Versicherungsvertreter

Stand: 16. Dezember 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Versicherungsvertreter ist dazu berechtigt, Versicherungsverträge abzuschließen oder zu vermitteln.
  • Es wird ein Vertrag zwischen dem Versicherer und dem Vertreter abgeschlossen.
  • Versicherungsvertreter können selbständig tätig sein und sich ihre Arbeitsleistung, die im Zusammenhang mit den Versicherungsregelungen verbunden ist, mit einer Provision versehen.
  • Liegt etwa ein Unternehmer, also eine Versicherung, dem Geschäft zugrunde, bezieht sich die Abnahme der Vermittlung und ihrer Leistungen auf den Unternehmer.

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeines
1.1 Versicherungsvermittler
1.2 Versicherungsvertreter
1.3 Versicherungsmakler
2 Einkommensteuer
2.1 Einkünfte aus Gewerbebetrieb
2.2 Einzelfälle
3 Gewerbesteuer
4 Umsatzsteuer
4.1 Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 11 UStG
4.2 Einzelfälle
4.2.1 Backoffice-Dienstleistungen
4.2.2 Strukturvertrieb

1. Allgemeines

1.1. Versicherungsvermittler

Versicherungsvermittler ist der Oberbegriff für Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler. Allgemein werden die Begriffe im HGB definiert. Versicherungsvermittler vermitteln gewerbsmäßig den Abschluss von Versicherungs- oder Rückversicherungsverträgen. Natürliche als auch juristische Personen können als Versicherungsvermittler auftreten. Sie benötigen dazu die Erlaubnis der zuständigen IHK.

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Einzelheiten dazu enthält § 34d GewO.

1.2. Versicherungsvertreter

Versicherungsvertretung ist eine Tätigkeit, die für einen Versicherer ausgeübt wird. Ein Versicherungsvertreter kann selbstständiger Gewerbetreibender (§ 84 Abs. 1 HGB) oder ArbN sein (§ 84 Abs. 2 HGB). Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist selbstständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

Versicherungs- bzw. Bausparkassenvertreter ist nach § 92 Abs. 1 HGB, wer als Handelsvertreter damit betraut ist, Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Ein Versicherungs- bzw. Bausparkassenvertreter ist ständig damit betraut, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Für das Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsvertreter und dem Versicherer gelten die Vorschriften für das Vertragsverhältnis zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer. Ein Versicherungs- bzw. Bausparkassenvertreter hat Anspruch auf Provision nur für Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind (§ 92 Abs. 3 HGB). Der Provisionsanspruch entsteht (§ 87a Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 4 HGB), sobald der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet.

1.3. Versicherungsmakler

Der Begriff des Handelsmaklers wird allgemein in § 93 HGB definiert. Eine genaue Definition des Versicherungsmaklers findet sich in § 34d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GewO. Danach ist Versicherungsmakler, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein.

Der Versicherungsmakler ist treuhänderischer Sachwalter des Kunden und ist als solcher verpflichtet, die Interessen des Versicherungsnehmers bestmöglich wahrzunehmen.

2. Einkommensteuer

2.1. Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen. Versicherungsvertreter, die mit einem eigenen Büro für einen bestimmten Bezirk sowohl den Bestand zu verwalten als auch neue Geschäfte abzuschließen haben und im Wesentlichen auf Provisionsbasis arbeiten, sind i.d.R. Gewerbetreibende (R 15.1 Abs. 1 EStR; → Einkünfte aus Gewerbebetrieb).

Versicherungsvertreter, die Versicherungsverträge selbst vermitteln (sog. Spezialagenten), sind in vollem Umfang als selbstständig anzusehen. Das gilt auch dann, wenn sie neben Provisionsbezügen ein mäßiges festes Gehalt bekommen. Soweit ein Spezialagent nebenbei auch Verwaltungsaufgaben und die Einziehung von Prämien oder Beiträgen übernommen hat, sind die Einnahmen daraus als Entgelte für selbstständige Nebentätigkeit zu behandeln. Es ist dabei unerheblich, ob sich z.B. Inkassoprovisionen auf Versicherungen beziehen, die der Spezialagent selbst geworben hat, oder auf andere Versicherungen.

