1 Allgemeines
2 Zivilrecht
2.1 Bedingungen
2.1.1 Aufschiebende Bedingung
2.1.2 Auflösende Bedingung
2.2 Befristungen
2.3 Betagung
3 Steuerrecht
3.1 Abgabenordnung
3.2 Einkommensteuer
3.3 Erbschaft- und Schenkungsteuer
3.3.1 Allgemeines
3.3.2 Bedingungen
3.3.2.1 Aufschiebende Bedingung
3.3.2.2 Auflösende Bedingung
3.3.3 Befristungen
3.3.4 Betagung
3.4 Umsatzsteuer
4 Literaturhinweise
5 Verwandte Lexikonartikel
Bedingungen und Befristungen spielen hauptsächlich im Zivilrecht eine Rolle (vgl. 2 und → Vertragsrecht und Steuern, Begriffsbestimmungen im BGB). Sie sind aber auch im Steuerrecht von Relevanz, wie z.B. in der AO, in der Einkommensteuer, in der Erbschaft- und Schenkungsteuer, aber auch in der Umsatzsteuer.
In Rechtsgeschäften kann eine Bedingung aufgenommen werden. Eine Bedingung i.S.d. §§ 158 BGB setzt eine durch den Parteiwillen in ein Rechtsgeschäft eingefügte Bestimmung voraus, kraft der die Wirkung des Rechtsgeschäfts von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig gemacht wird; das Rechtsgeschäft selbst ist aber wirksam.
In negativer Hinsicht handelt es sich nicht um Bedingungen, wenn Auflagen oder Rechtsbedingungen vorliegen. Im letzteren Fall (Rechtsbedingungen) handelt es sich bereits um eine (ohnehin) gesetzliche Voraussetzung für das Zustandekommen eines Rechtsgeschäfts; eine etwaig vereinbarte zusätzliche Rechtsbedingung wiederholt nur die gesetzlichen Voraussetzungen. Bei einer Auflage hingegen ist das zu beurteilende Rechtsgeschäft schon voll wirksam, und es wird dabei lediglich eine Person zur zusätzlichen Leistungserbringung verpflichtet.
Ist in einem Rechtsgeschäft eine Bedingung als Nebenabrede enthalten, kann sie aufschiebenden oder auflösenden Charakter haben.
Bei einer aufschiebenden Bedingung i.S.d. § 158 Abs. 1 BGB tritt die Wirkung eines Rechtsgeschäfts erst mit dem Eintritt der Bedingung ein; solange die Bedingung noch nicht eingetreten ist, besteht hinsichtlich des beabsichtigten Rechtserfolgs ein Schwebezustand.
Beispiel:
A erwirbt in einem Elektronikfachmarkt ein neues iPad im Wege einer 0 %-Finanzierung. Im Kaufvertrag wird u.a. Folgendes vereinbart: »Das iPad bleibt bis zur vollständigen Bezahlung im Eigentum des Verkäufers«.
Hier wurde ein sog. Eigentumsvorbehalt nach § 449 BGB vereinbart. Alle Willenserklärungen für einen Eigentumserwerb sind abgegeben worden. Er wird jedoch aufschiebend bedingt durch die vollständige Bezahlung des Kaufpreises.
Bei einer auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) tritt umgekehrt die Wirkung des Rechtsgeschäfts sofort ein, endet jedoch mit dem Eintritt der Bedingung.
Ob die Entstehung als aufschiebend oder auflösend bedingt anzusehen ist, ist nicht davon abhängig, ob der Eintritt des Ereignisses wahrscheinlich oder unwahrscheinlich ist. Auf das Maß der Aussichten für den Eintritt oder Nichteintritt einer Bedingung kommt es nicht an (BFH Urteil vom 14.7.1967, III R 74/66, BStBl II 1967, 770). Die Vorschriften gelten auch dann, wenn nicht nur einzelne Vermögenswerte bedingt erworben werden, sondern der Erwerb an sich bedingt ist (z.B. Schenkungsversprechen).
Nach dem Wortlaut des § 163 BGB repräsentiert eine Befristung die durch den Parteiwillen in ein Rechtsgeschäft eingefügte Bestimmung, wonach ein zukünftiges gewisses Ereignis für den Beginn der Rechtswirkungen (Anfangstermin) oder deren Ende (Endtermin) maßgebend ist.
Die einem Rechtsgeschäft beigefügte Zeitbestimmung (Befristung § 163 BGB) ist der Bedingung – der aufschiebenden wie der auflösenden – unter der Voraussetzung gleichgestellt, dass durch sie ebenfalls die Wirkung des Rechtsgeschäfts beeinflusst, also auch bei ihr der Beginn oder die Beendigung der Wirkung vom Eintritt eines Zeitpunkts abhängig gemacht wird. Im Unterschied zur Bedingung ist das zukünftige Ereignis gewiss, nur der Zeitpunkt nicht.
