflege, z.B. Sachspenden an Vereine oder Schulen, Warenabgaben anlässlich von Preisausschreiben, Verlosungen usw. zu Werbezwecken. Nicht steuerbar ist dagegen die Gewährung unentgeltlicher sonstiger Leistungen aus unternehmerischen Gründen. Hierunter fällt z.B. die unentgeltliche Überlassung von Gegenständen, die im Eigentum des Zuwendenden verbleiben und die der Empfänger später an den Zuwendenden zurückgeben muss (Abschn. 3.3 Abs. 10 Satz 8 ff. UStAE; s.o. den Gliederungspunkt 4.6.6 »Besonderheiten bei Geschenken i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG«). Voraussetzung für die Steuerbarkeit ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.
Unter § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG fallen folgende Überführungen von WG:
Überführungen gem. § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG |
||
aus |
in |
|
Fall 1: |
dem BV I einer natürlichen Person |
das BV II dieser natürlichen Person. |
Überführender i.S.v. § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist grundsätzlich jede unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtige natürliche Person, die mehrere Betriebe unterhält. Es können aber auch Erbengemeinschaften und eheliche Gütergemeinschaften mit mehreren eigenen BV unter den Anwendungsbereich der Sätze 1 und 2 fallen (BMF vom 8.12.2011, BStBl I 2011, 1279, Rz. 2). |
Nach Abschn. 2.7 Abs. 1 Satz 1 UStAE gehören zum Unternehmen sämtliche Betriebe oder beruflichen Tätigkeiten desselben Unternehmers. Innerhalb des einheitlichen Unternehmens sind steuerbare Umsätze grundsätzlich nicht möglich (Abschn. 2.7 Abs. 1 Satz 3 UStAE); die Ausnahme bildet das innergemeinschaftliche Verbringen. Umsätze innerhalb desselben Unternehmens oder innerhalb eines Organkreises sind innerbetriebliche Vorgänge, sog. Innenumsätze (Abschn. 14.1 Abs. 4 und Abschn. 15.2a Abs. 12 UStAE).
Überführungen gem. § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG |
||
aus |
in |
|
Fall 1: |
dem BV I einer natürlichen Person |
das BV II dieser natürlichen Person. |
Überführungen aus dem BV I in das BV II desselben Steuerpflichtigen sind nicht umsatzsteuerbar, da es sich umsatzsteuerrechtlich innerhalb eines Unternehmens vollzieht (s.a. Förster, DStR 2012, 381). |
Unter § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG fallen folgende Überführungen von WG:
Überführungen gem. § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG |
||
aus |
in |
|
Fall 2: |
dem eigenen BV einer natürlichen Person |
sein SonderBV bei einer Mitunternehmerschaft I. |
Fall 3: |
dem eigenen SonderBV bei einer Mitunternehmerschaft I |
sein eigens BV. |
Fall 4: |
dem eigenen SonderBV bei einer Mitunternehmerschaft I |
sein SonderBV bei einer anderen Mitunternehmerschaft II. |
Das BV einer Personengesellschaft umfasst sowohl die WG, die zum Gesamthandsvermögen der Mitunternehmer gehören, als auch diejenigen WG, die einem, mehreren oder allen Mitunternehmern gehören (Sonderbetriebsvermögen). Diese WG bilden das Sonderbetriebsvermögen I, wenn sie unmittelbar dem Betrieb der Personengesellschaft dienen. Die WG bilden das Sonderbetriebsvermögen II, wenn sie unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Mitunternehmers an der Personengesellschaft eingesetzt werden (R 4.2 Abs. 2 EStR).
Erträge und Aufwendungen des Gesellschafters einer in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG genannten Personengesellschaft, die durch seine Beteiligung an der Gesellschaft veranlasst sind, sind bei ihm als Sonderbetriebseinnahmen oder -ausgaben zu erfassen und müssen auch Eingang in die einheitliche Gewinnfeststellung finden. Von Sonderbetriebsausgaben, die den Gewinnanteil des Gesellschafters mindern, sind die Betriebsausgaben abzugrenzen, die nur den Gewinn des eigenen Gewerbebetriebs des Gesellschafters mindern, z.B. eigene Rechts- und Beratungskosten (H 4.7 [Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben] EStH).