2.2. Einzelfälle

  • Generalagent

    Bei einem sog. Generalagenten kommt eine Aufteilung der Tätigkeit in eine selbstständige und in eine nichtselbstständige Tätigkeit im Allgemeinen nicht in Betracht. Im Allgemeinen ist der Generalagent ein Gewerbetreibender, wenn er das Risiko seiner Tätigkeit trägt, ein Büro mit eigenen Angestellten unterhält, trotz der bestehenden Weisungsgebundenheit in der Gestaltung seines Büros und seiner Zeiteinteilung weitgehend frei ist, der Erfolg seiner Tätigkeit nicht unerheblich von seiner Tüchtigkeit und Initiative abhängt und ihn die Beteiligten selbst als Handelsvertreter und nicht als ArbN bezeichnen (BFH vom 3.10.1961, I 200/59 S, BStBl III 1961, 567).

    Dies gilt auch für Generalagenten eines Krankenversicherungsunternehmens (BFH vom 13.4.1967, IV 194/64, BStBl III 1967, 398).

  • Versicherungsvertreter

    Selbstständige Versicherungsvertreter üben auch dann eine gewerbliche Tätigkeit aus, wenn sie nur für ein einziges Versicherungsunternehmen tätig sein dürfen (BFH Urteil vom 26.10.1977, I R 110/76, BStBl II 1978, 137; H 15.1 [Versicherungsvertreter] EStH 2021).

    Provisionen, die ein Versicherungsvertreter vom Versicherungsunternehmen für den Abschluss eigener privater Versicherungen (z.B. Lebensversicherungen für sich oder seine Ehefrau) in gleicher Weise erhält wie für die Vermittlung von Versicherungsabschlüssen mit Dritten, sind Betriebseinnahmen (BFH Urteil vom 27.5.1998, X R 17/95, BStBl II 1998, 618).

3. Gewerbesteuer

Nach § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 15 EStG zu verstehen. Im Inland betrieben wird ein Gewerbebetrieb, soweit für ihn im Inland eine Betriebsstätte i.S.d. § 12 AO unterhalten wird. Grds. ist eine Betriebsstätte, die einem ständigen Vertreter gehört, der selbstständiger Gewerbetreibender (z.B. Versicherungsvertreter) ist, nur eine Betriebsstätte des Versicherungsvertreters und nicht auch eine Betriebsstätte des vertretenen Unternehmers. Auch der Versicherungsvertreter, der in vollem Umfang selbstständiger Gewerbetreibender ist, begründet durch seinen Gewerbebetrieb i.d.R. jedenfalls dann keine Betriebsstätte des Versicherungsunternehmens, wenn er die Büroräume gemietet hat und nur eigene Angestellte beschäftigt.

Der Versicherungsvertreter ist i.d.R. ein selbstständiger Gewerbetreibender und unterliegt demnach der Gewerbesteuer (vgl. 2.1; → Gewerbesteuer).

4. Umsatzsteuer

4.1. Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 11 UStG

Nach § 4 Nr. 11 UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. a und b MwStSystRL) sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler steuerfrei. Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 11 UStG enthält eine ausschließliche Aufzählung der begünstigten Berufsgruppen. Sie kann auf andere Berufe, z.B. Bankenvertreter, auch wenn sie ähnliche Tätigkeitsmerkmale aufweisen, nicht angewendet werden. Die Begriffe des Versicherungsvertreters und Versicherungsmaklers sind richtlinienkonform nach dem Unionsrecht und nicht handelsrechtlich i.S.v. § 92 und § 93 HGB auszulegen. Es handelt sich dabei um eine unechte Steuerbefreiung ohne Möglichkeit der Option i.S.d. § 9 UStG (§ 4 Nr. 11 UStG ist in § 9 Abs. 1 UStG nicht aufgezählt).

Die Steuerbefreiung ist tätigkeitsbezogen. Die Befreiung erstreckt sich somit auf alle Leistungen, die in Ausübung der begünstigten Tätigkeiten erbracht werden (Abschn. 4.11.1. Abs. 2 Satz 1 UStAE). Zur berufstypischen Tätigkeit eines Bausparkassenvertreters, Versicherungsvertreters oder Versicherungsmaklers gehört z.B. auch die Betreuung, Überwachung oder Schulung von nachgeordneten selbstständigen Vermittlern (Abschn. 4.11.1 Abs. 2 Satz 6 UStR). Dies setzt aber voraus, dass der Unternehmer, der die Leistungen der Betreuung, Überwachung oder Schulung übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann (s. BMF vom 9.10.2008, BStBl I 2008, 948 zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler und den Konsequenzen aus dem BFH-Urteil vom 6.9.2007, V R 50/05, BStBl II 2008, 829). Die Zahlung erfolgsabhängiger Vergütungen (sog. Superprovisionen) ist ein Beweisanzeichen, dass berufstypische Leistungen erbracht werden (BFH Urteil vom 9.7.1998, V R 62/97, BStBl II 1999, 253). Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind allerdings Hilfsgeschäfte von der Steuerbefreiung ausgeschlossen (Abschn. 4.11.1. Abs. 2 Satz 10 UStAE).

