1 Gesetzliche Unterhaltsverpflichtung
1.1 Verwandtenunterhalt
1.2 Ehegattenunterhalt
1.2.1 Gleichbehandlung von Verheirateten und eingetragenen Lebenspartnern
1.2.2 Gleichgeschlechtliche Ehe
1.2.3 Unterscheidung zwischen Verwandten- und Ehegattenunterhalt
2 Den gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen gleichgestellte Personen
2.1 Sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft
2.2 Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Aufenthaltsgesetz
3 Unterhaltsaufwendungen an nicht unterhaltsberechtigte Angehörige
4 Die abstrakte bzw. konkrete Betrachtungsweise
4.1 Inlandssachverhalte
4.2 Unterstützungsleistungen ins Ausland
4.3 Besonderheiten für EU-/EWR-Raum
5 Typische Unterhaltsleistungen
6 Geringes Vermögen der unterhaltenen Person
6.1 Verwertungsverpflichtung
6.2 Besonderheiten bei behinderten Kindern
7 Keine Kindervergünstigungen für die unterhaltene Person
8 Unterhalt für mehrere Personen
9 Unterstützung durch mehrere Personen
9.1 Unterstützende Personen sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig
9.2 Unterstützende Personen sind nicht alle unbeschränkt einkommensteuerpflichtig
10 Unterhaltshöchstbetrag
10.1 Ungekürzter Höchstbetrag
10.2 Kürzung des Höchstbetrages um eigene Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person
10.2.1 Grundsätzliches zur Ermittlung der Einkünfte und Bezüge
10.2.2 Berücksichtigung von Versicherungsbeiträgen
10.2.3 Berücksichtigung von Kapitaleinkünften
10.2.4 Ausbildungshilfen
10.2.5 Elterngeld
10.3 Zusammenfassende Übersicht zur Ermittlung des Unterhaltshöchstbetrages
11 Unterhaltszahlungen ins Ausland
11.1 Berücksichtigung der Ländergruppeneinteilung
11.2 Bestehen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs
11.3 Nachweispflichten
11.3.1 Feststellungslast und Nachweis der Unterhaltsbedürftigkeit
11.3.2 Nachweis der Aufwendungen
11.3.2.1 Überweisungen
11.3.2.2 Andere Zahlungswege
11.3.2.3 Beweiserleichterungen bei Familienheimfahrten
11.3.2.4 Geldtransfers durch eine Mittelsperson
11.3.2.5 Nachweis einer Bargeldübergabe
12 Zeitanteilige Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen
12.1 Feststellung der Monate der Unterhaltszahlungen
12.2 Zeitliche Zuordnung der Unterhaltsaufwendungen
13 Beachtung der Opfergrenze
13.1 Sinn und Zweck der Opfergrenze
13.2 Haushaltsgemeinschaft
13.3 Ermittlung der Opfergrenze
13.3.1 Ermittlung des Nettoeinkommens
13.3.2 Ermittlung des Nettoeinkommens bei Selbstständigen
13.3.3 Ermittlung der Opfergrenze
13.4 Vergleich der Opfergrenze mit den nach § 33a Abs. 1 EStG ermittelten Unterhaltsaufwendungen
13.5 Berechnung der Opfergrenze bei zusammenveranlagten Eheleuten
13.6 Berechnung der Opfergrenze nach dem Monatsprinzip
14 Unterhaltsaufwendungen bei einer Haushaltsgemeinschaft
14.1 Haushaltsgemeinschaft ohne Kinder
14.2 Haushaltsgemeinschaft mit Kindern
14.2.1 Gemeinsame Kinder
14.2.2 Kinder des Steuerpflichtigen
15 Identifikationsnummer als Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen
16 Literaturhinweis
17 Verwandte Lexikonartikel
§ 33a EStG regelt den Abzug von außergewöhnlichen Belastungen in besonderen Fällen; die Regelungen gehen daher den allgemeinen Vorschriften des § 33 EStG vor. Liegen die Voraussetzungen des § 33a EStG vor, ist ein Ansatz gem. § 33 EStG – gleichzeitig oder alternativ – ausgeschlossen. Es besteht somit kein Wahlrecht zwischen § 33 EStG und § 33a EStG. Unterhaltsaufwendungen für einer dem Stpfl. oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person sind gem. § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung ergibt sich aus den §§ 1601 ff. BGB. Gesetzlich unterhaltsberechtigt gegenüber dem Stpfl. oder seinem Ehegatten bzw. Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (§ 2 Abs. 8 EStG) sind danach Verwandte gerader Linie, wie z.B. Kinder, Enkel, Eltern und Großeltern (H 33a.1 [Unterhaltsberechtigung] EStH).
Die Vorschrift des § 33a EStG ist anzuwenden für unbeschränkt stpfl. Personen gem. § 1 Abs. 1 und 3 EStG und findet keine Anwendung für beschränkt stpfl. Personen (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG).
Ein gesetzlicher Unterhalt besteht auch nach § 1615l BGB (H 33a.1 [Unterhaltsanspruch der Mutter bzw. des Vaters eines nichtehelichen Kindes] EStH). Auch der Vater eines nichtehelichen Kindes kann einen entsprechenden Unterhaltsanspruch gegen die Mutter haben, wenn er das Kind betreut (§ 1615l Abs. 4 BGB). Zum Unterhaltsanspruch nach § 1615l BGB sowie zur Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG unter Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 19.5.2004 (III R 30/02, BStBl II 2004, 943; H 33a.1 [Unterhaltsanspruch der Mutter bzw. des Vaters eines nichtehelichen Kindes] EStH) s. → Nichteheliche Lebensgemeinschaften unter dem Gliederungspunkt »Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG« (s. Zeile 40 der Anlage Unterhalt 2022 sowie die Anleitung zur Anlage Unterhalt 2022 zu Zeile 40).
Leben Ehegatten dauernd getrennt und werden sie einzeln veranlagt, kann ein Ehegatte die von ihm geleisteten Aufwendungen für den Unterhalt der Schwiegereltern als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33a EStG steuermindernd geltend machen. Unterhaltszahlungen an die Schwiegereltern sind während der Ehe, ungeachtet des dauernd Getrenntlebens der Ehegatten, als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar (BFH vom 27.7.2011, VI R 13/10, BStBl II 2011, 965). Der Wortlaut des hier maßgeblichen § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG stellt lediglich auf den zivilrechtlichen Bestand eines Eheverhältnisses ab. Die Vorschrift ist auch nicht dahingehend einschränkend auszulegen, dass ein Abzug von Unterhaltszahlungen an verschwägerte Personen nur bei einer intakten Ehe geboten ist (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 81/11 vom 5.10.2011, LEXinform 0437017 und Anmerkung vom 13.10.2011, LEXinform 0941029).
Der Stpfl. kann Unterhaltsaufwendungen unter den weiteren Voraussetzungen des § 33a EStG als außergewöhnliche Belastung abziehen, wenn der Unterhaltsempfänger dem Grunde nach gesetzlich unterhaltsberechtigt ist. Auf das Bestehen einer konkreten zivilrechtlichen Unterhaltsberechtigung bzw. die Höhe des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs kommt es nicht an (BFH vom 18.5.2006, III R 26/05, BStBl II 2007, 108). Im Urteilsfall übernahm der Vater die Wohnungskosten seines Sohnes und beantragte diese Aufwendungen als Unterhaltsaufwendungen nach § 33a Abs. 1 EStG. Nach dem BFH-Urteil sind die Voraussetzungen für die Abziehbarkeit der Unterhaltsaufwendungen des Vaters an seinen Sohn als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG gegeben (abstrakte Betrachtungsweise); die sog. Erwerbsobliegenheit ist nicht zu prüfen (s. R 33a.1 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 EStR und H 33a.1 [Unterhaltsberechtigung, 3. Spiegelstrich] EStH; keine konkrete Betrachtungsweise). Die Verwaltung sieht in R 33a.1 Abs. 1 Satz 3 und 4 EStR folgende abstrakte Betrachtungsweise vor: »Für den Abzug reicht es aus, dass die unterhaltsberechtigte Person dem Grunde nach gesetzlich unterhaltsberechtigt (z.B. verwandt in gerader Linie) und bedürftig ist. Eine Prüfung, ob im Einzelfall tatsächlich ein Unterhaltsanspruch besteht, ist aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nicht erforderlich, wenn die unterstützte Person unbeschränkt steuerpflichtig sowie dem Grunde nach (potenziell) unterhaltsberechtigt ist, tatsächlich Unterhalt erhält und alle übrigen Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG vorliegen; insoweit wird die Bedürftigkeit der unterstützten Person typisierend unterstellt.« Bei unbeschränkt stpfl. Personen wird die Abziehbarkeit der Unterhaltsaufwendungen nach Auffassung des BFH (Urteil vom 18.5.2006, III R 26/05, BStBl II 2007, 108) innerhalb der Höchstbeträge des § 33a Abs. 1 EStG steuerrechtlich nur begrenzt durch die Berücksichtigung von eigenem Vermögen und die Anrechnung von eigenen Einkünften und Bezügen (s.a. OFD Münster, Kurzinformation ESt Nr. 2/2007 vom 18.2.2011, DStR 2011, 524).
Unterhaltsaufwendungen sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen steuerlich abziehbar, wenn die unterhaltene Person gegenüber dem Stpfl. gesetzlich unterhaltsberechtigt ist. Gesetzlich unterhaltsberechtigt sind die Personen, denen gegenüber der Stpfl. nach dem Zivilrecht unterhaltsverpflichtet ist. Dies sind u.a. Verwandte in gerader Linie (Kinder, Enkel, Eltern). Allerdings setzt die Unterhaltsberechtigung insoweit zivilrechtlich die Unterhaltsbedürftigkeit der unterhaltenen Person voraus (§ 1602 BGB). Nach der bisherigen Rspr. des BFH konnte im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise die Bedürftigkeit der unterstützten Person dem Grunde nach unterstellt werden (sog. abstrakte Betrachtungsweise). Diese Rspr. hat der BFH im Urteil VI R 29/09 (BStBl II 2011, 116) aufgegeben und entschieden, dass die Bedürftigkeit der unterhaltenen Person jeweils konkret zu bestimmen ist und nicht unterstellt werden kann. Bei der danach erforderlichen konkreten Betrachtungsweise sei auch zu berücksichtigen, dass für volljährige Kinder eine generelle Erwerbsobliegenheit bestehe. Mögliche Einkünfte aus einer unterlassenen Erwerbstätigkeit könnten deshalb der Bedürftigkeit entgegenstehen, falls eine Erwerbstätigkeit zumutbar sei. Im Streitfall ging es um den Abzug von Unterhaltsaufwendungen an in der Türkei lebende erwachsene Kinder des Stpfl.
Ebenfalls mit Urteil vom 5.5.2010 (VI R 5/09, BStBl II 2011, 115) hat der BFH entschieden, dass bei als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Unterhaltszahlungen an die im Ausland lebende Ehefrau weder die Bedürftigkeit noch die Erwerbsobliegenheit der Ehefrau zu prüfen sei. Anders als der Verwandtenunterhalt werde der Ehegattenunterhalt zivilrechtlich auch jenseits der Bedürftigkeit geschuldet. Der haushaltsführende Ehegatte sei nicht verpflichtet, zunächst seine Arbeitskraft zu verwerten. In diesem Fall unterstützte der Stpfl. seine nicht berufstätige Ehefrau, die mit den in Ausbildung befindlichen Kindern in Bosnien-Herzegowina lebte (Pressemitteilung des BFH Nr. 76/10 vom 1.9.2010, LEXinform 0435644).
Die Voraussetzungen der Ehegattenveranlagung nach den §§ 26, 26a und 26b EStG haben gegenüber § 33a Abs. 1 EStG Vorrang; vgl. BFH Beschluss vom 23.5.2012, III B 129/11.
In seinem Urteil VI R 29/09 (BStBl II 2011, 116) hat der BFH allerdings nicht nur die Rspr. zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Verwandte/Ehegatten modifiziert, sondern der BFH hat sich ganz deutlich in Rz. 9 seines Urteils VI R 29/09 (BStBl II 2011, 116) von der bisherigen Rspr. seines Urteils vom 18.5.2006 (III R 26/05, BStBl II 2007, 108) distanziert. Der BFH betont, dass es bisher nach der sog. abstrakten Betrachtungsweise auf das Bestehen einer konkreten Unterhaltsberechtigung nicht ankam. Hieran hält der erkennende VI. Senat nicht mehr fest. M.E sind durch die Rspr.-Änderung mit Verweis auf das Urteil vom 18.5.2006 (III R 26/05, BStBl II 2007, 108) nicht nur Auslandssachverhalte, sondern auch Unterhaltszahlungen an unbeschränkt stpfl. Empfänger betroffen (s.a. Kracht, SteuerConsultant 11/2010, 19 sowie BFH vom 28.3.2012, VI R 31/11, BStBl II 2012, 769).
Der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung der Verwandten in gerader Linie gem. § 1601 BGB ist die gesetzliche Unterhaltsberechtigung i.S.d. § 1602 BGB gegenüberzustellen. Gem. § 1602 Abs. 1 BGB ist unterhaltsberechtigt nur, wer außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten. Nach § 1602 Abs. 1 BGB setzt die Unterhaltsberechtigung somit die Bedürftigkeit der unterhaltenen Person voraus (sog. konkrete Betrachtungsweise). Dabei sind die Ursachen der Bedürftigkeit grundsätzlich unerheblich. Die Bedürftigkeit volljähriger Kinder ist beispielsweise gegeben, wenn diese weder Vermögen haben noch Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit erzielen. Mögliche Einkünfte aus einer unterlassenen Erwerbstätigkeit stehen der Bedürftigkeit entgegen, falls eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist. Insoweit besteht insbes. für volljährige Kinder eine generelle Erwerbsobliegenheit, es sei denn, dieser kann aufgrund besonderer Umstände wie z.B. Krankheit oder Behinderung oder Arbeitslosigkeit, trotz ordnungsgemäßer Bemühung um eine Beschäftigung, nicht Folge geleistet werden.
Wie der BFH betont, kommt es zwar auf die Höhe der Unterhaltsverpflichtung nicht an, die zivilrechtlichen Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs – Anspruchsgrundlage, Bedürftigkeit, Leistungsfähigkeit (§§ 1601 bis 1603 BGB) – müssen aber vorliegen und auch die Unterhaltskonkurrenzen (z.B. §§ 1606, 1608 BGB) sind zu beachten.
Mit den Schreiben vom 6.4.2022 (BStBl I 2022, 617 bzw. 623) überarbeitet das BMF die Schreiben vom 7.6.2010 (BStBl I 2010, 582) und gibt allgemeine Hinweise zur Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen nach § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung. In beiden Schreiben setzt das BMF insbes. die zu § 33a Abs. 1 EStG ergangene Rspr. des BFH um.
Gesetzlich unterhaltsberechtigt sind Personen, denen gegenüber der Stpfl. nach dem BGB oder dem LPartG unterhaltsverpflichtet ist. Somit müssen die zivilrechtlichen Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs vorliegen und die Unterhaltskonkurrenzen beachtet werden. Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 7.5.2013 (2 BvR 909/06, DStR 2013, 1228, LEXinform 0587342), entschieden, dass die Ungleichbehandlung von Verheirateten und Lebenspartnern in den Vorschriften der §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG zum Ehegattensplitting nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist (s.a. Pressemitteilung des BVerfG Nr. 41/2013 vom 6.6.2013, LEXinform 0439757 sowie Anmerkungen vom 11.6.2013, LEXinform 0652130 und vom 13.6.2013, LEXinform 0943885).
Mit dem Gesetz zur Änderung des EStG in Umsetzung der Entscheidung des BVerfG vom 7.5.2013 vom 15.7.2013 (BGBl I 2013, 2397) sind nach § 2 Abs. 8 EStG die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu Ehegatten und Ehen nach Maßgabe des o.g. Beschlusses des BVerfG auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden (BT-Drs. 17/13870). Die Neuregelung des § 2 Abs. 8 EStG beseitigt die vom BVerfG festgestellte Ungleichbehandlung von Ehegatten und Lebenspartnern in den §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG und stellt als Generalnorm die Gleichbehandlung von Ehegatten und Lebenspartnern für das gesamte EStG sicher (s.a. Merkt, DStR 2013, 2312).
Unterhaltsberechtigt kraft Gesetzes sind insbes.:
Ehegatten/Lebenspartner gem. §§ 1360 BGB/§ 5 LPartG
dauernd getrennt lebende Ehegatten/Lebenspartner gem. § 1361 BGB/§ 12 LPartG
geschiedene Ehegatten/Lebenspartner gem. §§ 1569 BGB/§ 16 LPartG
Auf Aufwendungen des Stpfl. für den üblichen Lebensunterhalt seines nicht dauernd getrennt lebenden, unbeschränkt stpfl. Ehegatten ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH § 33a Abs. 1 EStG nicht anwendbar (z.B. Urteile vom 13.12.1961, VI 245/60 U, BStBl III 1962, 104; vom 19.8.1966, VI 268/65, BStBl III 1967, 21 und vom 30.7.1971, VI R 142/68, BStBl II 1971, 764). Dies ist gerechtfertigt. Denn die allgemeine Vorschrift über den Unterhaltsabzug (§ 33a Abs. 1 EStG) wird bei Unterhaltsleistungen zwischen nicht dauernd getrennt lebenden, unbeschränkt stpfl. Ehegatten durch die Sondervorschriften über die Ehegattenbesteuerung (§§ 25–26b, 32a Abs. 5 EStG) verdrängt (BFH Beschluss vom 28.11.1988, GrS 1/87, BStBl II 1989, 164).
Zwar fehlt eine ausdrückliche gesetzliche Regelung über das Verhältnis zwischen § 33a Abs. 1 EStG und §§ 26–26b, 32a Abs. 5 EStG. Den Vorschriften über die Ehegattenbesteuerung liegt indes die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, nicht dauernd getrennt lebende, beiderseits unbeschränkt stpfl. Ehegatten bildeten eine Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs. Diese Annahme schließt mit ein, dass die Aufwendungen für den Unterhalt des jeweils anderen Ehegatten einen gemeinschaftlichen Lebensbedarf betreffen. Dieser wird im Falle der Zusammenveranlagung der Ehegatten gem. §§ 26, 26b EStG im Rahmen des sog. Splittingverfahrens in typisierender Weise dadurch berücksichtigt, dass der Steuerbetrag, der sich für die Hälfte des gemeinsam zu versteuernden Einkommens der Ehegatten ergibt, verdoppelt wird (§ 32a Abs. 5 EStG). Durch diese Regelung werden zusammenveranlagte Ehegatten einkommensteuerrechtlich im Ergebnis so behandelt, als nähme jeder Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich jeweils zur Hälfte teil.
Wählen nicht dauernd getrennt lebende, beiderseits unbeschränkt stpfl. Ehegatten die Einzelveranlagung, so werden zwar jedem Ehegatten jeweils nur die von ihm erzielten Einkünfte zugerechnet (§ 26a Abs. 1 Satz 1 EStG). Das Prinzip der Verbrauchsgemeinschaft bleibt jedoch insoweit gewahrt, als Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen auf gemeinsamen Antrag je zur Hälfte bei der Veranlagung der Ehegatten abgezogen werden (§ 26a Abs. 2 Satz 2 EStG). Der generelle Ausschluss der allgemeinen Vorschrift des § 33a Abs. 1 EStG auch in den Fällen der Einzelveranlagung erscheint nicht ungerechtfertigt, weil den Ehegatten regelmäßig die Möglichkeit offensteht, die Zusammenveranlagung zu wählen und damit in den Genuss der Vorteile einer Besteuerung nach dem Splittingverfahren zu gelangen. Insgesamt erweisen sich damit die Vorschriften über die Ehegattenbesteuerung (§§ 26–26b, 32a Abs. 5 EStG) als eine Sonderregelung gegenüber der allgemeinen Vorschrift zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen gem. § 33a Abs. 1 EStG.
Liegen indes die Voraussetzungen der §§ 26–26b, 32a Abs. 5 EStG nicht vor, weil nicht beide Ehegatten unbeschränkt stpfl. sind, so gibt es keine Spezialvorschriften, welche die Unterhaltsleistungen zwischen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten regeln und mit diesem Gesetzeszweck geeignet wären, den allgemeinen Unterhaltsabzug des § 33a Abs. 1 EStG auszuschließen (s.a. H 33a.1 [Geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatten] EStH).
Durch das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20.7.2017 (BGBl I 2017, 2787) wird u.a. § 1353 Abs. 1 BGB dahingehend geändert, dass ab 1.10.2017 die Ehe von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen wird (s. BT-Drs. 18/6665).
Nach § 20a LPartG wird eine Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt, wenn zwei Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner gegenseitig persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, miteinander eine Ehe auf Lebenszeit führen zu wollen. Für die Umwandlung gelten die Vorschriften über die Eheschließung und die Eheaufhebung entsprechend. Die Lebenspartnerschaft wird nach der Umwandlung als Ehe fortgeführt. Ein Lebenspartnerschaftsvertrag gilt nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe als Ehevertrag weiter. Die Erklärungen werden wirksam, wenn sie vor dem Standesbeamten abgegeben werden.
Ab Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20.7.2017 (BGBl I 2017, 2787) können Lebenspartnerschaften nicht mehr begründet werden (Art. 3 Abs. 3 des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts). Da mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare der Bedarf entfällt, das Rechtsinstitut der eingetragenen Lebenspartnerschaft weiter für Neueintragungen offen zu halten, wird die Neueintragung nicht mehr möglich sein.
Da ab 1.10.2017 die bisherige Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts mit der Ehe von zwei Personen gleichen Geschlechts gleich behandelt wird und gleichzeitig eine eingetragene Lebenspartnerschaft nicht mehr begründet werden kann, sind die nachfolgenden Erläuterungen zur eingetragenen Lebenspartnerschaft nur noch für vor dem 1.10.2017 begründete Lebenspartnerschaften von Bedeutung. Ab dem 1.10.2017 sind die Regelungen zur Ehegattengemeinschaft anzuwenden (→Einkommensbesteuerung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnerschaften).
Hinweis:
Da ab 1.10.2017 die bisherige Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts mit der Ehe von zwei Personen gleichen Geschlechts gleich behandelt wird und gleichzeitig eine eingetragene Lebenspartnerschaft nicht mehr begründet werden kann, sind die nachfolgenden Erläuterungen zur eingetragenen Lebenspartnerschaft nur noch für vor dem 1.10.2017 begründete Lebenspartnerschaften von Bedeutung. Ab dem 1.10.2017 sind die Regelungen zur Ehegattengemeinschaft anzuwenden. Die Vorschrift des § 2 Abs. 8 EStG ist ab dem 1.10.2017 insofern obsolet, als ab diesem Zeitpunkt keine Lebenspartnerschaften mehr begründet werden dürfen. Für bestehende Lebenspartnerschaften (Altfälle) ist die Vorschrift weiterhin von Bedeutung.
Im Folgenden sind die Aussagen und Erläuterungen zu Ehegatten immer auch auf Lebenspartnerschaften anzuwenden. Aus Vereinfachungsgründen wird in der weiteren Darstellung auf die Ergänzung »Ehegatten/Lebenspartner« verzichtet.
In seinem Urteil vom 5.5.2010 (VI R 5/09, BStBl II 2011, 115) nimmt der BFH zum Ehegattenunterhalt Stellung. Betroffen waren zwar Unterhaltszahlungen ins Ausland, die Rechtsgrundsätze sind m.E. aber auch auf Inlandszahlungen anzuwenden. Die Unterhaltsverpflichtung folgt aus §§ 1360, 1360a BGB. Danach sind die Ehegatten einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, i.d.R. durch die Führung des Haushalts (§ 1360 BGB). Nach dem Leitbild des Gesetzes trägt in einer intakten Ehe jeder Ehegatte entsprechend der vereinbarten Rollenverteilung in seiner jeweiligen Funktion zum Familieneinkommen bei. Die Verpflichtung zum Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB schließt jedoch ein, dass beide Ehegatten für den angemessenen Unterhalt auch ihre eigene Arbeitskraft einsetzen müssen. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn die Ehegatten ihre Lebensgemeinschaft darauf angelegt haben, dass ein Partner sich auf den häuslichen Bereich beschränkt, während der andere Partner die finanzielle Basis für die Lebensgemeinschaft erwirtschaftet. Eine Erwerbsverpflichtung besteht nur in Notfällen, wenn die Arbeitskraft eines Ehegatten zur Deckung des Familienunterhalts nicht ausreicht. Ehegattenunterhalt wird anders als Verwandtenunterhalt gem. § 1601 BGB auch jenseits der Bedürftigkeit geschuldet. Ein Verwandter, nicht aber der haushaltsführende Ehegatte, ist nach § 1602 BGB verpflichtet, zunächst seine Arbeitskraft zu verwerten (sog. Erwerbsobliegenheit).
Die der BFH-Rspr. vom 5.5.2010 zugrunde liegende konkrete Betrachtungsweise macht eine Unterscheidung von Verwandten- und Ehegattenunterhalt erforderlich. Dies gilt sowohl für In- als auch Auslandssachverhalte.
Die Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen an gleichgestellte Personen i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG behandelt das BMF-Schreiben vom 6.4.2022 (BStBl I 2022, 617; H 33a.1 [Gleichgestellte Personen] EStH). Den gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen stehen nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG Personen gleich, bei denen die inländische öffentliche Hand ihre Leistungen (z.B. Arbeitslosengeld II nach dem Dritten Kapitel SGB II, Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel SGB XII, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII) wegen der Unterhaltsleistungen des Stpfl. ganz oder teilweise nicht gewährt oder, wenn ein entsprechender Antrag gestellt würde, ganz oder teilweise nicht gewähren würde.
