1 Verhältnis Zivilrecht und Steuerrecht im Allgemeinen
2 Verhältnis Zivilrecht und die AO
2.1 Allgemeines
2.2 Vertragsbegriffe
2.3 Wohnsitz – Wohnung
2.3.1 Allgemeines
2.3.2 BGB
2.3.3 GG
2.3.4 AO
2.3.5 Bewertungsrecht
2.4 Die steuerliche (eigenständige) wirtschaftliche Betrachtungsweise (§ 39 AO)
2.4.1 Zurechnung von Wirtschaftsgütern
2.4.2 Einzelfälle-ABC
2.5 Gesetz- oder sittenwidriges Verhalten (§ 40 AO)
2.6 Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO)
2.6.1 Allgemeines
2.6.2 Rechtsprechung
3 Verhältnis Zivilrecht und die einzelnen Steuerrechtsgebiete
3.1 Rechtsfähigkeit
3.2 Einkommensteuer
3.3 Körperschaft-/Umwandlungsteuer
3.4 Erbschaft-/Schenkungsteuer
3.5 Grunderwerbsteuer
3.6 Umsatzsteuer
3.6.1 Allgemeines
3.6.2 Lieferung
3.6.3 Vertretung (Agentur)
4 Literaturhinweise
5 Verwandte Lexikonartikel
Das Verhältnis zwischen Steuerrecht und Zivilrecht wird allgemein dadurch charakterisiert, dass das Zivilrecht gegenüber dem Steuerrecht nicht vorrangig ist, sondern vielmehr durch den Grundsatz der Präzedenz des Zivilrechts geprägt wird. Dies ist in dem (selbstverständlichen) Sinne gemeint, dass die Lebenssachverhalte, die der steuerlichen Beurteilung unterliegen, durch zivilrechtliche Gestaltungen vorgeprägt sind. Fast jeder steuerliche Sachverhalt ist mehr oder weniger mit dem Zivilrecht verbunden.
Eine steuerliche Prüfung von Sachverhalten ist oft ohne Zugrundelegung des Zivilrechtes (z.B. Gesellschaftsverträge, Kaufverträge; Erbrecht) nicht möglich. Zivilrechtliche Vertragsgestaltungen werden aber auch in Einzelfällen unter der Prämisse der steuerlichen Gesichtspunkte und Auswirkungen vorgenommen.
Zudem wird in zahlreichen steuerlichen Vorschriften direkt auf das Zivilrecht verwiesen, so z.B.:
in § 39 Abs. 1 AO (mit Verweis auf die Eigentümeridentität),
in § 79 Abs. 1 Nr. 1 AO (mit Verweis auf die Geschäftsfähigkeit nach BGB),
in § 3 Abs. 3 UStG (Kommission mit Verweis auf § 383 HGB),
in § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 ErbStG (Erbanfall mit Verweis auf § 1922 BGB),
in § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 ErbStG (Vermächtnis mit Verweis auf §§ 2147 ff. BGB),
in § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 ErbStG (mit Verweis auf §§ 2303 ff. BGB).
Andererseits geht das Steuerrecht auch eigene Wege, so z.B. beim wirtschaftlichen Eigentum i.S.v. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO (vgl. 2.4). Danach kann ein WG auch einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer steuerlich zuzurechnen sein.
Das BGB gibt eine Fülle von Begriffsbestimmungen, die grundsätzlich für alle Rechtsverhältnisse gelten. Der Abgabenordnung im Steuerrecht kommt eine ähnliche Funktion zu. So könnte die Abgabenordnung auch in jedem Einzelsteuergesetz vorab abgedruckt werden, da sie eine umfassende Wirkung für alle Steuern hat. Die allgemeinen Regeln der Abgabenordnung, die sich vielfach auch auf das BGB beziehen, gelten stets dann, wenn es für den Einzelfall keine spezielle Regelung gibt. Die allgemeinen Regelungen werden verdrängt, wenn entweder im BGB selbst oder in einem anderen Spezialgesetz eine besondere Vorschrift (lex specialis) enthalten ist. Ferner gelten die allgemeinen Regeln nicht, wenn die Parteien eine andere Regelung wirksam vereinbart haben. Dabei ist in einem derartigen Fall insbes. zu prüfen, ob von der konkreten Vorschrift des Zivilrechts abgewichen werden darf, weil dispositives Recht vorliegt oder es sich bei der Vorschrift des Zivilrechts um zwingendes Recht handelt, von dem nicht abgewichen werden darf.