Wie sich aus der ertragsteuerrechtlichen Definition des Sonderbetriebsvermögens ergibt, gehören die WG des Sonderbetriebsvermögens zwar zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft, nicht aber zum Unternehmensvermögen der Gesellschaft, weil der Gegenstand nicht für das Unternehmen der Gesellschaft geliefert worden ist (Abschn. 15.20 Abs. 1 Satz 3 UStAE). Umsatzsteuerrechtlich sind die WG des Sonderbetriebsvermögens dem oder den jeweiligen Mitunternehmern zuzurechnen.
Allein mit der Beteiligung an einer Gesellschaft wird der Gesellschafter nicht zum Unternehmer (Abschn. 2.3 Abs. 2 UStAE).
Beispiel 22:
G und der selbstständig tätige Architekt H schließen sich zu der G & H GbR zusammen. G leistet eine Bareinlage über 200 000 € und überlässt der GbR einen Pkw, den er kurz vorher für 60 000 € zzgl. 11 400 € USt angeschafft hatte. Die Gesellschaft nutzt den Pkw unentgeltlich.
H bringt seine Architekturbüro in die GbR ein.
Lösung 22:
Die Bareinlage ist ein Gesellschafterbeitrag und nicht steuerbar. Für die Gewährung der Gesellschaftsrechte tätigt G mit der Geldzahlung eine Leistung im Rechtssinne. Leistungen im Rechtssinne unterliegen aber nur insoweit der USt, als sie auch Leistungen im wirtschaftlichen Sinne sind, d.h. Leistungen, bei denen ein über die reine Entgeltentrichtung hinausgehendes eigenes wirtschaftliches Interesse des Entrichtenden verfolgt wird. Die bloße Entgeltentrichtung, insbesondere die Geldzahlung oder Überweisung, ist keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne (Abschn. 1.1 Abs. 3 UStAE; → Leistungsaustausch).
Ertragsteuerrechtlich gehört der Pkw zum Sonderbetriebsvermögen I der Mitunternehmerschaft.
Mit der Überlassung des Pkw wird G nicht zum Unternehmer. Seine Tätigkeit beschränkte sich darauf, den Pkw unentgeltlich der G & H GbR zu überlassen. Sie ist nicht geeignet, eine wirtschaftliche Tätigkeit zu begründen. Die unentgeltliche Überlassung fällt weder in den Anwendungsbereich des Art. 2 Abs. 1 MwStSystRL, der nur entgeltliche Lieferungen und Dienstleistungen betrifft, noch in den von Art. 4 Abs. 1 und 2 MwStSystRL, der die Nutzung körperlicher Gegenstände zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen erfasst (Abschn. 15.20 Abs. 1 Satz 6 und 7 und Abschn. 1.6 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. b Beispiel 3 UStAE; BFH vom 21.5.2014, V R 20/13, BStBl II 2014, 1029).
Weder der Gesellschafter noch die Gesellschaft sind berechtigt, die dem Gesellschafter beim Erwerb des Gegenstands in Rechnung gestellte USt als Vorsteuer abzuziehen.
Soweit daneben eine weitergehende Geschäftstätigkeit ausgeübt wird, die für sich die Unternehmereigenschaft begründet, ist diese vom nichtunternehmerischen Bereich zu trennen (Abschn. 2.3 Abs. 2 Satz 4 UStAE).
Beispiel 23:
G und der selbstständig tätige Architekt H schließen sich zu der G & H GbR zusammen. G leistet eine Bareinlage über 200 000 € und vermietet der GbR den Pkw, den er kurz vorher für 60 000 € zzgl. 11 400 € USt angeschafft hatte. Die Gesellschaft zahlt für die Überlassung vereinbarungsgemäß monatlich 800 € zzgl. USt. Dies entspricht auch der marktüblichen Miete (s.o. Beispiel 22).
H bringt seine Architekturbüro in die GbR ein.
Lösung 23:
Zur Behandlung der Bareinlage s.o. Lösung Beispiel 22.
Ertragsteuerrechtlich gehört der Pkw zum Sonderbetriebsvermögen I der Mitunternehmerschaft.
Mit der Vermietung des Pkw wird G zum Unternehmer. Es handelt sich um einen Leistungsaustausch, da ein fester Mietpreis vereinbart wurde (BFH-Beschluss vom 11.6.2015, V B 140/14, BFH/NV 2015, 1442, LEXinform 5908147 sowie Beispiel 1 und 2 in Abschn. 1.6 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a UStAE). Der Pkw gehört zum Unternehmensvermögen des G (Abschn. 15.20 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStAE). Der Gesellschafter, nicht die Gesellschaft ist zum Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Pkw berechtigt.