Auf die Höhe der Kürzung kommt es nicht an; es reicht aus, dass die unterhaltene Person wegen der Unterhaltsleistungen keinen Anspruch auf Sozialleistungen hat (BT-Drs. 14/6877, 26). Dem Abzug der Unterhaltsleistungen steht nicht entgegen, dass der gleichgestellten Person mangels Antragstellung zum Unterhalt bestimmte öffentliche Mittel tatsächlich nicht gekürzt wurden (BFH vom 29.5.2008, III R 23/07, BStBl II 2009, 363, siehe auch BFH vom 9.3.2017, BStBl II 2017, 890; BMF vom 6.4.2022 (BStBl I 2022, 617, Rz. 2 und 5).
Bei Vorliegen einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft zwischen der unterhaltenen Person und dem Stpfl. werden typischerweise Sozialleistungen gekürzt oder nicht gewährt, da bei Prüfung der Hilfsbedürftigkeit der unterhaltenen Person nicht nur deren eigenes Einkommen und Vermögen, sondern auch das Einkommen und Vermögen der mit ihm in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen berücksichtigt wird. Deshalb sind nach dem SGB II in die Prüfung eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld II die Einkünfte und das Vermögen des Partners einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft einzubeziehen (Rz. 4 des BMF-Schreibens vom 6.4.2022 (BStBl I 2022, 617). Bei Personen, die in einer solchen Bedarfsgemeinschaft leben, bestimmt sich die Hilfsbedürftigkeit des Leistungsberechtigten gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II auch nach dem Einkommen und Vermögen des Partners. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft aus »einem Topf« gewirtschaftet wird, die hilfsbedürftige Person mithin von den anderen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zum Lebensunterhalt erhält. Hat ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ein Einkommen, das den zur Deckung des eigenen (sozialrechtlichen) Lebensunterhaltsbedarfs benötigten Umfang übersteigt, wird der Überschuss folglich auf den Bedarf des Leistungsberechtigten angerechnet und mindert dessen Ansprüche nach dem SGB II (BFH Urteile vom 9.3.2017, VI R 16/16, BStBl II 2017, 890, Rz. 14 sowie vom 28.4.2020, VI R 43/17, BStBl II 2021, 209, Rz. 20).
Beachte:
In seinem Urteil vom 28.4.2020 (VI R 43/17, BStBl II 2021, 209, Rz. 26; s.u. den Gliederungspunkt »Unterstützung durch mehrere Personen«) weist der BFH ausdrücklich darauf hin, dass das »Wirtschaften aus einem Topf« bei einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft nur dann unterstellt werden kann, wenn in dieser Bedarfsgemeinschaft nur einer der Partner Einkünfte/Bezüge erwirtschaftet, der andere hingegen mittellos ist. In diesen Fällen unterstellt der BFH die im Tatbestand der Bedarfsgemeinschaft geregelte Vermutung, dass hilfsbedürftige (mittellose) Personen wegen der Kürzung/Versagung von Sozialleistungen am Einkommen und Vermögen des Lebensgefährten teilhaben (s.a. BFH vom 9.3.2017, VI R 16/16, BStBl II 2017, 890, Rz. 17). Im Streitfall hat keine Bedarfsgemeinschaft vorgelegen, da die Tochter schon wegen der Unterhaltsleistungen der Kläger nicht mittellos gewesen ist. Es entspricht vielmehr der Lebenswirklichkeit, dass Lebensgefährten, die jeweils über auskömmliche finanzielle Mittel zur Deckung des eigenen Lebensbedarfs verfügten, auch wenn sie zusammenlebten, einander keine Leistungen zum Lebensunterhalt gewähren, sondern jeder – durch die Übernahme der hälftigen Haushaltskosten – für den eigenen Lebensunterhalt aufkommt.
Entsprechendes gilt in einer kinderlosen Ehe, in der ein Ehepartner allein verdient und ein durchschnittliches Nettoeinkommen erzielt. Auch in einem solchen Fall entspricht es der Lebenserfahrung, dass dem nicht verdienenden Ehepartner ungefähr die Hälfte dieses Nettoeinkommens zufließt, soweit dem verdienenden Ehepartner ein verfügbares Einkommen in Höhe des steuerrechtlichen Existenzminimums verbleibt.
Gegenüber den nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG gleichgestellten Personen besteht grundsätzlich keine Unterhaltspflicht. Der gesetzgeberische Grund der Gleichstellung in § 33a Abs. 1 EStG liegt darin, dass der Unterhalt Leistende sich in einer vergleichbaren – sittlichen, nicht rechtlichen – Zwangslage wie der gesetzlich zum Unterhalt Verpflichtete befindet, wenn der Unterhaltsbedürftige durch Versagung von Sozialleistungen de facto auf das Einkommen seines Lebenspartners verwiesen wird (BFH vom 17.12.2009, VI R 64/08, BStBl II 2010, 343).
Weitere Abzugsvoraussetzungen benennt § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG nicht. Der Wortlaut der Vorschrift ist insoweit eindeutig. Vielmehr nimmt das Gesetz die im Sozialrecht angelegte – im Tatbestand der Bedarfsgemeinschaft geregelte – Vermutung, dass Lebenspartner einander bei Bedürftigkeit unterhalten, auf und stellt Unterhaltsleistungen an Personen, die wegen der Kürzung/Versagung von Sozialleistungen an Einkommen und Vermögen des Lebenspartners teilhaben, in der steuerlichen Rechtsfolge Zuwendungen an gesetzlich Unterhaltsberechtigte gleich. § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG unterstellt für diesen Fall eine der gesetzlichen Unterhaltspflicht gleichzusetzende konkrete Beistandsverpflichtung.
Die Frage, ob sich der gleichgestellte erwerbsfähige Unterhaltsempfänger einer zumutbaren Erwerbstätigkeit verweigert und deshalb eine Kürzung von Sozialleistungen zu vergegenwärtigen hat, stellt sich folglich im Rahmen von § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG nicht. Denn auch in einem solchen Fall verweist ihn der Tatbestand der Bedarfsgemeinschaft auf Einkommen und Vermögen seines Lebenspartners. Eine Anrechnung fiktiver Einkünfte kommt im Rahmen der sozialrechtlich angelegten Zwangsläufigkeit ebenfalls nicht in Betracht (BFH vom 9.3.2017, VI R 16/16, BStBl II 2017, 890, Rz. 17 und 18).
Als Personen, die gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen gleichstehen, kommen insbes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft oder in Haushaltsgemeinschaft mit dem Stpfl. lebende Verwandte und Verschwägerte in Betracht (BFH vom 23.10.2002, BStBl II 2003, 187). Seit dem 1.8.2006 können dies auch Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft (lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft) sein (§ 7 Abs. 3 Nr. 3c i.V.m. Abs. 3a SGB II und § 20 SGB XII). Ob eine Gemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist ausschließlich nach sozialrechtlichen Kriterien zu beurteilen (sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft; BMF vom 6.4.2022 (BStBl I 2022, 617, Rz. 3).
Da die Vorschriften der § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c i.V.m. Abs. 3a, § 9 Abs. 2 SGB II und des § 20 Satz 1 SGB XII die Partner von eheähnlichen Gemeinschaften faktisch wie Ehegatten behandeln, bestehen keine Bedenken, wenn in diesen Fällen grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass bei der unterstützten Person die Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG vorliegen, auch wenn sie keinen Antrag auf Arbeitslosengeld II nach dem Dritten Kapitel SGB II oder Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel SGB XII oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII gestellt hat (bestätigt durch BFH vom 9.3.2017, BStBl II 2017, 890); vgl. hierzu BMF vom 6.4.2022 (BStBl I 2022, 617, Rz. 6).
Liegt ein Kürzungs- oder Ablehnungsbescheid nicht vor, setzt die steuermindernde Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen voraus, dass die unterstützte Person schriftlich versichert,
dass sie für den jeweiligen VZ keine zum Unterhalt bestimmten Mittel aus inländischen öffentlichen Kassen erhalten und auch keinen entsprechenden Antrag gestellt hat,
dass im jeweiligen VZ eine eheähnliche Gemeinschaft (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c i.V.m. Abs. 3a, § 9 Abs. 2 SGB II und des § 20 Satz 1 SGB XII) mit dem Stpfl. bestand und darüber hinaus darlegt; vgl. hierzu BMF vom 6.4.2022 (BStBl I 2022, 617, Rz. 6).
Nach dem BFH-Urteil vom 29.5.2008 (III R 23/07, BStBl II 2009, 363) sind Unterhaltsleistungen eines Stpfl. an seine mit ihm in einer Haushaltsgemeinschaft lebende, mittellose Lebenspartnerin (sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft) ohne Berücksichtigung der Opfergrenze als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG abziehbar (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 24 und BFH vom 17.12.2009, VI R 64/08, BStBl II 2010, 343, Rz. 9).
Unterhaltsleistungen des Stpfl. für seinen bedürftigen ausländischen Lebenspartner können nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein, wenn der Partner bei Inanspruchnahme von Sozialhilfe damit rechnen müsste, keine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten und ausgewiesen zu werden (Aufgabe der bisherigen, engeren Rechtsauffassung durch BFH Urteil vom 20.4.2006, III R 23/05, BStBl II 2007, 41 sowie Rz. 4 des BMF-Schreibens vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617).
Zur Ermittlung der abziehbaren Unterhaltsaufwendungen bei einer Haushaltsgemeinschaft s. Rz. 12 des BMF-Schreibens vom 7.6.2010 (BStBl I 2010, 582) sowie unten den Gliederungspunkt »Unterhaltsaufwendungen bei einer Haushaltsgemeinschaft«. Zum Vorliegen einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft und zur Ermittlung des Unterhaltshöchstbetrages nach dem BFH-Urteil vom 28.4.2020 (VI R 43/17, BStBl II 2021, 209) s. den Gliederungspunkt »Unterstützung durch mehrere Personen«.
Unterhaltsleistungen an die Lebensgefährtin sind nicht nach § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn diese nicht wegen der Unterhaltsleistungen, sondern wegen des Bezugs von BAföG keinen Anspruch auf Sozialleistungen hat. Da der Empfänger im Streitfall wegen etwaiger Unterhaltsleistungen des Klägers weder einen Anspruch auf Sozialleistungen verloren hat noch ein solcher deshalb gekürzt wurde, befand sich der Kläger folglich nicht in einer vergleichbaren Zwangslage wie der gesetzlich zum Unterhalt Verpflichtete; vgl. BFH vom 31.3.2021, VI R 2/19.
Aufwendungen für den Unterhalt von Personen, die eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis nach § 23 AufenthG haben, können – unabhängig von einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung – nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG berücksichtigt werden. Voraussetzung ist, dass der Stpfl. eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abgegeben hat und sämtliche Kosten zur Bestreitung des Unterhalts übernimmt. Die Gewährung von Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) ist unschädlich. Werden Kosten durch einen Dritten (z.B. Verein) ersetzt, ist dies mindernd zu berücksichtigen (BMF vom 27.5.2015, BStBl I 2015, 474).
Nach § 23 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abgegeben wird.
Haftung für den Lebensunterhalt nach § 68 AufenthG:
Wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, hat sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Aufwendungen, die auf einer Beitragsleistung beruhen, sind nicht zu erstatten.
Ist die unterhaltene Person in den Haushalt des Stpfl. aufgenommen, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass hierfür Unterhaltsaufwendungen i.H.d. maßgeblichen Höchstbetrags erwachsen.
Bei einer Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis nach § 23 AufenthG ordnet die oberste Landesbehörde bzw. das Bundesministerium des Innern aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland an, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis erteilt wird. Durch die behördliche Anordnung wird in besondere Weise zum Ausdruck gebracht, dass sich die Betroffenen in einer außerordentlichen Notlage befinden.
Wird der Stpfl. zwar aufgrund einer abgegebenen Verpflichtungserklärung seitens einer Behörde, die ihrerseits Leistungen erbracht hat, in Anspruch genommen, liegt jedoch keine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis nach § 23 AufenthG, sondern nach anderen Vorschriften dieses Gesetzes vor, gelten hinsichtlich der Anwendung des § 33a Abs. 1 EStG die allgemeinen Grundsätze (FinBeh Hamburg vom 6.7.2016, S 2285 – 2014/004 – 52, SIS 18 10 31). So hat das FG Köln mit Urteil vom 9.4.2019 (15 K 2965/16, EFG 2020, 1133, LEXinform 5023029, Revision eingelegt, Az. BFH: VI R 40/19, LEXinform 0952647) entschieden, dass Unterhaltsleistungen auf der Grundlage einer gem. § 68 des AufenthG übernommenen Verpflichtung an eine in Deutschland (lediglich) geduldete (= Aussetzung der Abschiebung) Schwester, ihren Schwager und die Nichte aus sittlichen Gründen zwangsläufig und als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, wenn sich das Land, in das die Unterstützten andernfalls abgeschoben würde, im Kriegszustand befindet (hier in die Ukraine). Allerdings sind die Aufwendungen lediglich nach § 33 EStG zu berücksichtigen, da die Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG nicht erfüllt sind. Es liegt keine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis nach § 23 AufenthG vor (BMF vom 27.5.2015, BStBl I 2015, 474), noch handelt es sich bei den unterstützten Personen (Schwester/Schwager) um unterhaltsberechtigte Personen nach den inländischen Vorschriften des Zivilrechts (§§ 1589, 1601 BGB). Das Verfahren ist durch Urteil vom 2.12.2021 (VI R 40/19, BStBl II 2023, 229) erledigt: Unterhaltsleistungen an in Deutschland (lediglich) geduldete (= Aussetzung der Abschiebung) nicht unterhaltsberechtigte Angehörige sind weder nach § 33a EStG noch nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn sich der Stpfl. gem. § 68 AufenthG gegenüber der Ausländerbehörde/Auslandsvertretung verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt seiner Angehörigen zu tragen.
Beispiel 1:
Die seit Jahren in Deutschland lebende, aus Syrien stammende Stpfl. Tara hat ihre Tante aus Syrien nach Deutschland geholt und in ihren Haushalt aufgenommen. Sie hat eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abgegeben und übernimmt sämtliche Kosten.
Lösung 1:
Obwohl kein Verwandtschaftsverhältnis in gerader Linie vorliegt, kann T die Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG geltend machen. Da die unterhaltene Person in den Haushalt aufgenommen wurde, kann davon ausgegangen werden, dass hierfür Unterhaltsaufwendungen in Höhe des maßgeblichen Höchstbetrages erwachsen.
Nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG sind nur Unterhaltsaufwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Unterstützt der Stpfl. Angehörige, die nicht mit ihm zusammen in einem Haushalt leben und denen gegenüber er zivilrechtlich nicht zum Unterhalt verpflichtet ist, kann er die Unterhaltszahlungen auch dann nicht nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG als außergewöhnliche Belastung abziehen, wenn der Anspruch der Angehörigen auf Sozialhilfe wegen dieser Unterhaltsleistungen gem. § 2 BSHG entfällt oder gemindert wird (BFH vom 23.10.2002, III R 57/99, BStBl II 2003, 187).
Gehört die unterhaltsberechtigte Person zum Haushalt (→ Haushaltszugehörigkeit) des Stpfl., so konnte bisher regelmäßig davon ausgegangen werden, dass ihm dafür Unterhaltsaufwendungen i.H.d. maßgeblichen Höchstbetrages erwachsen sind (R 33a.1 Abs. 1 Satz 5 EStR). Diese Haushaltszugehörigkeit wird durch eine auswärtige Ausbildung oder durch ein auswärtiges Studium (z.B. durch die Unterbringung des studierenden Kindes am Studienort) i.d.R. nicht aufgehoben (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 1). Nach dem BFH-Urteil vom 18.5.2006 (III R 26/05, BStBl II 2007, 108) ist die Bedürftigkeit des dem Grunde nach gesetzlich Unterhaltsberechtigten bei Inlandssachverhalten und bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG typisierend zu unterstellen (abstrakte Betrachtungsweise).
In seinem Urteil vom 15.4.2015 (VI R 5/14, BStBl II 2016, 148, Rz. 16) macht der BFH erneut deutlich, dass nach dem Urteil vom 5.5.2010 (VI R 29/09, BStBl II 2011, 116) die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG an die zivilrechtlichen Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs, nämlich
Anspruchsgrundlage,
Bedürftigkeit und
Leistungsfähigkeit
anknüpft. Die Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers i.S.d. § 1602 BGB ist daher Voraussetzung für die Annahme einer Unterhaltsberechtigung i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG. Sie kann nicht im Wege einer typisierenden Betrachtungsweise unterstellt werden, sondern ist konkret festzustellen (BFH vom 27.7.2011, VI R 62/10, BFH/NV 2012, 170). Bedürftig ist gem. § 1602 BGB nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Bei volljährigen Personen ist dies nur dann der Fall, wenn diese weder Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit erzielen noch Vermögen haben. Mögliche Einkünfte aus einer unterlassenen Erwerbstätigkeit stehen der Bedürftigkeit entgegen, falls eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist.
In Rz. 21 seines Urteils vom 15.4.2015 (VI R 5/14, BStBl II 2016, 148) gelangt der BFH zu der Schlussfolgerung, dass die Grundsätze der Unterhaltsverpflichtung und zur Erwerbsobliegenheit auch für Unterhaltszahlungen an nicht in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt stpfl. Personen gelten. Die Beschränkung der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen auf die Fälle, in denen Unterhaltspflichten erfüllt werden, die »inländischen Maßstäben« entsprechen, ist insbes. aus Gründen der Praktikabilität und Missbrauchsabwehr gerechtfertigt
Für Angehörige, die im Ausland leben, gilt die abstrakte Betrachtungsweise nicht (BFH Urteile vom 5.5.2010, VI R 5/09, BStBl II 2011, 115 und VI R 29/09, BStBl II 2011, 116). Hier gilt die Erwerbsobliegenheit uneingeschränkt (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 10 und 11).
Nach § 90 Abs. 2 AO müssen sich die Stpfl. bei Auslandssachverhalten in besonderem Maße um Aufklärung und Beschaffung geeigneter, in besonderen Fällen auch zusätzlicher Beweismittel bemühen; vgl. BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 3.
Nach § 33a Abs. 1 Satz 1 und 6 Halbsatz 2 EStG sind Aufwendungen für den Unterhalt an Personen im Ausland nur abziehbar, wenn diese Personen gegenüber dem Stpfl. oder seinem Ehegatten bzw. Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach inländischem Recht gesetzlich unterhaltsberechtigt sind. Die Voraussetzungen für eine Ehegattenveranlagung nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG müssen nicht vorliegen (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 1). Zu den Unterhaltsempfängern können auch nicht unbeschränkt stpfl. Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG gehören.
Nach Rz. 10 des BMF-Schreibens vom 6.4.2022 (BStBl I 2022, 623) ist bei im Ausland lebenden Personen im erwerbsfähigen Alter davon auszugehen, dass sie ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit verdienen. Die unterhaltsberechtigte Person hat ihre Arbeitskraft als die ihr zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zur Verfügung stehende Quelle in ausreichendem Maße auszuschöpfen (sog. Erwerbsobliegenheit). Für Personen im erwerbsfähigen Alter sind daher – mangels Zwangsläufigkeit – grundsätzlich keine Unterhaltsaufwendungen anzuerkennen. Die Erwerbsobliegenheit ist bei allen unterhaltsberechtigten Personen, die nicht unbeschränkt einkommen stpfl. sind, zu prüfen (z.B. auch bei dem im Ausland lebenden Ehegatten). Die in R 33a.1 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 EStR aufgeführte Vereinfachungsregelung gilt in diesen Fällen nicht.
Mit Urteil vom 17.9.2015 (4 K 2254/14, LEXinform 5018359) hat das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass ein Kellner Unterhaltszahlungen an seine im Kosovo lebenden volljährigen erwerbsfähigen Kinder nicht als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33a EStG steuermindernd geltend machen kann, wenn er nicht nachweist, dass sich seine Kinder bemüht haben, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden (s.a. Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz vom 19.10.2015, LEXinform 0443709). Trotz hoher Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung bedarf es des Nachweises, dass sich der Unterhaltsempfänger tatsächlich nachhaltig um eine angemessene entlohnte Tätigkeit bemüht hat.
Nach Rz. 11 des BMF-Schreibens vom 6.4.2022 (BStBl I 2022, 623) darf der Einsatz der eigenen Arbeitskraft nicht gefordert werden, wenn die unterhaltsberechtigte Person »aus gewichtigen Gründen« keiner oder nur in geringem Umfang einer Beschäftigung gegen Entgelt nachgehen kann. Als Gründe kommen beispielsweise in Betracht:
Alter (ab vollendetem 65. Lebensjahr),
Behinderung,
schlechter Gesundheitszustand,
die Erziehung oder Betreuung von Kindern unter sechs Jahren,
die Pflege behinderter Angehöriger (beachte hierzu BFH vom 15.4.2015, BStBl II 2016, 148: Dabei ist das jederzeitige Bereitstehen für einen eventuellen Pflegeeinsatz bei Angehörigen mit Behinderungen (»Pflege auf Abruf«) kein Umstand, der die generelle Erwerbsobliegenheit volljähriger, sich im erwerbsfähigen Alter befindender Personen entfallen lässt),
ein ernsthaft und nachhaltig betriebenes Studium oder
eine Berufsausbildung.
Eine von den zuständigen Heimatbehörden bestätigte Arbeitslosigkeit der unterhaltenen Person stellt grundsätzlich keinen gewichtigen Grund dar.
Die Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers i.S.d. § 1602 BGB ist Voraussetzung für die Annahme einer Unterhaltsberechtigung i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG. Sie kann nicht im Wege einer typisierenden Betrachtungsweise unterstellt werden, sondern ist konkret festzustellen. Im Rahmen der Prüfung, ob ein Unterhaltsempfänger im Ausland hinreichend seiner Erwerbsobliegenheit nachgekommen ist, hat der Stpfl. aufgrund seiner erhöhten Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 AO Beweismittel vorzulegen, die einen objektivierten Nachweis der Erwerbsbemühungen ermöglichen. Kann dies nicht durch eine entsprechende Bescheinigung der für den jeweiligen Arbeitsmarkt zuständigen ausländischen Behörde geschehen, sind entsprechende Bewerbungsunterlagen vorzulegen; vgl. BFH vom 27.7.2011, VI R 62/10.
Es stellt sich die Frage, ob eine nachgewiesene Arbeitslosigkeit der unterstützten Person als »gewichtiger Grund« anerkannt werden kann. Im Hinblick auf die Schwierigkeiten, die allein die amtlichen Bescheinigungen der Personenangaben im Ausland verursachen, scheint ein zweifelsfreier Nachweis von Arbeitslosigkeit im Ausland nur in wenigen Ausnahmefällen möglich zu sein. Vielmehr ist zu befürchten, dass derartige Bescheinigungen, wenn sie überhaupt erteilt werden, aus Gefälligkeit oder von unzuständigen Personen ausgestellt werden. Auch schließt eine gemeldete Arbeitslosigkeit bei fehlender Kontrolle von Schwarzarbeit nicht aus, dass die betreffenden Personen dennoch ihre Arbeitskraft einsetzen.
Dem Einsatz der eigenen Arbeitskraft können allerdings gewichtige Gründe entgegenstehen (BFH vom 13.3.1987, III R 206/82, BStBl II 1987, 599). Solche Gründe sind etwa das Erreichen der nach deutschem Sozialrecht maßgebenden Regelaltersgrenze und die Pflege behinderter Angehöriger, wenn es sich nicht nur um eine »Pflege auf Abruf« handelt (BFH vom 15.4.2015, VI R 5/14, BStBl II 2016, 148).
Bei Personen unter 65 Jahren, die bereits eine Rente beziehen, kann auf den Einsatz der eigenen Arbeitskraft nur dann verzichtet werden, wenn die Rente aufgrund eines schlechten Gesundheitszustandes oder einer Behinderung gezahlt wird. An den Nachweis einer Behinderung und eines schlechten Gesundheitszustandes sind im Regelfall strenge Anforderungen zu stellen. Der Nachweis ist durch eine Bescheinigung des behandelnden Arztes zu führen, die mindestens Ausführungen zur Art der Krankheit, zum Krankheitsbild und den dadurch bedingten dauernden Beeinträchtigungen bzw. dem Grad der Behinderung der unterstützten Person enthalten muss. Außerdem ist anzugeben, in welchem Umfang die unterstützte Person noch in der Lage ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Den Unterlagen ist eine deutsche Übersetzung beizufügen. Die Vorlage der Bescheinigung eines Arztes schließt nicht aus, dass das FA nach den Umständen des Einzelfalles weitere Auskünfte oder Nachweise verlangen kann (BMF vom 6.4.2022 (BStBl I 2022, 623, Rz. 11).