Soweit die AO Vertragsbegriffe (z.B. Haftung, Gesamtschuld, Erlöschen von Schuldverhältnissen, (Steuer-)Gläubiger und Schuldner, Verjährung) verwendet, werden sie ebenfalls i.S.d. Zivilrechts ausgelegt.
Die überlagernde (oder besondere) Bedeutung des Steuerrechts kommt jedoch an anderer Stelle zum Tragen:
So kommen zu den zivilrechtlich vorgeprägten Begriffen wie etwa der Gesamtschuld (§ 421 BGB) noch weitere Aspekte hinzu, die der Einordnung des Steuerrechts in das öffentliche Recht Rechnung tragen. Nachdem es sich bei der Auswahl unter einem von mehreren Gesamtschuldnern um eine Ermessensentscheidung handelt, wird die zunächst »einfach geprägte« Bestimmung des § 45 AO von dieser Aussage überlagert.
Bei der Verjährung schließlich sind die tatbestandlichen Voraussetzungen identisch, in den Rechtsfolgen unterscheiden sich die in beiden Rechtsdisziplinen verorteten Begriffe gravierend: Im Zivilrecht ist die Verjährung bekanntlich eine Einrede, die von der jeweiligen Partei erhoben werden muss, während sie im Steuerrecht automatisch (von Amts wegen) zum Erlöschen führt.
Zwischen den Regelungen von BGB, GG, AO und Bewertungsrecht bestehen u.a. hinsichtlich der Auslegung der Begriffe Wohnsitz und Wohnung Unterschiede.
Der Wohnsitz i.S.d. BGB wird dort begründet, wo sich der räumliche Schwerpunkt (Mittelpunkt) der gesamten Lebensverhältnisse einer Person befindet. Dies geschieht durch ein tatsächliches Niederlassen an einem bestimmten Ort. § 7 BGB definiert als Wohnsitz die kleinste politische Einheit, d.h. die Gemeinde, in der die Wohnung liegt. Somit nimmt das BGB Bezug auf den Ort der Wohnung und nicht auf die Wohnung selbst.
Der Wohnungsbegriff des Grundgesetzes wird dagegen allgemeiner definiert. Eine Wohnung i.S.v. Art. 13 Abs. 1 GG ist jeder Raum, den der Einzelne der allgemeinen Zugänglichkeit entzieht und zum Ort seines Lebens und Wirkens bestimmt.
Eine natürliche Person hat einen Wohnsitz dort, wo sie eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8 AO). Ob im Einzelfall eine solche Benutzung vorliegt, ist unter Würdigung der Gesamtumstände nach den Verhältnissen des jeweiligen Veranlagungszeitraums oder Anspruchszeitraums zu beurteilen.
Die tatsächliche Entwicklung der Verhältnisse in den Folgejahren ist nur zu berücksichtigen, soweit ihr Indizwirkung für die Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse im zurückliegenden Zeitraum zukommt. Dies stellte der BFH mit Urteil vom 23.6.2015 (III R 38/14, BStBl II 2016, 102) fest. Hintergrund des Urteils war, dass für Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat haben, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die auch nicht im Haushalt eines Berechtigten i.S.d. § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG leben, nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG (in der im Streitzeitraum geltenden Fassung) kein Kindergeld gewährt wird.
Das BewG definiert den Wohnungsbegriff in § 181 Abs. 9 BewG. Dieser ist maßgebend für die Bestimmung der Grundstücksart i.S.d. § 181 Abs. 1 BewG.
Abweichend von der rein rechtlichen Zuordnung von Steuertatbeständen hat sich im Steuerrecht eine eigenständige Beurteilung etabliert, die »Wirtschaftliche Betrachtungsweise«. Diese trägt dem Umstand Rechnung, dass das Steuerrecht nicht in jedem Fall dem Zivilrecht folgen kann, da beiden Rechtsordnungen ein unterschiedliches Vorverständnis zugrunde liegt.
Die Zurechnung von WG ist in § 39 AO geregelt.
§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO knüpft an das sog. Leasing-Urteil des BFH aus dem Jahr 1970 an (BFH vom 26.1.1970, IV R 144/66, BStBl II 1970, 264). In diesem konstatierte der BFH, dass für die steuerliche Beurteilung von beweglichen WG, die wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgeblich ist. Ob WG, die Gegenstand eines Leasing-Vertrages sind, steuerlich dem Leasing-Geber oder dem Leasing-Nehmer zuzurechnen sind, beurteilt sich demzufolge nach den Umständen des Einzelfalles.