Demgegenüber handelt es sich bei einer Betagung weder um eine Bedingung noch um eine Befristung. Hier sind Anspruch/Verpflichtung zum Besteuerungszeitpunkt dem Grunde nach bereits entstanden und eben nicht abhängig von einem zukünftigen Ereignis. In diesem Fall wird nur die Fälligkeit hinausgeschoben (z.B. Fälligkeitsforderung oder Zeitrente mit Zahlungsaufschub).
Bedingungen, Befristungen und Betagungen entfalten auch im Steuerrecht ihre Wirkung. So sind sie z.B. in der AO, in der ESt und USt und vor allem auch in der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu beachten.
Verwaltungsakte, die im Ermessen der Finanzverwaltung stehen, können nach § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO mit einer Bedingung als Nebenbestimmung erlassen werden. Nach § 120 Abs. 1 AO darf ein Verwaltungsakt i.S.d. § 118 AO, auf den ein Anspruch besteht (gebundener Verwaltungsakt), mit einer solchen Nebenbestimmung nur dann versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden.
Soweit der Verkauf und die Übertragung von Anteilen i.S.d. § 17 EStG unter (einer) aufschiebenden Bedingung(en) erfolgt/erfolgen, kommt es erst zum Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung(en) gem. § 158 Abs. 1 BGB zu einer Veräußerung nach § 17 Abs. 1 EStG, es sei denn, das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen ist ausnahmsweise schon vorher übergegangen.
Zur Ermittlung des stpfl. Erwerbs im Rahmen einer Erbschaft- oder Schenkungsteuerberechnung ist die Frage zu klären, welche Vermögenswerte dem Grunde nach zu erfassen sind. Zum Besteuerungszeitpunkt i.S.d. § 9 ErbStG sollen mögliche, in der Zukunft liegende Vermögensveränderungen unberücksichtigt bleiben, auch wenn ihr Eintritt wahrscheinlich ist. Deshalb spielen Bedingungen und Befristungen eine Rolle. Wie im BGB auch, muss man zunächst erkennen, ob eine Bedingung oder eine Befristung vorliegt.
Ist in einem Rechtsgeschäft eine Bedingung (die Rechtswirkung eines Vertrages wird kraft Parteivereinbarung von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig gemacht) als Nebenabrede enthalten, kann sie aufschiebenden (§ 158 Abs. 1 BGB) oder auflösenden Charakter haben.
Allgemeines
Nach den §§ 4 und 6 BewG, die sich an die zivilrechtlichen Regelungen anschließen, werden Vermögenswerte, deren Erwerb vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, erst berücksichtigt, wenn die Bedingung eingetreten ist. Spiegelbildlich sind unter einer aufschiebenden Bedingung stehende Lasten nur zu berücksichtigen, soweit sie bei der Steuerfestsetzung oder während eines dagegen gerichteten Rechtsbehelfsverfahrens bereits infolge Bedingungseintritts entstanden sind. Bei den §§ 4 und 6 7 BewG handelt es sich um Regelungen mit stichtagsdurchbrechender Wirkung, die darauf abzielen, Ereignisse erst dann zu berücksichtigen, wenn sie tatsächlich eingetreten sind. Dies berührt nicht die Frage der Ermittlung des »Wie«, sondern beschränkt nur das »Was« der Bewertung. Danach sind die tatsächlichen und nicht die auf einen bestimmten Stichtag prognostizierten Verhältnisse maßgebend.
Wie sich eine aufschiebende Bedingung im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer auswirkt, zeigt die folgende Übersicht.
Einzelfälle
Ein vertraglich vereinbartes Optionsrecht wirkt bewertungsrechtlich wie eine aufschiebende Bedingung (BFH Urteil vom 5.3.1971, III R 130/68, BStBl II 1971, 481).
So auch eine mit Grundstücksschenkungen verbundene Pflegeverpflichtung.
Übernimmt der mit einem Grundstück unter Vorbehaltsnießbrauch Beschenkte auch die persönliche Haftung für die auf dem Grundstück abgesicherten Verbindlichkeiten, verpflichtet sich aber der Schenker und Vorbehaltsnießbraucher, diese Verbindlichkeiten für die Dauer des Nießbrauchs weiter zu tilgen und zu verzinsen, liegt keine gemischte, sondern eine reine Schenkung vor. Die Schuldübernahme durch den Beschenkten steht unter einer aufschiebenden Befristung und ist daher gem. den §§ 8, 6 Abs. 1 BewG bis zum Eintritt der Bedingung nicht zu berücksichtigen (BFH vom 17.10.2001, II R 60/99, BStBl II 2002, 165).
Zur Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel vgl. BFH vom 8.2.2006 (II R 38/04, BStBl II 2006, 475).
Zur Abzinsung einer aufschiebend bedingten Last nahm der BFH mit Urteil vom 15.7.2021 (II R 26/19, BStBl II 2023, 66) Stellung.