Zur Erwerbsobliegenheit bei im Ausland ansässigen Angehörigen i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG hat der BFH mit Urteil vom 15.4.2015 (VI R 5/14, BStBl II 2016, 148) entschieden, dass das jederzeitige Bereitstehen für einen eventuellen Pflegeeinsatz bei behinderten Angehörigen (Pflege auf Abruf) kein besonderer Umstand ist, der die generelle Erwerbsobliegenheit volljähriger Personen entfallen lässt. Der Stpfl. hat grundsätzlich nachzuweisen, dass sich die unterhaltene Person um eine Beschäftigung bemüht hat. Fehlt es hieran, kommt eine Schätzung der (fiktiven) Einkünfte in Betracht (s.a. Anmerkung vom 16.10.2015, LEXinform 0880093 und vom 13.10.2015, LEXinform 0947244; s.a. FinBeh Hamburg vom 29.10.2015, S 2285 – 2015/5002 – 52, ohne Fundstelle).
Beispiel 2:
Die geschiedene und allein in Russland lebende 60-jährige Mutter M der Stpfl. R bezieht seit Vollendung ihres 55. Lebensjahres eine Altersrente und erhält zudem staatliche Sozialleistungen. Insgesamt steht M im Unterstützungsjahr ein Betrag von umgerechnet 2 173 € zur Verfügung. Vermögen hat M nicht. Das Nettoeinkommen der R beträgt im Jahr 19 000 €.
R unterstützt ihre Mutter M im Kj. mit einem Betrag von insgesamt umgerechnet 2 497 €.
Die Mutter M wiederum unterstützt im Kj. ihre eigene 82-jährige, verwitwete Mutter, die Großmutter der R. Diese lebt allein in der Ukraine und benötigt seit einem vor Jahren erlittenen Schlaganfall eine lebenslange Pflege, die an drei Werktagen pro Woche von einem ambulanten Pflegedienst sichergestellt wird und an den übrigen Tagen und den Wochenenden auf freiwilliger Basis von den Nachbarn der Großmutter übernommen wird. Dabei kommt es immer wieder zu plötzlichen und unerwarteten Engpässen. In solchen Fällen reist die Mutter M der R jeweils kurzfristig in die zwei Flugstunden entfernte Ukraine, um die Pflege der Großmutter zu übernehmen. Die Aufenthaltsdauer für ausländische Bürger ist nach den Einreisebestimmungen der Ukraine auf maximal 90 Tage pro Halbjahr begrenzt.
Lösung 2:
Sachverhalt und Lösung entsprechen dem BFH-Urteil vom 15.4.2015 (VI R 5/14, BStBl II 2016, 148).
Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 5.5.2010, VI R 29/09, BStBl II 2011, 116) knüpft die gesetzliche Unterhaltsberechtigung i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG an die zivilrechtlichen Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs an und beachtet auch die Unterhaltskonkurrenzen (§§ 1606, 1608 BGB). Die Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers i.S.d. § 1602 BGB ist daher Voraussetzung für die Annahme einer Unterhaltsberechtigung i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG. Sie kann nicht im Wege einer typisierenden Betrachtungsweise unterstellt werden, sondern ist konkret festzustellen (BFH vom 27.7.2011, VI R 62/10, BFH/NV 2012, 170). Bedürftig ist gem. § 1602 BGB nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Bei volljährigen Personen ist dies nur dann der Fall, wenn diese weder Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit erzielen noch Vermögen haben. Mögliche Einkünfte aus einer unterlassenen Erwerbstätigkeit stehen der Bedürftigkeit entgegen, falls eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist.
Für die Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit ist grundsätzlich die Zeit aufzubieten, die ein Erwerbstätiger für seinen Beruf aufwendet. Bei lang anhaltender Arbeitslosigkeit ist auch ein Orts- bzw. Berufswechsel zumutbar.
Diese Grundsätze gelten auch für Unterhaltszahlungen an nicht in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt stpfl. Personen, da nach § 33a Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 2 EStG für die Frage der gesetzlichen Unterhaltspflicht inländische Maßstäbe heranzuziehen sind. Die Beschränkung der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen auf die Fälle, in denen Unterhaltspflichten erfüllt werden, die »inländischen Maßstäben« entsprechen, ist insbes. aus Gründen der Praktikabilität und Missbrauchsabwehr gerechtfertigt.
Die Notwendigkeit eines »Einspringens« bei der Pflege eines behinderten Angehörigen ist nicht mit den vom BFH bereits anerkannten Ausnahmen von der generellen Erwerbsobliegenheit (Krankheit, Behinderung oder Arbeitslosigkeit trotz ordnungsgemäßer Bemühungen vergleichbar. Im Gegensatz zu einer Krankheit, Behinderung oder Arbeitslosigkeit trotz ordnungsgemäßer Bemühungen ist die »Pflege auf Abruf« ein Umstand, der nicht unmittelbar in der unterhaltenen Person begründet ist, sondern die Situation eines Dritten oder Drittinteressen betrifft. Zudem gelten bezüglich der Erwerbsobliegenheit beim Verwandtenunterhalt grundsätzlich strenge Anforderungen. Das Maß der Erwerbsobliegenheit entspricht demjenigen des zum Barunterhalt verpflichteten Elternteils gegenüber einem minderjährigen Kind, sog. gesteigerte Unterhaltsobliegenheit Aufgrund dieser Wertung kann nur in Ausnahmefällen von einem Entfallen der Erwerbsobliegenheit ausgegangen werden. Insbes. können nur tatsächliche Verhinderungsgründe einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen, nicht dagegen Umstände, die nur möglicherweise eintreten werden, wie ein eventueller Pflegeeinsatz. Eine »Vorwirkung« einer in der Zukunft unter Umständen eintretenden Pflegesituation ist deshalb nicht zu berücksichtigen.
Allerdings kann Arbeitslosigkeit eine Bedürftigkeit begründen, wenn eine Beschäftigung trotz ordnungsgemäßer Bemühungen nicht gefunden werden kann. Die Annahme einer fehlenden Beschäftigungschance setzt jedoch die substantiierte Darlegung voraus, dass und wie sich die unterhaltene Person um eine Beschäftigung bemüht hat.
Bei der Ermittlung der zulässigen Einkünfte und Bezüge der unterhaltsberechtigten Person ist zu prüfen, ob und inwieweit die unterstützte Person bei ordnungsgemäßer Erfüllung ihrer Erwerbsobliegenheit hätte Einkünfte erzielen können. Diese (fiktiven) Einkünfte sind dann bei der Bedürftigkeitsprüfung im Rahmen des § 33a EStG anzusetzen.
Unterhaltszahlungen an die in Süditalien in einer Sozialwohnung lebenden 58 und 56 Jahre alten Eltern. Zum Abzug von Unterhaltszahlungen an in Italien lebende Angehörige als außergewöhnliche Belastung entschied das FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 21.7.2015, 8 K 3609/13 wie folgt: Unterhaltszahlungen sind als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wenn die Eltern trotz u.a. durch amtliche Bestätigungen des italienischen Arbeitsamts glaubhaft gemachter, ernsthafter und nachhaltiger Bemühungen keinen Arbeitsplatz (Vater) bzw. nur eine Teilzeitstelle (12 Stunden als Putzfrau) finden können und ohne die Unterhaltszahlungen des Sohnes nur über einen Sozialhilfebetrag von 150 € sowie einen Jahresverdienst aus der Teilzeitstelle der Mutter von knapp 2 000 € verfügen. Zwar kann der Abzug von Unterhaltsaufwendungen an im Ausland lebende Eltern als außergewöhnliche Belastung entfallen, wenn deren Unterhaltsbedürftigkeit nicht glaubhaft ist, weil die angegebenen Unterhaltszahlungen nicht ausreichen, um den gesamten Lebensbedarf der Eltern zu decken, sodass diese noch über andere, verschwiegene Einnahmen verfügen müssen. Damit kann auch die Glaubwürdigkeit von Unterhaltsbescheinigungen entfallen (vgl. BFH v. 11.11.2010, VI R 16/09). Hiervon ist aber nicht auszugehen, wenn der Sohn die Eltern mit über 6 000 € im Jahr unterstützt hat und die Eltern davon zusammen mit ihren eigenen Einnahmen bei einem sparsamen Verhalten leben konnten.
Lebt die unterstützte Person im EU-/EWR-Raum, hatte bisher aus europarechtlichen Gründen die Beurteilung nach den gleichen Grundsätzen wie bei Inlandssachverhalten zu erfolgen; d.h., die Erwerbsobliegenheit war bis einschließlich VZ 2009 in diesen Fällen nicht zu prüfen. Bei Unterhaltsleistungen an begünstigte Personen in den EU-/EWR-Gebieten war deshalb, wie bei Inlandssachverhalten, die sog. Bedürftigkeit typisierend zu unterstellen. Ab dem VZ 2010 ist aber auch in diesen Fällen die Erwerbsobliegenheit zu beachten (BMF vom 7.6.2010, BStBl I 2010, 588, Rz. 35). S.a. OFD Münster vom 18.2.2011 (Kurzinfo ESt 2/2007, DStR 2011, 524).
Information:
Die 27 Mitgliedstaaten der EU sind:
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern (s. Abschn. 1.10. Abs. 1 UStAE).
Am 31.1.2020 ist das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union ausgetreten. Die Übergangszeit endet mit Ablauf des 31.12.2020.
Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR):
Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR) umfasst die Mitgliedsstaaten der EU, ferner Island, Liechtenstein und Norwegen (H 1a [Europäischer Wirtschaftsraum] EStH).
Beispiel 3:
Der Stpfl. S erzielt im Kj. 15 ein Nettoeinkommen von 32 833 €. Zwischen Mitte Januar und Mitte Oktober 15 zahlt S in Teilbeträgen insgesamt 17 400 € bei einer Bank in Deutschland ein, die die Beträge an ihre Muttergesellschaft in der Türkei überweist. Die Beträge werden dann vor Ort jeweils an einen der beiden Söhne des S ausgezahlt. Neben den beiden Söhnen lebt auch noch die Tochter des S in derselben Ortschaft in der Türkei. Alle drei Kinder sind verheiratet und haben insgesamt drei minderjährige Kinder. Die drei Familien bewirtschaften Land, das dem S gehört, und wohnen in Häusern, die ebenfalls dem S gehören. Alle erwachsenen Kinder des S haben keine Berufsausbildung. Für sie liegen von den türkischen Behörden erstellte Unterhaltsbescheinigungen sowie Meldungen darüber vor, dass sie arbeitslos und arbeitssuchend sind.
Lösung 3:
Der Sachverhalt und die Lösung ergeben sich aus dem BFH-Urteil vom 5.5.2010 (VI R 29/09, BStBl II 2011, 116).
Bei Unterhaltszahlungen an Empfänger im Ausland bestimmt § 33a Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 2 EStG, dass nach inländischen Maßstäben zu beurteilen ist, ob der Stpfl. zum Unterhalt gesetzlich verpflichtet ist. Die von § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG verlangte gesetzliche Unterhaltsberechtigung setzt u.a. voraus, dass der potenziell Unterhaltsberechtigte außerstande ist, sich zu unterhalten, mithin bedürftig ist (§ 1602 BGB). Die von § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG vorausgesetzte gesetzliche Unterhaltsberechtigung richtet sich nach dem Zivilrecht. Gesetzlich unterhaltsberechtigt sind damit diejenigen Personen, denen gegenüber der Stpfl. nach dem BGB unterhaltsverpflichtet ist. Dies sind nach § 1601 BGB Verwandte in gerader Linie i.S.d. § 1589 Satz 1 BGB, wie z.B. Kinder, Enkel, Eltern und Großeltern, nicht hingegen Verwandte in der Seitenlinie; gesetzlich unterhaltsberechtigt sind ferner nach §§ 1360 ff., 1570 BGB Ehegatten untereinander.
Fraglich ist, ob die von S unterstützten Kinder und Enkelkinder tatsächlich bedürftig sind. Die Familien der Kinder des S bewirtschaften dessen Land. Nach der Rspr. des BFH gilt für den Fall, dass der unterstützte Angehörige einen landwirtschaftlichen Betrieb in einem nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates üblichen Umfang und Rahmen betreibt, die widerlegbare Vermutung, dass die landwirtschaftlich tätigen Angehörigen nicht unterhaltsbedürftig sind (BFH vom 13.3.1987, III R 206/82, BStBl II 1987, 599). Dabei kann grundsätzlich auch davon ausgegangen werden, dass die Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Betrieb dazu führen, dass die Familien der drei Kinder – also auch die Enkelkinder – nicht unterhaltsbedürftig sind. Ist der Umfang der Erwerbstätigkeit allerdings zu gering, um den Lebensunterhalt der Familienangehörigen abzudecken, ist die Vermutung widerlegt und die Bedürftigkeit der Unterhaltsempfänger im Einzelfall festzustellen (s.a. BFH vom 5.5.2010, VI R 40/09, BStBl II 2011, 164).
Wird der landwirtschaftliche Betrieb nicht in einem nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates üblichen Umfang und Rahmen betrieben, oder decken die Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht den Bedarf der gesamten Haushaltsgemeinschaft, ist die Bedürftigkeit der Unterhaltsempfänger im Einzelfall festzustellen. Dabei wird auch entscheidend sein, ob die Eltern der Enkelkinder und die Ehepartner der Kinder des S so leistungsfähig sind, dass sie ihrer vorrangigen Unterhaltsverpflichtung gegenüber den Enkelkindern und Kindern des S nach § 1606 Abs. 2 BGB bzw. § 1608 BGB nachkommen können.
Zu beachten ist hier noch zusätzlich, dass die Unterhaltszahlungen durch einen Sachbezug im Rahmen der unentgeltlichen Überlassung von Wohnraum erhöht werden müssen. Nach den vorgelegten Unterhaltsbescheinigungen besitzen die unterhaltenen Personen zwar kein oder nur ein geringes Vermögen, sie nutzen jedoch unentgeltlich Wohnhäuser, die im Eigentum des S stehen. Dieser Vorteil ist als Unterhaltszahlung in Form eines Sachbezugs anzusetzen und in die Berechnung der Höchstbeträge nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG einzubeziehen.
Der Stpfl. hat dem Unterhaltsempfänger Aufwendungen, also Geld- oder Sachzuwendungen zu erbringen. Sachaufwendungen nach § 15 Abs. 2 BewG sind mit den üblichen Mittelspreisen des Verbrauchsorts anzusetzen, sodass z.B. die unentgeltliche Überlassung einer Wohnung mit dem ortsüblichen Mietzins zu bewerten ist; vgl. BFH vom 9.11.1993, IX R 74/90.
Nach dem BFH-Urteil vom 19.6.2008 (III R 57/05, BStBl II 2009, 365) erfasst § 33a Abs. 1 EStG nur übliche, typische Aufwendungen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes. Die Abgrenzung der typischen von den untypischen Unterhaltsaufwendungen richtet sich nach deren Anlass und Zweckbestimmung, nicht nach deren Zahlungsweise. Dazu gehören insbes. Aufwendungen für Ernährung, Kleidung, Wohnung, Hausrat sowie notwendige Versicherungen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob mit den Zuwendungen ein einfacher Lebensstil oder gehobene Ansprüche finanziert werden.
Aufwendungen für den typischen Unterhaltsbedarf – insbes. Ernährung, Kleidung, Wohnung, Hausrat, Versicherungen – einer dem Stpfl. gegenüber unterhaltsberechtigten Person können nur nach § 33a Abs. 1 EStG abgezogen werden; Unterhaltsleistungen, mit denen ein besonderer und außergewöhnlicher Bedarf abgedeckt wird – z.B. Krankheits- oder Pflegekosten – dagegen nach § 33 EStG; vgl. BFH vom 19.6.2008, III R 57/05.
Wird eine Wohnung unentgeltlich an den geschiedenen Ehegatten zu Unterhaltszwecken überlassen und dadurch der Anspruch der Unterhaltsberechtigten auf Barunterhalt vermindert, ist die Wohnungsüberlassung einer geldwerten Sachleistung (Ausgabe) gleichzusetzen, mit der lediglich der Zahlungsweg der Unterhaltsleistungen abgekürzt wird. Ebenso kann der Unterhaltsverpflichtete die von ihm übernommenen verbrauchsunabhängigen Kosten der Wohnung einschließlich Schuldzinsen seiner geschiedenen Ehefrau bei gleichzeitigem Verzicht auf ihm zustehenden Ausgleichsansprüche dem Grunde nach als – im Zahlungswege abgekürzte – Unterhaltsleistungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG geltend machen; und zwar auch insoweit, als sie auf einen im Eigentum der Ehefrau stehenden Wohnungsanteil entfallen. Maßgeblich hierfür ist, dass der Verpflichtete seiner Ehefrau auch einen entsprechend höheren Barunterhalt hätte bezahlen und im Gegenzug die Erstattung der von ihm übernommenen Kosten hätte fordern können; vgl. BFH vom 18.10.2006, XI R 42/04.
Der von § 33a Abs. 1 EStG umfasste Bereich ist insofern enger als der den »gesamten Lebensbedarf« und damit z.B. auch Krankheitskosten umfassende (vgl. § 1610 Abs. 2 BGB) Unterhaltsbegriff des Bürgerlichen Rechts. Diese für den typischen Lebensunterhalt des Empfängers bestimmten Unterhaltsaufwendungen können nur bis zum gesetzlichen Höchstbetrag des § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG abgezogen werden, sie sind vom Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen (§ 33a Abs. 4 EStG); vgl. auch BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 15.
Untypische Unterhaltsleistungen, mit denen ein besonderer und außergewöhnlicher Bedarf abgedeckt wird – z.B. die Übernahme von Krankheits- oder Pflegekosten –, können dagegen nach § 33 EStG abgezogen werden, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht in der Lage ist, diese Aufwendungen selbst zu tragen (→ Heimunterbringung, → Pflegekosten). Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung von Angehörigen im Altenpflegeheim fallen deshalb unter § 33 EStG, während Aufwendungen für deren altersbedingte Heimunterbringung nur nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden können (BFH vom 24.2.2000, III R 80/97, BStBl II 2000, 294; s.u.).
Die nachfolgende Übersicht verschafft einen Überblick über die abziehbaren bzw. nichtabziehbaren Aufwendungen i.S.d. § 33a Abs. 1 EStG:
Aufwendungen |
|
Abziehbar |
Nicht abziehbar |
Kostenlose Überlassung einer Wohnung inkl. Verbrauchskosten wie Gas, Strom, Wasser |
Übereignung typischer Haushaltsgeräte wie Waschmaschine oder Fernsehgeräte |
Kleidung |
Krankheitsbedingte Aufwendungen, die nach § 33 EStG abgezogen werden |
Ernährung |
Übereignung von Haushaltsgeräten (z.B. Kaffeeautomat) |
Aufwendungen für Versicherungen, insbes. Kranken- und Pflegeversicherung |
Geschenke und sonstige Zuwendungen |
Übernahme von Umzugskosten |
Beerdigungskosten für eine unterhaltsberechtigte Person |
Mitgliedsbeiträge im Fußballverein |
Die zu unterhaltende Person darf nur ein geringes Vermögen (15 500 €) haben (R 33a.1 Abs. 2 EStR); diese Wertgrenze ist bei Zahlungen ins Ausland entsprechend der Ländergruppeneinteilung an die Verhältnisse des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person anzupassen (BFH vom 30.6.2010, VI R 35/09, BStBl II 2011, 267). Das FG Rheinland-Pfalz erachtet im Urteil vom 26.8.2021, 6 K 1098/21, die Grenze von 15 500 € auch im Jahr 2019 für angemessen. Die zu unterhaltende Person muss zunächst ihr eigenes Vermögen, wenn es nicht geringfügig ist, einsetzen und verwerten (R 33a.1 Abs. 2 Satz 1 EStR). Nach der Verwaltungsauffassung in R 33a.1 Abs. 2 Nr. 2 EStR bleibt ein angemessenes Hausgrundstück außer Betracht. Gegen diese Verwaltungsauffassung hat der BFH mit Urteil vom 12.12.2002 (III R 41/01, BStBl II 2003, 655) wie folgt entschieden: Ob ein Unterhaltsempfänger über kein oder nur geringes Vermögen i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG verfügt, ist unabhängig von der Anlageart nach dem Verkehrswert zu entscheiden. Vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich eine Privilegierung von Unterhaltsleistungen an Unterhaltsempfänger, die über ein Eigenheim verfügen, gegenüber solchen, die lediglich dazu in der Lage waren, ein bescheidenes, wenn auch 15 500 € übersteigendes Vermögen zu erwerben, nicht rechtfertigen. Zur Berücksichtigung sog. Schonvermögens nimmt das BMF-Schreiben vom 20.8.2003 (BStBl I 2003, 411) Stellung. In der BFH-Entscheidung vom 12.12.2002 wurde ein Dreifamilienhaus mit dem Verkehrswert berücksichtigt. Diese Berücksichtigung widerspricht, nach Auffassung der Verwaltung, nicht R 33a.1 Abs. 2 Nr. 2 EStR, da es sich bei einem Dreifamilienhaus nicht mehr um ein »angemessenes Hausgrundstück« handelt. Auch in Zukunft bleibt ein angemessenes Hausgrundstück bei der Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen außer Betracht. Zu beachten sind allerdings die BFH-Urteile vom 5.5.2010 (VI R 40/09, BStBl II 2011, 164) und vom 30.6.2010 (VI R 35/09, BStBl II 2011, 267), die beide der Verwaltungsmeinung widersprechen, nach der ein angemessenes Hausgrundstück außer Betracht bleiben soll. In dem entschiedenen Sachverhalt VI R 40/09 wurden Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Angehörige gezahlt, die in einem eigengenutzten Haus wohnten und die über eigenen Grundbesitz verfügten, den sie auch bewirtschafteten. In seiner Entscheidung VI R 40/09 macht der BFH deutlich, dass sowohl das eigengenutzte Haus als auch der Grundbesitz beim jeweiligen Unterhaltsempfänger, dem das Vermögen zuzurechnen ist, mit dem Verkehrswert anzusetzen ist. Hinsichtlich des Bewertungsmaßstabes verweist der BFH auf sein Urteil vom 11.2.2010 (VI R 65/08, BStBl II 2010, 628).
Unter Vermögen i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG ist das Nettovermögen zu verstehen. Dabei ist zunächst das Bruttovermögen zu ermitteln – wobei Grundstücke nach § 9 BewG mit dem gemeinen Wert (Verkehrswert) anzusetzen sind. Für die Ermittlung des Verkehrswerts sind vorrangig Verkaufspreise für vergleichbare Grundstücke heranzuziehen. Sollte dies nicht möglich sein, kann der gemeine Wert aus den für den jeweiligen VZ festgestellten Bodenrichtwerten abgeleitet werden. Im zweiten Schritt sind sämtliche Belastungen des Bruttovermögens, die einer kurzfristigen Verwertung entgegenstehen, festzustellen und der Minderungswert, ggf. im Schätzungswege, zu ermitteln (BFH vom 11.2.2010, VI R 65/08, BStBl II 2010, 628).
In seiner Entscheidung vom 5.5.2010 (VI R 40/09, BStBl II 2011, 164) weist der BFH ausdrücklich darauf hin, dass den Stpfl. nach § 90 Abs. 2 AO erhöhte Mitwirkungspflichten zur Aufklärung des Sachverhalts und für die Vorsorge sowie Beschaffung von Beweismitteln treffen, wenn er Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Angehörige steuermindernd geltend machen will.
In dem entschiedenen Sachverhalt VI R 35/09 vom 30.6.2010 (BStBl II 2011, 267, s.a. Beispiel 4) wurden Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Eltern gezahlt, die in einem eigenen Haus wohnten und ein weiteres Haus unentgeltlich an ihren Sohn zur Nutzung überließen. Ob der Stpfl. nur ein geringes Vermögen besitzt, entscheidet sich nach der BFH-Rspr. unabhängig von der Anlageart nach dem gemeinen Wert des Vermögens; ein Wert von bis zu 15 500 € ist i.d.R. gering. Nach der Entscheidung des BFH sind sowohl das eigengenutzte als auch das unentgeltlich an den Sohn überlassene Haus als Vermögen anzusetzen.
Hinweis:
Nach § 33a Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 EStG bleibt ein Hausgrundstück i.S.d. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII unberücksichtigt.
Insbes. ist das unentgeltlich an den Sohn überlassene Haus nicht als unverwertbares Vermögen unberücksichtigt zu lassen. Eine generelle Unverwertbarkeit kann nur angenommen werden, wenn aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eine Verwertung des Vermögens ausgeschlossen ist. Eine derartige Unverwertbarkeit schließt den Ansatz eines Vermögens im Rahmen des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG aus, das Vermögen ist wertlos. Es ist auch zu berücksichtigen, dass der Unterhaltsempfänger mit der Überlassung seine Bedürftigkeit selbst herbeigeführt hat. Das ausländische Grundvermögen ist nach § 9 BewG mit dem gemeinen Wert anzusetzen.
Zur Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung bei erheblichem, aber ertraglosem und nicht verwertbarem Vermögen des Unterhaltsempfängers hat der BFH mit Urteil vom 29.5.2008 (III R 48/05, BStBl II 2009, 361) wie folgt entschieden: Ob die unterhaltsberechtigte Person über ein nicht geringes Vermögen verfügt, bestimmt sich nach dessen Verkehrswert. Der Verkehrswert eines Mietwohngrundstücks wird nicht nur durch einen Nießbrauchsvorbehalt, sondern auch durch ein dinglich gesichertes Veräußerungs- und Belastungsverbot gemindert. Der Verkehrswert ist ein Nettowert (s.a. H 33a.1 [Geringes Vermögen] EStH).