Beispiel 24:
Sachverhalt s. Beispiel 23.
Nach zwei Jahren überlässt G den Pkw der Gesellschaft unentgeltlich.
Lösung 24:
Ertragsteuerrechtlich gehört der Pkw weiterhin zum Sonderbetriebsvermögen I der Mitunternehmerschaft.
Überlässt ein Stpfl. einen bislang seinem Einzelunternehmen zugeordneten Gegenstand einer Personengesellschaft, an der er beteiligt ist, unentgeltlich zur Nutzung, so muss er die Entnahme dieses Gegenstands aus seinem Unternehmen nach § 3 Abs. 1b UStG versteuern (BFH vom 21.5.2014, V R 20/13, BStBl II 2014, 1029; Abschn. 1.6 Abs. 7 Nr. 3 Buchst. a UStAE). Die ausschließlich unentgeltliche Überlassung des Pkw ist nicht geeignet eine wirtschaftliche Tätigkeit fortzuführen.
Eine unentgeltliche Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG ist nicht gegeben, da kein Gegenstand des Unternehmens in die Gesellschaft eingebracht bzw. übertragen wird.
Beispiel 25:
Sachverhalt s. Beispiel 23.
G ist an der G & H GbR als auch als Mitunternehmer an der G & X KG beteiligt.
Nach 2 Jahren vermietet G den Pkw nicht mehr an die G & H GbR, sondern an die G & X KG gegen ein monatliches marktübliches Entgelt.
Lösung 25:
Ertragsteuerrechtlich gehörte der Pkw zunächst zum Sonderbetriebsvermögen I des G der G & H GbR und dann zum Sonderbetriebsvermögen I des G der G & X-KG. Der Pkw wird nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG zwischen den Sonderbetriebsvermögen desselben Stpfl. bei verschiedenen Mitunternehmerschaften überführt. Ertragsteuerrechtlich ist hier zwingend der Buchwert anzusetzen.
Umsatzsteuerrechtlich entspricht die Lösung weiterhin der im Beispiel 23. G vermietet weiterhin den Pkw und ist damit unternehmerisch tätig. Lediglich der Mieter ändert sich.
Unter § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG fallen folgende Überführungen von WG:
Übertragungen gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG |
||
aus |
in |
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Fall 1: |
dem BV I einer natürlichen Person |
das GesamthandsBV einer Mitunternehmerschaft. |
Übertragender i.S.v. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG ist ein Mitunternehmer, der neben seiner Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft mindestens einen weiteren Betrieb unterhält, oder dem Sonderbetriebsvermögen bei derselben Mitunternehmerschaft oder einer weiteren Mitunternehmerschaft zuzurechnen ist (Rz. 9 des BMF-Schreibens vom 8.12.2011, BStBl I 2011, 1279). |
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Fall 2: |
dem GesamthandsBV einer Mitunternehmerschaft |
das BV I einer natürlichen Person. |
Fall 3: |
dem eigenen SonderBV bei einer Mitunternehmerschaft I |
das GesamthandsBV derselben Mitunternehmerschaft I |
Fall 4: |
dem eigenen SonderBV bei einer Mitunternehmerschaft I |
das GesamthandsBV einer anderen Mitunternehmerschaft II, an der er beteiligt ist. |
Die Fälle 1 bis 4 sind anzuwenden, soweit die Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten erfolgt. |
||
Fall 5: |
dem eigenen SonderBV bei einer Mitunternehmerschaft I |
das SonderBV eines anderen Mitunternehmers bei derselben Mitunternehmerschaft I. |
Fall 5 EStG ist anzuwenden, soweit die Übertragung unentgeltlich erfolgt. |
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Die Übertragungen in den Fällen 1 bis 5 erfolgen zum Buchwert. |
Nach Abschn. 2.7 Abs. 1 Satz 1 UStAE gehören zum Unternehmen sämtliche Betriebe oder beruflichen Tätigkeiten desselben Unternehmers. Bei den Übertragungen i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG handelt es sich um solche zwischen unterschiedlichen Unternehmen. S. dazu die folgende Übersicht.