Dem EuGH wurde aktuell folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Liegt eine zu den zu Versicherungs- und Rückversicherungsumsätzen dazugehörige Dienstleistung vor, die von Versicherungsmaklern und -vertretern i.S.v. Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL steuerfrei erbracht wird, wenn ein Stpfl., der für eine Versicherungsgesellschaft eine Vermittlungstätigkeit ausübt, dieser Versicherungsgesellschaft zusätzlich auch das vermittelte Versicherungsprodukt zur Verfügung stellt (BFH Beschluss V-R-58/17 vom 5.9.2019, LEXinform 5022613).

4.2. Einzelfälle

4.2.1. Backoffice-Dienstleistungen

Mit Urteil vom 3.3.2005 (C-472/03, UR 2005, 201; Anmerkung von Wäger) entschied der EuGH über Dienstleistungen im Versicherungswesen in Abgrenzung zu Backoffice-Tätigkeiten, die nicht von Versicherungsmaklern oder -vertretern erbracht werden. Der EuGH kommt zum Ergebnis, dass Backoffice-Tätigkeiten, die darin bestehen, gegen Vergütung Dienstleistungen für ein Versicherungsunternehmen zu erbringen, keine zu Versicherungsumsätzen gehörende Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern oder -vertretern erbracht werden, darstellen (vgl. auch Abschn. 4.11.1. Abs. 2 Satz 9 UStAE).

4.2.2. Strukturvertrieb

Die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler sind nach § 4 Nr. 11 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Die Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazu gehörenden Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden.

Mit Urteil vom 3.8.2017 (V R 19/16, BStBl II 2017, 1207) befasste sich der BFH mit der Frage, ob der Aufbau eines Strukturvertriebes unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 11 UStG zu fassen ist.

Leitsatz

Keine steuerfreien Tätigkeiten als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler (§ 4 Nr. 11 UStG) sind die typischerweise mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebes einhergehende Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern, die Festsetzung und Auszahlung der Provisionen sowie das Halten der Kontakte zu den Versicherungsvertretern.

Sachverhalt

Der Kläger war von einer AG als »Strukturoberer« in deren Strukturvertrieb eingeschaltet und verpflichtet, die Unterstrukturen aufzubauen. Zu diesem Zweck organisierte er Werbeveranstaltungen, trat als Referent auf und warb Makler an. Das FA vertrat die Auffassung, dass der Kläger durch den Aufbau eines Strukturvertriebes umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die AG ausgeführt habe und unterwarf diese der Umsatzsteuer.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Der BFH kam zum Ergebnis, dass die Revision unbegründet und zurückzuweisen ist.

Entscheidungsgründe

Die Leistungen des Klägers an die AG zum Aufbau eines Strukturvertriebes werden nicht von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11 UStG umfasst, weil es an einem Bezug zu einzelnen Versicherungsgeschäften fehlt. Für die Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Der Dienstleistungserbringer muss sowohl mit dem Versicherer als auch mit dem Versicherten in Verbindung stehen. Diese Verbindung kann auch nur mittelbarer Natur sein, wenn der Dienstleistungserbringer ein Unterauftragnehmer des Versicherungsmaklers oder -vertreters ist.

  2. Seine Tätigkeit muss wesentliche Aspekte der Versicherungsvermittlungstätigkeit, wie Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen, umfassen. Bei einem Unterauftragnehmer ist entscheidend, dass er am Abschluss von Versicherungsverträgen beteiligt ist.

Die typischerweise mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebes einhergehende Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern, die Festsetzung und Auszahlung der Provisionen sowie das Halten der Kontakte zu den Versicherungsvertretern gehört nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters. Derartige Leistungen sind nur steuerfrei, wenn der Unternehmer durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann, wobei auf die Möglichkeit, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen, abzustellen ist.

Nach diesen Grundsätzen sind die vom Kläger an die AG ausgeführten Leistungen nicht von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11 UStG umfasst.

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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