Es ist in der Rspr. des BFH hinreichend geklärt, dass unverwertbares Vermögen bei der Anwendung des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG unberücksichtigt zu bleiben hat. Eine generelle Unverwertbarkeit kann dabei nur angenommen werden, wenn aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eine Verwertung des Vermögens ausgeschlossen ist. An der Verwertbarkeit des Vermögens kann es daher fehlen, wenn der Unterhaltsempfänger nicht in der Lage ist, die Verwertung innerhalb einer feststehenden Zeitspanne durch eigenes Handeln herbeizuführen; BFH vom 8.12.2017, VI B 53/17.
Mit Urteil vom 10.6.2015 (9 K 3230/14 E, EFG 2015, 1534, LEXinform 5017989, rkr.) hat das FG Münster entschieden, dass in die Prüfung, ob ein Unterhaltsempfänger ein nur geringes Vermögen i.S.v. § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG besitzt, auch Verträge mit fester Laufzeit wie Prämien- und Bausparverträge als auch Aktienvermögen einzubeziehen sind. Das bürgerliche Unterhaltsrecht mutet es einem Unterhaltsberechtigten – von minderjährigen Kindern abgesehen – grundsätzlich zu, sein Vermögen ungeachtet der Art der Anlage ggf. durch Substanzverbrauch für seinen Unterhalt einzusetzen (Umkehrschluss aus § 1602 Abs. 2 BGB; BFH vom 12.12.2002, III R 41/01, BStBl II 2003, 655; vgl. auch BFH vom 5.5.2010, VI R 29/09, BStBl II 2011, 116). Zwar sind Zumutbarkeitsgesichtspunkte bei der Anwendung des § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG nicht generell außer Acht zu lassen. Das ergibt sich v.a. aus dem zivilrechtlichen Hintergrund der Vorschrift. Ein volljähriger Unterhaltsgläubiger muss nur diejenigen Forderungen einsetzen, die er zumutbar einziehen kann (vgl. BFH vom 30.10.2008, III R 97/06, BFH/NV 2009, 728). Insofern sind die Umstände des Einzelfalles für die Frage, welche Vermögenspositionen ggf. vom tatsächlich vorhandenen Vermögen abzusetzen sind, von Bedeutung (s.a. Mitteilung des FG Münster vom 15.7.2015, LEXinform 0443396).
Im Urteil vom 26.8.2021, 6 K 1098/21 entschied das FG Rheinland-Pfalz, dass die erforderliche Bedürftigkeit für die Abziehbarkeit von Unterhaltszahlungen i.S.d. § 33a EStG sich auch für den VZ 2019 orientiert, trotz fehlender Anpassung, an der im Jahr 1975 eingeführten Grenze des eigenen Vermögens i.H.v. 15 500 €. Der Betrag ist höher als der Betrag, der zur Sicherung des Existenzminimums erforderlich ist. Der Wert übersteigt den für den VZ 2019 geltenden Wert i.H.v. 9 186 € zwar nicht mehr um ein Vielfaches aber dennoch deutlich. In der anschließenden Revision entschied der BFH mit Urteil vom 29.2.2024, VI R 21/21 wie folgt: Die Wertgrenze i.H.v. 15 500 € (R 33a.1 Abs. 2 Satz 3 der Einkommensteuer-Richtlinien) für »ein geringes Vermögen« i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 EStG (sog. Schonvermögen) ist für das Streitjahr 2019 nicht zu beanstanden. Angesparte und noch nicht verbrauchte Unterhaltsleistungen werden grds. erst nach Ablauf des Kj. ihres Zuflusses zu (abzugsschädlichem) Vermögen.
Mit Urteil vom 11.2.2010 (VI R 61/08, BStBl II 2010, 621) hat der BFH entschieden, dass ein schwerbehindertes Kind, das seinen Grundbedarf und behinderungsbedingten Mehrbedarf nicht selbst zu decken in der Lage ist, ein zur Altersvorsorge gebildetes Vermögen nicht vor der Inanspruchnahme elterlichen Unterhalts verwerten muss. Die Eltern können die Unterhaltsaufwendungen deshalb als außergewöhnliche Belastungen bei ihrer Einkommensteuerfestsetzung abziehen.
Unterhaltsaufwendungen sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen steuerlich abziehbar, wenn die unterhaltene Person außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Ein volljähriges Kind ist grundsätzlich verpflichtet, vorrangig seinen Vermögensstamm zu verwerten, bevor es seine Eltern auf Unterhalt in Anspruch nimmt. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Vermögensverwertung unzumutbar ist.
Im Streitfall ging es um den Abzug von Unterhaltskosten für ein seit Geburt schwerbehindertes Kind, das aufgrund einer Schenkung Eigentümer eines Mehrfamilienhauses ist. Das FA lehnte den Antrag der Eltern, die Kosten als außergewöhnliche Belastung in vollem Umfang zum Abzug zuzulassen, mit Verweis auf das Vermögen der Tochter ab. Das FG folgte dem.
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab den Eltern dem Grunde nach Recht. Da ungewiss sei, ob das Kind stets seinen Unterhaltsbedarf durch Leistungen der Eltern werde decken können, hätte eine Altersvorsorge getroffen werden müssen. Diese sei hier angesichts der Schwere und Dauer der Krankheit noch maßvoll ausgefallen. Es wäre unzumutbar, vom Kind zu verlangen, den Stamm seines Vermögens schon jetzt anzugreifen (Pressemitteilung des BFH Nr. 43/10 vom 19.5.2010, LEXinform 0435246).
Übernimmt der Neffe die Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung einer vermögenden Tante in einem Pflegeheim, scheidet ein Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen mangels sittlicher Gründe i.S.d. § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG aus. Das gilt auch dann, wenn die Tante in der Vergangenheit die Eltern des Neffen unter Hintanstellung eigener, insbes. auch privater Belange über 15 Jahre gepflegt und versorgt hatte, weil diese krankheitsbedingt überwiegend nicht mehr zu Verrichtungen des täglichen Lebens in der Lage waren, und wenn die Tante zwar über eigenes, nicht nur geringfügiges Vermögen, nicht aber über erhebliche eigene Einkünfte verfügt hat. Eine Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen nach § 33a Abs. 1 EStG scheidet ebenfalls aus, weil eine Unterhaltsberechtigung zwischen Unterhaltszahlenden und Unterhaltsempfänger nicht bestand; vgl. FG München vom 25.8.2022, 11 K 812/22.
Der Stpfl. oder ein anderer darf für die unterhaltende Person keinen Anspruch auf → Kindergeld oder einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG (→ Kinderfreibetrag) haben (§ 33a Abs. 1 Satz 4 EStG).
Da Wehr- und Zivildienst leistende Kinder im Katalog des § 32 Abs. 4 EStG nicht aufgeführt werden und Eltern deshalb für sie keinen Kinderfreibetrag und kein Kindergeld erhalten (BVerfG Beschluss vom 29.3.2004, 2 BvR 1670/01, 2 BvR 1340/03, DStZ 2004, 458; BFH Beschluss vom 4.7.2001, VI B 176/00, BStBl II 2001, 675), können die den Eltern für Unterhaltsleistungen entstehenden Aufwendungen gem. § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (BFH vom 31.7.1981, VI R 67/78, BStBl II 1981, 805). Der Abzugsbetrag des § 33a Abs. 1 EStG wird durch Einkünfte und Bezüge des Kindes gemindert. Die Einkünfte und Bezüge des Kindes sind exakt dem jeweiligen Zeitraum der Begünstigung und der Nichtbegünstigung zuzurechnen. Zur Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen an einen Wehrpflichtigen nimmt der BFH mit Beschluss vom 16.6.2006 (III B 43/05, BFH/NV 2006, 2056) Stellung. Nach der bisherigen Rspr. des BFH gehören der – gem. § 3 Nr. 5 EStG steuerfreie – Wehrsold, das Weihnachts- und Entlassungsgeld sowie der Sachbezugswert von Gemeinschaftsunterkunft und -Verpflegung bei Wehrpflichtigen zu den Bezügen. Das einem Zivildienstleistenden (Wehrpflichtigen) gezahlte Entlassungsgeld entfällt auf die Zeit nach Beendigung des Zivildienstes. Es gehört zu den Bezügen und ist in voller Höhe im Jahr des Zuflusses zu erfassen.
Das Kindergeld i.S.d. § 33a Abs. 1 EStG umfasst auch nach ausländischem Recht gezahlte kindergeldähnliche Leistungen. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich aus Art. 6 VO Nr. 1408/71 nicht herleiten, dass unter den Begriff »Kindergeld« in § 33a Abs. 1 EStG nur Familienleistungen nach deutschem Recht fallen. Darin wird lediglich bestimmt, dass die Verordnung für den von ihr erfassten Personenkreis an die Stelle anderer Abkommen tritt (BFH vom 4.12.2003, III R 32/02, BStBl II 2004, 275 und BFH vom 19.5.2004, III R 28/02, BFH/NV 2004, 1631).
Erwachsen einem Stpfl. Aufwendungen für den Unterhalt eines Stiefkindes (eines leiblichen Kindes seines Ehepartners), kann er diese Aufwendungen nur dann als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33a EStG geltend machen, wenn niemand Anspruch auf Kinderfreibetrag oder Kindergeld für das Kind hat. Auch wenn der Ehegatte nicht über eigenes Einkommen und Vermögen verfügt, sind die allein vom Stpfl. getragenen Aufwendungen für den Unterhalt des Stiefkindes nicht als Ehegattenunterhalt zu berücksichtigen, der ausnahmsweise nicht durch das Ehegattensplitting abgegolten wäre, denn der Unterhaltsanspruch ist höchstpersönlich. Während § 33a EStG die typischen Unterhaltsaufwendungen erfasst, können Aufwendungen für einen besonderen und außergewöhnlichen Bedarf nur nach § 33 EStG berücksichtigt werden (BFH Beschluss vom 24.5.2012, VI B 120/11, BFH/NV 2012, 1438, LEXinform 5906832; Anmerkung vom 13.9.2012, LEXinform 0943105).
Eine Übersicht über im Ausland gewährte vergleichbare Leistungen gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG kann dem Schreiben des Bundeszentralamtes für Steuern (BZSt) vom 16.1.2017 (BStBl I 2017, 151) entnommen werden;
Dass der Anspruch auf Kindergeld für den Unterhaltenen den Abzug der Unterhaltsaufwendungen nach § 33a Abs. 1 EStG ausschließt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da eine mehrfache Freistellung des Existenzminimums nicht geboten ist; vgl. auch BFH vom 17.9.2015, III R 36/14.
In dem Sonderfall, dass die Eltern eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten noch einen Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag haben, kann der Stpfl. seine Unterhaltsaufwendungen nur nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG geltend machen. Der Sonderausgabenabzug ist neben Kindergeld und Kinderfreibetrag zulässig, erfordert aber die Zustimmung des Empfängers, der die Leistungen nach § 22 Nr. 1a EStG zu versteuern hat.
Unterhält der Stpfl. mehrere Personen, die einen gemeinsamen Haushalt führen, so ist der nach § 33a Abs. 1 EStG abziehbare Betrag grundsätzlich für jede unterhaltsberechtigte oder gleichgestellte Person getrennt zu ermitteln. Der insgesamt nachgewiesene Zahlungsbetrag ist unterschiedslos nach Köpfen aufzuteilen (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 22). Handelt es sich bei den unterhaltenen Personen um in Haushaltsgemeinschaft lebende Ehegatten, z.B. Eltern, so sind die Einkünfte und Bezüge zunächst für jeden Ehegatten gesondert festzustellen und sodann zusammenzurechnen. Die zusammengerechneten Einkünfte und Bezüge sind um 1 248 € (zweimal 624 €) zu kürzen. Der verbleibende Betrag ist von der Summe der beiden Höchstbeträge abzuziehen (H 33a.1 [Unterhalt für mehrere Personen] EStH).
Beispiel 4:
Gerd unterstützt seinen 78-jährigen Vater mit insgesamt 4 000 €. In den Haushalt des Vaters ist auch Gerds Bruder Bert integriert. Gerd überweist die Beträge auf das gemeinsame Haushaltskonto der beiden.
Lösung 4:
Da die unterhaltenen Personen einen gemeinsamen Haushalt führen, erfolgt eine Aufteilung der Unterhaltsleistungen nach Köpfen. Demnach sind 2 500 € der Unterhaltsleistungen dem Vater und 2 500 € dem Bruder zuzuordnen. Beim Vater kann ein Abzug der Unterhaltsleistungen dem Grunde nach erfolgen, da er als Verwandter gerader Linie eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person ist. Bei der weiteren Berechnung der abzugsfähigen Aufwendungen nach § 33a EStG ist von 2 500 € auszugehen. Hinsichtlich der Aufwendungen für den Bruder kann eine Berücksichtigung nach § 33a EStG nicht erfolgen, da dieser ein Verwandter in Seitenlinie ist und somit keine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person. Der Bruder ist auch keine gleichgestellte Person i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG, da er nicht in Haushaltsgemeinschaft mit dem Stpfl. lebt.
Beispiel 5:
Der Sachverhalt und die Lösung ergeben sich aus dem BFH-Urteil vom 5.5.2010 (VI R 29/09, BStBl II 2011, 116).
Der unbeschränkt Stpfl. Vater V unterstützt seine 3 Kinder in der Türkei mit insgesamt 14 500 €. Die Kinder wohnen in derselben Ortschaft in der Türkei in Häusern, die dem V gehören. V beantragt folgende Unterhaltsleistungen:
Haus 1 |
Haus 2 |
Haus 3 |
|||
Sohn (S 1) und Ehegatte1 mit 2 Kindern (Enkelkinder des V) |
Sohn 2 (S 2) und Ehegatte 2 |
Tochter (T) und Ehegatte 3 mit einem Kind (Enkelkind des V) |
|||
S 1 |
1 450 € |
S 2 |
1 450 € |
T |
2 900 € |
Enkelkind 1 |
2 900 € |
Enkelkind 3 |
2 900 € |
||
Enkelkind 2 |
2 900 € |
||||
Summe |
7 250 € |
Summe |
1 450 € |
Summe |
5 800 € |
Lösung 5:
Nach der Rspr. des BFH ist beim Zusammenleben mehrerer unterstützter Personen in einem Haushalt grundsätzlich nicht darauf abzustellen, an welchen der Angehörigen jeweils einzelne Teilbeträge überwiesen worden sind (BFH vom 2.12.2004, III R 49/03, BStBl II 2005, 483). Ein Zusammenleben in einer Haushaltsgemeinschaft liegt jeweils für die Familie der beiden Söhne S 1 und S 2 und der Tochter T vor, nicht aber für alle drei Familien gemeinsam. Die drei Familien leben danach zwar in derselben Ortschaft in der Türkei, bilden aber keinen gemeinsamen Haushalt. Denn in Anlehnung an die Legaldefinition der »Haushaltsgemeinschaft« in § 24b Abs. 3 Satz 2 EStG (→ Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) liegt eine Haushaltsgemeinschaft nur dann vor, wenn über das bloße gemeinsame Wohnen hinaus quasi »aus einem Topf« gewirtschaftet wird. Die Zahlungen von insgesamt 14 500 € sind zunächst entsprechend der Zweckbestimmung der Zahlungen durch den V (vgl. auch BFH Beschluss vom 25.3.2009, VI B 152/08, BFH/NV 2009, 932) auf die einzelnen Familienstämme aufzuteilen. Für die Familie der Tochter T ergibt sich danach ein Betrag von 5 800 €, für die Familie des Sohnes S 2 ein Betrag von 1 450 € und für die Familie des Sohnes S 1 ein Betrag von 7 250 €. Der jeweilige Zuwendungsbetrag ist dann innerhalb des jeweiligen Familienstammes einheitlich nach Köpfen aufzuteilen.
Beispiel 6:
Der Sachverhalt und die Lösung ergeben sich aus dem BFH-Urteil vom 30.6.2010 (VI R 35/09, BStBl II 2011, 267).
Die unbeschränkt stpfl. Eheleute EM und EF zahlen insgesamt 7 350 € an die in der Türkei lebenden Eltern der EF. Die Eltern wohnen im Haus des Vaters der EF. Das in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene andere Haus des Vaters wird unentgeltlich vom Bruder der EF und dessen Familie genutzt. Neben dem Bruder leben noch zwei Schwestern mit ihren jeweiligen Familien in derselben Gemeinde, aber nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Eltern.
Lösung 6:
Der Vater bildet mit dem in unmittelbarer Nachbarschaft lebenden Sohn keine Haushaltsgemeinschaft. Für das gemeinsame Wohnen genügt es nicht, dass zwei räumlich getrennte Wohnungen lediglich in unmittelbarer Nachbarschaft belegen sind.
Beispiel 7 (s.a. BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 22, Beispiel 2):
Ein Stpfl. unterstützt im Kj. 2021 seine Ehefrau, sein minderjähriges Kind (Kindergeld wird gewährt), seine verwitwete Mutter und seine Schwester, die im Heimatland in einem gemeinsamen Haushalt leben, mit 6 000 €.
Lösung 7:
Von den Aufwendungen für den Unterhalt i.H.v. 6 000 € entfallen auf jede unterstützte Person 1 500 € (6 000 € : 4). Die Schwester des Stpfl. und das minderjährige Kind gehören nicht zu den zum Abzug berechtigenden Unterhaltsempfängern. Abziehbar sind – vorbehaltlich anderer Abzugsbeschränkungen – lediglich die für die Ehefrau (1 500 €) und die Mutter (1 500 €) erbrachten Aufwendungen.
Beispiel 8:
Der Sachverhalt und die Lösung ergeben sich aus dem BFH-Urteil vom 19.5.2004 (III R 28/02, BFH/NV 2004, 1631).
Der Stpfl. unterstützt folgende in einem Haushalt zusammenlebende Personen mit insgesamt 8 750 €. Werden mehrere Personen, die in einem Haushalt zusammenleben, unterstützt, sind die Unterstützungsleistungen i.H.v. 8 750 € nach Köpfen zu teilen:
Sohn |
Schwiegertochter |
vier Enkel – Eltern erhalten Kindergeld |
1 458 € |
1 458 € |
je 1 458 € |
Ist der unterhaltsberechtigte Empfänger verheiratet, sind bei der Berechnung seiner Einkünfte und Bezüge in intakter Ehe die Einkünfte der Ehegatten zusammenzuzählen und danach zu halbieren. Unterhaltsleistungen des Unterhaltsempfängers an seine minderjährigen Kinder, zu denen er mangels ausreichender eigener Einkünfte und der deshalb primären Unterhaltspflicht des Großvaters nicht verpflichtet ist, mindern seine Einkünfte und Bezüge nicht. |
Unterhaltszahlungen an die Schwiegertochter sind mangels gesetzlicher Unterhaltsverpflichtung nicht abziehbar (§ 1608 BGB). |
Großeltern sind ihren Enkeln gegenüber gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet, wenn die Eltern nicht über ausreichende Mittel verfügen (§ 1606 Abs. 1 BGB). Der Großvater kann seine Unterhalsleistungen nicht geltend machen, da die Eltern der Enkel Kindergeld beziehen. |
Mit rechtskräftigem Urteil vom 5.10.2010 (1 K 1577/10, LEXinform 5011444) hat das FG Rheinland-Pfalz zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Umständen Unterhaltsleistungen der Großeltern für Kinder und Enkelkinder steuerlich als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind.
Im Streitfall lebte die Tochter (T) der Kläger mit ihrem Ehemann und drei minderjährigen Kindern in den USA, eines der Kinder ist schwer behindert. In ihrer ESt-Erklärung machten die Kläger u.a. Unterhaltszahlungen an ihre Tochter und die drei Enkelkinder i.H.v. jeweils 2 695 € (bzw. 2 696 €), insgesamt 10 783 € als außergewöhnliche Belastung geltend. Die T habe kein eigenes Einkommen gehabt, der Schwiegersohn habe rund 25 000 $ verdient. Dagegen erkannte das FA nur Unterhaltsaufwendungen i.H.v. insgesamt 6 468 € als außergewöhnliche Belastung an, was es damit begründete, dass der geleistete Gesamtbetrag (10 783 €) auf die Personenzahl des gemeinsamen Haushalts aufzuteilen sei. Hier entfielen bei 5 Personen im Haushalt auf jede einzelne Person 2 156 €. Da bei der T die Höhe der Einkünfte des Ehemannes teilweise anzurechnen sei, bliebe letztlich nur der Unterhalt für die drei Enkelkinder von jeweils 2 156 €, der als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sei (3 × 2 156 € = 6 468 €).
Die Klage, mit der die Kläger die Berücksichtigung der Zahlungen als Unterhaltsleistungen begehrten, hatte jedoch keinen Erfolg. Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, eine steuerliche Berücksichtigung eines über 6 468 € hinausgehenden Betrages komme hier nicht in Betracht. Nach der Rspr. des BFH sei bei der in intakter Ehe lebenden T anzunehmen, dass sie an den Einkünften und Lasten des Ehegatten wirtschaftlich zur Hälfte teilhabe. Deswegen scheide ein steuermindernder anteiliger Abzug der auch auf die T entfallenden Geldzahlungen aus. Weiter sei im Falle des Zusammenlebens mehrerer unterstützter Personen in einem Haushalt grundsätzlich nicht darauf abzustellen, an welchen Angehörigen Beträge überwiesen worden seien. Einheitliche Unterhaltsleistungen, die für den Unterhalt einer solchen Personengruppe bestimmt seien, müssten vielmehr nach einem allgemeinen Maßstab aufgeteilt werden; dies gelte auch, soweit unterhaltene Personen nicht unterhaltsberechtigt seien.
Werden Aufwendungen für eine unterhaltene Person von mehreren Stpfl. getragen, so wird bei jedem der Teil des sich hiernach ergebenden Betrags abgezogen, der seinem Anteil am Gesamtbetrag der Leistung entspricht. Unterhaltsbeiträge von Personen, die die Voraussetzungen von § 33a Abs. 1 Satz 1 und 3 EStG nicht erfüllen, führen jedoch nicht zu einer anteiligen Kürzung des Höchstbetrags nach § 33a Abs. 1 Satz 7 EStG (§ 33a Abs. 1 Satz 7 EStG; BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 23).
Beispiel 9:
Vier Töchter A, B, C und D unterstützen ihren im Inland lebenden bedürftigen Vater im Kj. 2021 mit jeweils 250 € monatlich.
Lösung 9:
Der Abzug der Aufwendungen für den Unterhalt von insgesamt 12 000 € ist auf den Höchstbetrag von 10 347 € im VZ 2022 (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG) beschränkt (ab VZ 2023: 10 908 €). Dieser ist entsprechend dem Anteil der Töchter am Gesamtbetrag der Leistungen mit jeweils 2 586 € (10 347 € : 4) abziehbar (s.u. den Gliederungspunkt »Unterhaltshöchstbetrag«).
Nach dem BFH-Urteil vom 28.4.2020 (VI R 43/17, BStBl II 2021, 209) führen Unterhaltsbeiträge von Personen, die die Voraussetzungen von § 33a Abs. 1 Sätze 1 und 3 EStG nicht erfüllen, nicht zu einer anteiligen Kürzung des Unterhaltshöchstbetrags nach § 33a Abs. 1 Satz 7 EStG. Sie sind jedoch als »andere Einkünfte und Bezüge« der unterhaltenen Person gem. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG zu berücksichtigen (Anschluss an BFH vom 19.5.2004, III R 30/02, BStBl II 2004, 943). Bei einem in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebenden Paar, das weder verheiratet noch verpartnert ist und bei dem jeder über eigene auskömmliche Mittel zur Deckung des eigenen Lebensbedarfs verfügt, ist regelmäßig davon auszugehen, dass sich die Lebensgefährten einander keine Leistungen zum Lebensunterhalt gewähren, sondern jeder für den eigenen Lebensunterhalt aufkommt (s.a. BFH Pressemitteilung Nr. 37/2020 vom 3.9.2020, LEXinform 0457137).
Entscheidungssachverhalt des BFH-Urteils VI R 43/17:
Als zusammenveranlagte Ehegatten machten die Ehegatten in ihrer ESt-Erklärung Unterhaltsaufwendungen an die studierende T i.H.v. 10 084,60 € gem. § 33a EStG geltend. T lebte mit Herrn N in einer gemeinsamen von N angemieteten Wohnung. Sie hatte eigene Einnahmen i.H.v. 3 052 €, über eigenes Vermögen verfügte sie nicht. N bezog Arbeitslohn i.H.v. 32 460 €.
Das FA berücksichtigte im ESt-Bescheid die Unterhaltsleistungen i.H.v. 10 084 € nur zur Hälfte i.H.v. 5 042 €. Die Tochter lebe mit N in einer Haushaltsgemeinschaft und würde mit N »aus einem Topf« wirtschaften. Der Gesamtbetrag der Zahlungen sei daher einheitlich nach Köpfen aufzuteilen. In die Aufteilung seien auch unterhaltene Personen einzubeziehen, die nicht unterhaltsberechtigt seien. Die Aufteilung habe ohne Rücksicht darauf zu erfolgen, an wen jeweils einzelne Teilbeträge überwiesen worden seien und ohne Rücksicht auf den Unterhaltsanspruch und den individuellen Unterhaltsbedarf der einzelnen Personen. Die Aufteilung sei erforderlich, weil der Gesamtbetrag auch Zahlungen für solche Personen enthalten könne, bei denen die Voraussetzungen für eine Abzugsfähigkeit nicht oder nicht in voller Höhe gegeben seien.