Übertragungen gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG |
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aus |
in |
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Fall 1: |
dem BV I einer natürlichen Person |
das GesamthandsBV einer Mitunternehmerschaft. |
Übertragung vom Einzelunternehmen |
auf eine Gesellschaft. Die Personengesellschaft ist stets selbstständig (Abschn. 2.2 Abs. 5 UStAE). Zu deren Unternehmensvermögen gehört das GesamthandsBV. |
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Fall 2: |
dem GesamthandsBV einer Mitunternehmerschaft |
das BV I einer natürlichen Person. |
Übertragung aus dem Unternehmensvermögen der Gesellschaft |
in das Unternehmensvermögen der natürlichen Person. |
|
Fall 3: |
dem eigenen SonderBV bei einer Mitunternehmerschaft I |
das GesamthandsBV derselben Mitunternehmerschaft I |
Es handelt sich um die Übertragung aus dem Unternehmensvermögen des Mitunternehmers |
in das Unternehmensvermögen der Gesellschaft. |
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Fall 4: |
dem eigenen SonderBV bei einer Mitunternehmerschaft I |
das GesamthandsBV einer anderen Mitunternehmerschaft II, an der er beteiligt ist. |
Es handelt sich um die Übertragung aus dem Unternehmensvermögen des Mitunternehmers |
in das Unternehmensvermögen einer Gesellschaft. |
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Die Fälle 1 bis 4 sind anzuwenden, soweit die Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten erfolgt. Umsatzsteuerrechtlich erfolgt die Übertragung somit unentgeltlich oder entgeltlich. |
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Fall 5: |
dem eigenen SonderBV bei einer Mitunternehmerschaft I |
das SonderBV eines anderen Mitunternehmers bei derselben Mitunternehmerschaft I. |
Es handelt sich um die Übertragung aus dem Unternehmensvermögen des Mitunternehmers |
in das Unternehmensvermögen eines anderen Mitunternehmers. |
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Fall 5 EStG ist anzuwenden, soweit die Übertragung unentgeltlich erfolgt. |
Die ertragsteuerrechtlich unentgeltliche Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG führt umsatzsteuerrechtlich dazu, dass das WG das jeweilige Unternehmen verlässt. Danach liegt eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG vor, wenn der Unternehmer den vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug bei der Anschaffung des WG geltend machen konnte (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG).
Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer (Loseblatt); Meurer u.a., Umsatzsteuerliche Behandlung von Gegenstandsentnahmen (unentgeltlichen Wertabgaben) nach Ablauf des Berichtigungszeitraums, UR 2011, 92; Reiß, Vorsteuerabzug, Berichtigung des Vorsteuerabzugs und Besteuerung unentgeltlicher Wertabgaben, UR 2013, 148; Pfefferle u.a., Unentgeltliche Wertabgaben aus unternehmerischen Gründen, NWB 36/2013, 2842; Schoor, Aufwendungen für Geschenke an Arbeitnehmer und Geschäftspartner, NWB 40/2015, 11; Monfort, EuGH-Vorlage: Ort der Leistung bei Dienstwagenüberlassung an das Personal, UStB 6/2019, 175; Monfort, Ort der Leistung bei Dienstfahrzeugüberlassung an das Personal, UR 13/2019, 489; L´habitant, Unentgeltliche Lieferungen und sonstige Leistungen im Lichte von § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG – Verhältnis von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3, Abs. 9a, § 15a und § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG, UStB 9/2019, 280; Sterzinger, Nachträgliche Vereinbarung eines Entgelts bei zunächst unentgeltlichen Leistungszuwendungen, UStB 2020, 162; Widmann, Vorsteuerabzug und unentgeltliche Wertabgaben – Zum EuGH-Urteil vom 16.9.2020, C-528/19, UR 2021, 11; Lippross, Vollumfänglicher Vorsteuerabzug bei gemischter Verwendung von eigenen Produktionsmittelns – Zum »Biogasanlagen-Urteil« des V. Senats des BFH v. 25.11.2021 – V R 45/20 –, UR 2022, 401; Heuermann, Elektrizität und Wärme – Konzise Gedanken zur Biogasanlagen-Rechtsprechung und zur Zuwendungsbesteuerung, UR 2022, 563; Grummels, Geschenke an Arbeitnehmer und Geschäftspartner, NWB 24/2024, 1645.
→ Bewirtung und Mahlzeiten: Arbeitnehmer
→ Betriebsveranstaltungen ab VZ 2015
→ Entnahme
→ Firmenwagenüberlassung an Arbeitnehmer
→ Verdeckte Gewinnausschüttung
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