Probleme bei der Zurechnung von WG entstehen, wenn der zivilrechtliche Eigentümer nicht gleichzeitig auch der wirtschaftlich Berechtigte ist. Ein WG ist steuerrechtlich demjenigen zuzuordnen, der die tatsächliche Herrschaft über das WG ausübt. Ein vom zivilrechtlichen Eigentum abweichendes wirtschaftliches Eigentum liegt dann vor, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft ausübt und den nach bürgerlichem Recht Berechtigten für die gewöhnliche Nutzungsdauer wirtschaftlich von der Einwirkung ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO). § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO definiert den Begriff des wirtschaftlichen Eigentums. Fallen wirtschaftliches und zivilrechtliches Eigentum auseinander, ist das WG dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen. Auch für die Zurechnung von WG gilt damit der Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise.
Cum/Ex-Geschäfte
Im Urteil vom 2.2.2022 (I R 22/20, BStBl II 2022, 324) befasste sich der BFH mit dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bei Cum/Ex-Geschäften.
Leitsätze
Einen Anspruch auf Erstattung von Abzugsteuer (Kapitalertragsteuer/Solidaritätszuschlag) gem. § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG hat ein US-amerikanischer Pensionsfonds i.S.d. Art. 10 Abs. 3 Buchst. b DBA-USA 1998/2008 nur dann, wenn er nach Maßgabe nationalen Steuerrechts Gläubiger der Kapitalerträge ist und die Abzugsteuer »einbehalten und abgeführt« worden ist. Gläubiger der Kapitalerträge ist die Person, die die Einkünfte aus Kapitalvermögen (als Dividenden i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG oder als Dividendenkompensationszahlungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG) erzielt (§ 20 Abs. 5 EStG). Dies ist die Person, der die Anteile an dem Kapitalvermögen im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG) oder des Zuflusses der Dividendenkompensationszahlung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG) nach § 39 Abs. 1 AO zivilrechtlich oder – wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über die Anteile hat – nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO wirtschaftlich zuzurechnen sind.
Wirtschaftliches Eigentum über die Anteile wird bei sog. Cum/Ex-Geschäften nicht erworben, wenn der Erwerb der Aktien Teil eines modellhaft aufgelegten Gesamtvertragskonzepts ist, nach welchem der zivilrechtliche Erwerber die wesentlichen mit einem Aktienerwerb verbundenen Rechte weder ausüben kann noch nach der gestalterischen Konzeption soll, er vielmehr nur die Funktion hat, seine (aufgrund Abkommensrechts gestaltungsermöglichende) Rechtsform in den Geschäftsablauf einzubringen und angesichts der umfassenden Kontrolle jedes Geschäftsdetails durch Dritte lediglich als »passiver Teilnehmer« (»Transaktionsvehikel«) im Geschäftsablauf anzusehen ist. Ob sich die maßgebenden Transaktionen »außerbörslich« (Erwerb von sog. Single Stock Futures mit nachfolgender Abwicklung über die Eurex Clearing AG) oder »börslich« (im Rahmen sog. Schlussauktionen) abgespielt haben, ist insoweit ohne Bedeutung.
Sachverhalt
Der im Streitfall klagende und nach dem zwischenstaatlichen Abkommensrecht von einer inländischen Abzugsteuer befreite Pensionsfonds begehrte die Steuererstattung, da er kurz vor dem jeweiligen Dividendenstichtag Aktien deutscher Aktiengesellschaften als sog. Futures »cum (mit) Dividende« erworben hatte, die ihm nach den üblichen Börsenusancen zeitverzögert erst nach dem Stichtag »ex (ohne) Dividende« zivilrechtlich übereignet wurden (Gutschrift auf seinem inländischen Wertpapierdepot); zugleich erhielt er eine sog. Dividendenkompensationszahlung (in einem »Nettobetrag« [rechnerisch der Dividendenanspruch nach Abzug der bei einer Ausschüttung anfallenden Abzugsteuer]).
Der im zeitlichen Zusammenhang mit den Geschäften errichtete und finanziell gering ausgestattete Pensionsfonds (eine Rechtsperson mit einem Begünstigten) war dabei Teil eines mit mehreren Parteien eng aufeinander abgestimmten Kaufs- und kurzfristigen Verkaufsgeschehens mit Aktien im finanziellen Umfang von mehreren Milliarden Euro, wobei das Risiko der Realisierung der Erstattungsforderung wiederum vollen Umfangs auf einen von einer Bank aufgelegten luxemburgischen Anlegerfonds gegen das Versprechen einer Kurzfrist-Rendite von über 15 % übertragen worden war.