Entscheidungsgründe:
Eine Aufteilung des Unterhaltshöchstbetrags auf mehrere Personen kommt nur in Betracht, wenn jeder von ihnen die Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt, d.h. gegenüber dem Unterhaltsempfänger gesetzlich unterhaltsverpflichtet ist, und alle nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG zum Abzug von Unterhaltsaufwendungen berechtigt sind. Denn § 33a Abs. 1 Satz 7 EStG soll sicherstellen, dass bei einer Unterhaltsgewährung durch mehrere Stpfl. kein höherer Betrag an Unterhaltsleistungen anerkannt wird als bei der Gewährung durch eine Einzelperson. Deshalb sind auch Stpfl., die an eine gem. § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen gleichgestellte Person Unterhalt leisten, in die anteilige Aufteilung des Unterhaltshöchstbetrags einzubeziehen. Auch sie sind nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG zum Abzug von Unterhaltsaufwendungen berechtigt (s.o. FG Düsseldorf vom 26.3.2014, 7 K 3168/13, EFG 2014, 1487, LEXinform 5016685, rkr., in Beispiel 7).
Unterhaltsbeiträge von Personen, die die Voraussetzungen von § 33a Abs. 1 Sätze 1 und 3 EStG nicht erfüllen, führen daher nicht zu einer anteiligen Kürzung des Unterhaltshöchstbetrags eines weiteren Unterhaltsleistenden nach § 33a Abs. 1 Satz 7 EStG. Sie sind jedoch als »andere Einkünfte und Bezüge« der unterhaltenen Person gem. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG zu berücksichtigen, sodass der Unterhaltshöchstbetrag des unterhaltspflichtigen Abzugsberechtigten entsprechend zu mindern.
Die Tochter ist in Bezug zu N nicht eine gem. § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG einer gesetzlich Unterhaltsberechtigten gleichgestellte Person.
Davon ist nun auszugehen, wenn der Stpfl. (hier N) mit einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten, d.h. hilfebedürftigen (§§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II) Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c SGB II). Hilfebedürftig i.S.v. § 9 Abs. 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbes. von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Die Eltern haben der Tochter T Unterhalt i.H.v. 10 084,60 € geleistet. Daneben erzielte T eigene (Erwerbs-)Einnahmen i.H.v. 3 052 €. Folglich war T keine hilfebedürftige Person i.S.v. § 9 Abs. 1 SGB II. Zwischen ihr und N bestand daher keine sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft, die eine der gesetzlichen Unterhaltspflicht gleichzusetzende konkrete Beistandsverpflichtung des N für T hätte begründen können. Verfügen Lebensgefährten, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, aber weder verheiratet noch verpartnert sind, jeweils über auskömmliche finanzielle Mittel zur Deckung des eigenen Lebensbedarfs, ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie sich einander keine Leistungen zum Lebensunterhalt gewähren, sondern jeder für den eigenen Lebensunterhalt – durch die Übernahme der hälftigen Haushaltskosten – aufkommt. Woraus die »eigenen« finanziellen Mittel stammen, insbes. ob es sich um (steuerbare) Einkünfte, Bezüge oder Unterhaltsleistungen Dritter handelt, ist insoweit unerheblich.
Der Unterhaltshöchstbetrag des § 33a Abs. 1 Satz 1 i.H.v. 9 744 € im VZ 2021 (ab VZ 2022 10 347 €) ist nach § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG um die eigenen Einkünfte der T und damit um 1 428 € zu vermindern (3 052 € abzgl. 1 000 € gem. § 9a Satz 1 Nr. 9a EStG abzgl. 624 € gem. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG). Bei den Eltern sind daher Unterhaltsaufwendungen i.H.v. 8 316 € als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33a Abs. 1 EStG zu berücksichtigen (s.a. Anmerkung vom 9.9.2020, LEXinform 0889691).
Ergebnis:
Unterhaltsbeiträge von Personen, die die Voraussetzungen von § 33a Abs. 1 Satz 1 und 3 EStG nicht erfüllen, führen nicht zu einer anteiligen Kürzung des Unterhaltshöchstbetrags nach § 33a Abs. 1 Satz 7 EStG. Sie sind jedoch als andere Einkünfte oder Bezüge der unterhaltenen Person gem. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG zu berücksichtigen. Bei einem in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebenden Paar, das weder verheiratet noch verpartnert ist und bei dem jeder über eigene auskömmliche Mittel zur Deckung des eigenen Lebensbedarfs verfügt, ist allerdings regelmäßig davon auszugehen, dass sich die Lebensgefährten einander keine Leistungen zum Lebensunterhalt gewähren, sondern jeder für den eigenen Lebensunterhalt aufkommt. Eine Kürzung des Unterhaltshöchstbetrags bei Unterhaltsleistungen der Eltern an ein mit dem Lebensgefährten zusammenlebendes Kind kommt daher regelmäßig nicht in Betracht.
Tragen mehrere Personen zum Unterhalt bei und ist eine davon im Inland nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, wird diese bei der Aufteilung des abziehbaren Betrags nicht berücksichtigt. Deren Unterhaltsleistungen sind bei der unterhaltenen Person als Bezüge zu erfassen (BMF vom 7.6.2010, BStBl I 2010, 588, Rz. 21). Die Vorschrift des § 33a EStG ist nach § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG bei beschränkt Stpfl. nicht anzuwenden.
Beispiel 10:
Sachverhalt s. Beispiel 9, die Tochter D lebt jedoch in Frankreich.
Lösung 10:
Höchstbetrag im Kj. 2023 (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG): |
10 908 € |
|
anrechenbare Bezüge (250 € × 12) |
3 000 € |
|
Kostenpauschale |
./. 180 € |
|
2 820 € |
||
anrechnungsfreier Betrag |
./. 624 € |
|
anzurechnende Bezüge |
2 196 € |
2 196 € |
abziehbarer Höchstbetrag: |
8 712 € |
Bei den Töchtern A, B und C ist wegen ihrer Leistungen in gleicher Höhe jeweils ein Betrag von 2 904 € (8 712 € : 3) abzuziehen.
Die Aufwendungen dürfen bis zu den Höchstbeträgen im Kj. als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden.
Der Höchstbetrag nach § 33a Abs. 1 EStG beträgt:
für das Kj. 2014: 8 354 € (Gesetz zur Anpassung des Investmentgesetzes und anderer Gesetze an das AIFM-Umsetzungsgesetz (AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz – AIFM-StAnpG, vom 18.12.2013, BGBl I 2013, 4318),
für das Kj. 2015: 8 472 €,
für das Kj. 2016: 8 652 € (Gesetz zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags vom 16.7.2015, BGBl I 2015, 1202),
für das Kj. 2017: 8 820 €,
für das Kj. 2018: 9 000 € (Gesetz zum Erlass und zur Änderung der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom 20.12.2016, BGBl I 2016, 3000),
für das Kj. 2019: 9 168 € (Gesetz zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen, Familienentlastungsgesetz – FamEntlastG – vom 29.11.2018, BGBl I 2018, 2210) und
für das Kj. 2020: 9 408 €,
für das Kj. 2021: 9 744 € (Zweites Familienentlastungsgesetz – 2. FamEntlastG – vom 1.12.2020, BGBl I 2020, 2616),
für das Kj. 2022: 10 347 €,
für das Kj. 2023: 10 908 €,
für das Kj. 2024: 11 604 €.
Der jeweilige Höchstbetrag erhöht sich nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG ab dem VZ 2010 um den Betrag der im jeweiligen VZ nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG für die Absicherung der unterhaltsberechtigten Person aufgewandten Beiträge zur Basiskranken- und -pflegeversicherung i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG, wenn für diese beim Unterhaltsleistenden kein Sonderausgabeabzug möglich ist. Dabei ist es nicht notwendig, dass die Beiträge tatsächlich von dem Unterhaltsverpflichteten gezahlt oder erstattet wurden. Für diese Erhöhung des Höchstbetrages genügt es, wenn der Unterhaltsverpflichtete seiner Unterhaltsverpflichtung nachkommt. Die Gewährung von Sachunterhalt (z.B. Unterkunft und Verpflegung) ist ausreichend (R 33a.1 Abs. 5 EStR; → Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen).
Übrige Versicherungsbeiträge (u.a. Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie der nicht anzusetzende Teil der Krankenversicherung zur Finanzierung des Krankengelds) bleiben bei der Ermittlung des Höchstbetrags unberücksichtigt (BFH vom 18.6.2015, VI R 45/13, BStBl II 2015, 928).
Hinweis:
Hinzuweisen ist auf das BFH-Urteil vom 13.3.2018 (X R 25/15, BStBl II 2019, 191) zur Berücksichtigung von Versicherungsleistungen des Kindes bei den Eltern nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG. Danach hat der BFH für den Sonderausgabenabzug von Versicherungsleistungen des Kindes bei den Eltern entschieden, dass die alleinige Leistung z.B. von Naturalunterhalt für die Berücksichtigung von Versicherungsleistungen des Kindes bei den Eltern nicht ausreicht.
Nach der BFH-Entscheidung X R 25/15 sind die Beiträge des Kindes (im Fall des § 33a EStG des Unterhaltsberechtigten) nur dann von den Eltern (im Fall des § 33a EStG vom Unterhaltsverpflichteten) aufgewandt (Wortlaut des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG), wenn sie von diesem (dem Unterhaltsverpflichteten) für den Unterhaltsberechtigten im VZ tatsächlich gezahlt oder dem Unterhaltsberechtigten erstattet worden sind. Wenn nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG Sonderausgaben (nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung) abziehbar sind, die der Stpfl. rechtlich nicht schuldet und damit ausnahmsweise Drittaufwand im Rahmen des Sonderausgabenabzugs (der außergewöhnlichen Belastung) berücksichtigt werden kann, muss sichergestellt sein, dass der Stpfl. hierdurch wirklich belastet ist.
Im Rahmen des Sonderausgabenabzugs hat die Verwaltung mit Schreiben vom 3.4.2019 (BStBl I 2019, 254) auf das BFH-Urteil vom 13.3.2018 (X R 25/15, BStBl I 2019, 191) reagiert. Nach der weiterhin gültigen Verwaltungsregelung für den Sonderausgabenabzug in R 10.4 EStR (R 33a.1 Abs. 5 EStR für den Abzug von Unterhaltsleistungen) muss dem Grunde nach eine Unterhaltsverpflichtung bestehen und der Unterhaltsverpflichtete durch die Tragung der Beiträge des Unterhaltsberechtigten wirtschaftlich belastet sein. Diese wirtschaftliche Belastung ist jedenfalls nicht allein dadurch, dass die Beiträge im Rahmen eines Dienstverhältnisses vom Lohn des Kindes (Unterhaltsberechtigten) einbehalten wurden, ausgeschlossen.
Im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG ist die Bedürftigkeit des dem Grunde nach gesetzlich Unterhaltsberechtigten bei Inlandssachverhalten und bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG typisierend zu unterstellen (abstrakte Betrachtungsweise; R 33a.1 Abs. 1 Satz 4 EStR).
Die durch den BFH enge Auslegung der wirtschaftlichen Belastung wird durch die Verwaltung weiterhin großzügig ausgelegt. Danach sind die Grundzüge der R 10.4 EStR (und somit m.E. auch der R 33a.1 Abs. 5 EStR) weiter anzuwenden.
Fall 1: Versicherungsnehmer |
Begünstigte Person |
Beiträge geleistet durch |
Kind ohne Kinderfreibetrag/Kindergeld |
Kind ohne Kinderfreibetrag/Kindergeld |
Stpfl. |
Bei der Veranlagung des Stpfl. erhält dieser keine Vorsorgeaufwendungen, da er keine eigenen Aufwendungen als Versicherungsnehmer geleistet hat (Drittaufwand). Die Aufwendungen sind aber im Rahmen des abgekürzten Zahlungsweges als eigene Aufwendungen des Kindes nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG zu berücksichtigen. Bei der Veranlagung des Kindes erhält dieses die Vorsorgeaufwendungen, da es eigene Aufwendungen geleistet hat. Es ist zu beachten, dass bei der Veranlagung des Kindes seine eigenen Versicherungsleistungen sich dann nicht auswirken, wenn die Unterhaltsleistungen des Unterhaltsverpflichteten bei seiner Veranlagung nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden. In diesem Fall sind die eigenen Einkünfte (und Bezüge) des Kindes i.H.v. (10 908 € + 624 €) 11 532 € so gering, dass sich bei dem Kind keine ESt ergibt. Unterhaltsleistungen: Die für das Kind im betreffenden VZ geleisteten Unterhaltszahlungen sind dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33a Abs. 1 EStG zu berücksichtigen. Dabei erhöht sich der Höchstbetrag im Kj. 2023 von 10 908 € um den Betrag der im jeweiligen VZ nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG für das Kind aufgewendeten Basis-Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge; dies gilt nicht für Basisaufwendungen, die bereits nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG beim Unterhaltleistenden anzusetzen sind. Die Erhöhung tritt nicht ein, wenn die Beiträge bereits nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG beim Stpfl. selbst anzusetzen sind. Die Erhöhung tritt demnach dann ein, wenn der Stpfl. die Beiträge – so wie im Beispielsfall – nicht selbst als Versicherungsnehmer tätigt. |
Fall 2: Versicherungsnehmer |
Begünstigte Person |
Beiträge geleistet durch |
Kind ohne Kinderfreibetrag/Kindergeld |
Kind ohne Kinderfreibetrag/Kindergeld |
Kind ohne Kinderfreibetrag/Kindergeld |
Das Kind erhält einen jährlichen Arbeitslohn von 7 200 €. Davon werden gesetzliche Sozialversicherungsbeiträge, u.a. Krankenversicherung i.H.v. 568 € und Pflegeversicherung von 88 €, abgezogen. Der Stpfl. unterstützt das Kind mit jährlich 1 200 €. Zur Erhöhung des Höchstbetrages nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG nimmt die Vfg. der OFD Nordrhein-Westfalen vom 11.10.2017 (Kurzinfo ESt 05/2013) Stellung (s.a. H 33a.1 [Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge – Zusammenfassendes Beispiel] EStH). In der Lösung des Beispiels zu H 33a.1 EStH wird der Höchstbetrag nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG um die Krankenversicherungsbeiträge (abzüglich 4 %) und die Pflegeversicherungsbeiträge erhöht. Für die Erhöhung des Höchstbetrages genügt es, wenn die Unterhaltsverpflichteten ihrer Unterhaltsverpflichtung nachkommen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beiträge tatsächlich von dem Unterstützenden gezahlt oder erstattet wurden. Die Gewährung von Sachunterhalt (wie Unterhalt und Verpflegung) ist ausreichend (R 33a.1 Abs. 5 EStR). Bei der Veranlagung des Stpfl. erhält dieser keine Vorsorgeaufwendungen, da er keine eigenen Aufwendungen als Versicherungsnehmer geleistet hat. Die eigenen Beiträge des Kindes (Versicherungsnehmer) i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG können nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG als eigene Beiträge des Stpfl. behandelt werden. Dies gilt nur dann, wenn für das Kind ein Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld besteht. Unterhaltsleistungen: Die für das Kind im betreffenden VZ geleisteten Unterhaltszahlungen sind dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33a Abs. 1 EStG zu berücksichtigen. Dabei erhöht sich der Höchstbetrag im Kj. 2023 von 10 908 € um den Betrag der im jeweiligen VZ nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG für das Kind aufgewendeten Basis-Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. |
Fall 3: Versicherungsnehmer |
Begünstigte Person |
Beiträge geleistet durch |
Stpfl. |
gesetzlich unterhaltsberechtigte Person, z.B. Mutter |
Stpfl. |
Der Sonderausgabenabzug setzt grundsätzlich voraus, dass der Stpfl. Aufwendungen aufgrund einer eigenen Verpflichtung als Versicherungsnehmer leistet. Unerheblich ist, wer nach dem Versicherungsvertrag versicherte Person oder Bezugsberechtigter ist. Personenidentität liegt vor, wenn Versicherungsnehmer und Beitragszahler identisch sind. Es handelt sich somit um eigene Beiträge des Stpfl. nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG. Unterhaltsleistungen an die gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen fallen dem Grunde nach unter § 33a Abs. 1 EStG. Der Höchstbetrag im Kj. 2023 von 10 908 € erhöht sich um die Basis-Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des Unterhaltsleistenden nur dann, wenn die Beiträge bei diesem keine Sonderausgaben darstellen. Im Beispielsfall erfolgt somit keine Erhöhung des Höchstbetrages. |
Fall 4: Versicherungsnehmer |
Begünstigte Person |
Beiträge geleistet durch |
Mutter |
Mutter |
Stpfl. |
Bei der Veranlagung der Mutter erhält diese die Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG, da sie Aufwendungen im Wege des abgekürzten Zahlungsweges geleistet hat. Bei der Veranlagung des Stpfl. erhält dieser keine Vorsorgeaufwendungen, da er die Aufwendungen nicht als Versicherungsnehmer geleistet hat (keine Personenidentität zwischen Versicherungsnehmer und Beitragszahler; Drittaufwand). Die Beiträge zur Basis-Kranken- und Pflegeversicherung des Stpfl. stellen Unterhaltsleistungen dar, die zusätzlich zum Höchstbetrag im Kj. 2023 von 10 908 € als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden können. |
Fall 5: Versicherungsnehmer |
Begünstigte Person |
Beiträge geleistet durch |
Mutter |
Mutter |
Mutter |
Der Stpfl. (Sohn) unterstützt seine Mutter nach § 33a Abs. 1 EStG. Bei der Veranlagung der Mutter erhält diese ihre eigenen Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG. Da der Sohn seiner Unterhaltspflicht nachkommt, erhöht sich der Höchstbetrag des § 33a Abs. 1 EStG um die Basisversicherungsleistungen der Mutter (s.a. R 33a.1 Abs. 5 EStR); dabei ist es nicht notwendig, dass die Beiträge tatsächlich von dem Unterhaltsverpflichteten gezahlt oder erstattet wurden. Für diese Erhöhung des Höchstbetrages genügt es, wenn der Unterhaltsverpflichtete seiner Unterhaltsverpflichtung nachkommt. Die Gewährung von Sachunterhalt (z.B. Unterkunft und Verpflegung) ist ausreichend. |
Der Höchstbetrag mindert sich um die eigenen Einkünfte und Bezüge der unterhaltenden Person, soweit diese den Betrag von 624 € (unschädlicher Betrag) im Kj. übersteigen. Zur Berechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge s. H 33a.1 [Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge] und R 33a.1 Abs. 3 EStR. Zur Ermittlung der Einkünfte und Bezüge s.a. A 19.5 DA-KG 2024 vom 30.4.2024, St II 2 – S 2280-DA/23/00001, BStBl I 2024, 736).
Einkünfte sind dabei die stpfl. Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG. Bezüge i.S.v. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkunftsermittlung erfasst werden (R 33a.1 Abs. 3 Satz 3 und 4 EStR mit beispielhafter Aufzählung sowie A 19.5.2 DA-KG 2024 vom 30.4.2024, St II 2 – S 2280-DA/23/00001, BStBl I 2024, 736). Bei der Feststellung der anzurechnenden Bezüge sind aus Vereinfachungsgründen insgesamt 180 € im Kj. abzuziehen, wenn nicht höhere Aufwendungen nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden (R 33a.1 Abs. 3 Satz 5 und 6 EStR).
Unter Beachtung der Ländergruppeneinteilung sind Sachbezüge nach der jeweils geltenden Sozialversicherungsentgeltverordnung mit dem sich ergebenden Anteil anzusetzen.
Ab dem VZ 2010 entfällt in § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG der Verweis auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG (H 33a.1 [Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge – Eigene Einkünfte] EStH), sodass die unvermeidbaren Versicherungsbeiträge der unterhaltenen Person im Rahmen der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge nicht mehr zu berücksichtigen sind. Dies beruht auf dem Umstand, dass die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die der Mindestversorgung dienen, künftig bereits bei der Bemessung des Höchstbetrages berücksichtigt werden und daher zur Vermeidung einer Doppelberücksichtigung nicht zusätzlich die Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person mindern dürfen (s.a. H 33a.1 [Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge – Zusammenfassendes Beispiel für die Anrechnung] EStH). Nach den BFH-Urteilen vom 18.6.2015 (VI R 66/13, BFH/NV 2015, 1569, LEXinform 0929958 und VI R 45/13, BStBl II 2015, 928) ist die gesetzliche Regelung verfassungsgemäß (s.a. Anmerkung vom 3.11.2015, LEXinform 0947297). Der BFH hat entschieden, dass bei der Ermittlung der als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähigen Unterhaltsleistungen die anrechenbaren Einkünfte der unterhaltenen Person nicht um die Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie um die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für Leistungen, die über das sozialhilferechtliche Niveau der Krankenversorgung hinausgehen, zu mindern sind. Die gegen das Urteil VI R 45/13 eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (2 BvR 1853/15; s.a. FinBeh Hamburg vom 13.12.2017, S 2285 –K 2012/0009 – 52, DStR 2018, 618).
Nach § 2 Abs. 5b EStG bleiben die Kapitalerträge, die nach § 32d Abs. 1 EStG mit einem besonderen Steuersatz besteuert wurden oder die der Kapitalertragsteuer mit abgeltender Wirkung nach § 43 Abs. 5 EStG unterlegen haben (→ Einkünfte aus Kapitalvermögen, → Abgeltungsteuer), für Zwecke der ESt bei der Ermittlung der Einkünfte, der Summe der Einkünfte, dem Gesamtbetrag der Einkünfte, dem Einkommen und dem zu versteuernden Einkommen ab dem VZ 2009 unberücksichtigt.
Kapitalerträge i.S.d. § 32d Abs. 1 EStG sind – ohne Abzug des Sparer-Pauschbetrages nach § 20 Abs. 9 EStG – als Bezüge anzusetzen (R 33a.1 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 EStR sowie BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 35).
Insgesamt ist somit zu unterscheiden, ob der Kapitalertrag der Abgeltungsteuer unterlag oder ob eine Besteuerung mit dem individuellen Steuersatz vorgenommen wurde. Im ersten Fall sind die Kapitalerträge den Bezügen zuzuordnen; im zweiten Fall werden die Kapitalerträge unter Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrages erfasst.
Ausbildungshilfen, die die unterstützte Person aus öffentlichen Mitteln erhalten hat (BAföG), mindern nach § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG neben den schädlichen Einkünften und Bezügen den anzusetzenden Höchstbetrag im Kj. 2023 von 10 908 € zzgl. um eventuell anzusetzende Basisversicherungsbeiträge nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG.
Anrechenbare Einkünfte i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG sind die nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 2 EStG. Negative Einkünfte der unterhaltenen Person mindern die gem. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG anrechenbaren Ausbildungshilfen, hier BAföG-Zuschüsse, nicht; vgl. BFH vom 8.6.2022, VI R 45/20.
Zu den Bezügen gehört auch das der unterstützten Person im Unterstützungszeitraum zugeflossene Elterngeld. Das bezogene Elterngeld geht in voller Höhe in die eigenen Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person ein. Es ist nach der seit dem VZ 2010 maßgeblichen Rechtslage nicht um einen Sockelbetrag von monatlich 300 € zu kürzen (Urteil Sächsisches FG vom 21.10.2015, 2 K 1175/15, EFG 2016, 383, LEXinform 5018640, rkr.; s.a. Anmerkung vom 22.3.2016, LEXinform 0947644). Zu diesem Ergebnis kommt auch das FG Münster mit Urteil vom 26.11.2015 (3 K 3546/14, EFG 2016, 542, LEXinform 5018802, rkr.; s.a. Pressemitteilung des FG Münster vom 15.3.2016, LEXinform 0444205).
Mit der Einführung des BEEG, das der Sicherung des Einkommens dienen soll, hat der Gesetzgeber in § 3 Nr. 67 EStG geregelt, dass das Elterngeld steuerfrei ist und § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG um den Buchstaben j ergänzt, nach dem das Elterngeld dem Progressionsvorbehalt unterfällt. Dabei fällt auch der Sockelbetrag hierunter, da § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. j EStG anordnet, dass auf das »Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz« der besondere Steuersatz nach § 32b Abs. 2 EStG anzuwenden ist, also der Progressionsvorbehalt gilt (BFH Beschluss vom 21.9.2009, BStBl II 2011, 382). In derselben Entscheidung hat der BFH – auch unter Hinweis auf entsprechende Rechtsprechung des BSG – klargestellt, dass steuerrechtlich das Elterngeld als Einkünfteersatz zu qualifizieren sei. Eine Zweiteilung des Elterngelds in einen rein sozialrechtlichen Sockelbetrag nach § 2 Abs. 5 BEEG und in einen den Einkünfteausfall ausgleichenden, darüber hinausgehenden Aufstockungsbetrag lasse sich weder dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz selbst noch der Begründung des Entwurfs und den weiteren Gesetzgebungsmaterialien dazu entnehmen (BT-Drs. 16/1889 und BT-Drs. 16/2454 und BT-Drs. 16/2785). Die dort zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Gesetzgebers, die durch die erforderliche Kinderbetreuung entgangenen Einkünfte durch das Elterngeld jedenfalls teilweise auszugleichen, spreche vielmehr dafür, das Elterngeld einheitlich als Einkünfteersatz zu qualifizieren (s.a. A 19.5.2 Abs. 1 Nr. 2 DA-KG 2023, Schreiben des BZSt vom 26.5.2023, BStBl I 2023, 818).