Leitsätze
Eine aufschiebend bedingte Last ist auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu bewerten.
Der Kapitalwert von lebenslänglichen Leistungen wird mit dem bei Bedingungseintritt geltenden Vervielfältiger berechnet.
Eine Abzinsung der aufschiebend bedingten Last für die Schwebezeit zwischen dem Rechtsgeschäft und dem Bedingungseintritt findet nicht statt.
Sachverhalt
Die Klägerin war die Ehefrau des verstorbenen Schenkers und ist dessen Gesamtrechtsnachfolgerin. Der Schenker hatte seinen Kommanditanteil an einer GmbH & Co. KG im Wege der Schenkung durch notariellen Vertrag vom 23.12.2004 auf die gemeinsame Tochter (Beschenkte) übertragen, sich aber ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an dem Kommanditanteil bis zu seinem Tod vorbehalten. Nach seinem Tod war die Beschenkte verpflichtet, an die Klägerin zu Lasten des Kommanditanteils einen monatlichen, wertgesicherten Betrag zu zahlen. Der Schenker übernahm die Schenkungsteuer.
Durch gleichlautende Ländererlasse vom 4.1.2023 (BStBl I 2023, 172) haben die obersten Finanzbehörden der Länder das Urteil ausführlich erörtert.
Allgemeines
Einzelfälle
Ein vertraglich vereinbartes Rücktrittsrecht wirkt wie eine auflösende Bedingung (BFH vom 27.10.1967, III R 43/67, BStBl II 1968, 116).
Zur Problematik der Bewertung von Anteilen an gemeinnützigen Kapitalgesellschaften unter Berücksichtigung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Bindung, die als auflösend bedingte Last abgezogen werden kann (§ 7 Abs. 1 ErbStG), vgl. die gleichlautenden Ländererlasse vom 9.10.2013 (BStBl I 2013, 1362).
Die einem Rechtsgeschäft beigefügte Zeitbestimmung (Befristung § 163 BGB) ist der Bedingung – der aufschiebenden wie der auflösenden – unter der Voraussetzung gleichgestellt, dass durch sie ebenfalls die Wirkung des Rechtsgeschäfts beeinflusst, also auch bei ihr der Beginn oder die Beendigung der Wirkung vom Eintritt eines Zeitpunkts abhängig gemacht wird. Im Unterschied zur Bedingung ist das zukünftige Ereignis gewiss, nur der Zeitpunkt nicht (z.B. bei einer Leibrente). Die §§ 4 bis 7 BewG sind entsprechend anzuwenden (§ 8 BewG).
Bei einer Betagung handelt es sich weder um eine Bedingung noch um eine Befristung. Hier sind Anspruch/Verpflichtung zum Besteuerungszeitpunkt dem Grunde nach entstanden und eben nicht abhängig von einem zukünftigen Ereignis, nur ihre Fälligkeit wird hinausgeschoben (z.B. Fälligkeitsforderung oder Zeitrente mit Zahlungsaufschub). Insoweit finden die §§ 4 bis 8 BewG keine Anwendung.
Zur Frage, wann eine Lebensversicherungsleistung (betagter Anspruch) als Erwerb anzusetzen ist, vgl. BFH vom 27.8.2003 (II R 58/01, BStBl II 2003, 921). Der BFH führt aus, dass die Erbschaftsteuer für betagte Ansprüche, die zu einem bestimmten (feststehenden) Zeitpunkt fällig werden, nach dem Regelfall des § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG entsprechend bereits im Zeitpunkt des Todes des Erblassers entsteht.
Beim sog. Eigentumsvorbehalt hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigentum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten. Die dingliche zivilrechtliche Übertragung des Eigentums steht unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Zahlung des Kaufpreises (§ 449 BGB). Risiken wie z.B. Untergang oder Beschädigung der Sache, gehen jedoch bereits mit Übergabe auf den Käufer über.
Umsatzsteuerlich stellt sich die Frage, wann eine Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG gegeben ist. Dazu muss an einem Gegenstand Verfügungsmacht verschafft werden. Nach Abschn. 3.1. Abs. 3 Satz 4 UStAE liegt bereits eine Lieferung vor, wenn ein Gegenstand unter Eigentumsvorbehalt verkauft und übergeben wird; es kommt somit in diesem Fall nicht auf die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums an. Die aufschiebende Bedingung hat hier also keine Auswirkung, da das wirtschaftliche Eigentum i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO bereits mit Übergabe des Gegenstandes übergeht.
Mit Erb- und Pflichtteilsverzichtsverträgen die Nachfolge gut regeln/Besonderheiten und Fallstricke von Verzichtsverträgen im Überblick, NWB 2018, 483.
→ Vertragsrecht und Steuern, Begriffsbestimmungen im BGB
→ Vertragsrecht, steuerliche Auswirkung zivilrechtlicher Gestaltungen
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