Der Kläger machte geltend, der Erstattungsanspruch beziehe sich auf den Abzugsteuereinbehalt bei der Ausschüttung (ein das zivilrechtliche Eigentum des Anteilsinhabers verdrängendes wirtschaftliches Eigentum vor dem Dividendenstichtag sei durch das Erwerbsgeschäft begründet worden) bzw. folge unmittelbar aus dem Bezug einer »Nettodividende«.
Das FG wies die Klage ab; ob es sich beim Aktienerwerb um eine »Leerverkaufssituation« handelte (Erwerbsgeschäft mit einem »Noch-nicht-Inhaber« als Verkäufer) oder ein Erwerb vom Aktieninhaber vorlag, konnte nach der entscheidungstragenden Begründung des Urteils unaufgeklärt bleiben.
Der BFH wies die Revision des Klägers zurück.
Entscheidungsgründe
Die Stellung als wirtschaftlicher Eigentümer einer Aktie kann nur einnehmen, wer den Aktieninhaber zugleich von den wesentlichen Rechten (Dividendenbezug, Stimmrecht) ausschließt (»Alternativität«).
Eigenbesitz
Beim Eigenbesitz i.S.d. § 872 BGB ist das WG dem Eigenbesitzer zuzurechnen. Eigenbesitzer ist, wer ein WG als ihm gehörig besitzt und den Willen hat, den Berechtigten von der Einwirkung auf das WG auszuschließen (sog. Herrschaftswille). So werden z.B. unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Waren dem Käufer zugerechnet oder mit einem Erbbaurecht belastete Grundstücke dem Erbbauberechtigten. Pächter und Mieter sind dagegen nicht Eigenbesitzer, sondern Fremdbesitzer (vgl. AEAO zu § 39 Nr. 1; der Fremdbesitzer besitzt in Anerkennung des fremden Eigentums), wenn nicht im Miet- oder Pachtvertrag dem Mieter oder Pächter bereits eine umfassende Rechtsstellung eingeräumt wird.
Filmverwertungsrechte
Mit Urteil vom 14.4.2022 (IV R 32/19, BStBl II 2022, 832) nahm der BFH zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums durch Einräumung von Filmverwertungsrechten Stellung.
Leitsätze
Einem Nutzungsberechtigten kann nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ausnahmsweise das wirtschaftliche Eigentum an Filmrechten zuzurechnen sein. Dies kommt allerdings nur in Betracht, wenn der zivilrechtliche Eigentümer infolge der vertraglichen Vereinbarungen während der gesamten voraussichtlichen Nutzungsdauer der Filmrechte von deren Substanz und Ertrag wirtschaftlich ausgeschlossen ist. Hieran fehlt es z.B., wenn der zivilrechtliche Eigentümer durch erfolgsabhängige Vergütungen während der gesamten Vertragslaufzeit weiterhin an Wertsteigerungen der Filmrechte beteiligt ist.
Die für Leasingverträge entwickelten Grundsätze zur Zurechnung wirtschaftlichen Eigentums können nicht uneingeschränkt auf die Nutzungsüberlassung von Filmrechten übertragen werden. Dies folgt insbes. daraus, dass eine hinlänglich verlässliche Einschätzung der Wertentwicklung von Filmrechten im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertriebsvertrags regelmäßig nicht möglich ist.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Filmproduktionsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Komplementärin ist die A-Verwaltungs-GmbH, Kommanditisten sind B und C. Im Jahr 2007 übertrug die Klägerin als Eigentümerin und Lizenzgeberin die Verwertungsrechte an dem Kinofilm X an die niederländische Firma F.
Das Filmprojekt X scheiterte. Die Klägerin beschloss, einen Ersatzfilm zu produzieren. Hierzu wurden die bestehenden Verträge angepasst. Auch bezüglich dieses Ersatzfilms war die Klägerin alleinige und ausschließliche Eigentümerin aller Rechte. Die Klägerin räumte der F in einem Filmvertriebsvertrag für einen Zeitraum von 42 Jahren die umfassenden, alleinigen, exklusiven und unwiderruflichen Verwertungsrechte an diesem Ersatzfilm ein.
Leasing
Praktisch besonders bedeutsam ist die Zurechnung beim → Leasing (englisch, bedeutet mieten, pachten). Regelmäßig ist der Leasingnehmer nicht Eigenbesitzer, sondern Fremdbesitzer, da er sein Besitzrecht in Anerkennung des fremden Eigentums ausübt. Aufgrund der zahlreichen vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten, die im Einzelfall eine Zurechnung des Leasinggutes an den Leasingnehmer rechtfertigen, ist die Frage der Zurechnung beim Leasing in den sog. Leasing-Erlassen ausführlich geregelt (BMF vom 19.4.1971, BStBl I 1971, 264).