Bei der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge der Lebensgefährtin i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG 2016 sind von der Lebensgefährtin bezogenes Elterngeld, Landeserziehungsgeld sowie eine Kostenpauschale von 180 € (vgl. R 33a.1 Abs. 3 Satz 5 EStR 2016) als Bezüge anzurechnen. Haben der Kläger, die Lebensgefährtin und das gemeinsame Kind als sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) erhalten, sind als Bezüge der Lebensgefährtin insoweit nur die für sie gezahlten Sozialleistungen zu berücksichtigen, nicht aber die für die weiteren Personen der sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft (Kläger, Kind) bezogenen Leistungen nach dem SGB II; vgl. Sächsisches FG vom 15.8.2019, 1 K 1873/18.
Hinweis:
Das Elterngeld zählt bei der Berechnung des abzugsfähigen Unterhaltshöchstbetrags in vollem Umfang und damit einschließlich des Sockelbetrags (§ 2 Abs. 4 BEEG) zu den anrechenbaren Bezügen des Unterhaltsempfängers i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG (BFH vom 20.10.2016, VI R 57/15, BStBl II 2017, 194; H 33a.1 [Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge – Elterngeld] EStH). Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet die Berücksichtigung des Sockelbetrags des Elterngelds als anrechenbarer Bezug bei der Berechnung des Unterhaltshöchstbetrags nicht. Insbesondere tritt dadurch keine sachwidrig unterschiedliche steuerliche Entlastung der Unterhaltsverpflichteten ein. Denn § 33a Abs. 1 EStG entlastet Unterhaltsleistungen der Stpfl. in gleicher Weise, soweit sie ihnen zwangsläufig entstehen.
Der Unterhaltshöchstbetrag i.S.d. § 33a Abs. 1 EStG wird wie folgt ermittelt:
Höchstbetrag 2023 |
10 908 € |
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Erhöhung durch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG |
+ ………€ |
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Erhöhter Höchstbetrag |
……….. € |
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Ermittlung der Einkünfte der unterstützten Person |
……….. € |
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Ermittlung der Bezüge der unterstützten Person – ohne Ausbildungshilfen aus öffentlichen Mitteln |
…………. € |
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Kostenpauschale (R 33a.1 Abs. 3 Satz 5 EStR) |
./. 180 € |
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Maßgebliche Bezüge |
……….. € |
……….. € |
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Summe der Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person (H 33a.1 [Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge] EStH) |
…………. € |
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Unschädlicher Betrag |
./. 624 € |
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Schädlicher Betrag |
…………. € |
./. ……. € |
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Gekürzter Höchstbetrag (Zwischenergebnis) |
……….. € |
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Ausbildungshilfen aus öffentlichen Mitteln |
./. ……. € |
||
Gekürzter Höchstbetrag |
……….. € |
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Vergleich mit der Opfergrenze (s.u.) |
Abb.: Berechnung des Unterhaltshöchstbetrages
Aufwendungen für den Unterhalt einer unterhaltsberechtigten Person können nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG als außergewöhnliche Belastungen bis zu einem Höchstbetrag im Kj. 2023 von 10 908 € steuermindernd berücksichtigt werden. Ist die unterhaltende Person nicht unbeschränkt einkommen, kann ein Abzug der Aufwendungen nur erfolgen, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind (§ 33a Abs. 1 Satz 6 EStG). Bei Unterhaltsaufwendungen an nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Personen ist der Höchstbetrag und der unschädliche Betrag gemäß der Ländergruppeneinteilung ab 1.1.2024 (BMF – koordinierter Ländererlass – vom 18.12.2023 (BStBl I 2023, 2236) zu ermitteln (H 33a.1 [Ländergruppeneinteilung] EStH).
Nach dem BFH-Urteil vom 25.11.2010 (VI R 28/10, BStBl II 2011, 283) bestehen gegen den Ansatz der Ländergruppeneinteilung keine verfassungsrechtlichen Bedenken (s.a. BFH vom 5.5.2010, VI R 5/09, BStBl II 2011, 115). Die Anknüpfung an das Pro-Kopf-Einkommen des jeweiligen Staates ist nicht zu beanstanden, weil dadurch die Lebensverhältnisse eines Staates realitätsgerecht abgebildet werden. S.a. die Kommentierung von Geserich, NWB 2011, 416.
Der abziehbare Unterhaltshöchstbetrag für Unterhaltsempfänger mit Wohnsitz im Ausland richtet sich auch dann nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates, wenn sich die Unterhaltsberechtigten vorübergehend zu Besuchen im Inland aufhalten. Nicht nachgewiesene Aufwendungen anlässlich solcher Besuche können in Höhe des inländischen existenznotwendigen Bedarfs je Tag geschätzt werden; (BFH vom 5.6.2003, III R 10/02, BStBl II 2003, 714).
Ob ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch besteht, richtet sich nach inländischen Maßstäben, d.h. nach dem BGB. Dies gilt nach § 33a Abs. 1 Satz 6 EStG auch für die in Deutschland lebenden ausländischen Stpfl., die Angehörige im Ausland unterstützen (BFH Urteile vom 4.7.2002, III R 8/01, BStBl II 2002, 760 und vom 15.4.2015, VI R 5/14, BStBl II 2016, 148; BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 1).
Ein Abzug nach § 33a Abs. 1 EStG kommt nicht in Betracht, wenn der Unterhaltsempfänger (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 1).
ein Kind ist, für das ein Anspruch auf Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld besteht (§ 33a Abs. 1 Satz 4 EStG); andere Leistungen für Kinder und dem inländischen Kindergeld vergleichbare Familienbeihilfen nach ausländischem Recht stehen nach § 65 EStG dem Kindergeld gleich (BFH vom 4.12.2003, BStBl II 2004, 275). Finden Unterhaltsleistungen an Kinder statt, ist ebenfalls zu prüfen, ob für die unterhaltene Person im Ausland Leistungen gewährt werden, die dem Kindergeld vergleichbar sind; hilfreich hierzu ist die Übersicht vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) vom 16.1.2017 (BStBl I 2017, 151) über im Ausland gewährte vergleichbare Leistungen gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
der nicht dauernd getrennt lebende und nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Ehegatte des Stpfl. Ist und das Veranlagungswahlrecht nach § 26 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG gegeben ist;
der geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatte des Stpfl. Ist und der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 i.V.m. § 1a Abs. 1 Nr. 1 EStG vorgenommen wird;
zwar nach ausländischem, aber nicht nach inländischem Recht unterhaltsberechtigt ist, selbst wenn die Unterhaltspflicht des Stpfl. Aufgrund internationalen Privatrechts im Inland verbindlich ist (BFH vom 4.7.2002, III R 8/01, BStBl II 2002, 760 und BFH vom 30.9.2003, III R 19/01, BFH/NV 2004, 329).
Der BFH nimmt mit Urteil vom 2.12.2004 (III R 49/03, BStBl II 2005, 483) ausführlich zu den Nachweispflichten bei Unterhaltszahlungen ins Ausland Stellung. Danach hat der Stpfl. Die Voraussetzungen für den Abzug von Unterhaltszahlungen gem. § 33a Abs. 1 EStG nachzuweisen, und zwar neben der Bedürftigkeit des Unterstützungsempfängers insbes. Auch die tatsächlichen Zahlungen. Gem. § 90 Abs. 2 AO sind bei Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Unterstützungsempfänger die Beteiligten in besonderem Maße verpflichtet, bei der Aufklärung mitzuwirken und die Beweismittel zu beschaffen (s.a. BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623 Rz. 3 bis 9). Auch der Rspr. ist es nicht verwehrt, allgemeingültige Kriterien zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der erforderlichen Beweismittel i.S.v. § 90 Abs. 2 AO zu entwickeln (BFH vom 3.6.1987, III R 205/81, BStBl II 1987, 675). Zuzulassen sind regelmäßig nur sichere und leicht nachprüfbare – soweit möglich inländische – Beweismittel (BFH vom 7.5.2015, VI R 32/14, BFH/NV 2015, 1248, LEXinform 0934717, Rz. 12).
Insbes. müssen Bedürftigkeitsbescheinigungen erwachsener Unterhaltsempfänger detaillierte Angaben über vor dem Beginn der Unterstützung bezogene Einkünfte enthalten. Im Hinblick auf die nur eingeschränkte Überprüfbarkeit eines im Ausland verwirklichten Sachverhalts sind umfassende Angaben dazu unerlässlich. Grundsätzlich ist es zumutbar, vollständig ausgefüllte Bescheinigungen vorzulegen. Zur Erleichterung hat die Finanzverwaltung für viele Länder eine zweisprachige Unterhaltserklärung zum Ausfüllen ins Internet gestellt, die unter www.bundesfinanzministerium.de unter Formulare von A–Z (Buchstabe U) heruntergeladen werden können.
Die Erfüllung der Pflichten zur Aufklärung des Sachverhalts sowie zur Vorsorge und Beschaffung von Beweismitteln muss allerdings möglich, zumutbar und verhältnismäßig sein. So können etwa in Fällen eines Bürgerkrieges Beweiserleichterungen hinsichtlich der Beschaffung amtlicher Bescheinigungen in Betracht kommen (BFH vom 7.5.2015, VI R 32/14, BFH/NV 2015, 1248, Rz. 13 und 14).
Mit rechtskräftigem Urteil vom 30.8.2010 (5 K 1505/09, DStRE 2011, 546, LEXinform 5010857) hat das FG Rheinland-Pfalz zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Angehörige bei den außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt werden können.
In ihrer Einkommensteuererklärung hatten die Kläger angegeben, dass sie für die in der Türkei lebende Mutter der Klägerin im Jahr 8 000 € an Unterhalt gezahlt hätten. Beigefügt war eine zweisprachige Erklärung, in der durch Ankreuzen erklärt wurde, dass die eigenen Einkünfte und Bezüge und das Vermögen der unterstützten Person zur Bestreitung des Lebensunterhalts nicht ausreichen würden und dass neben den Antragstellern keine anderen Personen zum Unterhalt der unterstützten Person beitragen würden. Der Beklagte war der Ansicht, dass die geltend gemachten Zahlungen bzw. die Bedürftigkeit der unterstützten Person nicht ausreichend nachgewiesen worden seien und lehnte eine entsprechende Berücksichtigung bei den außergewöhnlichen Belastungen im ESt-Bescheid ab.
Daraufhin erhoben die Kläger Klage vor dem FG Rheinland-Pfalz und legten eine zusätzliche Bescheinigung vor. Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, dass für den Unterhalt einer gegenüber dem Stpfl. gesetzlich unterhaltsberechtigten Person Aufwendungen bis zum Kj. 2012 bis zu 8 004 € berücksichtigt werden könnten. Die Voraussetzungen für die steuerliche Berücksichtigung, d.h. die Bedürftigkeit und die Zahlungen, seien jedoch nachzuweisen. Bei Unterhaltsleistungen an im Ausland lebende Unterstützungsempfänger seien die Beteiligten im besonderen Maße verpflichtet, bei der Aufklärung mitzuwirken und Beweismittel zu beschaffen, umfassende Angaben seien unerlässlich.
Im Streitfall hätten die Kläger schon die Unterhaltsbedürftigkeit der Mutter nicht nachgewiesen. Die vorgelegte Unterhaltsbescheinigung sei in wesentlichen Teilen unausgefüllt, es fehlten Angaben über den »Beginn der Unterstützung«, die »jährlichen Einkünfte vor der Unterstützung« und über »eigenes Vermögen«; zudem fehle die Unterschrift der Mutter zur Bestätigung der übrigen Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Auch die zusätzlich vorgelegte Bescheinigung reiche nicht aus, ein »Steuerbescheid, Rentenbescheid«, eine Bescheinigung der zuständigen »Arbeits- oder Sozialbehörde« fehle nach wie vor. Soweit auf Seite 1 der Unterhaltsbescheinigung ein Dienstsiegel einer türkischen Behörde mit einer Unterschrift vorhanden sei, würden damit aber ausdrücklich nur die gemachten »Persönlichen Angaben« bestätigt. Auf die Angaben über die »wirtschaftlichen Verhältnisse der unterstützten Person« beziehe sich die Bestätigung der ausländischen Behörde ausdrücklich nicht.
Außerdem seien auch die erforderlichen Zahlungsnachweise nicht erbracht worden. Angaben, wie die Zahlungen erbracht worden sein sollten, würden fehlen. Die vorgelegte Bescheinigung enthalte – jedenfalls in deutscher Sprache – keine konkreten Angaben, da zu der im Formular aufgeführten Frage, »Wie und durch wen sind die Zahlungen erfolgt? (Bitte erläutern)« nur eingetragen worden sei: »bar«. Das sei nicht ausreichend. Demnach hätten die Kläger den ihnen obliegenden Nachweis für berücksichtigungsfähige Unterhaltszahlungen nicht erbracht. Die Revision wurde nicht zugelassen (Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz vom 15.9.2010, LEXinform 0435679).
Der Abzug von Unterhaltsaufwendungen entfällt, wenn die Unterhaltsbedürftigkeit der unterhaltenen Person trotz entsprechender Unterhaltserklärung nicht glaubhaft ist. Dies ist der Fall, wenn die Unterhaltszahlungen nicht den gesamten Lebensbedarf der unterhaltenen Person abdecken (BFH vom 11.11.2010, BStBl II 2011, 966).
Im Hinblick auf die nur eingeschränkte Überprüfbarkeit eines im Ausland verwirklichten Sachverhalts und die erhöhte Mitwirkungspflicht des Stpfl. nach § 90 Abs. 2 AO müssen Bescheinigungen über die Bedürftigkeit von im Ausland lebenden erwachsenen Unterhaltsempfängern grds. vollständig ausgefüllt sein und insbes. detaillierte Angaben über vor dem Beginn der Unterstützung bezogene Einkünfte enthalten; vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 31.8.2010, 5 K 1505/09.
Überweisungen sind grundsätzlich durch Post- oder Bankbelege (Buchungsbestätigung oder Kontoauszüge) nachzuweisen, die die unterhaltene Person als Empfänger ausweisen (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 13 bis 21).
Bei baren Unterhaltszahlungen sowie bei allen anderen Zahlungswegen als bei Überweisungen sind erhöhte Beweisanforderungen zu erfüllen (s.a. BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 17). Für die Übergabe jedes einzelnen Geldbetrages muss eine Empfängerbestätigung ausgestellt werden (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 21).
Zu den Voraussetzungen für die Anerkennung von Unterhaltsaufwendungen an Angehörige im Ausland nimmt das FG München mit Urteil vom 24.5.2012 (10 K 1381/11, LEXinform 5014183, rkr.) Stellung. Danach setzt die Abzugsfähigkeit von Unterhaltsaufwendungen voraus, dass die tatsächlichen Zahlungen und die Bedürftigkeit des Zahlungsempfängers vom Stpfl. nachgewiesen werden. Bei Unterhaltszahlungen an Empfänger im Ausland ist die Bedürftigkeit durch vollständig ausgefüllte Bedürftigkeitsbescheinigungen nachzuweisen. Bargeldzahlungen an Unterhaltsempfänger im Ausland können durch vollständig ausgefüllte Empfängerbestätigungen (s.u.) nachgewiesen werden. Nachträglich ausgestellte oder zusammengefasste Empfängerbestätigungen haben keinen Beweiswert.
Zur Anerkennung von Unterhaltsaufwendungen für im Ausland (Italien) lebende Angehörige s. das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 21.7.2015 (8 K 3609/13, LEXinform 5018767, rkr.; s.a. Mitteilung des FG Baden-Württemberg vom 1.3.2016, LEXinform 0444164): Sind Zahlungsbelege untergegangen, hat der Stpfl. Ersatzbelege zu beschaffen. Die hierfür anfallenden Aufwendungen stellen allerdings keine Unterhaltsaufwendungen dar. Haben die Eltern kein Bankkonto und wurden die Unterhaltszahlungen drei- bis viermal im Jahr durch einen in Italien beruflich tätigen Dritten als Geldboten erbracht, so kann die Geldübergabe durch die Zeugenaussage des Dritten auch dann als für den Steuerabzug ausreichend nachgewiesen werden, wenn der Dritte sich nicht mehr an das genaue Datum und den genauen Betrag der einzelnen Geldübergaben erinnern kann.
Der Abzug von Unterhaltszahlungen gem. § 33a Abs. 1 EStG setzt neben der Bedürftigkeit des Unterstützungsempfängers insbes. den Nachweis der entsprechenden Zahlungen durch den Stpfl. voraus. Bei Heimfahrten des Stpfl. zu der von ihm unterstützten im Ausland lebenden Familie kann nach der Rspr. des BFH grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Stpfl. je Familienheimfahrt einen Nettomonatslohn für den Unterhalt des Ehegatten, der Kinder und anderer im Haushalt der Ehegatten lebender Angehöriger mitnimmt. Diese Beweiserleichterung gilt für bis zu vier im Kj. nachweislich durchgeführte Familienheimfahrten (BFH vom 22.2.1991, III R 3/88, BFH/NV 1991, 595 und BFH vom 4.8.1994, III R 22/93, BStBl II 1995, 114). Das BMF-Schreiben vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 19) folgt dieser Rspr.
Diese Beweiserleichterung betrifft nur Fälle, in denen die Ehefrau des Unterhalt leistenden Stpfl. im Ausland lebt, nicht dagegen die Gestaltung, dass die Ehefrau beim Stpfl. im Inland wohnt (BFH vom 19.5.2004, III R 39/03, BStBl II 2005, 24). Voraussetzung für die Beweiserleichterung ist demnach, dass der Ehegatte im Ausland einen Familienhaushalt aufrechterhält.
Bei ArbN kann grds. davon ausgegangen werden, dass der Stpfl. je Familienheimfahrt einen Nettomonatslohn für den Unterhalt des Ehegatten, der Kinder und anderer im Haushalt des Ehegatten lebender Angehöriger mitnimmt.
Der Geldtransfer durch eine Mittelsperson (hierzu zählt auch ein neutrales gewerbliches Transportunternehmen) kann grundsätzlich nicht anerkannt werden. Dies gilt nicht, wenn wegen der besonderen Situation im Wohnsitzstaat (z.B. Krisengebiet) ausnahmsweise kein anderer Zahlungsweg möglich ist. In diesem Fall sind neben der Identität der Mittelsperson (Name und Anschrift) der genaue Reiseverlauf darzustellen sowie ein lückenloser Nachweis über die Herkunft des Geldes im Inland und über jeden einzelnen Schritt bis zur Übergabe an die unterhaltene Person zu erbringen. Die Durchführung der Reise durch eine private Mittelsperson ist stets durch die Vorlage von Fahrkarten, Tankquittungen, Grenzübertrittsvermerken, Flugscheinen, Visa usw. nachzuweisen.
Eine Empfängerbestätigung muss für die Übergabe jedes einzelnen Geldbetrags ausgestellt werden. Sie muss den Namen und die Anschrift des Stpfl. und der unterhaltenen Person, das Datum der Ausstellung und die Unterschrift des Empfängers sowie den Ort und den Zeitpunkt der Geldübergabe enthalten. Um die ihr zugedachte Beweisfunktion zu erfüllen, muss sie Zug um Zug gegen Hingabe des Geldes ausgestellt werden. Nachträglich ausgestellte oder zusammengefasste Empfängerbestätigungen sind nicht anzuerkennen (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 20 und 21).
Zu den Beweisanforderungen für Unterhaltszahlungen an Angehörige im Ausland nimmt der BFH mit Urteil vom 9.3.2017 (VI R 33/16, BFH/NV 2017, 1042) Stellung. Der Stpfl. unterstützt seine in Ungarn lebende Mutter mit jährlich 1 800 €. Im Urteilsfall hat der BFH die vorgelegten Empfangsbestätigungen nicht anerkannt. Der Stpfl. hat die Voraussetzungen für den Abzug von Unterhaltszahlungen gem. § 33a Abs. 1 EStG nachzuweisen, und zwar neben der – hier unstreitig vorliegenden und vom FG bindend festgestellten (§ 118 Abs. 2 FGO) – Bedürftigkeit des Unterstützungsempfängers insbes. auch die tatsächlichen Zahlungen. Aus den Empfängerbestätigungen ist nicht ersichtlich, ob der Mutter des Stpfl. die Zuwendungen als Einmalbetrag oder in Teilbeträgen übergeben worden sind. Denn die Bestätigungen lauteten auf die Zahlung von insgesamt 1 800 € je Streitjahr. Auch ist aus den Bestätigungen nicht ersichtlich, zu welchem Zeitpunkt die Zahlung(en) von dem Stpfl. geleistet wurden. Die Schriftstücke sind zwar datiert. Das Datum lässt vorliegend jedoch nur auf den Tag ihrer Ausstellung, nicht aber den Zeitpunkt der Bargeldübergabe schließen. Auch streitet der Umstand, dass die bescheinigten Zahlungen nicht außergewöhnlich hoch waren, nicht für die inhaltliche Richtigkeit der vorgelegten Bestätigungen. Schließlich lässt sich auch aus der Bedürftigkeit eines gesetzlich Unterhaltsberechtigten nicht auf tatsächlich geleistete Unterhaltszahlungen schließen.
Der Nachweis einer Bargeldübergabe verlangt neben einer belastbaren Empfängerbestätigung einen zeitnahen, lückenlosen Nachweis der »Zahlungskette«, also Nachweise über die Abhebungen oder konkrete Verfügbarkeit dieser Beträge zum Zeitpunkt der Übergabe durch den Stpfl. Allein das Vorliegen entsprechender Einkommens- und Vermögensverhältnisse genügt hierfür nicht. Darüber hinaus muss der Stpfl. das »Wie und Wann« der Bargeldübergabe im Einzelnen darlegen und belastbar nachweisen. Deshalb steht einer überzeugenden Nachweisführung der Umstand entgegen, dass der Stpfl. nicht nachweisen kann, dass er zur behaupteten Bargeldübergabe am Übergabeort gewesen ist. Zu Recht weist das FG zwar daraufhin, dass der Unterhaltsverpflichtete die Barzuwendung nicht persönlich übergeben muss. In einem solchen Fall hat er jedoch »Ross und Reiter«, d.h. den Überbringer des Geldes, zu benennen (s.a. Anmerkung vom 6.7.2017, LEXinform 0948842).
Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die allgemeinen Voraussetzungen für den Abzug von Aufwendungen für den Unterhalt nicht vorgelegen haben, ermäßigt sich der in Betracht kommende Höchstbetrag im Kj. 2023 von 10 908 € um ein Zwölftel (§ 33a Abs. 3 Satz 1 EStG). Es ist deshalb festzustellen, für welche Monate Zahlungen geleistet wurden (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 25). Unterhaltszahlungen dürfen regelmäßig nicht als Unterhaltsleistungen für Vormonate und auch nicht zur Deckung des Unterhaltsbedarfs für das Folgejahr berücksichtigt werden (H 33a.1 [Allgemeines zum Abzug von Unterhaltsaufwendungen] EStH; s.a. BFH Urteile vom 5.5.2010, VI R 40/09, BStBl II 2011, 164 und vom 11.11.2010, VI R 16/09, BFH/NV 2011, 501, LEXinform 0179855).
Unterhaltsaufwendungen können nur abgezogen werden, soweit sie dem laufenden Lebensbedarf der unterhaltenen Person im Kj. der Leistung dienen (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 26). Unterhaltsaufwendungen dürfen grundsätzlich nicht auf Monate vor ihrer Zahlung zurückbezogen werden. Dabei ist davon auszugehen, dass der Unterhaltsverpflichtete seine Zahlungen so einrichtet, dass sie zur Deckung des Lebensbedarfs der unterhaltenen Person bis zum Erhalt der nächsten Unterhaltszahlung dienen (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 27).
Soweit Zahlungen nicht ausschließlich dazu bestimmt sind, den Unterhaltsbedarf des laufenden sondern auch des folgenden Jahres abzudecken, können die gesamten Unterhaltsaufwendungen nur im Jahr der Zahlung, nicht jedoch im Folgejahr berücksichtigt werden. Dabei wird zugunsten des Stpfl. unterstellt, dass die Zahlung der Bedarfsdeckung bis zum Ende des Kj. der Zahlung dient (s.a. BFH vom 11.11.2010, VI R 16/09, BStBl II 2011, 966).
Beispiel 11:
Der Stpfl. S überweist erstmals im Dezember 22 einen Betrag von 3 000 € an seinen bedürftigen Vater in einem Land der Ländergruppe 1 (keine Kürzung). Die Zahlung ist für den Unterhalt bis zum 30.6.23 bestimmt.
Lösung 11:
Die Unterhaltszahlung ist im Kj. 22 abgeflossen (§ 11 Abs. 2 EStG). Die Unterhaltsaufwendungen sind mit 862 € (1/12 von 10 347 €) abziehbar. Eine Berücksichtigung im Kj. 23 ist nicht möglich (s.a. BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Beispiel 6 in Rz. 28).