Sicherungseigentum
Beim Sicherungseigentum ist das WG dem Sicherungsgeber zuzuordnen, da trotz des zivilrechtlichen Eigentumsübergangs der Sicherungsgeber wirtschaftlich Berechtigter bleiben soll (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO).
Treuehandverhältnisse
Bei Treuhandverhältnissen (Beispiel: An einer Publikums-KG wollen sich die Kapitalgeber über einen Dritten beteiligen und bestellen diesen zum treuhänderischen Kommanditisten [BFH vom 12.1.1995, VIII B 43/94, BFH/NV 1995, 759]) sind die WG nicht dem Treuhänder als dem nach außen Berechtigten zuzuordnen, sondern dem Treugeber, in dessen wirtschaftlichem Interesse der Treuhänder seine Rechte ausübt (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO). Diese Aussage wird ergänzt durch § 159 AO, wonach i.S. einer Beweislastregel der Scheineigentümer (d.h. der Treuhänder) eine Nachweispflicht über die Zugehörigkeit der WG zum Treugeber hat.
Wertpapierdarlehen
Mit dem wirtschaftlichen Eigentum und der Bilanzierung bei Wertpapierdarlehen beschäftigte sich der BFH im Urteil vom 29.9.2021 (I R 40/17, BStBl II 2023, 127).
Leitsätze
Trägt bei einem Wertpapierdarlehen der Darlehensnehmer die Kurschancen und -risiken der überlassenen Wertpapiere, so spricht dies gegen einen Verbleib des wirtschaftlichen Eigentums beim Darlehensgeber (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 18.8.2015, I R 88/13, BStBl II 2016, 961).
Die an die Stelle der darlehensweise ausgereichten Wertpapiere getretene Rückübertragungsforderung ist vom Darlehensgeber erfolgsneutral mit dem Buchwert der Wertpapiere zu aktivieren. Teilwertabschreibungen auf die Rückübertragungsforderung sind nicht gem. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG außerbilanziell zu neutralisieren.
Wertpapiergeschäfte
Der BFH hatte entschieden, dass das wirtschaftliche Eigentum an Aktien, die im Rahmen einer sog. Wertpapierleihe an den »Entleiher« zivilrechtlich übereignet wurden, ausnahmsweise beim »Verleiher« verbleiben könne, wenn die zivilrechtliche Position des »Entleihers« lediglich eine formale sei. Dies ergebe sich in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall aus den Bestimmungen der abgeschlossenen Leihverträge und der Art ihres Vollzugs (BFH vom 18.8.2015, I R 88/13, BStBl II 2016, 961).
Das BMF hat sich darauf beziehend ausführlich zur wirtschaftlichen Zurechnung bei Wertpapierleihen, Kassa-Geschäften und anderen Wertpapiergeschäften geäußert (BMF vom 9.7.2021, BStBl I 2021, 1002). Dabei geht das BMF insbes. auf die Einordnung eines Wertpapierdarlehens (»Wertpapierleihe«) ein.
Für die Besteuerung ist es gem. § 40 AO unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. § 40 AO ist Ausfluss der Wertneutralität des Steuerrechts (vgl. BVerfG vom 12.4.1996, 2 BvL 18/93, NJW 1996, 2086). Die wirtschaftliche Betrachtungsweise sorgt mit der Anknüpfung an das wirtschaftliche Ergebnis dafür, dass der rechtsuntreu Handelnde steuerlich nicht bessergestellt wird als der gesetzestreu Handelnde. § 40 AO dient damit der Steuergerechtigkeit. Führt ein Verstoß gegen das Gesetz oder gegen die guten Sitten zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes (§§ 134 und 138 BGB), ergibt sich die Unerheblichkeit der zivilrechtlichen Unwirksamkeit nicht aus § 40 AO, sondern aus § 41 AO.
Beispiel:
Die Amerikanerin A möchte sich von ihrem deutschen Ehemann E scheiden lassen. In Unkenntnis der Gepflogenheiten vereinbart A mit dem Rechtsreferendar R, der sich in Kürze als Rechtsanwalt niederlassen möchte, ein Erfolgshonorar (sog. quota litis) für die Vertretung vor Gericht. Das Scheidungsverfahren wird durchgeführt, ohne dass R die Zulassung als Rechtsanwalt erwirbt. Vom erstrittenen Zugewinnausgleich zahlt A – vereinbarungsgemäß – 30 % an ihren »Anwalt« R. Welche steuerlichen Auswirkungen ergeben sich bei R?