Hinweis:
Mit Urteil vom 25.4.2018 (VI R 35/16, BStBl II 2018, 643) bestätigt der BFH seine ständige Rechtsprechung zur zeitanteiligen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen und hebt dabei das anderslautende, vorinstanzliche Urteil des FG Nürnberg vom 13.7.2016 (5 K 19/16, EFG 2016, 1527, LEXinform 5019270) wieder auf. Das FG hat zu Unrecht davon abgesehen, die im Dezember des Streitjahres geleisteten Unterhaltsaufwendungen gem. § 33a Abs. 1, Abs. 3 EStG um 11/12 zu kürzen: Unterhaltsleistungen können nur insoweit nach § 33a Abs. 1 EStG zum Abzug zugelassen werden, als die Aufwendungen dazu bestimmt und geeignet sind, dem laufenden Lebensbedarf des Unterhaltsempfängers im VZ der Unterhaltszahlung zu dienen (Bestätigung der ständigen Rspr.). Der vom BFH in ständiger Rechtsprechung zu § 33a EStG betonte Grundsatz der Abschnittsbesteuerung hat eine hinreichende Fundierung im Gesetzeswortlaut gefunden. Deshalb ist nicht nur aus Gründen der Rechtssicherheit und der Stetigkeit der höchstrichterlichen Rspr. daran festzuhalten, dass Zahlungen an unterhaltsberechtigte Personen insoweit gem. § 33a Abs. 1 EStG steuerlich nicht berücksichtigt werden können, als sie den Unterhalt in dem auf das Jahr der Zahlung folgenden Jahr decken sollen. Dies gilt gleichermaßen für Unterhaltsleistungen an unbeschränkt wie an nicht unbeschränkt stpfl. Unterhaltsempfänger (s.a. Anmerkung vom 31.7.2018, LEXinform 0653485).
Nach R 33a.1 Abs. 4 EStR, H 33a.1 [Opfergrenze] EStH und den BMF-Schreiben vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 16 bis 23) dürfen die nach § 33a Abs. 1 EStG ermittelten Unterhaltsaufwendungen die Opfergrenze nicht übersteigen.
Nach § 1603 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, den Unterhalt zu gewähren. Als Folge der konkreten Betrachtungsweise ist die Steuerermäßigung daher auch von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten abhängig.
Es ist zu prüfen, inwieweit der Stpfl. zur Unterhaltsleistung unter Berücksichtigung seiner Verhältnisse verpflichtet ist. Dies ist nur der Fall, soweit die Unterhaltsaufwendungen in einem vernünftigen Verhältnis zu seinen Einkünften stehen und ihm nach Abzug der Unterhaltsaufwendungen genügend Mittel zur Bestreitung des Lebensbedarfs für sich und ggf. für seinen Ehegatten und seine Kinder verbleiben (BFH vom 27.9.1991, III B 42/91, BStBl II 1992, 35). Die nach § 33a Abs. 1 Satz 6 EStG maßgeblichen Beträge sind anhand der Ländergruppeneinteilung zu ermitteln (R 33a.1 Abs. 4 Satz 2 EStR).
Die Opfergrenzenregelung gilt nicht
bei Aufwendungen für den Unterhalt an den (ggf. auch geschiedenen) Ehegatten (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 23) sowie
bei einer bestehenden Haushaltsgemeinschaft mit der unterhaltenen Person (BFH vom 29.5.2008 (III R 23/07, BStBl II 2009, 363; BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 24).
Unter Haushaltsgemeinschaft ist nicht nur ein örtlich gebundenes Zusammenleben zwischen Stpfl. und der unterhaltenen Person zu verstehen, sondern sie ist die Schnittstelle von Merkmalen örtlicher (Familienwohnung), materieller (Vorsorge, Unterhalt) und immaterieller Art (Zuwendung von Fürsorge, Begründung eines familienähnlichen Bandes). Fehlt oder entfällt auch nur eines dieser drei Kriterien, liegt eine Haushaltsgemeinschaft nicht vor (BSG Urteil vom 8.12.1993, 10 RKg 8/92, LEXinform 0184534).
Der Verzicht auf die Anwendung der Opfergrenze beruht nicht schon darauf, dass der Stpfl. zusammen mit einer mittellosen Person in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, sondern ist vom Bestehen einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft von der Kürzung zum Unterhalt bestimmter öffentlicher Mittel abhängig (Urteil FG des Saarlandes vom 5.4.2016, 2 K 1213/13, EFG 2016, 1173, LEXinform 5019103, Rechtsausführungen bestätigt durch BFH Urteil vom 14.12.2016, VI R 15/16, BStBl II 2017, 454). Die sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaften sind in § 7 Abs. 3 SGB II abschließend definiert. Im Urteilsfall lebte der Stpfl. mit seiner Ehefrau und seinen drei Söhnen in einem Haushalt. Zwei Söhne hatten bereits das 25. Lebensjahr vollendet, der dritte Sohn – für den er im Streitjahr für drei Monate Kindergeld bezog – war 24 Jahre alt.
Das FG und der BFH (s.o.) haben die Unterstützungsleistungen für die über 25 jährigen Söhne nur unter Berücksichtigung der Opfergrenze anerkannt, da die Voraussetzungen der sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 SGB II nicht erfüllt seien. Bei einem Nettoeinkommen von 24 251 € beträgt die Opfergrenze (24 251 € : 500 =) 48 %, die wegen seiner Ehefrau um 5 % und wegen seines dritten Sohnes, für den er für 3 Monate Kindergeld erhielt, um anteilig (5 % × 3/12 =) 1,25 % zu kürzen war. Die Opfergrenze betrug danach 41,75 % von 24 251 € = 10 125 €. S.u. den Gliederungspunkt »Berechnung der Opfergrenze nach dem Monatsprinzip«.
Aufwendungen für den Unterhalt sind im Allgemeinen höchstens insoweit als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, als sie einen bestimmten Prozentsatz des Nettoeinkommens nicht übersteigen (sog. Opfergrenze; BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 16 bis 23). Nach § 1603 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, den Unterhalt zu gewähren. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH können daher Unterhaltsleistungen im Allgemeinen nur dann als zwangsläufig und folglich als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen und diesem nach Abzug der Unterhaltsleistungen noch die angemessenen Mittel zur Bestreitung des Lebensbedarfs verbleiben (BFH vom 17.12.2009, VI R 64/08, BStBl II 2010, 343).
Zur Ermittlung des verfügbaren Nettoeinkommens s.a. A 19.5 DA-KG 2024 vom 30.4.2024, St II 2 – S 2280-DA/23/00001, BStBl I 2024, 736.
alle steuerpflichtigen Einnahmen zur Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrages (s.u.), erhöhter Absetzungen und privater Veräußerungsgeschäfte (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 18) |
…………… € |
alle steuerfreien Einnahmen: Kindergeld oder vergleichbare Leistungen (zu Kindergeld s.a. BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 17) |
+ …………. € |
die der Abgeltungsteuer unterliegenden Kapitalerträge nach § 32d Abs. 1 und § 43 Abs. 5 EStG ohne Abzug des Sparer-Pauschbetrags nach § 20 Abs. 9 EStG |
+ …………. € |
Leistungen nach dem SGB II, SGB III und BEEG |
+ …………. € |
steuerfreier Teil der Rente |
+……………€ |
Steuererstattungen |
+ …………. € |
ArbN-Sparzulage |
+ …………. € |
Zwischensumme |
……………. € |
abzüglich gesetzliche Lohnabzüge (LSt, KiSt, SolZ) |
./. …………. € |
Steuervorauszahlungen und -nachzahlungen (auch für Vorjahre, s.u.) |
./. …………. € |
unvermeidbare Versicherungsbeiträge (Basiskranken- und Pflegeversicherung) |
./. …………. € |
Werbungskosten (mindestens ArbN-Pauschbetrag) |
./. …………. € |
Nettoeinkommen |
…………… € |
zzgl. Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG (s.u.) |
+ ……..…€ |
maßgebliches Nettoeinkommen |
………….€ |
Abb.: Das Nettoeinkommen bei der Opfergrenze
Bei der Berechnung der sog. Opfergrenze ist der Arbeitnehmerpauschbetrag anzusetzen. Das gilt auch dann, wenn der Stpfl. keine WK hatte (BFH vom 11.12.1997, III R 214/94, BStBl II 1998, 29). Entsprechendes gilt für den Abzug anderer WK-Pauschbeträge nach § 9a EStG und des Sparer-Pauschbetrags nach § 20 Abs. 9 EStG bei der Ermittlung der anderen Einkünfte.
Nach dem BFH-Urteil vom 6.2.2014 (VI R 34/12, BStBl II 2014, 619) ist das Nettoeinkommen um den in § 7g EStG geregelten Investitionsabzugsbetrag zu erhöhen: Unterhaltsaufwendungen nach § 33a EStG können nur dann zum Abzug gebracht werden, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen. Der Umstand einer allgemeinen Unterhaltsverpflichtung kann nur dann gegeben sein, wenn dem Unterhaltsverpflichteten ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts zur Verfügung stehen (eigene Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten). Es ist zu prüfen, inwieweit der Stpfl. zur Unterhaltsleistung unter Berücksichtigung seiner persönlichen Einkommensverhältnisse verpflichtet ist bzw. bis zu welcher Höhe ihm die Übernahme der Unterhaltsleistungen überhaupt möglich ist. Hierfür ist es notwendig, das verfügbare Nettoeinkommen des Stpfl. zu ermitteln (sog. Opfergrenze). Bisher war fraglich, wie ein Investitionsabzugsbetrag bei der Ermittlung der Opfergrenze zu berücksichtigen sei. Das FG Niedersachsen entschied mit Urteil vom 24.4.2012, EFG 2012, 1349, dass durch die Geltendmachung eines Investitionsabzugsbetrags die tatsächliche Leistungsfähigkeit eines Stpfl. nicht beeinträchtigt wird. In dem Revisionsverfahren (BFH vom 6.2.2014, VI R 34/12, BStBl II 2014, 619) hat der BFH die Auffassung des FG bestätigt. Unterhaltsaufwendungen können nur dann als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen. Zum Nettoeinkommen gehören im Wesentlichen alle stpfl. Einkünfte und alle steuerfreien Einnahmen. Das Nettoeinkommen ist um den in § 7g EStG geregelten Investitionsabzugsbetrag zu erhöhen.
Beispiel 12:
Der Stpfl. ist ledig und leistet Unterhalt an seine 28-jährige studierende Tochter. Er erzielt Einkünfte aus einer freiberuflichen Tätigkeit. Im VZ 18 macht er einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG i.H.v. 30 000 € geltend, sodass der Gewinn im VZ 18 10 000 € beträgt. Nach Anschaffung des entsprechenden WG im Jahr 19 wird der Abzugsbetrag i.H.v. 30 000 € hinzugerechnet (Gewinn danach 20 000 €). Von dem gewinnmindernden Wahlrecht nach § 7g Abs. 2 Satz 2 EStG macht er keinen Gebrauch.
Lösung 12:
Die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit zwecks Berechnung der Opfergrenze betragen im Jahr 18 40 000 €. Ebenso ist die Hinzurechnung im VZ 19 nicht zu berücksichtigen, weil die Einkünfte um Beträge zu kürzen sind, die dem Leistungsverpflichteten faktisch nicht zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund ist ein Verlust i.H.v. 10 000 € anzusetzen.
Anmerkung: Hätte der Stpfl. von dem gewinnmindernden Wahlrecht nach § 7g Abs. 2 Satz 2 EStG Gebrauch gemacht, wäre der Verlust von 10 000 € um die AfA ohne gekürzte AK zu ermitteln gewesen.
Nach dem BFH-Urteil vom 28.3.2012 (VI R 31/11, BStBl II 2012, 769) sind Steuerzahlungen von dem zugrunde zu legenden Einkommen grundsätzlich in dem Jahr abzuziehen, in dem sie gezahlt wurden (s.a. BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Beispiel 1 in Rz. 23).
Bei Selbstständigen und Gewerbetreibenden, deren Einkünfte naturgemäß stärkeren Schwankungen unterliegen, ist bei der Ermittlung des Nettoeinkommens regelmäßig ein Dreijahresdurchschnitt zu bilden. Führen Steuerzahlungen für mehrere Jahre jedoch zu nicht unerheblichen Verzerrungen des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens, sind die im maßgeblichen Dreijahreszeitraum geleisteten durchschnittlichen Steuerzahlungen zu ermitteln und vom »Durchschnittseinkommen« des Streitjahres abzuziehen (BFH vom 28.4.2016, VI R 21/15, BStBl II 2016, 742).
Der ArbN-Pauschbetrag ist sogar dann zum Abzug zu bringen, wenn der Stpfl. keine tatsächlichen WK hatte; vgl. BFH vom 11.12.1997, III R 214/94.
Im Falle von Selbstständigen, deren Einkünfte naturgemäß stärkeren Schwankungen unterliegen, ist der Berechnung der Unterhaltsleistungen nach zivilrechtlichen Grundsätzen regelmäßig ein längerer Zeitraum zugrunde zu legen (vgl. BGH Urteil vom 2.6.2004, XII ZR 217/01, LEXinform 1531145). Werden nur die im VZ erzielten Einkünfte zugrunde gelegt, dann wird die zivilrechtliche Unterhaltsverpflichtung insoweit im Steuerrecht nicht nachvollzogen. Entsprechend kann es dazu kommen, dass in einem VZ, in dem ein geringer Anteil der in mehreren Jahren angefallenen Einkünfte erzielt wurde, gar kein oder nur ein relativ geringer Betrag von Unterhaltszahlungen nach § 33a EStG abziehbar wäre, obwohl zivilrechtlich aufgrund der mehrjährigen Verrechnung tatsächlich ein deutlich höherer Betrag zu zahlen war. Eine solche Vorgehensweise entspricht nicht dem Zweck des § 33a EStG, der die Berücksichtigung der konkreten Unterhaltsverpflichtung verlangt (BFH vom 28.3.2012, VI R 31/11, BStBl II 2012, 769; s.a. Geserich, Kommentar zum BFH-Urteil vom 28.3.2012, Eilnachrichten, NWB 2012, 1881).
Bei Selbstständigen und Gewerbetreibenden, deren Einkünfte naturgemäß stärkeren Schwankungen unterliegen, ist bei der Ermittlung des Nettoeinkommens regelmäßig ein Dreijahresdurchschnitt zu bilden (BFH vom 28.4.2016, VI R 21/15, BStBl II 2016, 742; Bestätigung des BFH-Urteils vom 28.3.2012, VI R 31/11, BStBl II 2012, 769).
Beispiel 13:
Die Eheleute S und T werden im Kj. 23 zusammen zur ESt veranlagt. Die Eheleute beantragen in der ESt-Erklärung für das Kj. 23 Unterhaltsleistungen an die beiden volljährigen Söhne des S und Stiefsöhne der T i.H.v. jeweils 10 908 € (Höchstbetrag für das Kj. 2023). Die Söhne studieren beide und sind nicht kindergeldberechtigt. Eigene Einkünfte und Bezüge oder öffentliche Ausbildungshilfen sind bei beiden nicht angefallen. Der Sohn der T und Stiefsohn des S lebt in dessen Haushalt; für diesen bezieht die Ehefrau T Kindergeld.
Nach den Angaben der Eheleute hat das FA das Nettoeinkommen wie folgt ermittelt:
S: |
Berechnung des Nettoeinkommens: Verfügbare Einnahmen |
|
Einkünfte aus selbstständiger Arbeit als Steuerberater im Durchschnitt der letzten drei Jahre |
483 096 € |
|
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung |
4 190 € |
|
T: |
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit |
23 105 € |
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung |
2 934 € |
|
Gemeinsame Einkünfte der Eheleute |
513 325 € |
|
abzgl. Sozialversicherungsbeiträge der Ehefrau |
./. 5 200 € |
|
abzgl. Versicherungsbeiträge des Ehemanns (Beiträge zu einer Basiskranken- und Pflegeversicherung; BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 17) |
./. 9 000 € |
|
zzgl. bezogenes Kindergeld 2023 für den Sohn der T (250 € × 12 : 2 =) |
+ 1 500 € |
|
abzgl. im Kj. 23 geleistete Steuernachzahlungen und Vorauszahlungen |
./. 564 402 € |
|
Verfügbares Nettoeinkommen für die Ermittlung der Opfergrenze |
./. 63 777 € |
Wegen der zu erwarteten Steuernachzahlungen hat der Stpfl. Rücklagen (Bankguthaben) gebildet und dafür glaubhaft 410 000 € zur Begleichung der Steuerschulden eingesetzt.
Unterhaltsleistungen sind nach der Berechnung des FA nicht zu berücksichtigen, weil danach die Opfergrenze unterschritten ist.
Lösung 13:
Der Sachverhalt und die Lösung sind dem BFH-Urteil vom 28.4.2016 (VI R 21/15, BStBl II 2016, 742) nachgebildet.
Unstreitig ist, dass die beiden Kinder des S gem. § 1601 BGB dem Grunde nach zum Unterhalt berechtigt sind. Über eigene Einkünfte und Bezüge oder eigenes Vermögen verfügen die beiden Kinder nicht, sind daher auch nach § 1602 BGB bzw. § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG bedürftig.
Das FG stellt fest, dass das FA bei der Berechnung der Opfergrenze die verschiedenen Einkünfte der Eheleute und auch die in Abzug zu bringenden Aufwendungen insbes. für die erfolgten Zahlungen der verschiedenen Steuerschulden nach den Vorgaben aus dem BMF-Schreiben vom 7.6.2010 (BStBl I 2010, 582, mittlerweile aktualisiert durch BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617) korrekt berücksichtigt hat.
Das FG (Urteil des FG Niedersachsen vom 19.2.2015, 16 K 10187/14, LEXinform 5019115) korrigiert die Berechnung des FA, da die Ehefrau gegenüber ihren beiden Stiefsöhnen nicht gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist. Deshalb sind ihre Einkünfte und ihre Aufwendungen sowie das bezogene Kindergeld aus der Berechnung auszuklammern (bestätigt durch BFH vom 28.4.2016, VI R 21/15, BStBl II 2016, 742). S.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 51/2016 vom 27.7.2016 (LEXinform 0444866).
Steuerzahlungen (einschließlich entsprechender Voraus- und Nachzahlungen) sind von dem hiernach zugrunde zu legenden Einkommen grundsätzlich in dem Jahr abzuziehen, in dem sie geleistet wurden (BFH vom 28.3.2012, VI R 31/11, BStBl II 2012, 769). Allerdings gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos. Denn Steuervorauszahlungen, -erstattungen und -nachzahlungen für mehrere Jahre können insbes. bei Selbstständigen und Gewerbetreibenden zu nicht unerheblichen Verzerrungen des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens führen. In einem solchen Fall gilt es, das Nettoeinkommen als Grundlage der Unterhaltsbemessung realitätsgerecht zu ermitteln. Deshalb sind in Fällen wie dem vorliegenden, in dem innerhalb eines Jahres die ESt für drei zurückliegende Jahre und die Vorauszahlungen für das Streitjahr entrichtet wurden, für die Ermittlung der unterhaltsrelevanten Leistungsfähigkeit des Stpfl. sämtliche im maßgeblichen Dreijahreszeitraum geleisteten Steuerzahlungen in den Blick zu nehmen und ein Durchschnittsbetrag zu ermitteln. Dieser ist sodann vom »Durchschnittseinkommen« des Streitjahres in Abzug zu bringen und erst das danach verbleibende Nettoeinkommen der Berechnung der Opfergrenze zugrunde zu legen.
Danach berechnet sich die Opfergrenze wie folgt:
S: |
Berechnung des Nettoeinkommens: Verfügbare Einnahmen |
|
Einkünfte aus selbstständiger Arbeit als Steuerberater im Durchschnitt der letzten drei Jahre |
483 096 € |
|
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung |
4 190 € |
|
Einkünfte des Ehemanns S |
487 286 € |
|
abzgl. Versicherungsbeiträge des Ehemanns (Beiträge zu einer Basiskranken- und Pflegeversicherung; BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 19) |
./. 9 000 € |
|
abzgl. durchschnittliche Steuerzahlungen (564 402 € : 3 Jahre =) |
./. 188 134 € |
|
Verfügbares Nettoeinkommen für die Ermittlung der Opfergrenze |
290 152 € |
|
Opfergrenze: 1 % je volle 500 €, höchstens 50 %: |
50 % |
|
abzgl. Anteil für Ehegatte und 1 minderjähriges Kind: |
10 % |
|
Opfergrenze: 40 % von 290 152 € = |
116 060 € |
Soweit keine Aufwendungen an den (geschiedenen) Ehegatten vorliegen und keine Haushaltsgemeinschaft mit der unterhaltenen Person besteht, sind Aufwendungen für den Unterhalt im Allgemeinen höchstens insoweit als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, als sie einen bestimmten Prozentsatz des verfügbaren Nettoeinkommens nicht übersteigen (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 22).
Grundprozentsatz 1 % je volle 500 € des Nettoeinkommens = |
……… % |
höchstens 50 % |
Kürzungsprozentpunkte für den Ehegatten 5 %-Punkte |
./. 5 % |
bzw. ./. 5 % |
für jedes Kind mit Kinderfreibetrag, Kindergeld oder vergleichbarer Leistung 5 %-Punkte |
./. Kinder × 5 % |
./. Kinder × 5 % |
höchstens 25 % für den Ehegatten und die Kinder |
max. 25 % |
max. 25 % |
Mit Urteil vom 4.4.1986 (III R 245/83, BStBl II 1986, 852) hat sich der BFH ausführlich mit der Berechnung der Opfergrenze auseinandergesetzt.
Beispiel 14:
Die folgende Aufstellung ist dem BFH-Urteil vom 4.4.1986 (III R 245/83, BStBl II 1986, 852) entnommen und entsprechend aktualisiert.
Nettoeinkommen |
10 000 € |
11 992 € |
21 997 € |
29 490 € |
Stpfl. ledig, keine Kinder |
||||
Grundprozentsatz |
20 % |
23 % |
43 % |
höchstens 50 % |
keine Kürzungsprozentpunkte |
||||
Opfergrenze |
2 000 € |
2 758 € |
9 458 € |
14 745 € |
Stpfl. verheiratet, keine Kinder |
||||
Grundprozentsatz |
20 % |
23 % |
43 % |
50 % |
Kürzungsprozentpunkte für Ehefrau |
./. 5 %-Punkte |
./. 5 %-Punkte |
./. 5 %-Punkte |
./. 5 %-Punkte |
Opfergrenze |
15 % = 1 500 € |
18 % = 2 158 € |
38 % = 8 358 € |
45 % = 13 270 € |
Stpfl. verheiratet, 3 Kinder |
||||
Grundprozentsatz |
20 % |
23 % |
43 % |
50 % |
Kürzungsprozentpunkte für Ehefrau |
./. 5 %-Punkte |
./. 5 %-Punkte |
./. 5 %-Punkte |
./. 5 %-Punkte |
Kürzungsprozentpunkte für 3 Kinder: 3 × 5 % = |
./. 15 %-Punkte |
./. 15 %-Punkte |
./. 15 %-Punkte |
./. 15 %-Punkte |
Opfergrenze |
0 % = 0 € |
3 % = 359 € |
23 % = 5 059 € |
30 % = 8 847 € |
Stpfl. verheiratet, 6 Kinder |
||||
Grundprozentsatz |
20 % |
23 % |
43 % |
50 % |
Kürzungsprozentpunkte für Ehefrau |
./. 5 %-Punkte |
/. 5 %-Punkte |
./. 5 %-Punkte |
./. 5 %-Punkte |
Kürzungsprozentpunkte für 6 Kinder: 6 × 5 % = 30 %, max. insgesamt 25 % |
./. 30 %-Punkte |
./. 30 %-Punkte |
./. 30 %-Punkte |
./. 30 %-Punkte |
Opfergrenze |
0 % = 0 € |
0 % = 0 € |
18 % = 3 959 € |
25 % = 7 372 € |
Die Unterhaltsaufwendungen müssen in einem vernünftigen Verhältnis zu den Einkünften des Stpfl. stehen.
Abb.: Die Beachtung der Opfergrenze beim Ansatz von Unterhaltsaufwendungen
Beispiel 15:
Ein unbeschränkt einkommensteuerpflichtiger ausländischer ArbN unterstützt seine im Heimatland (Ländergruppe 1, keine Kürzung) in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen, und zwar seine Ehefrau, sein minderjähriges Kind (Kindergeld wird gewährt) und seine Schwiegereltern. Der Stpfl. selbst bildet keine Haushaltsgemeinschaft mit den unterhaltenen Personen (→ Haushaltszugehörigkeit). Er hatte im Kj. 21 Aufwendungen für den Unterhalt i.H.v. 8 400 €. Die Unterhaltsbedürftigkeit der Ehefrau und der Schwiegereltern ist nachgewiesen. Alle Personen haben keine Bezüge. Der Stpfl. hat Einnahmen (Bruttoarbeitslohn, Steuererstattungen, Kindergeld) i.H.v. 27 998 €. Die Abzüge von Lohn- und Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag betragen 4 196 €. Die ArbN-Beiträge zur Sozialversicherung belaufen sich auf 5 852 €. An WK sind ihm 4 250 € entstanden.
Lösung 15:
S.a. BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Beispiel 13 in Rz. 38. Bei der dortigen Lösung muss unterstellt werden, dass der Stpfl. mit den unterhaltenen Personen keine Haushaltsgemeinschaft bildet, da in der Lösung die Opfergrenze angewendet wird. Der obige Sachverhalt wurde dementsprechend ergänzt. Die Opfergrenze kommt nur dann zur Anwendung, wenn keine Haushaltsgemeinschaft zwischen dem Stpfl. und den unterhaltenen Personen besteht (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 22).