Lösung:
Ohne Zulassung als Rechtsanwalt hätte R die A nicht vor dem Familiengericht vertreten dürfen (§ 78 Abs. 2 ZPO). Zudem verstößt die Vereinbarung eines Erfolgshonorars gegen die anwaltlichen Standesregeln (Ziffer 3.3.1 der Standesregeln der Rechtsanwälte der Europäischen Gemeinschaft). Trotzdem erzielt R mit seiner tatsächlich durchgeführten, wenn auch unzulässigen Vertretung vor Gericht steuerbare und stpfl. Einkünfte. Die Besteuerung ist ohne Rücksicht darauf durchzuführen, ob die Vereinbarung bürgerlich-rechtlich wirksam ist (§§ 40 f. AO, vgl. BFH vom 15.10.1981, IV R 77/76, BStBl II 1982, 340; BVerfG vom 12.4.1996, DStR 1997, 273). Soweit dem R im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit Aufwendungen entstanden sind, mindern diese seinen Gewinn.
Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Ist der Tatbestand der Regelung in einem Einzelsteuergesetz erfüllt, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach jener Vorschrift (§ 42 Abs. 1 Satz 2 AO). Anderenfalls entsteht der Steueranspruch beim Vorliegen eines Missbrauchs so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.
BFH vom 23.4.2021
Im Urteil vom 23.4.2021 (IX R 8/20, BStBl II 2021, 743) nahm der BFH zu einem privaten Veräußerungsgeschäft nach unentgeltlicher Übertragung Stellung.
Leitsätze
§ 23 Abs. 1 Satz 3 EStG ist eine Missbrauchsverhinderungsvorschrift i.S.v. § 42 Abs. 1 Satz 2 AO; damit ist die Annahme eines Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AO für den Fall der Veräußerung nach unentgeltlicher Übertragung grds. ausgeschlossen.
Hat der Stpfl. die Veräußerung eines Grundstücks angebahnt, liegt ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten grundsätzlich nicht vor, wenn er das Grundstück unentgeltlich auf seine Kinder überträgt und diese das Grundstück an den Erwerber veräußern; der Veräußerungsgewinn ist dann bei den Kindern nach deren steuerlichen Verhältnissen zu erfassen.
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten um die Besteuerung eines Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und – damit zusammenhängend – um das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 Abs. 1 AO.
Die Klägerin erwarb im Jahr 2011 ein Grundstück. Im Jahr 2012 übertrug die Klägerin das Eigentum an ihrem Grundstück unentgeltlich jeweils zu hälftigem Miteigentum auf ihren volljährigen Sohn und ihre volljährige Tochter. Diese verkauften das Grundstück mit notariell beurkundetem Vertrag vom selben Tag. Der Kaufpreis wurde je zur Hälfte an den Sohn und die Tochter ausgezahlt. Die Verkaufsverhandlungen waren allein von der Klägerin geführt worden.
In ihrer Steuererklärung für das Streitjahr (2012) erklärte die Klägerin keinen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft. Das FA sah in der Schenkung an den Sohn und die Tochter einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i.S.v. § 42 AO; der Veräußerungsgewinn sei der Klägerin zuzurechnen. Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr setzte das FA daher sonstige Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft an. Die Klägerin legte gegen die Einkommensteuerfestsetzung 2012 erfolglos Einspruch ein.
Das FG wies die Klage als unbegründet ab.
BFH vom 23.11.2022
Mit Urteil vom 23.11.2022 (VI R 50/20, BStBl II 2023, 584) befasste sich der BFH mit dem Kauf und der Überlassung von Handys an ArbN.
Leitsatz
Die Erstattung von Telefonkosten für einen vom ArbN abgeschlossenen Mobilfunkvertrag durch den ArbG ist auch dann nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei, wenn der ArbG das Mobiltelefon, durch dessen Nutzung die Telefonkosten entstanden sind, von dem ArbN zu einem niedrigen, auch unter dem Marktwert liegenden Preis erworben hat und er das Mobiltelefon dem ArbN unmittelbar danach wieder zur privaten Nutzung überlässt.
Sachverhalt
Die Klägerin, ein Verlag in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, schloss ab März 2015 mit mehreren ArbN Kaufverträge über deren gebrauchte Mobiltelefone, mit denen die Klägerin die zuvor von den ArbN privat angeschafften Geräte zu Kaufpreisen zwischen 1 € und 6 € erwarb. Zeitgleich mit den Kaufverträgen schloss die Klägerin mit diesen ArbN jeweils eine »Ergänzende Vereinbarung zum Arbeitsvertrag Handykosten« ab. Nach dieser Vereinbarung stellte die Klägerin den ArbN ein Mobiltelefon zur Verfügung und übernahm die hierfür entstehenden monatlichen Kosten des Mobilfunkvertrags (Grundgebühr, Verbindungsentgelte oder auch Flat-Gebühr) bis zu einer in der Vereinbarung jeweils festgelegten Höhe.
Es ist zwischen der zivil- und der steuerrechtlichen Rechtsfähigkeit einzelner Rechtssubjekte zu unterscheiden. Wesentlicher Unterschied ist dabei, dass im Zivilrecht natürliche und juristische Personen i.d.R. rechtsfähig sind, während sich die Steuerfähigkeit nach dem einzelnen speziellen Steuergesetz entscheidet. So ist z.B. eine natürliche Person im Zivilrecht rechtsfähig. Im Steuerrecht ist sie im Rahmen der Einkommen- und Umsatzsteuer »steuerfähig«, hingegen nicht bei der Körperschaftsteuer. Auch eine KG ist bspw. nach dem Zivilrecht rechtsfähig. Als solche aber nicht »steuerfähig« im Rahmen der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer; sehr wohl aber bei der Umsatzsteuer (Unternehmer). Vollrechtsfähige KapGes i.S.d. Zivilrechts (z.B. GmbH) unterfallen der KSt, GewSt und der USt, nicht hingegen der Est.
Die grundsätzliche Vermutung der Vorherigkeit des Zivilrechts gilt gerade im Est-Recht. So sind viele Begriffe – etwa derjenige der Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) – nach übereinstimmender Meinung i.S.d. BGB (§ 535 BGB) auszulegen (Fallgruppe der Substanzausbeuteverträge).
Besonders in den Bereichen des Unternehmensteuerrechts knüpft das Steuerrecht an zivilrechtliche Begriffe (Gesellschafter, → Personengesellschaften, Gesamthandsgemeinschaft) an. Wichtig ist dabei aber auch, dass das Steuerrecht nicht bei der zivilistischen Begrifflichkeit stehen bleibt, sondern die vorgefundene Terminologie einer eigenständigen steuerlichen Begrifflichkeit (z.B. → Mitunternehmerschaft) unterzieht.
Nichts charakterisiert besser das Verhältnis zwischen Zivilrecht und Steuerrecht als dieses Begriffspaar.
Lediglich im Bilanzrecht weicht das Steuerrecht an einigen Stellen von der zivilrechtlichen Begrifflichkeit ab und gelangt über die wirtschaftliche Betrachtungsweise zu anderen Wertungen.
Unabhängig von der steuerrechtlichen Einordnung des KStG und des UmwStG stehen beide Gesetze unter der Dominanz des Zivilrechts.
Dies zeigt sich beim KStG beim zentralen Begriff der Körperschaften (§ 1 KStG) ebenso wie das UmwStG vom UmwG »lebt«. Die ersten fünf Teile des UmwStG (§§ 1–19 UmwStG) hängen ohne die Bezugnahme zum zivilistischen Umwandlungsrecht »in der Luft«.
Im ErbStG gilt die Abhängigkeit von zivilrechtlichen Begriffen im besonderen Maße für das Erbschaftsteuerrecht, da dies durch das zivilrechtliche Erbrecht (§§ 1922 ff. BGB) vorgeprägt ist. Damit wird gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass bei der Verwendung von erbrechtlichen Fachausdrücken im ErbStG grds. eine Orientierung an dem jeweiligen Begriffs- und Institutsverständnis des Erbrechts erfolgt (sog. Maßgeblichkeit des BGB).
Dies ist z.B. deutlich an den Besteuerungstatbeständen des »Erwerbs von Todes wegen« nach § 3 ErbStG zu erkennen, der bspw. in § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 ErbStG auf das BGB verweist:
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 ErbStG: Danach ist für den Erwerb durch Erbanfall §§ 1922 ff. BGB maßgebend.
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 ErbStG: wonach auch ein Vermächtnis i.S.d. §§ 2147 ff. BGB als Erwerb von Todes wegen anzusehen ist.
Nur dann, wenn das ErbStG eine eigene Terminologie verwendet, darf von dem zivilrechtlichen Vorverständnis abgewichen werden. So wird z.B. der Begriff der Schenkung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht unter Verweis auf § 516 BGB definiert.
An drei zentralen Stellen begegnen sich GrEStG und BGB:
beim Rechtsträgerwechsel im Rahmen von sog. Erwerbsvorgängen (§ 1 GrEStG),
beim Grundstücksbegriff (§ 2 GrEStG) und
beim Begriff des Rechtsträgers, insbes. beim Begriff der Gesamthand (§§ 5 und 6 GrEStG).