1. |
Die Aufwendungen für den Unterhalt sind nach Köpfen auf alle unterstützten Personen aufzuteilen (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 22). Hiernach entfallen auf jede unterstützte Person 2 100 € (8 400 € : 4). |
|
2. |
Das minderjährige Kind, für das Kindergeld gewährt wird, gehört nicht zu den begünstigten Unterhaltsempfängern (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 623, Rz. 2). Insoweit kommt ein Abzug nicht in Betracht. |
|
3. |
Für die Unterhaltsleistungen an die Ehefrau gilt die Opfergrenzenregelung nicht (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617). Sie sind in voller Höhe (2 100 €) abziehbar. |
|
4. |
Für die Unterhaltsleistungen an die Schwiegereltern (4 200 €) kann eine Begrenzung durch die Opfergrenze in Betracht kommen, da zwischen dem Stpfl. und den unterhaltenen Personen keine Haushaltsgemeinschaft besteht. |
|
4.1 |
Berechnung des Nettoeinkommens: Verfügbare Einnahmen |
|
(Bruttoarbeitslohn, Steuererstattungen, Kindergeld) |
27 998 € |
|
Abzüge für Lohn- und Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag |
./. 4 196 € |
|
Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung |
./. 5 852 € |
|
Werbungskosten |
./. 4 250 € |
|
Verfügbares Nettoeinkommen für die Ermittlung der Opfergrenze |
13 700 € |
|
4.2 |
Berechnung der Opfergrenze: |
|
1 % je volle 500 € des Nettoeinkommens (13 700 € : 500 € = 27,4) abgerundet |
27 % |
|
abzgl. je 5 %-Punkte für Ehefrau und Kind |
./. 10 % |
|
Maßgebender Prozentsatz für die Berechnung der Opfergrenze |
17 % |
|
Die Opfergrenze liegt somit bei 2 329 € (17 % von 13 700 €). |
||
5. |
Berechnung der Abzugsbeträge |
|
5.1 |
Aufwendungen für den Unterhalt an die Ehefrau: |
|
Nachgewiesene Zahlungen (Nr. 3) |
2 100 € |
|
5.2 |
Aufwendungen für den Unterhalt an die Schwiegereltern: |
|
Nachgewiesene Zahlungen (Nr. 4): 4 200 €, davon höchstens zu berücksichtigen (Opfergrenze, Nr. 4.2) |
2 329 € |
|
Summe der abziehbaren Unterhaltsaufwendungen |
4 429 € |
Mit Urteil vom 23.9.1986 (III R 246/83, BStBl II 1987, 130) nimmt der BFH zur Berechnung der Opfergrenze in den Fällen Stellung, in denen beide Ehegatten Einkünfte bezogen und nicht dauernd getrennt gelebt haben. Dass für beide Ehegatten eine gemeinsame Opfergrenze zu ermitteln ist, lässt sich vor allem mit der zwischen den Ehegatten bestehenden Wirtschaftsgemeinschaft begründen.
Beispiel 16:
Das griechische Ehepaar wohnt mit seinen drei Kindern in Deutschland. Der Bruttoarbeitslohn des Ehemannes beträgt 13 235 €, der der Ehefrau 7 754 €. Das maßgebliche Nettoeinkommen für die Berechnung der Opfergrenze beträgt nach Bereinigung des Bruttoeinkommens durch Zu- und Abrechnungen unstrittig 12 784 €.
Lösung 16:
Für beide Ehegatten ist eine gemeinsame Opfergrenze zu ermitteln. Dabei ist zunächst der Bruttoarbeitslohn der Eheleute zu einem gemeinsamen Bruttoarbeitslohn zusammenzurechnen. Diese Summe ist um die gemeinsamen Hinzurechnungen (z.B. Kindergeld, Sparzulage) und die gemeinsamen Abrechnungen (z.B. Vorsorgeaufwendungen, Steuern, WK usw.) zu bereinigen. Danach verbleibt das gemeinsame Nettoeinkommen.
Bei einem gemeinsamen Nettoeinkommen i.H.v. 12 784 € beträgt die Opfergrenze der Eheleute 25 %. Bei vier unterhaltsberechtigten Familienangehörigen (Ehemann/-frau und drei Kinder) beträgt die Opfergrenze 5 % des Nettoeinkommens, also 639 €.
Nach dem BFH-Urteil vom 25.9.1996 (III R 102/95, BFH/NV 1997, 221) sind die entsprechenden tatsächlichen Bezüge auf ein fiktives Jahreseinkommen hochzurechnen. Zur monatsbezogenen Betrachtungsweise bei der Berechnung der Opfergrenze für steuerlich zu berücksichtigende Kinder s. das BFH vom 14.12.2016; VI R 15/16, BStBl II 2017, 454: Hat der Stpfl. nur einen Teil des Jahres Anspruch auf Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG, Kindergeld oder eine andere Leistung für Kinder (§ 65 EStG), ist dies bei der Berechnung der Opfergrenze durch eine monatsbezogene Kürzung der anzusetzenden kinderbezogenen 5-%-Pauschale zu berücksichtigen.
Beispiel 17:
Der ledige Stpfl. bezieht im Kj. 08 einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. 7 899 €, und zwar für die Zeit vom 8.8.bis 31.12. Während der Monate Januar bis 7.8. war er krank. Das Krankengeld für diese Zeit wird ihm erst im Juni des Kj. 11 nach einem längeren Rechtsstreit ausgezahlt. Der Stpfl. macht am 30.8., 30.9., 31.10. und 29.11.08 Unterhaltsleistungen von insgesamt 2 075 € geltend. Die Unterhaltsleistungen sind für seine Tochter und seine Eltern jeweils in Griechenland bestimmt. Das maßgebliche Nettoeinkommen beträgt nach Bereinigung des Bruttoeinkommens durch Zu- und Abrechnungen unstrittig 5 861 € für die Zeit vom 8.8. bis 31.12.08.
Lösung 17:
Wenn eine Unterhaltsverpflichtung nicht während des gesamten VZ bestand, kann für die Berechnung der Opfergrenze nur auf das Einkommen abgestellt werden, das auf die Zeit der Unterstützungsverpflichtung entfällt. Im Beispielsfall deckt sich die Unterstützungsverpflichtung mit dem Unterstützungszeitraum. Die Frage, wie der angemessene Unterhalt zu berechnen ist, der dem Unterhaltspflichtigen verbleiben muss, steht zwar im Zusammenhang mit der Höhe seines Einkommens. Sie kann sich jedoch nicht für den Zeitraum stellen, in dem keine Einkünfte oder Bezüge angefallen sind. Denn während eines solchen Zeitraums besteht regelmäßig keine Unterhaltsverpflichtung. Jede Unterhaltspflicht findet dort ihre Grenze, wo dem Betroffenen nicht die Mittel für den eigenen notwendigen Lebensbedarf verbleiben. Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit müssen jeweils zeitgleich in dem Zeitraum bestehen, für den Unterhalt verlangt wird, sodass die Höhe des Unterhalts für einen zurückliegenden Zeitraum durch eine später eintretende Leistungssteigerung nicht mehr beeinflusst werden kann. Daraus folgt, dass für die Berechnung der Opfergrenze nur das Nettoeinkommen zugrunde gelegt werden kann, das dem Unterhaltspflichtigen in dem entsprechenden Unterstützungszeitraum zur Bestreitung des Lebensbedarfs zur Verfügung steht (Monatsprinzip). Die entsprechenden tatsächlichen Bezüge sind auf ein fiktives Jahreseinkommen hochzurechnen. Im Beispielsfall hatte der Stpfl. in der Zeit vom 1.1. bis 7.8. wegen einer Erkrankung keine Lohneinkünfte. Das auf diesen Zeitraum entfallende Krankengeld wurde erst nach Ablauf des Kj. 08 gezahlt. Die monatlichen Zahlungen an die bedürftigen Eltern erfolgten alsbald nach Wiederaufnahme der Tätigkeit im August.
Da sich die genannten Rechengrößen (Prozentsätze) auf ein Jahresnettoeinkommen beziehen, ist das von dem Stpfl. in den Monaten August bis Dezember erwirtschaftete Nettoeinkommen i.H.v. 5 861 € auf 14 066 € (5 861 : 5 × 12) hochzurechnen. Unter Zugrundelegung des so ermittelten Jahresnettoeinkommens beträgt die sog. Opfergrenze bei dem ledigen Stpfl. unter Berücksichtigung der unehelichen Tochter, 23 % (1 % je volle 500 € ./. 5 % für die Tochter), also 3 235 €. Da das Nettoeinkommen jedoch nur innerhalb von fünf Monaten erzielt wurde, die auch den Unterstützungszeitraum umfassen, beträgt die Opfergrenze nur 1 347 € (3 235 : 12 × 5). Die von dem Stpfl. geltend gemachten Aufwendungen i.H.v. 2 075 € sind daher nur i.H.v. 1 347 € zu berücksichtigen.
Abwandlung:
Die Tochter wird im Kj. 08 lediglich für drei Monate als Kind berücksichtigt.
Lösung:
Hat der Stpfl. nur einen Teil des Jahres Anspruch auf Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG, Kindergeld oder eine andere Leistung für Kinder (§ 65 EStG), ist dies bei der Berechnung der Opfergrenze durch eine monatsbezogene Kürzung der anzusetzenden kinderbezogenen 5 %-Pauschale zu berücksichtigen (BFH vom 14.12.2016, VI R 15/16, BStBl II 2017, 454).
Das Nettoeinkommen des Stpfl. ist bei der Berechnung der Opfergrenze wegen seiner Tochter nicht um 5 %, sondern nur um 1,25 % (5 % 3/12) zu kürzen. Die Opfergrenze beträgt 1 % je volle 500 € = 28 % abzgl. 1,25 % für Tochter, somit 26,75 % von 14 066 € = 3 762 €; umgerechnet für 5 Monate beträgt die Opfergrenze 1 567 €. Die von dem Stpfl. geltend gemachten Aufwendungen i.H.v. 2 075 € sind daher nur i.H.v. 1 567 € zu berücksichtigen.
Bei einer bestehenden Haushaltsgemeinschaft mit der unterhaltenen Person (sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft; s.a. oben den Gliederungspunkt »Den gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen gleichgestellte Personen«) ist die Opfergrenze nicht mehr anzuwenden (BFH vom 29.5.2008, II R 23/07, BStBl II 2009, 363). Für die Ermittlung der nach § 33a Abs. 1 EStG maximal abziehbaren Unterhaltsaufwendungen sind die verfügbaren Nettoeinkommen des Unterhaltsleistenden und der unterhaltenen Person(en) zusammenzurechnen und dann nach Köpfen auf diese Personen zu verteilen (BFH vom 17.12.2009, VI R 64/08, BStBl II 2010, 343). Dies gilt dann, wenn zusammen lebende Unterhaltsberechtigte und -verpflichtete eine sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft bilden und daher gemeinsam wirtschaften müssen. Erzielt nur einer der Zusammenlebenden Einkünfte oder Bezüge, so ist es – jedenfalls bei Stpfl. in einfachen Verhältnissen – praktisch unumgänglich, daraus die größten Ausgaben wie Miete samt Nebenkosten, Nahrungsmittel und Kleidung für beide zu begleichen.
Die gleichmäßige Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel unter in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Personen wird daher auch von der Rspr. als Erfahrungssatz angesehen. Nach dem BFH-Urteil vom 19.4.2007 (III R 65/06, BStBl II 2008, 756) entspricht es der Lebenserfahrung, dass in einer kinderlosen Ehe, in der ein Ehepartner allein verdient und ein durchschnittliches Nettoeinkommen erzielt, dem nicht verdienenden Ehepartner ungefähr die Hälfte dieses Nettoeinkommens zufließt, soweit dem verdienenden Ehepartner ein verfügbares Einkommen i.H.d. steuerrechtlichen Existenzminimums verbleibt.
Beispiel 18:
A und B sind miteinander verwandt und bilden eine Haushaltsgemeinschaft. Im Kj. 2023 erzielt A Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit i.H.v. 20 230 €. Hierauf entfallen LSt i.H.v. 2 000 € und Sozialversicherungsbeiträge i.H.v. 4 000 €. Des Weiteren erhält A im April 2023 eine ESt-Erstattung für den VZ 2020 i.H.v. 1 000 €.
B erhält eine – wegen des Vorliegens einer Haushaltsgemeinschaft – gekürzte Sozialhilfe i.H.v. 4 000 €.
Lösung 18:
S.a. BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 29 ff.
Berechnung der außergewöhnlichen Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG:
Höchstbetrag nach § 33a Abs. 1 EStG |
10 908 € |
||
Bezüge der B: Sozialhilfe |
4 000 € |
||
Kostenpauschale |
./. 180 € |
||
anrechnungsfreier Betrag (§ 33a Abs. 1 Satz 5 EStG) |
./. 624 € |
||
anzurechnende Bezüge |
3 196 € |
./. 3 196 € |
|
verbleibender Höchstbetrag |
7 712 € |
||
Nettoeinkommen des A |
|||
Arbeitslohn |
20 230 € |
||
abzüglich Arbeitnehmer-Pauschbetrag |
./. 1 230 € |
||
zuzüglich Einkommensteuererstattung |
1 000 € |
||
abzüglich Sozialversicherung |
./. 4 000 € |
||
abzüglich Lohnsteuer |
./. 2 000 € |
||
Nettoeinkommen des A |
14 000 € |
||
Nettoeinkommen der B |
4 000 € |
||
gemeinsames verfügbares Nettoeinkommen |
18 000 € |
||
Aufteilung des Nettoeinkommens nach Köpfen |
: 2 |
||
Maximal als Unterhaltszahlung zur Verfügung stehender Betrag |
9 000 € |
Die Unterhaltsleistungen des A können bis zur Höhe von 7 712 € als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 Satz 1 und 3 EStG berücksichtigt werden. B ist gegenüber A einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt. Beachte dazu aber auch das BFH-Urteil vom 28.4.2020 (VI R 43/17, BStBl II 2021, 209) unter dem Gliederungspunkt »Unterstützung durch mehrere Personen«: Leistungen von Eltern für den Unterhalt ihres in Ausbildung befindlichen Kindes, für das kein Anspruch auf Kindergeld (mehr) besteht, sind im Rahmen der gesetzlichen Höchstbeträge als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33a Abs. 1 EStG steuermindernd zu berücksichtigen. Lebt das Kind mit einem Lebensgefährten, der über eigenes Einkommen verfügt, in einem gemeinsamen Haushalt, wird der Höchstbetrag der (allein) unterhaltleistenden Eltern nicht gekürzt.
Für zur Haushaltsgemeinschaft gehörende gemeinsame Kinder (i.S.d. § 32 EStG) des Stpfl. und der unterhaltenen Person wird das hälftige → Kindergeld jeweils dem Nettoeinkommen des Stpfl. und der unterhaltenen Person zugerechnet. Bei der Ermittlung der maximal abziehbaren Unterhaltsaufwendungen sind die den Eltern gemeinsam zur Verfügung stehenden Mittel um den nach § 1612a BGB zu ermittelnden Mindestunterhalt (→ Kindesunterhalt) der Kinder zu kürzen. Der Mindestunterhalt ist i.H.d. doppelten Freibetrags für das sächliche Existenzminimum des Kindes anzusetzen. § 1612a Abs. 1 Satz 3 BGB kommt entsprechend zur Anwendung (BFH vom 17.12.2009, VI R 64/08, BStBl II 2010, 343). Der verbleibende Betrag ist auf die Eltern nach Köpfen zu verteilen und ergibt die maximal abziehbaren Unterhaltsaufwendungen i.S.d. § 33a Abs. 1 EStG (BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Rz. 25).
Beispiel 19:
Der Stpfl. A lebt im Kj. 2021 mit Frau E in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Zum gemeinsamen Haushalt gehört auch das 2020 geborene gemeinsame Kind. A leistet an E Unterhalt i.H.v. 8 820 €. E bezieht im Kj. 2021 lediglich Lohnersatzleistungen von 253 €, aber keine Sozialleistungen. A erhält einen Bruttoarbeitslohn von 21 345 €, dazu 2 628 € Kindergeld sowie eine ESt-Erstattung von 41 €. Er zahlt LSt und SolZ i.H.v. 2 465 € und den ArbN-Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag i.H.v. 4 388 €. Ihm entstehen WK von 920 €.
In seiner ESt-Erklärung für das Kj. 2021 macht A die Unterhaltsleistungen an E als außergewöhnliche Belastung geltend.
Lösung 19:
Das Beispiel ist dem Streitfall des BFH-Urteils vom 17.12.2009 (VI R 64/08, BStBl II 2010, 343) nachgebildet.
Es ist davon auszugehen, dass A und E das ihnen gemeinsam zur Verfügung stehende Nettoeinkommen gleichmäßig aufgeteilt haben. Da hier aber ein gegenüber A bevorrechtigt unterhaltsberechtigtes Kind zur Haushaltsgemeinschaft gehört, ist bei der Ermittlung des verfügbaren Nettoeinkommens der Mindestunterhaltsbedarf dieses Kindes in Abzug zu bringen.
Der Mindestunterhalt (→ Kindesunterhalt) richtet sich ab 1.1.2016 nach dem steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum des minderjährigen Kindes (Änderung des § 1612a BGB durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts und des Unterhaltsverfahrensrechts sowie zur Änderung der Zivilprozessordnung und kostenrechtlicher Vorschriften vom 20.11.2015, BGBl I 2015, 2018).
Er beträgt monatlich entsprechend dem Alter des Kindes
für die Zeit bis zur Vollendung des 6. Lebensjahrs (erste Altersstufe) 87 %,
für die Zeit vom 7. bis zur Vollendung des 12. Lebensjahrs (zweite Altersstufe) 100 % und
für die Zeit vom 13. Lebensjahr an (dritte Altersstufe) 117 %
des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums des minderjährigen Kindes (s.a. § 32 Abs. 6 EStG).
Nach § 1612a Abs. 4 BGB hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz den Mindestunterhalt erstmals zum 1.1.2016 und dann alle zwei Jahre durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festzulegen.
Mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 3.11.2020 (BGBl I 2020, 2344) legt das Bundesministerium der Justiz gem. § 1612a Abs. 4 BGB den monatlichen Unterhalt minderjähriger Kinder für die Jahre 2021 fest. Dabei beträgt der Mindestunterhalt der ersten Altersstufe (bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres) monatlich 393 €.
Dem verdienenden Partner muss auch kein verfügbares Einkommen i.H.d. steuerrechtlichen Existenzminimums verbleiben, da im Rahmen einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft das zur Verfügung stehende Nettoeinkommen gleichmäßig aufzuteilen ist.
Dem A zur Verfügung stehende Mittel |
|
Arbeitslohn |
21 345 € |
hälftiges Kindergeld (219 € × 12 Monate : 2 =) |
1 314 € |
ESt-Erstattung |
41 € |
abzgl. LSt und SolZ |
./. 2 465 € |
abzgl. Sozialversicherungsbeiträge |
./. 4 388 € |
abzgl. Werbungskosten |
./. 1 000 € |
Mittel des A |
14 847 € |
E zur Verfügung stehende Mittel (Lohnersatzleistung und hälftiges Kindergeld): |
1 567 € |
Summe |
16 414 € |
abzüglich Mindestunterhalt Kind (393 € × 12 =): |
4 716 € |
Summe |
11 698 € |
aufgeteilt auf A und E je |
5 849 € |
Von den Unterhaltsleistungen i.H.v. insgesamt 8 820 € können insgesamt 5 849 € als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden.
Durch die Fünfte Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung wird der Mindestunterhalt für das Jahr 2023 außerplanmäßig neu festgelegt, da sich die in der Vierten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 30.11.2021 für das Jahr 2023 getroffene Prognose als unzutreffend erwiesen hat. Infolge der unvorhersehbaren erheblichen Preissteigerungen im Jahr 2022 stieg das im 14. Existenzminimumbericht ausgewiesene Existenzminimum der Kinder so stark an, dass die getroffene Prognose für das Jahr 2023 um 38 € monatlich überschritten wurde. Dies machte eine weitere Anhebung des Mindestunterhalts erforderlich. In der ersten Altersstufe (Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahrs) steigt der Mindestunterhalt zum 1.1.2023 von derzeit 396 auf 437 € an. In der zweiten Altersstufe (Kinder vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahrs) steigt der Mindestunterhalt zum 1.1.2023 von 455 auf 502 € an. In der dritten Altersstufe (minderjährige Kinder vom 13. Lebensjahr an) steigt der Mindestunterhalt zum 1.1.2023 von 533 auf 588 € an.
Für zur Haushaltsgemeinschaft gehörende Kinder (i.S.d. § 32 EStG) des Stpfl., die zu der unterhaltenen Person in keinem Kindschaftsverhältnis stehen, wird bei der Berechnung des verfügbaren Nettoeinkommens das hälftige Kindergeld hinzugerechnet. Bei der Ermittlung der maximal abziehbaren Unterhaltsaufwendungen ist das gemeinsame verfügbare Nettoeinkommen um die Hälfte des nach § 1612a BGB zu ermittelnden Mindestunterhalts (→ Kindesunterhalt) für diese Kinder bzw. dieses Kind zu kürzen und der verbleibende Betrag nach Köpfen zu verteilen.
Beispiel 20:
A lebt im Kj. 2021 mit seiner Lebensgefährtin B in einer eheähnlichen Gemeinschaft. A hat zwei leibliche Kinder (Kind X vollendet im Mai 2021 das 6. Lebensjahr, Kind Y vollendet im Juni 2021 das 15. Lebensjahr) mit in den Haushalt gebracht, die zu B in keinem Kindschaftsverhältnis stehen. A erzielt im Jahr 2021 Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit i.H.v. 39 000 € (Sozialversicherungsbeträge und einbehaltene LSt jeweils 8 000 €) sowie einen Überschuss aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 1 000 €. Außerdem hat A im Jahr 2021 Steuervorauszahlungen i.H.v. 2 000 € und eine Steuernachzahlung für das Jahr 2019 i.H.v. 4 000 € geleistet. B hat keine weiteren Einkünfte oder Bezüge und kein eigenes Vermögen.
Lösung 20:
S.a. BMF vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 617, Beispiel 3 zu Rz. 28.
Kind X:
monatlicher Mindestunterhalt von Januar bis Mai nach der 1. Altersstufe: 393 € × 5 = |
1 965,00 € |
(§ 1612a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 BGB; Dritte Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 3.11.2020, BGBl I 2020, 2344) |
|
monatlicher Mindestunterhalt von Juni bis Dezember nach der 2. Altersstufe: 451 € × 7 = |
3 157,00 € |
Jahresmindestunterhalt für Kind X = |
5 122,00 € |
davon hälftiger Anteil des A = |
2 561,00 € |
Kind Y:
monatlicher Mindestunterhalt von Januar bis Dezember nach der 3. Altersstufe: 528 € × 12 = Jahresunterhalt für Kind Y |
6 336,00 € |
davon hälftiger Anteil des A (gerundet) = |
3 168,00 € |
Berechnung der außergewöhnlichen Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG:
Höchstbetrag nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG im VZ 2021: |
9 744 € |
||
Nettoeinkommen des A |
|||
Arbeitslohn |
39 000 € |
||
abzüglich Arbeitnehmer-Pauschbetrag |
./. 1 000 € |
||
abzüglich Sozialversicherung |
./. 8 000 € |
||
abzüglich Lohnsteuer |
./. 8 000 € |
||
Überschuss aus Vermietung und Verpachtung |
1 000 € |
||
abzüglich Steuernachzahlung |
./. 4 000 € |
||
abzüglich Steuervorauszahlungen |
./. 2 000 € |
||
zuzüglich hälftiges Kindergeld für die Kinder des A im Kj. 2021 (219 €/Monat/Kind × 2 × 12 = 5 256 € : 2 |
2 628 € |
||
Nettoeinkommen des A |
19 628 € |
||
Nettoeinkommen der B |
0 € |
||
gemeinsames Nettoeinkommen von A und B |
19 628 € |
||
abzüglich Mindestunterhalt für 2 Kinder des A (2 561 € + 3 168 €) |
./. 5 729 € |
||
gemeinsames verfügbares Nettoeinkommen |
13 899 € |
||
Aufteilung des Nettoeinkommens nach Köpfen auf A und B |
: 2 |
||
maximal als Unterhaltszahlung zur Verfügung stehender Betrag |
6 950 € |
A kann maximal Unterhaltsleistungen i.H.v. 6 950 € als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG geltend machen. Die Opfergrenze ist nicht anzuwenden.
Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b AO) der unterhaltenen Person in der Steuererklärung des Unterhaltsleistenden, wenn die unterhaltene Person der unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Die unterhaltene Person ist für diese Zwecke verpflichtet, dem Unterhaltsleistenden ihre erteilte Identifikationsnummer (§ 139b AO) mitzuteilen. Kommt die unterhaltene Person dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Unterhaltsleistende berechtigt, bei der für ihn zuständigen Finanzbehörde die Identifikationsnummer der unterhaltenen Person zu erfragen (§ 33a Abs. 1 Satz 9 bis 11 EStG). Nach dem Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.7.2014 (BGBl I 2014, 1206) sind die Sätze 9 ff. des § 33a Abs. 1 EStG ab 1.1.2015 anzuwenden.
Geserich, Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG, DStR 2011, 294; Jauch, Außergewöhnliche Belastungen in besonderen Fällen, Steuer & Studium 2013, 729; Brost, Unterhaltsleistungen, Steuer & Studium 9/2015, 555; Kanzler, Die Steuerermäßigung für Unterhaltsaufwendungen nach § 33a Abs. 1 EStG, NWB 51/2022, 3648; Kanzler, Die Steuerermäßigung für Unterhaltsaufwendungen nach § 33a Abs. 1 EStG, NWB 52/2022, 3714.
→ Außergewöhnliche Belastungen
→ Nichteheliche Lebensgemeinschaften
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