Das GrEStG knüpft damit in erster Linie an formelle Akte des bürgerlichen Rechtsverkehrs an und orientiert sich an den Vorgaben des Zivilrechts. Im Ergebnis besteuert es den Umsatz an Grundstücken (vgl. BFH Urteil vom 5.2.1969, I R 26/99, BStBl II 1969, 400 m.w.N. und BVerfG Beschluss vom 8.1.1999, 1 BvL 14/98, BStBl II 1999, 152).
Das GrEStG besteuert mithin Rechtsvorgänge, mit denen der Übergang von Grundstücken von einem auf einen anderen Rechtsinhaber stattfindet (BFH Urteil vom 1.4.1981, II R 87/78, BStBl II 1981, 488). Das Erfordernis des Rechtsträgerwechsels in Bezug auf das Eigentum am Grundstück ergibt sich bei den Tatbeständen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 GrEStG und bei den Zwischengeschäften des § 1 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 GrEStG bereits aus dem Gesetzeswortlaut selbst (anders wiederum § 1 Abs. 2 GrEStG – wirtschaftliche Verwertungsbefugnis – und § 1 Abs. 2a und Abs. 3 GrEStG – fingierter Rechtsträgerwechsel).
Gegenstand der Grunderwerbsteuer sind dabei die in § 1 GrEStG beschriebenen Rechts- bzw. Erwerbsvorgänge, die sich auf inländische Grundstücke (vgl. § 2 GrEStG) beziehen. Ohne das Vorliegen eines solchen Rechts- bzw. Erwerbsvorgangs wird keine Grunderwerbsteuer erhoben. Entscheidend für die Verwirklichung des Tatbestandes ist allein, ob die steuerbegründenden Merkmale objektiv erfüllt sind.
Rechtsträger i.S.d. GrEStG sind zunächst die natürlichen und juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts. Darüber hinaus erweitert das GrEStG den Kreis der Rechtsträger um Gesamthandsgemeinschaften.
Auch hier gibt es einige Überschneidungen mit dem BGB. So bestimmt sich z.B. die Umsatzart (Lieferung oder sonstige Leistung) nach dem zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft (z.B. Kaufvertrag → Lieferung; Mietvertrag → Sonstige Leistung).
Hier gibt es lediglich in Grenzbereichen (z.B. bei der Abgrenzung des echten Schadensersatzes vom unechten Schadensersatz) ein nicht immer deckungsgleiches Begriffsverständnis.
Die Lieferung wird in § 3 Abs. 1 UStG definiert. Danach muss an einem Gegenstand Verfügungsmacht verschafft werden. Gegenstände sind insbes. körperliche Gegenstände, also Sachen i.S.d. nach § 90 BGB und Tiere i.S.d. § 90a BGB. Wie Verfügungsmacht verschafft werden kann, orientiert sich i.d.R. an dem sachenrechtlichen zivilrechtlichen Eigentumsübergang i.S.d. BGB, z.B.:
durch Einigung und Übergabe nach § 929 Satz 1 BGB,
oder schlichte Einigung nach § 929 Satz 2 BGB.
Die Art der Eigentumsübertragung hat auch Einfluss auf die Art der Lieferung; also ob eine bewegte oder unbewegte Lieferung vorliegt.
Im Zivilrecht befinden sich die Vorschriften für Vertretung bzw. Vollmacht in den §§ 164 bis 181 BGB (Buch 1/Allgemeiner Teil). Eine solche Vertretung ist insbes. auch im Umsatzsteuerecht von Relevanz. Fälle der rechtsgeschäftlich vereinbarten Vertretung sind dort insbes. der Handelsvertreter (Agent) und der Kommissionär.
Der Handelsvertreter i.S.d. § 84 HGB ist immer auch Unternehmer i.S.d. § 2 UStG. Er ist als Selbstständiger damit betraut, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Er tätigt damit Vermittlungsgeschäfte, die umsatzsteuerlich als sonstige Leistungen einzuordnen sind.
Heuermann, Objektivierung eines subjektiven Tatbestandsmerkmals: Die Einkünftezurechnung bei Vermietung und Verpachtung in der deutschen und österreichischen Rechtsordnung, DStZ 2004, 9; Chibanguza und Schneider, Zivil- und Steuerrecht in der Industrie 4.0, NWB 2017, 2052.
→ Einkünfteermittlung bei der Einkommensteuer
→ Vertragsrecht und Steuern, Bedingung und Befristung: Steuerliche Folgen
→ Vertragsrecht, steuerliche Auswirkung zivilrechtlicher Gestaltungen
Redaktioneller Hinweis:
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